This is a digital copy of a book that was preserved for generations on library shelves before it was carefully scanned by Google as part of a project
to make the world's books discoverable online.
It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject
to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books
are our gateways to the past, representing a wealth of history, culture and knowledge that 's often difficult to discover.
Marks, notations and other marginalia present in the original volume will appear in this file - a reminder of this book's long journey from the
publisher to a library and finally to you.
Usage guidelines
Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to
prevent abuse by commercial parties, including placing technical restrictions on automated querying.
We also ask that you:
+ Make non-commercial use of the file s We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for
personal, non-commercial purposes.
+ Refrain from automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machine
translation, optical character recognition or other areas where access to a large amount of text is helpful, please contact us. We encourage the
use of public domain materials for these purposes and may be able to help.
+ Maintain attribution The Google "watermark" you see on each file is essential for informing people about this project and helping them find
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it.
+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are responsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other
countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can't off er guidance on whether any specific use of
any specific book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search means it can be used in any manner
any where in the world. Copyright infringement liability can be quite severe.
About Google Book Search
Google's mission is to organize the world's Information and to make it universally accessible and useful. Google Book Search helps readers
discover the world's books while helping authors and publishers reach new audiences. You can search through the füll text of this book on the web
at |http : //books . google . com/
über dieses Buch
Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Regalen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfügbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde.
Das Buch hat das Urheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch,
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist.
Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin-
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat.
Nutzungsrichtlinien
Google ist stolz, mit Bibliotheken in partnerschaftlicher Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nichtsdestotrotz ist diese
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch
kommerzielle Parteien zu verhindern. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen.
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien:
+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche für Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden.
+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials für diese Zwecke und können Ihnen
unter Umständen helfen.
+ Beibehaltung von Google -Markenelementen Das "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht.
+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein,
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA
öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben.
Über Google Buchsuche
Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser Welt zu entdecken, und unterstützt Autoren und Verleger dabei, neue Zielgruppen zu erreichen.
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter http : //books . google . com durchsuchen.
JAHRBÜCHER
für
classlsche Philologie.
Herausgegeben
Alfred Fleckeisen.
E2RI§TE2R ISUPPIifiMfiMTBAMD.
Leipzig^ 1855-1856.
Druck und Verlag von B, G. Teubner.
Inhalt svefzeichnis.
1. Zur Geschichte der Mondcyclen der Hellenen. Von
August Boeckh in Berlin 1 — 107
2. Zur Dialektik des Piaton. Vom Theaetet bis zum Par-
menides. Von Eduard Alherti in Griinholz 109~1C8
3. Gergovia. Zur Erläuterung von Caesar de hello Gallico
VII 35—5 J. Von Max. Achilles Fischer in Clermont-
Ferrand 169 — 198
4. Beiträge zur griechischen Zeitrechnung. Von August
Mommsen in Parchim 199 — 266
5. lieber die Glaubwürdigkeit der Neuen Geschichte des
Ptolemaeus Chennus. Von Rudolf Hercher in Rudolstadt 267—293
6. Lectienes Lysiacae. Von Carl Scheibe in Neustrelitz . . 295 — 372
7. Die Vögel des Aristophanes. Von Carl Koch in Anclam 373 — 402
8. Zur Kritik von Plutarchs Tischgespräch^».: :Voft Hiihard l * :v :\
..... i03r- 419
Franke in Dresden.
Neue / / /
JAHRBÜGHER /^
für
Philologie und Paedagogili.
Begründet
von
M« Johann Christian Jahn.
Erste Ahtkeilang:
für classische Philologie,
heraasgegeben
■ von
Al£red Eleckeisen. . ...-^ ^
]le«€ F«lge der Sipplenente.
Erster Band.
m
Leipzig,
Drnck und Verlag von B. G. Teubner.
1855.
Zur
Geschichte der Mondcyclen
der HdleMii.
Von
August Boeckh.
1.
Zur Geschichte der Mondcyclen der Hellenen.
1. Joseph Scaliger, der Begründer der chronologischen For-
schung auf dem Gebiete des Alterthums , hat den Hellenen eine Te-
tra§tens und eine Oklaeteris beigelegt, deren Grundlage ein dreifsig-
tagiger bürgerlicher Monat ist. Die Tetraeteris besteht ihm aus 1447
Tagen , welche in 48 bürgerliche Monate vertheilt sind , deren jeder,
mit Ausnahme eines neunundzwanzigtagigen, 30 Tage hat, wozu je-
doch in jedem Jahre noch zwei überschüssige Tage kommen, die er
flliiQccg avcr^^ov^ oder uQxaiQealag nennt , so dafs 3 Jahre je 362 , ^i*
nes 361 Tage haben. Seine Oktaäteris begreift zwei 'solcher TetraSte-
riden und am Schlufs einen Schallmonat von 30 Tagen, zusammen
2924 Tage. Hierdurch erreichte er, dafs, da die Tetraeteris von 1447
Tagen 49 synodischen Monaten aufs nächste gleich ist, am Schlufs
der Tetraeteris, die mit einem Neumond begonnen hatte, eine Aus-
gleichung mit den natürlichen Monaten stattfand und die folgende Te-
traeteris wieder mit einem Neumond begann ; sodann erlangte er da-
mit, dafs, weil 8 julianische Jahre 2922 Tage enthalten, jede OktacS-
teris wieder beinahe von demselben Punkte des Sonnenjahres ausgieng.
Dagegen erreichte er damit nicht, dafs die einzelnen bürgerlichen Mo-
nate mit den Mondphasen übereinstimmten , aufser an den Grenzen der
Tetraeteriden und Oktaeteriden. Ich verweise der Kürze halber auf
Ideler (Handb. der math. u. techn. Chronol. I S. 254 f.). Auch ftbge«
sehen von der ganz schlechten Erfindung der anarchischen Tage, die
'•einer jetzt längst beseitigten Fabelei eines Scholiasten nachgebildet ist,
, hat dieses System einer gründlicheren Forschung weichen müssen;
alle bedeutenderen Nachfolger von Petavius an haben sich überzeugt,
* dafs die Hellenen Mondmonatc von 29 und 30 Tagen , und Mondjahre
mit entsprechenden Schallmonaten hatten , durch welche letztere eine
Ausgleichung mit dem Sonnei^jahre bewirkt werden sollte. So bü*
dete man zunächst Jahre von 354 und 384 Tagen , die nach gewissen
Cyclen aufeinander folgten; weil jedoch diese Cyclen sehr unvollkom-
men berechnet waren, bedurften sie zeitweise bedeutender Gorrectio*
nen, namentlich durch Jahre von 355 Tagen, und bei dem Mangel an
zureichenden astronomischen Kenntnissen waren Irrungen und Unord-;
nung^ im Kalender nicht zu vermeiden , wenn zumal die Staaten auf
die Fortschritte der Astronomie nicht immer achteten. So bemerkt
noch Aristoxenos zu einer Zeit , wo man bereits ziemlich unterrichtet
war, in einer schon von Ideler angeführten Stelle (Harm. elem. II S.
Jahrb. f. elass. Philol. Suppl. N. F. Bd. I. 1
2 A. Boeckh: zur Geschichte der Mondcyclen der Hellenen.
37 Meib.)> ^^^ sich bei meinen früheren Stadien über griechische
Musik mir dargeboten hatte: *wenn die Korinther den zehnten des
Monats hätten , zählten die Athener woi erst den fünften und andere
^en achten': ganz natürlich, indem die Monate der einen richtig, die
der andern einige Tage, nemlich zwei bis drei, zu früh, die der dritr
ten einige Tage zu spät im Verhältnis zum Mond begannen. Selbst
noch in Plularchs Zeiten hatten andere Staaten andere Anfänge und
Schlüsse der Monate (Plut. Arist. 19). Diesen Mondcyclen gegenüber,
worunter ich, wie sich aus dem gesagten von selbst ergibt, sogenannte
lunisolare verstehe, will ich den Scaligerschen Cyclus oder diesem
ähnUche , um nur einen Namen dafür zu haben , weil sie auf dreifsig-
tägigen Monaten beruhen , Tricesimalcyclen nennen.
2. Nachdem uns vor kurzem ein hellenisches Sonnenjahr ge-
boten worden, welches ohne alle Begründung ist, tritt neuerdings
Wilh. Fr. Rinck, einer meiner frühesten ehemaligen Zuhörer, in sei-
nem Werke *die Religion der Hellenen' (II S. 28 ff.) mit einer Erneue-
rung der Tricesimal - Oktaeteris auf. Er meint, Ideler habe die sinn-
reiche Art, wie fecaliger die Ausgleichung des dreihunderlundsechzig-
tägigen Jahres mit der Sonne und dem Mond versucht, nicht erwo-
gen ; es ist aber einleuchtend und zugestanden , dafs eine Ueberein-
stimmung des Tricesimalcyclus mit dem Monde nur im Anfang und
Ende der Perioden stallfindet , und darum muste ihn Ideler verwcr^-
fen , da eben dieser Einwurf dagegen nicht beseitigt werden tenn und
auch von Rinck nicht beseitigt ist; obwol dieser (S. 31) behauptet,
durch seine Darstellung werde Idelers Bedenken schwinden, was nur
in Beziehung auf einen von Ideler in seinem Handbuche (I S.260) und
in dem Lehrbuche (S. 111) gebrauchten Ausdruck nachgewiesen ist.
Rinck hat nun die Tricesimal -Oktaeteris mit einigen Abweichungen
von Scaliger in einer (zu S. 42 gehörigen) Tafel dargestellt in 16 Ok- .
tagteriden von Ol, 72, 1 bis Ol. 103, 4. Wir wollen nicht fragen,
warum gerade jenes Jahr zum Ausgangspunkt genommen wird, das ,
crÄte Jahr einer gleichen, und nicht vielmehr das einer ungleichen*'
Olympiade; denn bei der Beweglichkeit der Schaltjahre in diesem Cy* •'
dus ist dies unwesentlich, und vielleicht hat es seinen Grund darin;' "
weil von Kieislhenes ab gerechnet ist. Jede Tetraeteris beginnt niit '
dem Neumonde, der mit oder nach der Sommerwende voll wird; die .
Okta^feriden haben abwechselnd 2924 und 2923 Tage, aufser dafs aus
einem triftigen Grunde die fünfzehnte, die kein Schaltjahr hat, nur
3B94 Tage enthält und die sechzehnte 2924, so viel ich durch Rech-
nung gefunden habe : denn Rinck hat nicht ausdrücklich angegeben^
Wie lang jedes Jahr sei. In jeder Tetra^eris hat das erste Jahr 361,
das zweite und dritte je 363, das vierte 360 Tage, wenn nicht eines
derselben ein Schalljahr ist: warum man nicht lieber, wie Scaltger
tmgenommen hatte, die Jahre möglichst gleich gemacht, also drei von
i62 Tagen und eines von 361 Tagen gesetzt hätte, finde ich nicht an-
gegeben. Die Schaltjahre finde ich zu 369, 390, 391, 392, 393 Tagen
A. Boeekh: zor Gcäefekhte der Moodcyelen der Helienen. ^
gerechnet; sie haben aber gar keine leste Stelle: z. B. in der ersten
Okta^teris i^t-das Schaitjahr das zweite, in der neunten das sechste, in
der zwölften, dreizehnten, vierzelmten das achte, u.dgi.m. (vgkS»4a).
Dadurch hört der Cycius eigentlich auf ein Cyeius zu sein, weil er
nicht in gleicher Form wiederkehrt. Die Monate werden zu dO Tagen
gerechnet und die überschüssigen Tage dem Poseideon zugelegt (S.58
vgl. S. 49). Nach dieser Oktagteris soll, das olympische Jahr und
auch das attische geordnet sein , jedoch mit einer sehr grofsen Be-
schränkung. Scaliger hatte nemlich neben seinem Tricesimaleyclus
den Hellenen und namentlich den Athenern ein Mondjahr zugestanden
für den Gebrauch der Behörden, weil er theil weise einsah, dafs darauf
' die Prytanien beruhten , von welchen er übrigens die verwirrtesten
Vorstellungen hatte (vgl. Ideler Handbuch I S. 282. 290); so Jhielt er
sich die Möglichkeit offen , was in den alten für das Mondjahr spricht
zu erklären : Rinck stellt seine Tricesimal - Oktaateris nur für die Zei-
ten von Kleisthenes Ol. 67 , 4 (welches Jahr jedoch für das Archontat
des Kleisthenes keineswegs feststeht) bis Ol. 1<^, 1 auf, indem er
setzt , mit Ol. 102 , 2 sei der metonische Cycius angenommen worden
(S. 37. 56), eine Setzung die jeder haltbaren Begründung enlbehrt;
• Kleisthenes habe das von Selon angeordnete Mondjahr wieder Aufge-
hoben und das ursprüngliche , annäherungsweise dreihundertsechzig-
tSgige Jahr wieder hergestellt: denn dafs das solonische Jahr ein
. Mondjahr war , bleibt unbestritten. Alles was auf Mondjahre der Hel-
lenen fahrt, behält hierbei seine Gilligkeit, namentlich die lieber-
lieferung über die abwechselnden Monate von 29 und 30 Tagen in der
■.]■ Oktaeleris und über die Dauer der Prytanien von 35 und 36 Tagen;
.;'nur darf es nicht auf den bezeichneten Zeitraum bezogen werden.
Dadurch wird es sehr erschwert, diese Tricesimal - Oktaeteris zu be-
seitigen, zumal wenn sie mit so vieler Kenntnis , Sorgfalt und Ge-
•- -schicklichkeit, wie hier von Rinck, gebildet und gerechtfertigt ist:
p man mufs die Beweise des Gegentheils gerade für den benannten Zeit-
'l^^faum führen. Diese könnten erstlich in allgemeinen Gründen bestehen.
'..ISö ist in der That kaum abzusehen , was Kleisthenes mit dieser Tri-
*»^cösimal- Oktaeleris besseres erreicht hätte als man mit einem Mondcy-
'^« cljis erreichen konnte, wie das solonische Jahr ihn voraussetzt; ja man
* erreichte durch jenen Tricesimaleyclus gar nicht eine stetige Regel,
• die nur der Correclion bedurfte, sondern jede Oktaateris war eine
.. • Aeue , die jedesmal erst festgestellt werden muste. Doch beweist
, .dies freilich nicht viel. Eben so wenig beweist viel gegen die Trice-
simal -Oktaeteris, dafs gerade in dem flraglichen Zeitraum die Feste der
Grötter an den Mond gebunden waren , wie unter anderm aus Aristo-
phanes und etlichen Stellen des Euripides zu schliefsen ist (HerakL
779. Tro. 1075. Alk. 450 ff. Barn.); denn dies stellt auch Rinck nicht
in Abrede , sondern lehrt es vielmehr selber , wie von den Olympien,
den Kamelen (S. 141), auf welche sich eine jener euripideischen
. Steilen, die in der Alkestis bezieht. Anderes, was gegen die Trice-
simal -Oktaeteris angeführt werden kann, weiTs Rinck gerade füjr sie
1*
4 A. BoeckK: zcir Gesehtchle der IMbadcyelcn der Heltoen.
zu wenden oder weni^tend damit zu vereinigen. So sie^n die
Athener bei Naxos unier Ghabrias Ol. 101 , 1 nach Plutarch (Garn. ^^9)
im Boedromion um den Vollmond (n&^l xt^v navaikr^vov) ; der Sief
fiel a1»er nach Polyaens (III 11, 2) genauer Angabe auf einen der.jMyB-
terientage, den 16n Boedromion, den Ghabrias absichtlich zun^'Ati^ /;
griff gewählt hatte: an welchem. Tage auch eine Festspende dafär in
Athen stattfand (Plut. Phok. 6. de glor. Alh. 7), die in diesem Falle
mit dem Schlachttag übereinstimmte: dies passt sehr gut stxS einen ;
Mön[dmonat , aber freilich auch zu Rincks Gyclus (S. 55 fO- Mehre-
res der Art werde ich unten erwägen und dabei allerdings daraus ^
nachweisen, dafs Rincks Gyclus nicht haltbar Ist; hier kann ich «auf
solche Einzelheiten noch nicht eingehen. Aber eine Einzelheit mufs;
ich schon jetzt erwähnen, da ich darauf wieder zurückzukommen nicht
veranlafst bin. Die Zinsen wurden bekanntlich zu Athen gewöhn-
lich monatlich bezahlt. Dafs diese Monate nach dem Monde g^essen
wurden , wenn auch nicht immer genau , das zeigt uns Strepsiades^ in
den Wolken. Mit dem Monde schreiten die Zinsen fort; daher llrgert.
sich Strepsiades , dafs der Mond den zwanzigsten (elxcidag) herbdi- .
führe, weil dadurch der Zahlungstag näher kommt (Vs. 17). *Wcnn
der Mond nicht mehr aufgienge , brauchte ich die Zinsen nicht zu. ^ .;
bezahlen'; *denn das Geld wird monalweise (xcnra [lijvcc} angelie-r'
hen? (Vs. 751). Ich stelle anheim, ob man auch auf einen Beweis vpnfi ...
stillschweigen etwas geben wolle: Geminos, der uns über die Oklaö- .'
teris ziemliche Auskunft gibt, weifs nichts von der Tricesimal-Ok- . '
taeteris. ? /
'"^ .-■-
3. Ehe ich an die Beseitigung der besonderen Gründe gehef|:
welche für diese beigebracht sind , gebe ich jetzt gleich einen entscheid '•
diBnden Beweis, dafs die Athener im peloponnesischen Kriege,: aisf>r-|.
eben in. einem Theile des Zeitraumes, für den die Tricesimal-Oktaöj.v.
teris aufgestellt worden, ein Mondjahr und einen Mondcyclus haitehv^^;
Rinck (S. 36) führt aus meiner Abhandlung über zwei attische RecÄ-«f .-
nungsurkunden (Ablih. der berliner Akad. d. Wiss. vom J. 1846) äiif^^ •
ich sei durch attische Inschriften aus Ol. 88, 3 — Ol. 89,2 aufmaFfe-«?. -•
sam. geworden, dafs ihre Zeitangaben nicht in den metonischen Gydil^^i-
passen; ersucht an einer andern Stelle (S. 46) meine dortige Auf-- •.
Stellung zu widerlegen, dafs das Jahr Ol. 89, 1 ein Schaltjahr gewto».* \
sen; ich hätte dies, sagt er, nur unter der Voraussetzung von Mon^-;. ^
Jahren darum so. bestimmt, weil die zwei vorhergehenden Jahre Gck-^;:.
meinjahre seien, und mit 'der Voraussetzung falle die Schlufsfolg^"...-";
Es wird mir seh wer. einzusehen, wie der Vf. nicht erkennen konnte, ^
dafs die Voraussetzung, die er bestreitet, für das Verständnis der In-
schrift eine nothwendige war , und dafs , während ich aus der In- *-
Schrift beweise , dafs . der metonische Gyclus damals in Athen nicht
eingeführt gewesen, zugleich und viel stärker von mir stillschweigend *
bewiesen ist, dafs damals ein Mondjabr und ein Mondcydus in Athen
galt^ nicht aber seine Triceisimal - Oktaeteris* Er scheint meinen Be-^
A. Boseckh: «ur Oesdiicüte »der Mondeyefen der Hellenen. &
weis zu biütifeii; dals der irietoAische Cyeluä daimals in Athen nicht
im Gebrauch war, und bedenkt nicht oder akgi nicht, dafsaus densel-
ben Grundlagen, aufweichen dieser Beweis ruht, sein Tricesimalcy-
elu» sich widerleget. Er mu^te Rangab^s, auf de^ ich theilweise
fufse, und meine Ansichten und Rechnungen widerlegen, ehe. «ein Cy-
das aufgestellt wierden konnte. Die Sache ist einfach die. Die hier
in Betracht kommende Urkunde ist ein Verzeichnis der heiligen. -Gel-
der der Athenaea, welche der Staat in Ol. 88, 3 — 89, 2 entliehen
hat, mit Angabe des Zahltages, der Kapitalien und der bis zu Ende
von Ol. 89, 2 aufgelaufenen Zinsen. Die erste Aufg9d>e bei Erklärung
des Denkmals war, denZinsfufs zu finden: es ist Rangab^s Verdieiist
diesen gefunden zu haben ; in der übrigen Rechnung und in der. Er-
gänzung liefs er mir vieles übrig, und ich habe diese bis auf ein ein>
ziges völlig gieichgiltiges und einflufsloses Versehen, welches Red-
lich in seiner trefflichen Schrift ^ der Astronom Metoa und sein Cy-
elus' Hamburg 1^54 (S. 71) berichtigt hat, so weit durchgeführt als
es irgend möglich scheint. Rangabe fand den Zinsfufs unter der Vor^
aussetzung, der melonische Cyclus habe damals in Athen gegolten,
und zwar indem er eine eigenthümliche Conslruction desselben auf-
stellte, die er selber in den Anhängen wieder verworfen hat;' dessen
ungeachtet bleibt das Ergebnis richtig , zu dessen Findung gar nicht-
ein bestimmter Cyclus vorausgesetzt zu werden brauchte, wie ich
schon früher (a. a. 0. S. 388 f.) bemerkt habe : vielmehr muste die
Dauer der einzelnen Jahre erst aus der Inschrift bestimnU werden.
Rangabä £and, da£s die erste . Zahlung von Ol. 88, 4, bei welcher al-
lein der .Zahltag,- der dritle der vierten Prytanie, das Kapital, :30 Ta-
lente, und die Zinsen, 5910 Drachmen, vollständig erhalten sind, un-
ter der Voraussetzung, die Zinsen seien für 985 Tage bezahlt, einen
täglichen Zins von 20^ für 100^ ergebe, oder wie ich es aus^duücke,'
von ^%oo f^ lOO*'. Ich habe dieses angenommen , und mit der einzi-
gen nicht sehr bedeutenden Aenderung, dafs ich den- Zahltag nicht
wie Ranjg^abe schon als zinstragend ansehe, sondern von den ZmelS''
gen ausschiiefse , die Inschrift so weit als möglich hergestellt , auch
die Entstehung dieses geringen Zinsfufses erklärt. ■ Ist dieser ZirisAifs
richtig gefunden, so ist das Mondjahr und ein Mondcyclus nachge-
wiesen; denn es erweist sich nach den wol aliein möglichen :£rgän'
Zungen und Rechnungen, dafs Ol. 88, 3 355 Tage, Ol. 88, 4 364, OL'
89, 1 384, Ol. 89, 2 355 Tage gehabt habe (a. a. 0. S. 361), ^iediesi
auch Redlich anerkannt hat. Man kann nun fireilich sagen, es sei*
nar eine Setzung ,. dafs jener Zins für jenes Kapilal gerade für 96£i
Tage berechnet sei: es istxaber zuibemerken, dafs der unter dieser'
Voraussetzung gefundene Zins in allen bish^ vorgekommenen Fällen^
die ich weiterhin anführen werde, sich bewahrt hat. Dennoch kann*
der Beweis noch nicht zwingend erscheinen ; ao lange nicht bewiesen
ist,- dafs jener aus der Voraussetzung des Zeitraumes von 985 Tagen'
gefundene ZinsfuDs der einzig mögliche sei: der Zinsfufs mufs an sich-
erwiesen werden, nicht unter jener Voraussetzung, und dazu haben
C A. Boedkh: Eur GeadMebie der MbttieyQten 4er UelMcni
wir gifteklicherweise jeUt sabon mehr Mittel, als bei der ersten Be*
haadlong des Gegenstandes su Gebote standen.
4. In dem Monatsbericht der Akademie de Wiss. vomOctober ld6a
(S. 667 ff.) habe ich ein Bruchstück einer attischen Rechnungsurkunde
herausgegeben, welche der oben erwähnten ähnlich ist; nur bezieh!
sie sich meist auf Anleihen von den andern Göttern und auf das letzte
Jahry und die 7 ersten Zeilen abgerechnet, die fQr unsere Untersuchung
keine Bedeutung haben, besonders auf die aus zahlreichen Posten beste*
hende letzte Zahlung in der gewöhnlichen Finanzperiode, der panathe«
aaischen. Was den Zinsfufs betrifft, so habe ich ihn nicht erst erwie-
sen, sondern kurz bemerkt (S. 574): *er ist derselbe, der früher für
die Gelder der Athenaea auf der Burg gefunden worden, Ymo der
Drachme für die Mine täglich'; allerdings aber habe ich zugleich
nachgewiesen , dafs alle vollständig erhaltenen Posten hiermit auf das
genauste übereinstimmen und die mangelhaften, von denen noch et-
was genügendes übrig ist, sich darnach in Uebereinstimmung mit den
Bäumen ergänzen lassen, und zwar bis in die kleinsten Nominale,
welche in diesen sehr genauen Urkunden in Rechnung gebracht wer-
den; alles unter der Voraussetzung, daTs die Zinsen für 17 Tage be*
rechnet seien. Ist diese Voraussetzung richtig, so ist der Zinsfufs
erwiesen , und damit das Mondjahr und der Mondeyclus : denn an der
Einerieiheit des Zinsfufses für die Gelder der Athenaea und der an*
dern Götter kann man nicht zweifeln. Stellen wir nun folgende Er-
wägung an. Die Zahlung sämtlicher in Betracht kcnnmender Posten
ist in der zehnten Prytanie erfolgt; vom Tage ist - - %o0j^ übrig*
Nach meiner wol überlegten Hersteilung stand blofs Bt]KWXtj : da man
aber hierüber rechten kann, so will ich den zwanzigsten bis vierzigsten
der Prytanie zugeben, da sogar re0tfor^]xotft^ unter einer gewissen
Voraussetzung Platz in der Lücke finden könnte ; darüber hinaus kann
man nicht gehen. Man nehme nun für die Prytanie die geringste
Dauer von 36 Tagen , und (zum Theil mit Rücksicht auf Rincks lange
Sehaltjahre und etwanige ungleichmäfsige Vertheilung der Prytaniea
in solchen) eine nach gangbarer Ansicht unwahrscheinlich hohe von
44 Tagen und alle dazwischen liegenden Tagzahlea , so erhellt , dafs^
wann man den niedrigsten Zahltag, nemlich den zwanzigsten nimmt
und die höchste Dauer der Prytanie von 44 Tagen , der Zinstage ohne
den Zahltag 94 sein werden ; nimmt man aber den Zahltag noch zu, was
ich hier absichtTieh zugestehe, so sind 25 Zinstage; nimmt man wieder
den höchsten Zahltag, den vierzigsten, und die höchste Dauer der Pry*
tanie von 44 Tagen, so sind nur 4 oder 5 Zinstage: nimmt man ferner
die geringste Dauer der Prytanie von 36 Tagen und den niedrigsten Zahl-
tag, den zwanzigsten, so erhalten wir 15-^16 Zinstage, deren Zahl sich
vermindert , je nachdem man auch unter dieser Voraussetzung einen
höhern Zahltag annimmt : endlich die gröste Verminderung unter ir-
gend einer nach dem Raum der Inschrift denkbaren oder undenkbaren
¥oraastetzung des Zahltages oder der Ptytanlendauer bt die auf 1.
A. BaeoUi : zur ClesebüAto der Moodeygotoo der iMlenea. 7
Per ZinuU^ge sind al/so nacb d«B äu/eemten Vorattaeeizungen l-^S&i
Gesetzt mao l^abe meht nach Tagen» aoAdern naeh Theilen des Mo-
nats gerechnet, so fallen auch diese Monatstheiie in diese Grenzen;
ebenso zum grösten Theile die Quoten der Prytanien, wenige ahge*
rechnet, um deren willen ich die Rechnung nicht npeh weiliäufUg^
machen will 9 da auch unter der Voraussetzung von solchen höhern
Prytanienquolen, z. B. y^ der Prytanie, steh kein wesentlich verschie-^
dsnes Ergebnis finden kann. Nun steht fest, da(s nach den überlier
ferten Sätzen der Inschrift der nach 17 Tagen berechnete Zinsfufs, dert
selbe der früher schon aus der gröfsern Urkunde gefunden waJr»
'%Qo von 100 "^ täglich ist , oder auf 30 Tage und 1000*^ der Zinsl^^ bot
trägt. Setzen wir aber die in der Inschrift angegebenen Zinsen als
eintägige*, so würde der Ziosfufs für 1000^ in 30 Tagen 17^ sein, jähr«
lieh (fi&T 12 Monate ohne Unterschied ihrer Dauer) SO*/» vom Hunderti
was nicht allein zu hoch für solche Anleihen, sondern nicht tund ist»
wie man erwartet; wären aber jene Zinsen der Inschrift iür 2, 3» 4
bis 26 Tage, mit Ausnahme von 17 Tagen, bezahlt, so erhielte maa
ZiDsfttfscvon"/,,"/,,"/«."/., "/„.7„ 7„ "/„ %, 7„, 7,«
17/ 17/ 17/ 17/ 17/ 17/ 17/ 17/ 17/ 17/ 17/ 17/
/tB> /l4> /16 5 /t6> /J8 5 /l«> /tOt /tO /itj /tt » /f4> /»•
der Drachme von je 1000^ für 30 Tage. Oder um einen andern Ans^
druck zu wählen, der Zinsfufs bßlruge für denselben Zeilraum, ik
nachdem die Zinsen in der Inschrift auf 1, 2, 3 Tage und so fort ga«
rechnet würden , 1 •» für ^^% oder für 58 * ^V„ , 1 * für «^^y,, oder fäc
U7* "/„, 1* für ^«»<^y„ oder für 176* % und so fort. AJie diese
Zin&füise sind ungereimt; und man rechne für weichen Zeitraum und
für welche Summe man wolle , so wird dieselbe Ungereimtheit in einec
andern analogen Form wiederkehren. Der Zins mufs in einem ein-
facheii und gewissermafsen runden Verhältnis zum Kapital stehen, wie
der von 1"^ für 1000"^ und 30 Tage, oder ^y^ ^^ dieselbe Zeit Und
lOOS welcher ein Zehntheil des. gewöhnlichen Zinsfu&es voni oKMiiat^
lieh 1 Proeent ist, der zur Abfindung an die heiligen Kassen bexafaU
wurde (s. die Abh. in. den Sehr. d. Akad. v. J. 1846 S. 378 f.); daga^
gen ein Zinsfufs, welcher je nach den zwei oben angegebenen Se<
redmungsweisen zum Ausdruck entweder des Zinses oder des- Kap^
iais einen Bruch hat, in dem entweder der Zähler oder der Nenner 17
ist, ein solcher Zinsfufs ist etwas unerhörtes. Was die Zäblev in
den Ausdrücken ^^%, '°°°yiT, ^^^%7 und so fort und die Nwnws
in den AusdFjieken "%, "y», "y^ und so fort betrifft, so ist klar dafs
sie in allen den angenommenen Zinsfüfsen durch die Zahl der Tage
bestimmt und , für welehe man die in der Inschrift angegebenen Zinn
sen als berechnet voraussetzt; eine Erscheinung die ebenso s^taaM
i»L Um kurz zu sein, diese Seltsainkeilen rühren eben daher, daJs
alle diese aftgenommenen auf mehr oder weniger als 17 Tage ber<9elvi
neten Zinsfüfse falsch sind, und der wahre der ist, welcher sich Utk*
det^ wenn die in der Inschrift angegebenen Zinsen die Zinsen von 17
Tagen sind; daiui erhalten wir statt jener seltsamen Brüche filr lOQD^
und M Ta^e als Zina l\ oder für 100"^ und dieselbe Zeit den runden
8 A. Boeckh: zur Gesohiohte der Moiideyele« "der HeUeaen«
Bruch ^Yio« Hiermit ist derBeiweis vddleiidet, dafe dieser ZiasMs der
riehtige sei, aasgenommen dafs man noch ein Bedenken haben könnte.
Unsere bisherige Betrachtung geht nemlich davon aus^ dafs ein voK-
kommeneb zutreffen der nach unserm Zinsfofse für eine bestimmte
Summe sich ergebenden Zinsen mit den in der InschriCl stehenden
stattfinde; es sei aber, könnte man sagen , vielmehr eine Abrundnng
des durch Rechnung gefundenen Zinses auf eine naheliegende Kassen-
münze gemacht, für welche ich feste Grundsätze nachgewiesen habe
(Monatsber. 1853 S. 575 f.): vielleicht könnten unter Voraussetzung
einer andern Tagzahi sich durch Rechnung Summen ergeben , die mit-
telst solcher Abrundung ebenfalls mit den in der Inschrift angegebenen
stimmten, ohne dafs einer jener beseitigten Zinsfufse oder überhaupt
ein so ungehöriger wie jene entstände. Dies ist aber unmöglich. Man
nehme z. B. den Posten Movaav Z. 17. Dieser enthält ein Kapital von
521^ und den Zins von 1^ y« oder 1^75, auf welche der durch Rech-
nung auf 17 Tage gefundene Zins 1^,771 abgerundet ist. Allerdings
würde dieselbe Abrundung nach meiner Tafel (S.576) auch dann statt-
gefunden haben, wenn die Rechnung 1^,636 oder 1^874 oder anderes
zwischenliegendes ergab. Da aber die obigen verworfenen Zinsfufse
genau dasselbe Zinsquantum durch Rechnung ergeben wie der aus
17 Tagen gefundene Zinsfufs , in dem angenommenen Beispiel 1^71 ;
80 müste der Zinsfufs , aus welchem sich etwa 1^,626 oder 1^,874 oder
ähnliches als Zins der 521^ ergäbe, nothwendig zwischen zweien der
Abrigen , wie zwischen unserem von 1 ^ (oder "/j^) und ^Tig oder zwi-
schen jenem und ^Yi« liegen, und wäre also noch viel abenteuerlicher
als die bereits verworfenen.
5. Nachdem nun bewiesen ist, dafs der Zinsfufs , aus welchem
sich die in der gröfsern Rechnungsurkunde vorkommenden Zeiten alä
Zeiten des Mondjahres ergeben, der richtige ist, und dafs namentücii
zunächst die Zinsen der ersten Zahlung von Ol. 88, 4 für 985 Tage
berechnet sind, stelle ich noch folgende Ueberlegung an. Ich habe
gesagt, es lasse sich nicht zweifeln, dafs der aus der kleinern, im
Monatsbericht der Akad. behandelten Urkunde hervergehende Zinsfufs
für die Gelder der andern Gölter und der für die in der gröfsern Ur-
kunde aufgerechneten Gelder der Athenaea ein und derselbe sei. Doch
ich will noch weiter gehen : . es soll zugegeben werden , sie könnten
verschieden sein. Es fragt sich , ob für die letztern Gelder sich ein an-
derer Zinsfufs finden lasse. Es ist leicht zu zeigen , dafs dies unmög-
lich sei : denn man hätte dann für die benannte erste Zahlung eine
andere Zahl der Zinslage als 985 vorauszusetzen, und jede nach Lage
der Sache denkbare andere Zahl von Zinstagen würde einen unstatt-
haften Zinsfufs ergeben, dessen Ausdruck für 1000* in 30 Tagen ein
Bruch ist, der zum Zähler die Zahl 985 und zum Nenner die ange-
nommene Zahl der Tage hat, während nur bei der Anzahl der Zins-
tage 985 der Zinsfufs 1* oder '^^Vsss Zins ergibt: z. B. wenn man 986
ZinsUge setzt, ist der Zinsfufs *"%8»; wenn 1003 Zinstage, •®**/ioo»-
A. Boeekhc z» G^Msiüebte der Mondcyeleii der Hetieaeii. '9
Diese verkehrten ZinsfUfte entstehen eb^n darum gerade in dieser
Form, weil die richtige Zahl der Tage 985 ist, ganz nach der Analo-
gie des kurz vorher (Cap. 4) dargestellten« Das letztere Beispiel von '
1003 Tagen habe ich mit Absicht g'ewählt, um dabei zu zeigen , wie
falsches und. verkehrtes «ich aus RincksCyclus ergibt. Nach diesem
ist Ol. 88, 4 ein Jahr von 360, Ol. 89, 1 ein Jahr von 361, OL 89, 2
ein Jahr von 393 Tagen; In einem Jahre von 360 Tagen würde die
Prytanie 36 Tage gehabt haben; nach dem Zahltage der ersten Zah^-
lung, dem dritten der vierten Prytanie, blieben also in. Ol. 88, 4 249
Zittstage, wozu die 361 und 393 Tage, der beiden folgenden Jahre
kämen , da die Zinsen bis zum Schlufs der panathenaischen Periode
berechnet sind. Rincks Tricesimai-Oktaeteris ergäbe also 1003 Zinstag^
zu dem abenteuerlichen Ziiisfufs von J?^7,oo3 für 1000"^ und 30 Tage.
Das ganze System ist also unwiederbringlich verloren , und es ist ihm
durch keine Modificätion aufzuhelfen, da niemals eineUebereinstimmung
mit den Inschriften daraus hervorgehen kann, welche nur für Mond-
jahre vorhanden ist. Diese Uebereinstimmung gilt übrigens nicht blofs
für die erste Zahlung des Jahres Ol. 88, 4: auch bei andern Posten
findet sie sich mittelst der von mir gemachten nöthwendigen , in eini-
gen Stellen sogar sehr geringen Ergänzungen, die so lange gelten
werden bis bessere gefanden sind , was ich ruhig abwarten kann;
Hierzu kommt die schon früher von mir anerkannte ausgezeichnete
Gombination , durch welche Rangabe unter Voraussetzung desselben
Zinsfufses und eines Jahres von 354 Tagen eine Stelle der Inschrift
C. 1. G. Nr. 144 (vgl. m. Abh. in den Sehr, der Akad. vom J. 1846 S.
379 nkid Staatsh. d. Ath. U S. 45) aus Ol. 91, 2 hergestellt hat:
man wird eben so wenig diese Inschrift als die andere mit Rincks
Tafel in Uebereinstimmung bringen können, welche für dieses Jahr
392 Tage ergibt. Endlich habe ich in dem Monatsbericht (1853 S. 588),
freilich mltlelst einer Ergänzung, aber mittelst einer solchen, fürdi«
nidit 80 leicht eine so genau passende wird gefunden werden können^
gezeigt, dafs in der kleinern Urkunde der Zins für ein KapifaFnaeh
demselben Zinsfufse gerade 1476 Zinstage ergibt: ein zutreffen welr
ches wenigstens für die Bestimmung des Zinsfufses und folglich mittel*
bar für den Erweis des Mondjahres auch dann seinen Werth nicht
verliert, wenn man nicht zugeben will, es seien diese 1476 Tage dort
gerade eine panathenaische Periode. Wenn diese Beweise für das
Mondjahr nicht genügen, so mufs man darauf verzichten irgendetwas
für bewiesen zu halten , was nicht mit klaren Worten sicherer Zeugen
belegt werden kann. Man könnte zwar noch einwenden , es sei nicht
bewiesen , dafs es nicht noch eine andere Zeitrechnung geben könhe,
aas welcher sich die in Rede stehenden Thatsachen erklären lie£sen ;
aber es kann nicht gefordert werden alle Möglichkeiten auszudenken,
sondern es genügt gezeigt zu haben , dafs unter den aufgestellten Zeitr
rechnungen nur die lunisoliare den inschrtftlichen Daten genügt.
0. Wie war nun aber das hellenische Mondjahr und* der helle-
10 A. Boedüi: zur fie«diioMe dfir MonAeyeleik der Uettaiieik
iiiscli6 Ifondcyeius geordnet? Man spricht von einer alten Trieterk;
und einer Telraetehs oder analoger der Zahlung bei kleinen Zahlen
Penteteris , wie ich von hier an , vfo loh in eigener Person spreche,
sie nennen werde , d. h. von Sch'altperioden von zwei oder vier Jah*
ren (Ideler Handb. I S. 27d)* Diese Periodien hat Ideler in den Erläu-
terungen und Zusätzen (II S. 607) . mit Recht als ganz unbrauchbae
fallen gelassen und (S. 606 ff.) in Uebereinslimmung mit mir, da wie
damals viel über diese Gegenstände verkehrten, anerkannt, dafs ein^
wenn auch nicht wissenschaftlich geordnete Oktaeteris sehr alt sei und
Beziehungen auf dieselbe bis jn die Mythen zorückreichen. Ich hatte
schon frCiher (Anhang zu d. Abh. über Dem. g. Meid, in den Sehr, der
Akad. vom J. 1818 — 1819, phiiol. bist. Cl. S. 97 ff.) mehreres dahin
gehörige nachgewiesen , was ^ph hier nicht alles wiederholen wiU,
am wenigsten das , was dort aus K. 0. Müllers unabhängigen Forschun*
gen beigebracht ist: ich erinnere nur daran, dafs die boeotischen, un-
streitig sehr alten Daphnephorien eine achtjährige Schaltperiode be-
zeichnen , und dafs die grofsen heiligen Spiele eben solche abgrenz-
ten; sind sie später vier- und zweijährig geworden^ so geschah dies
durch eine nachträgliche Interpolation, wodurch dann Penteteriden
und Trieteriden als Bestandtheile der Oktaeteris, nicht als vollständige
Schaltcyelen gebildet wurden : eben daraus , dafs sie Bestandtheile
oder Elemente der Oktaeteris waren , ist das schon in den alten vor-
kommende Misverständnis entstanden, dafs sie vollständige Schalt-
cyden seien. So waren bezeugtermaisen die Pythien ursprünglich
okta€terisch (Schol. Pind. Pyth. S. 296 m. Ausg. Gensorlnus de die
naL 18, vgl. andere Spuren in der angef. Abb.): wenn ich hiermn
auch noch eine Spur in den Angaben der parisehen Chronik zu finden
glaubte (C. I. 6. II S. 336), so will ich zwar auch jetzt nicht in Abrede
steilen, dafe der Verfasser derselben die erste Pythiade achtjährig
rechnete, glaube aber, dals Pausanias, der auch diese vierjährig
nahm , richtiger aus den Katak>gen erzählt hat. Die Olympien grenzen
eine Sehaltperiode von 99 Monaten ab, die in zwei Penteteriden von
4/9 und 50 Monaten getheilt war; diese 50 Monate bezeichnet der My-
thos von den 50 Töchtern des Endymion und der Selene (Paus. V 1,
Vgl. Explicc. Pind. S. 138, wo ich dies näher erörtere); und nicht
ganz so thöricht als es scheint ist es, wenn dem Mnaseas der dreüj^ig-
jährige Schlaf des Endymion dessen dreifsigjährige Vertiefung in. die
Beobachtung der Mondphasen bedeutete (Schol. German. in den Ara-
teis von Buhle II S. 11. Fulgentius MythoL II 19). Für die Pyüiien
ISIst sich das Alter der Oktaeteris noch genau nachweisen: detm abge-
sehen von einer vorhin berührten Angabe des parischen Chroniaten>
pach welcher die erste Pythiade der gezählten noch achtjährig ge*
wesen wäre, steht fest, dafs die pythischen Spiele von Ol. 48, 5 an,
von welchem Jahre ab die Pylhiaden gezählt wurden y.penteterisch
waren (Explicc. Pind. S. 206 f.) , die pyUusche Oktaeteris also älter
als Ol. 48, 3 ist. Wenn ideler anfangs noch geneigt war dem Selon
die Trieferis zuzuschräben (Handb. I S* 270), so werden wir also kein
A* B^eflkli» Z4.r Genliicfate der Aiondcxeien der HeUeneii. 1^
Bedenken tragen kdanen» ihm die OkUeleFif beiziUesen» da aus dne»
freilich nicht sehr wolgewählten JBruchstaek der solonischen Kalander-,
einrichlungen bei Plutareh (Solon26. vgL.Jdeler I S. 266 — 269) g«^z
deuUich hervorgeht^ dafs er das Mondjahr wqI Qrdnete, die Zählung
und Benennung der Tage des Monats besUn^mte und also auch ohne
Zweifel die hohlen und vollen Monate einführte. Er setzte fest, dafs
die Athener die Tage nach dem Monde rechnen sollten (tag ^fiifag
7i€tcä üBlriyTiv aynv^ Diog. L. I 59). Man gieng zuerst von der ober*
flächlichen Beobachtung aus, dafs der synodisehe Monat 29yt Tage be*.
trage; dies ergab ein Jahr von 35^ Tagen, in welchem, wie von Geiriiqos
für die Oktaeteris bezeugt ist, die Monate abwechselnd 29 und dO Tage
hatten (vgl. Ideler a.a.O. S. 521). Wir sind nicht darüber unterrichtet,
ob in der Oktaeteris der volle oder der hohle Monat vorangieng ; Ge«
Hiinos (Isag. 6 S. 18 Petav. Doctr. temp. Bd. lü) sagt einmal: o^v
6$« voevvfjv tfiv alxCav ot iMtxa nolw fi^veg ivciXla^ ayovim »iti^^MS
jcffi xo^oi, und weiterhin (S. 20) in derselben Ordnung: ytvovtnet
9vy iv t^ ivucnt^ ¥| ^ki^Q€ig ncil *^ xotkot^j und wiederum: 6ta ik
vfxvvipf rr^v ahCav ^i\vu Ttcigä f*^v« TtXi^Qtf Kai noihov ayov0iv; aber
zwischendurch auch umgekehrt: o^ev xoikov %al nXriQ'q.{Ji'^va xata
lUQOQ iyfyva^v (vgl. auch S. 23)* Solche Stellen lehren nichts. Ide*
1er (a. a. 0. S. 306) hält das voraufgehen des vollen Monats GJm
wahrscheinlicher. Dies werde ich auch in den Bechnungen, wo
nichts darauf ankommt, gewöhnlich befolgen; doch ist mir dieser
Grundsatz sehr zweifelhaft geworden. Es wäre denkbar, dafs je nach
den Staaten der Gebrauch verschieden war, und ich werde mir ein
und das andere mal selbst für Athen erlauben, den hohlen voraufge-
hen zu lassen, wenn eine mehr oder minder schwierige Aufgabe
kaum anders lösbar ist. Sollten immer abwechselnd hohle und volle
Monate aufeinander folgen, so muste sich ihr^, Oj^dnung in aufein^«
der folgenden Jahren auch nothwendig umdrehen , sobald im vorher^
gehenden ein Schaltmonat von 30 Tagen eingefügt war. Zwei volle
Monate folgten sich nach Geminos (S. 23) iu der Oktaeteris nicht;
hierbei kann er aber nur an die Regel gedacht haben , nicht an Aus-
nahmen: denn kommt in einem Jahre ein Zusatztag hin^su^ so mnsten
nothwendig zwei volle Monate aufeinander folgen, sei es innj^rhalh
des Jahres oder an der Grenze zweier Jahre : dasselbe gilt, ,wen{|
man den voUen Schaltmonat in der Mitte des Jahres einschaltet und,
je. nachdem man das Jahr mit dem hohlen oder vollen Monat ange?
fangen hat, den vorhergehenden oder den folgenden Monat als vollen
bestehen läfst. Wo nichts darauf ankommt, werde ich dem vollen
Sehaltmonat wieder einen vollen Monat folgen lassen; aber für die
Ldsung einer schwierigen Aufgabe habe ich, davon abgdien müs^ei),
80 dafs erst im dritt> und viertletzten Monat volle zusaomenkom*
men; auch konnte ich es nicht vermeiden, ein Jahr mit einem vollen
schliefsen und das folgende. mit zwei vollen beginnen zu lassen, je-
doch nur in einer Zeit, in welcher eine B^riqhtigung der Zeitrechnung
durch unregelmäfsig eingeschobene Zusatztage erfolgen muste, Der
a A. Boeckh: t\a GeseUchte der-if<Mideycleii €er Heli«iieft
Znsatztagf zu einem nach der Regel hohlen Monat, der in dem Jalire
von 355 Tag^n ndthig "wurde, war ohne Zweifel der leiste des Mo-
nats, und scheint wenigstens -zu Zeiten zur Unterscheidung von der
gewöhnlichen regelmäfsigen Fvf} xcA ^ia 2\i Svri xal via ifißoXifiog
bezeichnet worden zu sein : ich schliefse dies aus einem Datum in ei-
ner Inschrift aus nach- euklidischer, doch nicht später Zeit (Ephem;
archäeol. Nr. 83) , in welcher aus dem Datum eines Tages - - -
rAIEMBOAlMQI übrig ist, was schwerlich etwas anderes seift
kann als [^vji ital v]ia ifißoXlßw. Im Gegensatz dagegen wol heifsl
der vorhergehende Tag hnj %ul via icqoxiqa, die ich weiter unten
(Gap. 13), fVeilich nur für ein metonisches Jahr von 384 Tagen, nach-
weise. Ich bemerke noch, dafs die ifißohiiog in jenem Jahre der
letzte des Skirophorion war, gerade wie Macrobius (Sat. 1 13, 14) an-
gibt, die Griechen hätten am Ende des Jahres die zuzufügenden Tage
eingesclioben, wofQr er den Athener Glaukippos, der über die Hei-
ligthümer der Athener geschrieben , als Gewährsmann anführt. Ob
dies von allen Zeiten galt, schien mir zweifelhaft; ich habe in der
Regel den Zusatztag lieber dem Poseideon beigefügt, ohne dafs da-
durch der übrige Wechsel der vollen und hohlen Monate unterbroehen
würde, so dafs sich auch hier drei volle Monate folgen: för die
Rechnungen , in welchen ich dies gelhan, war die Sache ganz gleich-
giltig. Ich folgte hierin der Analogie der Einschaltung des Schalt-
monats. So viel von den vollen und hohlen Monaten. Der Anfang des
Moriats sollte nicht der wahre oder astronomische Neumond sein,
sondern das erste erscheinen der Mondsichel nach jenem in der
Abenddämmerung, welches bald am ersten bald am zweiten oder gar
erst am dritten Abend nach dem astronomischen Neumond' beobachtet
Verden könnte (Ideler I S. 279) : indessen konnte auf dieses erschei-
nen' erst am dritten in keinem geordneten Kalender der Monatsan^
fang gegründet werden. Der Tag fieng mit dem Abend an. Um das
Mondjahr mit dem Sonnenjahre oder den Jahreszeilen auszugleichen^
wurden Ift einer Oktaeteris drei Monate von 30 Tagen eingeschaltet
und je driei einzelnen Jahren zugetheilt ; so entstanden in ihr zuerst
fünf Jahre von 354, drei von 384 Tagen, weiche zusammen 2922 Tage
öder acht julianische Jahre enthielten, und zwei Penteteriden, eine klei^
nere von 49 Monaten oder 1446 Tagen und eine gröfsere von i50 Mo-
naten oder 1476 Tagen bildeten. Der Anfang der OktaSteris sollte un-
streitig für sehr viele Staaten , namentlich wol sicher für das attische
Jahr, der erste bürgerliche (erscheinende) Neumond nach der Som-
merwende sein, oder, setze ich hinzu, der mit der Sommerwende
Zusammentreffende bürgerliche Neumond. So setzt auch Platoii (Ge-
setze VI S. 767 C) den Jahresanfang mit dem ersten Monat nach der
Sommerwende. Man muste einschalten, ehe eine Veränderung von
einem ganzen Monat entstanden war, und das bürgerliche Jahr sollte
nicht einen Monat und darüber der Sonne vorauseilen (vgl. Ideler I
S. 296, aus Geminos): ein voreilen des Jahres um wehiger als einen
Monat und ebenso ein solches zurückweichen des Jahresanfanges vor
A. Boeokhs ziur 6«sebicble der Mondcyelen der Hellene«. If
die Sommeryrende war unvenoieidlich; selbst von Meton und Kallip^
pos wurde letzteres ebenso wenige als ersteres gescheut (Ideler a. a.
0. S. 29a, Redlich S. 66), wogegen Rinck (S. 34) ohne einen wah-
ren Grund kämpft. Demnach waren die Schaltjahre so zu ordnen,
dars in der Okta^ter^ zwei. Triaden und eine Dyas von Jahren lagen,
deren jeder letztes Jahr ein Schaltjahr war. Man konnte also die
Schaltjahre in der Oktaeteris nach den Ziffern der Jahre derselben % ^
B, oder 3, 5, 8 oder 3, 6, 8 stellen. Geminos sagt, in der Oktaeteris
habe die zweite Stellung stattgefunden, fügt jedoch hinzu (S. 20):
ovdiv 6i dMg>^Bij iav xal iv iilloig ireai t^v avT^v ^iara|iv rmy
ifißoklfiav (iipfmy noifiarftcil xtg. Denn in einer wiederholten Folge
laufen diese verschiedenen Stellungen alle ineinander, und je nach-
dem man von einem andern Jahre ausgeht, kann man aus einer sol-
chen längeren Reihe alle drei Stellungen herausschneiden , wie, um
mehr im Scherz als im Ernst diese Vergleichung zu machen, bei der
htmXoxi] der l^ythmen (vgl. über diese Geppert de verss. Glycon.
S. 12 , und mein Werk de metris Pindari S. 91). Mit diesem ein-
schalten von Monaten war jedoch noch nicht alles erreicht. In den
nächsten Jahrhunderten vor der christlichen Zeitrechnung war der
synodische Monat, mit welchem der bürgerliche Monat gleichen
Schritt halten sollte, der mittleren Dauer nach nahe um 44' 3'' Y« län-
ger als 29% Tage (Ideler Handb. I S. 642. 679 f.); 99 synodische
Monate ergaben also in Wahrheit 2923 Tage 12 Stunden 41' 30'^ Die
Astronomen fanden zunächst, der synodische Monat sei y,, des Ta-
ges länger als 297^ Tage. Die bürgerlichen Monate stimmten also,
wenn der Monat nur zu 297^ Tagen (mit Ausnahme der Schaltmonate
von 30 Tagen) gerechnet wurde, nicht mit den Mondphasen; um
diese Uebereinstimmung nach Mafsgabe der Voraussetzung herzustel-
len, musten in einer Doppel- Oktaeteris oder einer Hekkaedekaeteris
drei Zusatztage zugefügt werden, die man, wenn ordentlich verfah-
ren wurde, verschiedenen Jahren tagweise zulheilte, so dafs in die-
sem Zeitraum drei volle Monate mehr an die Stelle dreier hohlen
traten. Allerdings berichtef Cicero (Verr. ü 2, 52), die Griechen hal-
len zuweilen einen Monat um einen, höchstens zwei Tage kürzer
oder länger gemacht; indessen ist es minder gewagt für unsere Un-
tersuchung anzunehmen, es sei in der Regel nur ^in Zusatztag in ei-
nem einzelnen Jahre und Monat eingeschoben worden. So entstanden
in jeder Doppel- Oktaäteris regelmärsig drei Jahre von 356 Tagen
und, wenn diese gehörig verlheilt wurden, aufser den vorhin ange-
gebenen Penteteriden , deren eine , die von 1446 Tagen > sogair ganz
verschwinden konnte, gröfsere von 1447 und 1477 Tagen, wol auch,*
wenn ein früher nicht eingeschobener Tag nachträglich zu ersetzen
war, abnorme Penteteriden von 1448 und 1478 Tagen, um nicht
noch abnormere anzunehmen. Diese Abhilfe erceugte jedoch wieder
einen neuen Fehler. Denn da 8 julianische Jahre oder Jahre von
365y4 Tagen (denn ohngeföhr auf solche gründete sich die Rech-
nung-) nur 2922 Tage in sich begreifen, gieng nun das Mondjahr in
44 A. Boeckh : zur Geschichte der iWondcydeti der lleUeneft.
10 HekkaedekaSleriden odet in 160 JÄhren einen ^anzeh Monat über
den ursprang^lichen Aus^ng^punkt der Okla^eris im Verhältnis zum
Sonnenjahr nach dessen angenommener Gröfse hinaus ; um auf diesen
nieder zurückzukommen , muste in der letzten Okta^teris dieses Zeit-
raums ein Schallmonal ausgelassen werden. Dies ist die wesent>
liehe , vorzüglich auf Geminos Darstellung gegründete Anordnung der
Oktaeteris. Mit Recht bemerkt Ideler (I S. 308) , die Perioden von
16 und 160 Jahren seien erst das Ergebnis fortgesetzter Beobachtun-
gen des Sonnen- und Mondlaufes; man verfuhr nicht von Anbeginn
nach diesen Regeln , die man noch nicht kannte , und nachdem man
sie kennen gelernt, hat der Staat sie darum noch nicht sogleich be-
folgt , gerade wie dies in neueren Zeilen geschehen ist und noch ge-
schieht. Man stümperte sieh empirisch durch und besserte nach,
wenn schon längst Fehler entstanden waren. Der erste wissenschaft-
liche Begründer der Oktaeteris scheint Kleostratos von Tenedos zu
sein, zwischen Ol. 68 — 87; als weitere Bearbeiter derselben werden
Harpalos , Nauteles , Mnesistratos (oder wie 0. Jahn Censor. de die
nat. 18 Kest Menestratos) , Eudoxos, und sogar noch Eratosthenes
und Dositheos genannt (Ideler I S. 305 f. vgl. Redlich S. 57): das
allgemeinere und gröbere halten aber gewis schon die früheren die-
ser Astronomen erkannt und viele Besserungen mögen sich nur auf
den Ausbau im besonderen bezogen haben. Diese Oktaeteris mufs in
den Zeiten spätestens seit Solon in Athen gegolten haben , galt auch
gewis frühzeitig bei den übrigen Hellenen, anfangs ungeregelter, all-
mählich vervollkommnet, und zwar so lange bis der metonische Cy-
clus Platz griff. Ehemals glaubte ich mit Ideler, dieser sei von sei-
nem Beginn, mit Ol. 87, 1 in Athen eingeführt worden; daran oder
an der Richtigkeit des Idelersehen Entwurfes haben mich später die
oben angeführten Zinsrechnungen irre gemacht, und ich habe daher
wiederholt erklärt, dafs der melonische Cyclus, wie ihn Ideler ent-
worfen hat, tn den Zeilen des peloponnesischen Krieges in Athen
nicht im Gebrauch gewesen (Abh. vom^ J. 1846 in den Sehr, der
Akad. S. 381 , Monatsbcr. vom J. 1853 S. 689). Bedeutende Fehler
scheinen aber in dem Idelerschen Entwurf nicht zu sein, und auch
Biot und Redlich haben ihn , mit geringen für unsere Untersuchung
unbedeutenden Abänderungen, angenommen; Rincks abweichende
Construction des metonischen Cyclus (S. 34 und in seiner zweiten
Tafel) beruht im wesentlichen auf dem nichtigen Grunde , das
Jahr habe nach Melon nicht vor die Sommerwende zurückweichen
dürfen. Daher folgt vielmehr, der metonische Cyclus sei in Athen
nicht von Anfang an eingeführt worden, und Redlich hat, vorzüg-
lich auf meine Zinsrechnungen und auf einige andere Daten ge-
stützt, meines erachlens richtig gezeigt, dafs er bis Ol. 92, 2 in
Athen nicht eingefüffrt gewesen. Auf dieser Grundlage beruht ein
sehr grofser Theil der folgenden Untersuchungen; sollte diese un-
ter den Füfsen weggezogen werden, so gebe ich meine ganze
Ausführung preis und sie mag dann nur als ein Versuch gelten , der
A. fioedüu zur Gesebiehte der Mondeyelcn der HeUenen. It
von einem fdr wahr gehaltenen Ausgangspunkte aaa hypothetiseh
anternommen worden.
7. Da die hellenisdien Staaten ihr Jahr nicht einmal alle in
derselben Jahreszeit begannen und eben sb wenig ihre Schaltjahre
übereinstimmten, so ist auch nicht vorauszusetzen, daJs sie die
Okta€teriden von demselben Anfang ab rechneten. Die Olympiaden
enthielten einen oktaSterischen Cyclus ; in «der olympischen Zeitröcfae
nuDg mufs daher die Oktaöteris mit einer ungleichen oder einer giei-
ehen Olympiade angefangen haben ; ich denke sie fieng mit der im*
gleichen an: denn entweder hatte man sie schon seit OL 1, oder man
wird sie später so geordnet haben , als ob sie von Ol. 1 angefangen
habe. Die olympischen Spiele sind höchst wahrscheinlich an den
herannahenden ersten Vollmond nach der Sommerwende , nicht wie
manche glaubten an den ersten Vollmond nach dem ersten Neumonde
nach der Sommerwende gebunden, und wurden je nach 49 und 50
Monaten in einem verschiedenen Monate gefeiert. Schol. Find. OL
3, 35: yivttui ^i o iyav xoth (ihv 6ia teaaa^axovTu iwia fftijyiov,
fror) 61 ÖLa nsvt^iovta * o^bv %al notl iihv t^ ^jhcoXXmvltii fi/rfvij
«cori de tm Htt^^ev/oo, necQ, AiyvTttüng MBamql ^ Sd^j iatitikovy-
tttc. So in meiner Ausgabe. Die wichtigen Worte Meamql ij Sd^
habe ich aus der breslauer Handschrift zugesetzt, in welcher aber
umgekehrt 0<ad' rj MiatOQl steht; ich behielt nemlich im vorher-
gehenden aus dem frühem Texte die eben gegebene Folge der Mo-
nate ^AitoXkaw^a und Ha^svlcj) bei, und da diese Folge im bres-
lauer Text umgekehrt ist , muste ich auch die aegyptisohen Monate
umkehren. Selbstverständlich kann durch die aegyptisohen Monaie,
selbst wenn der Verfasser erst zur Zeit des festen alexandrintschea
Jahres schrieb^ nicht die Jahreszeit der olympischen Monate, son-
dern nur das bezeichnet sein, dafs der eine derselben wie der Mesori
der letzte y der andere wie der Thoth der erste, olympische Monat ge-
wesen sei ; der Parlhenios erscheint also als der erste, der Apollo**
nios als der letzte. Beiläufig gesagt, da keiner von beiden Monaten
als Schallmonat angesehen werden kann , so folgt, dafs die ^lele nie
in einen Schaltmonat fielen : wäre nun der Schaltmonat der letzte des
Jahres gewesen, so wären nach der Construction der olympischen
OktaetSris, die aHein ich mir bilden kann, am Schlufs der Periode,
welchen ein Schaltjahr macht, die Spiele in den Sdialtmonat gefal^
len, vorausgesetzt dafs jene Verschiedenheit der Monate der Feier
eintrat So erhellt, dafs im olympischen Jahre eben so wenig wie im
atüsehen der Schaltmonat am Ende des Jahres lag, also woi wief bei
den Athenern in der Mitte; dies scheint wenn auch nicht ganz allge-
meiner hellenischer, doch keineswegs blofs attischer Gebrauch gewe-
sen zu sein, gemeinsam vermutlich von Alters her denen, welche
wie die Athener und Olympia das Jahr von der Sommerwende aus
bestimmten (vgl. aber die abweichende Stellung K. F. Hermann got-
tesd. Alter Ih. d. Gr. §. 45, 12); und es beseitigt sich hieraus voa
t6 A.rB6ei1cli: znr'CieschicIite der lf«id<yolea der Hetteaen«
Deuem Scaligers sehen früker von mir beseitigte Ansicht, als ob das
Jahr der Athener ursprünglich mit dem Gamelion angefangen habe.
Corsini konnte sich nun nicht darein finden , dafs die olympischen
Spiele bald in diesem bald in jenem olympischen Monat gefeiert wor-
den , und neigte sich daher dahin die genannten Monate für Monate
eines anderen Staates zu halten; wogegen mit mir (Explicc. Find*
S. 138) Ideler (I S. 366) und K. F. Hermann (gr. Monatskunde S. 94)
sicherklärt haben; man vergleiche über die verschiedenen Meinun-
gen auch Krauses Olympia S. 66. Rinck gibt (S. 226 f.) gleichfalls
den Wechsel der Monate zu , beschränkt ihn aber willkürlich seiner
Theorie gemäfs auf die späteren Zeiten, in denen ein Mondcydus
gegolten habe. Die Sache ist ganz einfach folgende. Es ist nicht un-
wahrscheinlich , dafs des Geminos Angabe , in der Oktaeteris sei das
dritte, fünfte und achte Jahr Schaltjahr gewesen, vorzüglich von
dem allbekannten olympischen Cyclus und etwa darauf fuf senden
Setzungen der Astronomen hergenommen ist (wiewol auch die Stel-
lung der Schaltjahre 2, 5, 8 für meine Betrachtung zulässig wäre) :
und jedenfalls war die erste Penteteris die kleinere , gerade wie die
kleinere auch der Scholiast vorausstellt; denn* das achte Jahr ist
sicher in jeder Oktaeteris ein Schaltjahr gewesen, woraus nothwendig
folgt, dafs die zweite Penteteris die gröfsere sei. Nun ist es ein Vor-
urtheil, das olympische Jahr habe nolhwendig mit dem Neumond,
der zunächst den Spielen vorangteng, angefangen; es ist sogar na-
türlicher, dafs es im Anfang der Oktaeteris nach den Spielen oder,
was einerlei ist, nach dem grofsen olympischen Feste begann, wie
unser Jahr nach dem Feste der Geburt Christi. Man setze , um gleich
ein Beispiel zu gebrauchen , das olympische Jahr Ol. 87, 1 habe mit
dem ersten Neumond nach den Spielen begonnen, welche gegen den
ersten Vollmond nach der Sommerwende , Ende Juni .gefeiert waren,
80 begann das olympische Jahr, wenn die Zeitrechnung in Ordnung
war, mit Meton den 16n Juli, und die Spiele waren im letzten Monat
des vorhergehenden Jahres gefeiert, welches das achte der Oktaete-
ris und ein dreizehnmonatliches war; nach vier Jahren dagegen,
Ol. 88, 1, begann das Jahr um den 2n Juli, wie bei Meton, dessen
Cyclus in den zwei ersten Oktaeteriden dieselbe Ordnung der Schalt-
}ahre hat, und die Spiele wurden gegen den nächsten Vollmond,
welcher der erste nach der Somnierwende ist, also im ersten Monat
des Jahres gefeiert. Doch ist der Rechnung nach dieser Wechsel kei-
neswegs constatit, worauf ich hier nicht weiter eingehe: es genügt
ihn für eine gewisse Zeit nachgewiesen zu haben , deren Dauer ich
jetzt nicht näher bestimme, und ich vermeide auch andere hiermit
zusammenhängende Untersuchungen über die Olympiadenzeitrech«
nung, hamenüich über die Ausschaltungen, wie ich sie weiterhin
für die attische Zeitrechnung nachzuweisen versucht habe. Begann
nun die olympische Oktaeteris mit dem ersten Olympiadenjahre, so
fieng dagegen die pythische Oktaeteris im dritten Olympiadenjahre
an, und mufs darnach wie einen andern .Anfang so eine andere Zäh*
\
i
•A.B<>6ekhs zur G^achi^hte de? Mtm^ey^lMi der Heitoen. 17
Jmi^ der Jahre gAa\yi haben. Tfjns '^t vofzü^icb Athen a», und
wir haben nach d^essen Gyelus za fragen. Redileh hat gegen Ideler
(I S. 307), der' den Anfang der Okta^leris van einer Olyrnj^ade als
allgemein angenommen hatte, riehlig bewiesen, dafs die attische
Okta€teris, die Schaltjahre nach den Nummern 3, &$ 8 gezählt, im
zweiten Jahre der ungleichen Olympiade anfieng; aber hiermit ifft
noch nicht bewiesen, dafs in AÜien so gerechnet wurde, und ich
wüste fär diesen Ausgangspunkt nichts anzuführen, als dafs er den
Athenern von aufsenher müste aberliefert worden sein. Scaliger
wollte die athenische Periode mit dem dritten Olympiadenjahre be-
ginnen; sein Beweis dafür beruht auf einem groben Misverständnis,
welches längst beseitigt ist (vgl. Ideler II S. 603) und von Rinck
nochmals beseitigt wird (S. 41): aber wenn der letztere gegen Seidi-
ger beweisen wiU, dafs der athenische Cyclus mit den Olympiaden
gleich lief (S. 40), so trifft dieser Beweis blofs zu unter der VoraiM-
setzung einer beiden Gelehrten gemeinsamen Tricesimal-Okta^terts,
gilt aber nicht für den Mondcyclus : denn er beruht blofs darauf, dafs
die Monate der Athener und der Spartaner, denen Rinck einen Olympia-
dencyclus ohne Beweis zuschreibt, bis auf wenige Tage sich deckten,
was im Mondcyclus auch dann stattfindet, wenn die Anfänge der
Cyclen ganz verschieden sind. Völlig unabhängig von Scaligers Vor-
stellung und ohne alle Rücksicht auf Cyclen habe ich schon im Cor-
pus inscriptionum Graecarum und später in der 2n Ausg. der Staats-
haushaltung der Athener (11 S. 145 ff.) urkundlich die panathenai-
schen Penteteriden nachgewiesen, welche von dem Jahre der grofsen
Panathenaeen bis wieder zu diesen liefen , und also vom dritten
Olympiadenjahr bis zu Ende des zweiten der folgenden Olympiade ;
dies ist die Finanzperiode der Athener, für welche im ganzen von
den betreffenden Schatzbeamten Rechnung abgelegt wird, auch die
Staatsschulden und ihre Zinsen berechnet werden. Es wäre ein selt-
samer Manjg^ei an Folgerichtigkeit, wenn die cydischen Penteteriden
damit nicht gestimmt hätten. Ich setze also die cyclischen Penteteri-
den als panathenaische. Es entsteht noch die Frage , ob die pana-
thenaische Okta^teris- im dritten Jahre der ungleichen oder der glei-
chen Olympiade* anfieng; ich entscheide mich schon aus Wahr-
scheinliehkeitsgründen für letztere. Solon halte den Kalender mit
seiner Verfassung festgestellt, die Ol. 46, 3 eingeführt wurde; gesetzt
auch er hätte den Kalender erst während des Jahres aufgestellt, wie-
wol man nicht wissein kann, wie viel schon von seinen Neuerungen vor
seinem Archontat vorbereitet war, so wird er schon von diesem Jahre
ab gerechnet haben: -setzen wir die Qktaeteris für Athen nicht aller
als Soion, so ist also der Anfang derselben in der gleichen Olym-
piade sehr wahrscheinlich. Dazu kommt dafs die Pythiaden von Ol.
48, 3 gezählt werden, also der pythische Cyclus, den Solon od«
frohere, selbst wenn das delphische. Jahr nicht von der Sommfer-
wende ausgieng, leicht zum Vorbilde nehmen konnten, mit der glei-
chen Olympiade begonnen haben dürfte. Denn dafs die erste gezählte
Jahrb. f. class. Philol. Suppl. N. F. Bd. I. 2
]|ß A..ft)ecMir ZMT GeaeUiditf 4ec MoiideyeUa der itaUeneii.
Pythiftde (ab acUphni^) In Ol. 47 begoAAen babe^ wie der jpa-
Tische Chronist anzunehmen scheifit (C. I. G. II S. 336), ist darum
^nicht glaublich, weil maa verstandigerweise nicht Perioden von
•V.erschiedener Länge in einer Zählung verbinden konnte. Doch es be-
darf solcher Gründe nicht: denn aus der erweislichen Construction
des aitiLschen Cyclus , zu welcher Redlich den sichern Grund gelegt
hat, erhellt von selbst 9 dafs die in der gleichen Olympiade begin-
nende panathenaisehe Penteteris die kleinere mit einem Schaltmonat
ist; die kleinere Penteteris ist aber nothwendig die erste der Oktaete-
ris. In dem Anfang der attischen Okta^teris gehe ich also von Red-
lich ab» Da das materielle der Redlichschen Anordnung der atheni-
schen OktacSteris feststeht, so darf dieses freilich nicht verlassen wer-
den; aber der Anfang der Jahreszählung ist etwas hiervon unab-
hängiges und blofs formales. Ueberträgt man das materielle der Red-
Uchschen Bestimmungen auf eine Folge panathenaischer Oktaeteriden,
.80 ergibt sieh, ohne eine weitere Verschiedenheit beider, ein anderer
Ausschnitt aus der Reihe, und die Nummern der Schaltjahre in der
panathenaischen Oktaeteris werden nun 3, 6, 8. Dies ist mit der An-
gabe des Geminos über die Nummern 3, 5, 8 keineswegs unverein-
bar , da die Ausschliefslichkeit dieser Regel nicht feststeht Die un-
tenstehenden Tafeln , in welchen ich die Redlichsche Zählung und die
panathenaisehe nebeneinander gestellt habe , machen die wesentliche
Gleichheit beider Gyclen, mit Ausnahme des Anfanges, anschaulich.
8. Redlich hat das Verdienst mit Benutzung der Zinsrechnungen
und gegründet auf die Vorarbeit von Emil Heinrich Otto Müller (de
teimpore quo bellum Peloponnesiacum initium ceperit, Marburg 1852),
das was ich das materielle der attischen Oktaeteris genannt habe, fest-
gestellt und sie zugleich auf eine befriedigende Weise an die juliani-
sche Zeitrechnung angeknüpft zu haben. Er hat aus meinen Zinsrech-
nungen die Jabfe Ol. 88, 3 und 88, 4 als Gemeinjahre, Ol. 89, 1 als
Schaltjahr, Ol. 89, 2 als Gemeinjahr genommen, und dazu noch Ol.
89, 3 als Gemeinjahr, was durch Müllers Berechnungen dieses Jahres
des peloponnesischen Krieges nach den Angaben bei Thukydides er-
wiesen ist^ Dieses genügte vollkommen, um das materielle der atti-
ßehen Oktaeteris zu bestimmen, indem aus diesen fünf Elementen sich
die drei übrigen Jahre von selbst bestimmten; es kamen dazu noch
eUiche andere damit übereinstimmende Daten, die ich vorläufig über-
gehß. Den Anknüpfungspunkt an die julianische Zeitrechnung bildete
.die nachher näher zu erörternde Voraussetzung, der 13e Sklrophorion
des Jahres Ol» 86 > 4 sei der 27e Juni v. Chr. 432 gewesen. Er hat
(&• 69) hiernach eine Tafel der Oktaeteris der Athener von OL 85, %
bis Ol. 92, 3 entworfen, welche ich hier bis Ol. 93, 4 fortgesetzt
ß^he; alle Gemeinjahre, von welchen sich nicht das Gegentheil be-
weisen läTst, sind zu 354 Tagen genommen; nur zwei aus den Zins-
rechnungen zu 355: die Jahre, welche nach Zinsrechnungen oder aus
^andecn GrUnden voraussetzlich Gemeinjabre oder Schaltjahre sind.
A. Boeeftb: zor Getchidhto 4er Mondeyelon der IMIehaiw 19
htbe i^h hinler der Tagsumme Biit /'beselohnet, als feste; mir
chen nahern Bestimmungen dies zu verstehen sei, bemerke ieh später.
Die altischen Schaltjahre sind milB, die julianischen mit b bezeichnet;
neben den Jahren des Redlichschen Cyclus habe ich die des panathe^
naischen angemerkt. Hier die Tafel.
Jahre des
Jahre des
Redlich-
schen
panatheoai-
sehen
Olympiaden-
jähre
Jahresanfang
im Jahr« vor
Chr. Geb.
Cyclu*
Cyclas
1
4
354
Ol. 85, 2
1. August
489
2
5
854
3
21. Juli
438
B 3
B 6
384
4
9. Juli
b 437
4
7
354
86, 1
28. Juli
436
B 5
B 8
384
2
17. Juli
435
6
1
354
3
5. August
434
7
2
354
4
24. Juli
b 433
B 8
B 3
884
87, 1
13. Juli
432
1
4
354
2
1. August
431
2
5
354
3
21. Juli
430
B 3
B 6
384
4
9. Juli
b 429
4
7
354
88, 1
28. Juli
428
B 5
B 8
384
2
17. Juli
427
6
1
355 f
3
5. August
426
7
2
354 f
4
25. Juli
b*425
B 8
B 3
384 f
89, 1
14. Juli
424
1
4
355 f
2
2. August
423
2
5
354 f
3
23. Juli
422
B 3
B 6
384
4
11. Juli
b 421
4
7
354
90, 1
30. Juli
420
B 5
B 8
384
2
19. Juli
419
6
1
354
3
7. August
418
7
2
354
4
26. Juh
b 417
B 8
B 3
384
91, 1
15. Juli
410
1
4
354 f
2
3. August
415
2
5
354 f
3
23. Juli
414
B 3
B 6
384 f
4
11. Juli
b 413
4
7
354 f
92, 1
30. Juli
412
B 5
B 8
384 f
2
19. Juli
411
6
1
354
3
7. August
410
7
2
354
4
26. Juli
b 409
B 8
B 3
384
93, 1
15. Juli
408
1
4
354
2
3. August
407
2
5
354
3
23. Juli
406
B3
B 6
384
4
11. Juli
b405
Wegen Rincks Aufstellungen finde ich mich genöthigt, die Vorr
ausselzung, der 13e Skirophorion Ol- 86, 4 sei der 27€ Juni 482 v.
Chr. gewesen, sicher zu stellen. Rinck läfst seinen Tricesimalcyclus
mit Ol. 102, 2 zu Ende gehen (S.55): er erkennt darin, dafs die
Schlacht bei Leuktra Ol. 102, 2 am 5n Hekatombaeon der Athener und
5n Hippodromios der Boeoter geliefert worden (Plut. Cam. 19), eine
Veränderung und Annäherung der Kalender der heUenischen Staaten;
2*
M A. Boeckh: zur GeMbiehte der Mondcyelea derHeUetton*
and aiuih Ideler (I S. 366) iiatte daraus geschlot^en, die Boeater h&t*
tea damals wie die Athener schon den metonischen Cydus ^habt,
was nicht im mindesten daraus folgt; Rinck leitet dann durch eine
ebenso geschickte als leichtfertige Combination das Ergebnis ab, auf
der Tagfahrt, auf welcher 20 Tage vor der Schlacht bei Leuktra, den
14n Skirophorion , ein Bundesvertrag geschlossen worden, habe man
den ISn Skirophorion die allgemeine Einführung des metonischen Cf-
cltts verabredet und beschlossen; daraus sei im Kopfe des Diodor das
Misverständnis entstanden, als ob der melonische Cyclus mit dem 13n
Skirophorion Ol. 86, 4 begonnen habe. Ii^icht minder hatte er auch
früher schon (S. 43) den Diodor mit wundersamer Zuversichtlichkeit
zurechtgewiesen. Betrachten wir den Stand der Sache näher. Durch
das sicherste Zeugnis steht fesf , dafs Meton unter dem Archon Apseu-
des Ol. 86 , 4 am Morgen des 27n Juni 432 v. Chr. die Sommerwende
beobachtet hatte , mit einem Irthum von mehr als einem Tage, da nach
Ideiers Berechnung (I S. 326) die Sommerwende damals unter dem
Meridian Athens am 28n Juni 4 Uhr Nachmittags stattfand, oder wie
sich nach den abgekürzten Tafeln von Largeteau (bei Biots R^sume
de Chronologie astronomique , Paris 1849. S. 586) mit Zurechnung des
Unterschiedes der Zeit zwischen Paris und Athen (1 Stunde 25 bis
36 Minuten) findet, am 28n Juni Vormittags gegen liy, Uhr (vgl. Biot
a. a. Q. S. 417 und S. 419). Eben so fest steht es , dafs mit diesem
Tage der metonische Cyclus nicht begonnen habe , sondern mit dem
ersten erscheinenden Neumond darauf (Ideler ebd.)* Nun sagt Diodor
(XU 36): iv dh tatg ^Adi^aig Mhaw o Ilavöavlov fihv viog, ösöo-
iaüiiivog dh iv aatQoXoylc^j i^i^Tie rrfv ovo(ia^o(iivriv ivveocTiatdsxciB'-
x^qUaj xi^v iQxflv Ttoiriöaiisvog ano firivog iv ^A^rjfvcLig Z%i^(poqmvog
t^iatunösüivrig. Er fügt gleich darauf hinzu: öoMi di o avi^Q ovxog
iv v^fC^OQQi^st Hai 7tQoyQag>^ Tcevxy&ixvfiaöTag iTtixexsvxivai' xa ya^
adXQCf xr^v xs lUvr^tStv wxl xitg hticruiaalag noistxai (Sv(ig>oiv(og xy
yQaq>^. Es ist eine verzeihliche Ungenauigkeit , wenn Diodor , wie
Ideler annimmt, den Anfang des metonischen Cyclus statt des Anfangs
des metonischen Parapegma oder Kalenders genannt hat ; Diodor ver-
räth selbst, dafs er den Kalender meine, der mit dem Cyclus verknüpft
war, indem er von den Episemasien spricht, d. h. von den neben die
Daten des Cyclus zugesetzten Sonnenwenden, Nachtgleichen, Auf-
und Untergängen der Gestirne , an welche man bestimmte Geschäfte
des Lebens knüpfte oder mit denen man aus Erfahrung Witterungsver-
änderuDgen verbunden glaubte (vgl. Ideler S. 314 f. Redlich S. 26.
29 f.). Dafs Meton diesen Kalender mit der Sommerwende, fast 3 Wo-
chen vor Anfang seines Cyclus begonnen habe , hat Ideler vortrefflich
aus Aratos bewiesen (S. 327, vgl. Redlich S. 29 f.). Darauf ist es also
zu beziehen, wenn Diodor vom 13n Skirophorion spricht: dies war
der Anfang des Parapegma , welches mit der Sommer wende begann ;
diese war aber von Meton am 27n Juni beobachtet , und Tolglich der
]3e Skirophorion der 27e Juni gewesen. Einer so einfachen Combina-
tion gegenüber kann man den Diodor nicht ohne Leichtfertigkeit eines
A. Boetkh: zur Geschichte der Mondcyclen der H^Ueneii. Sl
so groben Irtfaums beschuldigen , wie Ihn Rinck ihm zur Last legt.
Mit dem Abend des 27n Juni fieng also der 14e Skirophorion an. Die-
sen Monat setzt Redlich als neunundzwanzigtägig, und Itfst also das
Jahr Ol. 87, 1 mit dem Abend des 13n Juli beginnen. Es kommt übt^
gens wenig darauf an, ob der Skirophorion 29 oder 30 Tage erhalte;
im letzteren Falle würde Ol. 87, 1 den 14n Juli anfangen.
9. Der wahre oder astronomische Neumond , mit dessen Tage,
und zwar vom Abend an gerechnet, das Jahr Ol. 86, 4 als mit dtt
Svri %al via hätte schliefsen sollen , eräugnete sich den 15n Juli Abends
7 Uhr 15' nach Idelers Berechnung (I S. 329), so dafs das Jahr mit«
dem Aben<l des 16n Juli und mit dem erscheinenden Neumond enden,
und mit eben diesem das folgende anfangen sollte. Dies ist der An'*
fangspunkt des metonischen Cyclus. Der bürgerliche Neumond der
Athener war also nach Redlich für Ol. 87, 1 drei Tage zu früh ange*
setzt, weil in der vorangegangenen Zeit aus Unkunde oder Nachlässig-
keit zu wenig Zusatztage gegeben worden. Die Oktaeteris war also
nicht in Uebereinstimmung mit dem Monde, welchem Fehler abge-
holfen werden muste. Nach den Zinsrechnungen in meiner Abhand-
lung vom J. 1846 hat man rasch nacheinander in Ol. 88, 3 und 89, 9
je einen Zusatztag eingeschoben , in letzterem Jahre allerdings unlev
der von mir angegebenen Voraussetzung , dafs der Zahltag nicht Zins-
tag gewesen , die auch Redlich für wahrscheinlicher hält (S. 71) : man
hatte also sehr wahrscheinlich das Bedürfnis bemerkt, die ausgelas-
senen Zusatztage einzubringen , um mit dem Monde in Uebereinstim-
mung zu kommen. In OL 89, 1/2 war man hiermit, wie wir weiter-
hin sehen werden, noch nicht in Ordnung, aber man war sich des
vorhandenen Fehlers wol bewust; nehmen wir an, der bürgerliche
Neumond sei in dem Jahre Ol. 89, 1 noch um zwei Tage zu früh an-
gesetzt gewesen , so fiel er auf den Abend des 16n Juli , wogegen
er bei Meton erst auf den Abend des 18n Juli fällt. Man hätte dann
seit Ol. 87, 1 bis 89, 1 drei Zusatztage gegeben; wovon einer weg-
fällt, wenn das Jahr Ol. 87, 1 erst den I4n Juli angefangen: worauf
ich im folgenden nicht weiter Rücksicht zu nehmen brauche. Einmal
aufmerksam geworden , wird man mit dem allmählichen zusetzen der
Tage fortgefahren haben ; und die Voraussetzung ist nicht zu gewagt,
dafs man sich den im metonischen Cyclus angegebenen Bestimmun-
gen der bürgerlichen Neumonde zu nähern gesucht habe. Wir wollen
annehmen, bis zum Jahr 01. 89, 4 ausschliefslich sei man so weit ge-
kommen, ddafs dieses Jahr mit dem 14n Juli begann, statt nach Meton
mit dem 15n. In der folgenden grof sen Tafel , welche mit Ol. 86 , 3
beginnt, habe ich demgemäfs eine Anzahl Jahre von 355 Tagen zwi-
schen Ol. 87, 1 und 89, 4 angesetzt, welche mit einem Slern bezeich-
net sind; dieser bedeutet ihre hypothetische Setzung und folglich ihre
Beweglichkeit, so weit nemlich, dafs sie nur nicht in Jahre übertragen
werden dürfen, die als feste in Rücksicht der Tagzahl bezeichnet sind.
Uebrigens ist die Tafel, was die beigefügten Zeichen B und b betrifft,
tt Jk. Boeokh: zur GeMhidite der Mondeyalen der Eoilene«.
me die vorige angeleg^t; ihre innere Anlage und die rechts angefu^
ien Periodenzahlen nebst Bemerkungen werden sich aus dem folgen»
den ftchrittweise erläutern. Zunächst nemlich erhellt, man sei langst
in den Fehler verfallen gewesen , dais Jahresende oder Jahresanfang
üb^ einen Monat weiter als die Sommerwende vorausgriif, was früher
nicht stattgefunden hatte, sondern erst durch die nothwendige Ein*
fügung der Zusatztage allmählich entstanden war: Ol. 88, 3, der An-
feng einer Oktaeteris , beginnt erst den 7n August. Die Oktaeteris war
alao nicht in Uebereinstimmung mit der Sonne oder der Jahreszeit.
Ba war vielmehr längst der Zeitpunkt eingetreten, dafs ein Schalt-
. monat auszumerzen war, was man gleichfalls aus Unkunde oder Nach-
lässigkeit unterlassen hatte ; je länger man aber dies unterliefs , desto
einleuchtender wurde die Nothwendigkeit der Ausschaltung, auoh
^bne daüs es einer genauen theoretischen Einsicht und Berechnung
bedurft hätte. Und diese Verspätung des Jahreswechsels hatte sich
durch Nachholung der früher nicht eingefügten Zusatztage noch ge-
steigert; nach einer kurzen Zeit würden die meisten Jahre erst einen
Monat nach der Sommerwende angefangen haben. Es war also, wie
gesagt, die höchste Zeit im Laufe des peloponnesischen Krieges ein-
getreten , durch Auslassung des Schaltmonates diesem Uebelstande ab-
üiheifen; wodurch man dann ein dem metonischen sehr analoges Jahr
erhielt, ohne 'gerade den metonischen Gyclus anzunehmen. Dafs
dieae Ausmerzung und Annäherung an den metonischen Gyclus nicht
zwischen OL 87, 1 und 89, 4 geschehen, zeigt die Berechnung der
Zeiten des peloponnesischen Krieges (Gap. 18) ; dafs sie aber vor Ol.
94> 1 geschehen, darauf führt eben dieselbe, falls man nicht voraus-
»etzl, es sei mittlerweile der metonische Gyclus eingeführt worden
(ebendas.)« Es könnte freigestellt werden, welches oktagterisehe
Schaltjahr man für diese Auslassung in der bezeichneten Zwischenzeit
wählen wolle; am passlichsten dafür wird jedoch ein solches sein,
welches nicht in dem Gyclus zwei Gemeinjahre sowol vor sich als
nach sich hat, damit nicht mehr als vier Gemeinjahre aufeinander
folgten, wodurch ein leicht begreiflicher Uebelstand erwachsen wäre.
Von dieser Art sind in diesem Zeiträume nur Ol. 89, 4b 90, 2. 91, 4^
92, 2i» 93, 4: von welchen Jahren auch Ol. 91, 4 und 92, 2 nicht aus-
zuscheiden sind , obgleich ich sie als fleste bezeichnet habe : denn diese
Bezeichnui^ beruht auf der Voraussetzung, dafs diese Jahre Schalt-
jahre waren (yergl. Gap. 10 A welche für die vorliegende Betrachtung
nicht giltig ist. Ich entscheide mich jedoch , nur mit einem schwachen
Vorbehalt (Gap. 10 f), für Ol. 89, 4, dergestalt dals die , Mafsregel
natürlich schon OL 89 , 3 zur Ausführung vorgeschlagen und beschlos-
sen worden. Ich stütze mich auf eine hierdurch erst verständliche
Stelle des aristophanischen Friedens, dessen auf uns gekommene erste
Ausgabe Ol. 89, 3 unter dem Archen Alkaeos an den grofsen Diony-
sien, im neunten Monat Elaphebolion , nach der seit einer Anzahl von
Jahren bekannten Bidaskalie aufgeführt worden : eine Mafsregel an
der das attische Volk unstreitig grofsen Antheil nahm, die vielfach
Jl. Jtoecklu 2iir 66Bdiidto der Mbadtoyi^» 4er Ifonenev; IS
besprochen mreniea niiiste und wol geeignet war den Komiker vu
einem |^randk>sen Sofaerz sä veranlassen. Trygaeos sagt (408 ff.) zu
Hermes, Selene und der abgef«nnte Helios stellten den Göttern schon
seil langer Zeit nach und verriethen Hellas an die Barbaren (die M««^
der, £e Sierndiener), die ihnen opferten, und wollten den andern Wl^
lern die Opfer entziehen und sich zueignen. Hermes erwiedert!
«oi'TOv %v»kov ytagixQmyov itp* i^futctnllag.
Dem Sprachgebrauch gemäfs kann hier ronnra nur öiit vctvta sein
und tmv i^fte^coy naqtxksmitfiv nichts anderes als * sie stahlen von
den Tagen welche (tiw '^(itQmv ttwxg) weg^; jede andere Auslegunff
ist sprachwidrig, und die Auslegung ^ste hätten etwas von der Zelt«
dauer der einzelnen Tage weggenommen' ist obendrein ohne aiied
Sinn. Aus Finsternissen, wie der SohoUast will, l&fsC sich daher diwa
Stolle nicht erklären; denn das wegstehlen von Tagen entsteht nieht
durch Finsternisse, und unter winlog kann hier weder Sonne noeh
Mond verstanden werden : denn Sonne und Mond werden doch nieirt
ihre eignen Scheiben oder gemeinschafllieh die eine derselben ange^
fressen haben sollen. £a kann, da vom wegstehlen der Tage dr«f
Rede ist, mvnlos lüer nur ein Zeitkreis sein, wie das Wort öfter Tom
Jalireskreis gebraucht wird; als technisdier Ausdruck fr^llch ist ei
nicht zu AisBen, da es als soldier in alter Zeit noch nicht vorkomniti
Schon iange, sagt Hermes, brachten Selene und Helios welche vod
den Tagen diebisch bei Seite und frafsen den Kyklos, den ZeittiM«
an durch ihren Irrlauf. ^Ag(ucvmlia ist ein scherzhaft gebildetes WoH|
es spielt auf das fehlerhafte an, aber auf Fehler im Wagenlauf d«r
Somie und des Mondes, was J. H. Vofs durch 'Fahrlässi^eit' wol
getroffen hat : Hermes legt diesen zur Last, was Fehler der die Zeile»
berechnenden Menschen war, ähnlich wie die Götter der Selene in
den Wolken. Was kann das wegstehlen von Tagen, das anfressen
des xvxlog oder des Zeilkreises anderes sein als das verkürzen de*
Kyklos, indem sie ordentlich Tage Ober die Seite gebrecht hahen^
nenüich die auszumerzenden, die eben der Sonnen- und Moodlauf n(h
Ihlgt wegzulassen? Die Stelle bezieht sich also auf die «rkannte Notls«
wendtgkeit einer Ausmerzung. Nicht aber der Ausnierzung einsMnev
Tage, um mit dem Monde in Uebereinstlmmung zu kommen: denij
abgesehn daVon, dafs hiermit die Sonne nichto zutiiwi hat, waMii
einzahle Tage damals vielmehr einzuschalten gewesen. Es nrafs als«
an die Ausmerzung eines ganzen Monats gedacht werden. DerKyldoa
seilte 80 Tage länger dauern ; aber Sonne und Mond haben durch ihre»
Lauf diese weg- und den Kyklos angefressen (so dafs die dD Tage sd
zu sagen fgr diesen Kyklos nicht mehr disponibel sind) , tbnä tftrn
thaton ate dies seit lange (ptaXa§), Well die Nothwendigkeit der Au»*
merZHag' iA4anger Zeit aUmählich duFch die je um öinen Tag bis ziü
soleber Hl^e gestiegene Incongruenz des Sonnenjahres und Mond»
Jahres entstanden ist (vgL Hedlich S. 73, dar die St^e aheh sehen
auf ebcB diese Incongruenz bezogen hat). Bs ist unmöglieh, dato Ana*-
24 A« Boeekh: sur Geschichle der Afett4efäleft der HtttMteii;
topharf^s diesen g«Atlosen Sehers erfand, wenn nicht damals der Ge-
genstand öffentlich zur Sprache gekommen and dem Volke hinläng*
lieh bekannt war, und nachdem die Sache einddal so offenkundigere-
worden, wird es auch beschlossen worden sein die Ausmerzung zu
machen : ja ohne diesen Beschlufs konnte Aristophanes den Hermes
nicht einmal sagen lassen, daCs Selene und Helios die Tage wirkMch
weggefressen und den Kyklos angenagt hätten; denn erst mit dem
wirklich erfolgten Beschlufs ist dies als wirklich geschehenes einge-
treten. . i.
In der nächstfolgenden Tafel, die ich absiehtlich mit einem dpa-
lern Jahre als das Anfcingsjahr der obigen Redlicfaschen beginnen lasse,
habe ieh also das Jahr Ol. 89; 4, welches nach dem Gydus hätte ein
Sohaltjahr sein, sollen, als Gemeinjahr bezeichnet, jedoch mit 3ö5*Tia-
gen , weil der> Voraussetzung gemäfs noch ein Zusatztag naeh^uholen
war, um zu dem. Anfange von Ol. 90, 1 mit dem erscheinenden Neu*
monde, wie er nach Meten eintraf (nemtieh auf den 4n Juli>, in Ueber*
einstimmung zu kommen. Man hätte nun zugleich in den. metoni-
sefaen Gyelus eintreten können und zwar in dessen laufendes dreizdiu^
tes Jahr; dafs.dies aber nicht geschehn sei, ist gezeigt: ma» blieb
vielmehr bei d<er Oktaeteris. Die nächste panathenaische OktaetepU
beginnt mit Ol. 90, 3« Vor dieser Zeit kann eine wol überlebte Ein^
fßgung' der Zusatztage nicht stattgefunden haben, weil sonst nicht die
Unordnung hätte entstehen können , welche wirklich entstanden war,
und zu deren Beseitigung von Ol. 87 ab mehr Zusaiztage haben Einge-
schoben werden müssen , als regelmäfsig einzuschieben waren. Da-
gegen finde ich keinen triftigen Grund, mit Ideler (l S. 397), der schon
Mher gleich auf den itietonisi^en. Gyelus überspranig und also freilich
einer verbesserten Oktaeteris entrathen konnte, dai*an za zweifeln,
dafs von den Verbesserungen der Oktaeteris überhaupt im Staate Ge-
brauch gemacht worden sei. Die Hekkaedekaeteris war .nicht schwer
zu finden; sie beruht lediglich darauf, dafs der Moifat uai.y^s des
Tages länger sei als- 297« Tage , was sich früh erkennen lie£s« ganz
nehe dieselbe Monatsdauer liegt dem metonisehen Cyelus zu Grunde,
ia wekhem 3940 Tage in 235 Monate vertheiit sind, dekr Monat also
zu »Tagen und •*/4y=:***%4ot genommen ist, während 29yt Tage- +
%8 =s= 89 Tagen 4- "/es oder ^^Vsiot sind: Ob die Periode von ISO
Jahren um Ol. 89*^-90 schon festgestellt war, . ist hier gledohgtitig; es
war ohne genaue Theorie einleudbtend geworden, öaSs ei|i Monat ausr
zuinerZen sei; immerhin mag die Theorie dieser Periode erst später
ausgebildet worden sein, doch sdiwerüch später ^Is Ol. liSi'(vgl. Gap.
11. 13). Nehmen wir also an, diö Hekkaedekaeteris sei um'Ohi89 — 90
nicht unbeachtet geblieben, als man an die Vecbesserting« der ^Zeitrech-
nung gegangen war. Man wüste, es seien in jeder Hekküaedekaöteris
3 Zu^tztage einzuschieben. In welchen Jahren der Hekk»edeka(lleris
dies wahrscheinlich geschehn sei, ist nicht so schwierig ieü'sageb als
es soheint. Bs versteht sich von selbst, dafs diese Zusatztage miler
einzelne Gemeinjahre in gewissen £ntfernimgen vertheilt wunleii, und
A. Boecdth,: zur ßeM^^dUe äter Jloddcyden der HeUenen. t6
zwar nach, einer (anfachen Be^el. In Bextig hierauf muls idi ataeHt «
bemerken, dafs ich am peehlien Rande der grorsmi Tafel die Oktadle* *
rlden und Hekkaedekaeteriden gezählt habe ; von welehem Ausgange
ab, ^ird sich später zeigen. Eine Hekkaedekadteris umfafstzwei Ok-
laeteriden ,. die erste mit ungleicher, die zweite mit gleicher Zahl be*
zeichnet, wie die fünfte Hekkaedekaeteris die neunte ui^d zehnte Ok-
taeteris umfafst; jede der. umfaf^ten Oktaeteriden besteht aas einer
voraufgehenden kleinem und einer nachfolgenden gröfsern Penteteris
von vier. Jahren. In dreien dieser vier Penteteriden war ohne. Zweifei
ie ^in Zusatztag, in einer dagegen kein Zusatztag; was sieh sogleich
bestätigen wird* Man könnte zwar sagen, man habe je von 5 zu 5 Jah-
ren einen Zusatztag geben können; aber unter dieser Voraussetzung
käme man, wenn' man von Ol. 90, 3 ausgeht, wovon, jedenfalls ausr
gegangen werden mufs, mit den Zusatztagen, wie man auch die P^-
taden legen mag» ein und das andere mal auf Schaltjellire, oder. auf
Gemdnjahre die als feste Jahre von 354 Tagen bezeichnet sind« Es
fragt sich also nur, welche panalhenaische P^ntetei'is ohne Zuüalztag
war. . T^VLn sind wir daxauf hingewiesen , dafs die Penteteris Ol. 91, 3
— d2, a eine gröD»ere von 1476 Tagen, also ohne Zuaatztag war (C^
10 n> diese ist die zweite oder gröfsere Penteteris der neunteii Ok-
taeterts. Hierdurch ist mit WahrschedjnHchkeit nachgewiesen, dafs; die
zweite, oder grölsere Penteteris der ungleichen Oktaeteriden keinen
Zusafztag erhielt; die übrigen drei erhielten je einen Zusatzlag: aber
weichen Jahren kam dieser zu? Am Ende der Oktaeteriden kann kein
Zusatztag gelegen, haben, weil ein Schaltjahr den Schlufs derselben
macht; ein genau mittleres Jahr gibt es nicht: setzt man aber den Zu-
satztag in das erste Jahr jeder Oktaeteris, wie auch bei Meton und Kai-
lippos gleich das erste Jabr des Cyclus 355 Tage hat, und gibt man
dann den; zweiten Zusatztag der gleichen Oktaeteris dem ersten Jalur
ihrer zweiten Penteteris, so haben wir eine vollkommene Symmetrie.
Ifoch ist zu bemerken, dafs in Uebereinsttmmung hjieripii geschichHicb
feststeht, OL. 91, 2 habe einen Zusatztag nicht gehabt, also üherhadift
nicht das vierte Jahr der ungleichen Oktaeteris: auch will ich nicht
unerwähnt lassen, dafs schon vor der Herstellung d^r Ordnung das
erste Jahr der 8n Oktaeteris Ol. 88,3 thatsächlich einen Zusatztag
hatte, wiewol dies freilich für die folgende Zeit nicht beweisend ist.
Wir setzen also das erste Jahr der ungleichen Oktaeteris und das erste
und fünfte der gleichen als Jahre von 335 Tagen, welche ich in der
Tafel von Ol. 90, 3 ab insgesamt mit Sternen ausgezeichnet habe.
Uebrigens kommt wenig darauf ai^, wie man die Zusatzlage vertheile ;
wir bedienen uns der angenommenen Vertheilung nur als eines nicht
unwahrscheinlichen Regulativs. Folgt man nun diesem, so besteht
jede Hekkaedekaeteris aus folgenden Penteteriden: der ersten von
1447, der zweiten von 1476, der dritten von 1447, der vierten von
1477 Tagen: die ursprüngliche Penteteris von 1446 Tagen ist ganz
verschwunden. Welchem Monate der Zusatztag gegeben würde, ist
für die meisten Rechnungen gleichgillig; lege ich ihn dem Poseideon
m A. Boeckh: zur Gesehiekte der Moiiaeyeleii der Heilenea«
,bei (Cap. 6), 8o wiH ich damit nicht behaupten, ^es sei auch ^rirk-
Keh gesch^en; legt man ihn dem letBten Monat zu, so wird da*
durch nicht unbedingt der Uebelstand vermieden, den jene Einfügung
im Poseideon mit sich bringt, dafs nemlich drei volle Monate auf-
einander folgen: denn derselbe tritt dann an den Grenzen der Jahre
ein, wenn man nicht dann gegen die angenommene Regel das fol->
gende Jahr mit einem hohlen Monat beginnen läfst, was gewis oß
stattgehabt hat, aber bei den meisten Rechnungen nicht in Betracht
gezogen zu werden braucht und sich nicht ohne Unbequemlichkeit in
den Reclmungen berficksichtigen Kefse, ohne erst einen besondera
Kanon aufzustellen, der doch nicht geschichtlich sicher wäre. Di«
folgende Tafel weist nun die cyclische Folge und die Länge und An-
fänge der Jahre von Ol. 90 an im Anschlufs an die vorhergehende
und bis OU 114, 2/3 nach den Regeln der Okta^teris auf und gibt
eine Vergleichung mit dem metonischen Cyclus und den melonischen
Jahresanfängen, absichtlich wie Ideler sie setzt, bei denen B das
Schaltjahr bezeichnet. Sie zeigt an ihrem Schlufs das Ergebnis , dafs
nach Ausmerzung eines Monates, die gerade kurz vorher wieder
ndthig geworden war, das Jahr Ol. 114,3 gemäfs der OktaSteris
schon am 30n Juni anfieng, während es nach dem metonischen Cyclus
erst am 3n Juli anfängt ; es wird sich im Verfolg der Untersuchung,
die ich hier unterbrechen mufs , ausweisen , dafs der Irtham auf der
Seite des metonischen Cyclus, nicht der Oktaeteris liegt Wenn
Geminos (S. 23) dessen ungeachtet im Gegensatz zur metonischen
Periode die Oktaeteris tadelt und geradezu sagt, die Oktaeteris sei in
allen Stücken fehlerhaft gewesen, so beruht dies auf einer besondern
Betrachtung (S. 2lf.)f die mit der unsrigen nicht in Widerspruch
steht, und man muls der Oktaeteris eben besonders die Nothwendig-
keit der Ausmerznng eines Monats als Fehler anrechnen und gerin-
gere Kleinigkeiten , die ich hier übergehe : denn es ist allerdings em
grofser Fehler, dafs allmählich in 160 Jahren der Jahreswechsel bis
zur Ueberschreitiing der Sommerwende um einen Monat vorrückte und
dann plötzHch um einen ganzen Monat zurückgeschoben werden muste,
und diesen Fehler vermied der metonische Cyclus.
A. Boeekh: zw GMdudd« der Mimitjam der BeUtaea. ff
ll=
l|s
H
Olympia-
Jahres-
ii
Pwiodemahl üd lUmutkmmgem
• «'S
deig'ahre
anfang
¥
nebst Vflr^ldehiiB^ BÜtMetona
Cyelns
6
1
354
Ol. 86,3
5. Aug.
434
•kt T, MiL 4.
7
2
354
4
24. Juli
b 433
B8
B 3
384
87,1
13. Juli
432
/.«ei. CJydh», 16. Jiitt(l)
1
4
354
2
l.Aug.
431
6.JaU(2)
2
5
355*
3
21. Juli
430
25.JuniB(3)
B 8
B 6
384
4
10. Juli
b 429
13. Juü (4)
4
7
355*
88,1
29. Juli
428
2.JnliB(5)
Bö
B8
384
2
19. Juli
427
2I.Jali(6)
a
1
355f
3
7. Aug.
426
ttLt. llJuU(7)
7
2
354f
4
27. Juli
b 425
29. Juni B (8)
B 8
B 3
384 f
89,1
16. Juil
424
18. Juli (9)
1
4
355 f
2
4.Aug.
423
7. Jnli (10)
2
5
355 f*
3
25. Juli
422
27. Jon! B (11)
IB]3
[B]6
355*
4
14. Juli
b 421
^'S^l^-^^-^a^^
4
7
354
90,1
4. Juli
420
4.JnUB(13)
B 5
B 8
384
2
23. Juni
419
23. Juü (14)
1
355*
3
12. Juli
418
ttL f. Mk. i. M. 12. Jnli(15)
7
2
354
4
l.Jnli
b 417
l.lnUB(16)
B8
B 3
384
91,1
20. Juni
416
20. Juli (17)
1
4
354f
2
9. Juli
415
9. Jnli (18)
2
5
354 f
3
28. Juni
414
28. Jon! B (19)
B 3
B 6
384f
4
16. Juni
b 413
J?.»e/.QMk#,16.Juli(l)
4
7
354 f
92,1
5. Juli
412
6. Jnli (2)
B 5
B 8
384f
2
24. Juni
411
25. Juni B (3)
6
1
355*
3
13. Juli
410
•ktlO. 14. Juli (4)
7
2
354
4
2. Juli
b 409
2. Juli B (5)
B 8
B 3
384
93,1
21. Juni
408
21.Jali(6)
1
4
354
2
10. Juli
407
11. Juli (7)
2
5
355*
3
29. Juni
406
30.JiinlB(a)
B 3
B 6
384
4
18.Jani
b 405
18. Juli (9)
4
7
354
94,1
7. Juli
404
7.JnU(10)
65
B 8
384
2
26. Juni
403
27. Juni B (11)
6
1
355*
3
15. Juli
402
Okt n, lakk.0. M. 16. Juli (12)
7
2
354
4
4. Juli
b 401
4. Juli B (13)
B8
B 3
384
95,1
23. Juni
400
23. Juli (14)
1
4
354
2
12. Juli
399
12. Juli (15)
2
5
354
3
l.JuU
398
2.JuUB(16)
B a
B 6
384
4
19. Juni
b 397
20. Juli (17)
4
7
354
96,1
8. Jnli
396
9. Juli (18)
28. Juni B (19)
B 5
B8
384
2
27. Juni
395
6
1
355*
3
16. Juli
394
i^fc,ee«Ji^-^«^»(i)
7
2
354
4
5. Jnli
b 393
6. Juli (2)
25. Juni B (3)
B8
B 3
384
97,1
24. Juni
392
i
4
354
2
13. Juli
391
14. Juli (4)
3. Juli B (6)
2
5
355*
3
2. Juli
390
B3
B 6
384
4
21.Jnni
b 389
2i.j«ii(e)
38 A. Boeckh: zwr Gesehkhte deiuMondeyclen der Hellenen.
ll=
li
1
Olympia-
Jahres-
Periodenzahl und Bemerkungen
Ip
f
1
denjahre
anfangp
Ix W
nebst Vererleichang* mit Metons
Cyclus
4
7
354
Ol. 98,1
10. Juli
388
11. Juli (7)
B 5
B 8
384
2
29. Juni
387
30. Juni B (8)
6
1
355*
3
18. Juli
386
Oktia, Hekk.7.M.19.Juli(9)
7
2
354
4
7. Juli
b 385
7. Juli (10)
B 8
B 3
384
99,1
26. Juni
384
27. Juni B (11)
1
4
354
2
15. Juli
383
16. Juli (12)
2
t
354
3
4. Juli
382
5. Juli B (13)
B 3
B 6
384
4
22. Juni
b 381
23. Juli (14)
12. Juli (15)
4
7
354
100,1
11. Juli
380
B 5
B 8
384
2
30. Juni
379
2. Juli B (16)
6
1
355*
3
19. Juli
378
OktU. 21. Juli (17)
7
2
354
4
8. Juli
b 377
9. Juli (18)
B 8
B 3
384
101,1
27. Juni
37B
28. Juni B (19)
1
4
354
2
16. Juli
375
^.»ic^Oyc/tt*, 17. Juli(l)
2
5'
355*
3
5. Juli
374
7. Juli (2)
B 3
B 6
384
4
24. Juni
b 373
25. Juni B (3)
4
7
354
102,1
13. Juli
372
14. Juli (4)
B 5
B 8
384
2
2. Juli
371
3. Juli B (5)
1
355*
3
21. Juli
370
OktU, Hekk.8.22.Juli(6)
7
2
354
4
10. Juli
b 369
11. Juli (7)
B 8
B 3
384
103,1
29. Juni
368
30. Juni B (8)
1
4
354
2
18. Juli
367
19. Juli (9)
2
5
354
3
7. Juli
366
8. Juli (10)
B 3
B 6
384
4
25. Juni
b 365
27. Juni B (11)
4
7
354
104,1
14. Juli
364
16. Juli (12)
B 5
B 8
384
2
3. Juli
363
5. Juli B (13)
6
1
355*
3
22. Juli
362
Okt 16. 24. Juli (14)
7
2
384
4
11. Juli
b 361
12. Juli (15)
B 8
B 3
384
105,1
30. Juni
360
2. Juli B (16)
1
4
354
2
19. Juli
359
21. Juli (17)
2
5
355*
3
8. Juli
358
10. Juli (18)
B 3
B 6
354
4
27. Juni
b 357
28. Juni B (19)
4
7
354
10Ö,1
16. Juli
356
S.met.C^cIus, 11. in\i(l)
B 5
B 8
384
2
5. Juli
355
7. Juli (2)
6
1
355*
3
24. Juli
354
Okt 17, Hekk. 9. M. 26. Juni B (3)
7
2
854
4
13. Juli
b353
14. Juli (4)
B 8
B 3
384
107,1
2. Juli
352
3. Juli B (5)
1
4
354
2
21. Juli
351
22. Juli (6)
2
5
354
3
10. Juli
350
12. Juli (7)
B 3
B 6
384
4
28. Juni
b 349
30. Juni B (8)
4
7
354
108,1
17. Juli
348
19. Juli (9)
B 5
B 8
384
2
6. Juli
347
8. Juli (10)
6
1
355*
3
25. Juli
346
Okt 18. 28. Juni B (11)
7
^ 2
354
4
14. Juli
b 345
16. Juli (12)
B 8
B 3
384
109,1
3. Juli
344
5. Juli B (13)
1^
4
354
2
22. Jili
343
24. Juli (14)
2
5
355*
3
11. Juli
842
13. Juli (15)
B 3
B 6
384
4
30. Juni
b 341
2. Juli B (16)
4
7
354
110,1
19. Juli
340
21. Juli (17)
B 5
B 8
384
2
«. Juli
839
10. Juli (18)
A. Btteekh: zur Geschichlei der Monddydea der fieUenea.
i|=
4'
H
Olympia-
Jahres-
li
-
||5
in
"f.
denjahre.
anfang:
1^
nebst Vergpleichung' mit Metons
Cydns
6
1
355*
01.110,3
27. Juli
338
0kt.l«,Hekk.l0.29. Juni B (19)
7
2
354
4
16. Juli
b 337
^. met, Cyclusi 17. Juli (1)
B 8
B3
384
111,1
5. Juli
336
7. Juli (2)
1
4
354
2
24. Juli
335
26. Juni B (3)
2
5
354
3
13. Juli
334
. 16. Juli (4)
B 3
B 6
384
4
1. Juli
b 333
3. Juli B (5)
4
7
354
112,1
20. Juli
332
22. Juli (6)
[B]5
[B]8
354
2
9. Juli
331
!f^r,aM.12.J„H(7)*)
6
1
355*
3
28. Juni
330
Oktao. M, l.Juli (rectif, 28.
Juni) B (8) ♦*)
7
2
354
4
17*Juni
b 329
19.Juli(reclif.l6.JuU)(9)
B 8
B 3
384
113,1
6. Juni
328
8. Juli (rectif. 5. Jnli) (10)
28.Juni(rct.25.JuQl)B(ll)
17. JuU (rectif. 14. Juli (12)
5. Juli (rectif. 2. Juli) B(13)
1
4
354
2
25. JuDi
327
2
5
355*
3
14. Juni
326
B 3
B 6
384
4
3. Juni
b 325
• 4
7
354
114,1
22. Juni
324
24.Juli(rectif.21.Juli)(14)
B 5
B 8
384
2
11. Juni
323
13.Juli(reptif.lO.Juli)(i5)
6
1
355*
3
30. Juni
322
Okt 1, Hekk. L M. 3. Juli (r«etif.
30. Juni) B (16)
'^) Spatestes Ende der Geltung der Oktaeteris zu Athen.
**) Der metonische Cyclus gilt, soweit bis jetzt nachweislich, von
Ol. 112 , 3 anstatt der Oktagteris zu Athen, und zwar Yon dem 28n Juni
ab. Anfang der kallippischen Periode.
10. Ehe ich sofort weiter gehe, ist es erforderlich, einige Be-
trachtungen anzustellen, durch welche dieser Cyclus theils geprüft
theils bewährt wird, wobei ich zugleich die Gelegenheit ergreife, eine
und die andere früher von mir gehegte Meinung zu berichtigen. Doch
sollen sich diese Betrachtungen nur auf den Theil des Cyclus vor
Ol. 94 erstrecken , und auch von dieser Zeit dasjenige ausgeschlossen
bleiben, was sich auf die Berechnung der Zeiten des peloponnesischen
Krieges nach den Angaben des Thukydides bezieht, die ich weiter
unten besonders erwäg,en werde. Es bleibt der Zeit anheimgestelU,
ob spater ans Licht kommende Denkmäler diesen Cyclus bestätigen oder
widerlegen werden, oder ob sie Modificationeh desselben nöthig
machen dürften. Denn das unbefriedigende der bis jetzt vorliegenden
Quellen läfst den behutsamen oder gar ängstlichen Forscher in Unter-
suchungen der Artj in denen er zu sehr auf sich selbst angewiesen
ist, nicht zum Vollgefühl der Zuversicht kommen. Man kann jeder-
zeit nur mit dem jedesmal vorhandenen Material bauen ; ab?r die For-
schung darf darum nicht so lange still stehen, bis alle ihre Elemente
tO A. Boeekh: cur GvsditeMe 4er Moodeyelen der HeÜHieir.
vollständig^ gegeben sind. Was ich hier nun in den vorhin ang^ezeig^-
ten Beziehung^en zu bemerken finde, beschränkt sich auf folgende
Punkte.
ä) OL 86, 4 ist ein Gemeinjahr. Ich nehme zurück , was ich in
der Abhandlung vom J. 1846 (Schriften d. Akad. S. 365) gesagt, es
sei wenigstens annehmbar , jenes Jahr sei ein Schaltjahr gewesen.
b) Im Jahr Ol. 88, 2 unter dem Archon Eukles (vgh über den
Archon Redlich S. 73) ist, wie Aristoteles berichtet (Meteor. I 6), ein
Komet im Norden erschienen im Monat Gamelion, nach den Worten
des Aristoteles: inl d* &(novtog^A^'qviti(Hv EvKkhvg rov Molawog
fyiveto xofii^rig idxriq ngog aQXtov (irivog Faiitihnvog ^ nsQt xqomag
ovtog tov fjklov xetfUQivag. Redlich bemerkt (S. 65), dies passe nicht
in den oklaeterischen Cyclus, und erklärt die Nachricht so, der Astro-
nom, welchem Aristoteles diese Nachricht verdanke, habe nach dem me-
tonischen Cyclus gerechnet. Dafs dergleichen Zurückrechnungen sogar
in sehr frühe Zeiten nach dem metonischen Cyclus gemacht worden, habe
ich schon im J. 1832, um welche Zeit mein Commentar zur parischen
Chronik laut der Vorrede zum 2n Bande des Corpus inscr. Gr. erschie-
nen ist, in eben diesem Werke (U S.326) genau durch Berechnung de^
Datums der Einnahme Trojas bewiesen, was ich Grund habe zu bemer-
ken. Mit der Angabe des Aristoteles verhält es sich aber nicht so.
Aristoteles hatte blofs überliefert gefunden, dafs OL 88, 2 im Game-
lion ein Komet erschienen sei; er benutzt aber dieses Datum nach
seinem Zusammenhang dazu, zu beweisen, dafs Kometen nicht blofs
im Norden zur Zeil der Sommerwende erscheinen könnten , und setzt
daher aus eigener Rede die Worte hinzu: yte^l vfionag ovtog tov
^Xlov %siiUQtvag. Gewöhnlich ist nemlich die Sonne um diesen Mo*
nat in der Winterwende; aber darauf kommt es nicht einmal an.
Wenn auch die Sonne im Gamelion OL 88, 2, welcher nach unserem
Cyclus erst um den lln Februar anfieng, als der Komet erschien schon
etwa 50 Tage über die Winterwende weg war , so konnte Aristoteles
doch immerhin im Gegensatz gegen die entgegengesetzte Stellung der
Sonne um die Sommerwende so sprechen.
c) OL 88, 3 — 89, 2 sind nach meinen Zinsrechnungen als fest
bezeichnet , jedoch OL 89, 2 unter einer oben angegebenen wahrschein-
lichen Voraussetzung. OL 89, 3 ist in Beziehung darauf, dafs. es ein
Gemeinjahr sei , als fest bezeichnet aus einem Grunde , der oben schon
angegeben ist, hat aber wegen des hypothetischen der Tagsumme
einen Stern. Durch jene Zinsrechnungen habe ich bereits in der Ab-
handlung vom J. 1846 bedingterweise die Ansicht erschüttert, als
ob der metonische Cyclus damals in Athen gegolten habe. Im Jahre
des Archon Stratokies OL 88, 4 eräugnete sich im Boedromion eine
Mondfinsternis (SchoL Aristoph. Wolken 684), die vom 9nOctober425
v. Chr. Dieses julianische Datum fällt nach Metons Rechnung in den
Pyanepsion ; nach uns entspricht ihm der 16e Boedromion , während
der Vollmond vielmehr um den 14n hätte eintreten sollen , indem eben
A. Boeckh : zur GeAehiefate der Moadeyd«« der H^UivieA. M
dM Jabr am zwei Tage zu fräh angefangen war. lieber diese Mond-
finsternis haben nächst Vömel £. H^ 0. MOller und Redlich, dieser mit
Nachweisung der Vorgänger gehandelt (S. 68 ff.)-
d) Aristophanes lä&t in dem Antepirrhema der Wolken (60S ff.)
die Selene den Athenern sagen , sie führten die Tage ganz unrichtig
und mengten sie zu oberst und zu unterst, so dafs die Götter ihr je-
desmal drohten , wenn sie um das Gastmahl getäuscht wieder nach
Hause giengen, indem sie nicht nach dem richtigen Verhältnis der
Tage ihres Festes theilhaflig würden; wenn geopfert werden sollte,
folterte und richtete man, u. dgl. m. Dem Hyperbolos hätten die
Gdtler seinen Hieromnemonenkranz geraubt, damit er besser wisse,
dafs man die Tage des Lebens nach dem Monde führen müsse. Ide-
ler (I S. a22 f.) müht sich vergeblich ab, diese Stelle mU dem voraus^
gesetzten bestehen des geordneten metonischen Kalenders zu Athen
zu vereinigen; denn offenbar liegt hierin, dafs der Kalender nicht mit
dem Monde stimmte. Aber weit wunderlicher schliefst Rinck (S. 39)
aus der Stelle , zur Zeit der Aufführung der Wolken könne in Athen
kein Mondcyclus Geltung gehabt haben; sie beweist vielmehr im Ge-
gentheil dafür, dafs die Tage nach dem Monde gezählt werden sollten,
da(s man aber eben in Verwirrung war. Redlich findet darin Spott über
die unregelmäfsigeEinschiebung der Tage (S. 72): besonders aber mag
auf die hiermit in Verbindung stehende unregelmäfsige Folge der vollen
und hohlen Monate, wodurch die Tage allerdings gewissermaCsen zu
Oberst und zu unterst gemengt wurden, angespielt sein; aufserdem aber
ist darin zu suchen, dafs der Kalender nicht mit dem Monde stimmte, und
daCs diese Fehler damals Gegenstand der Volksunterhaltung und der
Klage über die Behörden waren. Die Wolken sind Ol. 89, 1 aufgeführt,
und es ist keine hinreichende Veranlassung vorhanden , die sichere
theilweise Diaskeue des Stückes und namentlich die Vertauschung der
Parabase mit einer neuen auf dieses Antepirrhema auszudehnen ; das
Bedenken, was man aus dem Scholiasten zu Vs. 620 (624 Dindf.)
hernehmen könnte, im Jahre der Aufführung der Wolken, bei Kleons
Lebzeiten, sei Hyperbolos noch nicht so hervorragend gewesen, um
Hieromnemon zu sein, erledigt sich dadurch, dafs diese Hieromnemo-
nle eine erlooste war , und ich möchte überdies bezweifeln , dafs die
delphisch-pylaeische gemeint sei. Sollte aber auch diese Partie aus
der Umarbeitung herrühren , so ist sie nicht jünger als OL 89, 2 (Teuf-
fei im Philologus VII S. 351. f.)- Ol. 89, 1 — ^2 traten die bürgerlichen
Neumonde nach unserem Entwurf des Cyclus im Vergleich mit Metons
Bestimmungen zwei Tage vor der rechten Zeit ein, da das Jahr
OL 69, 1 mit dem 16n Juli anfängt, während bei Meton der Anfang
am 18n Juli ist; dies genügt zusammen genommen mit dem übri-
gen, um die Klagen der Götter gegen die Selene und die übrigen
Scherze zu begründen, da natürlich auch alle Feste dadurch verschoben
wurden. Dagegen finden wir auch wieder eine Andeutung, dafs Ol. 91, 1
der bürgerlicbe Neumond mit der Mondphase nahe in Uebereinstim-
mang gewesen sei (s. Cap. 20), ganz unserem Cyclus gemäfs.
Üi A. Boeekh: zur QeseiHclile äer Monäcyelen der Hellenen.
e) Ol. 91, 2 ist nach Rangab^s Zinsrechnung (s. oben Cap. 5) als
eiil Jahr von 354 Ta£^en festgestellt
f) Dafs Ol. 91, 3 — 92, 2 als Teste Jahre bezeichnet sind, ist in
einer gewissen Einschränkung zu nehmen, und dieser Umstand erfor-
dert eine ausführlichere Erwägung. In dem akad. Monatsbericht vom
J. 1853 (S. ö87 ff.) habe ich aus der dort erklärten kleineren logisti-
schen Urkunde unter bestimmten Vol^ussetzungen eine panathenai-
sche Penleleris von 1476 Tagen ermillell. Wie man aus dem Oange
der dortigen Untersuchung sehen wird, beruht die Ermittelung, wenn
ich auch nicht alles so ausgesprochen habe, auf folgendem: 1) Es
seien in dem ersten Artikel der Generalsummen Z. 28—30* aufser den
Zinsen der laufenden vierjährigen panathenaischen Periode von den
Geldern , wetehe in der zunächst vorangegangenen Periode durch die
früheren Logislen verrechnet waren, überdies Zinsen von 7 noch
früheren Jahren berechnet gewesen. So verstand ich damals die
Stelle. Die 4 laufenden Jahre sind Z. 28 bezeichnet mit den Worten :
[iv rotg th]TaQ6iv hsatv roxov rotg xiig ^€ov, a ot n^[xiqot Xo-
yictcA iloyleavto] , die 7 Jahre Z. 29 mit [IJjrra Iretfiv (vgl. a. a. O.
S. 585). 2) Da der dritte Artikel dem ersten analog ist, und von dem
dritten Z. 35 augenscheinlich eben dasselbe [iv xoig ri]ttaQCiv hiCiVj
S ot nQoreqoi koyi[<Sral iXoylffavro] vorkommt, Z. 36 aber in dersel-
ben Gegend, wo im ersten Artikel inrcc StBOtv steht, wieder — lte<Stv
erscheint, so war es die Aufgabe, zur Ergänzung des letzteren die
Zahl zu finden , welche nach der Analogie des ersten Artikels die An-
zahl der Jahre enthielt, von welchen aufser den Zinsen der laufenden
4 Jahre für die von den vorigen Logislen verrechneten Gelder, noch
überdies Zinsen berechnet seien. Diese Anzahl der Jahre war im
ersten Artikel 7 , im dritten erweislich nicht ; eine andere liefs sich
auch nicht finden. Denn die Rechnung ergab (mittelst einer genau zu-
treffenden Ergänzung der Kapilalsumme) 1476 Zinstage, d. h. entwe-
der 4 Jahre oder 4 Jahre und'etwas darüber, folglich 5 Jahre; zieht
man nun von diesen die 4 Jahre der laufenden Periode ab , so blieb
für die zu ergänzende Jahreszahl entweder nichts oder nur ein Jahr
übrig, ivl aber passte nicht zu ireaiv. Daher muste angenommen
werden, dafs im dritten Artikel aufser den Zinsen für die laufenden
4 Jahre keine für frühere Zeiten berechnet waren , und es muste also
Z. 36 [tivtccq<Siv] itediv in dem von mir (S. 587) angegebenen Sinne
ergänzt werden. Da nun das Kapital nachZ. 35 bereits von den vorigen
Logislen verrechnet, also vor den laufenden 4 Jahren gezahlt war, und
nur für diese laufenden 4 Jahre Zinsen berechnet waren, wie unter den
angegebenen Verhältnissen klar ist, so war die Zahl der Zinstage 1476
nolhwendig zugleich die Tagsumme der laufenden Penleleris , wie ich
gesetzt habe. 3) Nach meinen Betrachtungen über die Geschichte des
Schatzes muste ich urtheilen , das Denkmal könne nur entweder auf
Ol. 91, 3 — 92, 2 oder auf Ol. 92, 3 — 93, 2 bezogen werden; ich ent-
schied mich für letztere Setzung, weil nur bei dieser es nach meinen
Betrachtungen möglich war , dafs in dem ersten Artikel aufser den
A. Boeekh: zur GeseidcUe der Moadcyden der Helleneil. SS:
Zinstitider laofenden Periode^ noch Zinsen von 7 früheren Jaltfen ^
rechnet seien. So viel über meine frOhere UntersuchuRg. Beaiebr
man nun al^er das Denkmal auf Ol. 91, 3—92, 2, was ich hypolher«
tisch gleichfalls aufgestellt hatte, und worauf sich die Erklärung dör
Inschrift leicht modificieren läfst, so stellt sich die Sache anders;
denn alsdann werden die laufenden 4 Jahre in den 7 Jahren, die im
ersten Artikel vorkommen, einzubegreifen sein, und es ist dann mög-
lich im dritten Artikel Z, 36, entsprechend dem Ijrra h&kv des
ersten, eine Jahreszahl zu ergänzen , welche aufser den 4 Jahren der
laufenden Periode noch eine vorher vergangene Zeit einschliefst: es
müste dies [Ttivts] hscw sein. So kämen von den 1476 Zinstag«n
einige, und zwar 29 oder 30 in die Zeit vor dem Anfang der läufen-
den Penteteris, indem diese letztere dann eine kleinere von 1447 oder
1446 Tagen würde. Es verschwände also der Nachweis einer pana,^
thenaischen Penteteris von 1476 Tagen. In der That hat Redlich
(S. 62), ohne jedoch auf dieses verschwinden hinzuweisen, das
Penkmal auf Ol. 91, 3 — 92, 2 bezogen und diese Meinung als der
meinigen gleich gesetzt. Es ist mir gelungen eine Entscheidung zu
finden , und sie ist zu Redlichs Gunsten ausgefallen. In dem vierten
Jahre der Penteteris ncfmliah, auf welche sich das Denkmal bezieht,
hatte die Leonlis die zehnte Prytanie; Ol. 93, 2 aber hatte nach der
Baurechnung vom Poliastempel (Rangabe Ant« Hell. I Nr. 56 A S. 47)
die Leontis die siebente Prytahie ; also kann die Penteteris des Denk-
mals nicht Ol. 92, 3 — 93, 2 sein. Ist sonach der frühere Beweis, dab
die Penteteris des Denkmals 1476 Tage hatte, verschwunden , so folgt
freilich noch nicht , dafs sie nicht dennoch 1476 Tage haben konnte
oder hatte. Vielmehr, so lange meine Ergänzung der Kapitalsumme
bestehen bleibt, folgt dasselbe Ergebnis der Tagsumme der in Rede
stehenden Penteteris auf eine andere Weise, nur nicht unbedingt,
sondern unter der Voraussetzung, dafs diese Penteteris eine gr6fsere
sei, wie sie sich uns nach Redlichs Oktaeteris ergibt , und in dieser
Beschränkung ist die Bezeichnung der Jahre Ol. 91, 3 — -92, 2 als fester
zu nehmen. Denn eine regelmäfsige gröfsere Penteteris, worauf man
wol berechtigt ist diese Rechnung zu richten, hat entweder 1476 oder
1477 Tage ; hätte nixa die Penteteris der Inschrift mehr als 1476 Tage
gehabt, so müste der Zahltag des Kapitals, dessen Zinsen für 1476
Tage berechnet sind, in die ersten Tage derselben Penteteris fallen;
das Kapital ist aber schon von den früheren Logisten verrechnet, also
schon in der vorhergegangenen Penteteris gezahlt; also haUe die lau-
fende Penteteris, wenn sie eine grofse war, nur 1476 Tage: wobei
also auch Redlichs Beweis, dafs der metonische Cyclus damals in Athen
liiehi galt, vorausgesetzt die Richtigkeit der Construction desselben,
bestehen bleibt, da nach dieser diese Penteteris 1477Tage hat. AuTser-
dem ist bei diesem Gegenstande noch eine andere Schwierigkeit zu
erwägen. Ol. 92, 2 ist nemlich in dem CyciA wie bei Meton ein
Schaltjahr; aber im vierten Jahre der in Rede stehenden Urkunde hatte
dem Zahltage nach die zehnte Prytanie nicht über 37 Tage, und bis
Jahrb. f. class. Philol. Suppl. N. F. Bd. I. 3
Oft A« Baeekh: 2Uff GesducMa det Moiidcf eleu der tt^tenesu
jetzt ist e» obgleich älchi gewis doek waltfscheioUeii erscbtenen, im
Schaltjahr habe zur 2eit der lehn Stamme keine Prylanie wenig«' aW
36Tage^faabt (vgU m^hh. in denSchr. d. Akad. vom J. 1846 S. dßä);
daher ich in der Erklärung der kleineren Urkunde das bezeichnete
vierte Jahr zwar nicht entsciueden , aber doch der grö&eren Wahr-
scheinlichkeit nach für ein Gemeinjahr halten wollte (Monatsbericht
1853 S. 578). Indessen kann auch die WahrscbeinUchkeit, eine Pry-
tanie habe im Schaltjahr nicht imter 38 Tagen haben können, völlig
tauschen; und sie teuscht wirklich. Es ist dabei angenommen, bei
K) Stämmen sei det Schahmonat, unabhängig von derZutheilung oder
Verloo»ing der überschüssigen Tage an die Pry tanicn , zu gieicheia
Theilen vertheilt worden ; für die Zeit der zwölf Stämme ist jedoch euie
weit ungleichere Verlheflun^ im Schaltjslir bereits nachgewiesen
<A. a* 0. aus Meiers Vorrede zu Hofs v. d. Deninen), indem ein Fall
^offkommt, wo die zwei ersten Prytanien zusammen 72 Tage hattexi,
wlhrend im Schaltjahr für jede der 12 Prytanien sich durchschnittlich
nur 32 Tage ergeben : so kamen also andere Prytanien bedeutend zu
knrz. Man kann nicht geradezu in Abrede steilen, dafs auch zur Zeit
der zehn Stämme ähnliches stattfand. Die von Pittaldb (fanc. Ath.
& 38) herausgegebene und von Rangabe (AnU Hell. I Nr. 348 S. 394 ff.)
behandelte Rechnung über verkaufte eingezogene Güter aus der näch-
sten Zeit vor der Anarchie liefet dafür meines eraehtens sogar defn
Beweis. Nach dieser fallen des Gamelion ißdofufi lau^dvov^ ivccT9i
^ßMvomog und änrif ^p^vovtog In die 7e Prytanie« Man kann dabei
nur an ein Schaltjahr denken. Der 7e Gamelion ist , die 7 ersten Mo-
naUe des Schaltjahres als 4 volle und 3 hohle i^eoommen, der 214e Tag
des Jahres; setzt man diesen auch nur als ersten der Pry tanie, so hat-
ten die 6 ersten Prytanien nur 213 Tage , also durchschnittlich jede
35-*-36 Tage, während sie nach gewöhnlicher Ansicht mindestens 36»
susammen 228 Tage haben sollten, die 4 ietztenPrytaoien aber erhalten
Zttsaeimen 171 Tage, durchschnittlich jede 42 — 43. Wir haben hier
also dasselbe Ergebnis wie schon früher für die Zeit der 12 Stämme,
nur dafs in dem einen Fall die grösseren Prytanien am Anfang, im
andern am Ende liegen; dies wird sich aber in andern Jahren umge^
kehrt haben, damit man beiden gerecht würde: wie wir in einer an*
dern Inschrift aus der Zeil der zwölf Stämme finden , dafs die letzte
Prytanie 34 Tage hatte (Ephem. archaeol. Nr. 32. Clansse Inscr. Gr. tres
Nr. ni), also zwei Tage über die durchschnittliche Dauer im Schalt-
jahr <vg4. Meier a. a. 0. S. VIII). Wieder in andern Jahren beliebte
oaan eine gleichmäfsigere Vertheilung ; denn man scheint über diese
Vertheilung keine feste für längere Zeit gütige Bestimmungen gehabt
zu haben. Durch die so eben angestellte Berechnung der Tage jener
vor-euklidischen Inschrift nun kommen wir ohngefähr zu einer Höhe
einiger Prytanien im Sehaltjahr zur Zeit der zehn Stämme, die ich
oben (Cap. 4) mit gitfem Vorbedacht als unwahrscheinlich nach der
gangbaren Ansicht , keineswegs aber als unmöglich bezeichnet habe ;
andere PrytanicA erhielten dagegen auch 'im Schaltjahr nur dieselbe
A* BoBAkh : zm 6««Udrte <ter Mondcyclen der Heltenei. K
Dauer wie im Gemeinjal»', und eg leucätet ei«, dafs luemach einmal
eine IVylame, auch die zehnte« selbst im Schaltjahr nur 37 Tage er-
halten konoie, nicht mehr als bisweilen im Gemeinjahtr. Freillgh hat,
Rai^abe, von dem gewöhnlichen System ausgehend, in der in Rede
st^enden Eeehnung einen Fehler des Steinsohrelbers oder eine un-
gehörige Fassung oder Bedaction veimutet. Falsche Daten, zum
Theil als Fehler der Steinschreiber, kommen vor (Staatsh. d. Ath. U
S. 34^ vgl S. 47, und unten Cap. 12), und ich könnte ein solches no-
thigenfeJJs auch für die kleine logistische Urkunde des Monatsbericht
les geltend machen, um die kurze Prytanie zu beseitigen; aber sokhe
Annahmen sind ohne Beweis oder hedeuiende Wahrscheinlichkeits*
gründe niehtig. Was Rangabe nun (in Nr. 348) als Schreibfehler an«
sieht, ist der 7e Gamelion; er glaubt die Schwierigkeit gehoben, wenn
der 17e Gamelion der richtige Tag war. Dies beruht aber auf einem
Rechnungsfehler. Der ]7e Gamelion ist der 334e Tag des Jahres,
also bleiben für die 6 ersten Prytanien nur 223 Tage, wahrend die 6
ersten Prytanien, jede aach nur zu 38 Tagen gerechnet, 2S8 Tage er-
fordern; und es ist nicht wol abzusehen, welcher andere Schreibfeh-
ler in der Insehrifl sein könnte, durch dessen wahrscheinliche Cor-
rection das gewi^liche System gerettet wurde. Als etwanige unrich*
tige Fassung stellt Rangab^ auf, der Posten vom 7n Gamelion sei aus
einem gewissen Grunde unter der 7n Pryianie aufgefiihrt, habe aber
in die 6e Prytanie gehört : diese Annahme ist aber völlig unstatthall.
Vielmehr liefert diese Rechnung den Beweis für das , was ich »uCge^
stellt habe , und rechtfertigt somit die Kürze der lOn Prytanie in der
kleineren logistischen Urkunde auch für ein Schaltjahr. Da ich übri*
gens meinen Untersuchungen über die Zeitbestimmung dieser Urkunde
eine unbedingte Sicherheit nicht zutrauen darf, so mufs ich schliefslich
noeh, obgleich ich nichts besseres und überhaupt nichts anderes da-
für zu setzen weifs, den Zweifel zulassen, ob die Rechnung, zu
weicher das Stück aus der zehnten Prytanie gehört, wirklich aus
OL 92, 2 sei ; so lange jedoch nicht durch ein neu ans Licht kommen-
des Denkmal sich herausstellt , dafs sie nicht auf jenes Jahr sich be-
ziehe oder dafs Ol. 92, 2 ein Gemeinjahr war, mufs ich bei den vor-*
liegenden Erwägungen stehen bleiben. Sollte sich letzteres aeigen,
so könnte man aufstellen , die von uns in Ol. 89, 4 angenommene Aus-
merzung eines Schaltmonats habe erst Ol. 92, 2 stattgefunden , und es
w&re dann möglich gewesen , dafs die Athener mit Ol. 92^ 3 in den
metonischen Cyclus übergiengen. Dem zufolge müste aber wol die
Stelle des aristophanischen Friedens (Cap. 9) aus der zweiten Aus-
gabe, die dann um Ol. 92, 1 zu setzen wäre , in die jetzt vorhandene
übertragen sein , was durchaus der Wahrscheinlichkeit entbehrt.
g) Das Jahr OL 92, 3 ist in dem Cyclus ein Gemeinjahr <und zwar
von 355 Tagen), wie ich es schon in der Staatsh. d. Ath. (II Beil. I)
und im Corpus inscr. Gr. für die Erklärung der werthvollen Schatz-
reohnung aus diesem Jahre gesetzt habe. Von den drei letzten Pry-
tanien dieses Jahres kommt in der Schatzrecbnung der 36e Tag vor.
3*
36 A. Boccich: zur Geschichte der Mottdeyden der fieUeneh.
A) Das Jahr OL 92, 4 ist nach dem Cyclus ein Gemeinjahr von
334 Tagen. Im Corpus inscr. Gr. (Nr. 148, vgl. zu Nr. 149) habe ich ein
schönes BruchstQck einer Schatzrechnung nach gemeinsamer Ueberle-
gung mit Ideler (vgl. diesen I S. 340 ff.) in dieses Jahr als metont-
sches Schaltjahr gesetzt; es steht aber nichts fest, als dafs die erste
Prytanie 37 oder 38 Tage und der Metageitnion 30 Tage hatte. Gibt
man dem Hekatombaeon nur 29 Tage , so wird die erste Prytanie nur
37 Tage haben. Dies hielt ich ehemals für unmöglidi ; aber es ist
jetzt nicht mehr zu leugnen, dafs Prytanien von 37 Tagen, und selbst
in Gemeinjahren, vorkommen konnten (vgl. m. Abb. vom J. 1846
S. 582 ff. Redlich S. 67). Die Inschrift kann also immerhin in Ol. 92, 4
bleiben ; Rinck (S. 54 f.) setzt sie aus blofsem Belieben in Ol. 93, 2
und sagt aus Versehen, ich hätte sie in Ol. 93, 1 gesetzt. In Ol. 93, 2
kann sie , wenn dieses Jahr ein Gemeinjahr von 354 Tagen war, nicht
gesetzt werden , weil wir sonst für dieses Jahr zu viel überschüssige
Tage erhalten würden (s. sogleich t).
Ol. 93, 2 ist in dem Cyclus wie bei Meton ein Gemeinjahr' von
354 Tagen; als Gemeinjahr hatte ich es früher an mehreren Orten be-
zeichnet. Auch Rinck setzt das Jahr als Gemeinjahr, was aber freilich
länger als nach dem Mondcyclus ist. Nach der Baurechnung vom
Poliastempel halte die sechste Prytanie 37, die achte 36 Tage.
Ar) Die Inschrift Nr. 348 bei Rangab^ (s. oben /*) ist von diesem
vermutungsweise in Ol. 93, 4 gesetzt worden: sie ist aus einem
Schaltjahr , und Ol. 93, 4 ist nach unserem Cyclus ein solches. Die
Vermutung meines hellenischen Freundes beruht zwar nicht auf zu-
reichenden Gründen, ist aber wol richtig. In der Inschrift kommt
vor, dafs in der 7n Prytanie etwas vom Staate verkauft wurde, was
dem Adeimantos dem Sohne des Leukolophides zugeh6rt hatte; die-
ser war kurz vorher , zur Zeil der Schlacht bei Aegospotambi , noch
Feldherr , wurde aber in Folge dieser von einigen des Verralhes be-
schuldigt (Xenoph. Hell. II 1, 32), und später als Ol. 93, 4 läfst sich
die Inschrift aus einleuchtenden Gründen nicht setzen. Dafs in der
vorhandenen Abschrift öfters H als Vocalzeichen vorkommt, mache
ich für unsere Setzung absichtlich nicht geltend. Metonisch ist übri-
gens Ol. 93, 4 nach Ideler ein Gemeinjahr, während die Inschrift fiir
Athen auf das Gegentheil führt.
11. Bis zu Ende von Ol. 92, 2 oder noch später hatte der me-
tonische Cyclus, wie erwiesen ist, keinen Eingang in Athen gefun-
den ; auch hatte er , wenn nur erst die Ausmerzung des Schallmonates,
die oben nachgewiesen worden, stattgefunden hatte, für geraume Zeit
keinen Vorzug vor der Oktaeteris. Dieser Vorzug desselben bestand
darin, dafs er das zu starke vorgreifen des Jahreswechsels über die
Sommerwende hinaus vermied; diesem Uebelstande hatte aber die
Ausmerzung des Schaltmonales für eine Reihe von Jahren abgeholfen.
Es war daher vor der Hand kein dringender Grund vorhanden, den me-
tonischen Cyclus einzuführen, der überhaupt nicht früh scheint allge-
A*fioeakli ; zur GastUdite der Mondcyel^ der Hellenen. ^
Bleuler geworden zu sein, da noch Geminos (S* 18) den bür^rlichen
Gebrauch (tifv nohunifv iymyf^v) und die Monate der Staaten {xovg
wtna %oUv (n^s) der genauer bestimmten Zeit entgegensetzt. Diese
Ueberlegung hat mich veranlalst, in der Tafel den oktaSterischen
Cyclus bis OL 114, 2/d fortzuführen. lieber das Ende dieser Tafel ist
aber noch eine Erläuterung nöthig : und diese liefert die Fortsetzung
der oben (Gap. 9) abgebrochenen Untersuchung. Nachdem Ol. 89, 4
ein Schaltmonat ausgemerzt worden, fi^g im Beginn der nächsten
Oktaeteris und Hekkaedeka^teris das Jahr Ol. 90, 3 dennoch erst den
12n Juli, 14 Tage nach der Sommerwende an, die auf den 28n Juni fiel
(Meton freilich hatte sie kurz vorher gar auf den 27n Juni gefunden) ;
nach Verlauf der eilften Oktaeteris von Ol. 90, 3 ab, also Ol. 112, 3
fieng daher das Jahr am Abend des 28n Juli an, volle 30 Tage nach
dem Abend des Tages der Sommerwende , welche am 28n Juni gegen
3% Uhr Morgens athenischer Zeit eingetreten war, fast genau gleich-
zeitig mit dem astronomischen Neumond (vgl. Biot Resume de chro-
noL astron. S. 436). Sollte dieser Misstand gehoben werden, so
muste einer der Schaltmonate der von Ol. 112, 3 laufenden Oktaete-
ris oder schon der zunächst vorhergehende, also der Schallmonat
von Ol. 112, 2. 113, 1 oder 4, oder 114, 2 ausgemerzt werden, so dafs
dann die nächste Periode nach der mit Ol. 112, 3 beginnenden Oktae-
teris in OL 11^ 3, V. Chr. 322 mit dem ersten erscheinenden Neumond
nach der Sommerwende begann, den 30n Juni v. Chr. 322. So ergibt
es die in der Tafel ausgedrückte Berechnung nach den Regeln der
Oktaeteris, und es stimmt vollkommen mit dem Mond. Denn ich
finde nach Largeteau denjenigen astronomischen Neumond, der hier
in Betracht kommt, den ersten nach der Sommerwende v. Chr. 322,
auf den 29n Juni 2 Uhr 52' par. oder ohngefähr 4^ Uhr athenischer
Zeit Nachmittags, so dafs der bürgerliche Neumond am 30n Juni
war , während er nach Meton falsch auf den 3n Juli fiel. Uebrigens
habe ich in der Tafel angenommen, die Ausmerzung sei gleich
im Jahre Ol. 112, 2 erfolgt ; dies ist rathsam anzunehmen , weil ohne
diese Ausmerzung das nächste Jahr schon einen vollen Monat nach
der Sommerwende, am 28n Juli angefangen hätte. Dem näheren Ver-
ständnis durfte folgende Betrachtung förderlich sein. Eine der aUi-
sehen Oktaeteris angepasste Periode von 160 Jahren wird man theore-
tischerweise von einer attischen Oktaeteris aus nehmen müssen, in
welcher der erste bürgerliche Neumond mit der Sommerwende
coincidiert oder dieser in der kürzesten Zeit nachfolgt. Man hat da-
her OL 112, 3 oder Ol. 114, 3 als Anfang einer solchen grofsen Periode
zu nehmen. Von da ab kann man solche Perioden zurückrechnen;
rechnet man deren zwei zurück, so wird der Anfang der ersten
derselben in Ol. 32, 3, v. Chr. 650, oder in Ol. 34, 3, v. Chr. 642 fallen.
Wäre nun die Periode von 160 Jahren in genauer Ueberein Stimmung
mit Sonne und Mond , so müsten diese Jahre nach der okta§terischen
Rechnung in demselben Verhältnis zur Sommerwende und zu den
natürlichen Mondphasen stehen wie Ol. 112|3 und 114,3. Dies trifit
98 A. Boedih: z«r Geschtchle derMon^epyelen der Rett^eii.
aber iiieht zu, 'weil jene grofire Periöd«' gegen die Sotme «m
als einen Tag za lang iert, imd gegen. den^Mondlau^ ^dvon Idxgteieh
hernach näher handle, zu koTÄ. Wenn z. B. Ol. 114, » den 30n JflMi
einige Tage nach der Sommerwende begtnnl , und also Ot^ M, S
nach oktaelerischer Rechnung ebenfalls de» 30n Juni beginne» sottte,
und zwar einige Tage nach der Sommetwende , so begann Ol* 34, 3
der entsprechende erste Monal, nach denv Monde gerechnet, wie wir
sogleich sehen werden, schon den 28n odet 99a Juni, vm4 zwasr vor
der Sommerwende, vorausgesetzt dafs dafmits wirklich neck dem
Wonde gerechnet wurde und eine Oktaeteris' begann. Isr mi also
ein Misverhältnis der okta«lerischen Zurückrechnung gegen 8onne
und Mond vorhanden. Sehen wir von dem Mtsverhältnis gegen den
Mond vorläufig ab , indem wir das geringe zurückweichen des Mo-
natsanfanges in jener früheren Zeil gegen den Monalsanfang in
Ol. 112, 3 und 114, 3 aufser Acht lassen, so bleibt doch dieses sehr
störend, dafs in Ol. 32, 3 und 34, 3 ^er Jahresanfang, naeh dem
Monde bestimmt, vor die Sommerwende fiel, da er im Anfang
der Periode tnit dieser vielmehr coincrdieren odef ihr in- kürzester
Zeit nachfolgen sollte. Dennoch habe ich, um eine Zählung der
Okla^'lenden zu ermöglichen , zwei der grofsen Periode« ^rückge-
rechrtet, wobei entweder von Ol. 112, 3 oder von Ol. 114, 3 auszuge-
hen war, so dafs Ol. 32, 3 oder 34, 3 der Anfang 6et ersllen beider
Perioden wurde. Welches Von beiden man wähle, Isl ziemlich
gleichgiltig: das erslere erscheint jedoch als das richUtgere; aber
aus einem besonderen Grunde, der freilich filr so entfernte Reifen
nicht hoch angeschlagen werden kann, habe ich das letztere ge-
wählt. £s ist nemHch denkbar, dafs auch damals schon eine uft*
voPlkönimene Oktaeleris bestand, welche durch unregeliii^sfg eift-
geschaWele Zusatztage ab und zu mit den Mondphasen in Üeber-
Einstimmung gebracht wurde ; mit KücksTcbt hierauf ist es ange-
fnessener, ron den beiden angegebenen Anfangspunkten der ersten
der beiden zurückzurechnenden Perroden äen zu nehmen, in wel-
chem der Jahresanfang in minderem Misverhältots tut Sommer-
wende stand: und wenn auch die Okta^teris damals noch nieht ein-
geführt war, ist es doeh passender so ztf reehnen, a*s <^ sfe
schon bestanden hätte. Ol. 34, 3 war aber, wie Ideht zu era^hHen,
das Misverhältnis , welches ich bezeichnet habe , getinger als Ol. 32, 3,
und darum habe ich es vorgezogen , als Anfang der ersten def beiden
zurückgerechnelen Perioden Ol. 34, 3, v. Chr. 642 zu setzen, in
welchem Jahre die Sommerwende dert ton Juni NachmtCtaigs ßllt,
kurz vorher aber, am 27n Juni ohngefähr Abends ^ Uhr athenischer
Zeit, nach Largeteau berechnet, wahrer oder aslronomiseher Neu-
mond ist , also den 28n oder spätestens wenigsten^ der Regel nach
den 29n Juni bürgerlicher Neumond. "Wie Meton sich in dei* Be-
stimmung der Sortitoerwende um mehr als einen Tag irrte «md sie
zu früh setzte, so kann die Sommerwende vom J. v. Chr. 012 «bdtt-
falls früher als sie Wirklich war gesetzt worden sein, w» den
A. 6Mekh : «ur CtojMUeile, 4er Moadeyetm der Hellenea. SB
98a Juni, 9^ dafe sie tals nahe «oäieidierend mit dan bürgeriicfaea
Nenmond erschie»; dieser approximative Cokictde&zpunkt ist ein sehr
passeiMier Ausgati^spankt fib* «ine profeptisefae oder ra» uns zur
rüek£^eredincte Periode von awanzig^ attischen Oktaeletiden oder
160 JiibTeD, die wir hypothetisch zu Grunde «ret^ haben; dedi
kann wie gesagt selbst in jener KHihen Zeit schon eine, wetHh>
gieieh nicht fest geregelte und nicht genau beobachtete Oktaeterls
begonnen haben.. In eine solche Reihe fugte sich dann nach Ab-
lauf von 6 Oktaeleriden die ersle, ohne Zweifel wirkliche soloni«-
sdie als die siebente Okta^teris oder der Anfang der vierten Hekkaet
dekagteris, von Ol. 46, 3, v. Chr. 594 ab, in weichem Jahre der
erste astronomische Neumond, nach Largeteau berechnet, aaf den
6n Juli gegen 10% Uhr Abends athenischer Zeit trifft, sa dafs um
den 7/Bn Juli der bürgerliche Monat begonnen haben würde. Mit
Ol. 74, 2, v. Chr. 483 lief die erste elnhundertundseehsigjährige Pe*
riode, von OL 34, 3 ab gerechnet, zu Ende; hier oder kurz voc*
her fiätle nach der spätem Regel ein Schaltmonat ausgemerzt werr
den müssen, was aus Unkunde nicht geschah; sonst hätte das
Jahr nicht in Ol. 86, 3 die Sommerwende so weit üfl^rsehriUeü^
als es sichertieh der Fall war« Mit Ol. 74, 3 begann, theoretisch be?
rechnet, eine neue Periode von 160 Jahren tcnd eine neue Oktag^*
teris, und von hier ab sind in der Tafel die Okta^teriden und
Hekkaedekaeleriden gezählt: nicht als ob dies die einzig rodgliche
Zahlung wäre , sondern wir haben nur für die Betrachtung und
Rechnnng eine Norm annehmen müssen, und die Zählung würde
steh verändern, wenn dem oben angegebenen hypothetischen Aus*
gangspunkte (Ok 34, 3) ein anderer nahe liegender (etwa der oben
dilenunatisch von uns gesetzte, OL 32, 3) substituiert würde, weh
durch in der Hauptsache keide wesentliche Aenderungen entste:^
hen. Von Solon ab gerechnet würde die neue Periode von 16Q Jah-»
ren OL 86, 9 geendet haben, nach wekshem Jahr mit Ol. 86, 3 die
siebente Oktaeteris oder vierte Hekkaedekaetetis, von OK 74, 3 aus
gerechnet, anfangt Auch hier war der Schaitmonat nicht ausger
merzt worden« Die erste Ausmersung geschah Ol. 89, 4 (v. Chr. 421)»
also 69 Jahre zu spät (von Ol. 74^ 2 ab gerechnet); folglich muste
die zweite Ausmerzung spätestens schon 98 Jahre nachher, Ol. 114, 9
(▼. Chr. 393) geschehen. Hierbei bemerke ich noch folgendea. Des
letzte Tag der zweiten Periode von 160 Jahren ist der vom Abend
des 99n Juni 329 v. Chr. ab. Rechnet man von da ab zweimal
160 Jahre zurück, so würde wie gesagt die erslere der einhun-
dertundseehzigjährigen Perioden der Rechnung nach den 30n Juni
V. Clir. 643, Ol. 34, 3 haben beginnen müssen, und diese Rechnung
würde den AslrOtiomen der Zeit um Ol. 114 auch in BetrefT de»
Verhältnisses des Jahresanfanges zur Sommerwende völlig genügt
haben, weil sie, über die wahre Dauer d^ Sonnenjahres noch
nicht im klaren, die Sommerwende des J. v. Chr. 649 auf den-
selben julianischen Tag wie zu ihrer Zeit (28n Juni) setzten; hat
«0 A. BöecUi : zur Ge«€hieiae 4tt ÜMifaycleiL äer Uellatteo^
man aber im J. 6it v. Chr. schon titatsäefalieh Ae' OiBtalferis, ao
kann sie, wenn damals der bfkr^^erliche Neumond mit der Mcmd-
phase übereinstimmte and die Mondsichel nicht etwa erst am drit«-
ten Abend nach dem wahren Neumond beobachtet wurde, nach
obig^em der Rechnung gpemäfs nur vom Abend des 28n oder 39n Juni
begonnen haben, und es müsten also thatsächUch zwei oder min-
destens ^in Tag mehr eingeschoben worden sein, als die Theorie
der Olctaeteris erforderte. Beides hängt zusammen, und diese Ver-
mehrung der Zusatztage war ganz in der Ordnung. Denn die Pe-
riode von 160 Jahren , in welcher nach der Theorie der Oktaeteris
80 Tage eingeschoben und wieder ausgelassen werden, ist gegen den
wahren Möndlauf zu kurz , da in ihr der Monat zu 29 +'% + Vss Tagen
oder zu 29 Tagen 12 Stunden 45' Ya genommen ist, während er
99 Tage 12 Stunden 44' 3''% beträgt, was auf zweimal 160 Jahre
eine Vermehrung des Zeilraumes von 27% Stunden ergibt; und
überdies wurden durch die Weglassung eines Schaltmonates von
30 Tagen in einer Periode von 160 Jahren etwa 11% Stunden 'mehr
als ein synodischer Monat weggelassen, also in zwei solchen Perio*
den 22^ Kunden: so dafs binnen zwei Perioden zwei Tage mehr
zuzufügen waren, um mit dem Mondlauf in Ueberelnstimmung zu
bleiben (vgl. Ideler I S. 296 f^ und daselbst Geminos). An dieses Et't
gebnis könnte man folgende weitere Betrachtung knöpfen. Wir haben
gesehen, dafs Ol. 87, 1 das attische Jahr um drei Tage zu früh
anfieng, dafs man aber auch annehmen kann, es habe nur zwei
Tage zu früh angefangen (Cap. 9): diese zwei Tage, um die Ol. 87, 1
zu früh anüeng , könnten eben die scheinen , die in den zwei grofisen
Perioden von Ol. 34, 3 ab noch hätten zugefügt' werden müssen» und
daraus könnte man schliefsen , abgesehen von diesen zwei Tagen
habe die ganz regelmäfsige durch die Hekkaedekaeteris corrigierte
OktaSteris schon seit Ol. 34» 3 bestanden und sei bis OL 87, I
ordnungsmäfsig fortgeführt worden (was wir bisher nicht annah-
men); nur dafs die Zusetzung jener zwei Tage und die Ausmer-
zung des Schaltmonates nicht geschehen sei. Bei näherer Erwä-
gung erseheint jedoch diese Betrachtung als falsch. Denn letztere
beruht zu einem Theil auf der Voraussetzung einer zweimaligen Aus-
merzung des Schaltmonafes, und bis Ol. 87, 1 hat der Voraussetzung
nach eine solche gar nicht stattgefunden seit Ol. 34, 3, sondern die
erste erst Ol. 89, 4, die zweite erst gegen Ende der zweiten grofsen
Periode, nach uns Ol. 112, 2. Zum andern Theil beruht die Be-
rechnung der zwei Tage , welche in zweimal 160 Jahren noch zu-
zusetzen waren, auf dem Ablauf beider grofsen Perioden, deren
zweite Ol. 87, 1 noch nicht zum dritten Theile abgelaufen war. Ueber-
haHpt aber läfst sich nicht annehmen, dafs die Oktaeteris so früh
grundsätzlich geregelt war, sondern man fügte die Zusatztage auf
dem Wege einer unsidier tastenden Praxis ein, wenn die Incon-
gruenr der bürgerlichen Zeitrechnung und der Mondphasen bemerkt
worden war.
.A* Bo«eiib : z»tr fi^^NstiMtile 4er Mgoieyilleii 4er tteUiooea, 44
12. Wßfin .g^TaaBft^ZeU naeh der Ausmerxun«^ ies ScMbnonaie^
ia Ol* 89» 4 ein Grund zur Einführung «des. m^niseiien Gycius durck-
aos nicht vorhanden war^ dia Oktaeteris viehnehr, im, ganzen genom*
men and , ahgesehn von »kleinen Abweichungen deß bargerlichen
Neumondes gegen die Mondphase in einzelnen Fällen , sogar besser
als der m^tonische Cycliis mit dem Monde stimmte , so konnte gegen
Ende der ^weiten Periode von 160 Jahren allerdings dazu der Grund
führen, dafs man das übermäTsige hinausgreifen des Jahreswechsels
über die Sommerwende ein für alle mal , für lange Zeit wenigstens,
beseitigen wollte. Ks bedarf aber dafür, dafs der metonische Cyclus
eingeführt worden und wann es geschehn sei , der Beweise : und bis
jetzt reichte der einzige haltbare Beweis nicht weiter als bis OL 116» 3
zurück. Plolemaeos gibt zwar aus Hipparch drei Daten von babylo«-
nischen Beobachtungen, von Mondfinsternissen nach den. attischen Ar-
chanten und Monaten, zwei aus Ol. 99, 2, eine aus Ol. 99, 3, wonach
erateres Jahr ein Gemeinjahr, letzteres ein Schaltjahr, ist, und, diese
drei JDaten bezieht man auf den metonisohen Cyclus, der jedoch
schon um einen Tag gegen den Mond irrig war, indem er den 13n
Monatstag zahlte, statt dafs er dem Monde nach den 14n hätte zählen
sollen (Ideler I S.338 f.), während die Oktaeteris dagegen, nach wel-
cher diese Jahre einen Tag früher anfiengen, ganz richtig lief: in der
von uns entworfenen Oktaeteris fällt aber niemals ein Schaltjahr auf
ein drittes Olympiadenjahr, und es ist also schon daraus klar, dafs
jene Daten nicht nach der attischen Oktaeteris , sondern nach dem me-
ionischen Cyclus gemacht sind. Dies beweist jedoch nicht, dafs da-
mals in Athen der metonische Cyclus gegolten habe ; denn wir haben
hier nur von Hipparch oder einem altern gemachte Reductionen ba*
bylonischer Beobachtungen auf hellenische Daten nach dem metoni-
schen Cyclus vor uns, dessen sich Hipparch oder sein Gewährsmann
hier bedient haben wird (vgl. Redlich. S. 52. 65). Was sollte die
Athener, vorausgesetzt dafs sie die Regel der Oktaeteris genau ausge*
fuhrt hatten, damals bewogen haben, ihren mit dem Monde besser
stimmenden und von der Sonne nicht mehr als der metonische. ab-
weichenden Cyclus gegen jenen zu vertauschen? Aus späterer Zeit,
gegen Ende der in der Tafel dargestellten Periode , aus Ol. 112 , 2,
findet Ideler (I S» 347) ein Datum, welches er aus dem metonischen,
jedoch um zwei Tage von ihm. berichtigten Cyclus erklärt, indem der
metonische Jahresanfang damals gegen den Mond um zwei Tage zu
^t eingetreten sei; was ihm Rinck (S. 57) abgeborgt hat, während
er so spricht, als ob Ideler die Sache nicht gewust. Plutarch (Cam.
19) bezeugt nemlich , die Perser seien am fünftletzten Boedromion bei
Arbela überwunden worden, und derselbe berichtet anderwärts (Alex.
31), in der eilften Nacht vor der Schlacht bei Gaugamela oder nach
gewöhnlicher Benennung bei Arbela und zwar im Boedromion habe
sich eine Mondfinsternis eräugnet, wogegen wol eine andere von Kru-
ger zu Clintons Fasten (unter dem J. v. Chr. 331) angemerkte At^be
des ättern PUnios über die Zeit dieser Mondfinsternis nicht in Betracht
4£ A. Boeckh : zm Öegd U cÜte ^r MdAdcföten ^Ur Betteneh.
kommt. Diese MoniMiBföfft» ist die, welche in def Mseht vob 90a
zom iln Septemli^r ▼. Cht. 3^, Ol. 112, 2 eintrat. Die Scliiacht bei
Gaagamela oder Arbela fiel also den In October SSi v. €^r. vor. Nach
Metons Cyclus entsprach di^er Tag, wie Ideler sagt, dem-7n Boedro-
mion vom Ende; man habe also, meint Ideler, das metonische Dalam
nach dem Himmel berichtigt, was m diesem Falle sehr leicht gewesen,
da man nur von jener Finsternis ausSugehien brauchte (wobei eine
schwer denlibare improvisierte Kalenderverbesserung milten im Jahre
angenommen ist). Dafs der metonische Cyclus eingeführt gewesen,
wird hierbei vorausgesetzt, und könnte durch diese Combination t&t
diese Zeit bestätigt scheinen. Ideter hat sich indes in der Beredt*
nung um einen Tag geirrt. Die Schlacht bei Gaugamela oder Arbela
wurde am Lichttage des In October und des entsprechenden griechi-
schen Datums geliefert und entschieden ; hiemach wurde sie natarlich
datiert, nicht nach der darauf folgenden Nacht oder dem andern Mor-
gen , wenngleich die Verfolgung in die Nacht fortdauerte und Arbela
erst am folgenden Tage erreicht wurde. .Metons siebenter BoSdi^mion
vom Ende fangt aber erst nach dem Lichtlage , am Abend des In Oc-
tober an. Dem Lichttage des In October entspricht also Metons Licht*
tag' des achten Boe'dromion vom Ende. Aber die ganze Combination
ist auch hiervon abgesehn ohne Beweiskraft; vielmehr kann ich mit
Viel mehr Recht behaupten , dies Datum beweise , dafs damais die Ok*
taSteris galt. Das Jahr Ol. 112, 2 (v. Chr. 3^1) beginnt nemlt<^ in der
ohne alle Rücksicht auf diese Sache von uns bestimmten Oktaeteris
den 9n Juli, in voller UebereinstimmUng mit der Mondphase, da det
wahre oder astronomische Neumond, nach Largeteau berechnet, den
8R Juli Abends 774 Uhr athenischer Zeit eingetreten war, und das Jaht
ist ein Jahr von 354 Tagen, in weichejn abwechselnd volle und hohle
Monate auTeinander folgten. Es hat kein Bedenken , gerade wiie in
dem metottischen Cyck» dieses Jahr mit dem hohlen Monat an-
fangen zu lassen und den Bo€dromion mit Ideler als hohlen zu neh-
men. Läfst man nun, ebenfalls mit Ideler, die decti^ qt^Cvowtoq
nicht aus , auch nicht im BoSdromton , in welchem ich ehemals (C. L
6. 1 S. 226 b), schwankende Nachrichten umdeutend, diese Auslassang
annahm; so beginnt der ffinftletzte Boedrömion am 30n Sept. Abend»,
und der Lichttag des fönflletzten Bo^romion fällt auf den in October.
Dies spricht gerade dafür, dafs Ol. 112, 2 noch die Oktaeteris giilL
Freilich sagt Arrian (Exp. Alex. III 15), die Schlacht sei im Pyanepsion
unter dem athenischen Arehon Aristophaiies geliefert, was Ideler auf
Rechnung eines Fehlers in der Reduclion des makedonischen KoleU'^
ders auf den attischen schreibt; diese Angabe des Arrian könnte der
GDaubwärdigkeit der plutarchiscben' Abbruch thun. Gesetzt nun Ar*
rian hätte Recht, so wäre vollends nicht mehr daran zu denken, dafe
Metons Cyclus in Athen gegolten hätten mit der Oktaeteris dagegen
ist auch diese Angabe vereinbar ; nur mdsie dann die Awameraung des
Schaltmonats, in Voraussicht dafs 4er Jahteswechsel sehr bald die
Sommerwende übermässig ftberschreiten werde , schon vor 0). 112, 2
slaltselMdeiiiiiteils ileftn ftisdarinfi«^ dtr le Oc4« «31 v; Oir. in lieti
Byanepsion. Man könnte -sogar sagen, da scbon OL 110, 5 erst deti
37n Juli anfieng-^ und da man die Sommerwende vielleicht wie MetoR
schon den 27n Juni annahm, habe man vielieicht gldbh nach (^h 110y§
den näciKlen Sehaltmonat ausgemerzt. Wie dem auch sei , bis jetzt
laicht niehAs dafär, dafs Ol. L13, 2 der melonische Cyeius in Athen
gegolten iiabe. leh witt zwar eine frühere Einführung desselben, wo*
bei jedoch eine kleine Rectification desselben vorgenommen sein müsCe;
dennoch nicht md^edingt in Abrede stdlen; aber bis jetzt ünde ich es
am wahrscheinlichsten, dars er erst mit Ol. 112, 3, nach Ablauf einer
panathenaischen Oktaeteris, eingeführt und dafs sofort in das laufende
Jahr desselben, das achte, übergegangen wurde. Man konnte jetzt eben
den Fehler der Oktaeteris wieder erproben, dafs sie eine zu groise Ve^
berscfareilung der Sommerwende durch den Jahreswechsel herbeifQlu'e;
^gegen stellte der metonische Cyclus auf lange Zeit sicher, und darum
war seine Binfähning gerathen/ Ferner war vorauszusehen, da£»,
nachdem Ol. 112, 2 der Schaltmonat ausgemerzt wtwden, das Jahr in
der Folge sehr weit in den Anfang des Juni zurückweichen werde;
noch um etliche Tage mehr als in der kalUppisohea Periode, wenn
man die oktagleriache Regel fortsetzte ; an dieses zurOekweichen war
man aber nicht mehr gewöhnt , und es konnte also anstölsig sein 9 ob*
gleich es dem natfirbchen, wenn auch nur durch Reehnang bestinknten
Anfangspunkt und dem Laufe der attischen Oktaeteris vdlüg angemeä*
sen war, wie si^ aus dem kurz vorher gesagten (Cap. 11) abnehmen
läfst, und daher auch an der kalHppischen Periode nicht befremden
kann , in welcher es vielmehr als eine Rückkehr zum ursprÜDglieheii
erscheinen darf. Auch dieses anstöfsige wurde durch den metonischen
Cyclus vermieden. Endlich finde ich für meine Ansicht, mit Ol. 112, d
habe in Athen die Geltung des metonischen Cyclus begonnen, eine Btf-
slätigung in dem Umstände , dafs die kallippische Periode gerade mit
OJ. 112, 3 anlangt. Wahrscheinlich neaiüch war in Athen für den
Beginn der mit Ol. 112, 3 anfangenden neuen Oktaeteris kurz zuvor,
die Kalenderveränderung projectiert, und Kallippos der Kyzikener, ,
der mit Aristoteles in Athen lebte (Simplikios zu Ar. de caelo II S. 498 b
akad. Ausg.), hatte d^für seine Periode entworfen ; aber die Athener
nahmen den Entwurf des lebenden Fremdlings nicht an, sondern gaben
ihrem längst verstorbenen und s^ allem Neid« dem er früher ausge-
setzt gewesen war, entnommenen Mitbürger Mcton durch Annahme sei-
nes Cyclus eine späte Genugthuung. Es kann jedoch nicht davon die
Rede sein , dafs die Athener das Jahr Ol. 112, 5 darum mit Meton den
In Juli angefangen hätten , ein Jahresanfang der augenscheinlich um
zwei Tage zu spat war. Das oktaeierische Jahr Ol. 112, 2 schlofs am
Abend des 28n Juni; es war also in der Ordnung, das Jahr Ol. 112, 3
mit dem Abend des 28n Juni beginnen zu lassen , wie nach Kallippos,
der cfies gewis nicht an» Unkunde oder irtbam ühat, d. h. mit dem
Abend des Sommerwendetages (vgl. Cap. 11). Freilich erschien an
diesem Abend die Mondsichel noch nicht, da der wahre Neunotid oder
44 A. Boeekii: cor Geschiehfe der llMidcf«leii der HelteneH.
di€ Conjunction, wie Ideler (I S. MS) rechnet, erst am ttn Juni S Ulir
54^ Morgens eingetreten war; aber wie Kallippos sidi hierüber weg^
gesetzt ond mehr auf den wahren Neumond gesehen hatte y so ma|^
dies, ztfmal mit Rücksieht aaf die Oktaeteris, die eben auch auf den
38n Juni als Jahresanfang geführt hatte , auch von de« Athenern nicht
in Betracht genommen worden sein ; ja man mochte es sogar bei vor-
geschrittener Entwicklung der Zettrechnung angemessener finden, statt
von dem schwankenden erscheinen der Mondsichel am Abend lieber
von dem Abend des Tages des wahren Neumondes auszugehen in der
Bestimmung des Anfanges der neuen Periode. Wie dennoch der An-
fang des bürgerlichen Neumondes auch wieder mit dem ersten er-
scheinen der Mondsichel zusammentreffen konnte, kann man schon
daraus sehen, dafs Ol. 114, 3 hiernach mit dem Abend des 30n Juni
begann und der astronomische Neumond schon am 29n Juni Nachmit-
tags eingetreten war (Cap. 11). Doch genug hiervon. Ich beweise
nun, dafs Ol. 112, 3 der metoniscKe Cycius wirklich in Athen galt;
wobei ich wie immer die Richtigkeit der Idelerschen Bestimmung der
Sehaltjahre voraussetze, wie ich dies auch bei der kallippischen Pe-
riode thue ; doch werde ich auch auf Biots abweichende Construction
der letzteren Rücksicht nehmen, von welcher ich später noch beson-
ders werde sprechen müssen. In der archaeologischen Ephemeris
Nr. 1407 findet sich nemlich ein kleines Bruchstück eines cxovirfiov
geschriebenen Volksbeschlusses, dessen Daten nur aus einem Schalt-
jahr mit zehn Prytanien erklärbar sind. Aus dem Namen des Archon
ist Z. 1 lO^ßN'* übrig; Pittakis sah schon, dafs dies f^^Jro-
ifmvx\pg] sei, indem in dem ganzen Zeitraum, aus welchem das
Jahr dieses Beschlusses nach dem eben gesagten und nach der
Schrift und der Form des ProtokoUes nur sein kann , kein anderer
Archontenname zu den Resten passt: das Jahr des Beschlusses ist
also Ol. 112, 3. Hier ist die Inschrift, die genau nach der leicht
erkennbaren Zeilenlänge herstellbar war.
[EPIAPI^llO^nN-COCA P XO N]
[T O C E n I T] H C A E n N [T I A O C E N]
[ATH;CnPY]TANEIA[CHIl. ...
[E A] n I N O Y P A[l A N I E Y]
5 [CErPAMM]ATEYEN0A[Pr HA I]
[AN OCT EP P AA I E n I A[E K A A E]
[YT EPA l]K A ITP I A KO C[T H I T]
[H C P P Y T A N] E I A C E K K A H [C I A]
[K Y P I A TflN PPOE A Pfl N]E[P E Y]
10 [H ♦ IIE N]
[■EatVAQUS\xotpÄw[oq &ifX9vvogy inl t}i\g Ae99p[tiöog ivatfig itqv]t€C'
väalg^ {] (Eljxlvov na[tavuvg fygafifi]€itiveVj Öa[^^f5l-
VQ tBt]ifu6i hcl d[ix€r , iwxiqa] %al T^taaux^t^ t% %i^uv\Ü€igy ix-
A. Boeckh: zur Geschichte der Mondcyclen der Hellenen. 45
%lf^ala nvqla^ rc5v nqoiBqtov] i[ntipYi(piiev Slatl nct[ux'
vuvg\ Z. 4, was ich von PiUakis beibehalten habe , kann man auch
IIci[lXrivevg\ setzen. Z. 6 — 7, wo ich öevrigo^ gegeben habe, fülll den
Raum auch teraQxy) ich werde sogleich von beidem sprechen. Dem
erhaltenen zufolge ist der 14e Thargelion der mehr als dreifsigste Tag
einer Prytanie; dies ist bei zwölf Stammen nur in der eilflen Prytanie
eines Schaltjahres und nur unter Voraussetzung einer sehr ungleichen
"Verlheilung möglich, ivösKoctrig kann aber nicht gesetzt werden, weil
es für die Lücke zu lang ist, so dafs an zwölf Stämme hier nicht ge-
dacht werden kann: bei zehn Stämmen aber ist es nur in einem
Schalljahre möglich. Denn gibt man dem Gemeinjahr die höchste
Tagsumme 355, den zwei letzten Monaten Thargelion und Skiropho-
rion zusammen die geringste Tagsumme 59, und den zwei letzten
Prytanien sogar alle 5 überschüssigen Tage, zusammen also 75 Tage,
so ist der 14e Thargelion doch immer erst der 30e Tag der neunten
Prytanie. Wollte man auch Z. 6 — 7 statt des von uns ergänzten isv^
xiqa den möglicherweise mindest hohen Tag der Prytanie, den 31n
[|*ta] xal xqia%o(5x^ setzen , so würden die zwei letzten Prytanien zu-
sammen schon 76 Tage erhalten, was für ein Gemeinjahr selbst
unter der Voraussetzung der höchsten möglichen Zahl zu viel ist.
Die letztere Ergänzung ist jedoch ganz unwahrscheinlich, weil sie
zu weil hinler der regelmäfsig erforderlichen Anzahl der Buchsta-
ben zurückbleibt; dieser Anzahl entspricht dagegen genau der nächst
höhere Prytanientag [SEVxiqu] xal r^. , nach welcher Ergänzung der
14e Thargelion der 32e Tag der neunten Prylanie ist. So ergibt
sich bei der Tagsumme der zwei letzten Monate 59, wie sie auch
Meton für dieses Jahr hat, auf die neunte und zehnte Prytanie
zusammen die für das Schaltjahr sehr regelmäfsige Tagsumme 77=
38+^9 Tage. Jede weitere Erhöhung der Zahl des zu ergänzen-
den Prytanientages, z. B. \tqixri\ xal t^. oder [tsiiqxin] xal t^., wel-
ches letztere wieder der zu ergänzenden Zahl der Buchstaben, regel-
rechte Schrift vorausgesetzt, entspricht, ergibt noch eine Vermehrung
der Tagsumme der zwei letzten Prytanien: bei x^iq/tr^ wäre diese
Tagsumme 79=39 + 40 Tage, minder regelmäfsig als bei dBvxiqa^
aber allerdings möglich. Hiermit ist meines erachtens hinlänglich er-
wiesen, dafs OL 112, 3 in Athen ein Schaltjahr war ; dies ist es im me-
tonischen Cyclus , nicht aber bei Kallippos nach Idelers Schaltordnung,
sondern nur nach der Biotschen , auch nicht nach der attischen OktaC-
teris : folglich galt , Idelers Schaltordnung des metonischen und kallippi-
schen Cyclus vorausgesetzt, OL 112, 3 ^er metonische Cyclus in Athen.
Bas nächste Jahr Ol. 112, 4 ist in allen drei in Betracht kommenden
Cyclen ein Gemeinjahr , und braucht daher nicht in Erwägung gezogen
zu werden ; doch dürfte es keine eigentliche Abschweifung sein , wenn
ich hier eine Inschrift gebe, welche wol in dieses Jahr gehört und
nach der ermittelten Prytaniendauer in ein Gemeinjahr gesetzt werden
kann. Ich meine das Bruchstück Ephem. archaeol. Nr. 941 und 9041,
welches ich so herstelle , so weit es zu meinem Zweck erford^^rt wird :
46 Aj Boi^kh: vox Gosölucliie der Mendcyeleft «ler Hellene^
[Eni]KH<l>ICC[<l>nNT0^APX0NT0 5;]
[EP]! TH C O I N I [I AO ^ TETA P T H i P]
[P]Y T A N E I A C H [I] . . ,
. . . HTOYEY PY[PI AHtETP AMMA]
5 [TEY]ENPYANOY[lßNOiENH I KAI]
[NEA]I E N AE K A[TH I TH tPP Y T A NE]
IAiT12NPPOEA[PnNEPEyH4> II E]
.CIPPOinAOl[NKAI^YMPPOEA]
[P 0]l AH M[A]A H^[AH/v\EOYnAIANIEj
10 [Y i;]E I P E N
Man hal Z. 1 den Archon Kephisodoros oder Kephisodolos er-
. gänzl; nur Kephisophon von Ol. 112, 4 entspricht der Buchstabenzahi
g€nau, die aus der Gesamtheit der Ergänzungen hervorgeht, aufser
dafs Z. 8 .^IPPO^ sich nicht darnach zu einem gangbaren Namen er-
gänzen läfsl; und Kri(pt0o[(pavtog] ist also das wahrscheinlichste.
Ueber Jr^iadrig Jr^iiov IIctLuvuvg vgl. Urkunden über das Seewesen
des attischen Staates S. 234. Im Jahre Ol. 112, 4 hat dem metonischen
Cyclus gemäfs der Hekalombaeon 30, der Metageilnion 29, der Boe-
dromion 30, der Pyanepsion 29 Tage; gibt man zweien der drei ersten
Prylanien 36 , einer derselben 35 Tage , so beginnt die vierte Prylanie
den 19n Pyanepsion, und ihr eilfter Tag ist der letzte Pyanepsion. Eine
andere Herstellung ist kaum möglich. Wichtiger für unsere Unter-
suchung ist das Jahr Ol. 114, 3. Dieses Jahr würde in der Oktaeteri»
kein Schaltjahr sein , und ist es auch weder nach Ideler noch nach Biol
in der kallippischen Periode, deren neuntes Jahr es ist; wol aber war
es in Athen wie bei Meton ein Schalljahr. In der archaeol. Ephem.
Nr. 371 findet sich nemlich folgender Eingang eines Volksbeschlusses r
[Eni] 0ikoKXibvg ÜQXovrogy inl r% OlvitSog iv€c[Tfig] 7tQvravg[^€i[g],
^ Ev&vyivfig 'Hq^aiarodf^f/^ov Kfiq>i[au]vgl'iyQci(iii€irev£v ^ &aQyriXi€^
vog ÖEvriQcc i0T[ufjiiv]ov y TgCry nal slocoary rrjg Tt^avalocgj ix-
%[lfial]a, Tcov TtQoiÖQGyv i7tß'tjjfrjq>i^6v EvaXnog 0aXi]QEvg, Man könnte
vermuten, dieses sei die Inschrift, welche Rangabe (Ant. Hell, l
S. 392) im zweiten Theile seines sehr schätzbaren Werkes unter Nr. 1
herauszugeben versprochen hat und womit er beweisen will, Ol. 97, 1
sei ein Schaltjahr gewesen , wodurch eben wenig bewiesen wäre , da
Ol. 97, 1 ebensowol in der Oktaeteris als im metonischen Cyclus ein
Schaltjahr ist. Aber meinte er diese Inschrift, was ich jedoch kaum
glauben kann, so hätte er sie fälschlich unter den Archon Philokles
von Ol. 97. 1 gesetzt. In Ol. 97, 1 findet sich die hier vorkommende
Einleitungsformel rmv TtQoid^Giv iTCajfßtjfpi^ev (oder instlnj^tasv) a
öuvci noch nicht; das Beeret vom Archon Nausinikos Ol. 100, 3 (bei
Meier comm. epigr. II Nr. 61) , ein Beeret in der archaeol. Ephem.
Nr. 1627, welches zwar gerade an der Stelle, auf die es ankommt,
verstümmelt ist, aber was die in Rede stehende Formel betrifft mU
Ai Boeckii« «ut» Cesehichie nlet Mondeyeleh der ll^H^neti'; 4t
Sicherheit hergeslelU werden kann und dem erstem der 2eit ^lach
nahe liegt, und das Decrel in der Ephem. Nr. 1368 aas Ol. 100, 4 un-
ter dem Archon Kaliias beweisen, dafs damals nooh die alle Fqrmei
o öslva iitaazcizH gebräuchlich war; und merkwürdigerweise, um
dies für die kundigen gelegenlUch zu sagen, ist in diesen Decrelen
dieser Epi^latös nicht, ^ie früher unstreitig, Prylahe, nemlich in den
beiden, in welchen sein demolischer Name zugesetzt ist (denn in
Nr. 1368 ist dieser weggelassen). Ja sogar noch Ol. 104, 5 unter dem
Archon [MJolon kommt diese Formel vor, und der dabei genannte
gehört ebenfalls nicht zu den Prylanen (Ephem. archaeol. Nr. 1388). Das
älteste vorkommen der Formel rmv TtQoiÖQcov In;fi^jj9?tffv 6 ÖBiva ist
bis jelzl in Ol. 102, 4 unter dem Archon [L]ysistratos (C. I. G. Nr. 85 C
Bd. 1 S. 899). Wie es zu erklären sei, dafs nachher doch die For-
mel o Java iTTSöTiixet wiederkehrt, lasse ich anheimgeslellt, und be-
merke nur, dafs man den Archon [LJybislratos und die Zeitbestimmung
des Bruchstückes, worin er vorkommt, schwerlich beseitigen kann,!
da namentlich O statt OY in dem Namen des Archon auf frühere Zeit
weiset , und nicht in die Zeilen , wo uns die Archonlenlisle verläfst.
Nicht wahrscheinlich läfsl sich aber umgekehrt die Formel tcov ngoi-
ÖQOiv iTtaipiJqptS^v bis in Ol. 97, 1 zurückdatieren ; auch weiset die gänz-
liche Abwesenheit des . O statt O Y auf eine spätere Zeit der Inschrift
vom Archon Philokles. Die in Rede stehende Inschrift gehört also
vielmehr unter den Archon Philokles von Ol. 114, 3, wie ich schon
früher (Staatsh. d. Ath. I S. 257) bemerkt habe ; sie ist ein Ehren-
beschlufs für den Arzt Euenor von Argos Amphilochicum , für welchen^
wir noch zwei andere Ehrenbeschlüsse haben (Ephem. archaeol. Nr. 357»
1455, vgl. auch Athen. IL S. 46 D). In ihr ist der 2e Thargelion
der 23e Tag der neunten Prytanie, was nur in einem Schaltjahr mög-
lich ist. Dieser 2e Thargelion ist in diesem Jahre nach den Entwür-
fen des metonischen Kanons der 327e Tag des Jahres, und die neunte,
Prytanie begann also mit dem 305n Tage des Jahres, so dafs die
acht ersten entweder jede oder durchschnittlich 38 Tage halfen
und für die zwei letzten 80 Tage übrig bleiben , die zu 40 und 40.
oder 41 und 39 oder 42 und 38 unter beide verlheilt oder verloost
wurden: am wahrscheinlichsten ist es mir, dafs für dieses Jahr,
den acht ersten Prytani*n von vorn herein je 38 Tage gegeben,.
den zwei letzten aber zu dieser Zahl durchs Loos die vier überschüs-
sigen zugelheilt wurden. Hierzu kommt ein Bruchstück einer atoi%ri-]
öov geschriebenen Inschrift, welches ich während dieser Arbeit von
Hrn. Prof. Vischer zu Basel erhallen hatte: später ist dasselbe von
ihm selber (epigraphische und archäologische Beiträge aus Griechen-
land Nr. 71 S. 62 ff.) herausgegeben und genau behandelt worden. Die-
ses Bruchstück lautet nach einer nicht blofs wahrscheinlichen Her-
stellung, so weit es unsere Untersuchung angeht, wie folgt:
48 A. Boeckh: zur Geschichte der Mondcyclen der Hellenen.
[EP !♦ l]AOK[AEOVCAPXONTO tBP I]
[THCEPEXJOHI AO^AEKATH^[nPYTAl
[NE IA]CHI EYOYrENHCH^AI ^[TOAH]
[M O] Y K [HO] I [i] I E Y ^ E r P [A M] M A T E [Y E N O]
5[AP]rHAIßNO^ENHI KAIN[E]AI . . . .
.[HIK]AITPIAKO^THI [T]H [^ P P[Y T A N]
[E I A ^ E K K] A I ^ I [A] Tß N I P O E A[P ß N E P]
[EYHOIIEN]-
(Eid 0i^loK[Xiovg ceQXOvrog, &rl xijg ^EQ8xd]7j[t8og StuixTiq [jtQvrcc-
vBla\gy ]/ Ev^vyivr^q *Hq)CiiC[xo8riiiuii\v K[^q>\i[(S\uvq ly^[of|x]jwaTe[v€v,
SctQlyrikLmfog ^vrj xccl v[f]a, []? x]«l TQtaxoaxy [r]^[g] ytQ[v-
xavtlotg^ ixx]i[i?]a/[a]5 tcav [7c]^0£d[(»a>v ins^rjfpi^ev] Der
Stamm ist unsicher; Hr. Vischer bemerkt, es könne auch [EPIT||HC
PANAI]0[N]IAOC geschrieben werden. Man erkennt leicht densel-
ben Archon Philokles wie in der vorigen Inschrift; selbst der Schrei-
ber ist derselbe in den zwei verschiedenen Prylanien , wovon schon
früher Beispiele da waren (Staatsh. d. Ath. I S. 255) und gleich her-
nach in den Inschriften aus Ol. 119, 2 noch eines hinzukommt, und
zwar von einem Mann , der sehr wahrscheinlich sogar in drei Pryla-
nien desselben Jahres dieses Amt verwaltete: war der Stamm der
erechtheische , so wurde dieser Schreiber auch Schreiber der Pryta-
nie sein, zu der er selber gehört (vgl. ebendas.). Unbegreiflich wa-
ren aber die Daten, ehe ich die vorhergehende Inschrift verglich,
aus welcher ohne weiteres erhellt, dafs OagyriXicövog ein falsches
Datum statt £KiQOtpoQimvog ist, wie man sich oft im datieren ver-
schreibt. Die Inschrift gehört in die zehnte Prytanie des Jahres
Ol. 114, 3 und ist vom letzten Tage des Jahres; wie Z. 6 zeigt, halte
die letzte Prytanie weniger als 40 Tage, 38 oder 39; ENNATHI
füllt gerade die normal abgemessene Lücke , und an dem N N ist wol
nicht Anstofs zu nehmen , obgleich in der ersteren Inschrift ivarrig
Bland: doch könnte Z. 5 auch um einen Buchstab kürzer gewesen
«ein , so dafs auch oyöoti stehen konnte. Die neunte Prytanie hatte dann
41 oder 42 Tage. Demnach galt also Ol. 114^ 3 der melonische Cyclus
in Athen. Ferner habe ich (C. I. G.Nr. 'l05, vgl. Ideler I S. 342)
gezeigt, dafs Ol. 116, 3 den Athenern ein Schaltjahr war; die ge-
ringe Modification der Berechnung der Prytanien dieses Jahres, die
ich später gemacht (Sehr. d. Akad. vom J. 1846 S. 682), ändert niehls
an diesem Ergebnis. Auch dieses Jahr ist weder in der Oktaete-
ris noch bei Kallippos ein Schalljahr, und zwar bei letzterem we-
der nach Idelers noch nach Biols Rechnung, ist also von den Athe-
nern offenbar nach Melons Cyclus bestimmt worden.
13. Bei allen drei Jahren , OL 112, 3. 114, 3 und 116, 3, welche
aU Schaltjahre der Athener und zugleich des metonischen Cyclus
A. Boeckh : zur Geschichte der Mondcyclen der Hellenen. 40
nachgewiesen worden, habe ich zugleich schon bemerkt, dafs sie
in Idelers kallippischem Cyclus keine Schaltjahre waren; nach Biot
ist zwar Ol. 112, 3 Schaltjahr, nicht aber die beiden andern. Ideler
hat daher schon aus dem Jahre Ol. 116, 3 geschlossen, der kal-
lippische Cyclus, wie ihn nemlich Ideler selbst gefafst hatte, sei nicht
von seinem Anfang an in Athen eingeführt worden (I S. 361), und
ich kann es nicht ungeriigt lassen, wenn Rinck (S. 35 f.) gegen
Ideler die Miene annimmt, als ob er selbst zuerst urkundlich nach-
weise , ein solcher Cyclus wie Idelers kallippischer habe Ol. 116, 3 in
Athen nicht gegolten , während gerade Ideler es bemerkt hat. Ganz
unabhängig von der Einführung in Athen ist aber das Epochenjahr
des kallippischen Cyclus von 76 Jahren, der eine wesentliche Ver-
besserung des metonischen war und von Ol. 112, 3 ausgieng (Ideler
I S. 3M if.); Rinck vermengt beides und führt von dieser Vermen-
gung aus eine Polemik gegen Ideler, um zu zeigen, es habe gar
keine eigene kallippische Periode gegeben, eine so oberflächlich
und ungrQndlich durchgeführte Behauptung, dafs sie keiner Wider-
legung bedarf. Ich habe mich überzeugt, dafs Idelers Ansicht (I S. 348)
die richtige ist , Kallippos habe zwar dieselben Jahre, wie Meton, nem-
lich das dritte, fünfte, achte usw. in den vier neunzehnjährigen
Cyclen, aus welchen seine Periode bestand, zu Schaltjahren gemacht,
nicht aber in seiner Periode die Schaltjahre so geordnet , wie die me-
tonische sie gegeben haben würde, wenn er dieselbe nicht unterbrochen
hätte , so dafs gleich sein erstes Jahr ein Schaltjahr gewesen wäre :
obgleich ich sehe, dafs die Ansicht, das erste kallippische Jahr sei
ein Schalljahr gewesen, noch nicht von allen verlassen wird. Eine
mächtige Stütze muTs diese Setzung an dem hohen Ansehen Biots
finden, dessen Construction der kallippischen Periode (Resunie de
chronol. astron. S. 440 ff.) damit übereinstimmt. Letztere ist nun zwar
mit seiner Construction des metonischen Cyclus nicht im Einklang,
wenn man daran festhält, Kallippos habe dieselben Jahre wie Meton
zu Schaltjahren gemacht; denn Biot setzt die Jahre 1, 4, 7, 10, 12, 15,
18 in jeder Enneakaedekaeteris der kallippischen Periode als Schalt*
jähre: aber sie beruht freilich auf einem scheinbar entscheidenden
Zeugnis, dessen Bedeutung,, wie er bemerkt, Dodwell und Ideler
übersehen hätten. Ptolemaeos (Almag. HI 2 S. 162. 163 Halma) gibt
nemlich wiederholt an, Aristarch habe die Sommerwende imöOn Jahre
der ersten kallippischen Periode, und zwar wie es in der zweiten
Stelle heifst, r^ v Stei Xiqyovti rilg Ttgcitrig Tuctic KdXimtav TtBQiO-
dov beobachtet, wie Hipparch später rm fly Stei kiqyovti r% r^-
zfig xati KaXiatitov t^qioöov: auch Hipparch selbst, auf welchen
sich Ptolemaeos bezieht, scheint sich so ausgedrückt zu haben« Nun
schliefst aber nach Idelers System das 50e Jahr der kallippischen Pe-
riode schon am Abend des 16n Juni, also wie Biot bemerkt, 12 Tage
vor der Sommerwende, während die Sommerwende noch in das
50e Jahr (allen soll. Es ist kaum denkbar, dafs Ideler dies übersehen
haben sollte , da er auf die Stelle des Ptolemaeos selber Bezug ge-
Jahrb. f. class. Philol. Snppl. N. F. Bd. I. • 4
so A. Boeckh: cur Geachidiie ött Mondcycien der Hellenen.
nommen hat (I S. 345); er hielt sie nur nicht für entscheidend, und
ich kann sie auch nicht dafür halten. Es ist nicht klar , dafs damit
gesagt sein solle , Arislarchs Beobachtung sei innerhalb des &0n kal-
lippischen Kalenderjahres angestellt worden. Hipparch und Ptole-
maeos zählen die Solstitial jähre, um nach den eine bestimmte Zahl
von Jahren auseinanderliegenden Beobachtungen die Dauer des Son-
nenjahres zu bestimmen; sie mustcn also die Jahre von Sommer-
wende zu Sommerwende rechnen. So zählen sie von Metons Beob-
achtung der Sommerwende bis zur aristarchi sehen 152 Jahre, von die-
ser auf das 50e Jahr der ersten kaliippischen Reriode bestimmten bis
zur hipparchischen im 43n Jahre der dritten Periode 145 Jahre. Von
der aristarchischen Beobachtung an ist diese Zählung nach Jahren
der kaliippischen Periode gemacht; es kam aber bei dieser Zählung
der Jahre nicht auf das kalendarische Datum der Beobachtung an,
sondern die Zählung bezieht sich blofs auf die Jahre der kaliippi-
schen Periode, die denSolstitlaljahren, abgesehn von den Enden und
Anfangen der bestimmten kaliippischen Jahre, entsprachen: denn es
sollten eben nur die Jahressummen bestimmt werden. So entsprach
das Solstitialjahr , an dessen Ende Aristarch die Sommerwende beob-
achtet hatte , dem 50n Jahr der kaliippischen Periode : wenn das ka-
lendarische Ende des letzlern auch nicht bis zurlSommerwende reichte,
muste für die Zählung der Jahre die beobachtete Sommerwende noch
auf das 50e Jahr gerechnet werden, welches in solslitialer Beziehung
bis zur Sommerwende zu rechnen war, wenn es auch kalendarisch
früher geendet hatte. Mit andern Worten , das Xi^yovtt ist auf das
Ende des dem 50n kaliippischen Jahr entsprechenden Solstitialjahres zu
beziehen und bezeichnet dessen wirkliches und genaues Ende ohne
Rücksicht auf das kalendarische Ende dieses 50n kaliippischen Jahres,
welches blofs um der Zählung willen genannt ist : womit übereinstimmt,
dafs ein kalendarisches Datum des Tages nicht angegeben ist. Auch
war der Ausgangspunkt des kaliippischen Jahres von der Sommer-
wende aus genommen, und sollte wieder in dessen Nähe zurückkeh-
ren; dafs das kallippische Jahr, von welchem die Rede ist, früher
endete, konnte also als etwas zufälliges oder unwesentliches für
die Zählung der Jahre oder für die numerische Bezeichnung des
Periodenjahres der aristarchischen Beobachtung nicht in Betracht kom-
men. Diese Erklärung genügt dem Zweck der ptolemaeischen Aus-
führung vollkommen , und es ist nicht nöthig anzunehmen , dafs das
60e Jahr der kaliippischen Periode, kalendarisch gefafst, die beobach-
tete Sommerwende in sich begriffen habe. So ohngefähr mufs auch
Ideler die Sache angesehen haben, an dessen im übrigen begründeter
Construction also die Stelle des Ptolemaeos nicht irre zu machen
braucht. Für Biots Construction der kaliippischen Periode scheint
freilich meines verehrten Freundes Th. H. Martin scharfsinnige Her-
stellung des chaldaeisch- makedonischen Kalenders ein Zeugnis ab-
zulegen, da diese auf jene gegründet ist; indessen läfst sich die
von Martin gelöste Aufgabe auch ohne die bezeichnete Voraussetzung
A. Boeekb: zur 6^s<ihichte der Mondeyclcn der HeUenen. 51
auf die seine Untersuchung sich grftndet, lösen, indem man vom me-
tonischen Gyclus ausgeht und im chaldaeisch -makedonischen Kalen-
der diejenigen Jahre als Schaltjahre nimmt , welche nach den laufen-
den Jahren des metonisohen Cyolus (wie in Athen seit 01.112, 3) Schalt-
jahre waren, aber die Anfänge der Monate richtiger als nach Meton
bestimmt: was ich jetzt nicht näher auseinandersetze, w^il Martin
selbst in seinen Rechnungen, wie er mir schreibt, noch einiges zu
berichtigen findet. Der Anstofs endlich , weichen Idelers Gonsürucüon
dadurch gibt, dafs nach dieser die kallippischen Jahre so stark in
den Juni zurückweichen, ist bereits oben (Cap. 12) von mir besei-
tigt. Allem gesagten zufolge verbleibe ich also bei Idelers Ansicht,
und auf dieser meiner Ueberzeugung von der Idelerschen Anordnung
der Schaltjahre der kallippischen Periode beruht grofsen^heils so*
wol das bisher gesagte als das was ich im folgenden auseinander«-
setze, soweit die kallippische Periode in Betracht kommt. Wenn
nun bis Ol. 116, 3 die kallippische Periode in Athen nicht galt, so
entsteht die Frage, ob sie später von diesem Staate angenommen
worden. Ideler (I S. 351) vermutet, dies sei mit Einführung der
veränderten Stammverfassung Ol. 118, 3 geschehen. Diese Annahme
erweist sich jedoch als irrig, man mag nun annehmen, Ol. 118, 3
sei als das erste Jahr einer kallippischen Periode gesetzt worden,
die man von Anfang an begonnen habe (vgl. Redlich S. 73), oder
man sei mit jenem Jahre in das laufende Jahr der kallippischen Pe-
riode eingetreten , das ist in das fünfundzwanzigste : vielmehr dauerte
auch von dieser Zeit ab der metonisehe Cyclus im Gebrauche der
Athener fort. Den Beweis gibt das Jahr Ol. 119, 2 an die Hand.
Dieses Jahr , unter dem Archon Leostratos , ist in der Oktaeteris und
sowol nach Ideler als nach Biot bei Kallippos, in dessen Periode
es das achtundzwanzigste Jahr ist, ein Gemeinjahr, und bleibt
nach Ideler auch Gemeinjahr, wenn die kallippische Periode mit
OL 118, 3 von vorn angefangen wird, indem es dann das vierte
wird; nur nach Biot würde es im letzteren Falle Schaltjahr werden,
Metonisch ist es Schaltjahr. Mehrere Inschriften dieses Jahres , di«
zwar sehr verstümmelt sind , aber bei der meist i$xov%rfi6v eingerich-
teten Buchstabenstellung doch wenigstens eine mehr als ohngefähre, ja
vielmehr eine nahe zutreffende Beurtheilung der Gröfse der Lücken
erlauben, geben die Ueberzeugung, dafs das Jahr in Athen Schaltjahr
war wie bei Meton. Die eine derselben, Ephem. archaeol. Nr. 127,
ist aus der achten Prytanie; auf S. 53 unter Litt. A gebe ich ihren
Anfang nach der angemessenen Herstellung von Ciarisse (Inscriptio-
nes Graecae tres S. 9), in welcher ich noch den prytanisierenden
Stamm und den vollständigen Namen des Schreibers zugefügt habei
die er nicht kannte. Ciarisse ereifert sich überflüssig gegen di«
Meinung, zur Zeit der zwölf Stämme hätten die Prytanien immer mit
den Monaten übereingestimmt ; der das sagte , hat dies selbslversland-
lich nur auf die Gemeinjahre bezogen. Dafs aber in dieser Inschrift
eine solche Uebereinstimmung mcht stattfinde, ergibt sich aus der
4*
62 A. Boeckh: zur Geschichte der Mondcyclen der Helleüen.
Buchslabenzahl der Zeilen , falls diese gleich lang und ganz ausge*
(üUt waren, was freilich nicht ganz sicher ist; denn wo die Ergän-
zung (Z. 4 — 5) EIK0I:TEI gibt, würde OrAOEt zu kurz sein.
Daher hat Ciarisse das Jahr der Inschrift für ein Schaltjahr erklart
und schon bemerkt, dafs dies nur zum metonischen Cyclus, nicht
zum kallippischen passe. Die natürlichste Yertheilung des Schaltjahres
unter zwölf Prytanien ist die zu gleichen Theilen von 32 Tagen;
hiervon gab es zwar Ausnahmen (s. oben Cap. 10 f und m. Abh. vom
J. 1846 in d. Sehr. d. Akad. S. 383), aber für diese Inschrift passt diese
natürlichste Yertheilung. Ol. 119, 2 ist nach Meton der le Anlhesterion
der 237e Tag des Jahres , also der 8e Anthesterion der 244e Tag des
Jahres, und da dieser, nach der passenden Ergänzung, der 20e der
achten Ptytanie ist, so war der erste Tag der achten Prytanie der 225e
Tag des Jahres, so dafs auf jede der sieben ersten Prytanien je
32 Tage kommen , und je gleich viele auf die fünf übrigen. Mit dem
von Ciarisse behandelten Bruchstück war ein anderes nicht von ihm
in Betracht gezogenes zu vergleichen, dessen Beziehung auf dasselbe
Jahr und dieselbe Prytanie ihm freilich verborgen bleiben muste , weil
ihm der vollständige Name des Schreibers der achten Prytanie un-
bekannt war. Es ist Nr. 29 der Ephem. lithographiert, und neu mit
etlichen richtigeren Lesarten Nr« 2020 der Ephem. herausgegeben.
Der Archon ist nicht genannt. Ich gebe es auf S. 53 unter LitL B
soweit es hierher gehört mit meinen Ergänzungen , die keines Be-
weises bedürfen. Der Beschlufs ist neun Tage nach dem vorigen
gefafst. Dieses Bruchstück bestätigt die Herstellung der vorherge-
henden Inschrift, namentlich auch die der Tagzahlen, vollkommen;
freilich nölhigt die Ciarissesche Herstellung der Nr. 127, dafs in
dem andern Bruchstück Z. 3 EBAOMEI, nicht was der Zahl der
Buchstaben angemessener wäre OfAOEI, gesetzt werde, und hier-
durch erhält Z. 3 einen Buchslaben mehr als die anderen; aber der
Augenschein der wenn auch unvollkommenen Lithographie lehrt, dafs
die Inschrift nicht ganz genau cxqi%k\^6v geschrieben war, und Z. 8
scheint dem zweiten Abdruck zufolge sogar vorn an ein Buchstab
aufser der Reihe zugefügt zu sein , indem nach Pittakis dort der untere
schiefe Strich von Z übrig ist. Drei andere Stücke desselben Jahres, die
ich aus derEphemeris hinzufüge, sind aus der zwölften Prytanie, welche
aber, gelegentlich als Nachtrag zum oben gesagten bemerkt, den-
selben Schreiber wie die achte und zehnte hatte. Das eine derselben,
Ephem. archaeoL Nr. 1462, hat Pittakis angemessen so hergestellt
wie ich es auf S. 53 unter Litt. C gebe. Die Buchstabenzahl der Zei-
len war hier augenscheinlich nicht gleich; doch hat die fünfte Zeile
nach der Herstellung gerade so viel Buchstaben wie die sechste , de-
ren Herstellung ganz sicher ist, was aber nicht minder von der vier-
ten gilt und von allen übrigen. Der Skirophorion hat in diesem
Jahre auf jeden Fall 30 Tage: war der 21e Skirophorion der 23e Tag
der zwölften Prytanie, so hatte diese 32 Tage, f^xotfr^ Z. 6 ist
her in der Benennung des Pry tanienlages , sowie Z. 5 dfxary in
A. Boieekh: zur 6e8<ihicbte der Mofifdey(riett der' HeUeAoii. U
O w uT 5^0
X
u
—
W
•.
a. >• - Q-
w
UJ
c
<
•
>i: h- UJ UJ L '
UJ Z h- > 2
<
UJ
w
UJ
UJ
UJ
z
z
W
J-,
^ X
^ < < a 1
2
w
z.
<
UJ
X
■e-
— < '
w -e- s: z h"
I £ ui < 1
K - < S -
- <1 Q- < W
<
>-
1-
H
1-
UJ
^
UJ 2£
1-
<J
>
—
•"
z
>-
OL
H 2d 1
>•
L.
CD
Q.
■e-
c
<
—
— UJ
C - L. H X '
Q.
X
Ui
C
X
Ui
1-
Q.
:^
Q- W 1
UJ X Ui w <
c
■e-
W
w
h
w
>•
G
w
i- < •
w w w — ^ 1
w
>-
X
UJ
Q.
<3
2
"" - 1'
< - ^
X
z
1-
c
1-
c
UJ
< UJ
s
t =* =- Hi lü '
z ui w w
10
1
Q.
c«
UJ
UJ
z
s
z
w
X
w
>-
>-
UJ
UJ <
CG
l
Z >• <3 < w
X < L. - .
L.
Q.
X
1-
w
Q.
CO
1-
<
z
<
w >
<
CL H L. UJ Z
n
w
w
h
<3
U
<^
:i^
<
>1^ 1
:S
< >- X W Z UJ
*»
>•
w
^
UJ
*5
>
UJ.
s:
- C
2
>• Q. «■ < H
s
<3
z
UJ
^.
s
<3
w
<
"^ W 1
C >• Z 1
=*
a
JU
&
1-
a
Q.
1- X
K w cj >. -e-
c
—
z
«.
<
<j
1-
L.
^:: •
< X OL - 0- I
<3
<
<
z
Q.
w
z
UJ
Q. ^ CS Q- C ^
Q.
w
z
2^
C1
1-
<
w
UJ UJ
H < <3 X W W
:^
UJ
—
1-
W
G
<3
<3 h <
,•
W L- 1- X C
UJ
1-
>-
UJ
<
""
""
w w —
C4 w vTFuj
m w >• UJ - z
w
z
<
UJ
<
1-
<
z
w
X
UJ
<
Z
<
<3
>
Q-
Z ^ >-
a - !£
< z. tu a
1-
s:
UJ
<
c
X
L.
5?- UJ <
=- < Z 1- Q.
s:
<
:£
UJ
s
w
I
ÖL SS
c < w <J
c.
<
<
:^
^
lO
lu c < z^ lU
UJ
Q.
UJ
UJ
10
der Benennung des'MonaUtages; Ueberein&timmung der Prytanien mii
den Monaten ist hierdurch aasgeschlossen. Das zweite nicht genau
ötotxfidov geschriebene Stück aus der zwölften Prytanie, Ephem.
archaeol. Nr. 1031, ist leicht herstellbar, wie ich es auf S. 55 unter
Litt. D gebe: das übrige setze ich nicht her. Die Copie in der Ephem.
gribl schwerlich die richtige. Form der Inschrift; dafs sie aber nicht ge-
nau reihenweise geschrieben sei , ist bezeugt. Zweimal hat der Schrei-
ber oder der copierende das Iota subscr. weggelassen. Die . Svti
nal via nqoxiqa ist, in Verbindung mit der folgenden Inschrift, nicht
SU verkennen; es gab also noch eine zweite, nemlich die iiißoXtfipg
(0. oben Cap« 6), und die erstere ist der vorletzte Tag des Moi^ates
S4 A. BoedLh: zur Gesehichte der Mondcyckti der HelleAeii.
und hier zug^Ieich des Jahres, welches 384 Tage hat. Dafs ein
solcher Tag eingeschaltet wurde , fQhrt dahin , dafs der metonische
Cyclus nicht ganz beobachtet worden sein dürfte, sondern Abwei-
chungen davon stattgefunden haben; doch hatte das Jahr nicht etwa
385 Tage. Ich vermute, dafs die sechs letzten Monate, die nach
Meton 30, 30, 29, 30, 29, 30 Tage haben sollten, zuerst zu 30,
29, 30, 29, 30, 29 genommen waren; so galt der Skirophorion als re-
gelmäfsig hohler Monat, und sein 29r Tag war ivfi nal via; da aber
noch ein dreifsigster zukommen muste , so wurde jener ^vri nal via
leQOtiQaf dieser Svtj xal via ifißoXniog^ indem letzterer als zugefügt
erschien: in der Zurückzählung jedoch muste der 21e nach der
Wahrheit Sexavti vtStiqa genannt werden, indem die li/i; xal via
ngotif^ in dem nunmehr vollen Monat nichts anderes als Sevxiqa
q^lvovtog ist. Der vorletzte Tag des Jahres ist aber der 31e der
zwölften Prytanie, ganz wie nach dem bisher gesagten zu erwar-
ten war. Endlich haben wir noch ein Bruchstück eines Cxoi%ieiö6v
geschriebenen Decretes Ephem. archaeol. Nr. 1461 , von demselbigen
Tage, welches sich nach dem vorigen soweit es für uns erforder-
lieh ist leicht herstellen läfst und dasselbe Ergebnis liefert. Der Ein-
gang ist S. 55 unter Litt. E dargestellt. Sonach wird man nicht
mehr zweifeln, dafs Ol. 119, 2 ein Schaltjahr war und der meto-
nische Cyclus damals in Athen Geltung hatte. Aus demselben Jahre
ist noch ein Bruchstück vorhanden, das ich, obgleich es für un-
sere Untersuchung gleichgillig ist, hier beifüge, weil es dahin führt,
dafs dieselbe Person auch in der zehnten Prytanie wie in dÄ achten
und zwölften Schreiber war. Es steht Ephem. archaeol. Nr. 2039
und lautet nach einleuchtender Ergänzung wie ich es auf S. 55
unter Litt. F gebe. Dafs Z. 2 dfixari^g, nicht itvxiqag stand, ver-
mute ich aus dem genauen zutreffen der Buchstabenzahl ; Z. 3 ist I F
von N T übrig. Pittakis erkannte offenbar schon die Identität des
Schreibers mit dem der anderen Psephismen, ohne doch den Na-
men desselben richtig herzustellen, sah auch den Namen des pry-
tanisierenden Stammes, der Antigonis, richtig: jene Identität des
Schreibers ist wenigstens durch das genaue zutreffen der Buchsta-
benzahl im höchsten Grade wahrscheinlich. Aus dem vorher gesag-
ten folgt nun von selbst, dafs das nächste Jahr, Ol. 119, 3, ein Ge-
meinjahr ist für Athen wie in der Oktaeleris,* bei Meton und in
Idelers kallippischer Periode, wenn sie von ihrem ursprünglichen
Anfang aus berechnet wird ; wollte man dagegen setzen , man habe
sie von Ol. 118, 3 von vorn begonnen, so würde Ol. 119, 3 als
fünftes Jahr nach der Idelerschen Conslruclion ein Schaltjahr werden ;
umgekehrt würde nach Biot im letzteren Falle dieses Jahr ein Gemein-
jahr und im ersteren ein Schaltjahr. In der That hat Rangabe (Ant.
Hell. I S. 393) geäufsert , die Inschrift Nr. 22 seines zweiten Bandes
werde beweisen, Ol. 119, 3 sei ein Schaltjahr gewesen. Aber ehe
ich dies selber sehe , kann ich es nicht glauben : und dafs das Jahr
Ol. 119, 3 ein Gemeinjahr war, damit einigt sich auch der Um-
A. Boeckht zvat Geschiehte *r Mondcyden der Helieneä, 55
. ^ ^ I !_'* I X w W i
O
OO*^*^ -UJi-s^j^
WZICS"-^ Ui<>-0<uj^ UJZI
w<«.-»-== wi-o-e.-y^yj w<^
OH>-CL-< o>-0LOs:<H Ol->.|
^ZtLO-«-^^ ^ZC<-<uj^ ^ZCLo.,'
>oOt.C!0<Ui »oOwOStfQ-ZX ^OC-ai
C0Xw<Q-""^ C0XZWWUJ<>- ODXW<
J^Q-IO-^^ gCL»->-Zh-HUL BQ-xo
« > < > w < UJ ^>^0>a.S:ui ^ > < >
jS05^zzQ.z äOuj=-ujccz •2 0:£zz'
l-UjOuiui< '^h-ia^H-wcj HUJOIU
0-CJ<3UJO>. Q-<jOs:iUh-<3 Q.W<UJ
H<3WJ-Q-Q- HwHs:z-UJ HOWH
wwO<LC woz<«uiO w<0^
cso»-s:-.w cj<3<Q.<h-Q. 0-L.s:
iu<zs:<i UJ =^5:^ S^ v7E: ui z - £
<='^^iirp S'I-OUJ-OZ <o^<
-H-e-cLz -z-wuji:c8 -i-e-o-
stand, dafs nach einer bekannten Inschrift (Ephem. archaeol. Nr. 350.
Cttrtios de portubus Ath. S. 46) Ol. 119, 3, unter dem Archen Ni-
kokles, die zwölfte Prytanie genau mit dem zwölften Monat Ski-
rophorion übereinstimmte. Diese von Pollux (VIII 115) bezeugte
llebereinstimmung der Prytanien mit den Monaten in der Zeit der
zwölf Stämme findet sich in vielen Beschlüssen, z. B. C. I. G. Nr.
111. 112 (nach Ergänzung). 122. 124. Ussing Inscr. Gr. ined. 55
(Ephem. archaeol. Nr. 1056). 58. Ephem. archaeol. Nr. 1. 1372. 1393.
Joseph. A. I. XrV 8, 5, und dieselbe ist die Regel für das Gemein-
jahr; konnte sie, wie sich aus dem S. 34 f. gesagten schliefsen
läfst , in einigen Prytanien auch im Schaltjahre vorkommen , so war
dies jedenfalls das seltnere. Es kommt, gelegentlich gesagt, auch
vor, dafs in einem Gemeinjahre, obgleich alle Prytanien nur 29 und
dO Tage hatten, Prytanie und Monat sich nicht deckten. Doch ge-
56 A* Boeckh : 'zur Gesehicbte der Monücytdea 4er Helleneji.
nug hiervon. Aus der folgenden Zeil nach dem so. eben betrach-
telen Jahre fehlt es an sicheren Daten, weil in den dahin gehörigen
Inschriften die Archonlennamen fast ganz verschwunden- sind oder
die Jahre der erhaltenen Archonten sieh nicht chronologisch bestim-
men lassen. Indessen scheint Ephem. archaeol. Nr. 1572 Pittakis
richtig inl E[vKr7J(iov]os iq%oyxQ^ ergänzt zu haben , und da in die-
sem Denkmai die Prytanie mit di*m Monat stimmt, so darf man das
Jahr Ol. 120, 2 für ein Gemeinjahr nehmen wie im metonischen Cy-
clus, wogegen es in Ideiers kallippischer Periode, von ihrem ur-
sprunglichen Anfange aus gezählt, als zweiunddreifsigstes Jahr ein
Schalljahr ist, und ebenso von Ol. 118, 3 ab gezählt: nach Biot
ist es allerdings in beiden Fällen Gemeinjahr. Der Beschlufs für
Herodoros den Vertrauten des Demelrios Poliorkeles (Ephem. ar-
cHaeol. Nr. 41. Ciarisse Inscr. Gr. par Nr. 1) zeigt ein Schaltjahr
an; ich vermute er sei aus Ol, 121, 2, unter dem Archon Niko-
stratos, dessen Name nach einer Abschrift von Rofs, die ich besitze,
dem auszufüllenden Kaum genau enlspricht, und nehme die früher
(Staalsh. d. Ath. I S. 230) angenommene Zeilbestimmung zurück.
Auch dieses Jahr ist bei Melon Schalljahr, bei KalHppos m Idelers
System nach beiden Zählungen Gemeinjahr, in Biols System nur
dann Schaltjahr, wenn von Ol. 118, 3 ab gerechnet wird. Es ist zu
bedauern, dafs das Jahr des Archon Diotimos sich noch nicht mit
Srcherheit hat bestimmen lassen, da in dasselbe die berühmten Be-
schlüsse für Spartokos und Audoleon fallen, welche ziemlich klar ein
Gemeinjahr anzeigen.
Hier ist der Ort von einer sehr merkwürdigen Erscheinung zu
sprechen, wodurch, wie ich zu zeigen hoffe, sich herausstellt, dafs
der metonische Cyclus in Athen auch weiter als OL 150, 3 gaK, da-
mals aber secundär auch die kallippische Periode angewandt wurde,
schwerlich jedoch lange Zeit, da der Spuren davon so wenige sind.
In der archaeologischen Ephemeris Nr. 385 und 386 finden sich zwei
Beschlüsse mit doppeltem kalendarischem Datum. Der erstere ist
aufser rechts von allen Seiten stark verstümmelt, und sehr ungleich
geschrieben ; der andere , welchen Curlius (Inscr. Alt. duodecim Nr.
VIII) mit Benutzung einer mir von Rofs milgetheilten Abschrift wie-
ilerholl hat, ist in den meisten Partien regelmä£siger geschrieben,
Aber Z. 4 — 6 ist frühere Schrift getilgt, und auf deren Stelle die
jetet vorhandene gesetzt und theilweise enger zusammengedrängt:
.dennoch läfst sich die ursprüngliche Breite ohngefähr veranschlage!^
»nd ist für die allerdings schwierige Ergänzung von mir erwogen
worden. Ich lasse die Anfänge beider, so weites für unsere Uff'
lersuchung erforderlich ist, mit den versuchten Ergänzungen folgen
(s. Nr. 385 und 386 auf S. 67). Ob die Tilgung der früheren Schrift
in Nr. 386 mit dem doppelten Datum zusammenhänge, ist mir sehr
,„,^;p^ijjafi. In Nr. 385 fehlt der Archon nebst dem Stamm und
anienzahl, die Ergänzungen zeigen ihre Stelle an; es fehU
Name des Schreibers^ der dem Demos nach Jlawvtsvs
A. Boeckh: zur Gesehichte der Mondcyelen der Hellenen. 57
>
>
<
=^
CT
Q.
UJ
<
UJ
CS
1
w
<
UJ
z
o
z
<
•
X
1
E
UJ
X
Z,
c
1-
1
'.
2
<
UJ
<
S
s
X
1-
Z.
c
>-
CS
1
1
1-
H
H
.^
..
_
<3
1
<
<
<
<
Q.
1
1
<
.<
Q.
w
•e-
<
CS
z
Q.
<
L
<
1
1
2^
<
X
X
:^
UI
L-
:c
W
s:
-
H
<
>
s
H
w
LU
UJ
<3
X
z
UJ
1
vT
X
c
UJ
X
w
<
UJ
<
Q.
L.
UJ
w
<
UJ
w
>•
UJ
w
<
<
UJ
w
<
UJ
c
u
z
Ö
o
s
o
<
üj
<
>-
.
o
<3
1
1
1
<
<
w
<
•<
Q.
UJ
UJ
H
X
UJ
<
>
o
09
UJ
w
g
>
s
<
UJ
0.
—
O
<
H
c
z
cr^
o
<
u
UJ
^
z
UJ
<
OQ
1
<
>•
UJ
UJ
z
UJ
IH
z
UJ
00
o
Q.
z'
<
UJ
<
1-
o
<
<
1
UJ
1
ad
1
1
7—«
UJ
<
CS
<3
o
<J
c.
UJ
l
X
c
^sr
uT
?
z
■•
Z
>2.
E
>•
o
UJ
<
<J
ML
o
o
w
X
s
OL
w
UJ
£
Q.
c«
UJ
s
h-
=-
<
Q.
Q.
<
£
1
X
<J
w
UJ
w
t
1
O
1
1
X
X
<
:tf
li-
<
m
<
o.
o
H
I
1
—
—
UJ
Ul
es
<
z
.
H-
<3
UJ
Q
Z
h
H
H
o
>^
1
1-
CS
CL
1
UJ
<
>
UJ
—
o
03
f
Ui
-
H
Ul
O
'
w
z
m
s:
UJ
S
>
H
>
z
h-
1
Q.
o
Ö
<
<
<
<
>
o
1
w
o
o
<
<3
H
UJ
Vi
Q.
w
CS
1
O
z
L
:c
1
UJ
1
z
<
O
Q.
UJ
<3
c
UJ
o
o
^
z
H
c
..
<
<
—
K
<
CS
UJ
£
<
S
1
=-
>
<
<
<
<J
GL
Q.
<
Q.
X
Q.
w
UJ
<
w
UJ
s*
1
c
—
1
>
c
ZT
>
—
X
O
O
Q.
c.
z
^
<
z
T
CS
o
X
H
z
w
—
<
tu
1
lU
tu
^
1
SÜ
>
s
.
w
w
CS
X
w
W
tO
<
X
<
c
UJ
<
UJ
z
<
UJ
z
<
z
UJ
<
o
OQ
X
<
UJ
w
<
<
UJ
<
Ul
H
c
X
GL
<
X
O
<3
58 A. Boeckh: zur Gesdiiclile der Mondefclen der HeUeBeB,
oder ^Aifivuvg oder JSowuvg war. Das doppelte Datam beschränkt
sich in Nr. 385 auf die Zahlen der Monatstage; denn die erforschte
Breite bietet keinen Raum für die Einsetzung des Monats beim
zweiten Datum. Das erste Datum ist Z. 3 [- - - imvog dcKJary
votiofy am einundzwanzigsten des Monats; das zweite ist ein ge-
wisser Tag [fiejr' il»aöag. Vergleicht man beide Inschriften, so
leuchtet bald ein , dafs der Unterschied in der Tagzählung gering ist,
wie natürlich; denn die cyclischen Monate musten sich ganz oder
bis auf «wenige Tage decken. Ich erkenne in Nr. 386 einen Unter-
schied von zwei Tagen in dieser Zählung ; aufser allem Zweifel stand
Nr. 386 Z. 3 devxiQU [fur' slxadag]. Es folgt nun zwar nicht noth-
wendig, dafs auch in Nr. 385 der Unterschied zwei Tage betrug ; denn
in zwei verschiedenen Cyclen können die Folgen der hohlen und vol-
len Monate verschieden sein, wodurch, wenn auch normal der Un-
terschied zwei Tage beträgt, in gewissen Monaten und Jahren der
Unterschied von dem normalen um eine Einheit, in abstracto be-
trachtet , nach der einen oder der anderen Seite hin abweichen , also
eintägig oder dreitägig werden kann. Es ist jedoch nichts dage-
gen, auch in Nr. 385 einen Unterschied von zwei Tagen zu setzen,
und ich schreibe daher Z. 4 daselbst zunächst beispielsweise [t^/r|}
(U]x^ tlMadmgy ^am dreiundzwanzigsten des Monats'. Hinter dem
ersten Datum Nr. 385 Z. 3 steht Kceta - - als Anfang der Bestim-
mung des zweiten Datums; ich habe ntna [öi KalkutTtov] geschrie-
ben: warum, kann noch nicht erörtert werden; auch verbürge ich
di^e Ergänzung nur soweit sie den Sinn betrifft, indem auch etwas
anderes dagestanden haben kann, was dieselbe Bedeutung in sich
schlofs, z. B. tuxxa dh xo viov. Vielleicht stand auch KAAIPPON,
wie der Name bei Geminos, auch in dem Kalender bei ihm (Cap.
16), beständig geschrieben ist, und sonst hier und da, auch bei
Ptolemaeos. Z. 7 scheint [6 öeiva - - ']za ^AXiiJuovCiog zu lesen.
Die übrigen Ergänzungen können noch nicht besprochen werden.
Ich gehe nun auf Nr. 386 über. In diesem Decret ist der Archon
und der Schreiber erhalten ; als Anfang des Vaternamens des letzte-
ren gibt Pittakis ANO, Rofs ANI, welches ich in ^Avi[xiqt(yv] er-
gänze : nicht unwahrscheinlich hiefs Herakleons Vater Aniketos , wie
des Herakles und der Hebe Sohn. Z. 6 hüte man sich in der Lücke
of zu ergänzen; dies hatte der Steinschreiber vielmehr getilgt. Hier
sind aber die Monate der Daten verschieden, weil sie sich durch
die Einschaltung in einem der Cyclen, während nach dem andern
noch nicht eingeschaltet war, verschoben hatten. Die Tagzählung
in den Monaten kann aus dem oben angegebenen Grunde nur einen
Unterschied von wenigen Tagen ergeben haben; im ersten Datum
stand Z. 3 ^Av^'iCttiqiÄvog ösvtiqf [fut^ sUccdag]^ im zweiten ^EXa-
gnißoliävog ret^adi ftct' eliiidcc[g]: was ich sonst ergänzt habe, er-
hält später seine nähere Erläuterung. Dieser zweite Beschlufs Nr. 386
ist unter dem Archon Achaeos geschrieben zu Gunsten des Arztes
Menandros des Pergameners unter dem pergamenischen König Eume-
A. fi«M^c zur OMeUdlte der litmd^yelQO der Hettehe«. M
näs U, MToraos ^heUi, daft der Areboo A«haeo8 in die Zeit vob
OL 145, 4 — 156, 2 (v. Clir. 197—159) gehdrt (Meier Comm. eplgr. U
S. 82). Dadurch daTs der geelirte eio Pergaaiener und aucli Nr. 3d5
ein Besclüafs zu Gunsten fremder i&t^ kann das doppelte Datum niclit
veranlafst sein. Mehriache Daten nach Verschiedenen Kalendern fin-
den steh in Ydrhandiungen verschiedener Staaten miteinander; aber
hiet ist keine Verhandlung verschiedener Staaten , sondern in beiden
Fällen ist ein athenischer Volksbeschlufs und eine athenische Volks*
Versammlung doppelt datiert. Dies ist also ein datieren nach altem und
neuem Stil. Was dies nun für Süle sind und In weiche Zeit dieses
doppelte datieren falle, ist zu ermitteln. Die hipparchische Periode ist
hierbei aus vielen Gründen aus dem Spiele zu lassen. Man überlege
aber mit mir folgendes. Um die Mitte des so eben angegebenen Zeit^
raumes^ Ol. 150« 5 (v. Chr. 178) beginnt der dritte kallippische Cycius
Cldeier I S. 392). Wir haben gesetzt, Ol. 113, 3 (v. Chr. 330) sei der
metonisehe Cyelus in Athen eingeführt worden, indem man in das
aehte Jahr desst^ben eingetreten sei , und bewiesen , dafs die Athener
damals nach Metons Cycius das Jahr rechneten. Von diesem Jahre
ab bis zu Anfang Ol. 150, 3 (v. Chr. 178) sind 152 Jahre, also zwei
kallippische Perioden von je 76 Jahren (27759 X 2 S3= 55518 Tage),
oder acht atüsch - metonisehe Enneakaedekae'teriden (6940 X 6 »e:
Ö5520 Tage), diese vom achten Jahr an gerechnet, abgelaufen. Das
reetificierte attisch - metonisehe Jahr Ol. 112, 3 begann mit dem
28n Juni , gerade wie das kallippische , über welches ich nur auf
Ideler verweise ; während der 152 Jahre , welche von da ab bis zu
Anfang von Ol. 150, 3 abgelaufen, schob sich der Anfang des meto-
nischen Jahres , wie aus dem gesagten klar ist« zwei Tage vorwärts
auf den 30n Juni als erbten Hekatombaeon Öl. 150, 3, so dafs der
3/ile J«li dar dritte Hekatombaeon war. In der kalUppischen Periode
fiadet keine Vorschiebung statt; das Jahr OL 150, 3 begann nach Kal-
lippos wieder am 28n Juüi als ersten Hekatombaeon, so dafs Kallip-
pos den driften Hekatombaeon an dem Tage zählte > an welchem man
nach Meton den ersten Hekatombaeon zählte. KalUppos ist also dem
Meton in der Zahlung der Tage um 2 voraus , wie der zweite oder
neue Stil der beiden Inschriften. Es ist noch die Verschiedenheit der
Monate beider Stile, der Monate Anthesterion und Elaphebolion , zu
erklären, was sehr leicht ist. Legen wir einen Augenblick das Jahr
Ol. 150, 3 zu Grunde. Das Jahr Ol. 150, 3 (v. Chr. 178) ist das
erste eines attisch- metontschen Cycius von Ol. lli, 3 ab gerechnet,
d. h. das achte der alten tnetonischen Periode. Dieses ist ein Schalt-
jahr im metonischen CydusJ also wurde der zweite Poseideon einge-
schaltet, und hierdurdi ^urde der Anthesterion, der gewöhnlich ach-
ter Monat ist, der neunte des Jahres OK 150, 3. Ferner aber ist das
Jahr Oi. 150, 3 das örate der kallippischen Periode, welches ein Ge-
meinjahr ist; folglich fiel der im Gemeinjahr neunte Monat, £laphebo>r
lion, kallippisch gezählt , auf den metonischen Anthesterion. Hierbei'
ei^ibt sich jedoch eine Schwierigkeit. Nach Meton sind vor-dem
60 A. Boeckh: zur GesckM^te der MeBäcyclen der Heiienen.
erslen Anlheslerioo im Jähre OL 160 , 3 (v. Chr. 178), dem achten der
Enneakaedekaeteris, vier volle und vier hohle Monate, zusammen
236 Tage verflossen, nach Kallippos aber dem von mir befolgten
Idelerschen System gemäfs vor dem ersten Elaphebolion desselben Jah-
res, dem ersten des kallippischen Cydus, fünf volle und drei hohle
Monate, also 237 Tage. Fieng nun dieses melonische Jahr den 30n Juni,
dieses kallippische den 28n Juni an, so ist, vermöge jener Verschie-
denheit der in beiden vor den benannten Monaten verflossenen Tag-
summe , der 22e Anthesterion des Meton der 13/l4e März v. Chr. 177
(welches julianische Jahr ein Schaltjahr ist), der 24e Elaphebolion des
Kallippos aber ist der 14/15e März, so dafs die beiden Tage verschie-
den wären , während sie identisch sind nach der Inschrift. Demnach
kann ich das Jahr des Archen Achaeos nicht für Ol. 150, 3 halten,
sondern mufs es für ein anderes nahe liegendes nehmen. Ein nahe-
liegendes mufs man suchen, weil es nicht wahrscheinlich ist, dafs das
doppelte datieren lange gegolten habe. Jlweitens darf man kein vor-
hergehendes nehmen: denn es ist überwiegend wahrscheinlich, dafs
Athen den kallippischen Cyclus gerade im Anfang einer kallippischen
und unmittelbar nach Ablauf einer attisch -metonischen Periode, also
Ol. ISO, 3 in secundärer Geltung angenommen habe. Um bei dieser
Wahl zum Leitfaden zu dienen, lege ich eine Tafel hier ein, in wel-
cher die 12 ersten Jahre von Ol. 150, 3 an metonisch und kallippisch
bestimmt sind.
Metottisehe Reohnniig.
fangen
Olympiaden-
Jahre
an
V. Chr.
Jahre des
metonischen
Cyclus
Tagr
summe
Jahresan-
fang
Jahre d. kal-
lippischen
Cyclos
Tag:-
summe
Jahresan-
faner
150, 8
178
B 8
384
30. Juni
1
355
28. Juni
4
bl77
9
354
18. Juli
2
354
17. Juni
151, 1
176
10
355
7. Juli
B 3
384
O.Juni
2
175
B 11
384
27. Juni
4
354
25. Juni
3
174
12
354
16. Juli
B 5
384
14. Juni
4
bl73
B 13
384
4. Juli
6
355
2. Juli
152, 1
172
14
354
23. Juli
7
354
22.Jani
2
171
15
355
12. Juli
B 8
384
11. Juni
3
170
B 16
384
2. Juli
9
354
30. Juni
4
bl69
17
354
21. Juli
10
355
18. Juni
153, 1
168
18
354
9. Juli
B 11
384
8. Juni
2
167
B 19
384
28. Juni
12
354
27. Juni
Das erste metonische Schaltjahr nach Ol. 150, 3 ist hiernach Ol.
151, 2 (v. Chr. 175), das eilfle der metonischen Enneakaedekaeteris,
das vierte der kallippischen Periode und in dieser ein Gemeinjahr. In
diesem liegen vor dem ersten metonischen Anthesterion und dem ersten
kallippischen Elaphebolion gleich viele Tage, nemlich 236, oder vier
volle und vier hohle Monate, und hierdurch wird, bei einer Differenz
von zwei Tagen im Jahresanfang, die Schwierigkeit vollkommen ge-
A; Boe(^h : 2ar Gesehiebie der Mbndeydeii der JMkme^. Ol*
liotoi. So w^^en wir also den Ardion Acfaaeos frtthe^ens in
Ol. 151, 2 zu setzen, dennoch aber festzuhalten haben, daTs der kai-
l^sche Cyclus Ol. IdO, 3 in zweker Stelle in Gtitigrkeit trat. Hierbei
bleibt nur noch zu überlegen, welcher der beiden StHe, der ältere me-
tonische oder der neuere kallippische, der eigentlich amtliche war,
nach welchem sieh zugleich dieEintheilung des Jahres in diePrytanien
richtete. Es versteht sich, denke ich, von selbst, dafs das an erster
Stelle erscheinende Datum, welches absolut oder ohne eine nähere Be-
stimmung durch Tuxta hingestellt ist, eben das amtliche ist, also
das metonische, und es fragt sich nur, ob hiernach sich die Inschriften
ei^nzen lassen. Dies habe ich für Nr. 386 allerdings bewährt gefun-
den. Das Jahr dieser Inschrift ist als Ol- 151, 2 (v. Chr. 175) genom-
men. Dieses ist ein metonisches Schaltjahr, und hat vor dem In An-
theisterion, wie wir gesehen haben, 236 Tage. »Die Prytanien haben in
den Schaltjahren zur Zeit der zwdlf Stämme in der Regel 32 Tage;
die neunte Prytanie beginnt daher mit dem 257n Tage des Jahres; da
der le Anthesterton der 237e Tag des Jahres ist, so ist der 22e An-
thesterion der 258eTag des Jahres, und dieser ist der 2eTag der nenn-
ten Prytanie. Die hiernach oben gemachten Ergänzungen passen in
die Lücken vollkommen ; wollte man dagegen die Prytanien nach dem
kallippischen Kalender angeordnet nehmen, in welchem das Jahr ein
Gemeinjahr Ist , so müste wenigstens der Regel nach der 24e Tag der
Prytanie ergänzt werden, wofür der Raum kaum hinreicht Wenn die
Ergänzung devri^c^ etwas zu kurz scheint , mufs man eben die durch
Correctur entstandene Ungleichheit der Schrift bedenken. Die Inschrift
Nr. 385 bietet auf den ersten Anblick zu wenig Anhaltspunkte für eine
Herstellung, die daher eigentlich auch nicht verlangt werden kann;
sie ist obendrein unmöglich genügend zu. bewerkstelligen , wenn in
dem Jahre irgend eine Unregelmäfsigketl in der Vertheilung der Pry-
tsuüen stattfand , die nun einmal nicht zu leugnen ist. Es liegt jedoch
sehr nahe auf eine Herstellung der Inschrift zu kommen, vermöge
welcher in diesem Beschlüsse der Stil des zweiten Datums, also der
kallippische, der Vertheilung der Prytanien zu Grunde gelegen hätte ;
man könnte nemlich hier eine nach dem obigen in abstracto mögliche
Verschiebung der Daten beider Kalender nicht blofs um zwei , sondern
um drei Tage annehmen, also Z. 4 statt [tQlvg fifjr' ünadag setzen [rf-
tqadi |w]t' ü%uöag^ und dann Z. 4 — 5 T€Ta^|y [xal ü%0(St^ rijg
nQv\t, ergänzen , wodurch die Prytanien in Uebereihstimmung mit den
kallippischen Monaten kämen, wie sie in der Zeit der zwölf Stämme
im Gemeinjahr gewöhnlich mit deti Monaten stimmen. Aber es ist zu
unnatürlich anzunehmen , das zweite Datum sei das amtliche ; und
wenn ich richtig verglichen habe, kommt die in abstracto mögliche
Verschiebung der beiden Cyclen um drei Tage in einem kallippischen
Gemeinjahr bei Gleichnamigkeit des Monates mit dem zeitlich entspre-
chenden metonischen selten vor. Wie ungeeignet zu einer Ergänzung
die Inschrift übrigens scheinen mag und wie wenig man dieselbe verlan-
gen kann, will ich doch die Möglichkeit einer Herstellung zeigen, weiche
8S A» Be^oKh: zur G«s«liiohie ierMbadey«len der IkMeaeif.
zasammenstimmt mit der AttDileDaiiig^ , das metonische Daimn sei das
amütehe. Ich wähle dazu das Jahr Ol. 15d, S, ein metonisehes Behalt-
jähr , und nehme die ganz regelmäßige Pryiantendauer von 33 Tagen
zur Grundlage. Ich setze Z. 1 die vierte Prytanie (tsta^ttig «^vrte*
vBiag) und Z. 3 den Monat Pyanepsion (Ilvcep&^ffuSfvog dcmrrf icvi^).
Da ich die Ansicht für die richtige halte, die dewonj v&viqa komme
in den hohlen Monaten nicht vor, so mufe, wenn die Herstellung mir
genügen soll, der Pyanepslon des metonisohen Cyclus in dem Jahre
der Inschrift ein voller Monat sein , und er ist es nach dem Kanon.
Dieses metonische Jahr beginnt den 28n Juni ; die drei ersten Monate
haben folgende Dauer : Hekatombaeon 30 , Metageitnion 99 , Bo€dro<
mion 30, zusammen 89 Tage. Der le Pyanepslon ist folglich der Tag
vom Abend des 25n September ; der 21e Pyanepslon, der Tag des me-
tonisohen Datums , beg'mnt am 15n October« Der Anfang der zweiten
Prytanie ist der 3e Metageitnion, der Anfang der dritten Prytanie der
6e BoSdromion, der Anfang der vierten Prytanie der dePyanepsion * also
ist der Sie Pyanepslon, der Tag des metonischen Datums , der 14e Tag
der vierten Prytanie, wonach sich Z. 4 — 5 ganz passend ergänzen läfst:
vnm^if [Kai dsKar^ vijg ^Qv}t. Kallippisch beginnt das Jahr den
S7n Juni ; nach der kailippischen Periode hat in diesem Jahre der Heka-
tombaeon 29, der Metageitnion 30, der Boedromion 29, die drei ersten
Monate zusammen 88 Tage. Der le Pyanepsion ist also kallippisch der
Tag vom Abend des 23n Sept., und der 23e Pyanepsion (r^riy fisr' dna^
iag^ wie ich oben schon gesetzt habe) beginnt den I5n Oct. wie Metons
dtTuetfi v^xtqot. Eine andere gleich befriedigende Hersteilung wird
man schwerlich finden , und ich habe daher kein Bedenken getragen,
die vorgetragenen Ergänzungen in die Lücken einzufügen , in welehe
sie unstreitig passen. So viel über die amtliche Geltung des metoni-
sehen Gydus in der Zeit dieser Beschlüsse. Nun sollte man dennoeh
denken , nadidem man einmal angefangen hatte secundär auch kal-
lippisch zu datieren, werde man bald ganz zum kalKppischen Kalender
übergegangen sein. Aber auch dieses scheint man nicht gethan 2u
haben. Wie ich schon früher im Corpus inscriptionum Graecarum
nachgewieäen habe, ist das Jahr des Archon Dionysodoros ein Ge-
meinjahr gewesen (s. daselbst Nr. 267), und soweit ich crmessen kann,
ist das Jahr des Dionysodoros richtig auf Ol. 208, l (nach Chr. 53/54)
bestimmt, wie schon Scaliger in der ^OXv^niiömv avayqatpri gethan
hat Dieses Jahr ist aber das dritte des kailippischen Cyclus und in
diesem ein Schaltjahr: folglich ist, wie Ideler (I S. 353) mit mir be-
merkt hat, die kallippische Periode damals nicht amtlich giltig
gewesen, wenigstens nicht, inwiefern sie von ihrem eigenen An-
fangspunkt aus gerechnet wird, und nach dem Idelerschen Kanon.
Ich hätte nur nicht sagen sollen , * cyclus Metonis et Callippi ' sei da-
mals nicht in Athen giltig gewesen; denn dasselbe Jahr ist das
zehnte des metonischen Cyclus, oder was einerlei ist, das dritte einer
attisch -metonischen EnneakaedekaSteris , wie ich oben mich ausge-
drückt habe, und dieses zehnte der metonischen Periode ist ein Ge-
A» AMekh : zur (xeathidKe der MoAdcyelen der HeUenea. M
flieiojaiir. SeN»«l diese späte Inschrift Mimmt also damit überein ^ dafs
in den eben behandelten Votksbeschlüssen das amtliche Datum das
oietonisehe isl^ und es wird anzunehmen sein, dafs man fortwährend
bis in die Kaiserzeiten und mindestens bis nach der Mitte des ersten
Jahrhunderts der christlichen Zeitrechnung metonisch rechnete , wahr-
acheintieh jedoch mit der erforderlichen Reclification, welche um OL
150 aber noch nicht gemacht war.
14. Nach diesen Erörterungen über die hellenischen Mond-
eyelen kehre ich zur Beseitigung der Aufstellungen zurück, welche
Block für seij^n Tricesimalcycius vorgebracht hat, nicht blofs um
^ese zu wideRgen , welcher Zweck kaum so grofsen Aufwand recht-
fertigen würde, sondern um zugleich einige wichtige chronologische
Fragen zu beleuchten. Die alten rechnen sehr häufig den Monat zu
99 f das Jahr zu 360 Tagen, selbst in einer Zeit, in welcher nach Itinck
selber der Tricesimalcycius nidit mehr gegolten haben soll; dies soll
ihm Iheils beweisen, dafs ehemals das Jahr diesen Umfang gehabt,
theils wenigstens lehren , dafs später noch aus Erinnerung alter Zeiten
das Jahr von 3§0 Tagen als das eigentlich hellenische angesehen wor-
den (Rinck S. 28« 37). Schon Ideler hat richtig und klar ausgeführt
G S. 364) , dafs diese Angaben auf runder Berechnung beruhen , da
andere Zahlen zu unbequem gewesen wären; ich will jedoch das
wühtigste, was mir davon vorgekommen, noch einmal zusammen-
stellen. Die alte attische Stammverfassung, 4 Stämme, 12 Phtatrien,
360 Geschlechter, war allerdings, dies ist keine Grille, eine Nachah*
mung der himmlischen Ordnung des Jahres, was PhilodiOTos riehtig
bemerkte; aber weder das Sonnenjahr noch das Mondjahr konnte
dabei zu Grunde gelegt werden , sondern man wählte den ohngeßh-^
Ten DuTchschiütt zwischen beiden. Hesiod rechnet den Monat zu 30
Tagen, das Rathsel des Kieobulos gibt dem Vater Jahr 12 Söhne und
jedem der S^hne 30 Töchter (Diog. L. I 91). Hippokrates rechnet die
Monate, sogar bis auf ihrer neun zusammen, je zu 30 Tagen. Das
sind fireiiieh seltsame Multiplicationen runder Zahlen; aber dafs sie
nicht auf einem bürgerlichen Jahre von 360 Tagen und 12 dreifslg-
tägigen Monaten beruhen, kann man aus Aristoteles sehen, der doch
sicher nicht nach einem solchen Jahre rechnen konnte , und dennoch
72 Tage für ein Fünftel, 60 Tage für ein Sechstel des Jahres erklärt
(die Stellen s. bei Ideler I S. 257 ff.). Man war einmal an diese Ab-
nindong gewöhnt. Ebenso rechnet Xenophon selbst bei Geldüber-
schlägen das Jahr zu 360 Tagen (fce^l mQmv Gap. 4, 23 — 24 Sehn.),
indem er annimmt, ein Bergwerksklave des Staates bringe täglich 1*
ein, also 6000 Sklaven jährlich 60S 10000 Sklaven jährlich lOOS wobei
eben das Jahr zu 360 Tagen angenommen ist: freie Tage sind nicht ab-
gezogen, wie ich in der Abhandlung über Laurton geglaubt hatte: aber
die athenischen Staatsmänner und Finanzbeamten wüsten, wie wir oben
gesehen haben, l)e88er zu beachten, wie lang die Jahre waren. Selbst
der Scholiast des Aristophanes rechnet zur Erklärung seines Schrift*
64 A. Boedih: z«r Gesdüclite der MoBdcyden der HeUenen.
stellers (Wespen 661) 10 Monate zu 300 Tagen, ungeachtet weder in
des Aristophanes noch in des Scholiasten Zeiten bei den Hellenen eine
solche Zeitrechnung galt; und ebenso die Apokalypse (11, 2 — 3), ob
diese hellenische oder hebraeische oder römische Monate abrundend,
weifs ich nichL Zur Zeit des Phalerers Demetrios dachte doch kein
Mensch mehr an ein Jahr von genau 360 Tagen; setzte man dem De-
metrios dennoch gerade 360 Bildseulen , so liegt darin wahrscheinlich
allerdings die Absicht, soviel Bildseulen ihm zu setzen als rund Tage
im Jahr sind; aber was Varro darüber sagt : quol luce$ habet annus
absohUuSy oder der ältere Piinius : nondum anno hunc numerum dierum
excedenie (XXXIV 12) ist, wenn es als genaue Angabe gelten soll,
für jene Zeit erweislich falsch und verkehrt (vgl. zurwitik der gan-
zen Erzählung Yischer im Rhein. Mus. N. F. IX S. 386 if.)* Allerdings
sehr befremdend ist es, wenn Herodot (I 32) den Selon, der oben-
drein gerade ein Begründer der Rechnung nach dem Monde war, 70
Jahre, das Jahr zu 360 Tagen, auf 25200 Tage berechnen läfst, und
dazu auch noch 35 Schaltmonate zu 30 Tagen zurechnet nach triete-
rischer (zweijähriger) Einschaltung; hier läfst sich fast nichts ent-
gegnen, als was von Tdeler (a. a. 0. S. 272) gesagt ist, dafs Herodot
aus tiefer und ich möchte sagen naiver Unkunde (oder aus grofser
Fahrlässigkeit) einen groben Fehler begangen hat, und, setze ich
hinzu, dafs er eben wie alle seine Landsleute den Monat rund, selbst
bei Multiplicationen , zu 30 Tagen nahm und die in der Oktaeteris
eiementarisch vorhandene Dyas , wie ich sie oben nannte , oder Trie*
teris allein im Auge habend die trielerische Einschaltung verallge-
meinerte, wie er auch anderwärts (II 4) sagt, die Griechen schalteten
Jahr um Jahr der Jahreszeiten wegen einen Monat ein , was sie frei-
lich oft, aber nicht für sich allein, sondern zwischendurch zwischen
triadischen Einschaltungen thaten. Selbst die Worte des Geminos (Gap.
6 S. 20) : ot fi€v ovv iQ%ai!oi xovq fi^vccg VQiaxov^fiiQOvg ffyovy rovg
dl ifLßoXlfAOvg naq iviamov, können eben so wenig mich als Ideler
an einen so verrückten Cyclus glauben machen ; ich vermute vielmehr,
dafs für Geminos oder seinen Vorgänger nur Herodots verkehrte An-
gaben die Quelle dieser Behauptung waren.
15. Gegen den Mondcycius macht Rinck (S. 37) besonder» gel-
tend, nian müsse schon in den Perserkriegen von der solonischen
Ordnung der Zeiten abgegangen sein; denn die Schlacht bei Marathon
erfolgte im Vollmonde (Her. VI 106. 120) und doch am 6n Boedromton
(Plut. Cam. 19). K. F. Hermann (gr. Monatskunde S. 26 f.) nimmt
zwar das hellenische Mondjahr an, glaubt aber, es sei so schlecht ge-
handhabt worden, dafs sich die Anfange der Monate ganz von den
Neumonden entfernt hätten, und er verharrt, wie auch Clinton (Fasli
Hell. u. d. J. V. Chr. 490) ebenfalls dabei,, die Schlacht bei Marathon
sei am 6n Boedromion und doch etliche Tage nach dem Vollmond
geliefert worden : so hätte denn der Kalender wenige Tage vor dem
Vollmond — Neumond gesetzt. Hiervon wird mich niemand je über-
A. Boeckh: zur Geschichte der Motidcyclen der HettMeA. 05
zeugen. Plutarch sah die UnzuläsBigkett dieser Annahme sehr wol
und stellt daher in Abrede , dafs die Schiacht bald nach dem Vollmond
fpeliefert worden; und war der spartanische Kalender, wie aus der
Geschichtserzählung folgt, nahe in Ordnung, indem der Vollmond um
die Mitte ihres Monates fiel, wie soll man glauben, die Athcfner seien
mit ihrer Zeitrechnung in so grofser Verwirrung gewesen? Doch ehe
ich die Sache näher erwäge, will ich weniges über Rincks Bestätigung
seines Systems aus dem Datum der Schlacht bei Marathon sagen. Er
lehrt, gerade den 6n Boedromion , am 66n Tage des Rinckschen Jah-
res Ol. 72, 2 (v. Chr. 491) am 20n August sei Vollmond gewesen:
*keln anderes System würde wol in dem Grade zutreffen' (S. 43).
Es verhält sich aber gerade umgekehrt. Denn erstlich ist die Schlacht
bei Marathon nicht im Vollmond geliefert, sondern drei Tage nach dem
Vollmond; zweitens setzt Rinck, was freilich auch ältere Chronologen
geglaubt hatten, die Schlacht bei Marathon sei Ol. 72, 2 geliefert, da
sie vielmehr Ol. 72, 3 vorgefallen ist, verlangt jedoch (S. 44) von
den Chronologen, sie sollten seinem Cyclus zu Liebe das Jahr der
Schiacht bei Marathon berichtigen. Er weifs freilich allerlei beschö-
nigende Gründe beizubringen; dahin gehört, dafs die parische Chro-
nik die Schlacht 227 Jahre vor ihrem Epochenjahre , also in das von
Rinck angenommene Jahr setze. Die Zählungen der Jahre in der
parJschen Chronik habe ich in meinem Commenlar zu derselben
genau erörtert (C. I. G. II S. 305 ff.); sie sind von viererlei Arten,
die ich mit A, B, C, D bezeichnet habe, und es ist erwiesen, dafs die
Zählung B, zu welcher das Jahr 227 bei der parischen Chronik gehört,
ein Jahr zuviel gibt. Es kommt auf den Archen Phaenippos an , in
dessen Jahr die Schlacht nach der parischen Chronik selbst und nach
Plutarch (Arist. 5) vorfiel : um diese Schwierigkeit zu entfernen , knüpft
lUnck zuerst an die Fabel an, die ich (zu Soph. Antig. Abh. I Cap. 3.
Abhh. der Akad. vom J. 1846 S. 365: vgl. Ideler I S. 288. 291 f.) wie
ich g-laube richtig beseitigt habe , das Jahr habe damals mit dem Ga-
meüon begonnen ; und dann soll es ja auch pseudeponyme Archon-
ten gegeben haben, die ich mir, wie andere später auf andere Weise,
zutraue ebenfalls ausgerottet zu haben. Nichts ist sicherer, als dafs
Phaenippos der Archen des Jahres Ol. 72, 3 sei und unter ihm die
Weltschlacht bei Marathon geschlagen worden (vgl. Clinton a. a. 0.
und besonders Thuk. 1 18. Piatons Gesetze III S. 698 C) : Ol. 72, 2 aber
war Hybrilides Archon, und selbst unter der Voraussetzung^, das Jahr
habe damals mit dem Gamelion begonnen, kann man den Phaenippos
nicht bis in die erste Hälfte des olympischen Jahres Ol. 72, 2 zurück-
bringt, sondern nur bis in die zweite, während doch die maratho-
nische Schlacht in einen Monat der ersten Hälfte des olympischen Jah-
res fällt. Doch hiermit genug von Rincks Beweisführung; es kommt
darauf an, den 6n BoSdromton als Schlachttag zu beseitigen. Schon
Fröret hatte dazu den Weg gezeigt; und im Jahr 1816, in einer Vor*
rede zu dem Verzeichnis der Vorlesungen der hiesigen Universität
vom Sommerhalbjahre, habe ich dies mit Gründen versucht, die Ideler
Jahrb. f. clMi. Philol. Soppl. N. F. Bd. 1. ^ 5
06 A. Boeckh: zur Geseiuchle dec Moadofelea der HeUenea.
geDügend gefondeB hat (a, a. 0. S. 391 f.)' j^^t oölhigt mich der da-
gegen erhobene Widerspruch, die Sache hier noch einmal auCzu,-
nehmen. Herodol (VI 105 f.) erzählt, die athenischen Feldherrn hät-
ten, als sie noch in der Stadt waren, den Sehneliäufer Pheidippi-
des gen Sparta gesandt; dieser sei am zweiten Tage dort angekom-
men und halte das Gesuch der Athener um Hilfe vorgetragen. Es
war der neunte des wachsenden Monds oder Monats (forafftivov tov
^fivog €^vcrti|); am neunten aber, erklärte die spartanische Behörde,
könnten sie nicht ausziehen, so lange der Kreis nicht voll sei. Sie
warteten also den Vollmond ab, marschierten nach demselben aus und
kamen nach der Schlacht an (VI 120). Man erkennt hier gleich , dafs
ein Mondmonat zu Grunde liegt bei der Erzählung ; Rincks Ausflucht
(S. 4d), Uerodot übersetze die Worte der Lakedaemonier in die
Sprache eines kleinasiatischen Mondjahrsystems, in welchem am funC-
z^nten Vollmond war (vgL dens. S. 31), ist lächerlich, zumal wenn
man bedenkt, dafs Herodol ein einfacher Erzähler und in solchen chro-
nologischen Dingen unerfahren ist^ und für die gesamten Hellenen
schrieb. Hat nun Herodol die Wahrheit erzählt, und daran ist nicht
zu zweifeln, so irrt Plularch, wenn er behauptet, die Schlacht sei
nicht nach dem Vollmond, sondern am 6n Boedromioa geliefert wor-
den. Er behauptet dies nicht weniger als dreimal (de HerodoU maUg&
36. de gloria Athen. 7- Cam. 19), wogegen Aelian (V. H. II 25) noch
irriger das Datum der Schlacht auf den 6n Thargelioa überträgt. Plu-
larch verräth zweimal, woraus er das behauptete wisse ; der 6e Boedro-
mion sei es nemlich, an welchem noch zu seiner Zeit die Athener der
Artemis Agrotera das für den Sieg gelobte Opfer darbrachten (de gloria
Athen. 7. de Herod. malign. 26) : und er weist den Herodot tüchtig über
seinen Irthum zurechl , dafs er den Vollmond in den Anfang des Mo-
nats übertragen habe. Auch Aelian hat den Schlachttag aus dem OpDer
eracbloasen, welches er nur fälschlich in den Thargeiion setzte i ich
übergehe andere Stellen, die nichts wesentliches für die Sache bei-
tragen. Freret Utat den richtigen Blick , und auch dem Corsini (Fasti
Alt I S. Id4) blieb dieser Gesichtspunkt nicht verborgen, obgleich er
ihn rucht gut ausgeführt hat, dafs Plularch den Tag des Dankfestes mit
dem Schlachttage verwejchs^^t hat. Dieses Dankfest wurde mit einem
Pompaufzug in Agrae gefeiert, wo Artemis Agrotera verehrt wurde;
es wurde gewis schon in dem Jahre der Schlacht selbst gefeiert, aber
einige Zeit nach der Schlacht, wohin mehrere Umstände weisen, wir
wollen vorläufig sagen 18 Tage nach derselben , indem wir die Schlacht
eben vorläufig auf den 17n Metageitnion setzen. Gleich nach der
Schlacht hatten die Athener mehr zu thun als Feste zu feiern; uAd die
Feier selbst erforderte erst eine Volksversammlung, welche die nähe-
ren Bestimmungen derselben beschlofs. Ja es ist sogar überliefert,
dafs die Ausführung des Gelübdes Schwierigkeiten fand. Man hatte
olESenbar zu derselben Anstalten getroffen, die schon Zeit gekostet
hatten und ohne Erfolg gewesen waren ; denn man hatte nicht so viel
Ziegen beschaffen k6nnen» als zur Erfüllung des Gelübdes erforderUcb
A. Boe^Ji: zur Gieseiüehte der Mondcyelea der Heiimen. 0?
waren. Dwhes wtffde wiedemm ein zweiter V^üubescUufo gefiikfet,
nv &eO (nadi Aelian aoo) Ziegen tu opfern (PtaU de malign. Herod.
au &. O. Xen. Anab. III 2, 1^. Nim muate erst diesem neuen Be-
sehlufs gemafe das nöthige angeordnet werden. Also Aufenthalt über
Aufen&alt. Hatte sich nun im Jahre der Schlacht selber das Bank-
fest bis zum Gn Boedromion verzögert , so wurde es auch in den M-
genden Zeiten an eben diesem Tage gefeiert: eine Schlachifeier war
es <^nehin nicht; dean warum sollte man die marathonisehe Sehlaeht
als solche in Agrae feiern? Es ist überdies sogar möglich » dafs gleich
ursprQnglieh dieses Danhfest auf den nicht zu entfernt liegenden 6n
Boedromion angesetzt war, weil dieser Tag schon vorher ein Festlag
der Artemis Agrotera war^ ft^ weichen das gelobte bestimmt worden:
denn unabhängig von der Schlacht bei Maralhon wurde die Agrotera
als Jagdgöttin ohne Zweifel im Bo€dromion zu Agrae verehrt , wo sie
auierst gejagt haben soll (Paus. I 19, 7), sowie ApoUon Boed|omiQf
im Boedromion sein Fest hatte« Er und die Schwester sind eben die
Götter der Jagd (vgl. besonders Xenophon de ven. a. Anf. u. 6, ld>
Auch wsur es sehr passend dies Bankfest für die gewonnene Schlacht
einen Tag nach dem allgemeinen Todtenfeste der Genesien vom ön
Boedromion (Lex. Seg. S. 86, vgL IL F. Hermann gotlesd. Aitetth. d.
6r* S. 289) zu legen, wenn dieses Fest damals sehen bestand. Vor»
trefflieh verbindet sieh daaut, dals die Siegesfeier der plataeischen
Schlacht am 3n oder 4n Boedromion stattfand; man legte auch diese
mit den Genesien und mit dem marathonischen Dankfeste zusammen;
und nur vermöge desselben Fehlers, den er in Bestimmung des mara-
tbomschen Sehlachttages machte, konnte sich Plutarch die Behauptung
erlauben, die Schlacht bei Plataeae «ei am viertletzten Pan«fnos der
Boeoter und dritten oder vierten Boedromion der Athener gehetert,
welche Tage er fäkchüch für identisch hielt (Cam. 19. de gioria Alh.
7. Axisi. 19). Biese unter sidi widersprechenden Angaben sind beide
nur von den Siegesfeiern abgezogen, was für das boeotische Datum
ans Phitarchs eigener Aussage erhellt (Arist. 19); und ich nehme so«-
gar das zurück , dafs ich ehemals das boeotische Datum für das rich-
tige Datum der Scbiachi hielt, was Ideler S. 365) von mir ange-
nonunen hat: vielmehr war die plataeische Schlacht schon eäiche
Tage vor dem viertletzten Panemos geliefert, und wurde erst an die-
sem Tage von der Gemeinschaft der Hellenen an Ort und Stelle , m
Alben aber begreiflicherweise noch später, Anfangs Boedromion ge-
feiert Ja die Feste für die plataeische Sohlacht geben den deutlidh-
sten Beweis, dafs die Sieges- oder Todtenfeiern nicht immer mit den
Sehlaohltagen zusammenfielen; denn die zu Plataeae begangenen jäh-
rigen Eieutherien, ein Befreiungs* und Todtenfest zur Feier der
fiahkcht bei Plataeae, wurden den 16n Maemakterion begangen (Plnt
Allst 21), auf welchen niemand die Schlacht selber setzt. Dals PlUr
teeh auf diese Weise aus den Festfeiern Sehlaehttage folgerte, läfst
sich aufserdem an einem klaren Beispiele zeigen. Im Camillos (Cap.
19> sagt er selber, der Sieg bei Salamis sei um den 90n Boödromion
5*
68 A. Boeekh: zar Geschichte der Mottdeyelen der Hellenen.
erfochten worden, und dies ist sicherlich das richtige; aber im Wider«
Spruch mit sich gibt er im Lysander (Gap. 15) statt dessen den 16a
Munychion an, und glücklicherweise erfahren wir aus seinem Büchlein
vom Ruhme der Athener (Gap. 7), wie er hierauf gekommen ist: *den
16n Munychion' sagt er ^heiligten (die Athener) der Artemis, an wei«
ehern Tage diese den Hellenen als Siegern bei Salamis mit vollem Monde
X^tavitilfivog) zuleuchtete/ Hier haben wir aus dem Plutarch selber
den Plutarch überwiesen, dafs er leichtsinnig und sogar mit sich im
Widerspruch au^ dem Feste den Siegestag erschlofs. Wer wolRe nun
noch um seinetwillen die Athener der Thorheit zeihen, einen Kalenr
der gehabt zu haben, der etwa drei Tage vor dem Vollmond Neumond
angezeigt hätte? So etwas läfst sich nipht von ihnen erwarten*
Doch ich habe noch einen andern, wie man zu sagen pflegt
künstlichen Beweis geführt, dafs die Schlacht bei Marathon nicht den
6n Bo|dromion, sondern nach der Mitte des Metageitnion geliefert wor-
den. In der Schlacht bei Marathon stand nach Aeschylos die Taxis
der Aiantis auf dem äufsersten rechten Flügel (Flut, quaest. symp. 1 10)»
d. h. die Aiantis war dem Range nach der erste Stamm , da die Hel-
lenen in jenen Zeiten die Stellungen in der Schlacht nach dem Range
bestimmten. Es gibt zwei Ordnungen der Stamme, eine feste und
eine alljährlich durchs Loos bestimmte. Die erstere ist sicherlich seit
Rleisthenes immer dieselbe geblieben; sie ist uns wol bekannt und
weit zurück als eine und dieselbe nachweislich (s. besonders G. L G.
P. II Gl. III). Nach dieser ist die Aiantis der neunte Stamm ; sie kann
daher in der Schlacht bei Marathon nur vermöge des für jenes Jahr
erloosten Ranges die erste Stelle gehabt haben : und überhaupt ist die
feste Ordnung nicht von Einflufs im Staate gewesen, sondern nur bei
Katalogen angewandt worden. Nach dieser erloosten Ordnung folg*
ten sich die Stämme auch in den Prytanien der Zeit nach, und räum-
lieh in der Aufstellung der kämpfenden Ghöre, der die Schlachtord-
nung analog ist. Hieraus folgt, dafs die Aiantis in diesem Jahre auch
die erste Pry tanie hatte ; sie war dem Range nach in allen Dingen die
erste, und wie Herodot (VI 111) noch sehr genau sagt, folgten sich in
der Schlachtordnung die Stämme, wie sie (damals) gezählt wurden (jAg
iqi^l/dovto at gwlat) vom rechten Flügel ab, womit er deutlich bezeich-
net, die Stämme hätten nach derselben Ordnung gestanden, die eben zu
der Zeit, d. h. in diesem Jahre und für dieses Jahr bestimmt gewesen,
nemlich nach derselben, wonach sich zeitlich die prytanisierenden
Stämme in den Prytanien folgen. Nun war ferner der BeschluTs, ver-
möge dessen Miltiades die Truppen ausführte, unter der Pry tanie der
Aiantis gefafst (Plutarch a. a. 0.), also in der ersten Prytanie , welche
in dem Jahre der Schlacht, einem Gemeinjahre der Oktaeteris , um den
5n oder 6n, höchstens 7n Metageitnion zu Ende gieng; also war der
Beschiufs spätestens Anfangs Metageitnion gefafst. Am neunten des
Monats kam Pheidippides der Schnelläufer von Athen aus am zweiten
Tage in Sparta an, und er war abgesandt als die Feldherrn noch in
der Stadt waren; kurz vorher, gegen Ende der ersten Prytanie^ mufs
A. Boeekh: zur GeschtcUe der Mondcyelen der Hellenen. 00
also der Beschhifs des Aussuges gefafst worden sein, ich will sagen
um den 4n Metageitnion. Sollen nun die Athener bis zum 6n 6o6dro-
mion vier Wochen und drüber bei Marathon gestanden haben , ehe die
Sehlacht vorfiel? Das ist ungereimt. Die Schlacht fiel vielmehr kurz
darauf nach dem Vollmonde des Metageitnion vor. Dieser Beweis isi
ans den angegebenen Praemissen durch untadeiliche Schlüsse geführt.
Dennoch sagt mein verehrter Freund K. F. Hermann (gr. Monatskunde
S. 37): das Argument sei zwar scharfsinnig, aber es beweise nur,
dafs zur Zelt der Schlacht bei Marathon die aiantische Phyle die Pry-*
tarne bekleidete und deshalb auch auf dem äufsersten rechten Flügel
stand, nicht dafs ihre Prytanie gerade die erste jenes Jahres ge-
wesen wäre. So verhalt es sich aber keineswegs , wie folgende Be-
trachtung meines erachtens zeigen wird. Die durch das Loos be-
stimmte Rangordnung der Stamme war voraussetzUch die Regel für
den Rang in den verschiedenen Beziehungen, worin der Rang in Be-
tracht kam ; sie war die Ordnung für zeitliche und räumliche Folge,
iur zeitliche in der Folge der Prytanien , für räumliche in der Stellung
des Heeres und in dem auftreten und der Stellung der Chöre. Hat
ein Stamm die erste Stelle erloost, so kommt sie ihm in allen diesen
Beziehungen zu, vielleicht auch in anderen, die wir nicht kennen;
und ebenso wenn er die zweite oder irgendwievielte erloost hatte.
Was In der Prytanienfolge die Ordnung der Zeit, das ist in den Stel-
lungen die räumliche Folge. In der Zeit , in welcher ein Stamm die
Prytanie hat, kommen ihm allerdings, auch wenn er nicht der erste
sondern sogar wenn er der letzte ist, die Praerogativen in der Verwal-
tung der Geschäfte zu, welche die Prytanie mit sich bringt; aber zu
diesen Geschäften gehören die Kämpfe des Heeres und der Chöre
nieht, und die Rangordnung in Heer- und Chorstellung hängt nicht
von den Prytanien ab , sondern jene und diese gehen von dem ge-
meinsamen Princip des Looses aus ; die Ordnung des Heeres und der
Chöre ist der Prytanienfolge coordiniert, und wird nicht von dem
Prytanien Verhältnis beherscht, welches selber gerade wie jene durch
ein über allen diesen Verhältnissen stehendes Princip , das Princip des
Looses bestimmt ist. Sollte der zufälligerweise in einer gewissen Zeit
prytanisierende Stamm in der Heer^ und Chorordnung die erste Stelle
deshalb erhalten, weil er gerade die Prytanie hat, so käme folgendes
heraus: dieser Stamm, z. B. der antlochische , hat jetzt z. B. die dritte
Prytanie, weil er durch die für alle diese Rangverhältnisse in Betracht
kommenden Beziehungen die dritte Stelle hat, also auch für Heeres-
stellnng und Chorordnung: weil er aber in dieser Zeit vermöge
dessen, dafs er dem Rang nach der dritte ist, gerade die Prytanie in
seiner Eigenschaft als dritter hat , so soll er nun in der Ordnung des
Heeres and der Chöre den ersten Rang haben, obgleich er nach dem.
für alle diese Verhältnisse allgemeinen Princip der Loosung den dritten
Rang hat. Dieser Gedanke enthält einen Widerspruch. Will man den
in Rede stehenden Beweis angreifen, so mufs man ihn von einer an-
dern Seite fassen: sein schwacher Punkt liegt darin, dafs nicht be-
TO A. Boeckh: zur GesdnoMe der IfoadeyAlett der HeUencD.
wiesen, sondern nur ang^nommea isi, durch etne und dieselbe Loö-
sang sei die Ordaang der Skämme für aäe Verhallmsse, die ia Be*
tracht kommen, bestimmt worden , namentlleh für die Folge der Pry-
tarnen, die Heersleilung, die ChorBtelivng: man kann einwenden, die
Rangordnung sei für jedes einzelne dieser Verhältnisse dureh beson-
dere Loosungen festgestellt worden* Für die ChorsleUnng insonder-
heit könnte man dies wahrscheinlich machen; um zu zeigen wie, mufs
ich etwas weiter ausholen. Streng genommen gibt es keinen ge-
sohichüichen Beweis , da£s für die Chore' der Stamme eine durchs Loos
bestimmte Ordnung stattgefunden habe. Neanthes von Kyzikos bei
Plutarch (quaest. symp. 1 10, 2) sagt nur, onT« AUtvMi ffvh^ yi^tng
V9€^q%9 to fii| %QlvsC^a^ xov iuvrijs %Oifov B6%tn9v^ also wörtlich
genommen, es sei ein Vorrecht der Alantis gewesen, dafs bei Bear-
theilung der Leistungen der Chöre der Chor der Alantis nie für ddft*
jenigen habe erklärt werden können, der am wenigsten geleistet habe;
so versteht es auch Plutarch (a. a. 0. S 8 zu Ende): ov yi^ fvnolag
hmyKHv ^rrav 6 Tikafimvtog , oiU' clog ag>ttiHv napxmf im iw^s
Stfi q>ikovuiUag' tva o^vf*i} %vilmoq { \Mffi^ «aucou(u6^f[9ogf loi^e
t^g ^rxfig aq>%kHv %o ävgxt^Ütctvov^ dg t'qv i0%ttpfiv xd^^ fM/di-
n9tß viiv qnflfiv titivav Mttaßulovtttg, Ob die Sache wahr sm, steht
nach der Unterhaltung darüber bei Plutarch im Zweifel, und welches
auch dieses Vorrecht gewesen sein mag, kann es daher kein dauern-
des gewesen sein bis in die späteren Zeiten. Aber wie die Sache
ef2äh]t wird, ist sie unsinnig; nur ein Staat von wahnsinnigen konnte
einer Körperschaft das Vorrecht geben, ihre Leistung im Wettstreite
könne niemals von den Kampfrichtern, die parteilos urtheilen müssea
nach dem Thatbestand, für die geringste erklärt werden. Es muCs
hier ein Misverständnis obwadten ; das Wort x^vs^^wt$ war falsch ge-
wählt. Stillschweigend habe ich daher die Erzahluag dahin umge^
deatet, in der Hangordnung der Chöre bei Stellung aokd auftreten der-
selben habe die Aiantis das Vorrecht gehabt nie die letete zu sein ;
dies konnte ihr ehrenhalber wegen irgend welcher Auszeichnung ver-
liehen sein. Dies scheint nun aber in Widi^^prueh damit, dafs die
Rangordnung der Chöre von einer für alle in Betracht kommenden
StaatsverhäitniBse aligemein giltigen Loosutig, ja überhaupt von einer
Lo^isung abgehangen habe. Aber es seheint nitr; es konnte diese
Rangordnung der Chöre allerdings durch Loosung und zwar dureh
jene allgemein gütige festgestellt werden; nur war in dem Falle , dafs
die Aiantis die letzte Steile erlooste, eine aaohtragUehe Correction ^-
forderlich: man brauchte in diesem Falle nur eine Nachloosung zu
machen, durch die bestimmt wurde, in welche höhere Stelle die
Aiantis einrücken solle. Dieser Einwurf, in Bezug auf die Choretel-
lung insbesondere, wäriS also beseitigt. Aber das gebe ich zu nicht
streng bewiesen zu haben, dafs die alle Jahre wechselnde Eangord-
nung für alle in Betracht kommenden StaatsveihSdtnisse , namentlich
für die Folge der Prytanien und für Heerordnung und Chorstellung,
durch eine und diesdbe allgemein giltige Loosung festgesetzt worden:
A. Boeekh: 2ur Gesditehte der Mondcyeien der Hellenen. !J1
ja ich mufe zagestehen, dafs ich selber (Staatsh. d. Alh. II S. 24S)
faypolhetisefa aufgesteUt habe, die Ordnung der Schatemeister könne in
gewisser Zeit durch eine specielte Loosungp bestimmt worden sein ; doch
sind die Gründe dieser Hypothese von mir selber gering angeschlagen
worden. Für die Reihenfolge der Wahl des Aulelen fand allerdings
eine besondere Loosung unter den Choregen statt ^Demoslh. g. Meid.
S. 519); aber auch dies ist nicht entscheidend. Andererseits führt der
Ausdruck des Herodot (mg a^i^fiiowo ctt tpvlat) doch eben dahin^
es sei von einer nicht blofs für die Heeresordnung , sondern im Staate
überhaupt giUigen Zählung oder Rangfolge , wie in den Prylanien, die
Hede. Soll mein sogenannter kunsllicher Beweis dafür, dafs die
Schlacht bei Marathon nach der Mitte des Metageilnion geliefert wor-
den, giltig bleiben , so mufs jenes nicht streng bewiesene als sachge-
mäfse Voraussetzung, die des strengsten Beweises nicht bedürfe, an-
gesehen werden ; und wenigstens ist die Voraussetzung eine sehr na-
türliche, einem nach einfachen und durchgreifenden Regeln organisch
eingerichteten Staate angemessene. Selbst jedoch , wenn dieser künst-
liche Beweis wegfiele, bleibt bestehen, dafs die Schlacht kurz nach
dem Vollmonde, der dem 6n Boedromion zunächst vorangieng, vor-
gefallen sein müsse. Ich bleibe also dabei, dafs die Schlacht bei
Marathon nicht am 6n Boedromion , sondern nach der Mitte des Me-
fageitnion geliefert worden. Nur das würde nach Wegnahme jener
unbewiesenen Voraussetzung nicht mehf folgen , dafs die Aiantts vom
Hekatombaeon an die erste Prytanie hatte. Aus letzterer Folge bot
sieh mir später zugleich das wichtige Ergebnis dar , dessen ich schon
oben gedacht habe, dafs damals das Jahr mit dem Hekatombaeon,
nicht, wie Scaliger und viele glaubten, mit dem Gamelion begonnen
habe : also würde auch dieses schwinden. Aber man erwäge doch
die Harmonte aller dieser Punkte untereinander : dafs die Aiantis in der
maratbonischen Schlacht die erste Steile hatte, dafs sie dem Beschlufs
zur Ausführung der Truppen praesidierte und also unter der VörÄus-
sefzang, die Rangordnung sei füt alle in Betracht kommenden Verhält-
nisse durch eine und dieselbe Loosung der Stämme bestimmt worden, da-
mals auch die erste Prytanie hatte, und dieses gerade mit dem gewöhii-
Irehen Jahresanfang übereinstimmt; dann wird man hoffentlich audi die
nicht bewiesene Voraussetzung, unter welcher alles zusammenstimmt,
nebst dem damit in Verbindung stehenden für gerechtfertigt halten.
Unsefre Tafel des okta^.terischen Cydus der AÖiener weist als
Jahresanfang von Ol. 86, 3 den 5n August nach. Dieser ist von dem
Anfang Ol. 87, 1, denk 13n Juli aus berechnet, und zwar unter der
Setzung, dafs die Jahre Ol. 86, 4 und «6, 3 je 354 Tage hatten; abet
nach dem verbesserten oktaeteri sehen Cyclus erhält, wenn man diese
Regel auf die frühere Zeit theoretisch anwendet, Ol. 86, 3 als erstes
Jahr einer Oktaeleris 355 Tage, wodurch der Anfang von Ol. 86, 8
auf den 4n August kommt. Ferner war der Anfang von Ol. 87, l drei
Tage zu früh, also au<^ der von Ol. 86, 3: der richtige Anfang des letz-
tem Jahres wäre also der 7e August gewesen. Von dem Jahre der
72 A. Boeckh: zur GescUchle der Mbndcyalen der HeHenen.
marathonischen Schlacht, OL 73, 3, welehes wie 01.86, 3 das erste
einer Oklaeteris ist, bis zu letzterem liegt zunächst die zweite Okta*
eteris einer Hekkaedekaeleris (Ol. 72,3 — 74, 2), und dann drei
vollständige Hekkaedekaeteriden : so dafs mittlerweile 11 Zusatztage
halten eingefügt werden müssen ; man vergleiche z. B. den Zeitraum
von Ol. 92, 3 — 106, 2, welcher dem Zeitraum von Ol, 72, 3 — 86, 2
cyclisch genau entspricht. Vorausgesetzt was sicher ist, dafs imter>
dessen kein Schal tmonat ausgelassen worden, fieng also das Jahr Ol.
72, 3 dem System gemäfs 11 Tage früher als Ol. 86, 3 an, letzteres
vom 7n August an gerechnet. In der Wirklichkeit sind freilich einige
Tage weniger eingefügt worden , wie der Anfang des Jahres Ol. 87, 1
thatsächlich zeigt; aber wir müssen so rechnen, als ob dieser Fehler
erst nach Ol. 72 , 3 entstanden sei, wobei immerhin vorbehalten blei-
ben mag, dafs auch Ol. 72, 3 die Zeitrechnung nicht in voller üeber-
einstimmung mit den Mondphasen gewesen. Rechnen wir jene 11
Tage vom 7n August OL 86, 3 (v. Chr. 434) mit der übrigen Zwischen-
zeit bis OL 72 r 3 zurück, so ergibt sich, dafs OL 72, 3 den 27n Juli
v. Chr. 490 anfieng. Dies stimmt mit der Mondphase; denn den 26n
Juli dieses Jahres war am Nachmittag wahrer Neumond, also den 27n
Juli bürgerlicher Neumond. Rechnet man den Hekatombaeon zu 30
Tagen , so war also der le Metageitnion der Tag vom Abend des 26n
August ab; hiermit ist der wahre Neumond in Uebereinslimmung, der
nach Largeteau berechnet den 25n August 6 Uhr 3ö' bis 36' Morgens
athenischer Zeit eingetreten war, nach anderen Tafeln, nach welchen
Hr. Encke diesen Neumond nochmals berechnet hat, l'/^ Stunde spä-
ter. Der nächste Vollmond trat den 9n September 6 Uhr 17' Morgens
athenischer Zeit ein und war folglich am Abend des 8n oder 9n
September, 13 oder 14 Tage nach dem bürgerlichen Neumond, am
Schlufs des 13n oder 14n Metageitnion zu erkennen. Wii^ müssen je«-
doch dafür den 8n September, den Abend, der die Grenze des 13n
und 14n Metageitnion bildet, annehmen; denn in den Lauf des Tages
vom Abend des 8n September bis zum Abend des 9n September fiel
der Vollmond. Der spartanische Volimondstag begann also mit dem
Anfang des 14n Metageitnion am Abend des 8n September , der Licht-
tag des 14n Metageitnion oder der 9e September war aber ohne Zwei-
fel eben der fesüiche, den sie vorbei gehen lassen musten, da sie erst
nach dem Vollmond ausmarschieren durften und nach diesem ausmar-
schiert sind ; sie werden also erst am Lichltage des 15n Metageitnion,
den lOn September ausmarschiert sein. Sie kamen binnen 3 Tagen
an der Grenze von Attika an , in welchen sie 1200 Stadien zurückge-
legt hatten (Her. VI 120. Isokr. Panegyr. S. 78 der hall. Ausg.). Wir
wollen rechnen, dafs sie am vierten Tage, also den 13n September
oder am Lichttage des 18n Metageitnion in Athen ankamen. Sie ka-
men aber einen Tag nach der Schlacht an (Piaton Gesetze IIT S. 698
£. Menex. S. 240 C). Die Schlacht war also nach diesen Setzungen
am 12n September oder an dem Lichttage des 17n Metageitnion, Diese
Setzungen sind freilich um ein geringes beweglich, weil dabei aufser
A. Boeekh : zur Geschichte der MondeycLen der Hellenen; 73
anderem die Richt^keit des Kalenders der Athener and auch der Spar-
taner vorausgesetzt wird; aber um vieles kann nicht gefehlt sein.
Krüger zu Clinton (u. d. J. 490) hat aus einer handschriflUchen Mit-
theilung als meine Bestimmung den 16n oder 17n Metageitnion gesetzt;
eine geringe Differenz der Rechnung, über deren Ursprung zu reden
nicht verlohnt.
16. Da Rinck auch den Tag der salaminischen Schlacht im
Jahre Ol. 75, 1, v. Chr. 480 in Erwägung gezogen hat (S. 44. 243. 318),
so will ich auch diesen nicht übergehen. Polyaen sagt (III 11, 2):
Xaßqlag OB^l Na^v vttuiiaxciv ivlxffie Bwfiqo^u&vog Skt« htl dhtOj
tWTfjp v^v fifiiQov iTtttfjÖBtav vy vaviuxyJUf x^lvag, ort r^v fUa vmv
(uyaXmy (tvöTfiolmv, ovroo vi vo$ »al SefAUftoxlrfg toig Hiffiaig iv€tv-
fM%ffi9 9f€^l HuXaiuva, allu ot (Mv nt^l Ssfuotwikiet iivfL^%w
iaxov tovlaKxmfj ot di sr^^l Xaß^v^Alads (Avatai. Auf den ersten
Anblick mufs es scheinen , Polyaen setze auch die Schlacht bei Sala-
mis auf den 16n Boedromion; beachtet man aber die Zusammen-
stellung mii''Ala6e (iMSvM^ so mufs man urtheilen, unter lakchos sei
nicht die göttliche Person, sondern der Tag gemeint; dieser Tag ist
der 20e Boedromion , an welchem der mystische lakchos im Pompauf-
zuge ausgeföhrt wird (Flut. Cam. 19). Plutarch indessen, der in dem
Buche von den Tagen über diesen Schlachttag besonders gehandelt
hatte, sagt nur, um den 20n (neql rag slKccdag) des Boedromion sei
die Schlacht gewonnen (Cam. 19). Man setzt sie jedoch gemeinhin
auf den 20n Boedromion (Ideler I S. 308 f.). Wie ich schon bemerkt
habe , gibt dagegen Plutarch an zwei Stellen an , sie sei den 16n Mu-
nychion geliefert, was der sichern Jahreszeit, in welche sie fiel, wider-
spricht: er hat dies daraus geschlossen, dafs am 16n Munychion der
Artemis Munychia ein Dankfest fiir den Sieg gefeiert wurde, weil sie,
als Mondgöttin, den Siegern bei Salamis mit voller Mondscheibe zu-
leuchtete (i7giXa(iil}ev ^ &sog TtcxvCiXrpfog , de glpria Athen. 7). Hat
Plutarch nun auch im Widerspruch mit sich selbst einen falschen
Schlachttag angegeben, so mufs doch das Dankfest einen Grund ha-
ben: es scheint richtig, daüs am Abend des Sieges heller Mondschein
war, der den Siegern, wie leicht zu erachten, sehr konnte zu statten
gekommen sein , weshalb sie der Artemis dafOr ein Dankfest stifteten.
Diese Uebereinstimmung mit der Mondphase kann auch Rinck aus sei-
nem Systeme nicht erreichen ; zuerst setzt er die Schlacht auf den 20n
Bo^^omion oder 24n September, verspricht aber nachher, er werde
beweisen, sie sei den 16n Boedromion oder 20n September, drei Tage
nach dem Vollmonde geliefert, und beseitigt die plutarchische Erzäh-
lung vom Vollmonde mit einer seiner gewohnten Redensarten. Fol-
gende Ansicht möchte genügender sein. Mit dem Jahre der Schlacht
bei Marathon beginnt, wenn man die Oktaeteriden zurückrechnet, eine
neue OktaSteris, und zwar die letzte vor der neuen Periode von
160 Jahren, die mit Ol. 74, 3 anfieng (Cap. 11), die zweite der
letzten Hekkaedeka^teris. Legt man die später beobachtete Regel zu
74 A. Boeckh: «ur Gesehichte der Mondcyeiea der HelleDen.
Grande , so hatte diese OktaSleris dieselbe Form wie die von OL 95, 3
ab , und es erg^ibl sich hieraus folgendes Schema der Jahre von Ol.
72, 3 — 75, 1, den Anfang vom 27n Juli v. Chr. 490 genommen:
Jahre des
Jahre des
Olym-
piaden-
jähre
im Jahre
Redlich-
schen
CycluÄ
panathenai-
Bchen
Cyclus
Tay.
summe
Jahres-
anfang-
vor
Chr. Geb.
Periodenzahl
6
1
355*
Ol. 72, 3
27. Jali
490
Okt. 20.
7
2
354
4
16. Juli
b 489
B 8
B 3
384
73, 1
5. JuU
488
1
4
354
2
24. Jali
487
2
5
355*
3
13. Juli
486
B 3
B 6
384
4
2. Juli
b 485
4
7
354
74, 1
21. Juli
484
B 6
- B 8
384
2
10. Juli
483
6
1
355*
3
29. JuU
482
Okt.l.Uekk. 1.
7
2
354
4
18. Juli
b 481
B 8
B 3
384
75, 1
7. Juli
480
So hätte denn der 20e Boedromion Ol. 75, 1 am Abend des 23n
September v. Chr. 480 begonnen, auf welchen TagPelavius die
Schlacht setzt. Der Vollmond war aber schon den 18n September
Morgens eingetreten. Es ist jedoch nur Voraussetzung, dafs Ol. 72, 3
erst den 27n JuU begonnen habe; man kann statt dessen auch, da
nicht gewis ist, dafs der Kalender damals ganz in Ordnung gewesen,
den 26n JuU setzen : und es ist sogar kaum wahrscheinlich , dafs von
da bis Ol. 75, l die drei gehäuften Zusalztage eingefügt worden. Es
ist daher wol anzunehmen, der 20e Boedromion Ol. 75, 1 sei etwa auf
den 20n September gefallen, nemUch der Anfang desselben auf den
Abend des 20n September. Die Schlacht fiel aber nicht besUmmt auf
den 20n Boedromion, sondern, wie Plutarch sagt, tcsqI rccg slKccSag;
es ist also unbedenklich sie auf den LichUag des 19n Boedromion oder
den 20n September zu setzen, auf welchen am Abend der 20e Boe-
dromibn folgt, und mit diesem Abend beginnt der lakchostag, der dem
Erfolge gunstig war, und etwa zwei Stunden nachher zeigte sich Arte-
mis Selene noch im Glänze , zwei Tage nach dem Vollmond , und gab
den Siegern eine klare Nacht. So löst sich alles befriedigend auf.
17. Rinek (S. 37 ff.) hat eine Anzahl Gründe beigebracht, wor-
aus erhelle , der metonische Cyclus sei nicht seit OK 87 , 1 in Atlien
eingeführt gewesen; es üefse sich nemUch daraus dieses und jenes
nicht erklären, was dagegen aus seinem Tricesimalcyclus sich er-
ledige. Jene Einführung des metonischen Cyclus behaupte ich nicht,
sondern habe sie widerlegt ; aber die Aufgaben , die hier zur Sprache
kommen, bedürfen der Lösung, und die verschiedenen Aufsteltungeri
über den zur Zeit des peloponnesischen Krieges giltigen Cychis , also
auch über unsere Okta^teris, müssen daran erprobt werden. Die
•e, viel besprochene Sache ist in kurzem folgende. Thukydides
A« Boeokh: zur Goadiicllte der Mondeyclen der HeUeaea. 75
(li 3) sagt: am Ende des Monates (tBlevmwtog tov fiffvog), da Py-
thodoros noch Bwei Monate Arefaon war, folglich zu Ende Munychion,
also um den widiren Neumond, der ans Ende des Monats fällt, mit An-
fang Frühlings Ol. 67, 1 (431 v. Chr.) sei die hinterlistige Ueberrum-
pelung Plataeaes erfolgt. Der Ueberfall geschah um den ersten Schlaf
(li 2); die Erzählung von den Unterhandlungen und dem nachfolgen-
den Kampf, während dessen immer noch dunkle Nacht war (II 3. 4),
beweist aber, dafs ziemlich die ganze Nadit mondlos war, und Thu-
kydides selber begründet die Dunkelheit eben dadurch , dafs es Ende
des Monats gewesen (xal yuq xsXsmmvtog vov fitivog xa yiyv6[Uva ^
II 4). Man darf daher Tslevvmvrog r. fe. nicht lur gleichbedeutend
mit qMvowoq x, ft, von der ganzen letzten Dekade verstehen, son-
dern die Zeit mufs nahe dem Neumond gewesen sein: auch besagt
xtkevx&vxoq dies schon an sich sprachlich, und wenn Thukydides
nicht sagt, Pythodoros sei ohngefähr noch so und so viele Monate
Ardion gewesen , sondern die Zahl der Monate schlechthin ausspricht,
80 führt auch dies dahin, dafs die Zeit um den Neumond gemeint
sei. Nun sagt er ferner, so ziemlich ((uikiaxa) am 80n Tage dar-
nach seien die Lakedaemonier zum erstenmal in Atlika eingefallen, als
es hoher Sommer und das Getraide nahe reif war (xov ^iqovg xecl
xov 6k€v mtfuiSovxog II 19). Es folgt hieraus , dafs der letzlere Ein-
fali^ um nichts zu genaues zu setzen , nicht später als etwa in der
zweiten Hälfte des Juni erfolgte ; ich verweise über die Bedeutung des
griechischen Ausdrucks auf die treffliche Abhandlung von Vömel :
*de quo anhi tempore in Attica axfiaiovxog xov ölxov dicatur' (vgl.
aadi au&er Rinck was Poppe Thuc. ThL III Bd. II S. 85 zusammen-
stellt). Dies stimmt weder mit dem metonischen Cyclus noch aber
aach mit Redlichs und meiner Okta^leris, nur mit Rincks Tricesimal-
cyclus, wie er näher nachweist (S. 45): ich bemerke nur, dafs in
letzlerem das Jahr Ol. 87 , 1 den 17n Juni anfängt und ein Gemeinjahr
Ist, wodurch diese Uebereinstimmung ermöglicht wird; dafs dies aber
geschichtlich ialseh sei, geht aus dem obigen hervor: und solche
Uebereinstimmungen hervorzubringen war in dieser sogenannten Okta-
eteris sehr leicht, da ihr Urheber die Schaltjahre bakl an dieser bald
an jener Stelle beliebig einsetzen konnte: hätte er Ol. 87, 1 zu einem
Schaltjahre gemacht, wie seine Schaltjahre Ol. 80, 4 und 99, 4 mit
dem 17n Juni beginnen , so wäre die Uebereinstimmung verschwun-
den. Auch habe ich schon in meiner Angabe über- des Thukydides
Darstellung bezeichnet, dafs Thukydides bemerkt, die Nacht des Ueber-
falls von Plataeae sei dunkel gewesen, eben weil der Ueberfall zu
finde des Monats, wo es wahrer Neumond ist, stattfand; er spricht
also von einem Mondmonat, welcher ohngefähr , wmin auch nicht auf
eisen Tag oder zwei oder drei, mit dem Monde stimmte. Auch in
imserem oktaigterischen Cyclus gehen Ol. 87 , 1 die Monate wegen der
eingenasenen Kalenderverwirrung etwa zwei Tage vor dem wahren
Neumond zu Ende, aber das ist doch nicht damit zu vergleichen, dafs.
nach Rinck der letzte Munychion der 13e April ist, an welchem Pia-
76 A. Boeekh : sur Gesehidile der Mondeyden der Heileiien.
taete Ton den ThebaiierB überfallen sein würde, während der wahre
Neumond den 7n ^rii war; nnd daTs unter dem Ende des Monates
(xtUwmvtog tov iifpfog) nichl gerade der letzte Tag oder wenigstens
einer der letzten desselben zu verstehen sei , wie er gleichfalls wie-
der aurstellt, möchte ich auch nicht gern zugeben: wenigstens kann
man doch nicht, wenn viele Tage vor dem Ende noch übrig waren,
diesen Zeitpunkt als Ende bezeichnen. Doch mag man sagen, wir
nahmen die Sache zu haarscharf: wie aber, wenn Rincks Cyclns
gerade sogar dadurch sich als falsch auswiese, dafs er mit den
Worten des Thukydides, wie sie jetzt in den Texten lauten, aberein-
stimmt? Er deutet selber an (S. 37), dafs man zuTextändernng
seine Zuflucht nehmen wollte, wo sein Cyclus die Erklärung ohne
Textanderung gibt; wie dann, wenn die Textandening erweislich rich-
tig ist? Dann ist der Cyclus, der auf den gewöhnlichen Text und
nicht zu der erwiesenen Aenderung passt, gerade falsch. Bekannt-
lich hat K. W. Krüger in seinen historisch - philologischen Studien
(I S. 221 ff.) einen Aufsatz bekannt gemacht , welcher die Ueberschrift
führt: *Die Thebaeer überfallen Plataeae gegen das Ende des Anthes-
terion Ol. 87, 1.' Er behauptet daselbst, bei Thukydides (EL 2) sei
in den Worten ÜvOodiD^oi; h$ dvo (Ai^vccg &(fjipvtog statt ivo ;eu
schreiben xi66a^agj welches mit A geschrieben gewesen; ähnlich
wie er in einer anderen thukydideischen Stelle (V 25) d&a fi^ag
in xi06aifag ^i^^vag verwandelt (zu Clintons Fasli Hell. u. d. J. 414),
was Ullrich (Beiträge zur Erklärung des Thukydides S. 153 ff.) wei-
ter erörtert haL Solche Verwechselungen sind in späteren Schrift-
stellern eher nachweisbar (s. Vömel a. a. 0. S. 5) : in älteren nehme
ich sie ungern an, aber zwingenden Gründen muTs mau weichen, und
keiner, der die thukydideische Zeitrechnung genau studiert hat, konnte
jener Krügerschen Aenderung widerstehen , nicht Weifsenborn (Hellen
S. 1®9), nicht Vömel (a. a. 0. S. 7 und in der Abh. *quo die secun-
dum Thucydidem bellum Peloponnesiacum inceperit'), nicht E. H. 0.
Müller (de tempore, quo bellum Peloponnesiacum initium ceperit S.
32), nicht Redlich (S. 72). Man mufs zwar bei dem Streite über Cy-
clen von Krügers Beweisführung dasjenige abziehen, was unter Vor-
aussetzung eines andern Cyclus seine Geltung verliert; und man mufs
zugeben, dafs sein Beweis unter der Voraussetzung des Rinckschen
Cyclus nicht mehr sehr haltbar ist : aber auf einen solchen konnte er
fireüich nicht rechnen , und sein Beweis bleibt daher dennoch beach-
tenswerth und völlig sachgemäfs. Hierzu kommt noch eine andere
Andeutung desselben Gelehrten (zu Clintons Fasti Hell. J. 423 und 421).
Thukydides (IV 116) sagt, mit Ablauf des Winters , von dem er spricht,
das ist des Winters Ol. 89, 1 (v. Chr. 423) sei das achte Jahr des Krie-
ges zu Ende gegangen, und er setzt den Waffenstillstand vom 14n
des folgenden Elaphebolion desselbtgen Jahres in das folgende Kriegs-
jahr vom Anfang des Frühlings an (afia ^^«); es fehlen aber an acht
Jahren bis dahin anderthalb Monate, wenn man den Anfang des Krie-
ges vom Ende des Munychion nimmt , als ob Pythodoros Ol. 87, 1 vom
A. Boeckh: zur Gesehtehte cter MoDdcyelen der Hellenen. 77
Anfaog^ des Krieges ab nur zwei Monate noch im Amte gewesen , und
man mufs also den Anfang des Krieges zwei Monate fraher setzen,
so dafs Pythodoros noch vier Monate, Eiaphebolion, Munychion, Thar- ^
gelion, Skirophorion im Amte war: in den folgenden Jahren zwt-
schenliegende Schaltmonate sind, wie sich von selbst versteht, hier-
gegen nicht in Rechnung zu bringen. Des Thukydides Kriegsjahre
sind insgesamt volle natürliche Jahre, die mit dem FrOhling begin-
nen (Sfia «o*); so begann auch das erste unter Pythodoros mit dem
Frühling {afna ^Qt ä^Ofiiuip II 2), welcher durchschnittlich tun den
Eiaphebolion beginnt, da schon dessen Vorgänger Antheslerion, der
Blumenmonat heifst (vgl. auch Krüger hisU philol. Slud. a. a. 0. und
£. H. 0. Müller a. a. 0« S. 32), und eben weil der Krieg mit Früh-
lingsanfang begann , kann der Geschichtschreiber die vollen Kriegs-
lahre vom Frühling ab zählen und mit Ende Winters schliefsen, wie
er gleich beim ersten Jahre thut (II 47> Ferner sagt unser Geschicht-
sehreiber (V 20. vgl. 19), der Friedensvertrag vom sechstletzten Eia-
phebolion Ol. 89, 3 (v. Chr. 421) sei geschlossen tsXsvt&wog vav %€c-
fuSvog ofM ijQi ix Jiowclmv sv^g tmv aanxcivj tevroSixa kmv
iuX^ovtoüv %ai ^^^cov okiymv TtuifiveyTtovccSv tj mg to jc^wtov ^ ig-
fiolf^ 1] ig^riiv ^Attixiiv «al i^ a(^ff vov noUitqp tovie fyivnoj mit dem
Bemerken, er meine nicht bürgerliche Jahre, die nach Behörden ge-
xahlt werden, sondern natürliche Zeitjahre. Bei dieser Stelle mufs
ich, ehe ich darauf weiter baue, zwei Bemerkungen machen« Es
leidet erstlich keinen Zweifel, dafs der Anfang des Krieges von d&
Einnahme von Plataeae ab zu berechnen sei (vgl. dazu noch Vömel:
quo die secundum Thucydidem bellum Pelop. inceperit S. 7 f.) ; be-
fremdlich sind also hier die Worte ig to %qmov ^ igßolri i} ig t^v
jhuKi^Vj als ob der Einfall der Lakedaemonier in Attika der Anfang
des Krieges sei; £• H. 0. Müller (a. a. 0. S. 34) hat daher hier ein
Einschiebsel vermutet, aber vielleicht ist der Ausdruck ein kleines
Versehen des Schriftstellers und er hat das folgende xol fj aQxii rov
Ttolifiov tovSs gewissermafsen um jenes wieder gutzumachen zuge-
setzt, freilich duAh ein wste^ nqitiqov. Zweitens heilst oUytov
^(Ui^ mtQevsyxavaw nicht, wie es einige nehmen, * wenige Tage
darüber oder darunter', sondern ausschlief stich * wenige Tage
darüber'; sonst hätte statt ncA jaij gesagt werden müssen; ebenso
anderwärts (V 26): sv^cet ttg roöatvza Stti (27 Jahre) koyii6(Uvog
waic tovg XQOvovg, nal fffiiQ^ ov TtoXlag nagsveynovöag (vgl. Butt-
mann Exe. zur Mid. ÜI und Vömel : quo üie bellum Pelop. inceperit
S. 6). Uebrigens ist unter den wenigen Tagen bei Thukydides im-
mer weniger als ein Monat zu verstehen , indem er ^onst einen Monat
selber würde in Rechnung gebracht haben, wie bereits. Vömel (ebd.
S. 7) nach Dodwell bemerkt hat. Die zehn Jahre nun und noch we-
nige Tage darüber, nach natürlicher Zeit gerechnet, kann man vom
Ende des Munychion Ol. 87, 1 bis zum sechstletzten Eiaphebolion Ol. 89, 3
nicht herausbringen, sondern es fehlen ziemlieh zwei Monate; die
etwaige Verschiebung der Monate durch Einschaltungen hilft dem
n A. Boeddi: zur Geed^dhUe ^r MoBdeyd<» der H^eae«.
Mangel aa Uebereinsümoniiig niehi ab. Endlich ergibt meh eine an-
zureichende Zeit, vrenn man den Anfang des Krieges vom Ende des
Muuychion Ol. fi^, 1 rechnet, auch bei der BerechnuDg der ganzea
Dauer des peloponnesischen Krieges; diese BerechnuDg verspare ieh
aber noch, da sie zumal gegen Rinck nichts beweist (Cap. 18, 3>.
Durch alles dieses ist Krugers Verbesserung der thukydideischefi
Stelle TÜiSeiQag für ovo völlig gesichert. Ich rechne nun ganz streng,
was immer das sicherste und unbefangenste ist. Zu Eade des Mo-
nats , vier Monate vor dem Ende des Amtes des Pythodoros , also am
letzten Anthesterion Ol. 87, 1 wurde Plataeae überrumpelt Ich rechne
ferner, worauf jedoch begreiflicherweise hier niehts ankommt, wie
oben gesagt in der Regel die zwölf Monate abwechselnd voll und
hohl und den Scbaltmonat dazwischen voll, ohne dafs dadurch die
Setzung der nach ihm liegenden vollen und hohlen Monate sich änderte ;
also ist nach unserer mit der Redlichschen hier noch gleichen atlischen
Oktaeteris der letzte Anthesterion der Tag vom Abend des 4n April
V. Chr. 431. Der astronomische Neumond trat den 7n April ein; die
Nacht vom 4n zum 5u April ist daher schon eine fast ganz dunkle,
indem erst gegen Morgen schwaches MondUcht erschien und obendrelii
auch ein starker Regen eingetreten war» Nimmt man dagegen an,
die Thatsache habe sich viele Tage näher dem Anfang der letzten De-
kade des Monats eräagnet, also bedeutend vor dem Neumond, so
wäre der Mond schon bedeutend früher aufgegangen und nur noch die
Ueberrumpelung selbst, nicht mehr der Kampf in die mondlose Nacht
gefallen , wie es doch wirklich war. Es ist indes nicht ganz sieber,
dafs gerade nach attischem Kalender gerechnet ist; es kann also die
Einnahme von Plataeae auch einen, zwei, drei Tage später gewesen
sein. Der 80e Tag vom attischen Datum ab ist der 23e Juni jui. odier
18e Juni gregor. Stils , was kurz vor der Sommerwende und um die
nahe Reife des Getraides ist (tov d'iifovg %tA tov ülvov axfAc^oinro^)v
Yömel (quo die bellum Pelop. inceperit) setzt die Einnahme Plataeaes
den 30/31n März, 2l/22n Elaphebolion ; das ist zu weit vor dem Nsa-
mond , und die Rechnung ist nach dem metonisclftn Cyclus gemacht,
der damals nicht galt: im übrigen ist der Unterschied der Yömel-
sehen und meiner Rechnung gering. Die erste Aufgabe , die Rinck
durch seinen Cyclus lösen wollte, ist also auch von uns nach unse-
rem gelöst.
18. Wie aus dem gesagten leicht ersichtlich ist, sind aber noeh
drei, die Zeiten des peloponnesischen Krieges betreffende Aufgaben zu
lösen, was sofort geschehen soll.
1) Von der Einnahme von Plataeae Ol, 87, 1 bis zu dem Waffen-
stillstand am 14n Elaphebolion Ol. 89, 1 waren mehr als acht Jahre
verflossen , indeni der WafTenstillstand dem neunten Kriegsjahre zuge^
theill ist; es ist aber, wie bemerkt, von natürlichen, d. h. der Ansicht
auch des Alterthums gemäfs, obngefähren julianlschen Jahren die
^''de. Die Einnahme von Plataeae fiel auf den letzten Anthesterion
A. Boeckh: zur Geschichte der Mondfiyeka der Uetteneqr, 29
OK 87, 1, 4q April v. Chr. 4ai ; der 14e ElapheboUoA OK 89, 1 ist uBserem
Cyclus zufolge , wean mit dem vollea Monat angefangen und abwech-
selnd volle und hohle Monate gesetzt werden^ dazwischen aber, von
dieser Abwechselung unabhängig, der volle Schaltmonat mit 30 Tagen
eingesetzt wird, der 2l/22e April v. Chr. 423, oder nach einer unten
(Cap. 21) anzugebenden Aenderung der ao/21e April dess. J. Es waren
also dazwischen 8 Jahre und 17 oder 16 Tage verflossen, ganz ge-
mäfs dem Thukydides. Rinck, der stark im übergehen ist, hebt diese
Aufgabe nicht deutlich hervor ; ich habe aber seinen Cyclus auch auf
diesen Punkt geprüft und finde, dafs nach seiner Zeitrechnung von
Ende des Munychion Ol. 87, 1, und zwar vom 2onMunychion an, auf
welchen er die Einnahme von Plalaeae frühestens setzt (S, 46)) bis zum
14n ElapheboUon Ol. 89, 1 2882 Tage verflossen wären, also 40 Tage
vreniger als 8 juUanische Jahre , welche 2922 Tage betragen ; ein Feh-
ler der ihn von der Falschheit seines Cyclus leicht hätte überzeugen
kennen. Dennoch weifs er auch diesen Waffenstillstand zu seüaen
Gunsten zu benutzen, Thukydides (IV 118), sagt er (S. 46), melde,
dals am 14n Elaphebolion Ol. 89 , 1 zwischen d^i Athenern und Lake-
daemoniern ein Waffenstillstand auf ein Jahr abgeschlossen worden
und derselbe bis zu den pythischen Spielen abgelaufen gewesen sei
(Thuk. V 1): mit Petavius und Dodwell sagt er, die Pythien seien inv
zweiten Olympiadenjahre gefeiert worden, und wahrscheinlich weil
sie dem Anfange des dritten nahe gestanden , hätten spätere Schrift-
steller, welche $chon das julianische Jahr im Kopfe gehabt, sie unge-
nau in das dritte gesetzt; die Pythien seien, na^h Dodwell, mit dem
ersten Neumond nach der Frühlingsgleiche eingetreten. So stimmt»
wie er zeigt, sein System mit der Angabe des Thukydides: er nennt
dies ein schönes zusammentreffen, der thukydideischen Angabe mit
seinem System, imd es ist ihm dies ein Beleg dafür, dafs Ol. 89, ^
was allerdings daraus folgen würde,. den Athenern ein Schaltjahr, und
ein Beweis gegen meine urkundliche Setaning, dafs Ol, 89» 1 ein Schalt*
jähr gewesen sei. Aber alles dieses ist null und nichtig, weil dte
Praemlsse von der Zeit der Pythien erwiesen falsch ist. Die Ausle*
gung der thukydideischen Stelle über die Pythien und die Jahreszeit)
in welcher diese gefeiert wurden , ist zwar zweifelhaft (C. I. G. 1 S.
812), nicht aber das olympische Jahr, in welchem sie gefeiert wurden,
und es ist eine sophistische Ausflucht , die Setzung der Pythien ins
dritte Olympiadenjahr auf Rechnung späterer Schriftsteller, die sefaou
das julianische Jahr im Kopfe gehabt, zu sehreiben, während, um aja-
dere zu übergehen, schon aus Demosthenes und Aeschines diese
Setzung bewiesen und es überdies für den unbefangenen Forscher un-
zweifelhaft ist, dafs die Zählung der Pythiaden von der ersten ab im
dritten Olympiadenjahre auf den Katalogen der Pythioniken beruht,
nicht zu gedenken dafs zur Zeit des Pausanias , der diese Rechnung
befolgt , die Pythien noch gefeiert wurden. Die Beweise finden sich
bei Clinton (Fasti Hell. II S. 209 Kr.) und in meinen Erklärungen zum
Pindar (Explicc. S. 207).
'80 A. Boeckh: zur Gesdudite der Mondcyden der Hellenen.
2) Von der Einnälune Plalaeaes Ol. 87, 1, v. Chr. 431 bis znm
sechsüetzten Elaphebolion Ol. 89, 3, v. Chr. 421 sind 10 Jahre und
-wenige Tage verflossen, nach wahrer Zeit, nicht nach bürgerlichen
Jahren. Plataeae ist eingenommen den letzten Anthesterion Ol. 87, 1,
am 4n April v. Chr. 431, der sechstletzte Elaphebolion Ol. 89, 3 ist in
unserem Cyclus sowol nach unserer gewöhnlichen oben (Cap. 6) an-
gegebenen als nach der unten (Cap. 21) gemachten Rechnung der
ll/12e April v. Chr. 421 ; es sind also inzwischen 10 Jahre und 7 Tage
verflossen, ganz dem Thukydides gemäfs. Was andere Cyclen be-
trifft, so unterscheidet sich der Redlichsche; (Cap. 8) hier von dem
unsrigen wenig; der metonische kann, als damals nicht bestehend,
nicht in Betracht kommen : es ist also nur die Lösung nach dem Rinck-
sehen Cyclus zu betrachten. Der Urheber desselben erklärt sich nicht
entschieden über den Tag der Einnahme von Plataeae, aber das
früheste Dalam, welches er setzt (S. 46 f.), ist der 25e Munychion,
meines erachtens unrichtig , da der letzte Munychion festzuhalten war.
Jener ist nach seinem System der 8e April v. Chr. 431 , der 25e Ela-
phebolion des Jahres Ol. 89, 3 aber ist ihm der 6e April; folglich fehlen
ihm an 10 Jahren 2 Tage ; es waren aber , wie die richtige Erklärung^
des ytaqsvBywyüöav zeigt (Cap. 16) , mehrere Tage über 10 Jahre nach
Thukydides verflossen. Der Rincksche Cyclus löst daher die Auf-
gabe nicht.
3) Thukydides (Y 26) gibt eine Berechnung, wieder nach den
Jahreszeiten oder der wahren Zeit (xorra toifg XQOvovg), nicht nach
bürgerlicher Zeitrechnung, wie lange der peloponnesische Krieg ge-
dauert habe. Hierüber hat Vömel in der Abhandlung * quo tempore
bellum Peloponnesiacum finilum sit' (1851) sehr genau geschrieben.
Thukydides gibt zuerst rund 27 Jahre, nachher 27 Jahre und nicht
viele Tage darüber (xal fifiiqctg ov nokXag naf^tviywiv^ag) an : Vömel
findet so viel , indem er mit Grundlegung des metonischen Cyclus von
der Einnahme Plataeaes am 2l/22n Elaphebolion Ol. 87, 1, v. Chr. 431
30/31n März ausgeht, und bis zum In Munychion Ol. 93, 4, v. Chr.
404 lOn April rechnet, um welche Zeit er den Friedensschlufs setzt.
Es kann aber gar nicht mehr davon die Rede sein, wenigstens in Be-
zug auf den Anfang des Krieges, den metonischen Cyclus zu Grunde
zu legen; meines theuren Freundes Annahme über die Zeit des An-
fanges des Krieges , den 2l/22n Elaphebolion , ist überdies auch abge-
sehen von dem Cyclus unzulässig, indem der 2l/22e Tag des Monates
zu weit vor dem Neumonde liegt (Cap. 17) ; endlich kann ich mich
nicht überzeugen, dafs er den von Thukydides gemeinten Endpunkt
richtig bestimmt habe. Thukydides sagt ausdrücklich, er rechne fii-
%qi ov v/jy te ccgxriv natktav^av xmv ^A^ip/alcw (die Herschaft der
Athener natürlich, nicht das Archontat) AaTudamovMi nal ot ^f^a-
%0i Hol vic ftax^a re/^i^ ncA xov Hsiffauc xarikaßov. Vom Friedens-
schlufs sagt er kein Wort; Vömel aber setzt (S. 5), die Mauern Athens
seien am 16n Munychion zerstört, der Friede aber etwa 15 Tage vor-
her, um den In Munychion geschlossen, und dies sei das von Thu-
A. Boeckh : zur GescWchle dcfr Mondcyclen der Hellenen. §1
kydides gemeinte Ende des Krieges, bis wohin zu rechnen sei. Diese
Ansicht beruht auf einem eigenlhümlichen Verständnis einer Stelle
des Plularch (Lys. 15), welche nach gewöhnlicher Interpunclion so
lautet: o 6 ovv Avaavdqog dg nagilaßs rag xe vavg andcceg nknif
ifadsna Kai xa Tstxti tc5v ^Ad'tjvalav j szzy inl SsKaty Movwxi.ävog
lirivog, iv y xal ri^v iv ZaXafitvt vav^iaxlav ivUoov zov ßdgßaoov^
ißovlsviSiv Ev^g xal trjv noUrelav ^ezaar^aai. Es ist sowol an sich
als nach dem Sprachgebrauch klar, dafs Plutarch die Einnahme der
Mauern und der FloUe, auch des Piraeeus, auf den 16n Munychion
setzt; dies war eine höchst bedeutende Sache, deren Datum notiert
wurde, es war die eigentliche Besiegung der Athener, daher der Be-
siegung der Meder bei Salamis vergleichbar. Vömel dagegen inier-
punglerl : o d ovv Avaavdqog cog nagilaßs zag te vavg aitaaag nXiiv
Sii8e%a tialric zsl%7i zav A%"rival(ov' Sxzy inl dexa Movvvxtto-
vog fiijvog — ißovXevasv^ sid-vg xal zi^v nohzslav (iszatSz^aai.
Er setzt also, wenn ich recht verstehe, den Plan des Lysander, die
Verfassung zu ändern, auf den 16n Munychion, als ob ein Geschicht-
schreiber je für einen solchen Plan und die zu dessen Verwirklichung
gemachten Anstalten ein Datum anzugeben veranlafst sei. Er setzt
femer diesen Tag als Tag der Zerstörung der Mauern, wovon Plutarch
an dieser Stelle gar nicht redet; davon spricht er erst später. Lysan-
der, sagt Plutarch nemlich, beschwerte sich (nachdem er schon Mauern
und Flotte genommen, was vorher erzählt ist) darüber, dafs die Mauern
dem Friedensvertrag zuwider noch ständen , ungeachtet die für ihre
Schleifung festgesetzte Frist schon abgelaufen sei; erst nachher und
nach mehreren voraufgegangenen neuen Verhandlungen wurden die
IVlauern zerstört und, wie Plutarch sagt, zugleich die Trieren ver-
brannt; und jener Tag, natürlich der Tag dieser Zerstörung, nicht
wie Vömel es zu nehmen scheint, der iSe Munychion, der hiermit
nichts mehr gemein hat, galt den Bundesgenossen als Anfang der
Freiheit: i(Szeq>av(o^iv(ov xal nat^ovcav dfia zav av(ifid%G}v^ mgixel-
vriv xriv i^tiQav aq%ovaav zrig ilev&BQlag. Hierauf wurden die drei-
fsig eingesetzt und was sonst noch folgt. Am 16n Munychion hatte
sich eräugnet, was Thukydides als den Endpunkt bis zu dem er rechne
setzt; seine Worte ra (Aaxga xu%ri xal zov TlBiQaiä xaziXaßov, und
die plutarchischen TtaQsXaße tag vavg ccTtadag nkr^v ötodsTta xai xa
xUjri xav ^A^TivaLcav sind im wesentlichen gleich. Der 16e Munychion
Ist es also, bis wohin man den Krieg nach Thukydides rechnen mufs.
Plataeae ist eingenommen nach uns den letzten Anthesterion Ol. 87, 1,
V. Chr. 431 den 4n April ; das Ende des Krieges ist der 16e Munychion
Ol. 93, 4, nach unserem Cyclus der 25/26e April v. Chr. 404. Also
sind dazwischen verflossen 27 Jahre 21 Tage, was eben nicht viele
Tage (ßinoXXal ri^igaC) sind. Uebrigens würde unser Cyclus der
Lösung der Aufgabe auch dann genügen, wenn man mit Vömel das
Ende des Krieges um den In Munychion setzen wollte. Was den me-
tonlschen Cyclus anlangt, so trifft es sich gerade, dafs auch meto-
nisch der 16e Munychion dieses Jahres der 25/26e April ist, und man
Jahrb. f. class. Philol. Suppl. N. F. Bd. I. 6
82 A« Boeckh: snr Geschtehle der Mondcyelen der Hellenen/
kann ako hier nicht erkennen, ob im Jahr Ol. 93, 4 metonbeh oder
okla^lerisch dauert wurde : ersteres anzunehmen ist aber keine Ver^
aniassung* , da mindestens doeh bis Ol. 92 , 2 einschliefslieh der meto>
ntsche Cyclus nicht galt und die Oktaeleris für lang-e genügte. Be-
trachten wir auch das Verhältnis im Redlichschen Cyclus (Cap. 8).
Diesen habe ich bis Ol. 93, 4 fortgesetzt, gegen des Verfassers Ab-
sicht , da er ihn nur soweit fortselzen wollte als die Einführung des
metonischen Cyclus sicher nicht stattgefunden hatte; sicher war ihm
aber nur, dafs Melons Cyclus bis Ol. 92, 2 nicht eingeführt war. E&
könnte nun doch immerhin jemand glauben, der Rcdlichsche Cyclus
habe noch Ol. 93, 4 gegollcn , und es ist eben darum angemessen, auch
diesen bei dieser Untersuchung in Betracht zu ziehen. Ol. 93, 4 be-
ginnt nach diesem Cyclus den lln Juli v. Chr. 405; wir müssen aber,
um eben diesem Cyclus nicht Unrecht zu Ihun, von Ol. 87, 1 ab noch
etwa 7 nicht in Rechnung gebrachte Zusatzlage zufügen , so dafs Ol.
93, 4 nach dieser Berichtigung um den 18n Juli beginnt: sein l6rMu-
nychion wird also etwa der 25/26e Mai sein. Vom letzten Antheste-
rion Ol. 87, 1, 4n April 431 v. Chr. bis zum 25n Mai v. Chr. 404 sind 27
Jahre 51 Tage, weit ül)er einen Monat, während die überschiefsenden
Tage unter einem Monat betragen müssen (Cap. 17) ; selbst wenn das
Ende des Krieges mit Vömel um den ersten Munychion gesetzt würde,-
betrügen die überschiersenden Tag'e mehr als einen Monat. Es isl
also nicht daran zu denken, dafs die alte, nicht durch Auslassung
eines Schaltmonates rectificierte Oktaeleris in dieser Zeit noch gegol-
ten hätte; spätestens müste der Schaltmonat in Ol. 93, 4 ausgelassen
worden sein. Rinck hat seinen Cyclus an der thukydideischen An-
gabe der Dauer des peloponnesischen Krieges zu prüfen unterlassen.
Er läfst den Krieg, wie wir gesehen haben, frühestens mit seinem
25n Munychion Ol. 87, 1, v. Chr. 431 dem 8n April beginnen; das Ende
desselben ist der 16e Munychion Ol. 93, 4, v. Chr. 404. Das Jahr
Ol. 93, 4 isl bei Rinck ein Gemeinjahr von 360 Tagen und beginnt den
12n Juli ; sein 16r Munychion Ol. 93 , 4 ist also der 23/2ie April v.
Chr. 404. Inzwischen sind 27 Jahre und 15 Tage verflossen: hier
gibt also auch sein Cyclus ein befriedigendes Ergebnis, ausgenommen
wenn man mit Vömel das Ende des Krieges um den ersten Muny-
chion setzt.
19. Die thebanische Burg wurde von den Lakedaemoniem nach
Xenophon im Sommer eingenommen , während die Frauen eine Thes-
mophorienfeier auf der Burg hielten und die Strafsen der Stadt der
Wärme wegen um Mitlag menschenleer waren (Xen. Hell. V 2,29).
Die Thesmophorien , lehrt Rinck (S. 39. 318), seien in Athen zur Zeit
der Wintersaat den 14n — 16n Pyanepsion gefeiert worden , und ohn-
gefähr gleichzeitig zu Theben im Damatrios (wie zu schliefsen aus
Plut. Isis u. Osiris 69) , welcher dem atiischen Pyanepsion entsprach :
der Anfang der Thesmophorien falle im melonischen Cyclus im Jahre
jener^Begebenheit Ol. 99, 2, v. Chr. 383, um von Dodwell nicht zu
\ ■ -
\
A; Boecith: Zur Geschichte 6er Mondcyclen der Wellenen'. S3
reden , nach Idelcr auf den 26n October (nach Ideler beg^lnnt nemlich
dieses Jahr mit dem 16h Juli). Dies passe niche. Nach Rincks Gy-
clus kommt dag^egpen der Anfangs der Thesmophorien in diesem Jahre
auf den 4n öclober jul. oder 29n September gregor. Stils, in welcher
Zeil, sagt er (S. 51), es in Theben recht warm und die Strafsen men-
schenleer sein konnten. Viel scheint nun hierdurch nicht gebessert
zu sein; 8enn Xenophon scheint doch eher von hohem Sommer als
solchem Spätsommer zu reden. So wenig das gesagte zu Metong
Cyclus passl, so wenig passl es an und für sich zu unserer Oktagteris,
in welcher das genannte Jahr auch erst den 15n Juli anfangt. Zu-
nächst ist nun zu bemerken , dafs die attischen Thesmophorien viel-
mehr vom lOn des Pyanepsion ab gefeiert wurden; aber dies hilfl
freilich dem Hauptbedenken nicht ab; Man könnte der Sch^erig-
keit entgehen, wenn man mit Verwerfung der Angabe des Xenophon
dem Arislides (Eleusin. Bd. I S. 258 Jebb) Glauben beimäfse, die Kad-
meia sei an den Pylhien (Tlvd-Ctov ovrcjv) eingenommen worden, wie
Clinton Hiut, der daher diese Thatsache in Ol. 99, 3 setzt: ^ies hat
aber Kruger nicht ohne Grund bedenklich gefunden, und Xenophon«
ausdrückliche Angabe , die Weiber halten Thesmophorien gefeiert (Sta
tro tag ywatnag iv vy KaSfieta d'edfioipoqia^iv) ^ kann doch nicht
so leicht bei Seile gestellt werden. Manso, J. G. Schneider und Sie-
vers (Gesch. Griechenlands vom Ende des pelop. Krieges bis zur
Schlacht bei Manlinea S. 159 f.) haben vermutet, es seien hier nicht
die eigentlichen Thesmophorien des Pyanepsion gemeint, sondern ein
anderes analoges Fest der Demeter und Köre, und SIevers denkt an
die Thalysia , welche unstreitig in dem Monat Theilulhios gefeiert wur--
den, den ich dem allischen Thargelion verglichen habe (C. I. G. I
S. 733 b). Ich gestehe eine Entscheidung nicht geben zu können , da
die Zeilen der Begebenheiten in diesem Theile der hellenischen Ge-
ffchichle sich nicht mit der Genauigkeit scheinen beslimmen zu lassen,
welche zur Losung dieser Aufgabe erforderlich wäre. Bleiben wir
aber dabei , es seien bei Xenophon die Thesmophorien der Thebaner
im Damatrios gemeint, so können wir nach der Oklaeteris die Aufgabe
dennoch um ein kleines besser lösen als Rinck nach seinem Cyclus.
Ich habe nemlich schon früher aufmerksam darauf gemacht, dafs der
boeotische Sehaltcyclus wahrscheinlich von dem attischen verschieden
war: normal entsprach der erste boeotische Monat Bakatios dem at-
tischen Gamelion , aber durch die verschiedene Einschaltung wich er
auf den attischen Poseideon zurück, so dafs der zweite boeotische
Monat Hermaeos auf den Gamelion kam (Abb. von den Dionysien
Cap. 2 in den Sehr. d. Akad. vom J. 1817. C.I. G. I S.732). So fiel denn
der Damatrios auf den atiischen Boedromion, und wurden die Iheba-
nischen Thesmophorien auf dieselben Monatstage, vom lOn ab gefeiert,
so konnten sie Ol. 99, 2 am lOn Boedromion der Athener beginnen,
welcher nach unserer Oklaeteris der 21/22e September jul. oder 16/17e
Sept. gregor. Stils ist, also noch 12 Tage früher, als Rinck nach seiner
Rechnung zu bewerkstelligen weifs. Dies mag wol der Wahrhell
6*
84 A. Bocckh: zur Geschichte der Mondcyclen der Hellenen.
nahe liegen , und man kann gelrost das Bedenken dagegen fallen las-
sen , als ob Xenopbon vom hohen Sommer rede. Nur isl noch zu
überlegen, ob nicht bei dieser Lage der Sache Xenopbon und Aristides
sich vereinigen lassen, was doch sehr zu wünschen wäre. Denn ent-
schliefst man sich die Einnahme der Kadmeia mit Clinton in Ol. 99, 3
zu legen und setzt man mit ebendemselben die Pylhien in den Herbst,
wie die meisten thun , so ist ein AViderspruch zwischen Xenc^hon und
Aristides nicht mehr vorbanden; und da Ol. 99, 5 nach unserer Okta-
eteris schon den 4n Juli (nach Meton nur einen Tag später) beginnt,
so wurde, wenn man die angegebene Verschiebung der Monate in
Ol. 99, 3 statt in Ol. 99, 2 annähme, der erste Tag der Thesmopho-
rien, der lOe ßoedromion, schon mit dem lOn jul. oder 5n greg;or.
September beginnen, womit für die Jahreszeit, in welcher nach Xe-
nopbon die Kadmeia genommen worden, alles was man nur wünschen
kann erreicht würde. Dieser Ansicht steht jedoch zweierlei entgegen :
erstlich ist es nicht wahrscheinlich, dafs die Kadmeia erst Ol. 99, 3
genommen worden ; zweitens würde , wie eine nähere Untersuchung
mich gelehrt hat, aus der in Ol. 99, 3 gesetzten Verschiebung der Mo-
nate folgen, der Damalrios habe öfter dem Boedromion als dem Pya-
nepsion entsprochen , was sich nicht wol annehmen läfst. Ich bleibe
daher bei der auf Ol. 99 , 2 berechneten Losung der Aufgabe. Es
möge noch gestattet sein , hier gegen eine nicht richtig geführte KriUk
Clintons (Fasti HelL from the CXXIV^^ Olympiad to the death of Au-
guslus , 1830. S. 618 f.) eine abwehrende Bemerkung zuzufügen. Ich
habe nemlich auf eben die Art, wie hier der boeoüsche Damalrios auf
den attischen Boedromion zurückgebracht worden, erklärt, wie der
makedonische Loos und attische Boedromion bisweilen dem korinthi-
schen Panamos habe entsprechen können , während normal der korin-
thische Panamos dem makedonischen Panamos und attischen Metageit-
nion entsprochen habe (C. I. 6. 1 S. 734 b). Dieses zurückweichen
oder vorrücken der Monate des einen Mondcyclus gegen die Monate
eines anderen durch VerHchiedenheit der Einschaltung beruht aber
nicht, wie angenommen zu sein scheint, darauf, dafs das Mondjahr
jährlich um 11 Tage zurückweiche und der Schaltmonat es um 18 — ^19
Tage vorwärts schiebe, sondern entsteht einfach dadurch, dafs in dem
einen Cyclus früher oder später als in dem andern ein ganzer Monat
eingeschaltet wird. Um mehr als einen Monat kann also diese Ver-
schiebung nicht hinausgehen. Wenn Clinton gegen mich beweiset,
der makedonische Loos habe sich niemals vom Hekatombaeon über
einen Monat hinaus in den Boedromion der Athener verschieben kön-
nen, so mufs ich mich dagegen verwahren als ob ich das bestrittene
behauptet hätte ; vielmehr bin ich von der Ansicht ausgegangen, die
viele bis auf Ideler und weiter herab angenommen haben, im alten
makedonischen Mondjahre habe der Loos normal nicht dem Hekatom-
baeon, sondern dem BoMromion entsprochen, und folglich der ma-
kedonische Panamos dem attischen Metageitnion (C. I. G. a. a. 0. und
in dem daselbst angef. Anhang zu^ der Abh. über die Midiana). Hier
A. Boeckh: zur Geschichte der Mondcyclen dec HoUenen. 85
gef^en war die Kritik zu richten; da dies nicht geschehen, trifft Cliu-
(oiis ganze Gegenrede meine Erwägungen mdii, die unter dem ange-
tiommenen Ausgangspunkte vollkommen richtig sind, und es ist daher
auch keine Veranlassung gegeben, in eine nähere Analyse der Clin-
(onschen Beweisführung einzugchen.
20. Fassen wir «un zunächst einige Kleinigkeiten zusammen,
die Rinck zur Unterstützung seines Systems nicht verschmäht hat.
Dafs er die bekannte Steile der artstophanischea Wolken daf&r geltend
g-emacht habe, ist oben (Cap. 10) schon erwähnt und gezeigt, daPs
sie gerade gegen dieses System spreche. Ein anderer Punkt ist fol-
gender (Rinck S. 45). In einer sehr allen Inschrift (C. I. G. Nr. 71),
welche ich vor Ol. 83, 3 gesetzt habe, wird der Anfang des Mo-
nates ciQ%oiirji¥la genannt; ^so würde man sich schwerlich aus-
drucken', sagt der Vf. *wcnn der Monatsanfang und der Neumond
zusammenfielen.' Warum denn nicht? Kann man nicht auch * Mo-
natsanfang' stall ^der erste' sagen? Denn vovfitivia ist ein Aus-
druck, der ebensoviel als unser ^der erste' bedeutet, und wenn es
beliebt, kann man statt 'vom ersten ab' sagen: 'vom Monatsanfang
ab'. Der Vf. kann doch nicht geglaubt haben, in der Zeit, in wel-
cher sein Tricesimalcyclus gegolten haben soll, habe man den ersten
gar nicht vov(ifiv£a genannt; den Gegenbeweis liefert gleich die vov«
fiijpia Borfiifo^imvog in einer Inschrift eben dieser Zeit (C. I. G. Nr.
148 $ 7), die er sehr wol kannte. Oder sollte der erste blofs dann
vovfirivla genannt worden sein, wenn am ersten des Monats wirklich
Neumond war , wie im Anfang der vierjährigen Perioden des Tricesi-
malcyclus? Dies behauptet der Vf. nicht; sonst hätte er nicht die
letztere Inschrift (C. I. G. Nr. 148) in Ol. 93, 2 setzen können, wie er
Ihut CS. 54). Von Thukydides behauptet E. H. 0. Müller (de tempore
quo bellum Pelop. inilium ceperil S. 27), er habe unter vav(ifivia nur
den astronomischen Neumond verstanden, der regelmäfsig auf die ?vi}
xal via traf: in der That nennt Thukydides den Neumond nur zwei-
mal als den Zeitpunkt der Sonnenfinsternisse ; indem er aber einmal
diesen Zeitpunkt i/ovfti^v/a %axa CBltlvriv nennt, zeigt er doch eben,
dafs ihm die Benennung des ersten Monatstages durch vovfitivla oder
die vom astronomischen Neumond verschiedene bürgerliche vovpupfia
ganz geläufig war: sonst würde er nicht dieses Kctti aeltivtiv zuge-
setzt haben. In der andern Stelle redet er von einer Sonnenfinsternis
ovbqI vovfiriviav (IV 52), welche Ol. 88, 4 (v. Chr. 404 den 21n März)
eintrat. Rinck legt ein Gewicht darauf, dafs hier nicht Mcva asli^vriP
zugesetzt sei, meint damals müsse der Monatsanfang und der Neu-
mond ohngefähr zusammengetroffen sein, und findet dann dafs nach
seinen Tafeln der le Munychion wirklich auf den 20n März fiel. Es
ist aber unklar, ob Thukydides hier den astronomischen oder bürger-
lichen Monat meine , und dafs der Monat damals ohngefähr mit dem
Monde stimmte , kann man aus seinen Worten nicht mehr schliefsen^
als es ohnehin aus dem Mondcyclus schon folgt, und zu Gunsten des
M A* BoeidUis' zur Gesfebiabt« 4eo Moadeydeo der Heüenen«
Triceiimalcyelas folg! daraus «cht das loindetA«, indem naeh uoaerer
Okiaeleris den SOn März v. Chr. 4M ebenfalls bürgerlicher Neumond,
nemlicb der des ElapheboUon ibL
Scaliger balle für seinen Trioesimaicyelus einen Grund gellend
gemacht, den schon Ideler (II S. 603) widerlegt hat; Rinck foringl ihn
dennoch von neuem vor, und ich widerlege ihn daher von neuem,
um so mehr als Idelers Widerlegung nicht bündig genug ist. Diodor
(XJII 2) erzählt als Anfang des Handels gegen die Hermokoplden, eine
Privatperson habe dem athenischen Ralhe angezeigt, er habe zur Zeit
des Neumondes (ry vavfj^fivla) um Millernacht Leute, unter diesen
den Alklbiades, in das Haus eines Schulzverwandten gehen sehen.
Auf die Frage des untersuchenden Halbes, wie er, da es Nacht ge-
wesen, die Gesichter habe erkennen können , antwortete er, er habe
sie beim Mondschein gesehen. Diodor fügt hinzu : ovvog (liv ovv ctvxov
i^ekiyiag iMt%ei^Bv<S^ivog svqiQ'ti^ ^dieser wurde, indem er sich selber
widerlegte, als Lügner befunden', da er im Neumond die Gesichter
woUle beim Mondschein erkannt haben. Es ist also eine un verzeih*
liehe Nachlässigkeit des Scaliger, wenn er aus dieser Stelle schlofs,
zur Zeit der bürgerlichen Numenie habe der Mond geschienen ; gerade
daran war ja der falsche Zeuge erkannt worden, dafs er an die Nu-
menie den Mondschein versetzte. Rinck meint nun, der Zeuge habe
die Wahrheit genagt und werde nur von einem Diodor, der Mondmo-
nate im Kopfe gehabt, Lügen gestraft. Immer sollen die Leute nach
seiner Annahme etwas falsches im Kopfe gehabt haben, was nur auf
ihn zutrifft. Nicht Diodor, sondern der Rath der fünfhundert hat den
Zeugen, der sich wie falsche Angeber in allen Zeiten in Widersprüche
verstrickte, Lügen gestraft in amtlicher Untersuchung. Genauer noch
erzählt Plutarch (Alkib. 20), einer der Angeber sei befragt worden,
wie er die Gesichter habe erkennen können; er habe geantwortet
^ beim Mondschein (»^^ tiJv üBlrivriv) ' : dadurch habe er alles ver-
felüt; denn es sei gerade evi/ nul via gewesen (d. h. wenn der Ka-
lender richtig ist, astronomischer Neumond); die verständigen Leute
seien durch diese Antwort in grofse Aufregung versetzt worden. Das
ist ein echtes und wahres Den unti ante nstüc kchen , welches damals
grofses Aufsehen erregen nuiste und die üeberlieferung verdiente, die
ihm zu Theil geworden. Ich bemerke noch, dafs zur Zeit jener Be-
gebenheit, Ol. 91, 1 unler Arimneslos, unter welchem derProcess ge-
gen die Hermokopiden den Anfang nahm (Inhalt zu Aristophanes Vögel
HI), der allische Kalender nach unserer Tafel so gut wie der meto-
nisciie mit dem Monde stimmte und also der wahre Neumond kalenda-
risch mit der.fviy x«ri via kaum im Widerspruch sland; was zur Be-
stätigung unserer Construction dient.
21. Rinck (S. 46 ff.) legt ein Gewicht darauf, dais aus seinem
System sich dus ungelöste Problem löse, wie Ol. 89, 1 die Athener
den Spartanern in der Tagzählung der Monate um zwei Tage voraus
sein konnten, indem der 14e Elaphebolion der Athener dem I2n Ge-
A. Boeiskli : zur ClesdUc^e der Mondeycien der UeUoneii. 9B
nsiios der Spartaner gleich stand , während zwei Jahre darauf Ol.
^9, 3 die Spartaner den Athenern um zwei Tage voraus datierten, aber
einen andern Monat hatten, indem der 27e Arlemisios (rixaqtri 9)^/-
ißovxog) der Spartaner dem 35n Elaphebolion {InTtj tp^lvowog) ent-
sprochen habe, alles Jaul Urkunden (Thuk. IV 118 f. V 19), Wir
bestreiten ihm die Lösung aus seinem System nicht; aber es entsteht
für uns die Aufgabe, sie auch aus dem Mondcycius zu leisten. Reden
wir zuerst von den Monaten« Soviel man früher glaubte zu wissen,
so entsprachen sich die attischen und die spartanischen Monate wie
folgt;
Attisch: Lakonisch:
Hekalombaeon Hekatombeus
Meiageilnion Karneios.
Boedromion AM
Pyanepsion ß M
Maemakleriou CM
Poseideon DM
Gamelion EM
Anthesleriou F M
Elaphebolion Artemisicis
Munychion Geraslios
Thargelion GM
Skirophorion . PhlyasioS'
Die unbekannten habe ich mit A — G und M (Monat) bezeichneL Ich
folge im ganzen K. F. Hermanns griechischer Monatskunde (S. 124),
aafser dafs ich, wovon sogleich die Rede sein wird, den Gerastios
und Artemisios umgestellt habe; dagegen hat Rinck (s« besonders
S. 141) den Karneios für den ersten Monat erklärt , so dafs er normal
dem atiischen Hekatombaon , nicht dem Metageitnion entspräche, wo-
für sich allerdings bedeutendes sagen läfst; für die vorliegende Unter-
suchung kommt jedoch darauf nichts an , da die Stellung der Monate,
die hier in Betracht kommen , nicht hiervon abhängt. Der Anfang des
spartanischen Jahres wird gewöhnlich um die Herbslgleiche gesetzt,
seiiDodwell bei Thukydides (V 36) eine Andeutung gefunden zu haben
glaubte, dafs die spartanischen Behörden um diese Zeit ins Amt ge-
treten wären und gewechselt halten; Rinck (S. 47 f.) bemerkt aber
mit Recht, dafs die Worte des Thukydides ihre volle Bedeutung be*
hallen , wenn die Behörden auch schon um den Anfang des olym-
pischen oder attischen Jahres gewechselt hallen: und für unsere Auf-
gabe ist es gleichgillig, wann das lakonische Jahr begonnen habe;
der bequemern Vergleich ung mit dem altischen zu Liebe werde ich
aber in dieser Untersuchung den Anfang desselben um die Zeit des
Anfanges des allischen oder olympischeu setzen. Den Schaltmonat
darf man wie im attischen Jahre in die Mitte stellen (s. oben Gap. 7) :
doch hat auch seine Stelle keinen Einflufs auf diese Untersuchung*
Dafs nun dem altischen Elaphebolion in den Urkunden einmal der la-,
konische Gerastios , das anderemal der lakonische Arteniisios ent-
88 A. Bocckh : Eur Geschichte der Mondcyden derüellenen.
spricht, hat natarlich in der Verschiedenheit der Schaltcyclen beider
Staaten seinen Grund. Die Athener halten, wie aus ihrem gerade
für diese Zeit sehr gesicherten Cyclus erhellt, Ol. 89, 1 vor dem Eta-
phebolion eingeschaltet, und in den beiden folgenden Jahren nicht
eingeschaltet: denn die Behauptung unseres Vf., Ol. 89, 2 sei ihnen
ein Schaltjahr gewesen, ist thalsächlich falsch: dafs bald der Geras-
tios bald der Artemisios der Spartaner dem attischen Elaphebolion
entsprach, jenes Ol. 89» 1, dieses Ol. 89, 3, hat also seinen Grund
darin, dafs die Spartaner in der Zeit vom Elaphebolion jenes bis zum
Elaphebolion dieses Jahres einen Monat eingeschaltet hallen. Hieraus
folgt denn, dafs der Artemisios vor dem Gerastios lag: denn nur
dann konnte die Verschiebung eintreten, welche urkundlich slattgc-
funden hat. Ol. 89, 1 hatten nemlich die Alhener vor dem Elaphebo-
lion eingeschaltet; dieser Monat schob sich daher, da er gewöhnlich
dem Artemisios entsprochen haben muste, herab auf den nächsten
Monat Gerastios ; nachdem aber die Spartaner zwischen dem Elaphe-
bolion Ol. 89, 1 und 89, 3 ebenfalls hinterher eingeschaltet hatten,
schob sich der Elaphebolion wieder auf den Artemisios hinauf. Diese
Ordnung der Monate haben schon E. H. 0. Möller (a. a. 0. S. 26) und
Redlich (S. 64) erkannt. Die spartanische Einschaltung kann, unter
den angenommenen Voraussetzungen des Jahresanfanges und der Stelle
des Schaltmonats, in Ol. 89, 2 oder 3 stattgefunden haben, was bei
unserer Unk)[;nnlnis des spartanischen Schallcyclus nicht entschieden
werden kann, aber für diese Untersuchung ohne Einflufs ist: ich nehme
sie durchaus nur beispielsweise in Ol. 89, 2 an.
Die Verschiedenheit der Tagzählung hat Rinck allerdings mit
Recht als eine schwierige Aufgabe angesehen, und Ideler (1 S. 363)
ist zu leicht darüber hinweggegangen. Ol. 89, 1 zählen die Athener
den Spartanern gegenüber in dem entsprechenden Monat zwei Tage
mehr, Ol. 89, 3 die Spartaner zwei Tage mehr als die Athener, wie
Rinck behauptet. Ein Tag der letzlern ist indes leicht beseitigt. Rinck
setzt die TnccQTfj q>^lvovxog des Artemisios Ol. 89, 3 als den 27n Ar-
temisios ; war aber der Monat ein hohler, so ist sie der 26e Artemi-
sios: denn es isl, wenn nicht erwiesen falsch, doch keineswegs
wahrscheinlich, dafs in den hohlen Monaten die devtsQa <p&ivovtog
nicht gezähll worden sei. Nichts slehl aber entgegen den Artemisios
hier als hohlen Monat anzunehmen, selbst wenn, wie ich allerdings
voraussetze, 01.89, 1 der Arlemisios ein voller Monat war; dieser
"Wechsel hat in den Mondcyden oft slaltgefunden. Wenn die Spar-
taner nach der Regel der Oklaeleris volle und hohle Monate durch
alle Jahre hindurch abwechseln liefsen und Ol. 89, 1 mit dem vollen
angefangen hallen, so drehle sich in den zwei folgenden Jahren durch
die Einschaltung des vollen Schallmonates das Verhältnis um, wie
die unten folgende Tafel zeigt. Für die Erklärung des Unterschiedes
der drei übrigen Tage isl es zweckmäfsig zuvörderst eine Verglei-
chung der athenischen Daten mit julianischen anzustellen. Ich rechne
gewöhnlich zur Bequemlichkeit nach einer festen Regel; ich lasse die
A. Boeekh: zar GeseMdite der Mondeyden der Bdlenen. 89
zwdir Monate des attischen Gemeinjahres, vom vollen anfangend, ab-
wechselnd volle und hohle sein, schiebe den vollen Schaltmonal, wie
sicher geschah, in der Mille ein, aber ohne dafs dadurch die Tag-
zahl der anderen Monate verändert würde, und gebe in Jahren von 355
Tagen den Zusatztag dem Poseideon , der nun aus einem hohlen ein
voller wird. Da wir Ol. 89, 1 bei den Athenern den 16n Juli beginnen
lassen, wäre hiernach Ol. 89, 1 der Beginn des 14n Elaphebolion am
21n April v. Chr. 423, Ol. 89, 3 aber der Beginn des 25n Elaphebolion
am lln April v. Chr. 421, welehes Jahr v. Chr. ein julianisches Schalt-
jahr ist. Das Intervall beider betrüge also , von den terminis a quo
und ad quem nur den einen eingezählt, 721 Tage. Man setze nun,
in Ol. 89, l seien vor dem In Elaphebolion im athenischen Jahre und
vor dem In Gerastios im lakonischen gleich viele Tage verflossen, so
müsle , da der 14e Elaphebolion dem 12n Gerastios gleich ist, das spar-
tanische Jahr Ol. 89, 1 wie das melonische zwei Tage später als das
attische, den 18n Juli begonnen haben, und der 12e Gerastios wäre der
278e Tag des lakonischen Jahres, während der 14e Elaphebolion der
280e des atiischen ist. Ferner setzen wir nach einer Zinsrechnung,
dafs den Athenern Ol. 89, 2 355 Tage hatte, und nehmen dasselbe für
Ol. 89, 3 an, und zwar dergestalt dafs der Zusalztag vor den Elaphe-
bolion Ol. 89, 3 fiel; setzen wir nun, dafs in dem Intervall vom Ela-
phebolion Ol. 89, 1 bis Elaphebolion Ol. 89, 3 die Spartaner keinen Zu-
salztag eingefügt, so war in letzlerer Zeit die Verschiedenheit der
Tagzählung beider Staaten aufgehoben, welche in Ol. 89, 1 vorgekom-
men war. Es bliebe nur noch zu erklären, wie nunmehr bis zum Ela-
phebolion oder Artemisios OL 89, 3 die Spartaner in der Tagzählung
um einen Tag vorauskommen konnten , indem ihr 26r Artemisios dem
I5n Elaphebolion entspricht. Um dies zu erklären , könnte man sagen,
die Lakedaemonier hallen in der Zwischenzeit einen Schaltmonal von
nur 29 Tagen eingeschaltet, so dafs dieses ihr Schaltjahr nur 383 Tage
^habl habe, wie Ideler und Biol ein solches im kallippischen , Biol
und Redlich im metonischen Cyclus annehmen; denn wenn sie nur
einen hohlen Monat eingeschaltet, würden sie, wie man leicht finden
wird, in der Tagzählung des Monates Artemisios Ol. 89, 3 um einen
Tag- haben vorauszählen können. Dies hiefse aber eine grofse Unge-
schicklichkeit voraussetzen. Denn fieng das spartanische Jahr Ol.
89, 1 den 18n Juli an , so waren sie mit dem Monde in Uebereinstim-
mung, und hätten durch die unregelmäfsige Einschaltung eines hohlen
Monates statt des vollen, die berechtigt ist wenn etwas damit erreicht
wird, nur ihr Jahr wieder in Verwirrung gebracht. Diese Hypothese,
80 geeignet sie übrigens zur Lösung der Aufgabe wäre, lasse ich also
bei Seile und versuche eine andere. Bisher nemlich ist vorausgesetzt
worden, in Ol. 89, 1 seien vor dem In Elaphebolion im athenischen
Jahre und vor dem In Gerastios im lakonischen gleich viele Tage ver-
flossen. Statt dessen nehme man an, das altische Jahr habe mit dem
hohlen, das lakonische mit dem vollen Monat begonnen, und volle
und hohle hatten bis zum Elaphebolion und Geraslios nacheinander
M .A. fioeoUi : zur GesehNiit^ 4er Mondeycleja der HeiieoQA.
gewechselt: so waren dann Ol. 89, 1 den Athenern vor dem Eiaphe-
bolioa nur 5 hohle und 4 volle Monate od«r 2^ Tage verflossen, den
Lakonen aber vor dem Gerastios 5 volle und 4 hohle Monate oder 266
Tage. Somit kommt der Anfang des 14n Elaphebolion auf den 20n
April statt auf den 21n, und da der 12e Gerastios dem I4n Elaphebolion
gleich ist, so kommt der Anfang des spartanischen Jahres auf den 17n
Juli Abends statt auf den 18n mit geringer Abweichung von dem er-
scheinenden Neumond, indem der astronomische Neumond den 17n
Juli früh Morgens eingetreten war. Hierdurch vermehrt sich aber
die Tagzahl des vorhin angegebenen Intervalls von 721 auf 722, und
der volle Schallmonat von 30 oder das Schalljahr von 384 Tagen ge-
winnt nun in demselben Platz, welchen es vorher nicht hatte; und
fanden wir vorher unter der Annahme , es seien vor dem Elaphebolion
und Gerastios im attischen und lakonischen Jahre gleich viele Tage
verflossen, dafs die Athener Ol. 89, 1 den Spartanern um 2 Tage vor-
auszählten , so ist für die Jahresanfänge jetzt diese Differenz auf eineu
Tag herabgesetzt, und der 14e Elaphebolion wird jetzt der 279e Tag
des altischen Jahres, während der 12e Geraslios der 278e Tag des
lakonischen bleibt. Zählt man nun nach der vom Anfange des Jahres
Ol. 89, 1 für den lakonischen Kalender angenommenen Regel die vollen
und hohlen Monale durch alle drei Jahre abwechselnd durch, so
kommt man vom Anfang des 12n Gerastios Ol. 69, 1 als Abend des 20n
April V. Chr. 423 ab gerechnet , auf das was erfordert wird , neralich
dafs der Anfang des 26n Arlemisios Ol. 89, 3 auf den lln April v.
Chr. 421 trifft , an welchem nach der Voraussetzung der 25e Elaphe-
bolion Ol. 89, 3 beginnt. Wie sich dabei die vollen und hohlen Monate
im attischen Jahre stellen, bleibt für 01.89,2 und 3 offen, aufser dafs der
Rechnung dem obigen zufolge die Voraussetzung zu Grunde liegt, der
Zusatztag des Jahres Ol. 89, 3 habe vor dem Elaphebolion gelegen;
was beizubehalten ist. Im übrigen kann man die vollen und hohlen
Monale nach Wahrscheinlichkeit und Symmetrie so oder so anordnen.
Auf jeden Fall ist entweder im attischen oder im lakonischen Jahr
anomales zu setzen: hätte dies nicht stallgehabt, so wäre die zu Iöt
tuende Aufgabe gar nicht vorhanden : diese Anomalie nehme ich für
das atlische Jahr an , da dieses damals in einer Umänderung begriffen
war. Unter dieser Annahme ist die Lösung der Aufgabe vollendet.
Um dies anschaulicher vor Augen zu legen, gebe ich hier auf S. 91
«iine Vergleichung des allischen und lakonischen Kalenders für Ol.
89, 1—3.
Ich füge nur noch einige Bemeikungen über die Anlage des at-
tischen Kalenders dieser Jahre bei, der freilich weniger regelmäfsig
erscheint als der lakonische. In dem attischen Jahre Ol. 89, 1, wel-
ches Schalljahr ist, habe ich mit dem hohlen Monat anfangend hohle
und volle bis zum Elaphebolion wechseln lassen müssen ; dann stofsen
zwei volle zusammen : diese Ansetzung scheint willkürlich gemacht,
um die Aufgabe zu lösen. Ich hätte den Wechsel der hohlen und vol-
len, auch bis zum Thargelion laufen lassen köQnen ; dann. wären aber
A. Boeekfa: zur GeseUcbte der Moadcyelea der Beltenejft. tt
Attbcfccc «pd MwdgAcr KricMJer fir OL 89, 1 — S.
Attlscb
Lakonisch
Monat
Anfang: des-
selben
Tagr-
sumrae
Monat
Anfang* des-
selben
Taff-
sunuue
OL S0,1 (V.Chr.
424)
1«. JnU
884
OL 89.1 (v.Chr.
424)
17. JnU
854
Hekatombaeon
10. Juli 424
29
Hekatombeus
17. Juli
30
Metageitnion
14. August
30
Karneios
16. August
29
Boedromion
13. September
29
A M
14. September
30
Pyanepsion
12. October
30
B M
13. October
29
Maemakteriou
11. November
29
G M
12. November
80
Poseideoa I
10. December
30
D M
12. December
29
Poseideon II
9. Januar 423
29
E M
10. Januar 423
30
Gamellou
7. Februar
30
FM
9. Februar
29
Anlhesterion
9. März
^29
Artemisios
10. März
30
Elaphebolion
7. April
30
Gerastios
9. April
29
14. Etapheb.
20. April 423
12. Gerastios
20. April 423
MuDychiou
7. Mai
30
GM
8. Mai
30
Thargelion
6. Juni
29
PhlyasiüS
7. Juni
29
Skiropliorion
5. Juli
30
0L89,2(v.C]ir.
4. Aagast
355
OL.«.^<^v.Ohr.
0. JaU
384
Hekatombeus
6. Juli
30
Hekatombaeon
4. August
30
Karneios
5. August
29
Metageitnion
3. September
30
A M
3. September
30
Boedromion
3. October
29
B M
3. October
29
Pyanepsion
1. November
30
C M
1. November
30
Maemakierion
1. December
29
I) M
1. December
29 .
Poseideou
30. December
30
Schaltmonat
30. December
30
Gamelion
29. Januar 422
30
EM
29. Januar 422
29
Anthesterion
28. Februar
29
FM
27. Februar
30
Elaphebolion
29. März
30
Artemisios
29. März
29
Munychion
28. April
29
Gerastios
27. April
30
Thargelion
27. Mai
30
GM
27. Mai
20
Skiropliorion
26. Juni
29
Phlyasios
25. Juni
30
OL «9. 3 (y. CHT.
OL 89, 3 (V. Ohr.
422)
422)
25. JnU
355
25. JnU .
354
Hekatombaeon
25. Juli
30
Hekatombeus
25. Juli
20
MeUigeitniou
24. August
30
Karneios
23. August
30
Boedromion
23. September
29
AM
22. September
29
Pyanepsion
22. October
30
B M
21. October
30
Maemakterion
21. November
29
C M
20. November
29
Poseideon
20. December
30
DM
19. December
30
Gamelion
10. Jan. 421 b
30
•E M
18. Jan. 421 b
29
Anthesterion
ISJ'ebruar
18j^ärz
29
FM
16. Februar
30
£]aphebolion
30
Artemisios
17. März
29
25.Elapheb.
11. April 421
26. Artemisios
11. April 421
Munychion
17. April
29
Gerastios
15. April
30
Thargelion
16. Mai
30
GM
15. Mai
29
Skiropüorion
15. Juni
29
Phlyasios
13. Juni
30
Ende des Jahres Ol. 89, 3 12/13.
Juli V.
Ende des Jahres Ol. 89, 3 13/14
Juli V.
Chr. 421. — Aufang: des Jahres
1. 89, 4
Chr. 421.
13/14. Juli V. Chr. 421, oder wenn
der Vor-
Anfang- des Jahres Ol. 89, 4 14
V. Chr. 421.
/15. Juli
letzte Monat 30 Tag^e erliiell und das
Tagre, ersteres 13/14. Juli, dieser 14/
jahr 355
15. Juli,
wie im attischen
Jalire.
tS A. Boeckh: cur Geschiciilc der Mondcyclen der HeHeaen.
an der Grenze dieses und des folgenden Jahres, nach der von mir
beabsichtigten Anordnung des letzteren, 4 volle Monate zusammenge-
kommen , was ich vermeiden wollte. Es hat wol kein Bedenken , den
angenommenen Wechsel der hohlen und vollen Monate in dem Schalt-
jahre anzunehmen, wenn auch dadurch der eigentliche Schaltmonat
Poseideon II ein hohler wird: vielmehr ist dies sogar nach der eigent-
lichen Regel der alten Oktaeteris, da in ihr die vollen und hohlen
Monate stets abwechselnd aufeinander folgen sollen. Mctons sech-
zehntes Jahr ist dem von uns hier angenommenen sehr ähnlich. Es
ist denkbar, man habe den Wechsel so lange andauern lassen, bis das
zusammenstofsen zweier vollen Monate unvermeidlich war ; und dies
trat mit dem Elaphebolion und Munychion ein , vorausgesetzt dafs die
Jahre Ol. 89 , 2 und 3 so sollten geordnet sein , wie ich sie geordnet
habe, und dafs man das zusammenstofsen von 4 vollen Monaten an
der Grenze der Jahre Ol. 89, 1 und 2 vormeiden wollte. Die bei-
den folgenden Jahre Ol. 89, 2 und 3, beide von 353 Tagen, habe ich
ganz gleichmäfsig eingetheilt, nicht eben unsymmetrisch. Ich lasse
sie '<mit zwei vollen Monaten beginnen , wodurch nun allerdings ent-
steht, dafs an der Grenze von Ol. 89, 1 und 2 drei volle Monate auf-
einander folgen. Das kann freilich in einem geordneten Cyclus, des-
sen Monate mit den natürlichen stimmen, nicht vorkommen; aber in
einem gestörten , in weichem die bürgerlichen Monate nicht mit den
natürlichen übereinstimmten, hat diese Folge nichts gegen sich, weil
eine Störung der Ordnung nicht dadurch entsteht, indem die Ordnung
gar nicht vorhanden war ; vielmehr war die Häufung der vollen Mo-
nate in diesem Jahre gerade ein Gorrecliv, vermöge dessen man um
so eher wieder mit den natürlichen Monaten inUebcrein^timmung kam.
Die Symmetrie in der Anordnung der Monate besteht übrigens darin,
dafs erst ein voller Monat vorgeschlagen wird, und diesem dann
zwei Dyaden von 30 + 29 Tagen folgen, und hiernächst wieder ein
voller Monat vorgeschlagen ist, welchem drei Dyaden von gleicher
Art folgen. Schliefslich brauche ich kaum zu sagen, dafs ich nur
eine Probe davon geben wollte, wie die Aufgabe gelöst werden
könne ; denn für eine geschichtlich sichere Lösung fthlen mehrere
der erforderlichen Daten, und es lassen sich auch andere Möglich-
keiten der Lösung denken, obgleich ich eine bessere nicht wüste.
22. Zur Rechtfertigung seines Systems hat Rinck (S. 51 ff.)
auch die in den Inschriften vorkommenden Angaben über die Pryta-
nien in Betracht gezogen. Was die späteren Zeiten betrifft, in wel-
chen nach dem melonischen Cyclus gerechnet werden kann (vgl. Rinck
S. 57, auch S. 36), so kommen diese für sein System nicht in Be-
tracht, und ich übergehe daher, was er darüber gesagt hat, da es
ohnehin nicht erheblich ist und von andern längst erörtert : ich berück-
sichtige nur, was er über einige ältere Inschriften gesagt hat. Er ac-
commodicrt die Angaben , welche darin vorkommen , seinem System ;
sie betreffen meist Zahlungen , die sich auf Feste beziehen oder dar-
A. Boeckh: zur Gesohtchte der Mondcyclen der Hellenen. 98
auf bezogen werden können. Man kann hier fast niemals wissen, ob
voraus- oder nachbezahlt worden; daher haben diese Angaben, selbst
wenn sie genau sind, was sie nicht alle sind, geringen Werlh für die
Zeilrechnung. Doch findet der Vf. besonders in der Schatzurkunde
von Ol. 92, 3 (C. I. G. Nr. 147. Staalsh. d. Alh. II S. 18 ff.) manches
für die Feste und. sein chronologisches System beachtungswerthe. Was
er hier wahres beibringt, ist nicht neu, obgleich es wie neues gege-
ben ist, und was er neues sagt, ist nicht wahr oder nicht bewiesen.
Die Zahlung in der zweiten Prylanie für die Hekatombe hatte ich mit
Barthelemy auf die grofsen Panalhenaeen bezogen; dagegen macht
Rinck gellend , ich führe selbst an , dafs nach Aristoteles die &^09roiol
xcrr' iviavTOv nichts mit den Panalhenaeen zu thun gehabt hätten,
verschweigt aber, wie ich meine Meinung mit der Ueberlieferung
glaube vereinigen zu können. Meiner Meinung ist auch Meier (Ency-
ciop. der Wiss. u. Künste III 10 S. 293) beigetreten, und sie hat ihre
gute Begründung darin, dafs unmittelbar vorher die grofsen Panalhe-
naeen genannt waren. Aber Rinck behauptet, die Hekatombe der Pan-
alhenaeen , hier noch gar der grofsen , sei keine drj^ioreJi'qQ gewesen,
sondern eine örjfiouKi^y wozu jeder Gau 'für die Beschaffung der Rin-
der sorgte: wie konnte er sieh doch vorstellen, dafs für dies Haupt-
fest des gesamten attischen Staates die Gaue Sorge getragen, nicht
der Gesamtstaal? Hier seheint ein Misverständnis Anlafs des Ir-
thums : die Tochterstädte Athens sandten einen Stier und andere Opfer-
thiere zu den Panalhenaeen (Schol. zu Aristoph. Wolken 385) , wovon
der Beschlufs für Brea ein Beispiel gibt; Rinck verwechselt die Colo-
nten mit den Gauen und deren Opfer mit der Staatshekatombe. Auch
ist ihm die Ausgabe für eine Hekatombe von Stieren zu klein ; es sollen
nur Schafe und Ziegen gewesen sein. Ich mufs auch diesen Grund
bestreiten, wenn ich einen Blick auf meine Berechnung des Werlhes
dieser Opferthiere werfe (Staatsh. d. Alh. I S. 105). Und ferner, wo-
her wissen wir denn, dafs die Ausgabe, welche in der Urkunde vor-
kommt, nicht blofs ein Zuschufs gewesen? Ueberdies zieht der Staat
das Haulgeld von dem Opfer der Panalhenaeen (Staatsh. d. Alh. II S.
130): wird er denn die Häute der Opferthiere beansprucht haben,
welche von den Colonien oder Gauen geliefert waren? So unbedacht
wirft Rinck das unhaltbarste gegen seine Vorgänger hin, Gründe um
deren willen es wahrlich nicht lohnte, dafs er Vermutung über Ver-
mutung ausdachte, wofür wol jene Hekatombe bestimmt gewesen (S.
62. 117. 318). Demnächst gehl er darauf über, dafs in der 3n, 4n und
6n Prylanie Diobelie (Theorikon) bezahlt worden; er weist die Feste
nach, wofür diese bestimmt gewesen, die Eleusinien, die Apalurien,
die ländlichen Dionysien, die ich alle schon ebenso nachgewiesen
und an die gewöhnliche Zeitrechnung vollkommen passend angeknüpft
hatte, so dafs diese Nachweisungen für sein System nicht das min-
deste austragen. Ferner heifst es (S. 53)5 *in der sechsten Prylanie
wird die Bestimmung der Ausgaben nicht näher angegeben , aber ein
Schatzmeister' (Hellenotamias) *Thrason erscheint am neunten Tage
M A. Bocekh : zur Geschichte der Mondcyelen der Hellenen.
als Empfänger von mehr als 9 Talenten» (ich finde nur 3* 1083* 2*),
• und eben derselbe empföngt in der siebenlen Prylanic das Theater-
geld rar die Chytroi ; so dars wir eine nachträgliehe Aasgabe für die
ländlichen Dionysien annehmen dürfen/ Verstehe ich recht, so wird
leise angedeutet, die Zahlung der angeblichen 9 Talente in der 6r\ Pry-
tanie sei für Diobelie oder Theorikon geleistet, weil derselbe Hellene-
tamias sie erhebt, der in der 7n Prylanie Zahlung für Diobelie erhält.
Welch ein Schlufs ! Ein ganz gleicher kehrt jedoch bald nachher (S.
53 unten) wieder. Uebrigens steht in der Urkunde kein Wort davon,
dafs die in der 7n Prytanie zur Diobelie erhobene Summe für die Chy-
Iren bestimmt gewesen : dies hat der Vf. aus eigner Weisheit zuge-
setzt. Die angeblichen 9 Talente , welche in der 6n Prytanie bezahlt
worden, die aber gar nicht als bestimmt für die Diobelie bezeichnet
sind, sollen nur darum, vermute ich, Nachzahlung für die ländlichen
Dionysien sein , damit sie nicht etwa für die Lenaeen des Gamelion
bestimmt scheinen möchten ; denn diese übergeht Rinck , weil er aus
Gründen, deren Beseitigung ich nicht für dringend halte, die Lenaeen
für den ersten Anthesterienlag (die Pilhoegien) nimmt. Noch merk-
würdiger ist, was über die 7e Prylanie gesagt wird: *in der sieben-
ten Prytanie wurde das EintriUsgeld ins Theater am 5n und 7n Tage
abgegeben. Diese treffen pünktlich mit dem ersten und letzten Tage
der Anlhesterien * (Tlt^olyicc und Xvxqoi), *dem lln und 13n Anlhes-
terion zusammen, und die Auszahlung geschah an dem Tage des
Bedürfnisses, nicht vorher und nicht nachher. Böckh S. 17 meinte
bei der hergebrachten Einlheilung der Prytanien nach dem Mondjahre,»
das Datum der Inschrift sei der 8e und lOe Anthesterlon. Der Slreit,
ob an den Chylren Schauspiele gegeben wurden oder nicht, worüber
sich Böckh (Unterschied der att. Lenaeen etc. S. 50 f.) verbreilet,
wird somit geschlichtet. Dafs man auch an dem Pilhoegialage ' (vgl.
die Verbesserung S. 318) * dramatische Stücke aufführte, wüste man
bisher nicht, wir lernen es aus der richtig verstandenen Inschrift.'
Unbegreifliche Behauptungen und Folgerungen! Der Vf. deutet an,
dafs auch ich die in der 7n Prylanie vorkommende Diobelie auf die^
Anlheslerien bezogen habe; alles andere, was er hinzugefügt hat, ist
null und nichtig. Gerade das, woraus er sein chronologisches System
beweisen will, dafs die Auszahlung der für die Diobelie bestimmten
Gelder an die Behörden , welche die Bezahlung der Diobelie zu besor-
gen haben, nach seinem System auf die Tage Fallt, für welche die
Diobelie geleistet wird, auf die Pithoegien und Chytren, beweist viel-
mehr gegen als für sein System; schwerlich werden die Schatzmeister
der Athenaea, aus deren Kasse das Geld an die mit Bestreitung der
Diobelie beauftragte Hellenotamienbehörde gezahlt wird, an dem ho-
hen Anthesterien feste ihre Kasse offen gehabt haben ; und die Geld-
verlheilung erforderte so viel Vorbereitung , dafs das zu verlheilende
Geld doch mindestens einen Tag vor dem Feste aus drm Schatz er-'
hoben sein musle , falls es nicht von den Hellenotamien vorschufsweise
bezahlt und erst nachträglich erstattet wurde ; ja es läfst sich kaum
A. Boeckh : zur Gesehichte der Mondcyclen der Aellencii. 99
anders annehmen als dafs die Vierlheilung selber schon vor den
Festen geschah, zu deren Feier die Diobelte den Bürgern gegeben
wurde. Denn dafs es sieh hier blofs von dem Einlriltsgeid für das
Schauspiel handle , ist wieder nur eine eitle Voraussetzung. Während
Rinck aus diesen Zahlungen fQr Diobelie den Beweis gefahrt zu haben
sich einbildet y dafs an diesen Anthesterientagen , den Chytren und
Pithoegien , Schauspiele gegeben wurden , vernichtet er selber durch
die beigefügte in der Wahrheil beruhende Anmerkung seinen 'Beweis ,
indem er sagt : * auch wurde das Theorikon nicht blofs zu Schauspie-
len gegeben, sondern zu Feierlichkeiten überhaupt, um sich gütlich
zu Ihun.* Selbst also wenn bewiesen wäre, was nicht bewiesen ist,
dafs jene beiden Zahlungen für Diobelie gerade für die Chylren und
Pithoegien gemacht worden , wäre dadurch nicht gezeigt , dafs an
diesen Festen Schauspiele gegeben wurden , und es ist eine unbcson-*
nene Rede, wenn er sagt, er habe den Streit hierüber, ob dies statt-
fand oder nicht, geschlichtet, und wir lernten aus der von ihm zuerst
richtig verstandenen Inschrift, dafs an den Chytren Schauspiele aufge-
führt wurden. Weit entfernt dafs wir dies lernten, lernen wir aus
der Inschrift gar nichts , als dafs in der 7n Prytanie zweimal aus dem
Schatze Geld zur Diobelie erhoben worden, nicht als ob diese Zah-
lungen zu verschiedenen Diobelien bestimmt wiren, sondern sie kön-
nen für eine und dieselbe sein, indem die Zahlungen aus den intcHotig
in zwei Posten geleistet waren, je nachdem Geld disponibel war; und
wir können aus den Daten der Zahlung vermuten, dafs diese Diobelie
zu den Anlhesterien gegeben wurde; dafs aber Diobelie oder Theori-
kon für dieses Fest gezahlt worden, das ist etwas was wir langst
wüsten , wenigstens in Bezug auf dessen mittleren Tag , die Choen
(Staatsh. I S. 229. 317). Unser Vf. ist mit Schauspielen sehr freige-
big. So findet er (S. 238) keinen hinreichenden Grund , Schauspiel-
aufführungen an den Panathenaeen zu bezweifeln , und er beweist
diese aus guten Gründen bezweifelte Sache aus einem bekannten
Volksbeschiufs bei losephus (Antt. lud. XIV 8,5): es lohnt sich aber
nicht der Mühe zu zeigen, dafs in demselben nicht steht, was Rinck
darin findet. In der 8n, 9n und lOn Prytanie ist von keiner Zahlung
angegeben, sie sei für Feslfeier oder Diobelie geleistet; <fer Vf. hat
sich daher vergebliche Mühe gegeben nachzuweisen, wie die Zah-
lungen unter Voraussetzung seines Cyclus und seiner Annahmen über
die Zeit, wann die Feste gefeiert wurden, mit dieser Zeit übereinstim-
men. Er setzt hierbei die kleinen Panathenaeen dem Proklos folgend
in den Thargelion und gibt dafür später (S. 231 f.) die Beweise mit
aller der Zuversicht, welche den Mangel an genauer Sachkenntnis zu
begleiten pflegt. So setzt er den im Anfange der platonischen Re-
pablik erwähnten Fackellauf an die kleinen Panathenaeen, ungeachtet
aus Piaton selbst (Rep. I gegen Ende) feststeht, dafs die Scene des
Tags zuvor gehaltenen Gespräches , welches Sokrates am folgenden
Tage seinen Freunden wieder erzählt, an den Bendideien, nicht an
den kleinen Panathenaeen ist und also an jenen der Fackellauf gehal-
M A. Boeckh: cur GesdiidKe der liondeycleii derHelkneii.
Ion war, dessen Sokrales erwähnt. So kann er denn auch dem Seho-
liasten des Plalon (S. 395 Bekk.) die thörichle Behauptung glauben,
dafs die kleinen Panathenaeen im Piraeeus gefeiert worden, und dar-
auf fufsend bemerken, die Zeit des Thargelion, ohngefähr Mai, in
welcher dieser Seehafen sehr belebt war , habe für die Festfeier am
geeignetsten erscheinen müssen. Der Scholiast ist zu diesem Irlhum
dadurch gekommen, dafs er wie Rinck glaubte , die Scene des von
Sokrates erzählten , einen Tag vorher, gehaltenen Gesprächs sei an
den kleinen Panathenaeen , wie der Scholiast selber vorher bemerkt
Uebrigens hat dieser Scholiast das meiste aus dem Proklos (zum Tim.
S. 36 f.) geschöpft, aber dieser Irlhum ist in seinem Haupt entsprun-
gen ; denn Proklos setzt nur des Sokrates Wiedererzählung des am
vorhergehenden Tage gehaltenen Gespräches auf die kleinen Panathe-
naeen, nicht aber das Tags vorher gehaltene Gespräch, von dem er
wol weifs , dafs es Tags zuvor an den Bendideien gehallen war , die
er freilich fälschlich fQr den Tag vor den kleinen Panathenaeen hielt;
und von den Bendideien sagt er, sie seien im Piraeeus gefeiert wor-
den. Gleich ungrQndlich und unüberlegt sind die Erwägungen des Vf.
über ein für die Zeit der kleinen Panathenaeen in Betracht kommendes
Bruchstück einer Inschrift , in welchem ein Abschnitt aus der General-
abrechnung des Vorst^ers der öffentlichen Einkünfte enthalten ist (C.
I. G. Nr. 157. StaaUh. d. Alh. U Nr. VIII der Beilagen). Der hierin
vorkommende Artikel ist ein Verzeichnis der Einnahmen aus dem
Hautgeld iSsQfiatinov) unter dem Archon Nikokrates Ol« 111, 4, d. h.
aus dem Erlös der Felle und des übrigen Abfalls von den Opferthie-
ren , die der Staat dargebracht hatte (a. a. 0. $ 3 Staatsh. II S. 130).
Leider ist in der Inschrift nicht mehr erhalten, wer dieses Hautgeld
von den Panathenaeen eingezahlt; ich habe wie in der Schatzur-
kunde von Ol. 92,3 die jährigen Opfervorsteher angenommen, und
dafs die Ergänzung ytaga [kQonoimv xar' || ivi€evro]v über die ge-
wöhnliche Länge der Zeilen hinausreicht, spricht dagegen nicht, wol
aber ist die Ergänzung Ttaga [ßoioväijv zu kurz. Rinck will diese
Boonen als die zahlenden angesehen wissen , und da er diese zugleich
für Feldherrn hält, könnte jemand glauben, man könne auch na^a
[axQotriymiv schreiben, was der Form der Inschrift genügen würde.
Doch hiervon nachher; es fragt sich erst, wann die Einzahlung er-
folgt sei. Die Einzahlung vom Haulgelde aus den kleinen Panathe-
naeen ist gleich im dritten Posten des Jahres vermerkt , und die Posten
folgen sich nach der- Zeitordnung der Feste (a. a. 0. S. 122); daraus
schliefse ich, die kleinen Panathenaeen seien bald nach dem Anfange
des Jahres , etwa gegen Ende des Hekatombaeon gefeiert worden.
Dagegen bemerkt nun der Vf., nach einer Inschrift (Staatsh. d. Ath. II
S. 35) hätten die Schatzmeister der Athenaea von Ol. 91 , 2 am 30n
der ersten Prytanie (30n Hekatombaeon) 9 Talente den Hellenotamien
vorgestreckt, und diese haben das Geld erst am 20n der zweiten Pry-
tanie (nach Rinck am 26n Metageitnion) an die Athlotheten zu den
kleinen Panathenaeen abgegeben. * Wenn der Schatz so lange hinter-
Mi BbMUi 1 ixxw GaMWohiö M MMfcyol^if «der Mlteiien/ 0^:
dreiii*8«iiie-Z«Bciite9e veräbreiehfe, so koniHe er'wol auch tfautgi^ld^
Yon 4m FeldherfD-tm Hekatombaeon ^rst «mpfang^en, wenn gleich di«>
Opfer schon am 90n Thar^elion dargebracht waren. Das Verzekhni»
der Eirniakme richtete sich nldit nach dem Datum der EIniieferong des
Geldes. Die Stadt verpachtete nemlich die Anschaffung der Opfer*
thiere an sogenannte ßornuai, und erwählte hierza meistens Feld«
h«rm/ Hiernach also sollen die Schatzmeister der Athenaca in Of.
91, 2 im Hekatombaeon Geld an die Hellenotamien geliehen haben,
welches für die Feier der kleinen Panathenaeen im Thargelion, in dem
voffletsten Monat von Ol. 91, 1 bestimmt war, und diese Heilenota*
mien, natörlioh die von Ol. 91, 2 sollen dieses Geld im Metageitnion
Ol. 91» 2 zu derselben Feier vom Thargelion Ol. 91, 1 an die AthlO'-
theten bezahlt haben. Eine grörsere Verschleppung der Zahlung kann
man kaum ausdenken. Angeblich im Thargelion Ol. 91 , 1 besorgen
die Athiothelen die kleinen Panathenaeen ; das Geld dazu hatten die^
HeUenoftamien desselben Jahres zu liefern : sie liefern es aber bis zu
Ende des Jahres nicht. Mit Ende dieses Jahres gieng ihr Amt za^
Eade , und sie musten innerhalb der nächsten 30 Tage nach Ablauf
ihres Amtes Rechenschaft ablegen ; werden sie denn nicht vor Ab-*
lauf ihres Jahres an die Alhlotheten zu zahlen gesucht haben, um (
naehzuweisen, dafs sie, was sich gehorte, das Geld für die Panathe- .
naeen an die Athiotheten bezahlt hatten? Waren gleich die Alhlothe-
ten vierjährig , werden sie nicht am Jahresschfufs ihre Rechnung ha* '
b^ in Ordnung bringen müssen , und also das Geld von den Heklenö-
tamien gefordert und die für die Panathenaeenfeier eingereichten Rech*'
nttBgen der Privaten bezahlt haben? Doch das soll altes nicht ge* •
sehehen sein, es sollen vom 20a Thargelion Ab bis zu Ende des Jah«
TtSf also in 40 Tagen, die Athiotheten keine Zahlung verlangt haben;
se werden dodi die mit Anfang von Ol. 91, 2^ eingetretenen Hel»>
lenotamien das rückstandige bald an die Athlolheten bezahlt haben.^
Keineswegs! Es vergehen wieder volle 30 Tage; erst dann erhaltem.
sie von den Schatzmeistern der Atibenaea leihweise , was ihre Vor-»
gteger oder sie selber längst von diesen hätten erhalten können^ deren -
Kasse doch nicht so schlecht bestellt sein konnte, dafs sie in so langer
ZeH nicht für die hochhe'digen Panathenaeen 9 Talente hätte anfbrin*
gen können; und nadidem die Hellenotamien das Geld Erhalten, war-
ten sie trieder etwa 26 Tage , ehe sie an die Alhlotheten zahlen : diese
etiudten also etwa 95 Tage von der Feter des Festes ab das' dafüf
verwandte Geld in einem andern Rechnungsjahre als wohin die* Aus-
gabe gehörte. Es könnten allerding» ^|inte Nachzahlungen vorkonv
men, selbst auf einem früheren Jakire beruhende, wie die Zahlung:
einer bedeutenden Summe an die vorjährigen Hellenotami'en von den
Schatzmeistern der Athenaea des Jahres Ol. 89, 1 (Schatzurkunde in
den Sehr. d. Akad. vom Jahr 1846 Z. 26), und man kann die Veran-
lassungen dazu unmöglich ermessen; aber der Fall» von welchem es-
sich hier handelt, gehört in den Kreis der gewöhnlichen laufendi^n
Varwallang, wo solche Verschleppung am auffallendsten isty und wie
imhrb. f. class. Philol. Sappl. N. F. Bd. I. 7
98 A*Bo6cUi:Mar6eMttehleittMdnafey^0R derH^alfeife
viel einfacher ist alles, wenn die kleinen Panathenaeen gegen Ende
des Hekalombaeon gefeiert wurden. I)a borgten sieh die Hißlieftola-^
mien wenige Tage nachher gleich was sie für die berorsteheiiden Li*
quidationen nöthig hatten : verzögerte «eh die Erhebung des Geldea
von Seiten der Athlotheten nachher etwa 26 Tage, so hatten die
Athlotheten eben von den Privaten, an die sie für Leistungen zu den
kleinen Panathenaeen zu zahlen halten , die Liquidationen nicht eher
zusammengebracht, und die Zahlung halte nicht gedrängt, weil der
Jahresabschlufs in weiter Ferne lag. Mit dieser Sache hat das von
Rinck verglichene nicht die mindeste Aehniichkeit, dafs nemlich das
Hautgeld von den zur Ablieferung an den Staat verpflichteten erst
im Hekatombaeoin Ol. 111, 4 bezahlt sein soll, ungeachtet das Opfer,
au» welchem es entsprungen war, schon den aon Tharg^lion, im vor-
letzten Moittt des vorhergegangenen Jahres dargebracht war. "Wer
fflfi den Staat zu zahlen hal, ist von dem Zeitpunkt an, da das Geld
ßiUig ist, thatsächlich Slaatsschuldner und der Atimie verfallen; man
lahlt also prompt, wenn man irgend dazu im Stande ist: vollends aber
wird man nicht eine Zahlung, die schon im vorhergehenden Jahre
fällig war, erst im folgenden zahlen, da die einnehmende Behörde
mittlerweile ihre Abrechnung am Jahresschlufs machen mufs und die
Zahlung in das Jahr gehört, dessen Rechnung zu sehliefsen ist. Wie
alle Rechnungen, so wurden die Rechnungen über das Hautgeld jähr-
lieh abgeschlossen, wie die vorhandenen Bruchstfioke zur Genige
zeigen : wie konnte sich denn der Staat gefallen lassen , dafs die Zah-
lung desselben in ein anderes Jahr veirsehoben wurde als das , worin
es fallig war? Ueberdies ist das Hautgeld vom Friedensopfer des
16n Hekalombaeon Ol. 111, 4 schon als bezahlt vermerkt, ehe das
Hautgeld von den kleinen Panathenaeen als bezahlt vermerkt' wird
(a. a. 0. S 3, 1 6. 130); wie soll man glauben, wenn letzteres au»
dem vorhergehenden Jahre hergerührt hätte , würde es in der Reeh-
nnng aufgeführt sein , ohne dafs zu Ix Ilava^fivtdmv zugesetzt wäre
TcSv iyel KtrfiixXiovg &Q%ovrogl Noch ist im Verfolge des obigen z«
erwägen, wer die sind, welche das Hautgeld von den kleinen Pan-
athenaeen bezahlt haben. Es sind Unternehmer, sagt unser Vf., die
sogenannten ßoeavai, wozu man gewöhnlich Feldherrn wählte. Ge-
setzt es seien Unternehmer, so trifft sie, falls sie an den Staat Zah-
lungen zu leisten hatten, alles das, was ich von denen gesagt habe,
die nicht rechtzeitig an den Staat zahlten. Aber die ßoinvm sind nieht
Unternehmer, sondern hohe Staatsbeamte, die zur rechten Zeit wer-
den gezahlt haben, um nicht als ixtiuoi betrachtet werden zu kön-
nen. Dafs die ßomycci nicht Unternehmer, sondern hohe Beamte sind,
konnte der Vf. schon daran merken, dafs sie, wie er^ richtig sagt,
gewählt wurden: ja' man legte auf die Wahl zu diesem Amte einen
besonders, grofsen Werth (Staatsh. d. Ath. I S. 303). Getvisse hohe
Staatsbeamte wurden gewählt, d.h. durch Cheirotonie ernannt; Unter-
nehmer wählt man nicht , sondern verdingt in einem dazu anberaum-
ten Termin die Leistung an denjenigen der sich anhietenden, der die
A« Aoeetii: mr G«MlMile derllöniejfete der HeUäie^ 9$
beste Leistung am billig^sten zu machen übernimmt. Weil die Boo-
nen Beamte sind, zahlen sie auch den Ueberschufs vom Stierankauf
(vo TUi^yBvoiüvov ano %^g ßowvlas) an den Staat zurück (a. a. 0.
S 2 S. 119) : der Unternehmer steckt den Ueberschufs in seine Tasche.
UadFeidherra seilen diese Unternehmer meist gewesen sein! Hohe
Staalsbeamte zugleich Unternehmer! Und diese Unternehmer soUea
Hautgeld aa den Staat zahlen ! Dem Unternehmer kommt die Haut
ttebst ihrigem Abfall von den Opferthieren entweder zu oder nicht,
je aaeh dem Coatract. Kommt sie ihm zu, so ist sie sein Eigenr
ihnm und er hat nichts dafür an den Staat zu zahlen; kommt sie
ihm nicht zu, so hat er wieder nichts dafür zu zahlen, sondern der
Staat verkauft die Häute nebst Zubehör durch seine Behörden, und
diese zahlen den Erlös ein, wie in den zahlreichen Fällen, die uns
in den erhaltenen Bruchstücken überliefert sind, die Behörden das
Hautgeld einzahlen, gleichviel ob das Opfer verdungen war odejT
aicht (wiewol ich ersteres nicht glaube, vielmehr von den Boonea
klar ist, dafs sie die Opferthiere selbst ankauften). Hieraus erhelU
denn zugleich, dafs, wenn etwa die Feldherrn das Hautgeld voa
den kleinen Panathenaeen zu zahlen gehabt halten, sie es nur aU
Beamte hätlea zahlen können; man wird aber nicht einsehen, wi«
gerade diese Behörde hätte dazu kommen sollen, dieses Opfer zu
besorgen.
Wahrlich eine undankbar^ Arbeit, die wirren Vorstellungea
eines mit grofsem Selbstgefühl und Anspruch auftretenden Mannes
auseinander zu klauben und seine mit Kunst und teuschendem Schein
dargdegten Vorspiegelungen in ihr nichts aufzulösen ! Was der Vf.
noch über die Vertheilung der Prytanien in dem Jahre Ol. 93, 2 mit
Bezug auf die Baurechnung vom Poliastempel und auf eine andere
Inschrift (C. L G. Nr. 148), die er in dasselbe Jahr setzt, beige-
bracht hat (S. &4 f.) , kann ich füglich übergehen. Was über diese In-
fiehriAen zu sagen ist, hat oben (Cap. 10 h und t) eine passendere
Stelle gefunden, und es versteht sich von selbst, dafs die langen
Jahre des Rinckschen Tricesimalcyclus Raum genug darbieten^ um
längere Prytanien mit Leichtigkeit unterzubringen, dafs man Naber
nicht aus den Angaben dieser Inschriften über die Prytanien irgend
einen Cyclus entwickeln oder entscheidend bestätigen kann.
Anhang.
In vorstehender Abhandlang habe ich gesagt (Gap. 6 su Ende),
i^ gebe meine ganze AusfOhrung preis, wenn die angenommeiia
iGrondiage unter den FOfsen weggezogen werde, uemlieh die, dafs
ider melonische Cydus nicht von seinem Anfange ^ Ol. 87 t 1 ab w
Athen eingeführt worden, wobei zugleich die Richtigkeit der Coo-
atruction desselben vorausgesetzt wird, welche seit Ideler gilt nad
die von mehreren in den wesentlichsten Punkten bestätigt ist Ebenso
habe ich weiterhin (Cap. 13) die Idelersche Ordnung der Schalt-
jahre der kallippischen Periode zu Grunde gelegt. In der That siad
kurz nach Vollendung meiner Schrift diese Grundlagen in Abrede
gestellt worden: August Mommsen hat in einer nichts weniger
als anerkennenden fieurtheilung der Redlichschen Abhandlung (Jahrb
für Phil, und Paed. Bd. LXXl S. 369 ff.) eine neue Construction des
metonischen Cyelus kurz angegeben und daraus auch eine neue Con-
atruction der kallippischen Periode abgeleitet Wären diese wahr, so
wüste ich die Segel streichen ; da ich sie nicht wahr finde, so bin ich bei
aUer Achtung vor Mommsens Versuch und trotz aller Abneigung gegen
Polemik verbunden , diese meine Ueberzeugung zu meiner Rechlfer«-
tigung darzulegen. Es wird gesetzt, der metonische Cyelus habe seit
Ot 87, 1 in Athen gegolten, und bestehe in nichts anderem als in dem
System der 19 Jahre von Ol. 87, 1 bis einseht iefslich Ol. 91, 3, wie
sie theils als Gemeinjahre theils als Schaltjahre aus der Redlichschen
Construction der Oklaeteris folgen (vgl. die Tafel oben. Cap. 8), natftr«
lieh mit Einfügung der nach Meton erforderlichen Zusatztage : es seiea
also das le, 4e, 6e, 9e, 12e, 14e, 17e Jahr des melonischen Cyclot
Schaltjahre. Dadurch wird eine Uebereinstimmung des metonischen
Cydus mit den von Redlich festgestellten Daten der attischen Zeitrech«
0U4g für den bezeichneten Zeitraum erreicht. Dieselbe Regel gelte fftr
die Enneakaedekaeleriden der kallippischen Periode, die von OL 112, 9^
ihrem Epoehenjahre an in Athen eingeführt sein dürfte. Es ist zu
bemerken, dafs in diesem System die Construction der Cyclen mit
der Einführung derselben von ihrem Epochenjahre ab connex Mf
und beide zusammen stehen oder fallen. Ich bedaure, dafs eine
nähere numerische Entwicklung dieser Cyclen fehlt; man ist daher
darauf angewiesen , bei Prüfung dieses Systems selber und zwar nur
ohngefähr zu rechnen; auch der Epochenlag des metonischen Cyclos
ist von dem Urheber des neuen Entwurfes nicht angegeben : ich glaube
aber den 16n Juli annehmen zu dürfen, obgleich der neue Entwurf
sich zunächst an die Redlichsche Tafel der Oklaeteris anschliefst (s.
besonders S. 374), in welcher Ol. 87, 1 mit den 13n Juli beginnt*
Meine Gegenbemerkungen sind folgende.
1) So lange nicht stärkere Gründe für die Einfül^rung des me-
tonischen Cyelus in Ol. 87, 1 ans Licht treten, als dafs> wenn der Ka-
iuBMIJittar6fiAielle*rliMiiflftei4erfi«IMh«A. MI
ieadcr dte Httan (sehk Fünq^egiM) io pifakiisditti Gebraueli g^CMi-
nea» adteo diesem noch eine andere damit nieht aberanstianiieBde
Jahres- imd MonatseiariehhiDg zu haben hdohtt lästig gewesen s«b
^rOrde (S. d73), scheint es iren% gerechtfertigt, den metontsehen
€yclas in Uebereinstiuimung mit den festen Dalen der bOrgeriiehen
ZtWxmAamag xa eonstroieren*
S) Aus dem oben in dieser Abhandlung (Cap. 10 d) gesagten
nnfs man sehliefsen, der metonische Cyclus sei OL 89, l noch nicht
in Athen mgefOhrt gewesen ; und die von mir (Cap^ 9) behandelte
Stelle des aristophanischen Friedens dürfte schwer erklärlich seiti,
wenn sie nicht auf eine Anordnung bezogen wird , die mit dem damib-
llgen und weiterhin dauernden bestehen des metonischen Cyclus mih
vereinbar ist.
5) Bern neuen Entwürfe zufolge begann der metonische Cychis
mit einem Schaltjahre und endete mit zwei Gemeiniahren. Die Schid^
monate dienten in den Cyden dazu, den gegen die Sonne gereefanel
surflckgegangenen Jahresanfang wieder vorwärts zu schieben, und es
ist daher gegen das Wesen eines Gychis, dafs er mit dem Sdialljahr
beginne. Auch in der von den Juden angenommenen Form des neun»-
zehnjährigen Cydus sind die zwei ersten Jahre Gemeinjafare und das
letzte ein Schaltjahr. Rechne ich selber (Cap. 13) nach *atttsdi-me*>
tonischen Enneakaedekaeteriden', die von dem Schaltjahr OL HS, 3
ab gezählt sind, so bin ich weit entfernt diese technisch als Cyclen an«
sehen zu wollen. Wenn Mommsen (S. 374) bemerkt, das erste Jahr
des metonischen Cyclus sei als Schlufs einor vorigen Oktaciteris zu be^
trachten , die beiden letzten metonischen Jahre als eine folgende Okta^
Vieris beginnend , während in der Mitte zwei volle (Redlichscfae) Okla**
ßleriden lägen, so wird hierdurch das unpassende, was ich bezeicfaT
net habe, nicht angehoben. Ich bemerke noch, dafs das angegebene
Verhältnis des metonischen Cyclus zur Oktaeteris nach dem Mommsen-
aehen Entwurf nicht constant ist; denn ich finde, dafs gletdi im zwei^
ten Cyclus OL 99, 3 Gemeinjahr wird , welches Jahr in der OktaSteris
Sehaltjahr war, und Ol. 92, 3 umgekehrL Hierdurch verschwinde!
anoh die panathenaische Penteteris von 1476 Tagen Ol. 91, 3 — 93, 9
(Abh. €ap. 10 f), weiche Mommsen (S. 373) dennoch als thatsächlieh
anzuerkennen scheint. In der Vertheilung der vollen und hohlen Mo«
nale stimmt Mommsen nur unter einem Vorbehalt mit Redlich überein:
Aber die Verschiedenheit der Bestimmungen der vollen und hohlen Mo«
ante im metonischen Cyclus ist von untergeordneter Bedeutung, zumai;
wie ieh schon S. 14 angedeutet habe , für die von mir geführte Unter*
swAungy und ich bin daher auf dieselbe in der vorstehenden Abhandf
long nicht naher eingegangen. Setze ich die Richtigkeit der Ideler-»
•ehen Anordbiung des metonischen Cyclus voraus, so bezieht sich dies
nicht auf diesen untergeordneten Punkt, sondern ich halte in dieser
Beziehung den von Biot und Redlich entworfenen Kanon für richtige
Jeioeh mit der Aosnahme, dafs ich mich nicht übetzengen kann, däS
6e Jahr des melonischen Cyclus habe nur 383 Tage gehidt)t^ und da-
liegen das 4e Jahr 355 : es kann sehr wo]^ um das ung^waßwlkhe Jahr
von 383 Tagen zu vermeiden, der nach der Regel, dem ktslen Vonai
4ie8 4n Jahres zukommende Zusatztag auf den ersten Moaat dea ön
Jahres übertragen worden sein. Darum habe ich auch in. der €ap. 9
stehenden Tafel die von Ideler angegebenen Anlange des ön meto-
nischen Jahres absichtlich beibehalten , wie S. 26 bemerkt tsL In
aUen äbrigen' Fällen, wo die Folge der vollen und hohlen Monate
im metonisfshen und kalltppischen Cyclus in Betracht kam^ habe . idi
nicht Veranlassung gehabt von der Differenz des Idelerschen und des
Biot-Redlichschen Kanons zu sprechen, weil in den behandelten Fällen
sich kein Einflufs derselben ergab. Uebrigens habe ich S. 54 anneh-
men müssen, die Folge der vollen und hohlen Monate sei Ol. 119, 2
in Athen nicht ganz die metonische gewesen. Unter, der Voraus-
setzung, die dexcTT)} vati(fa komme nur in vollen Monaten vor, mufs
dies auch für Ol. 119, 3 angenommen werden, wenn der Biot-Redr
iichsche Entwurf des melonischen Kanons richtig ist. Denn in der
£. &5 angeführten Inschrift aus Ol. 119, 3 kommt die.&e»uxfi vc%i(ftt
des Skirophorion vor , der nach dem benannten Entwurf nur 29 Tage
erhäU. J
4) Der Hauptfehler der Okta^leris bestand darin, dafs sie, wenn
die Ueberetnstimmung der Monate mit dem Monde bewerkstelligt wurde,
den Jahresanfang allmählich um einen Monat und mehr über die Somt
merwende hinausschob, in deren möglichster Nähe das Jahr beginnen
sollte (Abh. Gap. 11). Diesen Feliler hob der metonische Cyclus nach
Idelers Construction auf; die Mommsensche Construction befestigt ihn
für alle Zeiten der Geltung dieses Cyclus. Fieng nach fieser Conr
struction Ol. 87, 1 den 16n Juli an, so begann gleich OK 87 , 2 den 4a
August, Ol. 88, 1 um den In August, Ol. 88, 3 um den lOn August
V. s. f. Schon dies ist entscheidend gegen den neuen EntwurL
5) Für die thukydideische Berechnung der Zeiten des peloponne-
«ischen Krieges , an welcher ich (Cap. 17 und 18) die verschiedenen fäJt
dieses Zeitalter in Betracht kommenden Cyden geprüft habe, gibt es
zwei Ausgangspunkte, je nachdem man bei Thuk. II 2 die gewöhn-
liche Lesart ovo (Mjyag oder die Krügersche Verbesserung tiöctf^
^ag fi^vag befolgt und also den Krieg zwei oder .vier Monate vor
Ol. 87, 2 beginnen läfst. Mommsen berührt (S. 374) diesen Gegenstand
von ferne. Die gegen die erstere Annahme geltend gemachten Schwie*
rigkeiten (Abh. Cap. 17) heben sich auch aus dem Mommsenschen Enlr
wurf nicht. Geht man aber von der zweiten Annahme aus, so bleibt
die Lösung der von uns Cap. 17 behandelten Aufgabe und der ersten
und zweiten Cap. 18 erwogenen nach dem Mommsenschen Entwuci
dieselbe wie die unsrige, weil sein Cyclus für die hier in Betracht
kommenden Zeiten identisch mit der Okta€teris ist. Die dritte Ca^. 16
bdiandelte Aufgabe ist aus dem Redlichschen, auf erforderliche Weise
durch Zusatztage recti&cierten Entwürfe , ohne die von mir angegebene
Ausschaltung, nicht lösbar gefunden worden, und ist ebensowenig aus
Mommsens Setzungen lösbar, weil diese für den Zeitraom vom Ende de«
A.Bo«e]lhiittr<3e^elMMMrM«Mey«ton4er^^^ Mi.
AoUieslerioit Ol. 87^ I bis zum 16n Mnnycbion Ot. 98, 4 ohngeUhr dea- .
selben Zeilraum wie der eben bezeichnete RedlLehsche Entwurf ^ben,
welcher letztere übri^ns lauch g^r nieht zu dem. Zweck dienen sollte^
diese Aa%abe zu losen. Aus dieser Unzulänglichkeit des neuen Eni*
Wurfes. erweiset sich die Unnchtigkeit setner Setzungen.
6) Die hipparchischen Daten der Mondfinsternisse in Ol. 99 nach
atlisehen Archonten und Monaten (Abh. Cap. 12) kdnneA meines er-
aehtens nur auf attischer oder melonischer Zeitrechnung beruhen; da
Mommsen beide Zeitrechnungen idenli&cierl, sind die Baten also doch
woi metonisch. Die im Jahre des Archon Etiandros Ol. 99, 3 beobach-
tete iMondfinsternis fiel in den ersten Poseideon ((ifivhg.no6Hdim^:
tov* fCQovi^ov, Ptolem. Alm. IV S. 278)9 ^^^o in ein S^halljahr, dasr.
Ide iahr des melonischen Cyclus, welches J.3e ebendeshalb von Ideiec
s^ metonisehes Schaltjahr genommen ist, und damit folgerecht auch
das 5e. Nach Mommsen sind diese Jahre Gemeinjahre. Die Mond-
finsternis erättgnete sich in der Nacht vom l^lSn December« welcher
nach Mommseos System in den Maemäkterton fiele. Man könnte zwar,
um Hipparchs' Daten zu Gunsten des Mommsensehen Systems zu beseir
tigen, eine Hypothese bilden, die sich mir bei unparleiischer Erwä*
gung der versehiedenen Möglichkeiten darbot * aber da ich selber si»
unzureichend finde, spreche ich sie nicht aus: es wird Zeit.sein sie zu-
widerlegen, wenn sie ein anderer aufgestellt haben sollte.
7) Die Schlacht bei Arbela Ol. 112, 2 (v. Chr. 3dl) fiel auf den
fanfHeta^n Boedromlon attisch oder metonisch, und auf den In Octo-s:
ber julianisch (Abh. Gap. 12). Nach Mommsen würde Ol. 112, 2 um
den im August beginnen, der le October also in die let2;te Dekade des
Metageitnion fallen. Setzt man den Schlachttag mit Arrian in den
Pyanepsion,.so wird das Ergebnis lur Mommsen noch ungünstiger»
Freilich gibt es für viele solcher Aufgaben verschiedene Lösungen, und
ich will nicht verbeten , dafs es für die vorliegende eine solche gibt,
die wieder mitMommsens System stimmen würde. Rechnet man näm-
lich die kailippische Periode in Ol. 112, 2 zurück, sowie äie von Momm«'
aen consirutert ist, so wird es möglich, den fünfUetzlen BoSdromion um
den In October zu setzen, und man könnte sagen, jener sei durch viel*
leicht ohngefahre Reduction des makedonischen Datums auf den kaU
lippischen Kalender gefunden« Aber ich zweifle, dafs sich dies wahr-
scheinlich machen lasse; nichts ist unnatürlicher, als dafs man den
kaltippisehen Kalender auf die Zeit vor dem Anfange der kallippischen
Periode angewandt habe, für welche, wenn man nicht nach irgend
einer bürgerlichen Zeitrechnung rechnen woUle , die Beefanung nach
dem raetonisehen Gyclus die angemessene war. Gesetzt aber auch^
man wollte. für das Datum der Schlacht bei Arl>ela diesen Ausweg zu
(kmsten der Mommsetnschen Ansicht nehmen, so bleiben doch die
übrigen ihr entgegenstehenden Schwierigkeiten ungelöst
8) OL 112, 3 sollen die Athener aus dem mtelonischen Gyclus in die ..
kaiKppische Periode übergegangen sein. Ol. 112, 2; das 7e Jahr des
meloniaehen Cyelus und ein Gemei^jahr auch nach Mommsen , schlols
nach diesem, wie dte Rtfofanoiif 1^1, Um Ende Jblt, die hMpfjkMKt
Periode begann ajwr Ok HS, 3 den 98fi Juni, also Aber einen Monat
vor dem Sehlurs des metonischen Jahres OL 113, 2. Der Zeitpunkt ist
also nach Memmsen's System faodiet mpassend flkr den Uebergang;
denn das Jahr 01.113, 3 wate dadurch auf 11 Monate reduciert worden«
9) Dem Geminos gemäCi hat Monunsen die Anordnmig der Schalt-
jahre seines Entwurfes des melonischen Cyclus auf die Enneahaede-
fcaeleriden der kallippischen Periode flbertragen, welche mit Ol. 113^3^
Ihrem Epochenjahre, in Alhen angenommen sein mSge. 01.114,3
ist das l7e Jahr dieser Periode, welches nach Mommsens Entwarf eto
Sehaiyahr ist, und Ol. 116, 3 war allerdings, wie längst belcannt, em
attisches Schafljahr. Ich sage noch mehr: alle Jahre von Ol. 113, 3
ab, die oben (Gap. 12 und 13) aus Inschriften von mir als SchaltjalM
oder Gemeinjahre bestimmt worden , fQgen sich in den Mommeenselie«
Entwarf der kallippischen Periode, ebenso das Gemeinjahr des Archen
Dtonysodoros OL 308, 1 (Cap. 13 zu Ende). Hieraus folgt aber die Rich-
tigkeit de? Mommsenschen Ansicht noch nicht: denn alle diese Jahre
fftgen sich eben anch in den idelerschen Entwarf des metenisohen Cy«
dus; beide Entwürfe stlnmiea in ROcksteht dieser Jahre ftbereto.
Vielmehr, da der Mommsensche Entwurf des metonischen Cydus sieh
nicht als wahr anerkennen läfst, fällt auch dessen Anwendung anf die
kallippische P^iode weg. Wer die: Einlührunf^ der kallippischen Pe^
riode zu Athen mit Ol. 113^ 3 behaij^n will, dem wird auch aufzuer-
legen seki , die doppellen kalendarischen Daten der swei allisehen bi-
sehriften it erklären.
10) Zur Probe der Richtigkeit der Entwürfe der kaJUppieohen
I^riode dienen die Nachrichten über die von Timocharis zu Aleseandria
beobachteten Fixsternbedeckungen (Ptolem. Alm. VII 3 S. 36. 33. 31.
31. Ideler l S. 349. Blot Resum^ de chronol. astron. S. 4i9). XHc
Daten derselben sind sehr bestimmt überliefert; sie sind, soviel aus
Ptolemaeos zu schHefsen, von Timocharis selber angegeben, zugleich
nach kalllppischer und nach aegyptischer Zeitrechnung; die aegyp-
tischen werden von Ptolemaeos wiederholt und können somit nach :
dem Gange der plolemaeischen Betrachtangen nicht geändert wer«
den. Folgendes sind die Daten:
d6s Jahr der In kallipp. Per. 3ö. Poseid. 31. Dec. 395 v. €hr«
36s „ „ „ „ „ 15. Elapheb. 9. März 394 v« Chr.
4Ts „ „ „ „ „ a Anthest. 39 Januar 333 V. Chr.
4Ä3 „ „ „ „ „ 6. Pyaneps. vom Ende, 9. Nev% 333 v. Chr.
D«tH vierte Datum bietet eine grofse Schwierigkeit dar. Nach den ae- '
gyptischen Daten beträgt das Intervall der dritten und vierten Beob-
achtung 383 Tage ; ohne gegen alle Ueberlieferung am Ende des 47ii
Jahres eüien SchaUmonat einzulegen , ist aber der Zeitraum vom 8a
Anthesteriort des 47n Jahves bis zum sechsttetEten Pyanepsion des 46a
Jahres um einen Monat kürzer, da der Pyanepsion der 4e Monat des
Jahres ist Man hat daher, was audb Biot noch thut, angenommen, •
diNT Pyanepsion sei bier als ftbafter Monat angesehen; diese Annahme
A. Sett^:*2vr Clesehicble aer Mondcyden der HeUeneir. UÜ
mi jeUt niobt "mehr haHbar. Ueler setzt, der Pyaaepsion sei falschlieii
stau des Maemakterion genannt; da den Schr-eibern dies schwerlicb
2ttr Last gelegt werden kann, muste Timocharia oder Plolemaeos sich
versciurieben oder ersterer sieh verreehnel haben. Oder, um diesem zti
entgehen, raüste man mit Scaliger setzen, Kallippos habe den Schalt-
monat, welcher im altischen Jahre ein zweiter Poseideon ist, an das
Ende des Jahres verlegt, und das 47e Jahr der Periode sei ein Schalt-
jahr gewesen. Dies trifll weder nach Idelers noch nach Biots Ent-
würfe zu, allerdings aber nach dem Mommsen sehen ; dieser stiniart
also, unter der so eben angegebenen Voraussetzung, der Schaltmonot
habe bei Kaiiippos am Ende des Jahres gelegen, mit den überlieferten
Paten der dritten und vierten Beobachtung vortrefflich übereia Was
die erste und zweite Beobachtung, aus dem dGn Jahre betrifft, so ist
aoch dieses Jahr, bei Biot und Ideler ein Gemeiujahr, nach Mommsen
vielmehr ein Schaltjahr : wird der Schallmonat ans Ende des Jahres
verlegrt, so treffen auch hier die Daten nach Mommsen, wie eine ohfl*
gefähre Rechnung zeigt, hinlänglich richtig zu. Anders stellt sich die
Sache, wenn der Schaltmonat in der Mitte des Jahres in Rechnung
gebracht wird: dann sind fast alle Daten im Widerspruch mit dem
Mommsenschen Entwurf. Das 36e Jahr ist nemlich nach Mommsen
ein Schaltjahr; in dem Datum der ersten Beobachtung ist aber nur der
Poseideon schlechthin genannt, während im Schaltjahr der erste Posei-
deon anzugeben war: also könnte ein Schaltjahr nicht gemeint sein;
und wäre eins gemeint, so fiele der 9e März bei der zweiten Beobach*
tung nicht mehr in den Elaphebolion, sondern ohngefähr auf defnselben
Tag des Anthesterion. Was ferner die Daten aus dem 47n und 48ti
Jahre betrifft, so wird das zweite derselben mit dem Mommseoschea
Entwurf, nach welchem der Pyanepsion pafst, wol stimmen, das erste
aber nicht: so dafs für die Lösung der Schwierigkeit, welche im
den kallippischen Daten liegt, auch gar nichts gewonnen wäre. Um
also nach den Daten dieser Beobachtungen den Mommseiasohen Ent^
Wurf zu beurlheilen, wäre zu wissen nöthig, ob Kallippos den Schalt*
monat in die Mitte oder ans Ende des Jahres setzte : im letzteren Falle»
den Ideler und Biot nicht angenommen haben, würde der Momm-
sen sehe Entwurf siegen. Ideler und Buttman^i , («• bei jenem Bd. I
S. 277 f.) haben sich unbedingt dagegen erklärt, dafs Kallippos den
Schallmonat habe verlegen können, und ihre Gründe scheinen mir
Irifüg. Hierzu kommt aber noch ein anderer Umstand. In Moimnsens
Ansicht ist die neue Anordnung der kallippisch^i Periode mit derEinr
fOhrung derselben in Athen von ihrem Epochenjabre ab connez ; hätte
also Kallippos den Schaltmonat an das Ende des Jahres verlegt ^ so
mfiste er von Ol. 113, 3 an auch bei den Athenern der letzte Monat
gewesen sein. Dies ist aber sicherlich nicht der Fall. Um nur bei den
Cap. 13 und 13 von mir erwähnten Beschlüssen stehen zu bleiben, so
erweisen die aus den Schalljahren OL 113, 8. 114, 3. 119, 3 überein*
Bümmend , dafs der Schaltmonat in der Mitte des Jahres lag, und eben-
dass^e steUl sich aus C. I. G. Nr. 105 für das Schaltjahr Ol. 116, 3,
7**
100 A. Boeckb: zur GeschicMe der Mondeyden der Hettenen.
und för die vermutungsweise von mir In Ol. 121, 2 ^selzle Inschrift
heraus. Ja noch in den Kaiserzeiten erscheint in Alhen der erste und
aweile Poseideon (C. I. G. Nr. 270). Die Annahme, im kalüppischen
System sei der Schallmonat am Ende des Jahres angefügt gewesen,
steht also im Widerspruch mit der andern connexen, dafs diese Pe-
riode von Ol. 112, 3 an in Athen Geltung gefunden habe; und bedenkt
man, dafs die neue Construction der kalüppischen Periode auf der
Construction des melonischen Cyclus beruht , die wir unhaltbar befun-
den haben, so verschwindet vollends alle Wahrscheinlichkeit, dafs
die erstere richtig sei, was sie nur dann sein könnte, wenn dem Kal-
lippos gegen den durch alle Zeiten fortgesetzten Gebrauch der Athener
der Sohaltmonal der letzte Monat des Jahres gewesen wäre. Man
mufs sich vielmehr mit Ideler entschliefsen anzunehmen , bei der vier-
ten Beobachtung sei der Pyanepsion statt des Maemaklerion genannt.
Obgleich nemlich die kallippischen Daten bei Ptolemaeos voranstehen,
sind sie nicht die mafsgebenden : auch unter den Plolemaeern rech-
nete man in Aegypten aufser der seltnem Anwendung der makedo-
nischen Zeitrechnung (C. I. G. Nr. 4697. 4717) amtlich und im gemeinen
Leben nach aegyplischem Kalender, und das Datum der Beobachtung
wird also erst aus der Bestimmung nach der aegyptischen Rechnung
auf die kallippische Periode reduciert worden sein , weil sich die
Astronomen gelehrterweise auch der kallippischen Zeitrechnung be-
dienten. Hierbei konnte nun ein Versehen unterlaufen. Niemand Ist
vor einem solchen sicher: hat doch selbst ein Athener, und höchst
wahrscheinlich der in Geschäften gewis sehr geüble Secretar zweier
Prytanien, in einem öffentlichen Actenstück aus dem Thargelion statt
aus dem Skirophorion datiert und sich damit gerade um einen gan-
zen Monat versehen (Abb. Cap. 12), und ich kann auch ein Bei-
spiel von Ideler anführen , der doch nicht nur überhaupt sehr genau
war, sondern auch einen grofsen Theil seines Lebens der Zeitrech-
nung gewidmet hatte, und dennoch bei der Redaction der preufsi-
schen Kalender einen Fehler der Zeilbestimmung stehen liefs, der
nur mit vieler Mühe und vielem Aufwand getilgt werden konnte.
Auch V. Gum^ach (heidelb. Jahrb. d. Litt. 1854 S. 958 f.)
stellt die Sicherheit der Gründe in Abrede, welche Redlich für die
Behauptung beigebracht hat, der metonische Cyclus sei nicht von sei-
nem Anfang ab in Athen eingeführt gewesen, so wie die Sicherheit
der Redlichschen Anknüpfung der attischen Oktaeteris an die julia-
nische Zeitrechnung. Ich* bin durch den Widerspruch des geübten
Chronologen gegen Redlich um so weniger an der Forschung des letz-
teren irre geworden , als gerade das , was v. Gumpach als ein Kenn-
zeichen der Unrichtigkeit des Redlichschen Cyclus ansieht, nemlich
das darin vorkommende häufige vorauseilen des Jahresanfanges um
mehr als einen Monat über die Sommerwende hinaus, mich zu der
Gap. 9 anfangenden Untersuchung geführt hat. Was die Beweiskraft
der nicht unberührt gebliebenen Zinsrechnungen betrifft , so genügt es
A. Boeddi: zur Gesehidite der Mondcyden der Hette&ea. 107
mir (fir jetzt auf meine früheren Abhandlung-en und Gap. 3 — 5 der vor-
liegenden zu verweisen ; nur veranlafst mich v. Gumpachs Darstellung
nochmals zu erinnern, dafs das unbedeutende Versehen, das einzige
bis jetzt , und zwar von Redlich nachgewiesene , auch nicht den min-
desten Einflufs auf die Untersuchung gehabt hat. Uebrigens kommt es
auf den Grad der Sicherheil eines und des anderen Grundes für die
in Rede stehenden Behauptungen nicht an, da der Gründe viele sind;
und da ich selber ehemals der Ideler sehen Meinung zugethan gewe-
sen bin, der metonische Cyclus sei schon Ol. 87, 1 in Athen eingeführt
worden , so wird man wenigslens zugeben , dafs ich mich nur in un-
befangener Erwägung der Gr&nde für das Gegenlheil entschieden habe.
^®^^"'- August Boeckh.
Zur
Dialektik des Piaton.
Vom Theaefet Iris ran Pameiides.;
Von
Eduaxd Alberti.
Jahrb. f. cYass. Philol. Sappl. N. F. Bd. I HfU 9.
1
Zur Dialektik des Platon«
Vom Theaetet bis sum Parmeiiides.
Vorwort*
Nach wiederholter Lectiire der vier platonischen Gespräche: Theae-
tet, Sophist, Politikos undParmenides, regte sich in mir die Lust eine Zu-
sammen stellang derselben zu versuchen. Ich las zu dem Ende neben E.
Z^llers Aufsatz * über die Composition usw. des Parmenides ' in seinen
* platonischen Studien' die Ansichten K* F. Hermanns in dem ersten
Theil seines Werks ^Geschichte und System der platonischen Philo-
sophie'. Bald schien mir, als ob eine Zusammenstellung der Trilogie
* Theaetet, Sophist, Parmenides' nach dem Standpunkt, auf den diese
neueren rerdienten Bearbeiter uns gefuhrt haben , der sehr naturliche
Versuch stiller Beschäftigung mit demjenigen Schriftsteller sei, der,
wen er einmal faszte, nicht sogleich und leicht entlaszt.
Zunächst forderten die behandelten Gespräche , die in einer Le-
benszeit und Lebenslage entstanden sind, worin Piaton selbst zu schauen
und zn bauen das tiefe Bedürfnis hatte, auch mich auf, selbst mit
eignen Augen und zwar mehr auf Piaton zu blicken als auf seine Aus-
leger. Dennoch dürfte, mit Rücksicht auf den Standpunkt der An-
sichten nnter den -genannten beiden Auslegern der platonischen Philo-
sophie , der Nutzen der Veröffentlichung meiner Schrift in dem Bemahn
liegen, das sie zeigt, jene zu einem Abschlusz zubringen; wenn gleich
das Bedürfnis geistig beschäftigt zu sein mehr als die Aussicht das Er-
zeugnis meines Studiums yor das öffentliche Urtheil zu bringen bei der
Arbeit mich begleitete.
8*
Erstes Capitel.
Der Faden «er Philosepkle Im Theaeief.
§ 1. Ausgrang deü Gesprächs von der Definition:
Wissen gleich Wahrnehmung. Die Schilderung der Kunst
geistiger Geburlshilfe (Theael. 149 C — 151 D) er§ffnet sehr gut eine
Reihe philosophischer Erörterungen , in denen es sich um die Princi-
pien des Wissens handelt. Die Hebammenkunst versieht ihren Dienst
zunächst da, wo die Seele um den Begriff ringt und unvermögend
ist, auszer sich klar, gheichsam als «ine Geburt hinzustellen, was
sie als Embryo in sich trägt. In dieser Arbeit ist der erste und nächste
Begriff, um dessen Geburt gerungen wird, der Begriff selbst, und
weil dieser ,dem Wissen allein zugänglich ist, das Wissen; was Wis-
sen sei» ist die erste Frage, eines Menschen , dem die Kunst eines
geistigen Geburtshelfers zu Hilfe kommt Der Theaetet darf in diesem
Sinn als Einleitung zu den in ihm nicht allseitig zu Ende geführten
Erörterungen betrachtet werden. Für den Theaetet gilt auch so recht
der Hebammendienst , welcher aus dem Schwangern — der Trieb
nach Wissen ist der Vater der Schwangerschaft — einen in nuee lie-
genden Begriff ziehen soll. Was Wissenschaft sei ist die Frage, die
Antwort darauf die aus der Schwangerschaft allein zu hoffende Geburt,
aber die nothwendige Veranlassung zu der zweiten , ob auch das Nicht-
sein ein wirklicher und nothwendiger Begriff sei. Dieser Frage, was
das Wissen sei , aus der wie aus Windeln nicht allein die Kritik der
geltenden Philosopheme sich loslöst, sondern auch die platonische Mei-
nung, diesen gegenüber, allmählich und kunstvoll, als wäre sie gar
nicht das gesuchte Resultat (Soph. 242 A B), sich zur Klarheit heraus-
entwickelt, hilft die Hebammenkunst im Verfolg von drei Gesprächen
zu einer Geburt.
Der Anhub des Gesprächs wiederholt sich mit der an Theaetet
gerichteten Frage, was Wissenschaft sei, schon 145 D und 146 A, wo
statt einer Realdefinition das erstemal eine Metallage , das zweitemal
eine Umschreibung gegeben wird, welches beides den realen Inhalt
^dessen, was Wissenschaft sei, nicht erklärt, aber an dem Beispiel
einer matheniatischen Erklärung der vollkommenen und unvollkomme-
nen Quadratzahl als erstes Erfordernis einer Realdefinition das (SvXXa-
ßuv dg !v vieler ähnlicher Merkmale wünschenswerlh macht (148 D).
Wenn die verschiedenartige^ Aeuszerungen eines und desselben Ver-
mögens, des Wissens, wie Theaetets letzte Erklärung meint, jetzt
nach dem Excurs über die dort am rechten Ort geschilderte Hebammen-
kanst auf einen sie umfassenden Begriff (sldog) zurückgeführt werden
sollen , so ist die Antwort des Theaetet auf die wiederholte Aufforde-
rung des Sokratesy zu sagen was Wissenschaft sei; sie sei Wahr-
S. Alberli: zurDiateklik des Plalom US
nehmung (151 E), um so mehr von Bedeutung^, als sie unmittelbar auf
den Boden einer philosophischen Kritik verseUl. Denn die Definition
wird als zusammenrallend mit dem prolagoreisehen Satze , aller Dinge
Masz sei der Mensch, hingenommen und in diesem Sinn erläutert.
So ist auch im Theaetet wie im Sophisten die Kritik vorangegangener
Philosopheme der Weg, auf welchem die platonische Philosophie der
Entwicklung zuschreitet. Es ist wol zu bemerken, wie dies im Theae-
tet von der Frage, was Wissen sei, vom Subjcct heraus ausgeht und der
Kritik die Philosopheme in dem Sinn unterzogen werden, in welchem
sie die Möglichkeit des Wissens von dem subjectiven Standpunkt aus
innerhalb der Wahrnehmung und des Sinnengebiets festhalten, wie
im Sophisten die Kiitik von der Frage nach dem Gebiet des fti; ov
vom Object aus sich entspinnt und der Kritik hauptsachlich die Philo«
sopheme in der Absicht unterliegen, weil sie das Object dergestalt
ungenügend vermitteln, dasz es als Gebiet für Wissen nichts galt.
§ 2. Piatons Kritik, wi eweil sie Herakli t betrifft,
wieweit Protagoras. Neben der protago reischen Philosophie
stehen im Theaetet, gleichsam als deren Hinlergrund, die Philosophie
des Heraklit und nach der Anführung 152 E des Empedokles , sowie
die Ansichten der Dichter Epicharm und Homer. Dasz für die pla-
tonische Kritik die Verbindung in dieser Weise gilt, dasz sie die
Genesis des protagoreischen Satzes in dem philosophischen System
des Heraklit besonders ruhen fand , kann weniger zur Frage stehen
als das, ob an sich und nach der Geschichte der Philosophie die Ver-
wandtschaft zwischen jenem Satz und diesem System mehr als die*>
jenige zwischen Protagoras und Demokrit begründet ist oder nicht.
Den spätem Salz. des Protagoras, der ganz andere philosophische Prae-
misscn voraussetzte als das noch an die Naturphilosophie der lonier
anlehnende Philosophem des Heraklit , charakterisieren Piatons Worte
(15%): die Dinge, soweit sie sind, sind wie der Mensch ist, und die
Dinge, soweit sie nicht sind, sind nicht wie der Mensch nicht ist,
d. h. die Dinge sind oder sind nicht, je nachdem der Mensch sie faszt
oder nicht faszt, ihnen in seinen Wahrnehmungen homogen oder nicht
homogen ist, d. h., wie Sokrales erklärt, mir sind die Dinge, wie sie
von mir wahrgenommen werden , und dir sind die Dinge , wie sie von
dir wahrgenommen werden. Wo wie in diesem Satz alles Qewicht
auf der subjectiven Wahrnehmung beruht , ist die Gewisheit über das
Object an sich keine , und wenn das Object an sich, das totSTOv, das
%v avto HM^* avTO, nach dieser Auffassung geleugnet ist, so kann er
damit diejenige absolute Allgemeinheit, in welcher die subjective
Wahrnehmung gelte, meinen, welche er in folgender Weise kritisiert:
Ht kein Ding je ein tovtov. und gibt es zwischen Thätigkeit und Lei-
den nur den Flusz eines Dritten , welches Thätigkeit und Leiden nicht
anders als mit an sich erlittener Veränderung im Vorüberrauschen
producieren: so ist eine Grenze des Ineinander zu bestimmen völlig
uamöglich, alle Gegensätze sind folglich aufgehoben und es ist z. 6.
zuzugeben, dasz etwas groszec werde durch Verkleinerung, d. h.
U4 G* Albertif zur Dialektik de» Platoo»
laiders als durch VermekruDg (154 C). Sin solches Ineioandef anzu-
nehmea, darauf fahrt also de Möglichkeil , dasas das Ding den Men-
schen unendlich anders erscheinen kann, deren Grund entweder im
Object oder im Subjeet, im Ding oder im ginn, oder in beiden liegen
konnte. Heraklit halte die absolute, auf die Natur des Stoffs gegrün-
dete Bewegung des Objects statuiert und der Wissenschaft als Sinnen-
erkennlnis nichts weniger als das Recht zugewiesen über das Object
zu entscheiden , vielmehr die Mangelhaftigkeit derselben nothwendig
dort eingeräumt, wo die Wahrnehmung eine durchaus relative, den
Stoff' und Naturgang nicht durchdringende war. Auf der andern
Seite ebenfalls, wenn nach dem Flusz des wahrnehmenden Sinns
jedem das Ding anders erscheinen karm, dieses aber in Wirklichkeit
nicht ein anderes wird, ist der Satz des Protagoras aligemein ungUtig
und würde erst gillig, wenn im absoluten Ineinander Ding und Wahr-
nehmung auf unendliche Weise mit Aufhebung jeglicher Grenze an
Zeit, Oertlichkeit usw. immer correspondierend wandeln und wech-
seln, wobei denn das, dasz ein Ding, wie es 152 D heiszt, nie ein
gewisses, ein irgendwie bestimmtes sein kann , selbst das Moment, wo,
wenn der prolagoreische Salz einen Sinn haben soll, das Ding mit der
Wahrnehmung correspondieren musz, wiederum aufheben würde.
Ob auf den Begriff eines solchen Ineinander der sinnlichen und gegen-
ständlichen Wirkung aufeinander schon Heraklit habe kommen kön-
nen bei einem Erklärungsversuch der unendlich werdenden Erschei-
nungswelt in einem die Natur dieser Erscheinungswell theilenden
einheitlichen Sloff, ist nicht allein bei der Andeutung, welche er von
der Mangelhaftigkeit der Sinnenerkenntnis macht, und der darüber
hinausliegenden übersinnlichen Wissenschaft des %oiv6g Xoyog zweifel-
haft, sondern auch deshalb schwerlich annehmbar, weil es gar nicht
im Geist seines Systems lag, der Wahrnehmung als solcher ein so ge-
waltiges Gewicht beizulegen. Denn Heraklit , auf Grund seiner Vor-
gänger , suchte nach einem die Welt der Erscheinung in sich erklären-
den Princip , weichender Einheit näher käme als die Principien seiner
vorausgegangenen Landsleule, ohne dieses Princip von der Wahrneh-
mung abhängig zu machen, sondern vielmehr einer übersinnlichen
Wahrheil die wissenschaftliche Durchdringung desselben überlassend.
Der prolagoreische Satz dagegen war das nach den vergeblich ange-
stellten Versuchen , die Welt objecli v zu erklären , auf das Recht der
Subjectivilät zurückgehende Sophisma, welches ab interiore ad exteriora
mit Heraklit zu derselben Ansicht von der Bewegung der Erscheinungs-
welt zu kommen schien. Diese scheinbare AehnUchkeit bezeichnet
nun Piaion 153 E, aber seine Kritik, zunächst 153 D — 154 D^ gilt doch
nur dem protagoreischen Satz , gegen dessen Allgemeingilttgkeil in dem
Sinn, dasz entgegenstehende Bestimmungen an dem Ding au gleicher
Zeit der einen und der andern Wahrnehmung erscheinen können , die
drei Wahrzeichen oder Phasmata auf Grund der von räumlichen und
zeitlichen Bedingungen abhängigen Bewegung positiv streiten, 1) dasZ
an Masse und Zahl nichts gröszer od^r kleiner geworden sein kann,
E. AJberüt lur IHiflekUk des PMom t|$
80 laiigre 69 steh gleteh bleibt , 2) tasz dkeueB Grösser- oder Kleiaer-
werden Yermehrang^ und Verminderung vorausseUt oder gar nioitC
stalthat, 3) dasz ein Werden ebne ein Gewordensein in der Zeit un-
denkbar ist. Die sinnliehe Wahrnehmung darf diese drei Gr undbe*
Stimmungen, denen die Bewegung unterliegt, meht verwirren und
umstoszen, und wie der protagoreische Säle in seinen Consequenzen,
weil er der Wahrnehmung Macht über das Object gibt, Gefahr lauft
dies zu thun, so war Heraklit, dessen Bewegungstheorie dem Sloflb
folgt, eben dadurch davor sicher. Dagegen unterliegt der herakll-
tisehe Satz einer andern Schwierigkeit, welche Piaton 166 £ ange^
deutet hat und 181 C weiter kritisiert in folgender Weise. Zunächst
kommt es ihm darauf an, die Behauptung, dasz Wahrnehmung in
Bezug auf gegenwärtige Dinge wissenschaftliche oder masigebende
Bestimmlheit habe , im Anschlusz an die Kritik der vorangegangenen
Behauptung, dasz von der Wahrnehmung in Bezug auf zukQnflige
Dinge dieses nicht gelte, zu widerlegen. Zwei Arten der Bewegung,
die aXlol&^iQ und die %Bqupoi(iy am Wirksamen und Erwirkten im
steten Flusz zusammenwirkend gedacht, heben den Eindruck auf, ehe
sie ihn setzen, und während die Jts^t^qa das Wirksame verändert
hat, ehe es zur Wirkung gekommen ist, hätte die «Uo/cotft^ die
noch nicht entstandene Wirkung, wenn es möglich wäre, vor dem
Entstehen verwandelt. Ein ruhelos Wandelndes kann keinen Eindruck
hervorbringen und ein ruhelos wandelnder Eindruck ist kein Eindruck,
insofern es sich von selbst versteht, dasz von einer Wahrnehmung an
sich und einem Wirksamen an sich bei solchem Flusz gar keine Rede
sein kann. Streng genommen ist die heraklitische Ansicht vollkom-
men eine Aufhebung aller Wahrnehmung wie alles Wissens, d. b.
Sehen und Nichtsehen, Hören und Nichthören und demgemäsz Wissea
und Nichtwissen ist nach ihr ein und dasselbe.
Dasz diese Kritik den Heraklit betreffe , heweist auszer 179 E noch
181 C a. A. Die Lehre von der Bewegung in der Stelle scheint hera-
klitisch. Die Kritik erweist die Indifferenz der sinnlichen Wahrneh-
mung, die nie stattfindet oder vor dem Setzen schon aufgehoben wird.
Wir wissen auch, dasz Heraklit der sinnlichen Wahrnehmung keine
wissenschaflliche Bestimmtheit einräumte, die Wissenschaft vielmehr
auf das Verständnis der wechselnden Erscbeinungswelt aus der Natur des
Stoffs zurückgeführt und das Verständnis nicht auf sinnliche Wahrneh-
mung beschränkt hat. Zeigte Piaton, wie nach seiner Lehre sinnliche
Wahrnehmung unmöglich werde, so trifft die Folgerung daraus, dasi
dann auch Wissen unmöglich sei, nicht den Heraklit, sondern den
protagoras, wenn er die subjective Wahrnehmung als Norm der ob-
jecliven Wahrheil aufgestellt hatte. Weil aber Piaton die Lehre de«
Protagoras besonders im Auge hatte, scheint auch in der Auseinander-
setzung der Kritik der 156 A genannten Mysterien der scharfsinnigeren
Philosophen, unter denen er den Heraklit und seine Anhänger ver-
standen haben soll, in der That manches gegen den Protagoras auf
Rechnung dieses Augenmerks gerichtet worden zu sein. Ueberhaupt
IIA E. Alberti : zur Dialektik des Platoa.
igtet Mkwierig, darnach wie Piaton 156 A — IGOE die Theorie von
der doppelten Bewe^n^ im leoutv nnd na6%Hv darstellt, zwischen
dem was gegen Heraklit, and dem was gegen Protagoras gerichtet
sei, SU unterscheiden, zumal da Piaton selbst 160 D nicht allein diese
beiden, sondern mit ihnen den Homer im ganz gleichen Sinn zusam-
menfaszt, was er nicht hätte thun können, wenn er nicht die Conse-
quenzen, welche Protagoras zog, implicite schon in dem heraklitischen
Satz xtvBÜg&at xa navta und in dem homerischen, welcher nach seiner
Interpretation alles aus der Flut und Bewegung erzeugt sein läszt, völ-
lig ruhen sah. ^ine soweit thunliche Beleuchtung des heraklitischen
Systems würde demselben vielleicht eine ganz andere Stellung zum
prota^oreischen anweisen, als worin sie bei Piaton erscheint.
§3. Fortschritt in der Kritik des protagoreischen
Satzes. Würdigung des do^a^siv. Sehen wir aber davon
ab, so ist die Kritik der 166 genannten Mysterien weitere AusfOhrung
des Satzes, vermöge dessen die gegenseitige Gemeinschafllichkeit des
Eindrucks und des Wirksamen den Flusz der Erscheinungen bildet.
Nach demselben ist das Wirksame ungleich in dem Masze als es in
seiner Wirkung ungleich, oder gleich in dem Masze als es im Werden
jgleich ist Die Consequenz ist, dasz nach dem Eindruck das Wirksame
sein soll, ohne dasz dieses z. B. im wachen oder traumhaften Zustand
der Fall ist , oder bei der Umkehrung dagegen die , dasz der verschie-
denen Wirkung ein verschiedenes Wirksame entspricht oder dasz,
weil die Veränderung in dem Wahrnehmenden stattgefunden haben
kann , sie auch an dem Wirksamen stattgefunden haben musz , dasz
der Wein z. B. dem Gesunden oder dem Kranken ein verschiedenes
Wirksame sei (159). An diesen Punkt schlieszt sich nun die äuszerste
Consequenz , dasz ich und das Wirksame nicht wären ohne die gegen-
seitige Gemeinschart, und dasz das Wirksame nur ist, insofern ich bin,
ich, insofern jenes ^ kurz der Satz : der Mensch ist das Masz aller Dinge.
Ifier wendet das Gespräch um, die Entgegnung folgt und Piaton ist
mit der äuszersten Gewandtheit und dem liebenswürdigsten Humor vor-
bereitet, dem aus dem Heiligthum des protagoreischen Systems doch
nicht spielend hervorklingenden Satze eine Seile abzugewinnen, von
wo er ihn widerlegt Gleich einem kunstverständigen Plänkler stellte
Piaton 161 C — 168 C einige strittige Gedanken hin , die scheinbar nichts
bedeuten und dennoch den in der Erislik der Disputation so hervor-
ragenden Gegner zwingen, seinen Satz gegen sie zu vertheidigen.
Diese Stelle ist schwerlich gegen einen andern als den Protagoras, der
sich angeredet und eingeführt findet, gerichtet und nützt, um uns zu
zeigen,' wie auf den sinnlichen Eindruck psychologische Acte, wie
das Erkenntnisvermögen , das Gedächtnis zurückgeführt werden. Denn
Verständnis der Buchstaben ist wie das Gedächtnis nur ein anderer
Sinneseindruck als das Gesicht Dieser dem Protagoras in den Mund
gelegte Gedanke des Plalon (169 E) ist der Art, dasz er die Stufen-
folge in den sinnlichen Wahrnehmungen alle Functionen seelischer Art
■mfasj^en iäszt; dann aber würde die Voraussetzung gewonnen , dasz
£. Alberti: zur Dialektik des Plalon. 117
eine Gradbestimmung zwischen besserer und schlechterer Wahrneh-
mung^ und Erkenntnis anzuerkennen sei , und 170 C flieszt hieraus die
Frage, ob nicht mit Recht durchgängig gemeint würde, das2 das
akrfifj do^a^Siv dem tf;«vd^ öo^a^siv entgegenstehe. Unter Meinung
ist der mit der sinnlichen Wahrnehmung verbundene Affecl von der
Wahrheil des Gegenstandes verslanden (vgl. schon 161 D). Der Affect
ist in der Seele, und die Meinung ruht in der sinnlichen Wahrnehmung
als solcher eigentlich nicht, sondern, wie dies später (187 A) gesagt
wird, *in jenem, was immer die Seele hat, wenn sie an und für sich
mit den Dingen beschäftigt ist ; denn dies wird do^cc^etv genannt.' An
diese Erklärung wird 170 C nicht gedacht, obwol noch vorausgesetzt
ist , dasz Protagoras die Möglichkeit einer mit dem sinnlich Wahrge-
nommenen verbundenen Meinung angenommen hat, während erst
181 C f. erwiesen wird , wie bei absoluter Bewegung zwischen Wir-
kung und Wirksamem die Wahrnehmung, also auch die Meinung un-
möglich sei. Die Möglichkeit jedoch zugegeben, findet die subjeclive
Meinung als ein bis ins unendliche verschwimmender Maszstab der Er-
kenntnis eben durch den Widerspruch sich beschränkt und widerlegt,
in welchem Protagoras seine Meinung wenigstens selbst für wahr ge-
halten haben musz , ohne sie mitten in dem von allen Seiten gegen sie
erhobenen Widerspruch nach der aus ihr selbej sich ergebenden Cen-
sequenz als solche vertheidigen zu können (170D f<). Woraus folgt,
dasz eigentlich gar keine Wahrnehmung maszgebend und zwischen
Wissen und Nichtwissen ein Unterschied undenkbar sei. Räumt Pro-
tagoras jeder Wahrnehmung die Wahrheit für das Subject ein , so kann
er zwischen weiser und unweiser, besserer oder schlechterer Wahr-
nehmung bei dem Mangel einer festen , über das Subject hinausliegen-
den Norm nicht unterscheiden, und eineVergleichung, warum dem einen
eine Sache so , dem andern so erscheine , gibt über die Sache selbst
keinen Aufschlusz. Dieser bis zum Unmasz gesteigerten Verlegenheit
der Subjeclivität stellt Plalon die schöne Schilderung des Philosophen
mit gehobenem Bewustsein gegenüber. Die Nothwendigkeit aber,
eine festere Norm als die Wahrnehmung anzunehmen,' macht er ^egen
Protagoras dort besonders geltend, wo, weil es schwer einzusehen
sei, mwieweit nach dem sinnlichen Eindruck ein Wissen über ein in
der Zukunft stattfindendes ermöglicht wird, inwieweit mancher Begriff,
wie z. B. der des Nützlichen derselben Relativität des Subjects unter-
worfen ist, so auch eingeräumt werden müsse, dasz die Beurtheilung
des Nützlichen wie des Zukünftigen einen Maszstab von Wissen und
Nichtwissen voraussetze , der auszer der Wahrnehmung liege.
Das Nützliche hat Plalon mit besonderer Rücksicht auf das Staats-
wesen gesagt (172 A. 177 D) und in demselben Sinn heiszt im Politikos
296 E das Nützliche, welches erzielt werden soll, das wahrhafte Krite-
rium des richtigen Staatswesens. Vermöge der Wahrnehmung über das
Nützliche zu entscheiden ist unmöglich; es gehört dazu eine über sie
hinausliegende eigenthümliche Operalion der Seele, die jedoch weiter
nicht erklärt und auch hier nicht oq^i] So^ct genannt wird, die aber
118 E. Alberli: zar Dialeklik des Plalon.
die Eig^enthämllehkett des wahren Staatsmanns sein musz, woraas
hervorgeht, dasz in einer Beschreibung des Staatsmanns auch aber
dieses Vermögen der Seele über das Nützliche zu entscheiden, d, h.
nicht über die Wahrnehmung die Rede sein musz. Schon im Theae-
tet 201 B wird den gerichtlichen und anderen öffentlichen Rednern die
alff^fjg do^a zugewiesen, im Staatsmann bildet aber die Redekunst
einen Zweig der staatsmännischen Kunst. Im Staatsmann bedingt das
Vermögen jederzeit das dem Staate Heilsame zu fördern den vollen-
deten Organismus des Staats und hängt als solches mit dem lebendigen
Wissen über dasselbe zusammen. Aber bei dem Mangel eines voll-
kommenen, gleichsam ewigen Staatsmanns ist ein Praeservativ des
Nützlichen im Gesetz gegründet , welches , weil es jenen Mangel unzu-
reichend ersetzt und das seiner Natur nach ' in der Zukunft wirkende
Nützliche eben wegen dieser Natur für die Zukunft nicht erzielt
oder wenigstens für alle Zukunft nicht erzielt , von der Wissenschaft
sich unterscheidet und einen untergeordneten , der o^^ do^a zuge-
wiesenen Grad einnimmt (s. Hermanns Gesch. u. Syst. der pl. Ph. I 499>.
Wie sich aber in der angezogenen Slfille des Theaetet ein Hin-
blick auf das Gebiet der Staatswissenschaft findet, in welchem nicht
die Wahrnehmung, sondern eine höhere Operation der Seele gilt,
welche, um ihr eine Stelle zu dem Wissen einzuräumen, eine Aus-
einandersetzung erheischt: so kann darin eine Hindeutung auf den
Politikos gefunden werden, welche deutlicher 201 B wiederholt wird,
eine Hindeulung die freilich nicht so entschieden ist, wie im folgenden
die Hinweisung auf den Sophisten darin enthalten ist, dasz der Salz des
Parmenides von dem Ein als AU dem Satz des Hcraklit entgegenge-
stellt und eine Prüfung beider Sätze versprochen wird (181 A). Dasz
der des Heraklit gleich nachher (181 C f.) folgt , haben wir bereits oben
gesehen ; der des Parmenides, über den anders als mit schuldiger
Umsicht zu reden Piaton unter dem Vopwand frommer Pietät 183 E.
184 ablehnt, findet, wie wir weiter unten sehen werden, im Sophis-
ten jene vorzügliche Beachtung, welche er neben dem des Herakitt
hier am Ort im Grunde nicht finden konnte , insofern der Satz , dasz
das All die Einheit sei, aus einer Auffassung entsprang, welche über
die Wahrnehmung hinaus eine Abstraction von ihr und der Welt der
Erscheinung voraussetzte, welche die Wahrnehmung völlig ignorierte.
.Zwischen einer solchen Abstraction, welche im Gegensatz gegen die
Wahrnehmung statt der Vielheit die Einheit als Ali setzte , und der
Wahrnehmung liegt aber in dem Subject manches , was eine Ausein-
andersetzung erforderte , wenn die ursprüngliche Frage , was Wissen
sei, auch die positiven Consequenzen beleuchten wollte, zu denen
. der heraklitische Satz Veranlassung gab. Auch eines positiven Ge-
winns bedurfte Piaton aus der Kritik des Heraklit, um die Wahrneh-
mung und mit ihr die erscheinende Vielheit auf der einen Seite für das
Resultat zu benutzen, weiches er anbahnte, und dem auf der andern
Seite die Wahrheit, die im parmenideischen Satz lag, dienen sollte.
^Ein solches Verfahren spricht 181 B deutlich aus.
i
£• Alberti: cor BialektHc des PUton. 11$
§ 4* Positive Consequen2 undFolgerung auf Ideen.
Die positive Gonsequenz, welche vor dem bodenlosen Abgrand des
Nichtwissens zu sichern vermag^, zu dem der protagoreische Satz
führt (162 E), ist mit dem Ttsifl na^riftatov öyk^Loyi^BCd-ai (186 D) aus-
gedruckt, wodurch die Wahrnehmung^ keineswegs geleugnet , son-
dern vielmehr behauptet wird, dasz» wenn es nun dentioch eine Wahr-
nehmung gebe , so auch an dem wahrnehmenden Subject ein Punkt
wäre, wo sie festgehalten und in der VermilÜung zur Ruhe von einer
andern Kraft ergriffen wird, welche die Wahrnehmung gleichsam
wieder wahrnehme und abspiegle. Diese Kraft bewirkt, dasz ein
ungeordnetes Conglomerat ajler möglichen Sinnes Wahrnehmungen in
Verhältnis gestellt, verglichen, unterschieden wird. So steigt aus
dem Chaos der Begriff hervor, an den sich die Wahrnehmungen,
w«iehe ohne ihn verloren sind , anklammern. Wie nun die Kraft in
der Seele «s ist, vermöge der die Wahrnehmungen zum Bewustsein
kommen, so wird^Ke Seele im Verhältnis zur Wahrnehmung für das
positive Vermögen gehalten; ebenso gelten die Begriffe, welche die
Seele an sich betrachtet, deren 185 C das Sein, das Nichtsein, die
Aehnltchkeit und Unähnlichkeit, die Identität und die Verschiedenheit,
• die Einheit und die Vielheit der Zahl genannt werden, im Verhältnis
zu dem Wahrgenommenen für positiv, dieses für negativ; den Be-
griffen wird das Sein zugetheilt, den Wahrnehmungen nipht: d. h.
Piaton nahm unbedingt an, dasz die Begriffe, auf welche die Wahr-
nehmungen durch den Syllogismus zurückgetragen werden, an sich,
nicht aus den Wahrnehmungen abstrahierte Erzeugnisse dersel-
ben, vielmehr diese durch Zurücktragung auf jene verwirklichte
Eindrücke seien. Die Operation der Begriffe ist demnach ebensosehr
eine in Wahrheit begründete , wie die von ihr abgezogene Wahrneh-
mung unmöglich ist , und die Begriffe sind in demselben Grade , in
welchem ohne sie die Wahrnehmungen nicht sind. Dasz den Begriffen
das Sein zukomme, den Wahrnehmungen nicht, und ihr gegenseitiges
Verhältnis ist aber um so mehr festzuhalten, als damit einestheils ein
so sicherer Beweis gefunden worden ist, dasz Wahrnehmung und
Wissen ein Verschiedenes sei (186 E); denn mit dem Sein ist die Wahr-
heit identificiert und mit diesem das Wissen ; und als anderseits die
folgende Auseinandersetzung über die falsche Meinung mit jenem Re-
sultat in der engsten Verbindung steht. Denn aus diesem positiven
Satz, dasz der Begriff der Wahrnehmung ihre Geltung verleihe und
bei der Bedingung, dasz mit dem Begriff in der Seele nur Wissen,
ohne ihn das Nichtwissen sei, wird 183 A, wo gesagt wird dasz über
alles nur Wissen und Nichtwissen möglieh sei, verständlich, insofern
nemlich entweder mit dem Begriff das Sein verbunden, oder ohne ihn
die Wahrnehmung keine Wahrnehmung von einem Seienden ist.
§ 5. Ueber die Möglichkeit der falschen Meinung.
Weil aber einestheils in der Wechselbeziehung zwischen Begriff und
Wahrnehmung, anderntheils in der Verwechslung der mit der Seele
an steh erfaszten Begriffe selbst vermöge Unklarheit ein Nichtwissen
lHb £. Alberli: zur Dialektik des Piaton.
mög^üch ist, so gibt sich in der Operation des seelischen Vermögens eine
Unsicherheit zu erkennen, welche einen eignen Namen, falsche Mei-
nung, führt, der die richtige Meinung gegenüber steht, die nun auch
der Sicherheit und Bestimmtheit des Wissens insofern ermangelt^ als
sie keine bewusle, den positiven Sinn des Begriffs durchdringende
Seelenerkenntnis* ist. Die im ferneren Verfolg des Theaetet der Be-
sprechung unterliegende falsche Meinung bildet eine Interpretation des
möglichen Nichtwissen», und die Besprechung geht nacheinander nach
zwei Seiten aus , der einen , wo über die Talsche Meinung in der Wech-
selbeziehung zwischen Begriff und Wahrnehmung (191 B f.) , der an-
dern, wo über dieselbe in der aus* Unklarheit möglichen Verwechs-
lung zwischen dem reinen Gedachten ( 195 D — ^200 D ) die Rede ist.
Ueber die Möglichkeit solcher Meinung gab es, wie es scheint,
aus dem Sinn der protagoreischen Wahrnehmungstheorie heraus
Leugner. Denn wenn auch diese behaupteten, es sei über alles nur
Wissen . oder Nichtwissen möglich, so leugneten sie die Möglichkeit
falscher Meinung in den vier Fällen , wo sie einer Verwechslung des
was man weisz mit einem andern was man weisz, oder des was
man nicht weisz mit einem andern was man nicht weisz , oder des
was man weisz mit einem andern was man nicht weisz, oder des*
was man nicht weisz mit einem andern was man weisz (188 B C)
statthaben sollte. Es zeigt uns aber die 191 B folgende nähere Be-
leuchtung des dritten Falls, welche genauer nach der möglichen Wech-
selbeziehung zwischen Begriff und Wahrnehmung der allerdings mög-
lichen falschen Meinung ihre Rubriken anweist, dasz die Leugner der
Möglichkeit in dem, was gewust wird, weder das Verständnis des
Begriffs noch auch das Verhältnis der WahTnehmung zu demselben
inne hatten. Das aber leuchtet um so mehr ein, weil, wenn statt des
Wissens das Sein und statt des Nichtwissens das Nichtsein gesetzt
wird , dieselben Leugner den Salz , falsche Meinung sei eine Meinung
vom Nichtseienden , aus dem Grunde bestritten , weil eine Meinung vom
Nichlseienden an sich sowol als an den Dingen unmöglich ist, da^ wo
man eins meine, auch ein Seiendes gemeint werde, und wo man nicht
eins meine, überall nichts gemeint werde, eine Behauptung die doch nur
in der positiven Wahrheit, welche der Wahrnehmung zugetheilt wurde,
also in der mangelhaften Auffassung des Verhältnisses zwischen Wis-
sen und Wahrnehnuing und in der Vernachlässigung ihr^n Grund ha(,
bei der Vermittlung zwischen beiden die Function jedes einzelnen Ver-
mögens bis zur Entscheidung über die Congruenz oder Nichtcongruenz
des Wahrgenommenen mit dem Gewusten zu verfolgen. Denn auf
dem Wege, den die Thätigkeit beider Vermögen geht, liegt die falsche
Meinung, die als solche allein vom Wissen überführt wird. Es kommt
deshalb auf den genauen Begriff «des Wissens an, um über eine falsche
Meinung zu entscheiden, und musz auch dort, wo die äeele mit sich
selbst spricht, wol Acht gegeben werden, inwieweit eine Meinung
' zum Wissen sublimiert ist oder nicht. Faszt man aber das Meinen als
ein Sprechen der Seele mit sich selbst (190 A), so ist es unmöglich,
E. Alberli : zur Dialektik des Piaton. 12i
etwas Gemeintes mit Bezug auf sich selbst für ein anderes zu halten oder
mil einem andern ebenfalls Gemeinten zu verlauschen, gleichsam zu sich
ßelber zu sagen, dasz das Schöne häszlich oder das Häszliche schön sei,
und in dem Sinn ist die falsche Meinung ebenfalls so gut eine Unmög-
ligkeit wie die ällodo^Ca, von der 189 C f. vielleicht als von einer
bestimmlen philosophischen Zeitansicht die Rede ist, und es dient,
um zu beweisen dasz die Möglichkeit einer 'ilfsvöifg do^cc auch hier
besteht, zur Erläuterung sowol was später über die ?^ig und at^öig
des Wissens (197 ß f.) gesagt wird, obwol das dort Gesagte zu keinem
Resultate führt, als besonders auch Soph. 263Ef.
In eben dem Masze, wie die Meinung das itsgov unterscheidet
und der Verwechslung mil demselben vorbeugt, nähert sie sich dem
Wissen ; in eben dem Grade aber , wie das itSQOv ein durch die Thä-
ligkeit der Seele erzeugter Begriff ist und nicht ein mil den Wahr-
nehmungen als solchen gegebenes , drängt sich die Natur des Svsqov
auch in die Beschäftigungen der diavoia und bewirkt an ihnen Un-
sicherheit und Möglichkeit der falschen Combination der unklar ge-
wüsten Begriffe. Bei klarem Wissen aber halte ich ebensowenig was
ich weisz für ein anderes was ich weisz, oder was ich weisz für ein
anderes was ich nicht weisz , wie ich bei Nichtwissen was ich nicht
weisz für ein anderes halte was ich nicht weisz , oder was ich nicht
weisz für ein anderes was ich weisz. Und kommt das Verhältnis
der Wahrnehmung in Betracht, so halte ich ebensowenig was ich weisz
und wahrnehme für ein anderes was ich weisz und wahrnehme, oder
was ich weisz und wahrnehme für ein anderes was ich weisz , oder
was ich weisz und wahrnehme für ein anderes was ich wahrnehme,
wie ich , was ich nicht weisz und nicht wahrnehme , für ein anderes
halten kann was ich nicht weisz und nicht wahrnehme, oder was
ich nicht weisz und nicht wahrnehme für ein anderes was ich nicht
weisz , oder was ich nicht weisz und nicht wahrnehme für ein anderes
was ich wahrnehme. Aber auch die unmittelbare gleichzeitige Wahr-
nehmung ist von einer Entschiedenheit in der Unterscheidung des fw^v,
dasz ich ebensowenig was ich wahrnehme für ein anderes halte was
ich wahrnehme, oder was ich wahrnehme für ein anderes was ich
nicht wahrnehme, als ich was ich nicht wahrnehme für ein anderes
hallen kann was ich nicht wahrnehme, oder was ich nicht wahr-
nehme für ein anderes was ich wahrnehme. Wo aber die Entschie-
denheit über das hsQOv, wie bei der Wahrnehmung in der Unmittel-
barkeit und Gleichzeitigkeit des Eindrucks, nicht vorhanden ist, da
tritt bei der Operation der Seele in dem Erinnern und Zurücktragen
des Wahrgenommenen auf einen nicht im klaren Bewustsein liegenden
Typos die Verwechslung und Möglichkeit der falschen Meinung ein.
So kann also , wo das Bewustsein des Begriffs durch Erinnerung beiin
Wahrgenommenen nicht unmittelbar erwacht, das eine was gewust
wird für ein anderes gehalten werden was gewust und wahrgenom-
men wird, oder was nur wahrgenommen wird für ein anderes was
gewust und wahrgenommen wird , oder was sowol gewust als wahr-
122 E. Albertt : zur Dialektik des Piaton.
genommen wird für ein anderes was auch gewust und wahrg^enom-
men wird. In allen diesen Fällen ist das ftSQOv das Gebiet der fal-
schen Meinung^, welches für eins gehallen wird was es nicht ist
Aber wenn in der reinen Seelenthäligkeil, vor welcher der BegrifiTin
abstracter Abgezogenheit Gegenstand des Wissens geworden ist, wo
z. B. der Mensch als Begriff iiv^Qomog ov öucvoav^^ä), das Pferd
als Begriff und ebenso die Zahl 12 als Begriff und die Zahl 11 als Be-
griff (195 D E) in der Seelen- Wachsseheibe befindlich' sind, eine fal-
sche Meinung möglich wäre: so wäre der Salz, dasz dasjenige, was
gewust wird , nicht für ein anderes gehalten werden kann , was eben-
falls gewust wird, ungiltig. Spricht nun scheinbar jede Art von Rech-
nen für die Möglichkeit einer Verwechslung der Zahlen, deren Werth
im Bewustsein vorhanden ist : so trifft doch in Wahrheit dl^ Sehutd
die unklare Auffassung der Begriffe. Um die Sache zu erklären , wird
ein Unterschied gemacht zwischen der nv^ig und der S^ig des We-
sens , zwischen einer Jagd auf Erlangung desselben , dem Erlernen,
und einer Jagd nach Anwendung des Erlernten (188 B) , und es wird
gesagt, dasz dem, welcher etwas gelernt hat, ein Wissen darüber
besitzt, beim Gebrauch dieses Wissen abhanden kommen könne (197 B
ftal nikiv ag>i{vai), wie es z.B. beim Rechnen der Fall zu sein scheint,
wenn man beim Gebrauch, trotzdem dasz man die Zahlen kennt, die
Zahlengröazen verwechselt. Die i^ig des Wissens als Anwendung
kann aber klar und unklar sein , je nachdem die Fähigkeit vorhanden
ist oder nicht , den Begriff in der uiTendlichen Combination mit andern
Begriffen als unterschiedlichen festzuhalten , den Functionen mit den
Begriffen , z. B. den Zahlbegriffen zu folgen , und das hsQOv imaiei
von dem ravtov des Begriffs zu unterscheiden. Die Erkenntnis des
Unterschiedes, der Zusatz, welcher die wahre Meinung zum Wissen
erhebt, womit am Ende des Theaetet die Definition schlleszt, musz
den Begriff in allen Fällen der Anwendung begleiten , wenn die fal-
sche Meinung bei der Anwendung unmöglich sein soll. So lange nicht
der Begriff in seiner bestimmten Unterschiedlichkeit durch jede Com-
bination hindurch der Seele innewohnt, ist Verwechslung möglich.
Jedoch ist diese Verwechslung nicht eine Verwechslung der Erkennt-
nisse, weil Erkenntnis ohne die Erkenntnis der Unterschiedlichkeit,
und wenn diese da ist, Verwechslung der Begriffe nicht stattfindet
(199 C D). Zugleich bemerken wir , dasz die %xrfiig des Wissens, wo
die ilig oder Anwendung desselben nicht vollkommen ist, ebenso-
wenig befriedigt , dasz vielmehr in dem Fall, wo bei der ?|*g oder
Anwendung eine Verwechslung der Begriffe vorkommt, in der iix^6tq
oder dem Besitz das Gewusle mit dem Verkannten zusammenfällt,
insofern das Verkannte für das Subject als wahr gilt und bei dem
Mangel objectiver Unterschiedlichkeit für wahr gehalten werden musz
(200 A). Die Unterscheidung zwischen i^ig und %xri<Sig, ohne ein posi-
tives Resultat zu geben, dient mehr dazu, eine genaue Erklärung des
Wissens anzubahnen, als dasz sie selbst eine Erklärung Ist, wie ja
durch sie soviel klar geworden ist, dasz Wissen um den Begriff den-
E. Alberli: zur Dialektik des Piaton. 139
selben auch anwenden heisit, ein Resultat welches hinüberleitet zu der
folg^enden Annahme , Wissen sei eine (uvi loyav wahre Meinung , d.h.
eine vom Wort als der nat&riichsten Art der Anwendung begUitote
wahre Meinung. Denn dasz ohne einen das Kriterium ausdrückenden
Zusatz wahre Meinung für Wissen erklärt werde, ist kaum mdgüch,
nachdem 1) gesagt worden war, es sei über alles nur Wissen und
Nichtwissen möglich, so dasz, wenn Meinen und Wissen zusammen-
IXIIt , Nichtmeinen und Nichtwissen ebenfalls zusammenfallen , und
nachdem 2) die Möglichkeit der falschen Meinung erwiesen worden
war, welche im Verhältnis zum Nichtwissen eine bestimmte Deutung er-
halten hat, so dasz ebenfalls Wissen und wahre Meinung ohne einen be-
stimmten Zusatz zu der letzlern nicht für dasselbe erklärt werden kön-
nen. Mit der Andeutung, dasz die wahre Meinung die der goricht-
Uohen und öffentlichen Redner sei, verläszt Piaton eine Erklärung, die
vielleicht nicht weniger als die folgende eine bestimmte Zeitansicht ver-
trat (vgl. Hermann a. a. 0. S. 498 mit Anm. 494) , die aber Cur den
Zweck der Untersuchung ihm hier um so weniger galt, als er sie im
Polttikos nach ihrem Werthe genauer würdigen muste. Dennoch hat
auch die wahre Meinung, vergleicht man, was über die falsche
Meinung im Verhältnis zum Nichtwissen gesagt worden ist, mit dem
VerhäUni», ht welchem sich falsche und wahre Meinung gegenüber-
stehen, eine gesicherte Stellung zum Wissen erhalten, der nichts fehlt
als eine Definition.
§ 6. Die Definition des Wissens als der vom Wort
begleiteten wahren Meinung. Würdigung derselben
und des Ao^^o^. Hinüberleitung in den Sophisten. Der
letzte Abschnitt des Theaetet (301 E f.) handelt über die vom Wissen
von einigen (201 E) gegebene Definition , sie sei eine vom Wort be-
gleitete wahre Meinung, gegeben als Traum für Traum und angeschlos-
sen an die ungenügende Erklärung, welche Wissen und wahre Mei-
nung schlechthin identificierte. In dem Traum jedoch , welchen Pia-
ton schlieszllch mit der traumartigen Reflexion an die über den Xoyog
hersehenden Ansichten verbindet, erkennen wir seine Ansicht, nach
welcher Wissen eine mit der Erkenntnis des Unterschiedes verbundene
richtige Meinung sei, wobei eingesehen wird, dasz eben der Zusatz
das Bewustsein über das Object als eigenthömlichen Begriff, von wel-
chem nur Wissen möglich ist , also die Hauptsache ausdrückt und die
Worte ^richtige Meinung' die Nebensache , die Seelenoperation an dem
Object, bevor es als unterschiedenes ins Bewustsein getreten ist, be-
zeichnen (Hermann a. a. 0. S. 659 Anm. 492). Weil aber diese Erklä-
raiig nicht allein ihrem Inhalt nach, 3^e wir später sehen werden,
dem Inhalt der folgenden Gespräche, welche die platonische Ansicht
vollständig entwickeln, organisch vorangeht, sondern auch als for-
males Princip für Definition des Sophisten sowol als des Staatsmanns
angewandt ist: so nehmen wir an, dasz Ptaton dieselbe vor den an-
deren, ebenfalls im Theaetet besprochenen Erklärungen als die am
meielen genügende und für wissenschaftliche Methode am meisten
124 E. Alberli : zur Dialektik des Plalon.
frachtbare vorg^ezogen habe, so dasz neben anderen Resultaten auch
dieses unmittelbar mit der bis ans Ende verfolgten Frage , was Wissen-
schaft sei, zu^ammenhieng, dasz nemlich eine Methode des Philosophie-
rens gewonnen wurde. Es schlieszt sich aber jene Erklärung der
Wissenschaft unmiUelbar an die vorangegangene, dasz Wissenschaft
eine (Uta loyov wahre Meinung sei, dergestalt an, dasz sie für die
eigentliche Interpretation dessen, was Xoyog bedeute, gilt, indem der
Sinn des loyog die Erkenntnis des Unterschiedes ist (210 A. 209 A).
Das Wort als solches drückt ein Ding aus, welches von unendlich
vielen andern Dingen verschieden ist. Wie die Verschiedenheit nach
Gattung, Art, Theil stattfinde, hat die dialektische Methode soweit
festzustellen, bis der bestimmte Sinn des kayog, aus allen Einschach-
telungen gleichsam als die möglichst passende Schachtel herausgeho-
ben, keine Ueber-, Bei-, Unterordnung, keine Verwechslung mehr
zuläszt. Die Uebung an der Erklärung des Sophisten, des Staats-
manns sind Beispiele der dialektischen Methode , vermöge deren der
letzte Sinn eines Wortes gewonnen wird. Es ist daher keineswegs
richtig , den layog lieber etymologisch als eine den Sinn ausdrückende
Zusammensetzung aus an sich keinen Sinn ausdrückenden Urbestand-
theilen zu nennen, als dialektisch einen Sinn in ihm zu finden, wel-
cher ihn von einer unendlichen Vielheit anderer, von ihm verschie-
denen Sinn ausdrückender Worte unterscheidet. Ebenfalls , mit Wor«
ten ausdrücken, was richtig gemeint ist, das unterscheidet von der
Meinung die Erkenntnis nicht (206 E) ; das Wort darf nicht den Sinn,
sondern die Erkenntnis musz das Wort bedingen; das thut sie, wenni
das Wort einen Begriff in seinem wesentlichsten Unterschied von allen
andern bezeichnet. Ohne den wesentlichsten Unterschied zu bezeich-
nen, können tausend Worte einen Gegenstand ausdrücken, ohne dasz
er damit ein Gegenstand des Wissens geworden ist (207 A). Insofern
ist das Wort die i^fir^velcc tfjg diaq>o(^xrj[tag. Das Wort an sich wird
dann begriffen, wenn, was es ausdrückt, im Refiex aller von ihm
verschiedenen Begriffe steht, als Vehikel des Begriffs. Kein einziger
Begriff wird anders als in der Neben-, Ueber-, Gegen- und Unter-
stellung zu andern klar. Betrachtet man das Wort etymologisch nach
seiner Entstehung aus Buchstaben, so ist diejenige Erklärung, wonach
die Buchstaben keinen Sinn haben sollen, sondern der Sinn erst dem
Wort anderswoher als aus den Buchstaben sich unterbreitet , falsch.
Denn wie wollte .ich das Wort als ein Gesamtes (%av) aus sinnlosen
Urbestandlheilen verstehen ? Wie aber als ein Ganzes (oilov) , ohne an
die Urbestandtheile zu denken, anders auffassen, als wiederum Ur-
bestandlheil, d. h. wiederum o^ne Sinn , weil ein oiov ohne Urbestand-
theile von diesen nicht zu unterscheiden ist , also ihnen gleicht und
als Urbestandtheil ebenfalls keinen Sinn hat. Wenn der Begriff, der
im Wort ausgedrückt wird , auf die Buchstaben nicht sich erstreckte,
wenn nicht die Buchstaben dem Sinne dienten , so wäre ein Lautsystem
unmöglich, in welchem der Gedanke tönte. Buchstabenlaute sindy
wo Begriffe sind; thierische Laute sind keine tönenden Buchstaben«
£• Alberii : aur IMdklik d«» Plttton. ISS
Der Begriff, welcher in der S^raehe Ausdmek findM, bat sieh auf die
Laote eratreekt, welche vom Buchstaben aasgedraekt werden. So
verschiedenartige Laute in den versehiedenartigen Sprachen derselbe
Begriff, uoi sich auszudrücken, auswählt: der Laut wird nur verstättd-
lieh, wenn er den Begriff des Wortes dem Wissenden offenbart, bleibt
ohne diesen Begriff unverständlich. Der Buchstabenlaut hat also an
Begriff Theii und wird durch ihn nur verständlich und zu dem was
er ist Wie kann man, ohne die Buchstaben zu kennen, verständlich
lesen, ohne die Töne zi^ kennen, harmonisch die Cither schlagen
(206 B)? Eine grundliche Kenntnis der Buchslaben und des Laut-
Systems ist zur vollkommenen Deutlichkeit des Begriffs um so dien-
licher als die der Silben , um so mehr die Buchstaben die Grundlage
desselben bilden als die Silben. Denn im VerhälUiis zur Silbe kann
einer und derselben Silbe ein verschiedener Buchstab dienen und (wie
in dem angeführten Beispiel an den Wörtern Theaetetos imd Theo-
doros freliich ohne Berücksichtigung der Etymologie d und t) verwech-
selt werden. Steht aber einer solchen Verwechslung mit Rücksicht auf
den Silbenlaut nichts im Wege, so ist es nicht, hinreichend ein Wort
nach den Buchstaben, tiiv dtii aTOi%elov dt^odov, zu kennen , um dar-
nach die wahre Meinung von der Wissenschaft zu unterscheiden , d. h.
das etymologische Verständnis eines Worts ist nicht das vollständige
Verständnis des Begriffs. Den Begriff des Wortes finden heiyt die
wesentlichste Unterschiedlichkeit des ihn ausdrückenden Worts im
Verhältnis zu allen andern bestimmen. Ist die wahre Meinung von
dem Wort in diesem Smn begleitet, so ist sie von der Kenntnis des
Begriffs , welchen das Wort nach seiner bestimmtesten Unterscheidung
von allen andern bezeichnet, begleitet und schon hört sie auf nur Mei-
nung zu sein und geht auf in den Begriff, dessen Ausdruck das Wort
ist, oder in die Wissenschaft, die isttütiqfMfi (vgl. Soph. 262 E). So ist
also das Wissen, von der Meinung getrennt, an den Begriff gebunden,
von dem nun das 188 A gesagte gilt; der Begriff nemlich ist und zwar
ist er, weil er im Reflex alles dessen steht, wovon ersieh unter-
scheidet, eine Bestimmung die über das Wesen des Begriffs keinen
Zweifel zuläszt und vermöge dieser absolut geltenden Sicherheit
nicht als ein TtQOCdo^iiSat zur richtigen Meinung (209 D) , sondern
eben nur als Wissen zu bezeichnen ist. Wissen aber als Wissen
von der Unterschiedlichkeit des Begriffs erklären ist keineswegs
eine Tautologie; vielmehr ist die Unterschiedlichkeit objectiv das be-
griffliche Sein, subjectiv das Wissen. Hierauf zu merken, dasz, wie
mit deiin Wissen die Wahrheit und das Sein identisch sind (Theaet.
186 C), zwischen subjecliver und objectiver Realität des Begriffs keine
Unterscheidung gemacht wird, dasz also die gewuste Unterschiedlich-
keit auch die vorhandene des Begriffs ist, daraufkommt es an, um
den Sophisten mit seinem Inhalt an den Theaetet anzuknüpfen , wäh-
rend wir bereits angedeutet haben, dasz für die formale Seite des
Sophisten die letzte Definition des Theaetet als philosophische Methode
zur Anwendung gekommen sei. Soweit aber die Erklärung im Theae-
Jahrb. f. dut. Philol. Suppl. N. F. Bd. 1 Hft. 2. 9
IM E. Alberü : tat IMaMilik dos PkHoiu
iel raebty sehtfesst sieh an dieselbe die Bestimmaiig des Untersehiedee
als des ^m^v, von welchem begrifflich jeder Gegenstand der Er-
lienninis loszulösen isi, im Sophisten genau an und die Ecörlerung
hält sich unmittelbar innerhalb der Anschauungsweise, dasz, was sub-
jecliv ein Wissen des Unterschiedes ist, objectiv als begrifflich vor-
handene Unterschiedlichkeit existiert, weshalb die Untersuchung des
Sophisten ebensosehr weiter dazu dient, festzustellen was Wissen sei,
und deshalb eine logische genannt werden kann (vgl. Zeller plat. Stu-
dien S. 186 oben), wie sie hinüberleitet zu ^er Frage wie die Be^iffe
sind, und deshalb als eine metaphysische Einleitung zum Pannenides
zu bezeichnen ist. Denn weil durch Theilnahme des Begriffs am
^oteQOv der Gedaoke falsch wird, findet er durch die Abtrennung von
demselben seine zur Sicherheit der Erkenntnis nolhwendige Bestimmt-
heit. Wäre aber dieses ^ixBqov, und in der Unendlichkeit desselben
das fi^ ov nicht objectiv : so fände falsche Meinung subjectiv nicht statt,
es wäre umgekehrt, wenn objectiv nur ein mit sich identisches Sein
wäre, gleichsam subjecUv nur eine wahre Meinung möglich, wahrend,
wo objectiv kein Unterschied ist, die innsti^fi x^ Sutipoi^ffxog snh-
jectiv wegfällt. Nachdem aber im sogenannten zweiten Theil des
Theaetet das. Bedürfnis über das f*f} ov ein Resultat im allgemeinen fest-
zustellen sich geltend gemacht hatte, wuchs dieses Bedür/ni» im So-
phisten, wo es die Enthüllung eines Scheinweisen galt, dessen Ele-
ment die ^evdiig öo^a war. Den Zusammenhang deuten mehrere aufs
Wort gleiche Stellen an: Soph. 240D. 260 C. TheaeU187E. 188 E. 189 B«
Wie dem Sophisten daran lag die Wirklichkeit des fiif ov zu leugnen,
um seiner Meinung den Schein der Wahrheit zu retten, so kommt es
dem Platoo, um ihn des Scheins zu entkleiden, darauf an das fi^ov
als realen- Begriff zu behaupten. Wie aber eine Meinung von einem
absoluten fi^ ov, ein^m nicht als ^axs^v im Verhältnis zum Sein ge-
faszten Nichtsein überall nichts ist (TheaeL 189 A), so ist auch ein ab-.
solutes Nichtsein undenkbar, unsagbar, ausdrucks- und bezeichnungs?
los, kurz ein Unding (Soph. 237D); eine Behauptung begegnet und
widerlegt sich in der andern. Uebrig bleibt, in der grosten Allge-
meinheit die Begriffe Sein und Nichtsein einander gegenüberstehend
aufzufassen, die sich einer den andern vermittelst des Gegensatzes
setzen y und ebenfalls jeden andern Begriff aus- dem Gegensatz zu allem
andern zu bestimmen und dieses als das '&«t£^ov zu begreifen, ohne
welches das xuvxov nicht ist, um so die falsche Meinung als diesem
Nichtsein anhaftend wid wirklich stattfindend sowol in der Wechsel-
beziehung zur Wahrnehmung (Theaet. 195 C D) als zum Gedachten
(196 A B) zu erkennen. Konnte also ein solches ^axsQov gegen&ber
denjenigen Philosophen erwiesen werden, welche immer nur vom
Sein, wenn auch von einem zwiefach oder dreifach getheilten spra-
chen, so war für die Möglichkeit der falschen Meinung das ihr ent-
sprechende Terrain gewonnen. Hier tritt also die Kritik der ver-
scltiedenen, seither geltenden phiiophischen Ansichten ein (Soph.
243 D). .
E. Albert! : zw Wal^tilc dei Platon. 127
Zweites Capifel.
Der Vaaen «er PIOlMopUe Im fikif M^iea*
§ 1. Gesichtspunkt, wie Platon sowol Ahdere als'
im besondern den Parmenides kritisiert. Die Kritik dieser
Ansichten, d.h. ein wesentlicher Theil des Inhalts inx Sophisten fordert
ein Eingehen auf den Gesichtspunkt, den Platon auf die Möglichkeit-
falscher Meinung gerichtet hält , um einzusehen , dasz ein solches StQck
Geschichte der Philosophie der Entwicklung der eignen Ansicht Pia-'
Ions hauptsächlich dienen und auf die Ideenlehre nothwend ig hinleiten
sollte. Sie sieht in den philosophischen Ansichten, die ihr von den
ersten Naturphilosophen herab vorangtengen , unzureichende Versuche*
die Vielhett^ das All, mit der Einheit, welche es erklären könnte, to
vermitteln, Versuche welche einem fortgeschrittenem wissenschaft-
lichen Standpunkt besonders deshalb ungenögend sind ^ weil sie nur
mit den allgemelneh Principien von Sein und Vielheit mehr oder we-*
niger in einem Kampf, das Verhältnis derselben an sieh zu bestimmen
beschäftigt waren , ohne dasz in der Allgemeinheit derselben die Mög-
lichkeit eines befriedigenden Resultates gegeben war. Denn bei dieser
allgemeinen Fassung stellte sich entweder der Begriff des Sein absolut
so heraus , dasz das Nichtsein ihm gegenüber völlig bestimMungsloS
war (wie beim Parmenides), oder die Identität des Einen und des
Vielen im Werden (beim Heraklit) hob jedes Sein in der Allgemeinheit
ebensowol auf als das Nichtsein , so jedoch dasz hier Sein und Nic]^->
sein in den ^inenBegrifrdesW.erden8 verschmolzen, wähi^end die ersten
Versuche der lonier, welche das Sein ein Zwiefaches, wie "Wärrtie*
und Kälte, oder ein Dreifaches nannten, den Begriff des Sein an sich
auszen vor lieszen und völlig, was es sei, verdunkelten« Mit dieser
letztem Bemerkung inacht sich Platon von der Kritik der im Sophisten
(343 D — ^244 B) beröhrten Ansicht der sog. Naturphilosophen (vgl. Her-:
mann a. 0. S. 146 mit Anm. 26 u. 26) 'los. Den Fortschritt, weichet'
gegenüber dieser Art rein materieller Betrachtung die Ansicht des Pai^-
menides zu einer höbern Abstraction des reinen Eins charakterisiert,
beachtet Platon von dem von ihm eingenommenen Standpunkt aus nicht,'
auf dem es ihm nur darauf ankam ^ das bereits anders gefaszte Eins
mit der Vielheit in einer Vermittlung zu denken , ' durch welche da»
begrififUche Eins' in der Manigfaltigkeit vermöge dialektischer Me-
thode, wenn richtig gesucht, auf der einen Seite das Wissen b^edingte,
während auf der andern Seite die falsche Combination zwischen Be-
griff und Manigfaltigkeit oder zwischen dem ManigfaUigen allein
vermöge Unklarheit die Möglichkeit der falschen Meinung voraussetzte.
Er beseitigt jenes Philosophem der Materialisten , krrflpit aber die Kritik
der patmen ideischen Ansicht ohne weiteres daran , wie er sie (346 £)
mit jenem, als dem Wesen nach demselben, unter dieselben Worte
subsumiert. Der Widerspruch nemlich , welcher darin liegt , Von dem
Ein als Sein zu sprechen, ist in der Duplicitäi' des Ausdrucks, wel-
cher, am Eins zu bezeichnen, nldil zwiefach sein kaum cflüd als Zwie-
9*
128 £. A11;»era: zur BialekUk des Piaton.
foches, das Eins sein soll, den einen oder andern Ausdruck zum re-
lativen Attribut herabdrückt, zum Namen eines Namens, wornach das
Ein nicht als Sein, sondern als seiendes Ein bezeichnet wird, als ein
des Seins an sich entbehrendes Ein an sich (24^ C D). Bas Ein als
All zu bezeichnen ist ebenfalls Widerspruch. Insofern das Sein nem-
lieh seiner Natur nach auch dem Ein innewohnen kann, ist es doch
mit dem Ein nicht zu identificieren (245 B). Insofern aber das AU
nicht ohne Theile zu denken, in der Identität der Theile freilich das
Ein sein kann, ist es doch insofern das Ein nicht, als der Natur des
Ein der Theil widerspricht. Sind nun das Sein und das All nicht
identisch, so wird steh nicht blosz zeigen, dasz der Inbegriff aller
seienden Theile mehr sein könne als dies Ein, sondern das Ganze,
auszer dasz es ein Nichtsein begreift, auch nicht werden kann zanfi
Sein, vielmehr jedes, wie es eben wird, so grosz oder so klein, das.
Ganze ist, insofern es ein Sein ist. Plalon geht aber über die Ansicht
des Parmenides mit dieser Auffassung eines aus Thellen bestehenden
Ganzen hinaus, aus welchem Begriff heraus Sein und Ein auseinander-
fallen. Ihm lag der G^edanke nahe, um die Einheit dennoch festzu-
halten, den aligemein abstracten, mit dem Sein als realen Stoff zu-
sammengehenden Begriff desselben nun im besondern als Form zo
fassen, welcher die ManigfalUgkeit reflectiere und ihr in der Weise
Bestimmtheit gebe, dasz alles an ihr, was nicht Einheil sei, als Nicht-
sein erscheint, ein Nichtsein, von welchem bei der parmenideisehen
Ansicht, die ein Manigfaltijges entweder gar nicht oder doch in Ver-
mittlung mit dem Ein nicht anerkennt , gar nicht die Rede sein kann.
Daraus erhellt sogleich der wesentliche Unterschied, dasz für Parme-
nides alles Wissen in keiner Weise die Erkenntnis des Ein im Manig-
faltigen ist, für Piaton aber das Wissen der Einheit das Wissen der
ManigfalUgkeit in der Einheit voraussetzt, während sogleich die Mög-
Uehkeit gegeben ist, dasz die falsche Meinung zur Erf^issung der Ein-
heit im Manigfaltigen nicht vorschreile, sondern im MaDigfaltigen,
ohne die Einheit zu gewinnen, hangen bleibt, in welchem Fall das
Manigfaltige das Nichtsein ist , was Piaton zu erweisen strebt. Bt'iekt
diese Ansicht aus. der Kritik des parmenideisehen Ein, als Ganzes. ge-
faszt, durch, so wird sie mehr und mehr in der Kritik der folgenden
Philosopheme bestätigt.
§ 2. Wie die Atomisten and Megariker. Von dem
Standpunkt aus , auf welchem Piaton vermittelst seiner Ideenlehre die
Wissenschaft in dem: Sinn für möglich hielt, als auch die Vielheit
nicht ohne Vermittlung mit derselben blieb, sondern soweit sie Idee
sei, der wissenschaftlichen ErkeiiTitnis zugänglich war, während auf
dem Gebiet der ideenlosen Manigfalligkeil in falscher Combination die
üBtlsche Meinung sich bewegte : von diesem Standpunkt aus sah Pia-
ton in dem System der Atomisten ebensowol als in dem bei weitem
jüngeren, von. Platon durch persönlichen Verkehr (248 B) kennen ge-
lernten *Philosophem der Megariker eine mit seiner Ansicht unver-
trägliche Einseitigkeit, vermöge der er die beiden der Zeit nach ein-
£. A&ecU: rar DkldOik des Pklon. ISO
aftder enCfemi liegenden philoso^ischen SpeeiilaüooeB zusammen-
siellte, ohne der historisehen fintwieklung- seine Aufmerksamkeit vet
ter zu schenken (346 — ^249 !>). Was das System der Atomistai be-
triff!, so konnte in ihm, weil es bei allem Scharfsinn, die Vielheit
auf Ucbestandtheile zurückzurüÄren und aus ihnen zu erklären, aus
dem Wesen der Vielheit und des Stofflichen nicht heraus zu einer
höhern Einheit kam , von einem über dem Gebiet der Wahrnehmung
in den Begriffen ruhenden Wissen schwerlich die Rede sein, und musle
es far .Piaton genügen sie des Widerspruchs zu überführen, das Be*
griffUche in gewisser Hinsicht annehmen zu müssen. Denn ob sie
gleich der Seele keine Immaterialität zugestanden , so musten sie doch
das Vermögen an sich , nach welchem ein Körper überall etwas ande«
res machen oder leiden kann, als ein Abstraetcs annehmen, zumal in
ihrem System Ausdrücke wie nu^aylyvea&at und autoyfyvsff^ai vor-
kamen, die auf ein solches Vermögen hinwiesen. Wie bei einer Theo-
rie, in der das Werden der Vielheit aus Atomen die Hauptgedanken
bildet, ein Vermögen, wodurch sie wird, mag dieses in Zufall beste-
hen oder im Naturgesetz begründet sein , als Begriff abstrahiert wird,
dessen reelle Wirkung zwar in den Atomen wirksam ist, ohne welchen
an sich aber dieselben auch nicht wirksam gedacht werden können,
erkennt Piaton mit Recht in diesem Vermögen einen ursprüngUeh
auszen stehenden Begriff, welcher der Reflexion über die Möglichkeit
atomischer Bildung, d. h. der Vielheit überhaupt nothwendig ist.
Nimmt dagegen eine andere, bereits über die materielle Einseitigkeii
gehobene Theorie, welche das Sein gewisser und zwar begrifflicher Ein*
heilen auszer der Vielheit für Wahrheit anerkennt , diese Möglichkeit
etwas zu thun oder zu leiden nicht an, wie dies die Ansicht der Me-
gariker war , so ist hier von einem Wissen der Einheilen nicht zu reden
möglich, wenn anders jene Einheiten auch sind, insofern sie dem
Bewuslbsetn zugänglich sind. Denn ein absolutes Sein und ein Sein,
das ins Bewostsein fällt , oder cin^ unvermitteltes Sein und ein vermil«
teltes ist nicht dasselbe , wenigstens dieses , insoweit es erkannt wird,
affi^clert, jenes aber für uns überall ein bestimmungsloses Unding ohne
jegliches Attribut. Faszien die Atomisten die Bewegung identisch mit
ihrer stets werdenden Vielheit, ohne feste Begriffe anzunehmen: so
identiUcierten die Megariker die Ruhe mit ihren Begriffen , ohne eine
Combination anzunehmen , die ihr Wissen ermöglichte. Die absolute
Fassung der beiden Begriffe entweder der Bewegung oder der Ruhe
gestallet aber in beiden Fällen kein Wissen entweder von der Vielheit
oder von der Einheit. Aus dieser Verlegenheit kann eine Combination
des Begriffs mit der Manigfaltigkeit in der Weise retten, dasz man beide
dem Sein subsumiere, sogleieh aber das Nichtsein entgegenstelle, in-
dem man annehme, dasz insofern die Ruhe das Sein sei, das Sein
nicht die Bewegung sei. Diese Combination, diese lieber- und Unter-
ordnung der Begriffe untereinander ist im speciellen Fall die bestimmte
Interpretation des Wissens, die sichere, mit begrifflicher Strenge und
Unierseheidung alles Unterschiedlichen durchgeführte Methode der
tSD E. Alberti: sor MüeltfiL 4m Pfetan.
DialektflL. Bm OnttrscUeittiehe ist 4«s «irri^, degscn Plalon i
960 S ak deijenigeA gedenkt, was doreh GegeMteUoiig klarer würde;
es ist der Reflex des bestimmten Begriffs an vielem, was nieht bestimmter
Begriff ist, ist z. B. am Begriffe des guten Mensehen der Menseh, der
in vieler Hinsieht auch nieht ist« DielComliinalion der Begriffe ist also
raöglicb, wenn sie sich vom allgemeineren zum besondern unterord-
nen und wenn der Begriff vielfach bestimmtes ist, an unendlich vielem,
was er nicht ist, refleetiert wird. Der Reflex an der Vielheit gehört
nothwendig dazu, den Begriff zu bestimmen, insofern aber der Reflex
des Vielen, was der Begriff nieht ist, das Nichtsein ist, dessen Mög-
lichkeit von vorn herein erwiesen werden sollte, so zeigt sich, dasz
bei stattfindender Combination der Begriffe dieses Nichtsein in der
Vielheit dergestalt ist , dasz der allgemeinere Begriff gegen den ihm
untergeordneten in dem Verhältnis steht, wie ein allgemeinerer Reflex
des Nichtsein zu einem besondern, obgleich zwar die Begriffe an sieh,
in der Abgezogenheit voneinander gedacht, dieselbe allgemeine We-
senheit unter sich theilen, doch eine solche, die f&r das Wissen keine
ist. Dasz die Megariker die Begriffe blosz in der Allgemeinheit auf-
stellten , ohne die Vielheit derselben unter sich refleclieren zu lassen
und der Vielheit neben jenen auch ein Sein , wenn auch in der Form
des Nichtsein neben den Ideen zuzutheiien , das war der Mangel ihres
Systems, wie es das 251 B C erwähnte Beispiel deutlich darthut
§ 3. Die dialektische Methode und Combination
der Begriffe, ^^xsqov. Wie die Combination der Begriffe , wie
ihre Ueber- und Unterordnung sei, um dem Wissen zu dienen, diesen
Gedanken verfolgt Piaton im folgenden Theil des Sophisten mehr und
mehr. Nach den Worten 253 C besteht die dialektische Methode darin,
einen Begriff nach seiner Combination mit vielen (Sta noXXmv navtf^
duftitccfiivtiv), deren jeder verschieden ist, und viele nach ihrer Com«
bination mit einem («al fcellag imo fiuig jte^uxofiivag) , sowie einen Be-
griff in seinem einheitlichen Zusammenhang durch viele (fäcsv di oXwy
jsolXcSv iv M cwi^fifUiffiv) und die vielen in ihrer absoluten Ver«
schiedenheit (fgoJiXag x<»^i$ nivtri dito^^ivaq) hinlänglich wahrneh-
men zu können, und dieses ist dasselbe, heiszt es an derselben Stelle,
als nach Art zu entscheiden wissen , wie (j;) jeder Begriff sich ver-
einen könne und wo (iny) nicht. Dasz aber dieses letztere auf die
Vielheit geht , welche im Reflex der an ihnen in gewisser Combination
arscheinenden Begriffe steht, ist klar, sowie auch dasz die Vielheit,
insofern an ihr die Begriffe erkannt sind, unter das Wissen fällt und
nur ist, insoweit sie Begriff ist (vgl. Zeller a. 0. S. 187). Diese be-
griffliche Construction, vermöge deren sowol die Begriff» an sieh
im Verhältnis stehen, wie die Vielheit durch das Verhältnis jener dem
Wissen zugänglich wird, vermiszte Pli^n an allen Philosophemen,
deren er resümierend 262 A — E wieder gedenkt und die er aus diesem
Gesichtspunkt behandelt. Von dreien Versuchen ist jener für die Wissen-
schaft subjectiv oder objectiv — denn beides fällt ziisammen, das
Wissen mit den Sein — der allein mögliche. Die Atomisten wie die
E. AUKiä : mr DMokÜk <lt»nttlo&. fSl
die Anhänger des HeraUit wie die Megariker, tUe hailen
naoh Piaton keine Vermittlung zwischen ov und jk^ Sv erreieht« Weil
das ov an sich in unliegrenzter Ausdehnung seiner durch Combinatton
untereinander nicht begrenzten Wesenheit verblieb, so drängte es
sieh ailenlhalben hervor, um Widerspräche zu erzeugen. Blieb aber
dieser Versuch ungenügend, so genügte ein anderer ebensowenig,
welcher die fiegriife selbst durch absolute Unbedingtheit der Vermitt-
lung wieder aufhob. Piaton entgieng beiden Irlhümern durch die
Annahme: die Vermittlung ist bedingt, und zwar bleibt es der dialek-
tischen Methode vorbehalten an der Corabinalionsiahigkeit der Begriffe
nach der 153 D £ auseinandergesetzten Weise richtig zur Erkenntnis
vorzttschreiten. Wird dieser Erklärung die fernere Unterscheidung
zwischen einem Philosophen und Sophisten unmittelbar angefügt (254 A)
und ¥rird unter dem bezeichneten, womit sich jener beschäftigt, die
richtige Gombination der Begriffe verslanden, wovon ein Beispiel folgt
(354 D — 259B), so kann jetzt auch das firi ov, als worin das Wesen des
Sc^histen wurzelt, bestimmter gefaszt und die 'tl^evö^g öo^^e auf dem Ge-
biete desselben näher erklärt werden,insofern schon klar ist,dasz dasViele,
was Begriff nicht ist und ihm gegenüber das ^ats^ov bildete, für begriff-
liche Wahrheit oder Wissen nur von der tfiev^i^ io^a ausgegeben wird«
Nachdem sich dem ov oder dem Begriff das ^axiqov entgegen-
gestdlthat, ist er nach dem allgemeinen Ausdruck, dasz das Sein
nieht ohne das Nichtsein gewust wird, bestimmbar geworden. Die
Kritik im Theaetet führte zum Begriff (185 C) , die Kritik im Sophisten
zu dem was nicht Begriff ist (258 D) , so dasz eine die andere ergänzt.
Um die Begriffe untereinander zu bestimmen , dient als Beispiel der '
Versuch an den fünf allgemeinsten (254 D (AiyiOTa) Begriffen: Sein,
Anderes, Dasselbe, Ruhe, Bewegung. Wir bemerken: an sich ist
jeder Begriff «ocvrov, bei der Gegenstellung zum andern ist das ^ors*
^ov (355 D), zwischen 0rcciStg und vivrfi$g ist das ^arc^ov als Gegensatz,
zwischen dem ov und jedem der beiden andern als Unterordnung. Be-
griffe im Gegensatz können an einem dritten, aber nicht unter sich in
Verbindung treten (256 B a. £.). Die Begriffe tavsov und ^ate^
sind solche, welche das Verhältnis der andern bezeichnen, und immer
mit den andern gegeben (avftfitywiiivm i%slvo$g i^ ivciy%tis ««/).
Jeder Begriff hat in den vier andern ebensoviele Bestimmungen des
Nichtsein, z. B, die Bewegung ist nicht tavxov^ nicht ^at€(fov^ nicht
(nu0$gj nicht ov, und wenn tuvzov und ov nicht verschieden wären,
so wären die ittuif^g und die Hlvffitg.^ welche beide:n untergeordnet
werden, beide an einem dritten ein vavvovj was unmöglich ist (255 B
g* £•), und ov und &ateQOv sind, verschieden , denn oxiotq und «^
vnfit^ sind nieht ebenso, wie sie ein anderes sind; am Sein sind beide
nebengeordnet, am Andern scblieszen sie sich aus^ Ist jeder Begriff,
so setzt er mit dem Sein ein unendliches Nichtsein : das Nichtsein der
Bewegung ist das Sein der Ruhe , des Oars^ov, des ov, des tawtov
und so ins unendliche, so dasz das. Nichtsein jedes Begriffs Sa$v4fifV
ist, und dem Sein, an dem alle Begriffe Theil haben, ist das Sein
ISS E. Albefti: zur Bcri^ktik des Piatoni
der Begriffe das Ntehteein. * Hier ist klar, dasz ehien Begriff er-
kennen ihn im Reflex des Nichtsein bis zur untersehiedKdien Be-
stimmtheit verfolgen heiszt, was ohne den Reflex unmöglich ist, wie
dieses in der Formel vom Ein und Nicht-Ein ausgedröckt so viel be-
deutet , als dasz das Ein nicht ohne das Nicht-Ein sein kann und um-
gekehrt, oder an einem Beispiel: ein guter Mensch ist ohne die Be-
griffe gut, Mensch und all das unendliche was er nicht ist, Thier,
schlecht usw. nicht zu denken. Nichtsein ist immer, zwar nicht an den
Begriffen an sich, aber diese sind auch fQr das Wissen keine, sondern
in dem Verhältnis der Begriffe unter sich, und die Begriffe werden
dadurch Verstandesbegriffe , dasz sie im Verhältnis zu den Begriffen,
welche sie nicht sind , aufgefaszt werden. Denn über alle Begriffe ist
das Nichtsein vertheilt nicht als ein Gegentheil (ivavrlov) des Sein;
sondern auch als ein , allerdings dem bestimmten Sein des einzelnen
Begriffs entgegenstehendes Sein (ftf^ov 257 B), ganz in demselben Ver-
hältnis wie grosz und nichlgrosz sich entgegenstehen und beide sind.
Es leuchtet ein, dasz die logische Definition mit dem Begriffais Verstandes-
begriff zusammenfällt und denVerstandesbegriff bis zur bestimmten Unter-
schiedlichkeit von jeglichem '^crre^ov loslösen eben ihn definieren heiszt,
was dasselbe mit der 253 C beschriebenen dialektischen Methode ist.
§ 4. Das Verhältnis des Xoyog, der diavoict, über-
haupt der Auffassung zum Nichtsein. Wie die Erörterung
im Sophisten dient, um nach der logischen Seite die Definition vom
Wissen im Theaetet zu vervollkommnen , welchem Zweck auch das
femer über das Wort und die falsche Meinung gesagte und sehr an
' den Theaetet erinnernde sich anschlieszt, so handelt sie auf der andern
Seite über den Begriff gerade so, dasz er, wie er logisch bestimmt
ist, ontologisch da ist, in einer Weise welche zwischen der logischen
und ontologischen Seite nicht unterscheidet. So lange die Definition
den Begriff nicht vom ^itsQOv getrennt hat, fehlt ihr Beslimmtheitj
sie setzt statt Wissen vielmehr falsche Meinung voraus (260 C), wie
dieselbe nach Theaet 189 B ein Meinen des Nichtseienden ist. Wurde
der Begriff überall als ein Gegenstand der Definition behandelt, so
konnte sich die Frage aufwerfen (260 E ra^a d' av ipalrj)^. hat das
Wort, welches die Definition ausdrückt, am Nichtsein Theil und ist
deshalb falsche Definition möglich? eine Frage die auch vor und
während Plalons Lebenszeit aufgeworfen worden ist und welche auf
die öiavota ausgedehnt wurde, indem man fragte, ob diese am Nicht-
sein Theil habe. Das Wort wird hier ( 260 D f.) ergänzend zum
Theaetet (209 A und 210 A und der ganzen vorhergehenden etymolo-
gisöhen Auffassung und dem Verständnis des Worts nach der ^o6og
tßv axoiyjBltQv) als Vehikel des Begriffs nach den zwei Wortarten, die
zur Verbindung nothwendig sind , dem ^^fttf und dem ovofft« unter-
schieden und ihre Verbindung ist der X6yog\ denn nach der Verbin-
dung oder NichtVerbindung wird Xiyuv und hvo^ii^Hv (262 D) als
Ausdruck des Seins vom Sein und NichtäMn (262 C) von der inhalt-
lösen Aussprache des Wortlauts unterschieden, wie denn auch beim
E. Alb«rU : zm Uatefetlk d^ Plalon« IM
Wort 4Mit^e wie beim &eg>riff gilt, dass erst die Verbindung
das Verständnis des Worts wie dort des Begriifs eröffnet. Diese
nemHefa drückt immer etwas aus; was s^e aber ausdrückt, das
kann nur zweierlei sein, 8ein oder Nichtsein; ist es jenes, so
ist das Wort wahr, ist es dieses (das Nichtsein, wie wir es kennen
geleml hab^) , so ist das Wort falsch , und weil das Nichtsein von
jedem Sein ein unendliches ist, so kann das Wort unendlich vielfach
ein falsches sein, z. B. der Mensch ist Thier, Baum usw., und weil
das Sein g^e^nüber dem Nichtsein eine Reihe Bestimmung^en hat, viel-
fach wahr, z« 6* der Mensch ist ein vernünftiges Wesen, ist sterblich
usw. Mit Rückblick auf Theaet. 169 D E, wo* die dtavouc als ein
Sprechen der Seele mit sich selbst erklärt wurde, heiszt jetzt der
Hyog der Ausdruck der dtavouc, und zwar wird in dieser die fpavtatsUt
von der ^o|a unterschieden , welche ein Meinen über die durch die
Sinne vermittelten Eindrücke ist, so dasz hiernach dem im Theaet. 161 D
erwähnten do^aiBiv dC nl^^rfiemg^ gegenüber dem do^ainv der Seele
amil na^ av%<qv^ ein Name zugetheilt wird. Die iiivoia aber findet
als ein innerer dtiloyog in tpictg und i7t6q>€iCiq die Beendigung
{oTUntUvtffitq) des Sprechens in der do|tf. Dasz nun auch diesen
dreien Vermögen der Seele die falsche Meinung innewohne , wird aus
ihrer Verwandtschaft mit dem koyog kurz erwiesen ; doch dient der
Erweis, um die Definition der sophistischen Kunst zu erhärten als
derjenigen , welche , wie sie nun im allgemeinen das fi^ ov teuschend
mit dem ov des Worts, der Meinung und Phantasie zu bemänteln, an
jenem dieses nachzuahmen sucht, im besondern nach der Art und
Weise, wie sie in dieser teuschenden Nachahmung verfahrt, erklärt,
zugleich aber einer ebenso speciell nach Art und Weise gezeichneten
sfaatsmännischen Nachahmungskunst entgegengestellt wird. Wort und
Meinung selbst werden hier als Nachahmungen dessen gefaszt, was
an den Begriffen prototypisch ist oder nicht ist, falsches Wort im beson-
dern als Nachahmung dessen, was an den Begriffen das Nichtsein
ist, so jedoch dasz vor einer solchen Nachahmung das Sein und das
Nichtsein selbst sich verwischen und verdunkeln. Deshalb do^ofeifcf^
«i»^. In der correspondierend in je 2 Theile zerlegten göttlichen und
menschlicheif Kunst wird in jeder vom Prototyp ein Bild unterschieden,
jenes x6 uv%6 und die Kunst es zu schaffen uvtfMovqcMr^^ dieses
Of&ofofia und die Kunst es zu schaffen tidiahMoui^ genannt, und man
darf annehmen, dasz das Prototyp den wahren Abdruck des Begriffs
als Erscheinung , in welcher er erkannt werde , und das eiSoilov als
eine zweite Copie des Begriffs nach Verhältnissen in Wort, Farbe usw.
die Erscheinung ausdrückt , so dasz der üiolwto^iauq Wahrheit inne-
wohnt, insofern die Verhältnisse den Begriff des auszudrückenden
nicht verdunkeln, im entgegengesetzten Fall, wenn die Verhliltnisse
nur scheinbar sind, in ihr nur dann Wahrheit ist, wenn die Verhält-
nisse das Wissen des prototypischen Begriffs niicht ausschlieszen. Die
Maehahmung nach wahren Verhältnissen heiszt d%a<s%t,%ri^ die Nach-
ahmimg naob scheinbaren Verhältnissen ist die ^vtuctwq^ und diese.
IM £. Alberfi: w Diatakttt d«t PlaAon.
von ktinem Wissen um dns Prototyp begl^kt^ die iol^ßiufufßf^ii^. In
sUer Kunst, mag sie im Bild oder ohne Bild sich darstellen, gilt aber
Wahrheit nur, insofern die Kunst Wissen ist, wie von ihren Darstel-
lungen , insofern sie auf den Begriff zurückweisen. Die natHrliche
Welt selbst wie die Bilder derselben in Schatten, Wasser usw. sind
ebenso wol nur wahr, insofern sie im Reflex des Begriffes erscheinen,
als des Menschen Schöpfungen in That und Wort und die Nachbilder
seiner Schöpfungen nur im Reflex des Begriffs wahr sind und sind,
und dasz der Begriff die Einheit wie die Wahrheit der Welt wie der
Gedanken bilde, geht aU Faden durch den ganzen Excurs über die
Kunst und die Nachahmung , wie es anderseits nach den in Folge des
durchgegangenen Beispiels (255 D f.) gefallenen Aeuszerungen über
die Begriffe , sowie mehreren andern Orten anders nicht folgen konnte,
obwol freilich die Begriffe selbst als Einheiten, an denen da^ Sein
und das Nichtsein nothwendig seien , in der nothwendigen Gegenüber-
stellung zur Vielheit der Erscheinung einer vervollständigenden dia-
lektischen Erörterung noch bedurften, zumal da sich das Gebiet der
Erscheinung, wie es von jeder Art der genannten göttlichen und
menschlichen Kunst dargestellt und von der Meinung und dem Worte
aufgefaszt wurde , jetzt noch deutlicher gezeigt haU
§5. Hinüberleitung in den Parmenides. Da kommt
es nun darauf an, dieses im Sophisten hervorblickende Verhältnis des
Begriffs zur Vielheit gegen die dagegen sich erhebenden Bedenken
und in entschiedenem Erweis die nolhwendige Zusammengehörigkeit
beider festzustellen, eine Aufgabe die des Gespräches unmittelbare
Vollendung zu sein und auf welche nun der Schlusz des Sophisten
von neuem hinzuweisen scheint , wenn gleich dieselbe tiefer noch
mit dem angenommenen philosophischen Standpunkt des Piaton zu«
sammenhieng , als dasz sie , allein aus jener Schluszbetrachtung des
Sophisten hervorgegangen, endlich im Parmenides ihren entschiede-
nen Ausdruck gefunden hat; vielmehr ist sie nun auch und zwar als
letzte Consequenz aus der im Theaetet aufgeworfenen Frage, was
Wissenschaft sei , an welche schon der Sophist sich geknüpft halte,
anzusehen , eine Consequenz welche den kritisch durchgegangenen
Phflosophemen die platonische Philosophie entgegenstellte. Denn ge*
genüber der heraklitisch-sophistischen Ansicht nahm der Theaetet einer-
seits Begriffe an und anderseits eine Unterschiedlichkeit derselben,
ohne deren nähere Bestimmung falsche Meinung möglich sei , d. h* er
setzte zunächst Formen, in welchen die Flut der Erscheinungen zu
denkbaren Einheiten beharrte; anschlieszend daran und zwischen
Denk* und ontologischen Begriffen nicht unterscheidend erwies, der
Sophist zu der Gombinationsfahigkeit in Begriffen die Nothwendigkeit
des (n^ ov, indem er die Erscheinungen auszer Augen Hess, in der
•Stellimg der Begriffe untereinander. In diesem gewonnenen Begriffe
aber stellen sich den Begriffen die Erscheinungen auch schon wieder
zur Seite. Denn die Begriffe, welche den einzelnen Begriff im Ver-
hältnis zu sich selbst bestimmen und in diesem Sinn das f^ av bUd^sa,
E. Albertii: aur BMektlk dtts FUtoa. 185
stehn do<^ nach der uaendHeheii ReUie , worin die Begriffe theils in
Ijieils ohne Verbindung sieh gegenüberstehen, auch mdgiidierweise
vielfoeh in Neben-, lieber- und Unterordnung, und so ist jeder Begriff
in ebenso vielen Erscheinungen gefaszt, als Verbindungen existieren,
z. B. der gute Mensch, der schlechte Mensch usw., weshalb schon im
Sophisten gesagt ist, einige Begriffe verbinden sich mit einigen , mit
andern nicht. Diese Reihe von Verbindungen , in der jeder Begriff
ist, dient nun wiederum, um ihn seiner einheitlichen Bestimmtheit
nach mit dem Inhalt zu ergänzen, und so sehr der Begriff die einheü»
liehe Realität ist, so wenig ist doch dieselbe ohne jene Verbindun-
gen, und wie dieses gilt, so gilt auch die Umkehr des Salzes, dasz
nemlich ^ie Reihe von Verbindungen nicht ist ohne die einheitliche
Realität. Die Vielheit , in die sich auf diesem Wege der Verbindung
Jeder Begriff gleichsam zerspaltet, bildet einen unendlichen Inhalt
desselben, dessen Form er in der Einheit ausdrückt, und dem es, so-
fern der Begriff in ihm ist, nicht an Realität fehlt. Haben wir aber
nun diese Ansicht des Piaion bis jetzt aus den Folgerungen schlieszen
können, welche der Sophist an die Hand gibt, so ergibt sich, um den
Parmenides aufzufassen, ein anderer Gesichtspunkt, als der ist, von
welchem aus man den Piaton damit beschäftigt sieht, die Ideen in
ihrem Verhältnis zueinander zu erweisen, was er doch schon im
Sophisten gelhan hat (Hegel), oder als der ist, von welchem aus er
der Methode der Dialektik und dem Trieb eignen Forschens gedient
haben soll (Schleiermacher, Ast); es ergibt sich vielmehr der Ge-
sichtspunkt, aus welchem Zeller a. 0. S. 186 f. kurz und treffend den
Parmenides an den Sophisten angeschlossen hat.
Drittes Capitel.
Ueber den Parmenides.
§ 1. Der Eingang des Gesprächs nach dem Zusam-
menhang mit dem Sophisten. Die Ideen. Darnach fragt sieh
Jedoch, ob der Parmenides diese Ansieht, mit welcher er betrachtet wird,
Teehtferligt und ob er wirklich den Beweis enthält, dasz die Erscheinungs-
weit gegenüber den Begriffen nicht anders aufzufassen sei als das Ver-
hältnis, in welchem die Ideen untereinander sich nicht ausschlieszen, son-
dern verbinden. Die eben genannten Ansichten, die dieses zur Frage ge-
stellt haben , widerlegen sich am besten durch den Gang des Gesprächs
eelbsL Der Ausgang von Zenons Satz ftijf nokXa slvai und der Gegen-
satz des Sokrates 'Begriffe sind' leitet zunächst die Schwierigkeiten
eich das Verhältnis der Vieftieit zu den Begriffen zu denken ein. Der
versteckte Sinn des zenonischen Satzes geht mit dem parmenideisdien,
dessen Stütze er sein soll , parallel. Bemerkt man dasz die Wendung
auf die Ideen geschieht, um der Schwierigkeit, von dem Vielen so-
gleich dies und das Gegenlheil aussagen zu kennen, vorzubeugen:
so liegt die Absicht vor, keineswegs die Untersuchung auf das Wesen
der Begriffe an sich allein hinüberzuleiten, sondern die ErscheinoAg
IM E. AlberU: zur OmMOUl des Plotoa.
durch Be§^ffe dergestalt zu eridßü^n, da» mA an ihr» ohne dasz
aie das unmdglicfae erleidet, entgegengesetzte Bestimmungeo vereini-
gen. Hat nun der Sophist unter den Begriffen an sich das ^«m^ov
als fi^ ov erklärt, so ergibt sich , dasz an der Erscheinung, an welcher
mehrere Begriffe sich vereinigen, der Begriff mit dem ^avc^v er-
scheint. Das Sein und Nichtsein vermischen sich in dem Sinn, da^
das Nichtsein jedes bestimmten Begriffs die andern sind , welche an
ihm sich zusammenstellen. Die Auseinandersetzung einer solchen
Natur, welcher der Parmenides gewidmet ist, ist ohne die im Sophi-
sten vorangegangene Untersuchung über die Begriffe nicht wol mög-
lich anzunehmen, weil sie nicht allein schon diese, sondern auch die
Möglichkeil ihrer Gombination untereinander als erwiesen voraussetzt
Der Sophist hat diese Gombination der Begriffe, wie schon oben be-
merkt, nach lieber-, Neben- und Unterstellung (2d4B) charakterisiert und
zwischen Begriffjen, die keine Gombination gestatten (vit dh fii})> die
tccvrov sind, und weiteren und engeren Begriffen der Beiordnung (xa
fiiv in oXlyoVy xa. d' ijA nolXa), also Praedicatsbegriffen unter-
schieden. Ferner war im Sophisten das Sein der Begriffe an sich
von dem Sein, an dem sie mit andern Theil haben, durch die Lehre
von ihrer Ueber- und Unterordnung; das Sein des Begriffs wie das
seines Gegenlheils 257 B in der Lehre vom Srs(^v des Nichtsein ge-
trennt. Auch in der von Zeller richtig gedeuteten Stelle 25S G geht
das ojty auf die concreten Erscheinungen, in denen mehrere und ent-
gegensiehende Begriffe sich vereinen können. Der ganze Abschnitt
steht als Thcil einer Abhandlung über die Begriffe an sich da, ohne
dasz sie an den Erscheinungen gesucht und in sie hineingeführt wor-
den sind. Damit war einem Theil der Forderung, welche Zenon
ausspricht (Parm. 129 E), die Begriffe zuvörderst an und für sich zu
trennen und dann zu beweisen, wie sie sich untereinander vermischen
und voneinander unterscheiden , im Sophisten Genüge geschehn. Doch
war der von Sokrates gleich darauf geäuszerten Ansicht: ich wurde
es um so lieber sehn, je mehr man diese Schwierigkeit im allgemei-
nen bei den Begriffen , wie bei denen die man an den sichtbaren Dingen
wahrnimmt (o^oo/xivoi^) , so bei den mit der Vernunft erfaszlen auf-
zeigt, noch keineswegs vollständig nachgekommen. Es war, trotz
aller zerstreuten Bemerkungen, in dem Zusammenhang der ganzen
Betrachtung im Sophisten eine Vermischung der logischen und onto-
logischen Seite der Begriffe sichtbar, welche dieser um so weniger
zu ihrem Rechte verhUft, je mehr jene dem Zweck des Sophisten zu-
nächst noch dient Ferner: der letzte Abschnitt über die avvii und
stdmXa der Erscheinungswelt läszl nach dem Zusammenhang, in wel-
chem er mit dem unmittelbar vorhergehenden (264 B) steht, das Ge-
biet der falschen Meinung anders als in ihnen nicht suchen« Nach
dem Grade, wie in ihnen Sein und Nichtsein sich verbindet, ist die
Gelegenheit am Nichtsein haften zu bleiben gegeben, indem dann
das Nichtsein der concreten Erscheinung nicht , wie in den logischen
Begriffen untereinander, zur Bestimmung dient, sondern das wahre
E. AMM : zur i^iaiekttk des Platon; 1S7
Sein, d. h, den Be^ff ignorieren läszl. Hierbei aber erörtert der
Sopfiäst die Stellung der Erscheinung^ zu den Begriffen nicht allein
nicht, sondern, wie sie von einem werismeisternden Gott gebildet ist,
entbehrt das Wie dieser Bildung jeder Andeutung auf den Begriff.
Dieser Mangel setzt zwischen dem Standpunkt, die Welt von den Be-
griffen unvermittelt durch einen selbstschöprerischen Act der göttlichen
Kunst entstehen, und dem andern, sie in die Weltseele hineinbauen
zu lassen, d. h. zwischen dem Sophisten und Timaeos eine Lücke der
Speculation voraus. Diärin hätte das Verhältnis der Idee zur Erschei-
nung metaphysisch erklärt werden müssen. Wir weichen deshalb
von Zeller (S. 189) in der Hauptsache nicht ab, wenn sich zeigt, dasz
der Parmenides die Lücke wirklich ausfüllt.
§2. Die sieben Aporien. Betrachten wir ihn näher. Dasz
Ttt nolXä des zenonischen Satzes die Vielheit der Erscheinungen der
Weitsten, kann kein Zweifel sein, da die Begriffe erst aufgestellt
werden und zwar so , als würde die Annahme derselben zum ersten-
mal postuliert. Dieser tefuschende Umstand zeigt doch, dasz die
Begriffe-, als wären sie noch gar nicht vorgekommen, durchaus metar
physisch, unter einem neuen Gesichtspunkt aufgefaszt dienen sollen,
die eirschelnende, unter sie gleichsam rabricierte Vielheit zu erklären.
Sogleich wichtig ist, dasz durch die Begriffe die Vermittlung des
Wissens geht. Die Vielheit nemlich ist das Gebiet der falschen Mei-
nung, Insofern sie nicht die Folie und den Inhält des Begriffs,' son-
dern einen selbständigen, ideenlosen Schein bildet. Ihr Verhälbiis
in den Ideen nimmt ihr die Selbständigkeil zwar als Schein , aber gibt
ihr Wesenheit als Begriffsinhalt Damit hört auch die falsche Meinung
auf; statt derselben ist das Wissen. Indem dieses mit' dem Sein zu-
sammenfallt, wird das Sein in seiner Bestimmtheit, in der Unter-
scheidung vom Nichtsein begriffen. Dieses ist die nolhweiidige Be^
difigung^ wie für das Wissen so für das Sein, Also setzte sich uran-
fang-Iich das Wissen in der Eeätität und in der gegenüber dem Nichtsein
reflectierten Bestimmth»t des Sein. Die vielen Objecte sind nur, in-
sofern sie in ihrer Bestimmtheit, wie am Ein, reflectiert werden. Die
Begriffe sind die nothwendigen Regulative, welche die unbestimmte
Vielheit zqjn Bewustsein bringen ; sie sind Bedingung des Sein und
des Wissens. Versteht man das eigentliche Connexum, so ist Tren-
nim^ nicht möglich (133 C. 134 A). Stellt man Begriff und Vielheii.
^gegeneinander, statt in der Identität zusammen : so ergeben sich nicht
zu losende Schwierigkeiten.
Zeller zählt sie unter drei Nummern auf (S. 180). Eigentlich
stehen die Aporien gegen die Art, sich die Ideen mit den Dingen ver-
niflftelt und doch beide als selbständig zu denken (p. 131 — 133 B), den
Aporien gegen die Art , sich die Ideen ohne Vermittlung zu denken
(133 B — 134 E) entgegen. Doch sind die ersten Aporien solcher Art;
dasz 'sie mehrere verschiedene Ansichten treffen: 1) die i^^elche die
Begriffe ganz in mehreren Dingen sein läszt und zwar in verschiede-
nen (131 A) und in gleichartigen, nur der Zeit nach getrennten, wie
18fr E. Alberti : zar BtoMktIk des Pbilon.
indeti Tagen (131 B); S) die ^elohe die Begriffe Xttin Th^il ia der
Vielheit sieht (131 G— E); 3) die welche das Gemdnsame vieler Dinge
als Idee erklärt (132 A B) ; 4) die welche die Begriffe für Denkformen
und diese mit der Vielheit vermittelt annimmt (132 C); 5) die welche
die Ideen für Urbilder der Vielheit und diese für Nachbilder hält (132 D.
133 A). Dahingegen sind die Aporien der zweiten Art nur der dop-
pelten Ansicht im Wege , weiche entweder 6) die logischen (132 C)
oder 7) die ontologischen Begriffe mit der Vielheit gar nicht vermittelt
(133 C — 134 E).
Ad 1. Ist der Begriff an sich , so ist er in den Dingen ausser
sich, wenn er ganz in den Dingen ist Das ist aber eine Aufhebung
der Idee als einer, d. h. in sich. Wenn aber Sokrates bemerkt , dast
das ildog des Tages ganz im Tage als Erscheinung, der Tag die ewige
Aufeinanderfolge derselben Dinge ist, deren jedem der Begriff des
Tages als Allgemeines zu Grunde liegt : so trifft hier zu , da der Tsig*
einifUHOv in der Zeit ist, wie dieses 132 D definiert wird, dasz das
ofAOtov der Erscheinung v5Uig das sUog ist und dieses d^ ebenso-
wenig einem andern als der Erscheinung gleich ist , wie die Erschein
nung einem andern als dem tldog. Sollen sie nun dennoch nicht das-
selbe sein, so müssen sie mit einem dritten gleich sein, bä weichet
Annahme nicht abzusehen ist , wo die Reihe aufhört und was das An*
sich des Begriffes anders als die imendüche Vielheit ist.
Ad 2. Ist der Tag als Idee dagegen nichts anderes als etwas,
woran der Tag als Erscheinung in der Reihe der Tage einen Theil hat,
so widerlegt Parmenides auch diese Art die Begriffe theilbar tVL den-
ken aus den Widersprüchen , in welche sie dadurch mit sich selbst
gerathen. Unmöglich ist es bei solchem Verhältnis Zu einem Wis-
sen zu gelangen. Denn in dem, worin er getheilt ist, kann der Begriff
niefat gedacht werden, wenn er nur als Einheit zum Bewustsein
kommt. So wird z. B. der Begriff Grosze in dem kleinem Theil , als
Grösze, ebensowenig als der Begriff Gleichheit in einem Theil, der
von der Gleichheit abweicht , erfaszt (131 C D).
Ad 3. Ein an den Erscheinungen als das gemeinsame aufge-
faszteir Begriff ist so lange nur, bis ein ihn und die Erscheinungen um-
fassender weiterer Begriff nicht vorhanden ist. Wo diesem aber bei
einer unendlichen Reihe der Fall ist, geht jener Begriff in den dritten
und immer ferneren auf. Wie dieses an dem Begnff der Gröaze gilt»
so an jedem andern insoweit , als der Begriff nicht eher bestimmt wird,
als bis die Reihe der Erscheinungen vollkommen abgeschlossen ist.
Indem bei einer unendlichen dieses nie der Fall ist, itird aueh der
Begriff nicht erklärt, wenn die Erscheinungen ihn besCimmen und
nicht umgekehrt dieser implicite eine unendliche Vielheit in sieh trägt«
Ad 4. Die Art die Begriffe als etwas aufzufassen, was allein im.
Gedanken sei, wird 132 B C angeführt, utn der VerlegeiAeit, Welche
die erste Auffassung von der Realität der Begriffe an sich bereifet bat,
zu entgehen. Aus ihr aber entspringt eine andere ebenso grosze Aporie.
Der Gedanke hat ein Substrat, ohne welches er nicht Gedanke ist.
E. Alberti : aor Dtäiektik des PlAloa IM
DieMs SabfCrat ial die Form, des Gedanke&s, das ddog^ sogleich auch
gedachtes. Zwei Fälle sind mßgliefa: nach dem einen sieht die Form
des Gedankens im Vefhällnis zur Vielheit. Dann ist der Begriff wie
die \ielheit reiner Gedanke (navfavoif), und die Schwierigkeit, wie
dadurch unmöglich die sinnlichen Erscheinungen erklärt werden , trer"*
bietet auf der einen Seite , dasz die Form von vom herein aus dem
Verh£Utnis zu diesem als rein gedachtes an sich losgelöst werde , als
auf der andern Seite die ünmöglichlieit dem Versuche, in ihr als ma-
terieller Einheit an sich die Vielheit zu begreifen, entg;egenstehl«
Ad 5. Die Ansicht von Begriffen als Urbildern, denen die Er«*
acheinungen als Nachbilder gleichen , insofern der begrifflichen Realitäi
eine ebenso reale Gopie entgegensteht, stöszt auf die Unmdgltchkeit,
zwischen beiden, als verschiedenartigem, scheiden zu können. Denn
indem man scheidet, kann von Gleichheit nicht die Rede sein, sondern
viehnehr mit dem Setzen eines Begriff» wird auch schon ein anderer
Begriff gesetzt, zwischen welchem und der Erscheinung die Gleichheil
möglicherweise vorhanden ist Weil es doch nicht der Fall ist, mnsz,
um die nicht zu erreichende Congruenz zu erreichen , immer wieder
ein anderer Begriff gesetzt werden. Vergleicht man die Stelle im So-»
phislen (265 C — ^E) und bemerkt man an der Wendung des Gesprächs,
welches von Theaetet die Anerkennung der ausgesprochenen Ansicht
als confessio benevolentiae erwartet hat, dasz die Ansicht eine eigen-
thOmliehe Stellung gegenüber dem tov TtoXkmf öoyfiati einnimmt : so
darf etnestheils die Stelle nicht erklärt werden, dasz der Werkmeister
die Erscheinungen als OjMuifuxta den Begriffen nachgebildet habe,
^eil dieses gar nicht Piatons eigenthümliche Meinung ist, sowie an-
demtheils die Eigenthümlichkeit derselben in den Worten liegt, dasz
Gott fu%a I070V X8 Kctl iniifvi^firig d. h. ebenso die Welt gemacht habe,
dasz dies beides an der Welt sichtbar ist. Daraus ergibt sich denn,
mreil wir wissen dasz Xoyog und ktiaxfi(ifi vom Begriff gelten, als Con-
seqnenz, dasz die Welt nur an dem Begriff oder in ihm gebildet sei
und da sei.
Ad 6. Die andere Seite« die Begriffe als Gedankehform ohne
Vermittlung mit der Vielheit zu setzen, bewirkt, dasz sie auch un-
denkbar sind , insofern eine Gedankenform ohne ein Substrat ein Un-
ding ist. Ueberhaupt
(Ad 7) das wichtigste, was gegen die Art Begriffe ohne Ver-
mitUung mit der Vielheit zu denken spricht, ist die nothwendig wer*
dende Aufhebung alles Wissens (133 B). Ohne nolhwendige begriff-
liche Existenz ein objectiv Reales zu erkennen ist für uns unmöglich.
£in Wissen von dem Begriff für sich kann nur im Verhältnis der Be-
grifTe untereinander , ebenso ein Wissen der Vielheit unter sich nur
im Verhältnis derselben unter sich verstanden werden. Was aber ist
das Wissen z. B. eines Schönen ohne den Begriff der Schönheit? Oder
wa» ist der Begriff der Schönheit ohne den Reflex eines Erscheinenden?
Gewis, man musz darüber, was der Begriff sei, in diesem FaU mit
Parmenides (136 A) in Verlegenheit sein , und ob sie auch noch so sehr
140 E. Alb^li: sor DMiekHk des PURoil
sei, die Well der Begriffe ist und UeiM eine terra ineegnit»^ SogieieU
aber wird alle Dialektik aufgehoben (IdS C). Dagegen hat, um der
uranfinglidi erhobenen Frage willen, was Wissen sei, der Unter'-
Buehung nach dem Wesen des Begriffs die nach dem Wissen , und die
nach jenem der nach diesem gedient« Gewissermaszen ist die Nolh<
wendigkeit, dasz die Begriffe gewusl werden, eineslheils, andern-
theiis aber auch die nach den unendlichen Verbindungen ihn zum voll-
ständigen Bewustsein bringenden Erscheinungen ihr. Sein.
§ S* Def Zusammenhang des sogenannten zweiten
Theiis mit dem ersten. Diese Schwierigkeilen, welche sich
der Annahme vermittelsl selbständiger Ideen die selbständige Vielheik
zu eriüären entgegenstellen, zu heben, sieht das Gespräch keines-
wegs ab. Zu dem Ende fordert sie neben der einen Seile, dasz Be-
griffe sind, nun auch die andere Seite, die Annahme, wenn Begriffe
nicht sind, in ihren die Vielheit betreffenden Consequenzen zu ent-
wickeln auf (136 A). Die Entwicklung dieser Annahme ist eine Aus-
ffthrung des logischen Grundsatzes von der Identität des Ein und Vielen
und dient der Dialektik (135 C). Aber nur wenn der dialektbehe
Grundsatz auch der ontologische ist, findet die Erscheinung ihre Er-
klärung. Diese Nothwendigkeit verbietet den zweiten Theil des Pai-
menides als eine Entwicklung des logischen Grundsatzes allein zu neh-
men. Nun ist dies der Gesichtspunkt einiger Erklärer, besonders
Hegels. Wie aber dabei den eingeworfenen Schwierigkeiten begeg-
net werde, so dasz sie nicht unabhängig und überhaupt der erste Theil
des Parmenides ohne Zusammenhang mit dem zweiten dastehe, ist
nicht möglich einzusehen. Das hat Zeller dargethan. Im besondern,
und was den Theil der Erörterung betrifft welcher das Nichtsein des
Begriffs umfaszt, verkennt man, dasz alle Consequenzen das Nicht-
Ein treffen , um es in der Existenz dem Ein so zu verbinden , dasz es
mit ihm an der concreten Erscheinung zusammengeht und dieses nun
in der Form des Ein wie des Nicht- Ein repraesentiert Die DarstelliiBg
über das Nicht -Ein erweist ebenso direct wie die des Ein die Noth-
wendigkeit der Erscheinung. Diese ist auch als Nicht «-Ein ein in die
Wahrnehmung und Meinung fallendes. Seine Abhängigkeit vom Ein
zu ergreifen ist Dialektik. Das Nicht -Ein an sich, ohne das Ein, zu
meinen ist falsche Meinung, vom Schein, aber möglich. Das Nicht-
Ein ohne das Ein, absolut an sich, ist nichts. Ganz in derselben
Absicht und nach den ausdrücklichen Worten kann, wie an das Ein
und das Andere, dieselbe Forderung an jeden andern Begriff gestellt
werden (136 B). Welchen Begriff man nun aber auch nehmen mag,
einer ist es , der sich mit seinem Inhalt setzt und erscheint Eben weil
es immer einer ist, so ist nicht zufällig, sondern in bestimmter Absicht
das Ein als Ausdruck des Begriffs im allgemeinen gewählt. Es dient,
um die Giltigkeit des Grundsatzes im allgemeinen darzuthun, am ein-
fachsten. Es ist aber nicht das parmenideische Eins. Denn was. die-
ses betrifft, so ist nach dem oben (S. 127) über.Soph.2M B*--.94S D
erwähnten zu erinnern, dasz eine Form des Begriffs unbedingt als
E. Aiberti t zsr Dialektik de» Platon# Ul
seiende» Eins , sie mag der Fordening^ der Vernunft nach einem absolut
Unbedingten formal entsprechen, nur insoweit wahr ist. Hinfällig
wird sie , sobald man über sie selbst hinaus einen realen Inhalt deri-
vieren oder ihr subsumieren will. Es entbehrt also, da man mit dem
Sein nicMs anzufangen weisz, ohne über das unbedingte Eins hinweg-^
zuscMüpfen, im Grunde alles Inhalts, ist bloszer Name. Wie da«
Sein auch nicht zu einem Praedicat , weder positivem noch negativem,
des Ein zu erweitern ist: so ist und wird das Eins nicht das Ganze (Soph«
346 C D) , wie es ebensowenig eines der entgegengesetzten Praedicate
annimmt, welche der erste der Theile (Farm. 157 C — 142 A) wie zu
speciellerer Ausführung der Stelle im Sophisten nennt und negiert«
Das ^ns in diesem Sinn ist am Ende weder das parmenideische %v ti
n&v noch da» Ein als Vieles (Parm. 155 E). Denn dieses und jene«^
ist dasselbe Abstractum, welches nicht gestattet, dasz es sogteiehEin
und das Gegensätzliche, Ein und Nicht- Ein sei. Jedoch ist da»
Eins, dessen Gegensatz xit itolXa sind, als Unbedingtes zu einer Reihe
specieller Gegensätze behandelt. Zunächst freilich nennt hier der erste
Tkeil diese specieüen Gegensätze als der Natur des Ein widerstreitend,
und so kommt das Resultat mit dem im Sophisten überein , dasz ein
solehes Ein praedicatlos und undenkbar sei. Aber schon der zweite
Theil führt sie am Ein wie am Vielen nach allen Gegensätzen als bei-
den zukommend nach der Voraussetzung aus. Direct zwar scheidet
dieser Theil das Ein von dem Nicht>Ein , das reine Sein von dem ini
Gebiet der Gegensätze nicht, insofern er die Art, wie jenes zu den^
ken sei, unbestimmt läszt; dagegen gibt das 155 E — 157 B gesagte
kiefür befriedigende Fingerzeige , durch welche die Gegensätze berich-
tigt und ein sehr speciell bezeichnetes Mantgfaltige zu dem reinen Ein
in das passende Verhältnis gestellt wird. Da aber so detailliert an
das Gebiet des Seins in den Gegensätzen der Sophistes (S. 132) nicht
kommt, so hat er auch die Schwierigkeiten, wie das reine Sein mit
diesem in Verhältnis zu stellen sei, nicht berührt, und da die Untere
suchong über das Sein des Nichtsein vor, nicht nach derjenigen über
die Weise, wie dieses im Verhältnis zum Sein zu denken sei, liegt:
so gilt, dasz auch die detaillierten Theile des Parmenides, da sie
liierin ein Resultat anbahnen, einer späteren Studienzeit über das-
selbe schwierige Thema angehören, als die Untersuchung im So-
phisten, welche es nicht berührt, besonders dann ferner, dasz es
g^ar nicht mehr, das parmenideische Eins ist, gegen welches die Po-»
lemik sich richtet. Betrachtet man aus diesem Gesichtspunkt die ein-
zelnen Theile, so zeigt sich ausserdem noch manches, was diese
Ansicht bestätigt,
§4. Die verschiedene Auffassung des Sein am EinI
^WahfenA die zweite Behandlung das Sein als einen Praedicatsbegrift
faszt und ein Vieles gewinnt, schlieszt das Ein ohne einen solchen das
Viele aus. Denn eine Beziehung des Ein zum Vielen , das &e^ov, fehlt.
£s Icann in dieses auch nicht abgeleitet werden, in der Art wie aus
dem Unterschied (Src^i;) zwischen Ein und Sein der Inhalt unendlicher
/alirb. f. cU88. Philol. Suppl. N. F. Bd. I Hft. 2. JiQ
143 £• AlbprU: TM Dialekük^des Platon.
ll^Ue mit der NftUir iles Ein und 4le9 Sein in der folg^enden Aatihomie
(143 B f.) abgpeleitet wird. Deshalb hat das Ein keine Theile, ist keine
ToUlität und hat aU solche weder Anfang noch Mitte no^eh Ende. Man
^usz und soU hier an i^äumliche Erscheinung des Vielen denken, aber
unter der allgemeinen reinen Fassung»? wischen logischem und subaian-
tiellem Ein nicht unterscheiden. Unmittelbar wie das reine Ein in Be«
Ziehung tritt, fällt es unter die Formen des Daseins, der Räumlichkeit,
der Zeitlichkeit, JNaa zeigt die erste Antinomie , dasz die BeiZiehung
sein mu$z, weil ein Eins ohne sie auch nicht Eins ist; die zweite
AfiUnomie zeigt abqr, dasz die Beziehung ohne Widersprüche, ein als
HMszerliches Dasein gefasztes Eins unmöglich sei, und die dritte zum
AufsChlusz dienende Stelle (155 E--* 157 A) zeigt, das2 dasausz^r
aller Zeit praedleaUos aufgefas;ste Eins in dem Moment der Beziehung
das Andere sei , so dasz in der Reihenfolge dieser drei Untersuchun-
gen ein Fortschritt .?ur eigentlichen Lösung deutlich ist. Denn sch^n
hiernach darf das Ein zwar nicht ohne das Praedicat des Seins sein»
doch auch dieses dem reinen Ein auf sinnliche Art nicht zukommen«
Die sinnliche Erscheinung des Ein ist vielmehr schon das Nichl-Eias^
da? Sein auf sinnliche Art nicht die einzige Art des Seins ^ vielmehr
ein Nichtsein zum reinen S^in. Hat nun das Eins weder Anfang noeh
Mitte noch Ende, so fehlt ihm Gestalt und es ist weder in sich, weil
es unterschiedslos isjl, iioch im Andern, weil es ohne Gestalt ist, .4 h«
weil ihm mit dem Andern auch die Form fehlt , worin dieses ist , und
eben deshalb bewegt es sich auch nicht durch die itBqtfpoqci (vgl.
Theaet. 181 D). Aber durch die aXXoianSiq verändert es sich niclil,
weil es nur Eins ist. Ebensowenig kommt ihm Ruhe zu , weil es in
$ich selbst als Unterschiedslosem nicht ist, also nicht im tctvtov isty
-v^orin das was ruht sein musz. Wie in dem folgenden Theil. das
]Bins, wlflerspreehend mvt aicb, und dem Andern identisch und nicht
identischrje nach der Fassung der beiden Begriffe : so zeigt sich in dem
eisten das Ein weder als identisch noch als yei:ßchiedenes von sjcb
^d dem Andern , so dasz , was dort Widerspruch , hier Negation ist.
Die Identität mit dem Andern würde ebensowol wie die Verschiedenheit
vpn sich selbst das Eins an sich als Unterschiedsloses aufheben. Wenn
dagegea das Eins in dem, worin es. das Eins Ist an sich, nicht das
Eins sein kann, so wäre es nicht an sich, wohingegen also das Eins
^n sich, als welches es niemals das Andere sein kann, von keinem
das Andere sein wird. Ebensowenig ist das Eins Identität mit sich
sftlbsi, ^eil dem das Ansich des Einen und der Identität widerstreitet«
I Denn wie das Eins und das Dasselbe nicht unbedingt zusammenfallen»
so ist auch das Viele, mit sich identisch, das Viele, nicht das Ein, wäh-
I rend, w^nn die Begriffe Eins und Identität zusammengehen , auch das
j Viele, mit sich identisch, Eins sein würde. Mit der Negation des
i Wenüschen vind Verschiedenen des Eins hängt die der Aehnlichkeit
! u«^d Un^nli(?hkeit zusammen ; denn wie das Eins weder sich noch
Ande):6m id^nt^sch ist^ so ist es i^uch sich und Anderem nicht ähnlich;
yf\<^ e^ j^\^]^ von $icb und Andei:e#i nicht veischledeiTist, so ist es auch
B; Albeni : z^r Dialeklik des Pialon.' 14^
sich und Andepem «iöht un^nßch. Während in der «weiten Ahll-
noRiie an der analogen Stelle die Antinomie der räumlichen Berüh-
rang oder Nichlberührung des Eins mit sieh und Ah^erfem hier als
Uebergang: zu der artdern, dadz das Ein weder sieh noeh Anderem
gleich oder ungleich sei, von Wichtigkeit kt, insoffem auch Gleich-
heil und Un^elchheit dort gleich' darauf, wie zuerst das' Eins und das
Andere ganz räumlich gefaszt sind: so werden di« Begriffe höv urtd
£vftfov hier als auf das Masz bezüglich nicht blosif vom Raum, soh*
dern , wie gleich nachher , auch von der Zeit genommen. Das f^w
geht auf eine idenlische Maszeinheit, ■ das &vi&&v amf ein Masz li^ei
entweder proportionierten oder nicht proportionierte« &r6szen. Dasz
das Eins sich selbst oder Anderem ni^ht fiSöv sei , wird dadurch be-
wiesen , weil das ftfoi/ ein tuvrov ist,- Weiches dem Eins ge^ehdber
unanwendbar ist. Dasz es ferner sich selbst 6der Anderem nicht
avtfSov ist, musz nach zweien Seiten, dasz es nemlich sich selbst od«r
Anderem nicht proportioniert und ebenfalls sich selbst oder Anderem
öicht unproportioniert ist, gezeigt werden. Beides aber wird zusam-
men bewiesen. Denn mag von Proportion oder Nichtproportion di«
Rede sein, immer ist das Masz eine Theilbeziehu^g des Eins, ond
weil eine solche mcht in ihm liegt , gilt beides von ihm nicht , weit
€s nur das Eins ist, sowol im allgemeinen als auch von ^r Zeit im
besondern, mit Bezug aufweiche das Eins sich selbst und Anderem
nicht ungleich d.h. nicht älter oderjUnger ist, währendes, der Gleich-
heit entbehrend, in Bezug auf die Zeit auch weder sich selbst noch
Anderem gleich ist. Ueberhaopt, ein unterschiedsloses Eins in der
Zeit nur zu denken ist unmöglich, weil in den Zeitfnomenten der Ver-
g-angenheit, Gegenwart, Zukunft Gewordensein , 8^in, Seinwerden des
Eins nicht anders als Werden (Ik'k'ka ylyvea&cet *Hal &XXtog av% elvMl)
d. h. weder als Sein noch als Nichtsein , als behaftet mit debi Unter-
schied in sich erscheinen. Wenn liun zwar zunächst hieraus^ weil
das Eins auszer aller Zeit sei, die Gonseqaenz, dasz es dann auch
nicht Eins sei , gezogen wird , so gilt im allgemeinen , dasz ; wie von
dem unterschiedslosen Ein , eben weil es auch ni«ht Eins ist, Wissen-
schaft, Meinung, Wahrnehmung, Name, Bedeutung unmöglich ist,
eine Beziehung des Eins zum Andern die Möglichkeit hiefür voraus
«elzt. Das unterschiedslose Ein aber ist, wie die Behandlung IdS B
vorgezeichnet wird , zuerst auf einem Wege widerlegt, der mit Bezog
auf das parmenidelsche Eins, wie der Sophist dartihut, viel küräser
hätte sein können. Doch dient die specielle Musterung als Uabergang
zur zweiten Behauptung, in der man zu dem Resultat ^dais Ein» i«t
das Viele und auch nicht' (165 E) durch die Fülle der widersprechen^
-den Praedicate hindurch gelangt, in denen, wie sie auch sein mag,
eine Beziehung des Ein zum Andern gemacht ist, welche Wissew-
«chaft, Meinung, Wahrnehmung über dasselbe nichl aossdliiiieBil«
Denn nun hat Piaton das Sein in der Behauptung *dais Eine i$t^ so
behandelt, dasz sich das unbedingt ^efatzle Eins In Widerspr41che mit
-dem aus dem Sein geleiteten Inhalt unendlicher üheile, deren 1V4alUftt
10*
144 E. Alberti; znr Dia\ekUk des Plalpn«
das Eins sein soll, verwiekelL Er zeigt, dasz von dem Eins in der
Totalilat der Theile die umgekehrten Bestimmungen gellen als von
dem Eins an sich, und weil diese Bestimmungen wesentlich aus einem
dem Ein inhaerierendea Sein abgeleitet sind » verwickeln sie das Eins
aus seinem eigenen Sein heraus mit einem unendlichen Inhalt entge-
gengesetzter Praedicale des Sein. Von diesem Inhalt des Ein aber
gilt, wie das logische und ontologische Sein von vorn herein nicht
auseinandergehalten wird, dasz er onk>logisch ist und nicht ist, dasz
«Iso der Begriff. mit allen möglich entgegenstehenden als Praedicaten
versehen existiere und nicht existiere. Wie dieser Widerspruch zu
lösen sei, zeigt ^ie Betrachtung selbst.
Bas Eins ist i^v dvai, nieht 1v ev) wird erstens deriviert in Sein
und Ein als Theile des %v ov : so ergibt sich der TheilbegrifT mit sei-
nem Inhalt» und da alle Folgerungen aus ihm die Materialität, des
Begriffs treffen, so ist er nicht allein logisch. Sodann, auszer in
Sein und Ein, in den Unterschied zwischen beiden, also in ein Drei-
faches und in die Unterschiede von diesem, das Gerade und Ungerade:
80 ergibt sich ein Zahlbegriff mit seinem Inhalt. Der Theilungsbegriff
gibt jedem Theil ins unendliche das Sein und das Eins gleichmäszig :
60 entsteht der Begriff des unendlichen Seins und der Begriff der
Einheit in unendlichen Theilen. In der Totalität der Theile ist
der Begriff der Grenze, in der Forderung absoluter Theiibarkeit
der Begriff der Unendlichkeit. Mit der Totalitat , dem oiLov , ergeben
.sich die Begriffe von Anfang, Mitte, Ende, der Begriff von der
Räumlichkeit, der Form ((^x^jiia), ein Schlusz der unter der allgemei-
nen Fassung des Seins zwischen reinem und sinnlichem Sein nicht
punterscbeidet (S. 141), und gerade so, wie in der Annahme 'das
Eins ist' das Sein ip dem blosz formalen Verhältnis zum Ein steht,
steht es, hier im sinnlichen Verhältnis und bringt alle Widerspruche in
das ^ins hinein, die nun aus einem ursprünglichen , aus der DupH-
cität des seienden Eins heraus , das Eins mit Bezug auf sich und das
Andere dergestalt treffen , dasz jeder neue Begriff für ihn und das An-
dere passt und ni^ht passL Während das Sein ihm Wahrheil und
Wirklichkeit gibt, musz ihm das Eins folgen und seine Bestimmung^
nach allen Gegensätzen erdulden. Mit dem oilov als Totalität der
Theile identisch ist das Eins in sich als Ganzemoder als allen Theilen ;
init dem Zhiv an sich identisch (d. h. in keinem Theil als Ganzem
möglichen und doch seiend vorhandenen, also nur in einem Andern
-vorhandenen , weil nicht in irgend einem Theile noch in allen) ist das
Eins in einem Andern als sich selbst. Dabei ist zu bemerken, dasz
das Eins, als in sich selbst vorhanden, so viel heiszt als in der
Tetalitat der Theile. Wenn es also auszer dieser, in einem Andern
als sich selbst ist, so versteht man zunächst dies in der Art, dasz das
Andere dem Gebiet der Theile entrückt, unsinnlich sei, so dasz das
Eins gleichsam zweimal wäre, in den Theilen, als in sich selbst,
sinnlich, in dem Andern, als auszer sich selbst , unsinnlich. Diese
Scheidung zwischen sinnlichem und unsinnlichem Ein wird aber nicht
t. Alberü : zur Bkleklik des Plalon/ 149
gemacht, vieloiefar unter dem ursprQiigHeli aUgrem^iii genowniene«
Sein das Eins an sich und das Eias im Andern gleich malerieU einaii.-«
der gegenübersteheüd betrachtet, ein -Widerspruch der auf speeieile
Begriffe aasgedehnt wird, wo immer das zweierlei Ein von den im
beiderlei Fassung beigelegten Praedicaten als Gegensätzen betrofliui
TNitd, Der Raumbegriff ergab schon das als oAov gedachte Einst -e^
kann deshalb nicht auffallen , wenn dem Eins , das in sich selbst und
in Anderem ist, räumlich Ruhe und Bewegung zugeschrieben wird^
Ruhe, insofern es in sich selbst, Bewegung, insefern es im Andern
ist. Die Bewegung wohnt dem nicht in der Totalität <ler Theile, steü
im Andern vorhandenen Ein, die Ruhe dem in jener als in desi
tuvtov vorhandenen inne, während das Eins nach dem eigentlieben
Sinn, den Piaton damit verband, in der Totalität der Theile d. h. der
möglichen Verbindung nach Begriffen oder in der Erscheinung und im
ManigfaUigen das Ruhende ist, die Verbindung an ihm nolhwendiges
Reflex. Wiederum macht das abstracte Einssein das Eins> weldies
nicht Ganzes, nicht Theile ist, zum tuitov und doch nicht zum fcev-r
vov, weil nach der Expansion des seienden Eins in Theile das Eine
in der Totalität der Theile ist, an sich aber in dem Andern, also kaan
ein Eins in einem Andern kein vavrov sein, sondern nur ein ^«tf^oy^
Wiederum ist das Eins als tavTOv und als ^uxtqov gerade so absolut
wie xttvxov und ^ate^ov selbst verschieden, und es ergibt sich aus
der eben bemerkten Duplicität des Eins, dasz das unbedingte Eins als
tairiv von dem Ein in den Theilen das ^wvsgav und wiederum das
unbedingte Ein als %tittqov von dem Ein in den Theilen das tawcop
sein wird. Das erstere ergibt sich kurz 146 D : Alles , was nicht Eins
ist, ist das Verschiedene vom Ein und das Eins vom Nicbt-Eiü. Das
letztere aber, das Eins als xavrovtMi dem Andern zu erweisen, wird,
voltständig aus der Natur des Identischen und Verschiedenen ent-
wickelt. Nemlich der Verhällnisbegriff (vgl. S. 151) des Verschiede*
nen ist an sich. weder im Ein noch im Nicht-Ein, beide also sind, weil
durch den Verhällnisbegriff des Versehiedenen nicht verschieden, sich
selbst absolut nicht verschieden , und weil wiederunpf durch den Zahl-
begriff und den Theilbegriff das Nicht Eins am Ein Theil haben würde^
was doch nicht ist, so kann das Nicht-Eins weder Zahl noch Theil
noch Ganzes sein. So bildet, befreit von dieser Abhängigkeit zum
Ein, das Andere weder Ganzes noch Theil, dagegen wie das auf
anderem Wege «deducierte Eins, ein Identisches, und so wird das
Andere eben dadurch, dasz es nicht das Eins ist, wiederum als eio
Identisches mit dem Eins als Identischem dasselbe , d. h. ein unbe-
dingtes Eins ist auch nicht Eins und ein unbedingtes Nicht-Eins eben-
sowol auch nicht Nicht-Eins. Auf diesem Wege wird das Nicht-Eins,
analog der Weise , wie es aus dem setenden Ein abgeleitet wurde,
zuTückgeleitet zum Eip, indem es aller Praedicate, die sich in der
Ableitung ergaben , in der Zuröckleilung entkleidet wird. Man darf
dabei hier ebensowenig verwunderlich finden , wenn das Andere als
selbständiger Verhältnisbegriff behandelt wird (146 D. 147 A), wie man
14# R. A»örti ! zur Mfetekttk^eB Pttfen.'
^ ^ovher in- der Ableituiicr (1»9) thaf <vg1. ZeUer Sk ]74)i Beui
neben den im Anfang ans dem eeienden Eän als Duplieität der Theile
von Sein und Em abgpeleileCen selbständigen Begriffen, nebe» dem Sein
als Theil (I^aaeib), und neben dem Ein als Ein an sich bat der Yer-
Mlnisbegriir de» Sve^v dieselbe Selbständigkeit und mit gleichem
Recht jeder neue Begriff, da atteBejgriffe, analog den ersten, aas^der-
selben Fassung des seienden Ein entspringen. So zunächst die
Begriffb der AefanKchkeit und ünahnlichkeit, w«4ehe gewonnen wer«
den, mdem das Eins und das Andere entweder mit Bezug auf das
9anQ09 sich ähnlich oder mit Bezug auf die Identität sich unähnlich
sind. Unter Aehnlidikeit wird zuerst die ähnliche Stellung zum Yer*
sehiedenen verstanden. Das Andere ist ebenso das Verschiedene vom
Ein, wie* dieses Vom Andern, gleichsam als hiesze es: weil das Eine
dem Verschiedenen ebenso ähnlich ist wie das Andere , so sind beide
unter si^ ähnlich. Insofern das Andere nicht das Eins, ist es ihm
ähnlich; denn insofern es nicht das Eins, i^ es Theile und hat
etwas, in dessen Totalität auch das Eins ist; insofern das Andere,
wie das Eins, das Identische, ist es ihm unähnlich; denn insofern
IM e^ nicht Theile und die Einheit nicht in der Totalität derg^Iben,
hat also nichts der eigentlichen Natur des Andern in irgend einer
Weise Analoges. Ebenso ist das Eins mit Bezug auf das sxsqov sieh
ähnlich und mit Bezug auf das tairov sich unähnlich , wie die Stelle
146 D scheint verstanden zu werden , wenn man xttr' iii^tSQcc auch
jedem von den zweierlei gefaszten Ein (xorl inareQov) das ofto^oy auf
das itegov und da9 äv^outv auf das ravrc^des Ein nach der Wort-
stellung Im Salze bezieht. Wie das Andere dem Ein als der Einheit
m der Totalität ähnlich, so ist das Ein sich selbst ähnlich, insofern es
nicht als Totalität der Theile , sondern als Eins (im Andern) aufgefaszt
wird, unähnlich aber, insofern es die Totalität der Theile ist, und so
flieszl auch diese Amplnbolie aus der doppelten Fassung des Eins in
und auszer den Theilen, wie des Andern in oder auszer dem Ein^
Mit Bezug auf die oben ad I und ad 2 gegen die Ansicht, dasz das
Eins ganz öder theilweise in den an sich selbständigen Dingen sei,
erhobenen Bedenken ergibt die folgende Amphibolie der räamtifehen Be-
rührung und Nichüberuhrung des Eins mit dem Andern und des Eins
wiH sich selbst gewissermaszen , weil die Räumlichkeit des Begriffe es
Ist-, welche die Widerspräche erzeugt, ein positives Resultat, wei-
ches durch die Ternere Deduction über das Ttfov und. avidf^v vervoll-
st<ändigt wird. Insofern nemlich das Eins in sich als der Totalität
(8Aotr 149 D), berührt es sich (insofern The He sich berühren), ebenso
das Andere (insofern die Theile in ihm sind). Wird aber dem Ein
die Bedingung jeder Berührung genommen (ein Zweites)-, so i^st keine
Berührung möglich , weder mit dem Ati^rn , wenn das Andere auf-
hört in Bezug auf das Eins ein Zweites (wegea des mangelnde» Zahl-
begriffs 149 D) zu sein, noch mit sich selbst, wenn e^ (wegen des
mangelnden Raumbegriffs 149 A) alles Zweite von sich ausschlieszt.
''o verwickelt die gedaichte Räumlichkeit das Eins jn Widersprüche, von
E. Ji^e^lk: zur DialtkUk des Pialctn^ ÜT
di9|Ma es eitte uftsionli^e lavsun^ ^ woM^e das UobediDgla «ma ^t
4iagpien immer, bat» befreiea • wurde. Denn d^pa wäre von einer Be^
riüining und NichLberüW^ng; der Begriffe nieht die Rede, u^d ist
gleich die Erscheionng im Räamlichen, so ist doch der Begriff^ durch
d»R sie isty nicht im Ba,»m, und dasz er es. nicht sern könne, ist das
positive Resultat dieser Amphibolie und dient zas Beseitigung der oben
ad 1 und ad 2 erhobenen Bedenken« Die Rä^umlichkeil des Begriffs
erzeugt eine zweite Antinomie : das Eins ist sich selbst wie dem An-
dera f^leich und ungleich. Bei abstracler Fassung; sind Grösze und
Kleinheit keine Begriffe ,. die ihre Praedicate werden kennen« Grösse
und Kleinheit sind Reiativbegriffe , das Eins ist nichl einfach Kleinheit,
da die Kleinheil, wenn sie das Eins wäre, einfach Gleichheit
wäie, oder Grösze^ wenn das Ein kleiner: überhaupt ist die Klein*
heil in keinem Ding. Ebenso die Grosze. Weil also das Eins^ eben-
so das Andere, weder Grösze noch Kleinheit i^t, weder das Eins
noch das Andere das übertreffende noch üb^rlroffene ist, sind sie
darin, dasz sie untereinander weder gröszer noch kleiner» gleich-
mäszig {i^ taovy gleieh , d. h. die Natur des Gleichheltsbegriffs zeigjt
flieh an ihnen, jedoch dergestalt f dasz das Eins nicht die Gleichr
heit ist, ebenso das Andere nicht. Denn ^ das Eins ist die Gleichheit'
oder ^ das Andere ist die Gleichheit ' heiszt nichts anderes als * das
Eins ist Eins' und ' das Andere ist das Andere '. Ja derselben Weis^
ist das Eins sich selbst gleich, weil es nicht Gröszi^ und nichl Klein-
heit ist. Doch wiederum können Grösze und Kleinheit Praedicalsbe^
griffe des Ein werden; wenn es TrmsQuafnivov ist, begrenzt, so ist es
umgrenzend gröszer, begrenzt kleiner als es selbst, im Andern aber
ist es kleiner als das Andere, das Andere in ihm gröszer. Dergestalt
treffen bei räumlicher Fassung die Widersprüche das Ein selbst, die
als en^egengesetzte Praedicate von ihm gelten und ia den Erschei-
aoogen an ihm reüectiert werden, sollen. Jenes aber konnte ntchi
anders sein, wenn von vornherein, wie schon bemerkt, das Eins zu
dem aus der Natur des Sein geleiteten Andern, stall im formalen Ver-
hältnis , wo das vom Andern ausgesagte Praedicat ist , im realen Ver-
hailnis , als Ding zum Dinge aufgefaszt ist. Dann ergänzt nicht das
Andere sich zum Ein, ohne seine Natur zu verändern, nach allen
Verbindungen, den Gedanken des Ein wie eines vollständig geglieder-
iem Inhalts der Begriffswelt zu einem gegUederten machend und so
die Begriff»welt als Unbedingtes in den Erscheinungen als Bedingtem
reflectierend. Ist das Ein als ein in sich Unterschiedsloses und als
solches unter dem Begriff der Zeit aufgefaszt , so sind die Bestimmun-
gea , dasz es älter und jünger und gleich alt sei , mit Bezug auf sich
selbst und das Andere Widersprüche im Ein. Läszt dagegen ein in
ihm selbst vorhandener Unterschied das Ein mit dem Andern, das
Eiu und Nieht Ein in der Zeit erscheinen, so ist es nicht der reine
Be^priff*, sondern sein Inhalt des Andern , der , insofern er dem Ein
unter den verschiedenartigsten Praedicalen zukommt, z. B. des Wer-
dens und Vergelieus ,. der Aejinlichkeit und Unähnlichkeit , der Ruhe
146 E. AlberU : zur Dlal^kfik d^s I^lMon.
und Bewegung, das Eins, das auszer alter Zeit ist, vermöge des-l^*
griff« des Plötzlichen (17 i^attpvrig npifttg 156 D) in dem Uebergang Ton
keiner Zeit zur Zeil oder vom reinen Ein zum Nicht -Ein als dieses
letztere erscheinen mächt« Gegenüber diesem positiven Postulat , wel*
ches 155 E — 157 B befestigt, ist die Entwickiung der Antinomie ein
mittelbarer Schritt zu der wahren Meinung. Das Ein ist, heiszt, es hat
an der gegenwärtigen Zeit Theii, und dieses, es ist älter als das Eins,
das war , und jünger als das Eins , das sein wird , und da es doch
immer dasselbe ist , heiszt es , das Eins bt jünger oder älter als es
iselbst. Insofern aber so gut wie das Sein , das Werden von der Zeit
gilt, so wird auch das Eins älter oder jünger als es selbst. Wie in
der abstracten Fassung die innere Nöthigung liegt-, es als seiend auf-
zufassen in der Zeit, so geht der Verlauf der Zeit an ihm hin und das
Eins wird ununterbrochen immer nur Eins , worin auch schon wieder
liegt, dasz es weder älter noch jünger wird noch ist, sondern immer
sich gleicht, so dasz, was das Sein setzt, das Eins aufhebt. Es be-
darf also nur der ursprünglichen Fassung des Sein als des Andern,
um dieselbe Antinomie zwischen dem Ein und dem Andern zu finden
und zu beweisen , dasz das Eine auch älter und jünger und gleich alt
ist als das Andere. Ersteres zeigt sich , wenn das Andere als das
später vorhandene Viele zum früher vorhandenen Ein, das zweite,
wenn das erst mit dem Ende der Totalität des Andern eintretende Eins,
das dritte, wenn das jeden Theil begleitende Eins verstanden wird.
Dasz dieses, was vom Sein , auch vom Werden in der Zeit gelte , er-
zeugt den abermaligen Gegensatz, dasz das Jüngere älter als das
Aeltere und dieses jünger als jenes werde, erwiesen aus der Natur
des ZahlenbegrifFs in Addition und Division. Denn gleiche Zeit zu
Aelterem und Jüngerem gelegt bewirkt zwar , dasz der Unterschied,
nicht aber der Quotient in demselben Verhälinis wächst : 2 + 4 = 16,
2 + 6 = 8; der Unterschied zwischen 4 und 6 bleibt zwischen 6 und
8, der Quotient dagegen ist zuerst ll^, dann 1%, dann 1% usw. So
ist das Aelter- und Jüngerwerden nach diner Seite möglich, naett der
andern nicht.
§5. Ueber die Stelle 155E — 457B. Bemerken wir nun,
dasz schon von vorn herein das Sein ein Inhalt des Ein ist, so kann es
nicht auffallen, wenn nach der Deduction *das Ein ist an sich, sowie
im Verhältnis zum Andern in der Zeil' Wissenschaft, Meinung , Wahr-
nehmung im allgemeinen über das Eins vorhanden ist. Wie der In-
halt zu denken sei, ist die Frage; wie er es nicht sei, lehren die
Antinomien. Piaton hat es aber auch nicht an directen Andeutungen
darüber fehlen lassen. Allerdings ist die als eine dritte selbständige
Ansicht (ßxi Sri tb rgirov liymfiBv) angekündigte und keineswegs des-
halb mit Zeller (S. 174) als bloszer Anhang zu der ersten Antinomie
zu fassende Stelle I55E — 157B von Wichtigkeit, um die Art, wie
das Verhältnis zu denken sei , zu bestimmen. Dies spricht Hermann
S, 509 in Anerkennung eines dem Parmenides zuzuschreibenden posi-
tiven Sinnes aus. Hier wird zuerst das Resultat aus dem vorherigen.
E. AlbMf : 2ar «dtektac des Plalon; 141
dAsliinssei das Vi^le und nicht 4ta Viefe, gezo^ri. Schon darin
liegt ein Fingerzeig, wie ein Positiv«« za verstehen sei. Es erfordern
nemiieh gegensätzliche Zustände an einer Realität Uebergänge, das
Gleiehe zum Ungleichen bedarf der Ausgleichung , das Sein zum Nicht*
sein des Vergehens, das Nichtsein zum Sein des Werdens. So b^
darf auch das Eins, weiches das Viele ist, des Uebergangs, da es
nicht das Viele und das Eins zu gleicher Zeit ist. Der Indifferenz-
pankl des UeBergangs (^ i^altpvrig gwifig) ist aber anszer aller Zeit
(jv Xifovm oidevl), so dafiz der Begriff des Eins, der in das ruhend«,
bewegende, gleiche, ungleiche, überhaupt mit irgend einem Pra^di*
cat behaftete Eins umschlägt , diesen Umschlag auszer aller Zeit er*
fährt Insofern nun der Inbegriff der Praedicate das Viele , das Eins
aber das Viele ist und nicht ist, so ist in dem Um- und ZurQckschlag
aus dem Ein in das Andere nolh wendig ein Praedicatloses , welches
das Viele nicht ist und nicht das Eins. Dieses durchaus negative,
aber bei der Fassung vom Ein und Nicht-Ein, wo Verbindung und
Trennung zwischen beiden gleichmäszig möglich ist, doch nothwendrge
Resultat ndthigt durch den Widerspruch in sich selbst, das Viele in
das Ein ohne den Zwischenbegriff des Werdens als Unterschied in ihm
selbst zu setzen, welches nun dadurch, dasz es das Viele unmitlelbaT
in sieh trägt, nach der negativen oder nach der positiven Seite keiner
Entäuszerung seiner selbst fähig ist und , weil es nicht abstract an sieh,
auch das Andere nicht aus sich herausläszt. Statt dasz nun in der
zweiten Behauptung das Sein , in diesem Sinne genommen , das Eins
als ein abstractes zu fassen nicht erlaubt hätte , wurde durch das Fest*
hallen an diesem alles, was als Praedtcat gelten kann, an ihm za
Widerspruch mit sich selbst. Aber auch das ans dem Sein geleitete
Andere wird von den Widersprüchen betroffen , wenn die Theile ohne
Beziehung zum Ein und ihre Totalität, wie wir schon oben andeuteten,
gleichsam ein zweites Eins, ohne die Nator des eigentlichen Ein sind.
Denn nun gilt von dem Andern , dasz es, insofern es am Ein Theil hat,
ist und nicht ist; insofern es nicht Th^il hat und weil dieser Wider-
sinn zum Theil schon in dem vorherigen Abschnitt berührt ist, erfor-
dert er nun eine kürzer gefaszte Beleuchtung, die, in umgekehrter
Ordnung zunächst dem letztern Theil der vorhergehenden Untersudinn^
folgend, das Andere als das vom Ein Verschiedene (157B — 1Ö9B)
betrifft
Der Unterschied des Andern vom Ein besteht darin, dasz es
Theile hat. Nur insofern die Totalität der Theile eine Einheit bildet,
in Bezug zu der totalen Einheit, aber nicht an und für sich ohne eine
Totalitat unter einheilslosen Vielen ist von Theil die Rede. Dem Theil
kommt insofern auch Einheit zu , als er unter der Einheit des Tota-
litStsbegriffs Ist. Wenn der Totalitätsbegriff dem abstracten Ein un-
vereinbar ist, trifft Salz und Widersalz das Viele; das Viele hat am
Ein Theil (weil die Tolalilät die Einheil isl) und nicht Theil (weil der
Theil unvereinbar mit dem abstracten Ein ist). Weil es nicht Theil
hat, isl und bleibt es, noch so sehr zerlegt, Unbestimmtes, und Weil
ei Thett hat, isl •« BMh Thi^n «Bcl ficnzem bMiiiina. lamoSrnm min
d«8 UnNftilmmte mü sich äh^ch.iat, ist es «k B^limmAes ehenCflOlf
mit sich ähoUeh, aber insofefn es als diesem, nicbi jeqes ui^ iM« janes
niebt dieses. isl, auch unähnlich»' Was von der Aehnlichkeil und Un-
ähnliehkeit, gilt anch von der Idanlitat und Verschiedenheit, ven der
Bewegung und der Ruhe usw.
Hieran schUeazI sich, analog dem erstem Theil der da» unter^
sobiedk>9e £in in seinem Verhältnis zu sieh betrachtenden'Untersucäung,
die Erörterung üher die das Andere daraus Ireifende Consequeoz. Sie
ist im allgeiBeinen diese, dasx, wie das anterschiedsiose Ein nicht das
Bin, das Andere auch nicht das Andere ist. Ein Unterschiedsloses
sehüeszl jede mögUdie Beziehung aus. Theil, Totalität, Vielheit und
auch die Unbestimmtheit, die noch der Mangel der einheiliiehen Be-
lüaAinlheit ist, fehlen dem Vielen, der absoluten Negation des Be-
stimmten wie des Unbestimmten , der Aehnliehkeit und Unähntichkeü
mit sieb uad mit dem Ein, wie überhaupt jedes Praedicats, daa ihm
Aur im Verhältnis zum Andern bei- oder abgesprochen werden kann.
§ d. Ueber das Nichtsein des Ein. Rückblick auf
den Sophisten. Der Behauptung *das Ein ist' folgt in Gemiszheü
der ISft A gethanen Aufforderung die andere *das Ein ist nicht^. Ein
Nkhlsein ist aber schon im Sophisten als vorhanden erwiesen, und
meht blosz zu^hg wird gleich 160 C auf Soph. 267 B durch "Wieder-
holung des ähnlichen Beispiels und ausserdem put fast denselben Wor-
ten hiage wiesen. Ist es nun natürlich anzunehmen, dasz die Betrach-
tungen über dasNichtsekn imParmenides und Sophisten in Verbindung
stehen: s€> ist die im Parmenides, wie schon gesagt, als die spätere
anzunehmen, weil es nicht erst erwiesen, sondern nach Praedicaten
in viel specielleret Weise, als es Soph. 255 geschieht, ebaraklerisiert,
jiuiiächst aber glei^ gesagt wird , dasz von dem Nichtsein des Ein
ein Wissen möglich sein noüisse. Noch mehr leuchtet dies aus folgen-
dem' hervor. Im Sophisten wurde die falsche Meinung aus dem Vor-
handensein dea Nichtsein für mdgkch erkannt. Nach der Eracheinuag
gibt >es eine ri^m] Soio(M(ifjunfj ^ gleichsam eine Kunst der falschen
'Metaung. Eine solche kann nicht anders als in einem Schein beruhen,.
Weil nun im Sophisten über das Verhältnis der Ersoheinungea zum
Begriff überhaupt nichts positives festgesetzt worden war, da, wie S.137
gesagt, die Art, wie im Excurs über die tixvrj die Welt von denBe^
griffen. uQvermillelt durch einen selbstschopferischen Act der göttlichen
Kaast entsteht, nicht für eine Erklärung derselJi)en gdten kann: so war
aueb üher die Art, wie das Andere gegenüber einem nach allen Prae^
dicaten bestimmbaren Nichtsein des Ein \m Reflex zu dem NidO&eJafi
ebenfalls nach Praedleaten zwac bestimmbar aber nicht ist, sondern,
weil diese Praedicate am Nichtsein des Ein unter der Vorausaetaang
eines fehlenden positiven Sein des Ein des Seins ermangelo, nur
scheint, nichts bestimmtes gewonnen. Ein splcher Sehein des Vie-
len wird aber im Parm, }fi4k nicht zufällig gefunden, sondern in Z«-
sammenhang de« Uaftersuchung begründet. Wie denselben auch Her-
E;^ Aib^rtii zur Bltif^kttli der Hidon^ Hl
miAii S; 5^'f. and -AiRiiJ38d> l&r/di« fiMtimnung dmiMmU^n dbr^
haltd des Fittrmenfdes richtige gcmüTdigt hsttr.so fehlte ohne dk.'Be'-
grQndung desselben- der ßeschceibu^g ^et viiv^ do|oftifei7n»^ im S^
phislen das ^efa^rlge Lidit. Beachten wir diesen Schein in dem naieh
Massen gelreiinlen Andern und wie er aufh&ren musSs Sekein zusein^
venn die Praedicate am Nichtsein auf das S«dn des Ein bezo^a Wer-
den, und wie die Massen dann Mamgfailigkeit imEin^^ünd: so sehen
wir dasz, wie logisch keine Negation ohne Alfirmafion ist und- eine
Gliederung im Deinen ohne Einheitlichkeil, wie umgekehrt diese ohne
jene unmaglich ist, so auch, analog der logischen, eine ontoiogiachA
Nothwendi^keit der Einheit im Manigfalligen unbe^gt i&l ,. dasz , T^ie
Hermann sagt, eine den Denkgesetzen entsprechende ReatHIät, Einheit
erfordernd, unmittelbar die ManigPaltigkeit in sich trage« Nun aber
isi die rixvri do^Ofitfirinmj de^s Sophisten nach der obigen Stelle au«-
nächst im Schein beschärtigt, also in dem, was sich im vorletzten
Theii des Parm. 164 ß — 165 E parattei der Stelle 160 B — 1^3 B für das
Andere herausstellt, wenn sich für das Nichtsein des Seins entbehrende
Praedicate ergeben , und heisZt dies in Bezug auf das Verhältnis der
logischen und ontologischen Seite , dasz Praedic^ate ohne eine logische
Einheit entologisch ein Schein ohne einhei^iche Realität sind« Die
streng gedachte Identität des Logischen und Ontok>gisehen beachtofy
ist ein gegliedertes Denken ein manigfalliges Sein und umgekehrt, und
das Wesen der Dialektik (Soph. 253 C) ist das Wesen der Ersoheiauog.
Wie aber dies Resultat aus dem Parmentdes elgenthümlich gewonnen
wird , ist in dem ganzen letzten Abschnitt 160 B— 166 C aus der Dar-
stellung desselben klar.
§ 7. Die verschiedene Auffassung des Nichtsein
am Ein. Der Schein des Andern ist dais Gebiet der im
Sophisten beschriebenen ti%viq öo^ofAL(iriti»iq. 'Zuetst
wird das bereits im Sophisten gewonnene Nichtsein, gegenüber dem
durch die Differenz vom Ein unterschiedenen Nlohl- Eint eben daduvch
ein bestfmmtes, dasz es vom Ein aosgesaigt wird, und indem sich zeigt,
dasz dem vom NIcht-Ein unterschiedenen Ein diePraedicatel der Ui»-
ähnliehkeit, Ungleichheit zum Andern, der Aehnlichkeit undi^leieh-
beitmit sich selbst als seiende zukommen, findet steh eine Duplieität
in dem Ausdruck *das Ein ist nicht% vermöge deren das Ein, wel-
ches nicht ist, doch auch ist, ein Sein und Nichtsein, gewisser-
maszen entsprechend dem Ein an sich und dem Ein im Andern, wie
es steh nach der Behauptung Mas Ein is ^ ergab. Die Widersprüche,
die dort für das Ein aus jener doppelten Fassung flfossen, finden -sich
hier wieder , wie Bewegung und Ruhe , weil einestheils das Nichtsein
nieht als Negation des Ein , sondern des Seins aiatf^efas^t , das Ein von
dem Seienden ausschlleszt und es , analog dem Ein im xavtov dort
(vgl. 1§!3D wee to w ovrt to f*^ ov% hier im Nichtsein ruhen läszt,
andemtheiis aber das Sein des Efa zum Nichtsein ohne eine MetAbote,
eine Be^wegung, nieht übergehen kann. Von der Ruhe- des ntcht-
seienden Ein Ist also die Rede, sewol weil es vom Seieaden ahjfpe^-
US £. Albferti: mr Dialektik des Plalon.
g«h, tis aoch weil es «n sich ist, von der BewegöD|[^, weil Sein und
Nichtsein Gegensätze sind. Ueberhaupt, da ein Nichtsein nicht ab-
solut, sondern das Nichtsein im Verhältnis zum Sein ist, so zeigt das
fM^ nach Soph. 267 C etwas von dem andern an , als die Sache ist , die
dorch das der Verneinung folgende Wort bezeichnet wird; also ist
Nichtsein das Einsein des Andern , unmittelbar aber auch , wie das
Andere ist , ist es die Bestimmung des Ein , die Praedicate sind das
Andere, und Sein und Nichtsein, wie jede Bestimmung, kann nicht
zwar von dem unterschiedslosen , sondern von dem in sich unterschie-
denen Ein ohne Widerspruch gelten. Denn überhaupt musz nach
161 E das Nichtsein an dem Sein und auch das Sein an dem Nichtsein,
um vollständig zu sein oder nicht zu sein , nothwendige Bestimmtheit
finden. Insofern aber das Nichtsein des Ein nicht als das Andere
bezeichnet wird , fällt es als Widerspruch auf das Eins selbst , dem
ein Sein nothwendig ist Wie Sein und Nichtsein , sind Widersprüche
auch die Praedicate der Ruhe und Bewegung, der Veränderung und
NichtVeränderung, des Werdens und Vergehens.
Vergleicht man mit dieser Stelle 160 B — 163 B die andere 164 B—«
16&E zunächst, so ist in jener die Unmöglichkeit bewiesen, das Eins
als nichtseiend, ohne es auch seiend zu fassen, in dieser unter der
Voraussetzung eines nichtseienden Ein die Unmöglichkeit das Andere
als seiend zu denken gezeigt, so jedoch, dasz von einem Schein des
Andern die Rede ist, welcher entsteht, insofern zwar das Sein am Ein
fehlt, ohne dasz aber das Ein und das Andere an sich, vermittelst des
^e(fov auszer Beziehung gedacht werden. Doch wie dort das Nicht-
sein des Ein ein bestimmtes Nichtsein nach Praedicalen ist, aber so-
gleich ein Widerspruch im Ein selbst: so ist hier das Andere nicht
als Nichtsein des Ein zum Sein des in sich unterschiedenen Ein auf-
gefaszt , sondern es steht einem nichtseienden Ein gegenüber , und so
ergibt sich der Schein des Andern aus seiner Beziehung zu einem Ein,
welches es, um zusein, seiend erfordert, welches aber nach der Vor-
aussetzung nicht ist. Insofern nun in dem vorhergehenden Abschnitt
aus wirklichen Praedicaten, die einem nichtseienden Ein beigelegt
werden , das Sein des Ein gefolgert wird : wird in diesem Abschnitt
aus der Beziehung des Andern zum Ein und aus den Praedicaten, die
dem Andern zugelegt werden, nicht gleicherweise auf das Sein des
Ein geschlossen. Vielmehr wird die Beziehung und die Praedicate
•auf das der Einheit entbehrende Andere selbst angewandt. Dieses hat
die Natur des Unbestimmten mit dem abstracten Andern gemein
(158 B). Insofern aber an die Stelle des dort abstract gefaszten Ein
hier ein nichtsCiendes Ein getreten ist, kann die Unbestimmtheit durch
die mögliche Beziehung zum Ein, das nicht ist, hier nicht zur wirk-
lichen, sondern nur scheinbaren Bestimmtheit werden. Von einer
scheinbaren Bestimmtheit aber im Verhältnis zum Ein aufgefaszter Prae-
dicate kann nur bei ontologischem Verhältnis die Rede sein. Bei rein
logischer Fassung kann das Nichtsein des Ein wie das Sein fDr das
Andere mir die Consequenzen , dasz das Nichtsein des Ein dieses eben-
E. ASbetüi aur Dialektik des Flaton; IM
-sowol isl als nicht ist, nach sich ziehen« Htm ist es auch reeht nvol
ind^lich, dasz der Verstand 4as Ein leugne; hat er aber troiadem an
dem Andern den Sehein , den seine sinnliche Wahrnehmung nicht su
leugnen vermag, sa sollte er, statt diesen an sieh zu nehmen, das
Andere im nothwendrgen Verhältnis dem Sein des Bin gegenüberstelief^
wozu die dialektische IMelhode dient. Bemerken wir, dasz nachl^^D
nachgewiesen werden soll, dasz die Begriffe sind und dasz die Er-
scheinungen das Theilhaben dei verschiedenen. Begriffe untereinander
sind : so war l)dasz ein Begriff die Vielen sei und nicht. sei, als logisches
Postulat zu erweisen , wie es im erstem Abschnitt geschehn ist (155 E)»
und dieser Beweis gilt direct für das logische Verhältnis zwischen Ein
und Nicht-Ein. Es war aber 2) zu zeigen , wie die Erscheinung sei,
and insofern dies auch in jenem lag, zeigte direct der zweite Ab-
schnitt (das Ein ist nicht) in der Beziehung zum nichtseienden Ein eben
die Praedicale des Verschiedenen, des Ein, des Vielen, der Zalri^
der Grosze, Kleinheit, Gleichheit, der Begrenztheit usw. als ein des
logischen Factors Entbehrendes, noch Scheinendes, und zwar, weil
das Andere als ein in sich Unterschiedenes eine Beziehung fordert«
aber zum Ein, das nicht ist, wesentlich nidit hat. Zunächst ist der
Schein des Andern eine Beziehung zu sich selbst, ist nicht die <&«-*
riffQO) qwaig (Soph. 257 C), die ein ontologisches Nichtsein des Ein ist,
läszt also, insofern er für die Auffassung selbständig ist und der Di^
lektik sich entwindet, ein sophistisches Spiel der tixvti 6o^o(Ai(ifit$niq
zu, insofern diese ja in dem Schein, wie er hier genannt wird, oder
in dem begrifflosen g>avTa<S(iay mit dem sich die öo^ofMiifirini^ be-
schäfligC (267 A) , ohne zum Sein oder Nichtsein des Begriffs vermöge
dialektischer Kunst sich zu erheben, beharren bleibt. Ueber den
Schein hinaus werden die Praedicate unmittelbar als Anderes zum Ein
erfaszl und sind in ihrer gleichartigen Anwendung auf dies die 6«r-
vi^ov tpvCig^ welche nur der Dialektik zuganglich, gewissermaszeii
im ontologlschen Sinn ebenso über dem Scheine ruht, wie die Dialektik
über der von dem logischen Postulat unabhängig operierenden Seelen«-
ihätigkeit, mag dieselbe Siavoiaj dogcr oder g>avretöla heiszen (vgl.
364 A B). Dringt die Dialektik nach logischem Denkgesetz zum Be*
griff über den Schein hinaus vor, so ist unmittelbar in ihr die Com«
binalion in Sein und Nichtsein, in welcher die Begriffe miteinander
verbunden sind, so ist das Ein und die Beziehung aller Praedicate zu
ihm mit Bezug auf die Erscheinung gegeben. Heiszt es nun einen
Schritt weiter gehen, wenn man die Praedicate, die hier «^ctri^ov
^pwfig zum Ein, aus ihrem Praedicatsverhältnis losgelöst; an sich als
reine Ideen auffaszt, die mit dem Ein identisch sind, so ist dieser
Schritt im Parmenides nicht geschehen (Zeller S. 166 und Hermann
Anm.528). Aber es ist die Identität des Ein und des Andern, ver-
möge welcher, sei das Ein, sei es nicht, das Ein und das Ander«
Alles schlechterdings sei und nicht sei, scheine und nicht scheine, als
Beding^ung erwiesen, unter welcher die Erscheinung, wie zur onto<>
logischen Wesenheit , so zum dialektischen Erkanntwerden gelangt
164 K. Albertt: 2tir Dialektik dw PUlo^
Zo ketiiem andern Zvt^eeR als demv trote der aufgeworrenen Schwierig
keilen zu zeigen, dasz enl([^eg«n8lehendp Praedieale den Erschetnungea
bei^ele^t werden, ist auch die Untersuchung nach 1SS9 I> ang^angcai
mifd 186 A von neuem yorgenomoien. Biese Aa%abe erheischte eine
Sxposiüon des dialeklisclien Grundsatzes , aber die Erechelming tis
tä 'JillM ist Ofcht : an sich ein dialektisches tu: aXXa (die andern Be-
griffe), eondem, ainnlieh wie sie ist, zwingt sie nicht unmitielfoar dia-
lektisch aufgefaszt zu werden , und insorern es nicht gesciiieht^ in ihrer
auszer dem Ein liegenden Beziehung zu sich selbst ist sie Schein., der
aioh dem schärfer in ihn dringenden Gedanken als Unbestimmtes in»-
mertort entwindet. Wie aber das Andere, ohne dialektisch geHaszl
za sein, nur als ein Bezogenes auch fiir die auszer der DiaJeklik lie*
genden Organe der AuITassung, die Aesthetik, die Meinung, über-
haupt Etwas , wenn auch nur Schein, sein kann , für die Dialektik selbst
SmiQOv gwöig ist : so fällt ein -unbezogenes , unterschiedsloses Andere
auch nicht als Schein unter eine Form der Anschauung und ist über-
all, wie das unterschiedslose Eins, weder einer wissenschaftlichen noch
sinnlichen Auffassung fähig , insofern unter sinnlicher Auffassung die
Unterscheidung nach Massen, das scheinbare Innewerden von glei-
ehen oder ungleichen, ähnlichen oder unähnlichen, bewegten oder
ruhenden, werdenden oder vergehenden Dingen , mit einem Wort der
Schei«! verslanden wird. So kommt also in Vergleich mit 163 C —
J64B der letzte Abschnitt 165 E — 166 B wie jener zu einem reinen
Ifiohts, zu einem Widerspruch milider sinnlichen Wahrnehmung selbst,
die (loch auch dem sophistischsten aller Sophisten vorhanden war^
Stellt sich aber nach alle dem klar heraus , dasz im Parmenides statt
der reinen Ideenlehre, insofern darunter der Beweis für die Identität
des logischen Ein und Nicht-Ein verstanden, vielmehr zunächst eine
Anwendung der Begriffe auf die Erscheinungen im Sinn des nach
139 D und 136 A zu lösenden Problems enthalten sei , so kommt woi
auch den auf das Ein gleichmäszig angewandten Praedicaten des Sein
und Nichtsein, der Verschiedenheit und Identität usw. die- begriff-
liche Wesenheit vor wie nach ihrer Verbindung insoweit zu, als ihr
Praedicatsverhältnis die im Ein ruhende Nolhwendigkeit des logischen
w!ie ontologischen Inhalts , des unter die Dialektik fallenden, im Manig-
faltigen gegliederten Ein ist. Das ist aber der Beweis für das S. 147
angedeutete nalhwendige Connexum zwischen Begriff, Vielheit, Sein^
Wissen j vermöge dessen die aufgezählten Schwierigkeiten der Idceni-
tehre sich gar nicht ergeben.
§ 8; Die Aporien gegen die Ideen zeigen sich al»
gelöst* Denn was die ad 1 und ad 2 angeführten betrifft, so kommt
zu dem, was wir S. 138 und 146 bereits gesagt haben, in welche
Amphibolie durch räumliche Fassung der Begriff geräth, jetzt, dass
in Bezug zum Begriff das Ding an sich keine Selbständigkeit hat, son«-
dern der dialektischen Auffassung die ^axi^ov qwaig des Begriffs ist,
deren Wirklichkeit der nach seinem vollständigen Inhalt in ihr nothr^
wendig erscheinende Begriff selber ist, welcher, wie er ist,, aus der-^
R. Aibi6rü4 itur IMalekllk des PUton. i5S
«elben 'Vollst§iidi^6il des InkaMs als fiinheil in das dial^kliseiM Bt^
wufltseia aufgeht. ^^ Da« 132 A B bemerkte verglichen mit 164 D ^
165 A B iat aus der bis zur diatektisehen Aurfassung der Erscheinung
nicht durchgedrungenen sinnlichen- Wahrnehmung an der Erscheihuog
entsprungen, vrelehe das Gemeinsame an vielen Dingen immer ia
dem Moment als inHQa vonlijd'og (132 B. 164 D) zum Unbestimmten
verschwinden siebt, -wo sich ihr eine andere Erscheinung, jenes Ge^
metnsame. umfassend, darbietet« Insofern aus diesem Schein' vor dem
Anfang immer ein neu erscheinender Anfang oder naoh dem £nd^
immer ein neu erscheinendes Ende (165 A g. B.) entspringt, w^d aus
derUnbestinimlheil der sinnliehen AufTassung die Nolhwendigkeit eine«
vernünftigen Postulats des Unbedingten indirect bewiesen. Während
es keinen Begriff in jenem Sinn gibt, zeigt sich, daez nicht die £r<>
scheinungen den Begriff, sondern umgekehrt der Begriff als onta^
logisches Unbedingte implicile eine unendliche Vielheit in sich trage;
weiche als Inhait den Begriff zum dialektischen Bewustsein bringt^ ****
Insofern aber ohne den Zwischenbegriff des Werdens der Begriff sich
als Erscheinung oder als das mit dem Praedieat versehene Andere
setzt, so sind, weil in ihnen mehrere Begriffe aufgefaszt werden, di#
in Ihrer Verschiedenheit untereinander einem Urbild nicht eongrucnt
sein können, die Erscheinungen kieine biioim^at«, sondern Formen^
in denen mit seiner positiven auch die negative Bestimmtheit des Bo«^
griffs nach der Fülle aller Verbindungen unmittelbar so als Object der
Dialektik erscheint , wie diese immer nach innerem Gesetz die im Vielen
ruhende Einheit erfordert (vgl. S. 139 ad 5). ^^ Ferner aber verlangt
die Form des dialektischen Begriffs als Einheit die Rcalillt der nega^
tiven Form als Anderssein , so dasz die Erscheinung unter dieser Form
den realen Inhalt des Begriffs bildet , in Bezug auf welchen Wahrnehr
mung und Meinung solche Operationen der Auffassung, sind , welche
zwar die Erscheinungen überhaupt unterscheiden können, die jedoch,
i^ell sie untergeordneter Art sind^ ohne zum begriffiicheti Wesen zu
kommen , im Schein derselben unter sieh hangen bleiben«' Aber wia
in der Erscheinungswelt der erfüllte Inhalt des Begriffs, ruht, wie
schon oben gesagt, über ihr der Begriff lebenso, wie über Wahrneh*
mung und Mednung die Dialektik, und demnach musz auch das oben
(6.138 ad 4) bemerkte in dem Sinn verstanden werden, dasz däs^ge^
gliederte Denken das gegliederte Sein voraussetzt. Demnach gibt- a^
ohne ein gegliedertes Sein keine Dialektik (vgl. S. 139 ad 6). E'ndÜOT
alMr ist das Wesen der Begriffe dergestalt die Einheit der Erscheinung^
als ihre Verbindung untereinander Inhalt ist , und wie ein abstractes
Fürsichsein der Idee nach 137 C f., so ist ein abstraetes Fürsichsein
des Inhalts nach 159 B f. ebenfalls, also auch eine von der Idee ahg^
2ogene Welt der Erscheinung unmöglich (vgl. S. 139 ad 7). Dieselbe
auf die Idee bezogen, aufzufassen ist die Dialektik das einzige, sehMi
Soph. 253G erklärte Organ. Je mehr es darauf ankommt, die Be«
Ziehung der Ideen richtig zu erkennen, um die Welt der Wahrneil-»
iDung des Seheins zu entkleiden, desto mehr fällt mit der riehiigeii
156 E. Alberü : tut DialekOk des Ptatoiu
Bestimmung der Begriffe sa den Erscheinungen die Aufgabe der Dia-
lektik zusammen, deren Förderung also ebensowol directer Zweck,
als der andere der ist, die Erscheinung durch Begriffe zu erklären
(S. 140)« Die Unlerstellung der Erscheinung als Form des Nicht-
seins unler die Begriffe ist die Voraussetzung, wie die Praedicate
gleichmäszig auf das Ein angewandt werden. Rückschiieszend geht
von dem Nichtsein die Dialektik , reale Einheit fordernd , auf das Sein.
Dazu muste gezeigt werden , und der Parmenides zeigt es , dasz das
Nichtsein ein solches wäre, weiches diesen Ruckschi usz erforderte,
d. h. welches nothwendig nur in Beziehung zum Ein vorgestellt und
gewust werden könne. Zugleich ist dieses Nichtsein, im Parmenides
als %a SHa bezeichnet, nicht mehr blosz logisch, sondern ontologisch,
d. h. es wird fireilich von der Dialektik im Verhältnis zum Sein noth-
wendig erkannt, weil aber, was an sich ist, für die Vorstellung auch
anders sein kann , so auch das Nichtsein für die Vorstellung und Mei-
nung; es ist Schein für jede Art nicht dialektischer Auflassung.
§ 9. Das Verhältnis des Parmenides zu dem Theae-
iet und Sophisten. Bemerken wir aber hiernach, dasz die der
Ideenlehre entgegengetretenen Schwierigkeiten vor dem eigenlhüm-
lichen Wesen dialektischer Begriffe nicht bestehen : so ist nicht allein
das Wesen des ov von dem Organ dasselbe in der Beziehung zum fiij ov
aufzufassen, sondern auch die Möglichkeit es in dieser Beziehung nicht
aufzufassen, von dem Schein, welcher das (itj ov an sich trägt, ge-
schieden. Den Gebieten vom Schein zum begrifflichen Sein als Ob-
jecten entsprechen als Auffassungen die Wahrnehmung bis zum Wis-
sen. Der Parmenides hat den Grund klar gelegt, auf welchem die
Organe der Auffassung vollständig mit derjenigen Sicherheit geordnet
und gewürdigt werden können, weiche die objective Giltigkeit des
gewonnenen Resultats der Definition der Dialektik und jedes ihr unter-
geordneten Organs verleiht. Enthalten nun , statt einer solchen voll-
ständigen Organisation der von der Sinnlichkeit zur Dialekdk hinauf
möglichen Organe der Auffassung, nach ihrer Stellung zueinander
und der gröszern oder geringern Deutlichkeit zum Objeet der Auffas-
sang geschieden, einzelne Stellen im Theaelet unsichere Erklärungen
der Wahrnehmung (184 B f. 186 D), Meinung (schon 161 D vgl. mit
S* 117, bes. 187 Aund 190 A), des Wissens (198 D f.) : so war auch, be-
^Mr nicht das Kriterium aller Auffassung, die Noth wendigkeit, dasz die
Tom Wissen geforderte Einheit real und die von der Wahrnehmung
angesehene Vielheit ihr Inhalt sei, gelegt worden war, selbst die Be-
hauptung, dasz alles Wissen vom Seienden sei (TheaeU 186 C), un-
sicher , insofern dieses einestheiis mehr ein gegenüber dem Flusz der
Wahrnehmungen gefordertes Sein ist, anderntheils aber der Inhalt,
den die Erscheinungen bilden (Theaet.l88D — 189 B), ohne Bezie-
hvDg zum Sein, statt d^r Dialektik für Nichtsein, denWahrnehmusgea
noch für Sein gilt. Wenn ferner das eben genannte Kriterium, wel-
ches der Parmenides herausstellt, schon genau ins Auge gefaszt wäre,,
so hätte die positive Antwort auf die Frage, was Wissen sei, unmiL-
Ei Alberti! zor Dialektik des Piatont- 157
tribar erfoljgfen kdnnen, und die an sich so gpründliche Unlersachang* im
Theaetet über die Möglichkeit der falschen Meinung hätte gewis kaum^
den ihr eigenthümlichen Charakter der Zweirelhafligkcit und üngewis-'
heit an sicji getragen, insofern alsdann auf dem Wege von der Wahr-
Tiehmung bis zum Wissen die Function jedes einzelnen Vermögens der*
Auffassung mit Rücksicht auf das Organ das Sein zu erkennen, die
Dialektik, gebührend charakterisiert, auch leicht entschieden worden
wäre, wie falsche Meinung dann auf dem Wege zur Dialektik mög*-
Hch sei, wenn die Natur des Nichtsein noch nicht durchschaut, nicht
nach dem d'dte^ov vom Sein vollkommen losgelöst wird. Statt dessen
ist zwar mit Bestimmtheit zwischen Wissen und Nichtwissen geschie-
den (188 A), die Natur der Einheit aber, weiche das Wissen be-
dingt, ist erst am Schlusz des Gesprächs in der Definition, Wissen
sei wahre Meinung mit Erkenntnis des Unterschiedes, dialektisch an"
gredeulet. Diese wesentliche Andeutung wäre aber nicht zuletzt und
in der Form als ovag avrl avel^atog angefügt worden , wenn das Ge-
biet der Wahrnehmung im Theaetet schon die &cetiQov fpvaig der rea-
len Einheit wäre und diese Hauptsache, welche der Parmenides zu
erklären so ernstlich bemüht gewesen war , in ihn übergegangen wäre:
Hinwiederum ist diese dialektische Auffassung nach der Ordnung int
Theaetet , wo Wissen zuerst als Wahrnehmung (151 E) erklärt wor-
den ist, nicht wahrscheinlich, sondern ergibt sich aus der Kritik selbst
in der Andeutung erst am Schlusz, wo die Erkenntnis des Unterschieds,
welche die wahre Meinung begleitet , eine Erkenntnis von der Natui"
des ^crte^ov ist, welches, bevor es im Parmenides aufs engste zum
?v in das nolhwendige Verhältnis gesetzt und gründlich beleuchtet
wird , im Sophisten an sich gegliedert wird. So ist der Theaetet eben
nur ein Gespräch, das den Weg zur Wissenschaft durch Ausscheidung
fremdartiger Gebiete säubert, welches die Aufgabe hauptsächlich da-
durch , dasz es die Art und die Möglichkeit der falschen Meinung be-
stimmt, zu vollziehen sucht, und obwol es Theaet. 200D heiszt, dasz
die Frage nach der falschen Meinung der andern nach deni Wissen
nicht vorangehen dürfe, so dient indirect jene doch der Beantwortung
dieser, insofern z.B. sowol die Stelle 195 D die Forderung in sich
trägt, dasz der .Typus, auf den die Wahrnehmung zurückgetragen
wird, ein unterschiedlich fest und bestimmt erkannter sei, als aaeh
die Stelle 200 A — C verlangt, dasz eine genaue Unterschiedlichkeit
des Objects verhindern müsse, dasz die ivmtdtrifiboavvri mit der
ixufnqftfl zusammenfalle, Forderungen die gerade auf die Dialektik
und die dialektische Natur des aus dem Unterschiedenen zu erkennen-
den Ein hinweisen. Während aber der Theaetet die Untersuchiing
auf dem Gebiet der psychologischen Hergänge festhält, auch nach
jener Stelle 185 C bemtüit ist, aus der Natur der Wahrnehmung und
Meinung selbst heraus die Unsicherheit ihrer Operationen abzuleiten:
so trägt er auch jene Begriffe nicht zurück als wesenhafte Einheiten
in die Erscheinungen , um , was in der Auffassung das Wesen bildet,
in der Erscheinung wieder zu finden , um dann ferner die Erscheinung
Jahrb. f. elass. Philol. Stippl. N. F. Bd. 1 Hfl. 2. ]l
tlid E. iUberU: zur Diai^kUk d^9 PiiOon.
zug^leich als dasjenige zu setzen» was als die Einheil oiohi rein wabr-
genommen wird, sondern vermischt mit Vielem, was die Einheit auoh
verkennen läszt und in. dieser Verkennung die falsche Meinung be*
wirkt. Vielmehr ist, dctsz Wahrnehmung nur möglich sei, weil sie
durch den Syllogismus gleichsam zur Festigkeit zusammengeschlossen
wird, das, was zunächst die Annahme von Begriffen herbeifiihrt, und
diese bilden das Sein, ohne dasz ein Nichtsein an ihnen schon real
unterschieden wird. Den ersten Schritt zu diesem macht, indem die
Frage nach der falschen Meinung weiter verfolgt wird, der Sophist,
welcher die Begriffe als Realitäten behandelt,, die, indem sie in gegen-
seitiger Unterscheidung nebeneinander stehen, wenn sie sich verbin-
den, Einheit und Unterschiedenes, Sein und Nichtsein zugleich sind.
In der Definition der Dialektik 253 C E ist die Erscheinung schon nach
der Möglichkeit, wie und wo (y nal Zity) die Begriffe eich verbinden
können, in das Wesen derselben unter die dialektische Auffassung
eingeschlossen. Zunächst dann wird fortgefahren die Begriffe näher
zu bezeichnen, identische und Praedicatsbegriffe und einige der wich-
tigsten zu unterscheiden, mit Einern Wort das Gebiet dialektischer
Thätigkeit in dem realen Sein und Nichtsein darzulegen. Wie dann
die Frage beantwortet wird, ob Verstand, Meinung, Wort am Nicht-
sein Theil haben, wird das Nichtsein ganz deutlich eine ReaUtat,
welche nun auch anders als dialektisch aufgefaszt werden, also aus
dem rein dialektischen Verhältnis heraus als Object unter Wahrneh-
mung, Phantasie, Meinung treten kann. Das reine Nichtsein , Gegen-
stand der Dialektik, ist inhaltlich die Realität aller Begriffe gegenüber
dem Einen und gehl mit dem Sein der Begriffe zusammen; das Nicht-
sein als Gegenstand der Wahrnehmung, Meinung, Nachahmung ist
die Verbindung der Begriffe, also Sein und Nichtsein. In dieser
Mischform soll die Dialektik nothwendig richtig verbinden, nicht so
die untergeordnete Art der Auffassung, und in einer solchen musz
das Gebiet der falschen Meinung sein, welche der richtigen Verbin-
dung der Begriffe untereinander sich nicht bewust, als eine Nach-
ahmung derselben nach unrichtigen Verhältnissen geschildert (S. 133),
in einem Schein beharren bleibt, der für sie das Wesen isL Die Mög-
lichkeit dieses Scheins war bei der Möglichkeit der Verbindung der
Begriffe unleugbar, und es war die Auseinandersetzung über das Ge-
biet und die Kunst der menschlichen Nachahmung im Sophisten an
ihrer Stelle. Aber dasz es auch nothwendig sei, dasz Begriffe sich
verbinden, wie es möglich ist, weil wir wahrnehmen und meinen, dazu
muste bewiesen werden, dasz Begriffe abstracl an sich für die Dia-
lektik eigentlich nichts, sowie Wahrnehmung, wahre und falsche
Meinung, überhaupt jede Art der Auffassung unmöglich sind. In diese
Ausdehnung des Sein und Nichtsein der Begriffe, als Gebiet aller
Auffassung, welches ihre Verbindung umfaszt, ist die Erscheinung
eingeschlossen oder ist sie selbst, ist der Inhalt des sich mit dem An-
dern setzenden Begriffes, und sie findet ihre Erklärung , wenn die Noth-
wendigkeil jener Verbindung bewiesen wird. Der Parmenides nun,
E. Alberti: zur Dialektik des Piaton. 159
wie er 129 A — E und 136 A die Gemeinschaft mehrerer Be^iffe an
der Erscheinung^ annimmt, fuhrt in eine solche Auffassung unmitfeibar
ein« Um jedoch nach allen Seiten den Beweis zu fQhren, wie diese
Verbinjiung einestheils nothwendig, anderntheils nicht ein Substrat
reiner Gedanken, sondern einSubslrat jeder Art Auffassung, also auch
der Meinung sein müsse, werden die oben aufgezählten Schwierig-
keiten zuerst hervorgehoben und dann im zweiten Theile durch das
eigenthämliche Wesen dialektischer Begriffe widerlegt. Zunächst nem-
lich scheinen Räumlichkeit und concretes Dasein , wo der mit andern
verbundene Begriff aufgefaszt wird , die Realität dieses in Schwierig-
keiten zu verwickeln , wie viel des einzelnen Begriffs an ihnen er-
scheine und wie viel Dinge an der Idee Theil nehmen , oder in welcher
Weise« Wiederum scheint die Realität des bloszen Verslandesbegriffs
derartig an sich, dasz sie nicht verhindert, dasz die Dinge selbständig
wahrgenommen oder gemeint werden , ohne dasz Wahrnehmung und
Meinung die Mittel der Auffassung aus der Dialektik zu entlehnen
brauchen. Nach dem S. 153, speciell S. 154 gesagten sind diese Schwie-
rigkeiten gelöst und dargethan, dasz, wie das Gebiet der Begriffe
Eins und Alles ist, nur die Form ihrer Verbindung mit Sein und Nicht-
sein au«h der untergeordneten Auffassung einestheils überall Zugang- '
lieh ist, anderntheils erlaubt, dasz sie in dem Schein der Unabhängig-
keit dieser Form irthümlich verfahre. Denn Schein ist die unabhän-
gige, an sich unterschiedene Mischform (164 B f.), insofern sie die
Idee, unter der es möglich ist sie aufzufassen, nur als Nichtsein in sich
hat, also, wo man dieses selbst als Sein auffassen will, aber nicht
kann, ins Unbestimmte verschwindet. So klar es nun ist, dasz der
Inhalt des Parmenides dem des Sophisten nachgestellt werden musz,
so wenig ist doch, wenn nach der Andeutung Soph. 217 A der So-
phist als erstes Glied der verheiszenen Trilogie mit vorläufigem Üeber-
g'ehn des Staatsmanns , der in seiner Stellung als zweites Glied nach
dem jetzigen Inhalt sehr problematischer Natur ist, einen Schlusz auf
den Inhalt des letzten Gliedes erlaubt, der Parmenides mit dem Phi-
losophen schlechtweg zu identificieren.
§ 10. Der Parmenides nicht der Philosoph. Zeller,
welcher dies thut, stützt seine Meinung vorzuglich auf die Aehnlich-
keit, welche zwischen dem Wesen der im Parmenides und dem der
im Sophisten und Staatsmann verfolgten Methode vorhanden ist. Er
sagt, dasz, wie die den letzteren beiden Gesprächen eigen Ihümliche
Methode im wesentlichen darin besteht, dasz in Beantwortung der
Frage nach dem Begriff einer bestimmten Kunst zugleich das dieser
Kunst angehörige Gebiet der objectiven Welt durchforscht und unter
dem Vorgeben, dasz es sich nur um Aufsuchung jener Definition handle,
eine Masse speculativer Bestimmungen gegeben wird , so auch der Par-
menides sich die Miene gibt, dasz es ihm nur darum zuthun sei, den
Begriff der Dialektik, d. h. den des Philosophen an einem Beispiel an-
schaulich zu machen, in dieser Ausführung selbst aber das Gebiet,
mit welchem es der Philosoph zu thun hat, das der Ideenwelt ^ nach
11*
160 E. Alberti: zur Dialektik des Piaton.
•einem Wesen und seinem Unterschied von der Erscheinungswelt dar-
gestellt wird. Die Stelle Parm. 135 C — 136 C drückt aber vielmehr
die Absicht aus die Dialektik zu schützen als ein Beispiel derselben zu
geben, und sie erreicht jenes, indem auf dem Wege indirecten Bewei-
ses eine Realität der Begriffe erwiesen wird, welche die im vorher-
gehenden erwähnten Schwierigkeiten nicht treffen. Dieses wahre
Wesen der Begriffe , welches zugleich der Unterschied der Erscheinung
ist, als der eigentliche Kern des Gesprächs gibt, so sehr er auch die
Voraussetzung des Philosophen bildet, doch über den Philosophen kei-
nen detaillierten Aufschlusz. Denn ein solches Wesen des Begriffs
objectiviert die Forderung des Denkgesetzes nach Einheit im Manig-
faltigen, bestätigt mithin das Recht der Vernunft und Dialektik. Der
Philosoph würde nun bemüht sein, das begriffliche Wesen in allem
Manigfaltigen zu finden und die Forderung nach Einheit an jeden In-
halt aller Art Auffassung zu legen. In diesem Sinn fällt der Philosoph
mit dem Parmenides nicht zusammen , sondern wie die Gewisheit über
das Gebiet des Begriffs, welches dieser gibt, vielmehr die dialek-
tische 'Thätigkeit jenes einleitet, so würde im Philosophen, was ob-
jectiv die Wahrheit des Sein ist, als subjective Bedingung des Wis-
sens erklärt und also im Verhältnis zu dem Wissen die Wahrnehmung,
Meinung ebenso , wie im Verhältnis zum Sein des Begriffs die Erschei-
nung gewürdigt ist, richtig dargestellt worden sein. Aehnlich schlieszt
sich im Sophisten an die Darstellung des Nichtsein die Würdigung der
falschen Meinung, insofern jenes objective Nichtsein, wie es sich aus
der Behandlung der Begriffe ergab , als Bedingung der falschen Mei-
nung wie Schein betrachtet isL Analog mit dem Wege , auf welchem
die Aufklärung über die falsche Meinung gewonnen wird , erwarten
wir am Ziel eines Gesprächs , welches den Titel des Philosophen zu
führen bestimmt war, mehr als eine Ausführung des Gebiets, auf
welchem derselbe thätig ist, der Ideenwelt, nach seinem Sein und
seinem Nichtsein in der Erscheinungswelt. Nemlich wie sich im So-
phisten an die Erörterung über das Nichtsein die Frage knüpft, ob die
verschiedene Art der Auffassung und der Nachahmung an demselben
Theil haben könne und im Verfolg derselben zuletzt mit einer auf Grund
der Unterscheidung der Kunst gewonnenen speciellen Erklärung der
sophistischen Kunst geschlossen wird , so sollte ohne Zweifel im Phi-
losophen an die Bestimmung des Gebiets die der Auffassung dessel-
ben , der Dialektik , sich anschlieszen und die Dialektik als höchstes
Vermögen und Kriterium aller Auffassung gegenüber der Wahrneh-
mung, Meinung positiv als Organ des Wissens gewürdigt werden.
Weit entfernt dasz eine solche Würdigung ein Beiwerk sei , vielmehr,
wie im Sophisten die Erklärung der falschen Meinung die Vollständig-
keit des Ganzen zu erläutern dient, insofern sie zeigt, dasz das Nicht-
sein ein solches ist, das auch anders als dialektisch gefaszt werden
kann : müste auch jene , um das Gebiet des Begriffs vollständig als
das zu bezeichnen, was nur dialektisch ist, das Gebiet des Scheins
ausscheidend, dazu dienen zu beweisen, dasz in Bezug auf sie Wahr-
nehmung und Meinung in ihrer richtigen Unterordnung das dialektische
E. AU)erti: zur Dialektik des Piaton. 161
Nichtsein dem Wissen zu vermitteln nothwendig sind. Finden wir
aber in der Wendung auf die Kunst der Nachahmung im Sophisten
ein Zurückgehen von dem Object auf das Subjecl, von der objectiven
Realität des Nichtsein auf die Auffassung desselben, das BemOhn die
inneren Hergange nach ihrer Bedeutung und Stellung zueinander zu
definieren: so wäre, nachdem das Object der Dialektik bestimmt wor-
den ist, in einem Gespräch, das den Titel des Philosophen führte,
ebenfalls ein Zurückgehn auf das Subject nicht unterlassen, um so
weniger, weil die schon vom Theaetet her begehrte Definition des
Wissens an der Gegenüberstellung zu allem , was nicht Wissen ist,
darin beleuchtet und die Stufenfolge der psychologischen Auffassungen
geordnet werden konnte. In einer Trilogie, deren jedes Glied analog
mit der im ersten Gliede angewandten Methode vollendet wäre , wie
es ursprünglich die Absicht gewesen zu sein scheint, hätte dem letzten,
dem Philosophen, abschlieszende Klarheit weder über das Object noch
über die Bedeutung der Philosophie als Organs der Ideen gefehlt.
Dieses aber um so weniger, als die philosophische Betrachtung auf den
Gompiex der Wahrnehmung unmittelbar das begriffliche Wissen nicht
ebenso ausdehnen kann , wie imallgemeinen die Erscheinungswelt
auf die Begriffe zurückgeführt werden musz; denn für die Auffassung
existierte der Schein, der an sich nicht ist So wurde also, als ein
keineswegs unwesentliches, die vollständige Durchwaltung des dialek-
tischen Vermögens im Organismus der Auffassungen am Subject und
damit das Wesen des Philosophen als desjenigen gezeigt worden sein,
der zwar nicht in der klarsten Wissenschaft die Begriff'e wie ein Gott an-
schaut (Parm.l34C), aber in dem Bemühn nach derselben der göttlichen
Vernunn in sich zu folgen und in die Identität des Wissens alle Auf-
fassang zusammenzuführen bestrebt ist. Wir können auch Zeller nicht
zageben , dasz es in der Darstellung des Philosophen nicht schicklich
war eine Definition zu geben, sondern ihn selbst vorzuführen, wie er
den Begriffseiner Kunst thatsächiich darlegt, weil, wie er sagt, die
Kunst des Philosophen auch nicht scheinbar unter die übrigen Künste,
die in der Erscheinungswelt ihren Gegenstand haben , subsumiert wer*
den kann. Denn wenn die Definition, um vollständig zu sein, auch
das Resultat der dialektischen Thätigkeit für das Subject, d.h. eine
Erklärung des Wissens , enthalten müste , sowie der Persönlichkeit,
welcher dasselbe eigenlhümlich ist: so ist die Darlegung, weil sie
die Qbjective Bedingung des Wissens, die Begriffe, beweist, noch
keine Definition. Gleichwol war auch diese Darlegung nothwendig,
um der Definition des Philosophen als desjenigen, dessen Wissen von
dem Wesenhaften auf der Forderung des Vernunflgesetzes beruhe,
diejenige Entschiedenheit zu geben, welche ihr gebührt. So wäre
gesagt, dasz der Philosoph , von der objectiven Existenz und dem We-
sen der Ideen als der Einheit im Manigfaltigen ausgehend, auf die
Identität des Denkgesetzes im Subject alles Wissen und alle Wahrheil
zurückzutragen berechtigt sei und dasz er mit einer Sicherheit, welche
im Theaetet nicht vorhanden ist, von der Erkenntnis des Unterschiedes
als von der im Wesen des Denkgeselzes selbst wie auszer ihr im Be*
162 £. Alberti : zur Dialektik des Piaton.
^tffc liegenden Forderung alles Wissen über den Complex der Auf-
fassung abhängig mache. Sehr mögiich aber, dasz in den Umfang
eines solchen Gesprächs der Inhalt des Parmenides gehören sollte, und
weil jenes vielleicht nie ausgearbeitet wurde , so wurde dieser zu einer
gewissen Vollendung gebracht, während die compacte Weise seiner
Form sowol als seines Inhalts zu der Vermutung führt, däsz Piaton
in ihm die während Abfassung der beiden vorangegangenen specula-
tiven Gespräche angeregten Gedanken über Wahrheit und Wesen der
Begriffe ursprünglich möglichst positiv einzurahmen versucht hatte.
Denn auch der Parmenides bildet in dem seit dem Theaelet mit ent-
schiedener Evidenz hervortretenden Bemühn, die ei genthüm lieh pla-
tonische Ideenlere auf metaphysischem und logischem Gebiet in ihrem
lebendigen Organismus zu begründen, ein wichtiges Glied, welches
um so weniger aus der Umgebung des Theaelet und Sophisten gerissen
werden darf, je mehr die innerhalb der engen und schwierigen Grenzen
festgehaltene Speculation in ihm ihren eingehendsten, tiefsten Ausdruck
findet. Die Periode dieser Philosophie beginnt mit Theaetet, und wäh-
rend die in diesem angeregte Speeulation in den Sophisten übergeht,
ist kein Zweifel, dasz sie nach dem ursprünglichen Plan auch in den
Staatsmann und Philosophen überzugehen bestimmt war und zwar,
weil in der Reihenfolge die Definitionen des Sophisten, des Staats-
manns, des Philosophen geeignet schienen, ihrem allml^liehen Fort-
schritt zum Ziel eine passende Folie darzubieten. Denn wie der So-
phist zeigt, in welcher Weise dies der Fall ist, und wie dieser der lie-
fern Philosophie durch das ihm eigenlhümliche allgemeinste Merkmal
eines Scheinwesens der Nachahmung Gelegenheit zur gründlichsten
Untersuchung über die Möglichkeit und Natur der falschen, in der
Wahrnehmung hängen bleibenden Meinung darbietet: so wird von
vorn herein, als die Trilogie bezeichnet wurde, auch angenommen
worden sein , dasz der Staatsmann durch ein ihn besonders charak-
terisierendes Merkmal Gelegenheit böte, den Gang der eigentlichen
Speculation um ein weiteres Stück zu fördern, der Philosoph aber, um
den Gang zu vollenden. Hier also scheint der passende Ort, um zum
Schlusz unsere Ansicht über den Staatsmann auszudrücken.
Viertes Capitel.
Heber den Staatsmann.
§ 1. Kurze Angabe dessen was als Inhalt des Ge-
sprächs erscheint und Folgerung daraus für die Zeit
der Abfassung. Dasz der Staatsmann, insofern er in der eigeur
Ihömlichen Sphaere des Nützlichen sich bewegt (vgl. Theaet. 172 A
und 177 D und oben S. 117) , nach der ursprünglichen Conception Ver-
anlassung zur Auseinandersetzung der wahren Meinung genommen
hätte, ist Hermanns Meinung, und zu diesem Zweck scheint Soph. 368 B
den Staatsmann von dem Demologikos als den auf dem Gebiet des
Oeffenllichen nicht im Schein , sondern in Wahrheit sich bewegenden
ter scheiden zu wollen. Wie diese Piaton sich vorstellte und bis 2u
£« Albertt: mt Dialektik des Piaton. IM
welehem Grade er das NütsUehe, identtaeh mit dein Guten^ hier als
•Folie benutzt hätte , um das Wesen der vom Wissen unterschiedenen
wahren Meinung herauszustellen, läszt sich aus einer Vergleichung mit
dem Gorgias und Menon vermuten« Nur erlaubt die Darstellung im
Staatsmann, den wir besitzen, noeh weniger, als es vielleicht das ur*
sprüngUehe Gespräeh getfaan hätte, das ethische Gebiet in der Weise,
von dem Gebiet des Wissens getrennt, zu betrachten, als ob die Tren-
nung Piatons eigentliche Meinung gewesen sei, da vielmehr für diese
Tugend imd Wissen ebenso wie der vollendete Staatsmann und Philo-
soph eins ist, eine Meinung die zwar entschieden erst in der Politie
herscht, die aber im Staatsmann ebenfalls, z.B. aus dem Zusammen«^
hang, in welchem der Abschnitt 302 B f. mit der Idee des Ganzen so-
wie dem Mythos steht, deutlich hervortritt. Betrachten wir die Idee
des Gesprächs näher.
Eine Frage nemlich im Politikos (302 Bf.) ist die, in welcher der
sechs Staaisformen, welche mehr oder minder gute Nachahmungen
(S79 C) der einen vollkommenen Staatsform bilden, aber auch wol als
ittuas$g derselben (303 C) bezeichnet werden , das Leben das beste,
in welcher das schlechteste sei. Dasz in der absolut besten Staats'^
form das Leben ein vollkommen gutes oder glfickliches sei, ist selbst^
verständlich. Die Frage nach der besten Staatsform hieng aber mit
der Frage 9 welches Leben das beste und glücklichste sei, eng zusam-
men und gewissermaszen ist die Untersuchung über den besten Staat
die Untersuchung des ethischen Princips des besten Lebens, wie dies
in der mehr gegliederten Untersuchung in der Politie sichtlicher wird,
Die Tugend aber ist das höchste Gesetz, vermöge dessen der Staats^
mann die Organtsation des Staats wahrhaft lebendig macht und die
nach der Anlage zur Besonnenheit oder zur Tapferkeit zwie-
fach getiieüte Natur der im Staatswesen überall zu zählenden Indivi-
duen zur Harmonie vereinigt (309 C — E). 2u dieser Organisation ver-
schtttilzt nur das Gule.mil dem Guten; es hebt den Begriff der Staats-
kunst als Wissenschaft auf, anders als durch die Tugend den wahren
Slaatsorganismus zu gründen, weil keine Wissenschaft besteht, wekhe
die Tugend zum verbindenden Kitt zwischen dem Schlechten und
dem Guten oder gar dem Schlechten und dem Schlechten benutzen
kann (309 E. 310 A). Das Geflecht (tfi^fwtAoÄtj) des Staatsorganismus,
insofern es die Staatakunst als Wissenschaft.— und von der wissen-
schafUidien Slaatskunst ist als der besten die Rede — wie ein
Kldderwollenweber das Kleid zusammenflicht, besteht absolut aus
dem Tüchtigen, dem Tugendhaften (Pol. 308 D). Das Tugendhafte
der menschlichen Natur ist das Mittel , durch das die Slaatskunst einen
Staat nach dem Begrifi der Wissenschaft errichtet. Ist die Wissen-
schaa das Princip, die Tugend der Organismus im Staat, durch den
hindurch die Wissenschaft wallet und sich verwirklicht: so ist schon
im Politikos die Skizze des in der Polilie vollständiger ausgeführten
Plans gegeben. Demgemäsz fehlt auch die auf natürliche Anlage
(9Vtf<S) begründete Zweilheilung der Tugend in Besonnenheit und
Tapferkeit nicht Natürliche Anlage bezeichnen die Ausdrücke o^vvq^
jWt £• AlberU : tut Dtaltkük des Pläiou:
und fi&vxfa als dad zar oyd^efa und tfo^^vf^, dem jedesmiUilg^eii
^mifogj mit Hilfe der Wissenschaft zu entwick^de Temperaniiefit (ä06
D und 307 A B). Die wissenschaftlkche Staatskunsi ergreift die beiden
jGrundrichtungen der menschlichen Natur, die sich einander entgegen-
stehen, und benutzt sie, insoweit sie fähig sind durch di« göltUehe
Fessel (der Tugend, 309 G) miteinander versöhnt zu werden, für den
Organismus des Staats. In der Versöhnung durch die göttiiefae Fes^
sei, welche das Rechte, Schöne, Gute heiszt, wird das Temperament
zur Tugend sublimiert. Und wenn dieis geschehen , wenn die wahre
Meinung über das Schöne und Gute mit Festigkeit den zwiefachen
natürlichen Anlagen eingepflanzt worden ist (Pol. 310 E: wucQ^apxog
tavniQlra «aXa %ul iyad'ic ösöfiov): dann gesellen sich in Beson-
nenheit und Mut das sanrte und lebhafte Temperament leicht auch,
weil von der sittlichen Einsicht über die Nothwendigkeit . der Versöh-
Bung beider Anlagen getragen, in der Weise zueinander, dasz in dem
physischen Leben des Staats die gehörige Mischung nimmer verloren
geht. Ueber dieses vermöge der Tugend wolthätige ethische Institut
des Staats, welches auf Grund der physischen Anlage der menseh-
liehen Natur eingerichtet ist , besitzt der wahre Staatsmann die orga-
nisierende Wissenschaft. Diese Wissenschaft ist in Uebereinslimraung
mit der göttlichen Weltordnung, welche Kronos im goldnen Zeitalter
führte, die in der neuen Weltordnung für das seiner eignen Sorge
und Führung überlassene Geschlecht der Menschen heilsiaine und noth-»
wendige. In diesem Sinn gewinnt der Name vofuvg, dessen in Ana^
logie mit dem göttlichen Hirten Kronos der . Staatsmann für würdig
erkannt wird (Pol. 276 B), seine Erklärung dahin, dasz allerdings, wie
6in Hirte, der Staatsmann für das physische Gedeihen eines dardhein
ethisches Princip verbundenen Staatsorganismus sorgt Zugleich führt
die Beschreibung des Gewebes der wahren Staatskunst am Schiusz
des Politikos den Zweck des früher erzählten Mythos über die Welt-
ordnung im Zeitaller des Kronos und die im Zeitalter des Zeus 03^9 C
-^^374 D) klar aus. Wie es nemlich an jener Stelle des Dialogs
(368 Bg. E.) der dialektischen Erörterung darauf ankam, den Staats-
mann in seiner reinen Bestimmtheit von allen, die mit ihm die Sorge
für eine Herde theilen , abzusondern und das Beispiel des Kronos als
Hirten der unter ihm durch ethische Würdigkeit (272 € D) und phy-
sische Glückseligkeit (272 A) ausgezeichneten Menschheit, wenn auch
nicht unbedingt der Stellung nach — da er ein Gott die Menschen
lenkte , während der Staatsmann mit den Beherschten die Menschheh-
keit theill(275 C) — , so doch der Wirkung gemäsz allein auf den Staats-
mann und nicht auf die andern Versorger der Herde , . auf Aerzte,
Gymnastiklehrer usw. passte : so wird am Schiusz des Politikos die
an jener Stelle angedeutete Analogie des Staatsmanns mit dem Kronos
darin bestätigt, dasz der Staatsmann beschrieben wird als derjenige,
welcher in seinem Gewebe des Staatsorganismus die menschlidie Herde
einer möglichst vollkommenen Tugend und einer möglichst ununler*
brochenen Glückseligkeit durch das den physischen Organismus der
'menschlichen Natur durchdringend^ ethische Princip fähig macht luid
£. AXbeHi : 9ur SMektik dei^ Pkton. IM
9o d6ii Bach^cleal Zeili^ter des Kroaos unterbrocbenen Faden fpJMUioher
Weltordnung gleichsam lortsptnnt. Dasz aber dieser Organismus, so
lebendig er ist, ein ewiger sei, macht das Unvermögen alles Körper-
lichen, im wandellosen, sich selbst gleichen Sein zu beharren (269 D),
das Unvermögen der menschlichen Natur unmöglich. Die Schwäche
liegt also in den physischen Elementen , nicht in dem diese durch-
drisgenden ethischen Princip, welches in seinem gelrennten Dasein
ein höheres ist als das physische. Das Princip ist das iyct^ov oder,
^e es genannt wird, ti «ya^ic tud MtXi (310 £). Der Begriff des
Staatsmanns nun schlieszt natürlich die Wissenschaft des ethischen
Princips ein , insofern er auf das Institut des Staats Anwendung er-
leidet, eine Wissenschaft welche in dem Staat das uyu^ov beziehungs-
wose reaUsieren kann , mit Hinblick auf welches , wie in der PoUtie
ausgeführt wird, einestheils im allgemeinen alle Wissenschaft zur
wahren Wissenschaft wird (Polileia 508 D u. a.), anderntheils im besonr
dern die Organisation und Verwaltung des Staats übernommen wird
(Polileia 519 C D u. a.). Das Verhältnis ist dieses, dasz 4äs Gute der
unveränderliche Zweck ist, welchen der Staat erreichen soll, die
Wissenschaft aber die lebendige, organisierende Kraft, welche der«-
gestalt über dem zu irgend einer Zeit, für irgend weiche Zustände
als passend errichteten Gesetz steht, dasz sie dasselbe aufheben oder
verändern oder bestätigen kann , je nachdem die menschliche Ungleich*
heit und die nie zur Buhe kommende Beweglichkeit solches fordert
(394 B) , gesetzt dasz der eigentliche Zweck der Vervollkommnung
zum immer Besseren erreicht wird (393 E a. A.). Denn wenn das
a/adov wesentlich sich gleich bleibt, so ist der Staat aus Elementen
zusammengeseUt, denen ein göttliches Sichgleichbleiben wesentlich
von Urbegian fremd ist (269 D), für die das Gute nur in Analogie mit
dem jedesmatigen Zustand eben durch die Wissenschaft erzielt wird.
Der Staat, weichen die vollkommene Staatswissenschaft organisiert,
«ob er gleich ein Ideal heiszen kann, insofern eine solche Wissen-
schaft wol niemals in ununterbrochenem Gang in ihm wirksam ist (Si95B.
aolE) nimmt doclt Rücksicht auf menschliche Natur sowol als auch
auf die Möglichkeit einer solchen menschlichen Wissenschaft, da das
wirkliche Ideal vielmehr in^der Weltordnung zu finden ist, welche
als die unter Kronos stattgehabte beschrieben wurde. Freilich aber
ist der Staat, dessen lebendigen Organismus die Wissenschaft erhalt,
geg«ndber den Staatsformea, welche statt der lebendigen Wissenschaft
das Gesetz oder den Unverstand walten lassen, den Menschen immer
noch neben den gedoppelten Formen der Monarchie, der Oligarchie und
Demokratie wie ein Ideal (303 B). Der Wissenschaft gegenüber oimmt
das Gesetz nur die zweite Stelle ein (297 E). Das Gesetz ist wesent-
licih ein Praeservativ gegen Uebergriffe, welche Unwissenschaftlichr
keil nnd Egoismus gegen das Heil des Staats sich erlauben (298 A fO-
Ab eine auf empirischem Wege errichtete Norm aber ist das Gesetz
den unendlichen Wandlungen der Empirie ohne eignen Wandel nicht
gewachsen; es kann unter veränderten Verhältnissen das höchste
Recht zom höchsten Unrecht werden, während unter dem Einflusz
M6 E. Allerti : zur Dialekük des Phtton.
des (odten Gesetzes das Absterben des lebendigen Or^msams Tür alle
Zokanfl unvermeidlich ist (299 E). Ist nun offenbar in der wis«^-
schaftiichen Staateforkn das Gesetz eine Unmdgliclikeit und so ian^e
ausgeschlossen, als die Form des Staats besteht: so ist das Gesetz in
einer secundären Staatsform und musz weichen, sobald die wahre
Wissenschaft reformierend in derselben auftritt und mit ilun die Form,
sei es gewaltsam (296 D), sei es durch UeberZeugung zur besten und
zum Heile, welches ihr Kriterium ist (297 A),. verändert.
Dasz dieser den Kern des Staatsmanns bildende Faden des Ge-
sprächs in den Hauptzügen mit den im Staat vorhandenen überein-
sthnme , hat Hermann S. 662 Anm. 505 bereits bemerkt. Fast hat es
den Anschein, als ob nur fehle, dasz gesagt werde, der wahrhafte
Staatsmann habe seine feste Meinung über das Schöne und Gtrte
(309 G) aus dialektisdier Betrachtung des in der Politie entwickelten
ayadiv gewonnen und sei nun der Philosoph , der das Bild des tief
und philosophisch betrachteten Begriffs des Guten an die Conslituiernng
des wahrhaften Staats als Staatsmann anlegt. Fehlt dies gleichwol,
wird vielmehr statt des Wissens, wie bei einer engen Verknüpfung
des Staatsmanns mit dem Staat der Fall gewesen wäre, die wahre
Meinung vom Guten als das Kriterium bezeichnet: so sind doch die
Spuren, die an das fehlende erinnern, dergestalt, dasz sicher zu ver-
mutenist, dasz sie zu einer Zf^it hineingekommen seien, welche der-
jenigen, worin der Staat geschrieben worden ist, eben so nahe, als
der Zeit, in welche die ursprüngliche Conception des Staatsmanns
fällt, fern gelegen hat. In diese Zeit fällt, wie nach den vorläufigen
Stellen im Theaetet und Sophisten zu vermuten ist, z. B« was über
das wahrhaft Nützliche (294 E) oder was über das Masz gesagt ist
(S84 A) ; aber fremdartig ist derselben die Idealisierung der nach der
Analogie mit der göttlichen Weltordnung einzuführenden menschlichen
Staatsordnung und was damit zusammenhängt, z. B. der Mythos.
Wiederum reiht die Analogie der philosophischen Methode den Staats-
mann dicht an den Sophisten an.
§2. Kurze Angabe der Methode uffd entgegenge-
setzte Folgerung daraus für die Zeil der Abfassung.
Die Methode ist wesentlich Definition, d^h. die Bestimmung eines Be-
griffs xor' ädfi (286 D g. E.), deren Eigenthümlichkeit in dem richti-
gen Masze, in der Leichtigkeit und Vollständigkeit besteht
(266 C D) und dem allgemeinen Zwecke , an dialektischer Schärfe zu
gewinnen, neben dem besondern, einen Begriff zu finden, gleich-
mäszig dienen musz (285 D). Einen Begriff nach seinen wesenüichen-
Bestimmungen maszvoll , leicht und vollständig zerlegen heiszt di-
nieren. Wesentliche Bestimmung ist zuerst das allgemeinste Merkmal,
an dem man sich hält, indem man zu den besonderen Merkmalen fort-
schreitet, wie z. B. das Merkmal der iTtunrnnfi an dem Politikos,
welches deshalb von vorn herein festgestellt und als Richtschnur der
ferneren, dem bestimmten sldog mehr und mehr sieh nähernden Ein-
theilung benutzt wird (258 B vgl. 292 C). Hier giU|es die httöviqfnvi
so lange, vom Allgemeinen zum Besondern fortschreitend, einzutheiien,
£. Alberti: zar Dmlektik des Piaton. Wt
bis sie taii der ^altren Staatswissenschaft zusammenfällt» Um den
vermittelst soloher Eintheilung^ (967 B) gewannenen Namen eines Men-»
schenhaters mit einem begrifflichen Inhalt zu versehen, worin die
Wisseiischafl des Staatsmanns als diejenige erscheint, welche kraft-
der Tugend auf Realisierung der seit dem Zurackweichen Gottes unter-
brochenen Weltordnung bedacht ist, dient der Mythos von derHer-
sehafl des Kronos , von dessen Bedeutung oben die Rede war. In ihr *
ist der eigentliche Zweck der Staatswissenschaft erklärt , der hd^chste
den sie Areichen kann: die Glückseligkeit göttlicher Weltordnung in
einer menschliehen wieder herzustellen (275 B). Diese mehr noch
nach dem Umrisz gezeichnete als ausgeführte Erklärung des Staats-
manns (277 C) aus Vergleichong mit andern Begriffen , welche mit ihm '
ein allgemeines Merkmal theilen, aber gleich Buchs laben in andern *
Zusammenstellungen erscheinen , bestimmter zu geben , wird ein länge-
res Beispiel in der Definition eines Kleider wollen webers herangezogen*
Beispiele liebt die Methode, da es die Art des Beispiels ist, das
Gleiche an einem andern richtig erkennen und zusammenstellen und
so beides wahr machen zu lassen (278 C). Die durch die Analogie
mit Kronos Herschaft als httiiil^tu iv^^rnnlvrig (SvfinatSTig vtoivmvlag •
in ihrer positiven Bestimmtheit schon gefundene Staats Wissenschaft
(276 B g. E.) ist hoch in ihrer unterschiedlichen Bestimmtheit ge^en
ähnliche Begriffe, welche an der httiUlBia Theil nehmen, zu verglei-
chen. Dazu soll das Beispiel der Wollenwebekunst dienen (279 B),
die zwischen 279 € — 280 A enthaltene Bestimmung , was die htt-*
tfti|^t} ycohuxvi sei. Der Begriff von beidenist von vielen verwandten
Begriffen getrennt. Es gilt den Begriff von beiden jetzt von nähe-'
ren, mit ihm das besondere Merkmal theilenden (twviyyvg ^vvs^mv)
zu trennen. Dabei wird zwischen mittelbaren und unmittelbaren (o^
tloig und itvvatxloig) unterschieden (281 D E vgl. 287 B). Alle mit-
telbaren Künste, welche der Kleiderwollenwebekunst dienen, werden
unter dem Namen des Walkerhandwerks zusammengefaszt , während
die mittelbaren Künste, welche dem Staate dienen, ohne mit der Staats-
kunst zusammenzufallen , unter sieben Nummern (287 C — 289 B) ge-
nannt werden , Künste und Ge werke des bürgerlichen Lebens enthal-
tend. Als unmittelbare Künste (övvatziaO werden das Krämpeln und
Aufziehen iatns^l to vffinv xb %aX ^cUveiv) bezeichnet; die Wollen-
webekunst (Vttltc0tov^£a) ist also 282 der besondere Begriff, an dem
neben der Kleiderwollenwebekunst andere Theil haben. Dort hat die
raluifuw^la nach zweien Seiten an der r. itan^ixiwq und avyx^ivtwi
Theil, und bis zur Kleiderwollenwebekunst gelangt die Erklärung, ior
dem die r. dvyxQtUK'^ in eine ctQsmiKiq und eine andere tfvfwrAexwsw^
jene aber wieder in eine atrifiovovritiiifi und JtQOKovtfe^wli eingetheilt
wird. Die Künste, welche die unmittelbaren neben der Kleiderwollen-
webekunst genannt werden, sind Künste, welche mehr oder weniger
an dem eigentlichsten Merkmal derselben Theil haben. Darin gleichen
gewissermaszen die als awatrCca zu nehmenden Formen der Staats-
verwaltung, Monarchie, Tyrannis, Aristokratie, Oligarchie und zwei
Formen der Demokratie den Arten der Wollen webekunst, dasz nem-
108 E. AlberU : zor Dialektik des Piaton.
lieh aueh sie an dem eig^enthümlichdten Merkmal der Slaatswissen-
sdbaft, der Vorsorg^e für die menschliehe Herde, Theil nehmen. So-
weit dient das Beispiel der Kleiderwolienwebekunst ganz gat, um
Veranlassung zu geben, die Formen der Staatskunst, wie sie bestehen,
von der wahren Staatskunst zu trennen. Weil aber die Wissenschaft
wiederum das ursprüngliche Merkmal der wahren Staatskunst war,
di^es aber den genannten Formen mehr oder minder fehlt , so dasz
sie nur als Nachahmungen oder Abarten derselben erscheinen : so ist
das Verhältnis doch ein anderes als bei den obigen Webekünsten.
Weiter aber, als es gedient hat, sollte das Beispiel nicht dienen. Von
jetzt an wird der Begriff der Wissenschaft, welcher die wahre Staats-
kunst von ihren Afterarten -unterscheidet, in den Vordergrund gestellt
und darnach die Staats Wissenschaft mit ihrem Inhalt lebendig, nicht
aHein den falschen Staatsformen , sondern auch dem als Praeservativ
gegen wülkürlich waltende Unwissenschafllichkeit aufgestellten Gesetz
gegenüber. Die lebendige Wissenschaft von der Obhut über eine
menschliche Herde , deren Glückseligkeit sie auf vollkommene Ausbil-
dung der physischen Anlagen zur Tugend gründet und gleichsam zu
einem organischen Gewächs macht, diese Wissenschaft, welche über
dien andern Wissenschaften, namentlich der Rhetorik (304 D), der
Strategie (305 A), der Rechtswissenschaft (ebd. G) steht , sie ist die
wahre und einzige Staatswissenschaft. Die Abtrennung derselben von
den zuletzt genannten dreien ist wie der letzte Act einer chemischen
Theilung, vermittelst deren das Gold von verwandten edlen Metallen
geschieden wird. Dasz sie* edel sind, theilen sie mit dem Golde, aber
wie der Werth dieses höher ist, so ist auch der Werlh der Staats wis<
senschafl höher als der Werth der andern Wissenschaften. Rhetorik
kann dazu dienen, der organisierenden Thätigkeit der königlichen Wis-
senschaft durch Ueberzeugung Eingang zu verschaffen, Rechtswissen-
schaft kann das ewige Recht derselben an ihren Gesetzen schirmen;
aber sie selbst, den höchsten Zweck der Staatswolfahrt im Auge be-
haltend, bestimmt, ob Gewalt oder Ueberzeugung angewandt, das
Gesetz erhalten oder verändert werden soll.
Wie die Analogie dieser Methode den Staatsmann neben den
Sophisten stellt, wesentliche Merkmale im Inhalt aber dieses Verhältnis
wiederum verrücken : so ist es auf der einen Seite zwar nicht unmöglich,
für das ursprungliche Gespräch das richtige aus dem erhaltenen aus-
zulesen, insofern vieles, nicht allein die Beibehaltung der aus dem
Sophisten in dasselbe übergegangenen Personen dafür spricht. Auf
der andern Seite aber ist es schwer das Verhältnis der Ethik im Staats-
mann zu dem Standpunkt der Dialektik, auf welchem Piaton mit seiner
Ideenlehre im Sophisten und Parmenides stand, genau zu bezeichnen
und zu bestimmen, wohin das Gespräch der chronologische Zwiespalt
zwischen Form und Inhalt eigentlich stelle.
Grünholz im Herzoglhum Schleswig. Eduard Alberti,
G e r g o V i a.
Zur Erläuterung
von
Caesar de bello Gallico VII 35—51.
Von
Maximilian Achilles Fischer.
3.
Gergovia.
Zur Brläuterang' von Caesar B. 6. VII 35 — 61.
Wir beginnen mil einer Uebersicht der militärischen Operationen
des J. d. Sl. 702 (v. Chr. 52) , in welchen die Bekigerong' to& 6ergo*
via ihren Platz findet : wie lieCera sodann eine Beschreibung des heute
noch so genannten Berges Gergovia und seiner Umgebungen, und
reihan daran die historischen, antiquarischen und topographischen
Zeu^isse, die in ihm den Schauplatz jener Kriegsepisode erkennen
lassen : wir bezeichnen hierauf die einzelnen in Caesars Texte erwähn-
ten strategischen Punkte, um die sich die Handlung bewegt, und er-
läutern mit dem Grundplane die vorgefallene Schlacht , wobei etliche
Irthämer unsrer Vorgänger zu berichtigen und kleine Ungenauigkeiten
der neusten und besten französischen Bearbeitung auszumerzen sind :
eine praktische Folgerung wird das ganze beschlieszen. Wie Caesar
der alleinige Föhrer zur Erkenntnis der örtlichen Einzelheiten sein
muste (denn alle andern die der Begebenheit gedenken haben aus
ihm geschöpft), so darf ich mir schmeicheln dasz die Betrachtung des
Ortes hinwiederum einen günstigen Einflusz auf die Aufhellung einiger
Textesstelien geäuszert hat. Unter den Stimmen der neueren, die sehr
zahlreich sind, musten mir insbesondere die der Leute vom Fach,
d. h. der Militäre wichtig sein. Glücklicherweise hatten sich bedeu-
tende Männer, wie Suchet d'Albufera, Marey- Monge, mit der Sache
abgegeben, und ich konnte gleich bei meinem ersten Ausflug die
jüngste vom Hauptmann .Vial, Adjutanten des Generals Marey, abge*-
faszte Denkschrift, die mich im ganzen und groszen richtig leitete, be-
nutzen. Die übrigen werde ich geeigneten Orts anführen.
Caesar war zu Anfang des J. d. St. 702 (52 v. Chr.) länger als
gewöhnlich in seiner cisalpinischen Provinz zurückgehalten durch die
Unruhen in Rom , die sich an Clödius Ermordung (am 20n Januar d. J.)
knüpften und ihm eine vermehrte Truppenaushebung zur Pflicht mach-
ten. Der Gegenschlag dieser Unruhen ward bald im jenseitigen Gal-
1) Auszug des 7n Buchs de hello Gallico, wobei das auf Gergovia be-
zügliche besonders hervorgehoben ist. Da Caesarn Schritt für Schritt ge-
folgt wird, so schien es unnöthig die einzelnen Capltel zu eitleren.
172 M. A. Fischer: Gergovia. Za Caesar B. G. VII 35—51.
lien gefohlt. Knirschend über die fremde Bedrüekang, duroTdie an
Aeco kurz zuvor verüble Härte erbittert , sahen die Edlen dir verschie-
denen Landestheile in des Oberfeldherrn Entfernung^ eine g^ünstige Ge-
legenheit zur Befreiung, hielten geheime Verabredungen in den Wäl-
dern und forderten wechselseitig zur Schilderhebung auf. Der Auf-
stand kam bei den Garnuten in Genabum (Orleans) durch die Ermordung
der dort in Finanzgeschäften sich aufhaltenden römischen Bürger zum
Ausbruch, verbreitete sich wie ein Lauffeuer und fand in Vercingeto-
rix , des Celtillus Sohn aus Arvernien , einen kühnen und begabten
Führer. Dieser thatkräflige junge Mann hatte gleich mit Feuer die
Nationalsache ergriffen , war aber bei den bedächtigeren Häuptern sei-
nes Stammes auf Widerstand gestoszen und aus der Hauptstadt Ger-
govia vertrieben worden. Das Landvolk dagegen fiel ihm zu; mit
dessen Hilfe stürzte er die Oligarchen , trat als König an die Spitze
der Regierung und führte seine Arverner in den gemeinsamen galli-
schen Bund, den er durch seinen Eifer befestigte und erweiterte.
Schnell gewinnt er sämtliche Völker zwischen Seine und Garonne bis
ans Meer und erhält die Oberleitung des Aufstands. Beredsamkeit
und Terrorismus wirken zusammen. Bereits ist die alte römische
Provinz durch einen Einbruch nach Toulouse und Narbonne bedroht^
die Hauptmacht bewegt sich den römischen Winterlagern zu. Diese
befinden sich zwischen der obern Seine und Mosel; zwei Legionen
liegen bei den Lingonen, zwei bei den Treverern, die übrigen sechs
zu Agedicum (Sens)'), also weit von aller Verbindung mit Italien, und
Caesar ist in der grösten Verlegenheit, wiß er sie erreichen will und
wie er einen Zusammenstosz derselben mit dem Feinde vor seiner An-
kunft verhüte. Aber sein ausgezeichnetes Genie hilft sieh immer mit
dem unglaublichsten, ja mit dem scheinbar unmöglichen. Nachdem
er die Grenzstädte der Provinz durch Besatzungen gesichert, fällt er
unversehens mit seiner neugeworbenen Mannschaft über die noch sechs
Fusz tiefen Schnee tragenden Cevennen in das eigne Land der Arver-
ner. Durch diese kecke Diversion macht er die Feinde stutzig, un-
schlüssig, entzweit; und als endlich Vercingetorix, den Bitten seiner
Arverner das Gesamtinteresse unterordnend^ heranrückt, entschlüpft
er schnell Über Vienne und das Haeduerland, während die mitgebrach-
ten Truppen noch den Augen des Feindes eine Zeitlang ausgesetzt
bleiben, und hat bald seine sämtlichen Legionen zu Agedicum ver-
einigt. Noch war der Winter nicht zu Ende. Aber Caesar konnte an-
2) Doe in den Mem. des antiquaires de France 11 397 hat sich bemüht. In
Agedicum, Agendicum oder Agedlncum das heutige Provins erkennen zu las-
sen, und Achaintre und Lemaire in ihrer Ausgabe Caesars (Paris 1819) sind
ihm gefolgt. Der Beweis ist hauptsächlich Ton der Topographie der Unter-
nehmung des Labienus gegen Paris (B. G. VII57 — 62) hergenommen; doch
haben wieder die Gründe für Sens überwogen , besonders seit Bekanntwer-
dung der 1839 daselbst aufgefundenen Inschrift; s. Quicherat: lieu de la
bataille entre Labienus et les Parisiens, in Mdm. des antiq. de France XXf
394.
g«8lcht»d0r ungeheure RQbrigkeit eeiti'ef Igelnde ilichf'finthäUg'bleN
ben. Vereingetorix berannle die Landfesle (Gerg^ovia) der Bojer, um
aucü diesen kleinen Staat dem Naiionalbund eihzurerleiben. Caesai*
liesz seinen Schatzbefohlenen Hilfe zusagen, setzte sich in Marsch Und
nahm auf dem Wege die j^enonische Stadt Vellaanodunlim , die car*
nulische Genabum (Orleans), we sich der Krieg entzündet halte, end-
lieh das biturigische Neviodunum, ohne dasz der zum Entsatz herbei^
geeiite galiische Feldherr es hindern konnte. Von der Bojerstadl
hört man weiter nichts; das Volk ward jedenfalls in der Folge in des
Abfall der Haeduer verwickelt. Diesmal war sie gerettet, und Caesa^
verfuhr schon angreifend gegen die abtrünnigen. Da griff VercingeJ
torix zu dem heroischen Mittel, dessen halbcivilisierte Völker noch
fähig sind: er verwandelte das Land umher in eine Wüste; an einent
Tage.gieugen zwanzig Städte der Bituriger (Berry) in Rauch auf und
die eindringenden Eroberer waren in dieser frühen Jahreszeit bei der
Vernichtung aller Magazine dem Hunger preisgegeben. Die Hauptstadt
der Bituriger Avaricum (Boutges) blieb auf die fuszfäliigen Bitten der
Einwohner gegen den Willen des Oberfeldherrn verschont und ward
mit Besatzung versehen-, während die Hauptmacht in der Nähe lagertet
Auch dieses Bollwerk fiel trotz der tapfersten GegenfWehr durch die
Ausdauer und Belagerungskunst der Römer, und Vercingetorix zo^
sich nach.Arvernien zurück, ungebeugt und ünermüdtich die erlitte-«
nen Verluste durch Unterhandlungen nach allen Seiten hin zu ersetzen.
jCaesar blieb mehrere Tage in Avaricum und erquickte seine erschöpf*
ten und ausgehungerten Soldaten durch die do'rt gefundener! reich«-
liehen Vorräte. Ehe er sich von neuem an die Verfolgung des Fein*
4es machte j gab er den dringenden Einladungen der Haeduer nach^
einen Streit um die Fürsten würde zwischen Conviotolitavis und Cotu*
hei ihnen zu schlichten. Er that dies in ihrer Stadt Decetia (Deeize
an der Loire), schärfte ihnen zugleich pünktlichere Erfüllung ihrer
Bundespflichten ein, und verlangte ' dasz ihre Reiterei nebst 10000
Mann zu Fusz ihm schleunigst zugesandt würde. Hierauf the»Ue e^
«eine Streitkräfte; vier Legionen wurden mit Labienus gegen die Pa»
riser beordert, die übrigen sechs führte er selbst gegen Vercingetorix;
Am untern Eiaver (AUier) sahen sich die beiden feindlichen Heere
wieder. ') Die Römer zogen am . rechten Ufer aufwärts und suchten
eine Stelle zum TJebergang; die Gallier auf dem linken folgten alit^i^
ihren Bewegungen. Man mochte etwa im Anfang Mai stehen. ^). Def
3) Vial (Memoire sur Giergovia S. 203) macht- eioe gute Bemßrkttng
über die Marschrichtung Caesars : ^ il pari de Decize dans le pays des Eduens*
Deax routes s'offreut ä lai pour marcher vers les Arvernes. II peut fReLO^shir
i'AJlier vers Nevers, et se diriger sur Gergovia par la rive gauche. Mai^
il a alors devant lui farm^e de Vercingötorü qu'il doit pousser de frofit;
de pins il se trouve dans nn pays ruin^, et cette voie est longue et diffioile.
H pr^fere la seconde ronte^ qui remonte TAlüer par la rive droite. Ver*
cingetorlz accourt pour s'opposer au passage» etc. 4) ChronologisQhe
Anhaltspunkte sind: die Ermordung des Clodius, ve^he Qaesar in Oberi-
Jahrb. f. clagg. Philol. Suppl. N. F. Bd. I Hft. 2. ^2
174 M. A. FUeher: Gergpovia. Za Caesar B« 6. VU 36^01.
AUier, von dem Schnee der Hochgebirg^e geschwQlleti, war vor dem
Spälsommer nicht bequem zu überschreiten. Dennoch war es für
Caesar äuszerst wichtig hier keine Zeit zu verlieren. Er fand bald
eine passende Steile, wir glauben oberhalb des ziemlich beträchtlichen
Zuflusses der Sioule in der Gegend des heutigen Badeorts Vichy»
teuschte den Feind durch eine Kriegslist und voUfQhrte glücklich den
Uebergang mittelst Herstellung der von den Galliern abgebrochenen
Brücke. Vercingetorix wagte nicht ihn in offenem Felde zu empran-
gen, sondern eilte die befestigte Hauptstadt Gergovia zu besetzen.
Caesar folgte langsam ; die Wege musten wol für seine Geschütze erst
gebahnt werden ; so brauchte er Hinf Tage zu einem Wege., den er
nachher in drei Tagen zurückmachte. Gleich bei seiner Ankunft vor
Gergovia ward er schon in der Ebene von den feindliehen Keltern
angegriffen : es gelang ihm aber einen Lagerplatz zu gewinnen , von
dem er seine Lage genau übersehen konnte. Die Stadt lag auf einem
sehr hohen Berge von schwierigem Zugang. Auf den Abhangen und
den anstoszenden Hügeln lagerte die aufständische Armee, nach Na-
tionen abgetheilt, in dichten Haufen. Es war ein furchtbarer Anblick.
Caesar gewahrte übrigens hart am Fusze des Berges gerade der Sladt
gegenüber einen scharf abgegrenzten, zu Kriegsoperationen wie ge-
schaffenen Hügel , den die Feinde nur schwach besetzt hielten. Durch
nächtlichen Ueberfall bemächtigte er sich dieses Hügels^), errichtete
dort ein zweites , kleineres Lager für zwei Legionen und verband daf
selbe mit dem ursprünglichen Lager durch einen doppelten Grabei
Diese Position war den Feinden äuszerst nachtheilig ; sie schnitt dv
selben auf der Hauptseite vom Wasser- und Futterholen ab. Mittle
weile rückten die von den Haeduern ausgerüsteten Hilfstruppen hen
Diese wurden aber auf dem Marsche von ihren Führern aufgeford«
von Caesar abzufallen und sich mit den Brüdern auf Gergovia zu v€
einigen. Caesar liesz nur zwei Legionen in den ausgedehnten Vc
Bchanzongswerken und eilte mit den übrigen vier den zweideutig
Bundesgenossen entgegen , um sie zu ihrer Pflicht zurückzuführen. 1
glfickte ihm noch diesmal, und eine gleichzeitig im Staate derHae^u
vorbereitete Erhebung ward ebenso vereitelt. Es war aber die höchs
Italien vernahm und deren nächste Folgen ihn noch einige Zelt dort zurncl
hielten (B. G. VII 1). Sie fiel auf den 20n Januar 52; dies Datum ent-
spricht aber den) In Deeember des vorhergehenden Jahres, nach dem recti-
flcierlen, unsre Jahreszeiten wiedergebenden Kalender. Femer: der Ueber-
gang über die schneebedeckten Cevennen mitten im Winter (Januar) (c 8) ;
das ausrücken ans Agedicum vor der guten Jahreszeit (c. 10); der Anfent-
Affcä'* ^^^ ^°** ^^ Avaricum (c. 16 — 32); das geschwollensein des Allier, der
gg° jh heutiges Tags vor Ende Juni keine Furten bietet (c. 35); endlich der
ll^^mstand dasz Caesar von dem Zusammenstosz mit den Haeduern nach drei
ngjjjtnnden Nachtruhe in forciertem Marsche noch vor Sonnenaufgang in sei-
hab^™ Lager bei Gergovia wieder anlangte (c. 51). Die Länge des Weges
dung*"^8^ 25000 romische Doppelschritte. 5) B. G. VII 36. Polyaen
bataiHe^^* YlII 10 malt diese Unternehmung im Detail aus; ob nach seiner
394^.<satasie oder nach anderweitigen Traditionen^ bleibt dahingestellt.
M. A. Fischer : Gergovia. Zu Caesar B. 6, VII &-— 51* 175
Zeit zu den 'seiiiigen zurftekzukehren , die in seiner Abwesenheit hart
von den Fanden bedrängt worden waten. Die Lage des römischen
Feidherrn war übrigens mislich genug. Ein Sturm auf die Stadt war
basierst schwierig und bot wenig HofiFhuhg eines glücklichen Erfolgs,
und zu einer förmlichen Belagerung hatte er nicht Mannschaft genug;
audi k(»iDte er bei der Lässigkeit und den immer deutlicheren Abfalls-
gelSsten der Haeduer nicht auf regelmäszige Verprovianlierung rech-
nen. Er hatte also, wie er selbst berichtet, die Nothwendigkeil von
Gergovia wieder abzuziehen erkannt: nur sann er auf ein Mittel dies
mit einem gewissen Glänze zu thun. Eine gut ausgeführte Demon-
stration sollte den Galliern zu verstehen geben, dasz er sie nicht
fürchte und dasz sein Rückzog nicht als Flucht auszulegen sei. Er
erblickte eines Tages von seinem kleinen Lager aus einen zweiten
HC^el in der Nähe der Stadt, der zuvor ganz von Feinden bedeckt^
n«n ganz eniblöszt war, so dasz erst jetzt dessen Formen hervortraten.
Aus dem Munde von Ueberläufem erfuhr er, was ihm auch ausRe-
eognoscfierungen bekannt war, dasz der tiefer liegende Bergrücken einen
ebenen aber engen Zugang zu dem andern Theile der Stadt biete, dasz
die Gallier sehr in Besorgnis um diesen Punkt seien, weil sie nach
Besetzung dieses weitem Hügels von allem Wasser abgeschnitten und
wie blokiert wären, und dasz sie deswegen zahlreich dort hinten sich
verschanzten. - Hierauf gründete Caesar seinen Plan. Er richtete vom
/oazen Lager aus einen Scheinangrifi auf diese Verschanzüngen, die
' zu seiner linken hatte. Da dies unter groszer Ostentation , wie wol
;ir mit einer Legion, aber mit sämtlichen durch verkappte Trosz-
nechte noch verstärkten Reitern geschah, so wuchs die Fufcht der
fauler, die alles von der Höhe der Stadt sehen konnten, und sie eil-
in in Masse nach jener Seite , wodurch die den Römern zunächst ent-
sgengesetzten Lager fast leer wurden. Ein zweiler Scheinangriff
rard den Haeduern nach rechts hin aufgetragen. Der Hauptschtag
>lHe im Centrum stattfinden. Zu diesem Zweck liesz Caesar seine
oldaten still und verdeckt in das kleine Lager hinüberrücken ; 6\ne
sgion blieb daselbst zur Bewachung; die vier andern liefen Sturm
igeik die Stadt, deren Zinnen in gerader Richtung 1200 röm. Schritte
>a dem Fusze des Berges entfernt waren. Die römischen Soldaten
(ten schnell die auf die Hälfte des Abhangs hinunter sich erstrecken-
ueh gaiiisehen Lager eingenommen und berannten nun die Stadtmauern
selbst. Caesar glaubte aber seine Absicht erreicht zu haben und liesz
an der Spitze der lOn Legion, mit der er sich gerade unterhielt, das
Zeichen zum Rückzog blasen. Dies Zeichen ward entweder wegen
de» Zwischenraums einer ansehnlichen Bergklinge nicht verstanden,
oder die Soldaten risz ihre Kampfeshitze gegen den Willen des Ober-
feldherrn und der vorher genau belehrten Tribunen weiter. Sie er-
kletterten die Mauern, schlugen dieThore ein, in der Stadt erhob sich
Jammer und Wehklagen, viele suchten ihr Heil in der Flucht, die
Weiber stürzten den Siegern zu Füszen und flehten in Erinnerung der
Greuel von Avaricum um Schonung. Das Geschrei un4 Gelöse war
12*
179 )(« A.«f i^ker: €SergovLau Zu Caesar & G. VH B5-^&i;
aber zu den auf der andern 8^te besch&fligten Galliern i^edrangefn^wel*
ehe nun unter Voratissondung der Reiterei 2am Schutze der Sla^t her-
beieUlen und mit verzweifelter Tapferkeit die Römer von den Mauern
zurückschlugen. Diese, von der langen Anstrengung ermüdet, erlagen
bald der frischen und todesmutigen Ueberzahi. Ein sonderbarer Zufall
l>rachte einen panischen Schrecken und vollendete die Flocht. Die Hae-
duer , die lange umhergezogen waren ohne etwas zu thun , lenkten
endlich auf die römische SchlachUinie zurück und wurden plötzlich
fMt der rechten Flanke derselben erschaut. Man hielt sie wegen ihrer
galliscbeu Rüstung für Feinde , die von der rechten Stadiseite einen
Ausfall gemacht hallen und nun den Römern in den Rücken kommen
wollten. Die Römer rollten in Unordnung über die steilen und felsi-
gen Bergabsätze hinab and wurden von den immer sich mehrenden
Feinden hart bedrängt. Indessen bemühte sich Caesar seinen zer-
ßprengien Leuten den Rückzug zu erleichtern. Er fährte selbst seine
in Reserve ziehende lOe Legion etwas vorwärts , liesz mehrere €o-
Jiorlen der im Kleinen Lager gebliebenen 13n Legion ausrücken und
.warX sie dem rechten feindlichen Flügel , also zu seiner eignen linken,
entgegen^ So stand er aur einem ebnern Terrain in ruhiger lester
jUallung, die Cohorteu der 13n Legion etwas höher als er selbst, und
hinderte den Zudrang der Feinde, bis die übrigen Legionen die Eben4»
(Wieder gewonnen, hatten. Hier erwartete er Vercingetorix in völliger
Schlachtordnung« Dieser aber zog sich in seine Verschanzongen zu-
rück. Der Verlust der Römer an diesem Tage betrug 46 Genlurionen
jtnd fast 700 Gemeine. Nach einer halb strafenden halb tröstenden
Anrede an seine Soldaten. bot Caesar noch an den zwei folgenden Ta-
gen dem Feinde die Schlacht an, welche, aber nicht angenommen
wurde. . Er zog hierauf desselben Weges zurück und setzte an der
•vorigen Stelle wieder über den Elaver. Die nächste Folge aber der
verunglückten Unlernehmung auf Gergovia war der entschiedene Ab-
fall der längst zweideutigen Haeduer und der Verlust sämtlicher Vor^
jäle und Geiseln,, diß in dem:haedaischen Noviodunom venanuneU
,waren. Auclj des Labienuis Streich auf Paris sehlug der Hauptsache
.nach fehl; (iec Aufstand verbreitete sich über die Belgier, und Cae-
isarß Unterbefehlshaber war froh sich durch einij^e glückliche Manöver
wieder zur Hßuptarmee durchgeachlagen zu haben. Caesar vereinigte
(Seine gesamte Maehl in dem Gebiete der Lingonen (Langres), die nebst
den Remern ihm allein treu verblieben waren , und gedachte schon
,dureh das Land der Sequaner sich in die alte Provinz zurückzuziehen.
,Hjer ward er auf dem Marsche von der ganzen gallischen Reiterei an-
gegriiTea. Er siegte durch: die Germanen, die ihm schon 'mehrmals
.nützlich gewesen waren , zwang auch das. in der Nähe unter Verein-
getorix gelagerte Fuszyolk zum Rückzug, verfolgte lebhaft, und als
.Vercingetorix sich in die Mandubierfeste Alesia flüchtete, begann er
.dip berühmte Circumvallation von Alesia, das Meisterstück der Kuhn-
,l^eit, der Ausdauer und der- benechnenden Zuversicht, das ihm noch
./jach, den unsäglichsten Gefahren und sbhwierigslen Kämpfen dfen hei-
dfiomütig^ .V^rfechler der Natiooajj^aabhäagiigkeit In dk Htede lle^
Uiviß ^i^l damit diesen furchlh^rsien und ialeres«aniesi9r) aeii)^ gaMin
scii^ Feldzüjg^e im we$eailichen beeudigle.
i
IL
Was zu Alesia gelang, halte Caesar vor Gergovia vergebens
versucht. Bemühen wir uns durch Betrachtung der OerlUchkeit eine
klare Anschauung der dortigen Vorgänge zu gewinnen. Eine Stunde
südlich von Clermont-Ferrand, der alten Hauptstadt der Auvergne
und jetzigen Häuptstadt des Puy- de -Dome -Departements, befindet
sich eine scheibenbergartige Erhöhung, die heutzutage im Munde des
Volks und in der Wissenschaft den Namen Gergovia fuhrt. Ein
Meierhof an deren östlichem Abhänge ist seit langer Zeit unter dem-
selben Namen bekannt. Wir wollen zunächst diese ' Gegertd ohne
Rücksicht auf antiquarische Schlüsse beschreiben.*)
Von der Hochebene, auf welcher sich die Piks der niederri
Auvergne in der Richlung des Meridians erheben (der Puy de Dome
bis zu einer Höhe von 1476 Metern über dem Meere), laufen Bergzüge
nach Osten , Seitenbassins zu dem weilen Alllerthal bildend. Die En-
den dieser Züge sind häufig durch besondere, längliche, scharf ab-
gegrenzte Plateaux bezeichnet, welche so in ihrer parallelen von
West nach Ost sich erstreckenden t^ge die Zinken eines Hufeisens
'darstellen, das die geräumigen Thalgründe einfaszt. So Chanturgues
und Gergovia nördlich und südlich von Clermont. Die Niederung ist
von wellenförmigen Aufwürfen durchfurcht. Hiezu gehört der Bühel,
um den die heutige Stadt Clermont , das alte Augustonemetum , unter
45y/ nördl. Breite, •// östl. Länge von Paris erbaut ist. Das her-
vorragendste jener Plateaux ist der Gergovia, aus weiter Ferne sicht-
bar, wie die meisten jener Gebilde ein Basallflusz Über Kalkschichten
ergossen.') Versetzen wir uns gleich auf den Gipfel: das pracht-
volle Panorama der Limagne , das sich stufenweise dem Freunde der
schönen Natur/entrollt und das ich der Gegend um Freiburg im Breis-
gau vergleiche, versüszt die Beschwerden des Marsches. Der Gipfel
liegt 761 Meter über der Meeresfläche und ist fast horizontal. Er bil-
det ein ziemlich regelmäsziges Rechteck, dessen gröszere Seilen iri
der Richtung von West nach Ost 1500 Meter , und dessen kleinere
von Nord nach Süd 600 betragen. Der Berg fällt sehr steil von der
6) Vgl. die Beschreibungen bei Legraud d'Aussy : ▼oyage en Auvergne
en 1787 et 1788 (3 voll. Paris Van 111) I 59 ff. Prosper Meriinee: notes d'un
vayage eii Auvergne (Paris 1838) S. 317 ff. Aigueperse: une visite a Ger-
govia en 1840 (Lyon 1847). Vial : memoire sur Gergovia, in den Annales
de Tacad^mie de Clermont (1851) S. 198—231; endlich die Briefe über
die Auvergne im Morgenblalt 1844 Nr. 290— 93. 7) Vgl. über die Puy-
formaiionen und die Basallflüsse Blums Giundzüge der Mineralogie und
Geognosie S. 101 ff.
178 M« A. rueher: Gergovii^. Zvl Caesar B. G. VII aS--&i.
Sf^xit ab, doeh mit mahrereii gf6»tem und kl^nern Absätsen« Har
unter der Kante ist Eiuiächst eine fast ebene Stafe gebildet, die ^e
ein Band von wechselnder Brette fast um den ganzen Berg herum-
läuft. Dieses Band ist auf der s&dlichen Seite am gleiclifönnigsteQ,
durchgängig 12 — 15 Schritte breit, und oft nur auf zwei Mannsiängen
unter der Spitze. Auf der Nordseite ist dasselbe häufiger von Fels-
hängen durchbrochen, tiefer herabsinkend; auf der Ostseite ist es
wenig bemerkbar und verschwindet ganz an der nordwestlichen Ecke.
Hier bildet das Gestein zirkeifdrmige Terrassen, ein geologisches
Phaenomen das durch die langsame Abkühlung fl&ssiger Basaltmassen
erklärt wird. Unter dem geschilderten Bande gewinnen die Abhänge
an Steile und fallen theils plötzlich theils mehr stufenweise auf groszere
Ablagerungen, die zu ausgedehnten Plateaux von 120 bis 160 Metern
Breite anwachsen und ungefähr die Mitte der ganzen Abdachung ein-
nehmen. Von da sinkt die Nordwest- und Nordseite rasch ^e^en
die Dörfer Romagnat und Klein -perignat ab und ist mit einigen
flachen VorhQgeln wie Besance und Pradt umsäumt Die Ostseile
bietet schroffe Felsvorsprünge gegen die Höfe Bonnevai und Gergovia
und sendet drei tiefe Schluchten senkrecht auf die Strasze von Issoire.
Jenseits dieser Strasze erstreckte sich ehedem der See oder Morast
von Sarlieve, der aber seit 1610*) durch Abzugsgräben völlig ausge-
trocknet ist. Von diesen Seiten her ist der Berg sehr schwer zu er-
steigen, und als militärischer Punkt betrachtet, muste ein strategi-
sches Auge sogleich auf den ersten Bück erkennen dasz von dort aus
kein Angriff, keine Berennung möglich sei. Nach Süden verlieren sich,
mit Ausnahme der Felsklüfle bei dem Dorfe Merdogne, die Abhänge
sanAer in das Thal und die ösllich anstoszende Ebene , welche sich
durch einige Erdwälle unterbrochen bis zu dem eine starke Stunde
entfernten Allier ausdehnt und gerade In der Richtung des Fleckens
Gournon einen ganz freien Zugang von diesem Flusse her gestattet.
Es sind aber noch einige andere Stücke in Augenschein zu nehmen*
An der Südwestecke des Gergovia senkt sich das zuerst be-
sprochene Band allmählich auf einen schmalen und ebenen Rücken,
der die Wasserscheide zwischen zwei Schluchten bildet, von denen
die eine nördlich gegen Romagnat sich entlädt, die andre südlich
dem Auzon-Bach einen Zuflusz sendet. Dieser Rücken geht in ein
breites Plateau von ziemlich unregelmäsziger Form und mehrern Ein-
schnitten über, das Plateau von Jussac oder Juillac genannt. Es ist
mit einzelnen Hügelspitzen besät, rundum steil abgeschnitten; nur
auf der Westseite gibt es sanfte Steigungen und ebnere Ablage-
rungen. Dort hängt es auch durch das Defile von Opme mit dem
8) Oder 1620, wie ich aus einer Notiz in Dalaures handschriftlichen
AuBsügen (Tome II) aus den Audigierschen Manuscripten , der 12bändigen
in der pariser kais. Bibliothek aufbewahrten Compilation anvergnischer Ge-
schichten , entnehme. Es war das Haus Strada , Besitzer von Gournon, wel-
ches diese Austrocknung vollführen liesz.
M. A. Fiseher : Gergovi». ia Qmiur B. G. VU 9b^6i. I7#
Puy Giffwiz sviamoieii, Ton wo sieh die Ber§^ette durch Montro^non,
Monlodou, GraT«noire fortseist und an die Hochebene des Puy de
DoAe anseiiHeszt. Ein zweiter Wasserwege auf der Sadseile des Ger-
govia geht von den obersten Abhängen selbst aus , bildet hier zwar
keine so tiefe Schlucht als der erste, aber doch eine noch merkliche
Klinge, wendet sich dann gegen Osten und verliert sich in die Ebene.
Zwischen diesen beiden Thaleinschnitten erhebt sich nun, hart aoi
Fttsze des südlichen Gergovia- Abhangs und nur durch ein kleines
Defile getrennt, ein scharf individualisierter Högel von mäszigeni' Um-
fang, die sogenannte Roche blanche, ein weiszer Kalkfelsen, auf der
Sttdseite durch Bergsturze blosz gelegt, mit in den Stein gehauenen
Wohnungen und Höhlen, über das am Fusze hingelagerte Dörfehen
hineinragend. Auf der Spitze befindet sich ein zerfallener Thurm
aus dem Mitlelalter.') Im Süden wird dieses ganze Gebirgssystem
von dem Auzon, einem Nebenfifiszchen des Allier, der Länge nach
besfNlUt Jenseits desselben erstreckt sich in gleicher Richtung von
Westen nach Osten der hohe und lange Bergrücken La Serre , gleich-
falls ein Basaltflusz ,^er sich zuletzt in ein etwas niedrigeres Plateau,
den Crest, endigt. Noch östlich davon erhebt sich frei in die Ebene
der Puy de Monton.
Wasser wird vom Gergovia selbst nach mehrern Richtungen ent-
sendet. Am nordöstlichen Abhänge beim Pradt entspringen gute kalte
Quellen, die sich in den Sarlieve oder dessen jetzigen Abzugsgraben
ergieszen. Andre Rinnsale eilen dem Artieres- Bache zu. Dieser
entfernt sich in nordöstlicher Richtung vom Gergovia, bespült die
Dörfer Romagnat und Aubiere , und wirft sich wie alle Gewässer die-
ser Gegend in den Allier. Seine Wassermasse ist sehr schwach.
Beträchtlicher und dem Gergovia näher ist der Auzon, der vom La
Serre-Gebirge kommend* längs diesem Bergrücken hinflieszt, zwischen
ihm und den Gergovia -Hügeln ein tiefes Thal bildet, von beiden
Seiten Zuflüsse aufnimmt und dann in mehrern Windungen die Ebene
durchschneidet. Seine Breite beträgt ^Yt Meter, seine Tiefe 15 bis
90 Centimeler im Sommer. Seine Wassermenge könnte den Bedürf-
nissen einer Armee genügen. Thal und Ebene liegen für Evolutionen
der Reiterei sehr günstig.
Was die Spuren menschlicher Thätigkeit auf diesem Boden an-
g^eht, so ist die Oberfläche des Gergovia mit dem Pflug angebaut, die
Abhänge vorhersehend mit Reben besetzt, die Thalgründe sind Wie-
sen, einiges ist bewaldet. Besondere Aufmerksamkeit erregen aber
die zahlreichen ungeheuren Steinhaufen, die sich stellenweise auf
dem Gipfel oft bis zu 7 Fusz Höhe aufgeschichtet finden, fast die
glänze Kante des Plateaus umgeben und sich tief herab auf die Hälfte
des AUiangs erstrecken. Die Landleute räumen dieselben im Inter-
9) Ein Signalthurm, wie auf allen umliegendeo Höhen, mit den festen Plätzen
correspoDdierend (Legrand HI 2^51). Vgl. denselben über den Bergfall an der
Roche Blanche II 975 ff.
ift M.:A. FisliMei-: Qec^avta. Zu CaesAf B. G. VillS^Öit
.e»8e des Feldbaus auf; Viei66 isl zu Umsaimongs*« und Fuitermaaeni
hennizU Das Plateau Ut von Norden naok Süden von geraden , brei^
ten, geplatteten oder g^epflftslerten Strasaen durchschnitten, die noch
jetBt als Ausfuhrwege dienen« Senkrecht zu diesen mögcen auch Länr
g^nstrafizen bestanden haben , doch haben sie weniger deutliche Spu*
/en zurückgelassen. . In . Bezug den oben beschriebenen Gürtelbaaden
kann man sieh des Gedankens nicht ecwehren, dasz auch diesem
gröstentheils absichtiich geschaffen sei und einen Wali oder Ronden*-
•weg einer Festung vorgestellt habe. An zwei Stellen der Südseite
tind auf der Mitte der Ostseile sind alte Borgwege, Aufgänge zu Tho<>
cen unverkennbar. Alles berechtigt zu dem Schlusz, dasz dies^
üöhe einst bewohnt, Mittelpunkt einer gröszern Menschenansanüitf-
Jung gewesen sei.*®)
^ Ist nun diea die Stelle der allberühmten Hauptstadt dfer Arvemer
/6ergovia, :der Schauplatz der denkwürdigen Vorgänge , die Caesar
m 7n Buche seiner gallischen Kriege berichtet? Stand hier 'jene Stadt^
der Sitz des alten arvernischen Königreiches , die später nach der rd-
.mischen Eroberung mehr und mehr verlassen <j|||m in der Ebene aufr
blühenden Augustonemelum (Clerroont) gewichen ist**)» deren Anden-
ken aber auszer Caesar noch mehrere Schriftsteller des Alterthuffls
aufbehalten haben ? *^) Eis war dies eine allgemein verbreitete , auf
10) Bouillel theilt in seinen Tablettes histoi^ques de TAuvergne IV 30
eine Stelle aus einer alten Beschreibung vom J. 1575 mit, wonach ehemals
auch Spuren unterirdischer Gänge am Gergovla zu sehen gewesen wären;
also wie man es auch von unsern deutschen Sclüössern ohne sichere Ver-
bürgung erzählt. Die Stelle steht in Belleforets Cosmographie I 225 und lau-
let fölgendermaszen : «"On voit des voütes souterraines par lesquelles on pou-
vait aller plus d'une Heue par sons-terre, mais avec clarle, lä oü ä pr6-
ß&ai ou ne saurait traverser, ä cause que l'ean f ddgoatte da haut du roe,
et c*est lä que Ton tient que Cösar eiait camp^ et lequel avait fait faire
celte Ouvertüre souterraine ä chaux et ä sable, seit pour envoyer de nuit
et secretement quelques fantassins faire quelques algarades aux Gaulois, ou
pöur Bonner des avertissements les uns Romains aux autres. On a creusö
en ee Heu atnsi fait ^ et on y a trouv^ des medailles avec diverses effigieS
4e, b^s qo^ fait penser que ce Heu ötait d^jä ainsi- creuse avant que Geaar
y carapat.' 11) Strabo IV p. 191 Gas. nennt beide Orte nebeneinander^
NemossOB als damalige Hauptstadt (nur mit dem Irlhum dasz er ihr die
Xbire beigibt) und Gergoviä, die Bergfeste wo Caesar die Schlappe erlitten
hat. %as im Text steht f ist längst verbreitete Ansicht der Archaeologen.
S. Savaron: origines de la ville de Clairmont mit Anm. von Durand (Paris
1662) S, 134—137 der Anm. Daselbst eine rhetorische Uebung von 1582:
Arverni muuicipii descriptio, wo die edle Stadt Ciermont in langer Rede,
wie Rapps Thiere, ihre Schicksale selbst erzähl.t uud so anhebt: 'Ex Ger-
goviae ruinis fui, Arvernorum fui, Successique illi et comraodiorem mihi
sitnm delegi.' Vgl. auch Dulaurer description de l*Anvergne (Paris 178^)
S. 1§3. 12) Periocha I,iv. lib. CVII. Suet.. Caesar 25. Florus III 10,
der auf Gergoviä bezieht was bei Alesia geschah. Strabo a. a. 0. Cassius
Dio XL 35 ff. Polyaeu Strat. VIII 10. Sidonius Apoll. Panegyrici Avlto
4ieti V. 152. — Plutarch Caes. 26 übergeht die Vorfälle am Gergoviä und
springt gleich von dem ersten Einbruch in Arvernien zu dem Abfall der
Haeduer ab. Orosius hist. VI 11 spricht von der Sache, ohoe Gergoviä
Tim ttodk Gkmben an^eÄooiiibette Meültin^^), M« der AbbeLallceM
im J. 119i ifi einer der Akademie der Insi^riftea vorgelesenen; Ab-
handlMig etnige Zweifel geg^n die :Sacfae erhoben hat.^^) Wie e^
aber hatiilg g«ht , den Zweifeln haben wir die Wahrheit 2a verdanke».
Sie riefen eine ^^ründiichere, umsiohüge Prüfung hervor, die die fni-
her Ittsiificünasaig geltenden Ansichten bestätigt und .zur festen lieber-
zeugiing'«riioben hat.
. Lancelöt kämpft gegen drei Stutzen der damals schon herschen>-
den Meinung:- die Ortsbeschaffenheit, die Denkmäler und die Ueber-
Itefeniiig. Was die erstere angeht, so stellt er nicht in Abrede daaz
das Terrain ziemlieh mit Caesars Besehreibung übereinstimme. Doch
will er den Hügel nicht erkennen., auf welchem. Caesar sein kleineres
Lager erriehiete und den freilich auch die früheren Archaeologen noch
nicht recht zu deuten wüsten. Man hatte nemllch vom Crest und
Montrognon gesprochen , und hierin hat Lancelot freilich Recht, dasz
es diese nicht sein können. Wäre er jedoch unbefangen gewesen , so
hätte er in der Lage der Roche Blanche, die doch nicht ■ unsichtbar
war, die riehtigsteii Befuge auf Caesars Text wiederfinden müssen. Aber
er verfuhr eben wie ein Advocat, der sich nur an die Ausführungen
des Gegners hält und um objeclive Wahrheit sich nicht bekümmert.
Den Zweifel wegen der 1200 Schritte hätte er sich völlig sparen koa-
nen. Diese sind ja zu zählen , wie es auch geschehen und richtig ge-
stellt ist. Den Hauplangriff seiner zersetzenden und zerstörenden
Kritik richtet er übrigens ^egen den zweiten und drillen Punkt Die
Monumente sind nach Lancelot entweder falsch oder nicht beweisend.
Zu den letzteren gehören die Steinhaufen, die zu unförmlich seien,
keinen künstlich behauenen Quader, keine Tempeireste u. dgl, aufzei-
gen, um auf das Dasein einer groszen Stadt schlieszen zu lassen (die
Spuren von Souterrains , die ebenso gut natürliche Grotten sein kön-
nen) , die Medaillen , Urnen , Anticagüen , die nur in der Umgegend,
nicht auf dem Plateau selbst gefunden werden und von denen die
Münzen nicht über Hadrians Zeil hinaufreichen. Unter den erstere^i
begreift er eine Urkunde vom J. 1149, die. Stiftung und Ausstattung
der Abtei von St. Andre betreffend.^*) Unter den dort aufgezählten,
dem Kloster übergcbenen Gütern kommt nemlich der Name Gergovia
zweimal vor, einmal schlechtweg, das andremal mit den Worten
veterem mazuram anliquae G-ergobiae, Diese Urkunde sei aber, wie
mehrere Gelehrte (Justel, Baluzo) bereits gesehen, offenbar unecht.
za nennen. 13) S. z. B. Savaroo zu Sidonius Apoll. 1. c. Die Deutuag
Gei^ovias auf Clermont selbst ward bald verlassen und kommt nur noeh
aus Versahen in dem Pr^cis des guerr^s de Cesar par Napoleon S. 72 (stuitg.
Ausg. 1836) vor. 14) Mem. de l'acad. des inscr. vol. VI S. 635--669»
Die Argumentation beginnt S. 649. 15) Diese Urkunde findet sich ab-
gedruckt bei Baluze: bist, de la maison d'Auvergne II 62 und Gallia Ghris-
tiana (ed. 1720) II 123. Die zweite Stelle lautet vollständig: el in Ger-
gobia et circtdtii ipsius et in monte sive podio qui est supra usque et com-
prehmdendo veterem mazuram antiquae Gergobiae,
am Ik A. Fischer: GergavU. Zu Catspr B. ß. Vna6--61.
y^riaglieh wegen des TUeb Delphin, den der Slilleri
(Ohre and der erst, von dessen Nachfolgern angenomoiea worden lei.
.Wir werden auf diese Dinge spilter zorOckkoniBien, sowie ««f den
dritten Punkt, wo Lancelot nachweisen will dass die U^ierliefiening,
die den Namen Gergovia an diese Stelle knüpfe, sehr jung sei, dase
sie erst von dem mit Katharina von Medicis naeh Frankreich gekon-
menen Italiäner Gabriel Simeoni herrühre^*), der die ganze Sache mit
Gergovia als seinen antiquarischen Fund ausposanot und mit lächer-
lichen Etymologien^') und vielen PartialirthOmern^") zu sldlzen ver-
.meint habe, dasz der Berg vorher nach Simeonis eigner Angabe dea
Namen Puy de Mardogne getragen und als solcher in einer Urkunde
.von IdOS ((ofMm r^aHm Podü Merdomae) bezeichnet sei. Auch
Sidonius Apollinaris in der Beschreibung des Palastes des Avitus,
der doch am Sarlieve gestanden, schweige vom Gergovia; ebenso
.masse es auffallen dasz Caesar des Sarlieve, den er doch auf sei-
nem Wege gehabt, mit keiner Silbe erwähne. Dies alles wird seiae
Widerlegung finden; unnöthig aber ist es, sich mit andern Tradir
tionen wie mit den sog. greniers de C^sar^ der tour de Cesar
auf der Roche Blanche, den verschiednen camps de Gesar zu Gon-
dole und anderwärts abzugeben« **) Diese beweisen allerdings nichts
16) Dialogo pio et speculativo di M. Gabriel Symeoni Fiorentino (Lione
1560) S. 157 ff. (ft>aDS. Uebersetzung unter dem Titel r^ Description de la
Liniagne d^Auvergne ea forme de dialogue. Lysn 1561.) 17) Hier einige
.Proben, die dem frans. Calembourgswitz gefielen und die sich leicht ver-
mehren iieszen: Dorf Gondole, weil Caesar dort cum doh über den AUier
gesetzt sei; Flecken Cournon von Caesars Antwort cur non auf die Frage
seiner OfAciere, ob er von dieser Seite anzugreifen gedenke; Dorf Cendres
von oinereSj well die Aschenhügel der erschlagenen sich hier befondeo.
Ddrfer Romagnat und Aubieres, Trennung des Satzes JÜomani hac o6tere;
ebenso Perignat von perire, Plateau von Jussac, weil hier iussa Caegarit
exegit SexHus legattia, Dorf Merdogne von merdOf Merdania, weil hier die
Abtritte der gallischen Lager gewesen seien. 18) So will Simeoni den
ersten Hügel, den Caesar mit zwei Legionen besetzte, in dem Crest erken-
neu, den zweiten, den er von Feinden entblöszt fand, in dem Monirognoih
Das Lager sei bei Gondole gewesen, dort sei auch Caesar erst über den
AUier gesetzt; das quintU castris im Herzug bedeute 'fünf und fünf auf-
marschiert'. Um den Rückzug in drei Tagemärschen bei dieser kurzen
^Entfernung zu erklären, gibt er folgendes Programm: erster Tag: man
röhrt sich nicht; zweiter Tag: man macht Miene abzuziehn; dritter Tag:
man bricht auf und setzt über den Flusz. 19) Der Name Caesar ist sehr
populär in der Auvergne. Was von römischen oder andern Alterthümera
dort gefunden wird, bezieht man gleich auf diesen Namen, gleichsam ein
Heroentypus wie der griechische Herakles. So habe ich jüngst zu der-
moDt einen Marktschreier gehört, der einen jener schlechten von änem
Sklaven getragenen Reiter als Caesars Statue und Meisterstück des Alt«r-
thums anpries und zum Besuche einlud mit den Worten : ' il y a trois per-
sonnages a voir, le cheval, Jules Cesar et Tesclave.' Mit den 'greniers de
C^ar' hat es folgende Bewandtnis. Bei dem Badeort Royat in der Nähe
von Clermont findet man in eineni Hügel verbrannte Waizeukprner, von de-
• nen behauptet und fest geglaubt wird , es seien dies die Ueberreste von
Caesars Getraldevorrat, den er. nach setjiem Abzug von Gergovia habe Ter-
K. A. Fischer: Gerjgwia. Zu Caesar B. ß. VniS^-61. ISI
und sind. auch von echten Arehaeolo^n nie als Beweimnittel ge»
braucht worden.
Lanceiöt lehnt es also ab, die alte Arvemerfeste in dem heuti-
gen Gergovia bestimmt zu erirennen, wagt es aber noch viel weniger
andere Plätze, wie einen Berg bei Charbonni^re am AlJagron, drei
Stunden unterhalb Brionde, oder gar St. Flour, fftr das keine Wahr-
scheinlichkeit spricht, den von Caesar erzählten Vorgängen zuzu-
sichern. Mit seinen Zweifeln hat er noch einen geistreichen Mann
angesteckt, der am Ende des vorigen Jahrhunderts eine Reise durch
die Auvergne in schöner lebhafter Sprache beschrieben hat. Es ist dies
Legrand d'Aussy, und sein Werk hat bedeutende Verdienste um die
Bekanntwerdung dieser interessanten französischen Provinz. Auch
die letzten Nachgrabungen haben ihn nicht überzeugt, und er be-
greift nicht, wie bei dem Mangel an Wasser auf dem Berggipfel, bei
dem furchtbaren Winde, der dort herscht und der alle versuchten
Baumpflanzungen zu Grunde gehn liesz, eine Stadt bestehen konnte«
Uebrigens habe sich das Andenken des Namens schon früh verloren :
denn Gregor von Tours , der zu Ctermont einheimisch gewesen , er-
wähne nichts vom Gergovia.*^)
In Deutschland war natürlich die Autorität des skeptischen Aka«
demikers gewaltig über die bescheidenen positiv strebenden Männer,
die sich um dessen Widerlegung bemüht haben. *^) Allein es war
dies nicht genug. Neue Verwirrung muste noch Reichard, dem
wir so vielen topographischen Leichtsinn verdanken, auch in diese
Frage bringen.**) Mit einer Dreistigkeit, die ihres gleichen sucht,
leugnet er das Dasein des durch alle alten Historiker verbrieften arver-
nischen Gergovia, wirft es mit dem bojischen, das von Caesar so
deutlich davon unterschieden wird, zusammen, setzt dieses doch an
die Loire unweit Genabum (Orleans) an die Steile des heutigen Ger-
geau, worüber wir nicht streiten wollen, und läszt also, nachdem
Caesar bis Avaricum (Bourges) vorgedrungen war und die Gillier
vor sich her nachArvernien zu gejagt hatte, plötzlich die Feinde wieder
in seinem Rücken erscheinen, was ohne eine riesige Schlacht und
Durdibruch tfer römischen Operalionslinien gar nicht möglich war,
und das bojische Gergovia erobern, wovon im Caesar keine Silbe
steht, um dort der aufs neue anrückenden römischen Armee zu
brennen lassen; — und dies in einer Gegend die Caesar gar nicht berührt
hat (vgl. Legrand I 199). Ebenso wird das Lager von Gondole mit Cae-
sars Namen beehrt. Reste eines Thurms daselbst nennt das Volk noch «totir
de Cesar' nnd versichert, es sei darin eine silberne Statue von Caesar ver-
borgnen (Dnlanre aus Audigier). Doch hat dies noch keinen Antiquar Bum
nachgraben veranlasst. 20) Legrand voyage en Auvergne, 5r Brief 1 59 IT.
21) Daher sich weder ükert (Geographie der Gr. u. R. II 2 S. 396 —
401) noch Porbiger (alte Geogr. HI S. 167 f.) für etwas gewisses entschie-
den. Doch konnte den letztem Walckenaer: g^ogir. des Gaules (Paris 1839)
I 341, 80 wie der oben erwfihnte Brief im Morgenbiatt 1844 Nr. 290 richtig
leiten. 22) Neue geograph. Ephemerlden 7r Bd. (1820) S. 65—72.
IroUen« Um.V'Qn der {fewaltsamen T^UseriUamng B. G. Vll,3i iii
Arvemas ^ gegen die Arverner' slatt *ia das Arveroergebiet' aichi
zu redea (denn Yercingetorix slaud an der SpUze 4er . gesamten
galiischea Bundesarmee , nicht blosz der Arverner , hatte sich aber,
augenblicklich geschwächt, in das Arvernergebiet zurückgezogen),
übersieht Reichard auch gänzlich dasz das bojische Gergovia eine
Schöpfung Caesars y also diesem gut bekannt war, während er das
;von ihm belagerte als etwas unbekanntes, erst jetzt eingesehenes be-
schreibt. Vollends lächerlich ist es aber, wenn Reichard, ohne ir-
gend eine Idee von der Gegend zu haben, den Alterthumsforscheru
jnil dietatorischem Tone zuruft : ^ Ich habe euch nun die Richtung des
Iragiichen Gergovia angedeutet; an euch ist es jetzt zu sehen, was
ilort für Oertlichkciten den Schilderungen Caesars entsprechen.' Und
die einheimischen Gelehrten hatten ein fertiges, in allen Lagen durch-
/[orschtes, auf Caesars Bericht vollkommen passendes Gergovia
längst dargebracht, welches freilich der grosz^ Geis! nicht anerken-
nen wollte. Wir hätten dieses Bravourstück Reichards gern mit
Stillschweigen übergangen , wenn nicht Herzog in seiner Ausgabe
sich davon hätte befangen lassen und so dieser gröbliche Irthum in
.den^ Schulunterricht eingedrungen wäre. Was ist es aber für ein
Wunder dasz es zwei, ja vielleicht mehrere Gergovia gab, da der
Name augenscheinlich ein Appellativum ist und ganz allgemein einea
Wehrplalz bedientet ?*') Wo nun das bojische Gergovia zu suchen
sei, dürfte bei dem Mangel an näheren Angaben ungewis bleiben.
Eine. der neusten Untersuchungen will es in dem heuligen Montlu^on
(Dep. de TAllier) erkennen.**} Kehren wir zu dem arvornischen
;5urück.
Der Zweifel Lancelots hat gediegene Widerlegungen in Frank-
reich hervorgerufen. Wir erwähnen zunächst Lebeuf, Caylus, d'An-
ville, die in kürzeren Aufsätzen an der seitherigen Tradition fest-
Jialten*'); dann den bescheidnen, gründlichen, mit naiver Hingabe
•forschenden Ingenieur -Geographen Pazuraot, der mit liebenswürdi-
ger Unbefangenheit die Localität untersucht und die richtige Bahn zu
deren Verständnis nach Caesars Erzählung gebrochen hat.*®) Aus
2») Gergovia ==Gerg«u, Wehrgau, Wehrpiatz. Ankläoge ftaden aioti in
manchen französischen Namen wieGergeau, Gergeuil; vgt.Dulaure: description
de l'Aüvergne (Par. 1789) S. 320 Note, und im Manuscript der clermontei:
•Seadtbibliothek (mscr. de l'Auvergne Nr. 54). Deswegen billigen wir auch
die von Kraner aufgenommene Umänderung des bojischen Gergovia in
'Gorgobina nicht. Handschriftliche üeberiieferung , die dieselbe unterstützt,
.mag auf Fehlern dfr Abschreiber beruhen. 24) Nach anderen Moulins,
Hauptort des A liier- Departements, s. den index geographicus im 4q Bande
.der Ausgabe des Caesar von Achaintre und Lemaire. 25) Memoires-de
Tacad. des inscr. XXV 139 f. (vom J. 1753). Cajlusi recueü d'antiqul-
tös V 281 — 289. d'AnviUe: notice de Tancienne Gaule S. 349. Der».: ^clair-
eissemcnts geogr. sur Tancienoe Gaule (Par. 1743) S, 260—62- 26)
Pazumot: memoire göographittue sur quelques antiquites de la Gaule (Paris
1765) S. 183 ff.. Dissertation topographique sur ie siege de Gergovia, 2e
deri D^nköcMiften dieser Männer uttd seiHh^ig^n ^fftthrun^ii eti
helU, dasz -die auf dem Gergovia gefundenen Allerthöm=er biettäehi^
lichcr sind, als Lancelot glauben Jäszt. Im J. 1755 ward auf Betrieb
eines Latour d-Auvergne in dem süd^stlüdhen Winkel d«s Plateaus
nachgegraben") und hieb<»i Zwei Fhsz dicke, ein Rechteck von öO'
Länge und 30' Breite einschlieszende Grundmauern, sowie eine Gi«^
4erne mit reicher Quelle entdeckt. Die Mauern waren von rohem
Stein, mit Mörtel oder Schlamm verbunden; auf 8 bis 4' Tiefe- be^
gann der Naturfelsen des Berges. HiermU ist wenigstens da« vof»-
handensein alter Wohnungen auf dem Berggipfel, wovon noch lA
den Urkunden die Rede sein wird, bezeugt. Bei dieser Naehgra*-
t)ung sowol als seither bei der Bearbeitung des Bodens wurden im*
mer iniefessanle Anticaglien zu Tage gefördert, und zwar ven be-^
deulend höherem Alter als bei Laneelol ang^gelj^en i«9t. Wenn nem*-
lieh Glertmont nur Kaisermünzen liefert, so erseheint auf den Mö*-
daiifcn vomGergovia der gallische Hercules, das galltsehe Rosz und das
Schwein, der Bock und verworrene Vogelfiguren, barbarische Köpf«
bis auf- die feineren ausgebildeten Gepräge aus der Eroberungs^eil^
unter denen Vereingetor ix selbst auf Gold mit vollständig ausgeschrie?
ijenem Namen, und Epadnactus, der unter den Römern Arvern^eii
verwaltende Häuptling, erkannt wird. Dazu kommen* ganze und
eertMTO'öhne Geschirre von allen Formen, Todtenurnen, Fäszchen von
Thoft, Thrähenfläsehchen , Waßenstticke aller Art von Brontse unrd
Sl^in«, Aexle, Schwerter, Lanzen und Pfeilspitzen, Kolben, Opfei^i
messer, ferner Braceletlen, Fibeln, Halsschnöre, Amuletten usw:^
»wovon' das meiste nicht römischen , sondern alt-eeltisehen Ursprungs
ist.**) Haben wir uns nun vion der' cellischen Bergfeste die^orsiel'-
iung Wie'von einem Athen und 'Rom zu machen, und Tempelseuten,
aus 8. Naciüasz vermehrte Ausgal^ ,von Grivaud, uaier dem Titel: dUser^
tatioDs et memoires sur differens sujets d'antiquites et d'histoire, mis en
ordre et publi^s d* apres les rascr. de feu M. Pazumot (Paris 1810 — -13)
S. 96 — 114, 27) S. über diese Nachgrabungen den Brief Feli^ondes bei
Pazumot S. 215 ff. (Iv Ausg.) 28) Bulaare Avssüge aus Audigier T. II:
^ies medftilles qn'on trouve a Clermont sont ordinairement des emperetiVs
romaifts, et Celles quon d^oouvrc äGergovia ont ie plussouvent rcmjjteitite
de r Hereule Gaulois et de 'quelques animan'x avec des lettres -oeltique».^
Eine vollstäQdige ÄnsammensteUang der seitherigen Fiinde sowbl auf Geri
govia als auf defti Pliy de' Corent un^ den andern antiquarisch TOerk*p«ftrdU
gen Chrteü derAuVergne gibt BouiJlet: buüetin arcb^ologiqne in den l^aMetr
tes hi9ti>ri«[üe8 de l'Auvergne T. IV. Sämtliobe Stüeke habe Ich seflbst i«
«einem Mus«uraÄU Clermoat'angöseheii. Die Goldraiinz^n des Verclogetoriit
fauch Hr; Larg^ zu Clermont besHct öine) sind von edlem Geprjfge^ der
Name ist geschrieben VEBCINGBTORIXS , auf der Rüekseite beflöd«!
sioh ein Pferd im Spnmge, das über eine Urne setzt: die Stempel^ ob^^l
Shi>fi«h in der Darstelking, sind doch nicht bei allen dieselben. Der Ep«ä-
naetii« von Silber ist sefer zierlich gearbeitet, die Rückseite ti'Sgt einen VöU
Hg gewaffneten Krieger ift ganzer Figur, das Haupt und eine Schüitei''eftt*
l>löszt, wi(8 cur ErleUtterung 4«s insiffne paeatwn (ß. O. VII 50) tHefrea
itann.
IM M^ A. Fiftcker : Geif&vku Zu Caesar B. 6. VII 85-^1.
Quadern, Arkaden zu sudiea, oder können "wir uns mit den voiban*
denen roheren Trümmern begnügen?*') Das überlasse ich dem nach*
denken jedes Lesers.
Den genaueren Urkundenbeweis hat zuerst Massoa, Prior von
St« Andre, um die Mitte des vorigen Jahrhunderts unternommen. Sein
von Caylus und Pazumol belobtes Memoire ist vermutlich dasselbe,
welches ich in den Hss. der clermonter Stadtbibliothek gesehen habe.
Ihm folgte in einer gleichfalls handschriftlich daselbst aufbewahrten
Darstellung Dulaure, einer der fleiszigsten und verdienstvollsten Al-
terthumsforscher Frankreichs. Die Ergebnisse dieser mühsamen Un-
tersuchungen hat dann Ad. Michel einem Aufsatze über Gergovia
einverleibt, der in den Tablettes hisloriques de TAuvergne abge-
druckt ist"®) Dulaure legt dar, dasz Kartularien von Sauxillanges
aus dem lOn und lln Jh. ein Gergoyia als viäa, Stadt oder Dorf,
und einen benachbarten Hof Gergoieta erwähnen. Das Dorf ist auf
dem Plateau zu suchen und durch die oben bezeichnete Nachgrabung
gesichert; der Hof ist der noch heule bestehende Gergoie oder Ger-
govie. Die Daten sind mehr oder weniger praecis : von Lothars Rer
gierung, also der MtUe des iOn Jh., vom Jahre 961, von dem Abt
von Clttgni, Mayolus (948 — 994), von dem Abt Odillon (994fif.)9 end-
lich gegen 1030. Die als unecht ange^htene Sttflungsurkonde des
Klosters St; Andre steht auch nicht vereinzelt da. Wenn dieselbe,
wie sie damals gelesen v^rd , auch Nachbesserungen , Erweiterungen
aus der Hand des Archivars erhalten hatte , so war doch nach Ba-
luzes eignem Zugeständnis die Grundlage echt, die historischen Um-
stände sind vollkommen richtig, selbst der Delphinstitel wird von
Dulaur^ gerechtfertigt , und andfe Karten , unter denen zwei päbst-
)khe, aus den Jahren 1174, 1188, 1189, 1190, 1193 und 1249, ha-
ben die fragliche , unter beständiger Nennung auch des Gergovia , in
ihrem wesentlichen Inhalt bestätigt. ^^) Nach dieser Ausführung
durfte auch die Tradition als sicherer begründet angenommen werden.
29) Von den Streitschriften über die gallischen Wohnangen fphre ich
die ursprüngliche Thests und Antlthesis an: Dulaure in den Mämoires des
«ntiquaires de Franee II 82 — 142 und: Galliarum veterum urbes a el. Du-
laure recenter dirutas ac solo aequatas restltuere conatur Phil. Amat. de
jGolbery, Letstere ist auch ihres pikanten Stlla wegen lesenswerth, abge-
druckt in Achaintres und Lemaires Ausg. IV 411 ff. Es darf nun als aus-
gemacht gelten, dasz die Gallier allerdings feste Städte hatten, deren Be-
vi^lkeruBg sieh freilich durch den Zuflasz des Landvolks in Kriegseeiten
yermehrte. 30) Dulaure in den Mscr. de TAuvergne Nr. 54 auf der oler-
monter Stadtbibliothek. Ad. Michel: dissert. sur i'etnplacement de la Ger-
govia des Arvemes, sur rapplicatloA du texte de Cesar au plateau de Ger-
govia, in Tablettes bist, de TAuvergue par Bouillet IV 301 — 348, auch in:
L'andeune Auvergne et le Velay par Ad. Michel. 31) Mehrere dieser
Uf^unden sind, wenn ich mich recht erinnere, in dem 2n Bande der GalUa
chnsttana (Ausg. von 1720) abgedruckt, und es wäre zu verwundern, wenn
Ltaacelot sie dort nicht neben der angezweifelten, von der er allein redet^
gelesen hätte. [
Mk A. Fiscker : Gergovia. Zu Caesar B. 6. V&SS— 51. 16T
Bulattre' »acht äieht mit Unrecht daraaf aufmerktain , wie läehe^Koh
es sei einem hei^elaufenen Italiäner einen Einflusz auf Umtaufung
eines so wiehli^n geographischen Punktes zuzuschreiben. Der Name
Puy de Mardogne oder Merdogne habe nicht den ganzen Gergovia,
sondern nur eine Dependenz desselben bezeichnet« **) Wenn Sidonius
Apollinaris bei Beschreibung des Aviiacum den Gergovia nicht er-
wähne, so sei eben. gar nicht ausgemacht, dasz jener Palast an dem
benachbarten Sarlteve gelegen habe, sondern viel wahrscheinlicher
sei dessen Platz an dem etwas entfernteren See Aydat. Ich füge hinzu
dasz es von dem Sarlieve nicht sicher ist, ob er zu Caesars Zeit exis-
* üerte oder bedeutend war ; ohne dasz man nöthig hat in Simeoms drol-
lige Conjectur einzugehen, als sei er erst aus dem Abflusz der Lauf-
gräben Caesars entstanden. So viel von den äuszern Beweisen. Die
Vergieichung des Ortes mit Caesars Texte wird das übrige Ihun.
' in:
Es gilt zunächst den Weg zu bestimmen , auf welchem Caesar
sich Gergovia näherte. Wir haben gesehen dasz die beiden Armeen
einige Tage lang vom untern AUier aufwärts zogen, sich wechselseitig
beobachtend und beständig einander gegenüber lagernd. Caesarn
muste es angelegen sein , den Flusz balditnögnchsl zu passieren : ein
längeres müszigliegen hätte den Sommer hingebracht, ihm zum Ver*
derben und dem Feinde zum groszen Vortheil , da Vercingetorix die
Zeit vortre£flich zur Verbreitung des Aufstandes zu nutzen verstand.
Oberhalb der Sioule-Mündung musten die Umstände für Caesars Plan
gftnstiger .werden. Zugleich ist ersichtlich dasz ein weiteres hinauf-
gehen auf dem rechten Ufer ihn zu weit östlich geführt hätte , da hier
der AiUer eine stark nach Osten convexe Wendung bildet. Es war
also die erste beste Stelle die sich darbot zu ergreifen. Wir stimmen
demnach einer neuem Darlegung bei, welche Caesars Uebergang nach
Varennes oder Crechy, fünf Stunden unter dem berühmten Badeort
Yichy setzL'') Dies stimmt auch vollkommen zu der Entfernung von
Gergovia, zwanzig Stunden, welche auf dem Hinweg vorsichtig in
iiinf Tagemärschen, nach dem Abzug etwas schneller in drei Tagen
zurückgelegt wurden.
Auf dem Marsche am linken AUierufer aufwärts behielt Caesar
unstreitig den Flusz als Richtschnur zur linken. Auf seiner rechten
Flanke muste er beständig die Vorhügel besetzen , die das Fhiszbett
begrenzen und oft weite Durchblicke auf die dahinterliegende Ebene
32) Hieriiach ist Forbigers Anmerkung 16 Th. III S. 167 eii berichtigen.
Statt Perignal lies daselbst Pdrignat; statt einige Lieues eine Lieue. Von
^Sueben' ist keine Rede mehr, da der Ort klar vor Augen liegt. 3S)
Saint-HypoUte: reeherches sur quelques points historiques relatifs au si^ge
de Bourges, im Spectatear mllitaire XXXII 273 ff. (vom Decemb'er 1841).
I>ie früheren sprachen von Maringues oder Pont-du-Chdteau, was Gergovia
offenbar zu nahe ist. • .
186 M; A« Fischers .Geifovia. Zu däreaf B. G. VII Sr^^K
i^erateften. EtnedietelrOeffnangeii beiCournto fahrte ihndirect an den
Tttsz des Gergovia. Ein kurzer RiU durch die Ebene zeigte ihm gkicfa
diesen Gebirgsstock von drei Seiten, der nördlichen, östlichen und
sftdlichen, und muste ihn, nach Zurückweisung des feindlichen Reitert
angriffs , für eine Position auf der Sudseite entscheiden.
Um diese Position auf dem Terrain zu erkennen, dient der iso-
lierte Hügel, auf welchem Caesar nach Vertreibung der schwachen gal-
lischen Besatzung sein kleineres Lager errichtete , zum SchlfisseL Dies
hat der wackere Pazumot zuerst eingesehene^), und seine Theorie
hierüber ist von den sachverständigen im wesentlichen gebilligt wor*
den. So schreibt ein englischer General (Loyd), der am Ende des'
vorigen Jh. (um 17dS) ganz Europa mit Rücksicht auf die Schlaohl*
felder des Aller Ihuras durchstreifte, an den Abbe Cortigier zu Glennont,
dasz mit Ausnahme einiger Details die Arbeit Pazumots ihn bei seinem
Besuche auf Gergovia richtig geleilel habe.^^) Nach ihm haben Suchet
d* Albufera und Gouvion St. Cyr sich in ähnlicher Weise ausgespro-
chen, und in neuster Zeit hat dei* General Marey- Monge, gleichfalls
nach persönlicher Inspeetion , die Abfassung einer DenkscfanR veran-
laszt, weiche die hauptsächlichsten Schlüsse Pazumots bestätigt. ^*) . Ich
lege auf diesen Umstand ein um so nachdrücklicheres Gewicht, als in
Deutschland oder bei auswärtigen Besuchern der Auvergne durch
gröszere Zugängiichkeit andrer Hilfssehriften sich: leicht Irthümer eiot
nisten könnten. Der um die Alterthümer so verdiente Graf Cayius
hat nemlich in seinem bekannten Recueil d'antiquites auch die Yor-^
gänge um Gergovia. behandelt, ohne die QertUchkeit durch Autopsie zu
kennen oder auch nur eine genügende Karle zu beaitzen.^^) Er suchte
— und Dulaure (s. oben Anmr 33) ist ihm hierin gefolgt i— r jenen
Hügel in dem Plateau von Jussac , dem' eben das Hauptmerkmal der
Isolierung und dann auch das der Angreifbarkeit ans der Ebene ab«-
geht« Eine neue Theorie hat ein jetzt lebcinder Antiquar, Hr. BouiUet
zu Clermont, aufgestellt. Er will den Plaiz des. kleinen Lagers in der
M) S. 194 der 1d Ausg. Der Name des Flüsschens ist Anma. statt
Ia Serre zu lesen. 35) S. Legrand 5r Brief I 61. Nach dem UrtUeil
dieses Officiers (Loyd) sind nur Caesar und Polybius in der Topographie
exaet; Livius wird besonders geladelt , er ist ihm ein Phrasendreher und
Schlächtenmacher Vom Kanapee in der Stadierstnbe. Was Caesar betrifft,
so ist es in der That merkwürdig, wie seine plastischen, liandgröiflichen
Bohilderungen ohne die Hilfe der jetzt übliehen geographischen i<KuQStaiis-
drücke und Messungen, in uusrer Phantasie oft ein Bild erzeugen, das iu
einen schematischen Umrisz gefaszt werden kann, dem die wirKÜche Loca-
lität in gewissem Grade entspricht. Dies beweisen mir viele Kupfer eiaei'
alten Caesarausgabe (Lugd. BaU ap. Daniel Gaesbeck. 1684. 12), die nach
der Vorrede des Herausgebers der itaJiänischen Uebersetzung des Palladiu»
entnommen sind und gewis nicht auf topographischen Aufnahmen beruhen.
Gergovia erscheint dort fast wie es leibjt und lebt, und besser als bei
Simeani. ' 36) Vial : memoire sur Gergovia in den Anoales de Tacad. de
Clermont 1851; s. dasell^st S. 214. 37) Der Pla;i,.den Cayl^s im angef*
Werke Th, V beifügt, hat bedeutende Mängel.
M. A. FiscMer: Gefgovia. Zu Caesar B. G. VII 36—61. 189
ßögerid des Hofes Pfadt erblicken und bezieht dann auf das Haupte
läger Caesars die Spuren eines römischen Lagers zu Gondole am Allier,
im Munde des Volkes camp de C^sar genannt. •") Die Entfern uilg von
1^^ Stunden Zwischen beiden Lagern ist aber offenbar zu grosz ; auch bie-
tet die Gegend am Pradt nur leichte wellenförmige Erhebungen, keinen
abgegrenzten Hügel, und was nocji schlimmer Ist, keinen Angriffspunkt
auf Gergovia, und Hr. Bouillet ist nicht im Stande alle Einzelheiteh
des Kampfes aus seiner Theorie zu erklären. Es wird besonders vor
dieser Auffassung gewarnt, weil ihr Urheber dieselbe seinem * Führer
von Clermonl* einverleibt hat, der vielen Fremden in die Hände kom-
men dürfte.
Der Hügel, von dem Caesar VII 36 spricht — erat e regione
oppidt colKs suh ipsis radicibus montis, egregie munitus aique ex omni
parte drcumcisuSj quer/l si ienerent noslri, et aquae magna parte ei
pabukitümeUbera prohibiturihostes videbantur — , dieser Hügel kann kein
andrer als die Roche Blanche sein. Diese allein liegt der Stadt nahe
genug und ihrer mittlem südlichen Fronte gerade gegenüber ; diese
allein ist so völlig isoliert und für den spätem Sturmlauf passend ; diese
endlich erfüllt vorzugsweise die Bedingung des gehemmten Wasser-
holens und Fouragierens. Aus dem Grundplan sieht man nemlich,
dasz mit Besetzung dieses Hügels der directe Weg zum Auzon und zu
seinen reichen Weideplätzen abgeschnitten ist. Dieser Bach aber ent-
bäU aliein hinreichenden Vorrat für die Bedürfnisse einer groszen
Armee , und die gallische betrug damals immerhin noch 40000 Mann
und führte nach ihrer Sitte eine unzählige Menge Pferde und Zugvieh
mit sich (Caes. B. C. II 11). Wiewol noch andre Quellen , Rinnsale
od&r Bache um den Gergovia flössen, so waren sie doch entweder zu
schwach oder zu entfernt oder für grosze Karawanen weniger zugäng-
lich. An eia Wasserholen am Sarlieve, der eher Pfütze als See heiszen
konnte, ist, wie Vial S, 217 vortrefflich ausgeführt hat, nicht zu den-
ken, üebrigens sagt Caesar nur aquae magna parte, und dies passt
vollkommen zu der Position auf der Roche Blanche, deren weitere
Bedeutung sich bald entwickeln wird.
Von dieser Ortsbestimmung war nun die des groszen Lagers ab-
zuleiten. Pazumot mit seiner ehrlichen Bescheidenheit beschränkt sich
auf die allgemeine Forderung, dasz es dem kleinen nahe genug gele-
gen haben müsse , um die Verbindung durch doppelten Graben und
die leichte Ausführung der folgenden Manöver zu gestatten.'*) Er
38) Bouillet: iablettes historiques de TAuvergne T. IV (Clermont 1845)
S- 36 — 45. 39) Dies ist ein vorzüglich zu beachtender Punkt, damit
man nicht Dimensionen neuer Schlachtaufstellnngen in die alten hineintrage.
So las ich in den Hss. der clermonter Bibliothek (Nr. 54 der Mscr. de l'Au-
vergpie) den Aufsatz eines Hm. Audel du Miral, ancien lieut. au rög. de
Poitou : !&xplication et application raisonnees des commentaires de J. C^sav
BOT la partie de Thistoire des Gaules relative au si^ge de Gergovia, vom
Jahre 1803. Dieser läszt den Caesar ganz nach Napoleonischem Schnitt
operieren. Das röm. Lager ist am Monton, der linke Flügel stützt sich auf
Jabrb. f. class. Philol. Soppl. N. F. Bd. I Hft. 2. ^ 13
100 M. A. Fischer: Gerg^ovia. Zu Caesar B. G. VII 36— 6t.
aberläszl jedoch der Phantasie des Lesers die genauere Bezeichnung
und bemerkt nur, es scheine ihm passend dasz Caesar einen Platz
jenseits des Auzon gewählt habe , der ihm fär den ersten Nolhfall eine
Art Wall bot, sei es am Fusze des Monton oder 8es Crest, wenn man
nur damit nicht zu weit in das Thal hineinfahre. So erscheint das-
selbe auf dem Plane der In Ausgabe am Monton , auf dem neu aufge-
nommenen und topographisch genauen der 2n dagegen am Fusze des
Crest, gerade gegenüber der Roche Blanche; und es wird diese letz-
tere Position noch besonders dadurch empfohlen, dasz in den dortigen
Weinbergen römische Medaillen und Anticaglien aufgefunden worden
sind.**) Militärische Gründe haben aber für eine Position auf dem
Plaleau des Crest gesprochen. ^Er muste es' sagt Hauptmann Vial,
* wie auch Merim^e schon gesehen /O ^^ einer festen Stellung anle-
gen : denn er war mitten unter einer feindlidien Bevölkerung.* Bie
weitern Bedingungen , Nähe des Wassers , Berührung mit der Roche
Blanche und der Umstand dasz Caesars Scheinmanöver vom Gergovia
aus gesehen wurden, was bei einer tiefern, durch die Roche Blanche
verdeckten Lage nicht möglich gewesen wäre , sind dort gleichfalls
richtig hervorgehoben. Es sei mir erlaubt dieses Ergebnis noch durch
zwei philologische, aber, wie mir scheint, schlagende Gründe zu
stützen. Erstens : als Caesar die Stellung der Feinde recognosciert hatte,
sagt er (VII 36) : ihre Menge, um die Stadt herum verbreitet und nach
Stämmen geordnet, bot — • qua despici poterai — einen grausenhaflen
Anblick dar.**) Was heiszt nun qua despici poterat? Die Erklarer
geben : ^ so weit die Feinde in das römische Lager hinabsehen konn-
ten.' Es will mich aber bedünken , dasz es nicht die Sache dessen
welcher hinabsieht ist, einen Anblick darzubieten, sondern dasz dem-
dea Crest, der rechte reicht bis an den Allier: die Cohorten unter Sextlus
besetzen das Plateau von Jussac, y;9A, wenn sie auch hinaufkommen koiiii>
ten, ohne Aufpflanzuog Ton Kanonen keinen Sinn hat. Dennoch hat der-
»elbe intelligente Ofücier einige andre Uesichtspunkte , wie Stärke der bei-
den Armeen, Raum der Cohortenstellung usw. richtig aufgefaszt. Der Caesar
der Neuzeit sah vollkommen klar über den Unterschied der alten und neuen
Schlachtdimensionen und hat denselben in Bezug auf Lager und strategische
Positionen vortrefflich entwickelt. S. Pr^cis des guerres de C^sar par Napo-
leon, chap. V: observations. 40) Grivaud Anm. zu Pazumot S. 113 der
2n Ausg. 41) Merira^e in seinem Bericht über eine in höherem Auftrag
unternommene archaeologische Reise: Notes d'un voyage en Auvergne (Paris
1838) S. 321. Vial S, 222 f. 42) Man will die Auslegung * soweit von
den Feinden auf die Römer herabgesehen werden konnte' aller Logik zum
Trotz durch Vergleichung von VII 45: erat a Gergovia despectus in caslra
stützen, ohne sichs nur träumen zu lassen dasz dies himmelweit verschie-
dene Dinge sind. Allerdlugs schaute man von der Stadt auf das römische Lager
hinab : dies hindert aber nicht dasz man von dem röm. Lager auf die Ab-
liänge unter der Stadt hinabsehen konnte, üeberflüssig ist der Zusatz auch
nicht; denn aus dem furchtbaren, was die Römer sahen wo es ihnen mög-
lich war , liesz sich auf noch gröszere Schrecken , die ihr Blick nicht er-
reichte, schlieszen. — Auch bei Alesia war es Caesars Sorge, die Hügel
rundum zu besetzen, B.G. VII 80. Vergl.auch des Legaten Caninins Operatio-
nen bei Uxellodunum VIII 33.
%
M. A. Fischer: Gcrgovia. Zu Caesar B. G. VÜ 55—61. IM
jeni^Mi welciier sidil ein Anblick geboten wird. Offenbar sagt daließ
Caesar : die Feinde boten uns überall, wo wir auf sie hinabsehen konn-
ten, einen graasenhaften Aiiblielc. Er stand also in der Höhe und
schaute zwar nicht auf die Stadt, woi aber auf die von Galliern be-
setzten Abhänge und Vorhügei hinab; was auch der Oerllichkeit voll-
kommen entspricht. Zweitens: Caesar richtet später einen Scheinan-
griff linkwärts auf die neuen Verschanzungen der Feinde. Zu diesem
Zweck geschieht folgendes (VII 45): legionem tmam eodem htgo miltil
ei pauhm prqgressatn inferiore cmsUiuit heo süvisque occultai. Mit dem
eodem iugo haben sich die Erklärer vielfach abgequält. Man verstand :
an denselben Hügel, von dem Caesar kurz zuvor gesprochen, den er
von Feinden entblöszt gesehen hatte oder wo sich Vercingetorix ver-
schanzte. Wie man aber auch der Grammatik Gewalt anthun mag, so
kann eodem iugo nimmermehr gleichbedeutend mit ad idem iugum sein ;
und Kraners Auskunftsmittel das Wort iugo |lIs Glosse einzuklammern
hiJA nichts : denn der folgende Satz beweist ja gerade dasz diese Legion
nicht bis dorthin gegangen, sondern dasz sie nach kurzem vorrücken
an einem tiefer liegenden Platze aufgestellt und im Walde versteckt
worden ist. Man halte sich also einfach an den grammatischen Sinn :
er iäszt sie auf demselben Bergrücken (nemlich dem an den Crest an-
stoszenden) eine Weile fortgehen und dann an einer tiefern Stelle Halt
machen. So ist es auch auf unserm Plane gezeichnet, und so wird
esy wie wir uns selbst überzeugt haben<, von der Höhe des Gergovia
aus gesehen , so dasz es ganz den Ansehein hatte , als wolle die Le-
gion an den obern Auzon vorrücken und in das Defile von Opme ein-
dringen, um die Stadt von dem westlichen Flügel zu fassen. Dorthin
waren ihr auch die Reiter und verkappten Troszknechte unter groszem
Lärm vorangejagt; sie selbst aber hatte, nachdem ihr Ausmarsch wahr-
genommen war, ihre Aufgabe erfüllt und durfte im Walde und hinter
dem Plateau von Jussac verschwinden, von wo sie nöthigenfalls zu dem
^rklichen Angilff im Centrum leicht herbeigeholt werden konnte.
Nach dieser Ausführung möchte es überflüssig sein, sich noch auf die
etymologische Deutung des Namens Crest, der ganz gut von castra
herkommen kann, einzulassen^') oder auf die zwei parallelen, zum
Auzon senkrechten, gepflasterten Straszen hinzuweisen, die in wech-
selseitiger Entfernung von 150 — ^200 Schritten zum Crest hinaufführen
und oben in einer Terrasse endigen, und in denen wer Lust hat Spu-
ren der caesarianischen Gräben vermuten mag.^^)
43) Die Metathesis Castro Crest hat viele Analogien, z. B. hlouque für
binteiej äplingue für ipingle im Munde der Bauern von Molteres Don Juan
U iy Frantevavlt für Font iJtEvraulti s. Geuin : variatiotis du langage
Fran9ai8 S. 30 ff. Urkunden, soweit ich deren vergUeben, geben überall
die Orthographie Crest, de Cresto (Gallia Christiana T. II aus dem 13n Jh.
öfter) ; Sinieoni schreibt Craisi, 44) Mit dieser Bestimmung des Haupt-
lagers steht freilich Cassius Dio XL 36 im Widerspruch ,^ da er mit dür-
ren ^Worten sagt : Sv ts. yuQ fceSCip 6 KaCaag qvXliezo • ov yaQ svvOQTjaev
ixvQOv %o»qCov» 'Caesar lagerte in der Ebene; denn es slaud ihm kein
13*
M» M, A. Rsdier: Gtrsorä. Zn Omsam Bw GL VU 3^..^I.
Ueber den Zwiscfaenfail mit der HOba^oMe der Heiner kteoea
wir schnell hinweggehen, weil die Punkte ans Caesars Aogrilien aaforl
deutlich sind und sich leicht auf der Karle wiedeifinden Inssen. Die
10000 Haedaer waren bis auf 30000 SehriUe (iS Stunden) von Ger*
govia angekommen, als ihnen ihr Fuhrer Litavious den Abfall von doi
Römern vorschlug. Dies geschah also in der Gegend des heutigea
Randans. Caesar erfuhr es miUen in der Nacht, nahm sieh nicht die
Zeit seine Lager zusammenzuziehen , liesz nur zwei Legionen zur Be-
wachung der ausgedehnten Werke zurück und zog mit yier Legionen
9nd der gesamten Reiterei den abirftnnigen Bunde^enossen entgegeo.
Er traf sie an demselben Tage 3Ö000 Schritte (10 Stunden) von Ger-
govia, etwa bei Maringues, ein Beweis von der Schnelligkeit seines
Marsches und der Unschlüssigkeit oder Sorglosigkeit der Baeduer,
die, während Caesar rasch handelte, erst zwei Stunden Weges ge-
macht hatten. Durch Entwicklung seiner Reiterei schreckte Caesar
die verführten : Ueberredung that das übrige , und Lilavicns entfloh
mit den seinigen nach Gergovia. Nachdem Caesar seinen Leuten eine
kurze Rast von drei Stunden in der ersten Hälfte der Nacht gegönnt
hatt^, brach er sogleich wieder gegen Gergovia auf. Mitten auf dem
Wege erhielt er eine Eilbotschaft von seinem Legaten , der den ganzen
Tag einen wütenden Sturm (wahrscheinlich auf das kleinere Lager)
mit Mühe ausgehalten hatte und einen gleichen mit der wiederkehren-
den Sonne befürchtete. Dies spornte die Römer, und die ganze Armee
war vor Sonnenaufgang wieder im Lager vor Gergovia.
Wir kommen nun auf die Anstalten zu dem Schlage , mit wel-
chem der geniale Feldherr seinen Abzug van Gergovia beschöcügen
wollte. Wo ist jener Hügel , den Caesar eines Tages vom kteinen
Lager aus gewahrte, und der sich jetzt erst, von den Feinden geleert,
seinem Späherauge enthüllte? Wir stellen uns auf denselben Punkt
mit dem römischen Imperator und sehen nichts als die Hügelspitzen,
die sich auf dem Plateau von Jussac erheben , von denen der hinterste
noch schwach bemerkbar ist, aber bei einer Anfüllung mit Bewaffneten
leicht ganz übersehen werden konnte. Wie Uesz sich nun Caesar über
diese Erscheinung belehren? dorsum esse ehtsiugiprope aequum^ sed
hunc süvesirem et anguslum, qua esset adiius ad aUeram partem oppidi
(VII 44). Es heiszt eins iuffi; es handelt sich also gerade um den-
geschützter Ort zu Gebole.' Was ist aber hierauf zu geben Caesars Auto*
rität gegenüber? Der Nachsatz verräth schon wenig Terrainkeuutnis ; denn
erhabene Plätze bietet die Umgegend genug. Vergebens haben wir uns bei
Litterarhistorikem und Auslegern nach Winken über die Quellen umgesehen,
welche Dio auszer Caesar hätte benützen können. Allgemein gilt Caesar als
die einzige Quelle der gallischen Kriege. Hat nun Dio auszerdem Traditio-
nen (von Hauptleuten oder Soldaten) gekannt, die von einem ersten Lager
in der Ebene und den ungünstigen Kämpfen gegen die feindlichen Schwär-
mer Meldung thaten, ehe die feste Stellung auf dem Crest gewählt ward, so
mochte der späte Historiker den ersten Bericht verallgemeinert und die ein-
seinen Momente nicht mehr unterschieden haben«
M. A. f kotier: Qen^ovia. Zu Caesar B. & VlI a&-^-51« Mt
Gabir|^8look, ntirelefaem jene Spil2»|^ehQrly das ist das Pia*
leaa von Joasac» ^*) Es sei eia Racken dieses Gebirgsstockes — das
ist der Rand des Plateaos lunlet jenen Hügelspitzen vor dem vöiUgen
Abfall in die Ebene — ^ beinahe flaeh, aber bewaldet und schmal^ und
es sei dort ein Zugang zu der andern Sladlseite. So löse ich qua
e8$ei auf, ei hac e$se odkum, nicht ea qua esset adüus. Der Text gibt
ganz dasselbe was in unsrer Beschreibung steht , und auf unserm topo*
graphisch genauen Grundplane ist diese Stelle mit G bezeichnet« Jener
Rücken geht in das Band über, welches sanft auf das Gergovia-Pla-
tean hinaufführt , und oben leitete dieser Weg zu einem westlichen
Stadtthore: denn vermutlich war nicht das ganze Plateau von der
Stadt eingenommen. *^) Von demselben Rücken dringt man aber auch
in die Schlucht zwischen Jussac und Gergovia auf Wegen ^ die selbst
der Reiterei zugänglich sind.
Charakteristisch für diese Stelle ist, was weiter beigefügt wird :
vehementer huic iUos loco Umere nee tarn älüer sentire uno colle ab Ba-
manis occupato, si aUerum amisisaenl, quin paene ctrcumvaUaü atque
omni exüu et pabulaUone interclusi viderentur. In der That, durch Be-
setziHig des Plateaus von Jussac halte Caesar die Gallier nicht nur
völlig vom Auzonlhaie ausgeschlossen, sondern auch die nördliche
Seite des Gergovia beherscht : es war eine blokadeähnliche Stellung.
Um dieselbe zu nehmen, muste er durch dasDefile vonOpme eindrin-
gen und von Nordwesten angreifen. Dies ist auch, wie Hauptmann
Vial sich ausdrückt (S. 226) , der wahre Angriffspunkt von Gergovia.
' Wenn Caesar ' fährt derselbe fort * seine Kraft nicht hieher gerichtet
hat, so kannte er wahrscheinlich die Gegend nicht genau, und mochte
auch nicht sich tiefer in das Auzonlhal einlassen, mitten unter eine
feindliche Bevölkerung, wobei Gergovia zwischen ihm und seiner
Rückzugslinie, die dem Allier entlang lief, geblieben wäre.' Wir
glauben dasz Caesar vollkommen richtig die Wichtigkeit dieses Punktes
beortheilt hat. Opme wird vom Crest aus nahe erblickt und lädt zu
45) Dnrch irrig«» Verständnis von eins iugi, worin man den Gergovia
selbst sehen wollte, haben mehrere sich verleiten lassen, diesen engen Zu-
gang zur Stadt und alles was sich daran knüpft nicht bei dem bemerkten
Hügel , sondern selbständig auf dem nördlichen Abhang des Berges »wischen
Besanee und Pradt zu suchen. So Pazumot, Merim^, Michel, endlich
Aigueperse, mit Ausfßhrung des Grundes in der Note seiner kleinen Schrift
S. 15. Dort passt jedoch kein Terrain als das unsrige. Der < andere Stadt-
theil' ist aber nicht nothwendig der dem südlichen entgegengesetzte, son-
dern ebenso guyler westliche. 46) Mehreres berechtigt zu dieser An-
nahme. Die Wfftspitze zeigt weniger Trümmer von Menschenwerken; ihre
unregelmäszigeren Konturen waren der Anlage von Mauern nach gallischem
System ungünstiger (s. B. Gall. VII 23); ferner heis^t es VIl 36: cag-
tri» prope appidwn in monie positiSy wo freilich Kran er, man weisz nicht
warum 9 nnd ohne ein Wort zu sagen, in monle unterdrückt hat. Dies
deutet auf Lager noch auf dem Berge neben der Stadt, wie bei Alesia
VII 69. Auch weist Pazumot nur die ösiliche Hälfte des Plateaus der
eigentlichen Stadt zu.
IM li. A. FiscW: Ger^ovia. Zu Caesar B. G. VU »--^1.
einem Btrate^schen Versache ein« Die Heiler, die er lafjßieh das
Thal hinaufstreifen liesz, und die Ueberlaufer, die ihm siels zoflossen,
hatten ihn bald von allem unterrichtet. Grund genüge für die Gallier,
schlimmes zu fürchten, und für Yercingetorix, seine Landsleole in
Masse zur Anlage von Verschanzungen bei Opme zu beordern. Was
Caesar also unstreitig wirklich gethan hätte , wenn er stärker gewesen
wäre, that er jetzt nur zum Schein, um den Feind zu teuschen, von
dem er auf dieser Seite einen schwer zu bewältigenden Widerstand
erwarten durfte.
Der erste falsche Angriff, den er links gegen Chanonat und Opme
richtete, wird hieraus vollkommen klar.^^) Die Wirkung entsprach
auch vortrefflich Caesars Absicht. Die Gallier lassen sich berücken
durch die pomphaften Bewegungen, die sie von der Stadt aus wahr-
nehmen , und eilen mit ihrer Gesamtmacht die Position bei Opme zu
verstärken , wodurch ihre Lager bei Merdogne fast leer werden. Man
steht, diese Position ist ziemlich weit von der Stadt, und Caesar, der
Meisler im rechnen ist , ^^) hatte darauf etwas gebaut. Er läszt seine
Soldaten in dünnen Haufen mit verdeckten Abzeichen und Standarten
(wieder , um von der Stadt aus nicht bemerkt zu werden , VII 45, 7)
ins kleinere Lager hin überrücken, und führt vier Legionen zum Sturm
auf die feindlichen Lager , die sich unter der Stadt auf die Hälfte des
Abhangs erstreckten. Nach Caesars gemessenen fiefehlen sollten die
Legdien Sorge tragen, dasz ihre Leute nicht durch Kampfeshitze oder
Plünderungslust zu weit forlgerissen würden : oecamnis esse rem^ non
proelii: es sei ein günstiger Moment zu benutzen, nicht ein Treffen
zu liefern. Mit Blitzesschnelle ist der Thalweg, welcher Roche Blan-
che von Gergovia trennt, überflogen, leicht ist der flache südliche Ab-
hang bis zur Mille erstiegen. Hier erhob sich der 6' hohe Stctnwall,
der die gallischen Lager rund um den Berg umzog: wir haben den-
selben nach Maszgabe des Terrains — ut natura numtis ferebat (VII 46)
— in unsern Plan eingezeichnet; erweisbare Spuren davon gibt es
natürlich nichl. Auch er vermochte nicht das Ungestüm der Römer
zu hemmen, und drei Lager fielen als leichte Beute in ihre Hände.
Teutomatus, der König der Nitiobriger, vom Mittagsschlafe aufge-
47) S. oben bei der Bestimmung des groszen Lagers. Das collibus
circumvehi, latius vagari und longo circttUu easdem peiere regiones (VU 45)
konnte auch nur um das Plateau von Jussac stattfinden, dessen VeiästeluDg
vielfache Flanken und Hügelecken bot. Die Gallier musten wol in ganzen
Haufen an diesem Bergstock herumrennen^ alles zur Veriheidigung gegea
einen blinden Lärm, wurden aber gerade dadurch von der Stadt entfernt,
die sich wegen der Tiefe der zwischenliegenden SchluchtTiur auf Umwegen
erreichen liesz. Das schwärmen der römischen Reiter und Troszknechle
läszt sich um so weniger auf der östlichen Seite denken, weil hieher der
' deutlich unterschiedene Marsch der Haeduer gerichtet ward {ab dexiera
parte alio aacensu eodem tempore Haeduos ndtlU), 48) Er hat es z. B.
bei Alesia durch Besorgung seines Mundvorrats bewiesen (VII 74). Halte
Vercingetorix einen Tag länger ausgehalten , so war es statt seiner um
'*ar geschehen.
Mi A. Fischer: Oergovia. Zu Caesar B. 6. VII 35-^-51. It5
schreckt, entrisz sich mit M^e halbnackt und auf verwundetem Pferde
den Siegern.
Jetzt glaubt Caesar seine Absicht erreicht zu haben, läszt zum
Rückzug blasen, und die Feldzeichen derlOn Legion, mit der er sich
unterhalten hatte , bleiben fest ; ich lese VII 47 : legionisque decimae^
quacum erat conHonaius^ Signa constiiere,^^) Hiernach scheint es dasz
die lOe Legion gar nicht am Angriff Theil genommen hat, sondern
unter Caesars unmittelbarer Anfuhrung in Reserve geblieben ist. Denn
das Signal zum Rückzug ward von den andern nicht gehört, quod
salis magna väUis intercedebat (Wll 47). Dies ist die Thalklinge, die sich
über den Südabhang hinunterzieht und denselben so zu sagen in zwei
Hälften schneidet. Caesar stand diesseits derselben gegen die Höhe
von Jussac hin, und da er später noch vo r schreitet , so halle er bis-
her nicht gestürmt , sondern nur Positionen zur allseitigen Ueberschau
-und Leitung der Action gesucht.
Die ergreifenden Scenen bei Berennung der Stadtmauern lassen
wir in Caesars Berichte selbst nachlesen, da wir blosz das topographi-
sche behandeln. Auf dem Gürtelbande an der Südseite läszt sich gut
eine Aufstellung, dichter Pelotons denken , aus deren Mitte es einzelnen
gelingt durch wechselseitige Hilfe die Mauern zu erklimmen oder die
Thore einzuschlagen. ^) Nun kommt aber der Wendepunkt Geschrei
und häufige Botschaft dringt zu den entfernten , mit Schanzarbeit be-
schäftigten Galliern. Sie eüen herbei , und ihrer todesmutigen Ver-
zweiflung wie ihrer wachsenden Zahl glückt es, die mit äuszerster An-
strengung kämpfenden , aber schon durch des Tages Mühen erschöpf-
ten Römer zurückzuwerfen. Die vorausgeschickte Reiterei debou-
chierte von der schmalen Wasserscheide , die Jussac mit Gergovia
verbindet, auf die flachen Abhänge, die sich längs der südwestlichen
Schlucht hinziehen, und isolierte dadurch die auf der obern Platte be-
findlichen Pelotons. Das Fuszvolk stürzte von Westen in die Stadt
und auf die Mauern. Dort fiel L. Fabius , der erste der in Hoffnung
auf avaricensisehe Siegespreise die Mauern erstiegen hatte; dort
opferte sich M. Petronius mit einem an Winkelried erinnernden Hel-
denmate für die Rettung seiner Kampfbrüder.
Durch diese Katastrophe so wie durch den panischen Schrecken
bei Erscheinung der Haeduer auf der rechten Flanke war die Flucht
der Römer entschieden (VII 50). Der Marsch der Haeduer ist leicht
auf dem Terrain zu bestimmen. Caesar hatte sie zu gleicher Zeit, als
er auf der Roche Blanche das Zeichen zum Angriff gab, zu seiner
rechten mit Erwählung einer andern Steige abgehen lassen. Er hatt^
49) Die Aenderuog der Interpunclion in quacum ^rat, contionatus signa
constituit hat etwas sehr gezwungenes. Meine Lesait ist aus dem cod.
Par. 5764 nach Achaintre und Lemaire; vgl. c. 49 und 51. 50) Dieser
Beschreibung entspricht an vielen Punkten die geringe Erhebung der Kanten,
die auch das herabgleiten der Weiber (per manus demissae) faszlich macht.
Die Stadtmauern selbst waren niedrig.
IM M* A. Fischer : Gevfpovia. Zu Caesitr B. a VH 35*^dr.
c« geihwi ffumtir ditUnendae eansuj um den Galliern nock eine IHver^
sion zu geben ; sie giengen also gewis recht weit ab von den Rdmem,
und diese dachten wol nicht mehr an ihre Bandesgenossen. Die Hae-
duer hatten also den fieüehl gehabt auf der Ostseite anzugreifen; sie
moehten dort lange umhergezogen sein und, weil sie keine passeode
Gelegenheit zum Kampfe fanden oder auch keine finden woHten , einen
Weg zur Wiedervereinigung mit den Römern gesucht haben. So
bogen sie denn plötzlich um die Südostecke und erschienen auf dem
vorspringenden Plateau dicht unter dem Gürteibande. Wenn man anr
nimmt dasz die Positionen der Römer auf die Südseite des Gergovia
beschränkt waren ^0, so kann man sich den Eindruck vorstellen, den
das unvermutete hervortreten eines so beträchtlichen Heerkörpers gal-
lischer Bewaffnung hier machte. Es hatte ganz das Ansehen , als sei
ein Ausfall aus der Stadt geschehen und als solle die römische Macht
in der unbeschützten Flanke (ab latere nostris aperio) gepackt werden.
Auf der raschen Flucht nun mögen die Römer viele Verluste in den
«teilen Felshängen um Merdogne erlitten haben.
Ueberhaupt war das Terrain den Römern höchst ungünstig. Was
that nun Caesar um ihren Rückzug zu decken? Er läszt Cohorten der
ISn Legion, die im kleinen Lager geblieben war', unter T. Sextins aus-
rücken und gegen den rechten Flügel der Feinde am Fusze des Berges
Stand fassen. Dies war also am Eingange der Schlucht, die sich am
Südwesthang des Gergovia nach dem oft«rwähnten Joche hinaufisiehL
Caesar selbst war etwas vorgeschritten und bHeb mit seiner Legion
auf einem ebnern Terrain stehen, von wo er das ganze Schlachtfeld
überschaute und den verfolgenden Feind hemmte. Diese Stellung finr
det sich noch in den sanft abgedachten Kornfeldern westlich von
Merdogne. Eine Convexität des Abhanges, die auf dem Grundplane
hervorgehoben ist, gibt den Platz des Oberfeldherrn. Von hier reicht
der Blick, was wir aus Autopsie versichern, bis zur Ostspitze des Pla.-
teaus. Die Cohorten der ]3n Legion waren indes, unter Wahrung des
Anschlusses an die lOe Legion, noch weiter hinaufgerückt und setzten
eo der Flut der Feinde , die von dem obern Bergjoche her schwoll,
einen Damm. ^*) Ihre Flanke war hiebei durch die ticifie Schlucht auf
der linken geschützt, und ein Seltenangnff von dem steil abfallenden
51) Diese Annahme ist uncrlaszlich. Wenn man, wie Vial auf seinem
ßeblachtplane gethan hat, den Flügel der römischen Legionen auf die Ost^
f^iie ausdehnt, so läszt sich die Ueberraschoog beim erscheinen der Haedner
l^ar nldit erklären, abgeseho davon dasz dort gar keine Position für die
Römer war. Die Südseite hatte reichlich Raum für die Fronte von drei
Legionen , wie aus den nach Vegetius häufig geschehenen Berechnungen her-
vorgeht, vgl. Göier: die Kämpfe bei Dyrrhachium und Pharsalus (Karlsnihe
1854) S. 104. 52) Hier ist Vial nochmals zu berichtigen, der gegen
Caesars ausdrückliche Worte (ab dextro latere hostium, c. 49) rechts mit
links verwechselt hat. Auch hatte er die lOe Legion anfangs zu weit vor-
rüdien lassen und muste sie darum zur Einnahme der Schutzstellung zurück-
i&khen, statt dasz Caesar mit ihr noeh vorschreitet (ebd. : ipse patdwn ex eo
loco cum legione progressus, ubi consÜteFat , eventwn pugnae easpectabat)*
fi, A. Fischer: Gergovto. Zu Caesar B. G. Vffl d5^6|. 107
Plateau von Jussacaieht zu t)efte€h(en. So ward es iem $amUiqlien
Legionen möglich, sich unter ihrem Lager zu sammeln und den Feia-
den eine völlig hergestellte Schlachtordnung zu weisen.
So w^eit die Schlachtscenen am Gergo via , die der Ausdauer und
Beharrlichkeit der römischen Legionen so wie der tapfern Gegen wehf
der Gallier zum unvergänglichen. Denkmal dienen, ^) Die genaup
Uebcreinstimmung der Oertlichkeit mit Caesars Bericht wird jedoch
den Beweis, von der Identität des jetzigen Gergoyia und der allen
Bergfeste der Arverner vollendet haben.
IV,
Caesar hatte eingesehen dasz ein längerer Aufenthalt um Gergp-
via unmöglich sei; er hatte sich also mit dem Gedanken des Abzugs
vertraut gemacht. Dennoch steht ein Caesar von keinem Unternehmen
ab , ohne alles was Genie, und Berechnung eingeben erschöpft zu ha-
ben. War es ihm um eine blosze Demonstration zu thun oder trug «er
sich mit der Hoffnung die Stadt durch Ueberrumpelung zu gewinnen,
und setzte er darum noch den Reichthum seiner Feidherrngaben an
einen letzten Versuch, ehe der Aufbruch eine Nothwendigkeit. ward?
Man vergegenwärtige sich nochmals die Klugheit, die Umsicht, die
Feinheil, die Genialität seiner Disposhiojien : ein Scheinangriff* mit
groszer Ostentation gegen einen entfernten Punkt, dessen strategische
Wichtigkeit beiden The ilen gleich be wüst war; eine zweite den Hae-
duern aufgetragene Diversion ; sein Vertrauen in den erprobten Eifer,
in die Schnelligkeit seiner Soldaten , die trotz aller Belastung in einem
Nu die Berghänge hinauf stürmten , die steileren Absätze erklommen,
und denen die. 1200 Schritte bis zu den Zinnen der ^tadt keine Ent-
fernung schienen. Ein kleines schrecken oder necken der Feinde war
ein zu unbedeutender Preis für die groszarligen Anstalten. Waren die
Römer, auch nur in einzelnen Pelotons, in die Stadt eingedrnngen,
ehe die feindliche Hauptmacht zurückkehrte , so war ein viel grösze-
rer, ein den ganzen Krieg umgestaltender Zweck erreicht. Die Ein-
wohner entflohen bereits nach allen Seilen: mit ein paar Minuten
Vorsprung waren die Römer Herren der Stadt und niqht mehr hinaus-
zuschlagen. Und dieser Streich konnte gelingen : Caesar hatte wol
daran gedacht.
Dennoch hat Caesar, als seine Soldaten die Stadtmauer schon
berannten , zum Rückzug blasen lassen (VII 47 : receptui cani iussit)^
und gesetzt auch dasz er uns seine wahre Absicht verhüllte, so konnte
53) Die nationale That ist durch Romane und Epopoeen verherlicht
worden. Eine der neusten Erscheinungen dieser Art ist: L'Arvernade, oii
la defense de Gergovia> poeme heroique de RouchiÄr, ancieü avöcat pre» la
cour imperiale de Paris, 1853: eine Prosa in Chaieaubriands Manier., mit
Wald- und Nachtstücken, Erkenuungsscenen, Heroinen, verkleideten Genien,
Armeekatalogen, Racheschwüren, Iphigeniens - Opfern und bunt aus allen
Zeitaltern und Völkern zusammengewürfelten Namen.
13**
liJ8 M. A. Fischer: Cergovia. Äu Caesar B. G. Vlfl 36— 5t-
er doch ein solches Factam nicht trftgti^^ erfinden.* Mit dem Rückzugs-
signal hat es allerdings seine Richtigkeit, aber wie Ist es m erklaren ? |
Nach Caesars Berechnung kam alles daranf an, dasz die Sl^dl ohne^=
SchwcTlslreich besetzt werde; dahin giengen die gründlichen Inslruc-r~"
Honen, die er vorher seinen Legaten ertheilt halle: accaskms esse rmi
non proeHL Gelang nichts vor der Rückkehr der Feinde , so durfte^
•man sich nicht der Gefahr einer Schlappe auf diesem ungünstigen letf
Tain aussetzen. Auf dieser Spitze standen Caesars Operationen. Grand
genug für ihn, sich mit seiner lOn Legion an einem wolgewählteiP^^
Platze auf der Lauer zu halten. Er gab also das Zeichen zum Rückf^
zuge, sobald er die ersten feindlichen Reiter über den bekannten Ver
bindungsrücken auf die Seitenhänge debouchieren sah. Waren nui
seine Soldaten schon in der Stadt, so konnte er noch dem feindVichej
Seitenangriff begegnen. Dies stand in der Beürtheilung der ol)el
commandierenden Legaten, die dem Oberfeldherrn durch ein anderej
verabredetes Zeichen halten antworten müssen. Durch irgend eü
Misverständnis sind demnach seine Befehle falsch ausgeführt worden
Caesar aber, der seinen Ruf so gut wie die Empfindungen seiner :
daten und Unterbefehlshaber zu schonen hatte, mochte es vorzieh^
uns die DarsteUung zu geben, die wir jetzt in seinen CommentariJ
lesfin. I
Diese Ansicht hatte sich uns bereits aus der Vergleichung d{
Orts und der erzähüen Umstände festgestellt, als wir in der Sehr
des Hm. Merimee gleichfalls den Gedanken, es könne Caesar
wirkliche Erstürmung der Stadt im Sinne getragen haben, **)
deutet , aber nicht weiter entwickelt fanden. Wir glauben durch un^
Ausfuhrung die Sache ins Licht gesetzt und damit ein interessanf^^
historisches Factum erbeutet zu haben.
54) S. 326: «Gesar pr^tend que son but se bornait a la surprise
camp. Ce premier succes obtenu, il fit, dit-il, sonner la retrai(e, r
peui-etre veut-il excuser le mauyats succes de ses armes dans cetie joui
et la tönieritä de son entreprise qui n'allait ä rien moins qu'& pren^e '
govie d'assatti.'
Clermont-Ferrand. Moodmilian Achilles Fischer. ^M
Der beigefügte Grnndplan ist nach dem officiellen , nicht im B^/^'ü)^^^^
handel ticfindlichen Atlas des Poy-de-Dome-Departements gezeichnet | #
an Ort und Stelle durchgesehen worden.
4.
Beiträge zur griechischen Zeitrechnung.
Da das Olympiadenjahr um die Sonnenwende beg^ann , also aus
(ungleichen) Hälften verschiedener, im Winter oder im Frühling an-
hebender Jahre bestand , so blieb es sich in der Sache gleich, ob man
sich gewöhnte das griechische Jahr nach seiner ersten Hälfte dem
höheren oder nach seiner zweiten Hälfte dem niederen gleichzusetzen ;
wüns<^endwerth war nur , dasz man der einen oder der andern Weise
treu blieb. Der Grieche, welcher sein Jahr Hälfte für Hälfte wieder-
gab in römischen Jahreshälften, gelangte dazu das Olympiadenjahr
dem höheren römischen gleichzusetzen, so wie wir , wo Genauigkeit
nicht erforderlich oder unepreichbar ist, das höhere Jahr der christ-
lichen Aera mit dem griechischen identificieren. Ist also z. B, OK 7,
2 = 1/2 ab urbe eondita = 751/0 vor Chr. , so gilt Ol. 7 , 2 für das
erste Jahr der Stadt und für das 731e v. Chr. ; dasz Ol. 7 , 2 erst im
2n Jahre Roms und im 760n v. Chr. schlieszl, bleibt dabei unbeachtet
oder wird als selbstverständlich angenommen. Ebenso Ol. 62, 1 =
220 auf 221 ab urbe == 532 auf 531 v. Chr. wird nach griechischem
Standpunkt als das Jahr 220 d. St., nach unserem als 532 v. Chr.
grelten.; und Ol. 98, 2 beginnend 365, endend 366 ab urbe, wird als
365 gerechnet, wie auch wir Ol. 98, 2 dem J. v. Chr. 387 gleich-
setzen, dem höheren in welchem* OL 98, 2 beginnt, nicht aber dem
J. 386, dem niederen in welchem Ol. 98, 2 schlieszt. Wer aber als
Römer von Jahren der Stadt ausgieng , kam zu Ansätzen welche um
1 von den erwähnten griechischen zu differieren schienen, in Wahr-
heit aber , nur von einem anderen Standpunkte , dasselbe sagten. Be-
Irachten wir in diesem Sinne die drei obigen Beispiele, so ergibt sich
folgendes. Das J. 1 der Stadt begann Ol. 7, 1 und endete Ol. 7, 2,
•rar also dem römisch rechnenden = Ol. 7 , 1 ; ebenso 220 ab urbe,
mfangend Ol. 61, 4 und schlieszend 62, 1, ward ='61, 4; endlich
(66 ab urbe, anfangend 98, 1, schlieszend 98, 2, ward = 98, 1.
Polybios rechnet als Grieche und drückt das J. 1 ab urbe aus durch
)1. 7, 2.*) Dionysios, der von Jahren der Stadt ausgeht und wie
1) Niebufar bemerkt R. G. I S. 282, Polybios vergleiche die Olympiar
en mit römischen Jahren überhaupt in der Art , dasz das griechische Jahr
em schon begonnenen der Stadt glekh gerechnet werde.
14*
202 A. Mommsen: Beiträge zur griechischen Zeitrechnung.
ein Römer rechnet*), setzt das J. 1 der Stadt auf Ol. 7, 1. Cicero, der
sich gern dem Polybios anschLosz (de re p. II 14 von Numas Regie-
rung : sequamur enim potissimum Polybium nosirum , quo nemo ftni in
exquurendis iemporibus düigentior; ebd. II 10 nam si, id quod Graeco-
rum mvesHgatur annalüms, Roma condiia est secundo anno Oh/mpiadis
sepHmae etc. — d. h. in dem polybianischen Jahre) , rechnet wie die
Griechen, wenn nach seinen Angaben ebd. II 15 das Anfangsjahr des
Tarquinius Superbus auf Ol. 62, 1 kommt Er widerlögt dort den Ir-
thum über das Zeitverhäitnis des Pythagoras und Numa und nimmt
wol seine Daten aus griechischen Chronographien. OL 62 , 1 = ab
urbe 220/1 ist 220, wenn man vom Olympiadenjahr ausgeht. Dio-
nysios dagegen hat den römischen Standpunkt, wenn er nicht 62, 1
sondern 61, 4 angibt, sofern im letzteren Jahr das betreifende römische
(220) begann. Ebenso ist über den dritten Ansatz zu urtheilen , wel-
cher die Einnahme der Stadt durch die Gallier betrifft. Polybios gibt
Ol. 98, 2 an := 365/6, um 565 ab urbe auszudrücken, während Dio-
nysios 365 ab urbe = Ol. 98, 1/2 mit 98, 1 bezeichnet.
Den Griechen Dionysios sehen wir also in der Chronologie auf
römischem Standpunkt. Vielleicht hat er , eben wegen dieser Abwei-
chung von der Gewohnheit seiner Landsleute, es für nötlug gehalten
eigens von der Ausgleichung römischer und griechischer Zeitrechnang
zu handeln , I 74 p. 108 T. : on di eiaiv jot »avoveg vyistg olg !E^«iro^
C&hnjg üixqvitM nal nmg av xtg ajtiv^vot tovg *Pm^U^ XQovovg
seqog tovg EKKrjviowvg iv hiqia isöiqXmxal fAOi Xoyto, In der alexan^
drinischen Zeitrechnung zeigt sich der römische Standpunkt in*ähn-
licher Weise. Bei den Alexandrinern fiel das Nevyahr Ende August;
das alexandrinische Jahr also entsprach wie das griechische den Hälf-
ten zweier verschiedener römischer Jahre. Dasz aber die Alexandri-
ner ihr Jahr mit demjenigen römischen paralletislerten , dessen Anfang
in jenes fiel , zeigt das von Ideler Handbuch der Chron. I S. 142 ang^e-
zogene Fragment des Kaisers HeracUus , aus welchem zu ergehen ist
dasz sie dasjenige Jahr zum Schaltjahr machten , in dessen Mitte ein
julianisches Schaltjahr begann. Sei also B ein juiianisches Schaltjahr,
2) Er setzt das Consalat des Tl. Claudius Nero 11 und des Cn. Calpomios
Piso xara r^v xqCxriv inl zaCg hsvfjTtovta oXvfinidffiv I 3 p. 9 Taachnitz.
Er nennt nur die 193e Olympiade, womit das erste Jahr dd^elben gemeint
ist, wie bei Diogenes Laertios fdr Platons Geburtsjahr Ol. 88 nach dem
Apollodor gegeben and Ol. 88, 1 verstanden wird (s. bei Clinton zu Ol.
87, 4). Jene Consuln sind die des Jahres 7 v. Chr. oder ab urbe 745
nach Cato, dem Dionysios folgt. Nun aber ist Ol. 193 = v. Chr. 8/7 =
ab urbe 746/7 nach Varro, oder 744/5 nach Cato. Indem also Dionysios
745 Jahre bis aaf. jenes Consulat zählt, setzt er dem griechischen Jahre
das niedere römische gleich. Unter der Voraussetzung nun, dasz Dtony*
sios diese einmal angewandte Regel der Gleichstellung allemal anwandte,
folgt alleidings * dasz er das rom. Jahr immer mit. d^m olympischen zusam-
menstellte, in welchem jenes begann' (Fischer und Soetbeer griech. Zeitt. S.
7). Zun&chst indessen ist es ein einzelner Fall , ein Beispiel welches durch
mehrere Beispiele bestätigt werden mnsz and freilich auch bestätigt wird
.A. Mommseh: Beiträge zur griechischen Zeitrechnung. 203
a und X + 1 öle dasselbe wiedergebenden Jahre der Alexandriner»
so war B =» x/x + 1 > ("an idenüficierte B und x , so dasz dies
letztere, 'das vor dem römischen Schalljahr' hergehende') alexan-
drinische Jahr zum Schaltjahr wurde ^).
Es lassen sieh die verschiedenen Gesichtspunkte der Gleichstel-
lung in folgender Weise merken. Ist das römische Jahr r , das vor-
hergehende r — I9 fi aber das griechische und (J^+ 1 das folgende,
so ist in Wahrheit r £= (i/fn + 1 und ft = r — l/r; dem Römer gilt
r = fft, dem Griechen s=: fi + 1; wozu man für den Fall dasz es sich
um ein vorliegendes griechisches Jahr handelt der Vollständigkeit
wegen hinzufügen kann, dasz auch umgekehrt dem Römer (i^=r,
dem Griechen === r •^— X sei.
Nach diesen Bemerkungen über die Gleichsetzung des griechi-
^hen und römischen Jahres überhaupt wird die besondere Frage zu
untersuchen sein , welchem römischen oder christlichen Jahre wir das
griechische Jahr der Einnahme Trojas gleichzusetzen haben. Denn
die Ansichten der neueren Forscher differieren hier um 1; Ideier
nunmt das höhere, Fischer in den Zeiltafeln das niedere Jahr an , so
dasz die in unsere Zeitrechnung übertragene Aera des Eratosthenes
damit um 1 Jahr entweder länger oder kürzer wird. Eralosthenes *)
rechnet von Trojas Einnahme bis zur Rückkehr der Herakliden 80
Jahre weiter bis zur ColonisaUon von lonien 60, dann bis zurEpitro-
pie Lykurgs 159, endlich bis zum Jahr vor den ersten olympischen
Spielen 106 9 also im ganzen für die Zeit zwischen Trojas Fall und der
ersten Olympiade 407 Jahre. Die letzte Ansetzung des Eratosthenes
4autet: hcl 6h n(f<n]yav(isvov itog rmv Ttqmtiy» okviiittav srti incetov
oxTc», welche Worte von Ideler u- a. so gedeutet werden, ^dasz jenes
pg^foijyoviuvou ixog in den 407 Jahren nicht mitbegriffen, also bis auf
Ol. 1, 1 in Wahrheit 408 Jahre verlaufen, mithin Trojas Fall ein Jahr
höher, nemlich 1184 v. Chr. anzusetzen sei. Dasz aber das TtqofiyoV'
(levov irog mitgezählt ist in den 407 Jahren, hat Fischer dargethan.
Er weist nach dasz Eratosthenes den terminus ad quem auch in den
anderen Perioden mitzähle; dasz, wenn die Gegner seiner Ansicht
Recht hatten , das nqorjyvv^vov hog überall in der Gesamlrechnung
des Eratosthenes fehlen würde ; dasz von Lykurgs und Iphitos erster
Einsetzung der Olympien bis auf den Sieg des K(ffoebos auch sonst
3) Dasz das alexandrinische Schaltjahr dem römischen nur seiner einen
Hälfte nach vorhergieng, hindert nicht die Sache so aufzufassen, weil ja
ein hälftenweises zusammenfallen des rom. und alexandr. Jahres überall und
iaimer stattfand und hier nur das höhere Jahr von dem niedern sollte ge-
schieden werden. 4) Man kann auch heranziehen dasz als erstes Jahr
eines römischen Kaisers dasjenige aegyptische gerechnet wird, in dessen
Verlauf der Regierungsantritt erfolgt, selbst wenn dieser nur wenige Tage
vor dem aegyptischen Neujahr (Ende August) fällt; s. Ideler I S. 146. Das
ist eine Setzung römischer Knechte. 5) Die wichtige Stelle aus Clemens
Alex. Strom. I p. 336 B ed. Colon, griechisch bei Fischer Zeittafeln S. 4,
übersetzt bei Ideler I 6. 373.
S04 A. Mommsen: Beiträge zur grieebischai ZtÜMwiammg.
27 Olympiaden gezählt wurden, also 108 niehi 109 Jabre. ^ Und ge-
wis wurde . die Nennung der ersten Olympiade selbst vennieden^, da-
mit nicht etwa diese mitgezahlt werde, das Jahr vor Ol. 1, 1 aket
eben der mitzuzählende terminus ad quem sei. Dennoch aber irrt
Fischer in seinem Resultate und hatten die von ihm bekao^ften For-
scher Recht, wenn sie Trojas Fall höher axisetzten; nur musten lets-
tcre ihre Ansetzung anders begründen , was zu zeigen ist.
Dionysios I 63 sagt:''I^tov iJthv ycLff ^iUo vekewmpvog i^&gi xov Oi*
(fOVSy bttaKcUdsita TtQoreQOv rniigcctg tilg ^eQiv^gtiftm^, oydon q)&i-
vovxog (iTivog ^agyriXimvog ^ ag A&fjvauii xovg '%if6vovg ayov6h
TCeQirral da ^<Tav a[ xov ivwvxov ixsivov ixjtkriQOViSai, fiera xiiv t^
nipf etnotSi fi^ti^ai. Iv dri xaig htxa xal T^Mxxovta xtdg ajso vqg
aXoidsmg ÖMyevofiivaig xa xe neql xr^v nohv c^Ofur» Stoixi^ifaö^iu
zoig ^Axamfg xai • . .* xm 6^ i^tjg huj tt^cotco 61 ^uta ri^v altaatp
mQl T^v (levonoüQiviiv lai^fisglav ägccvxBg ol Tgasg i» x^g yt^g vB^OBr-
ovvxai xov^Ellrionovxovy und so rechnet er auch das zweite Jahr nach
atiischem Kalender vor. £s fand ihm also Trojas Fall 37 Tage vor dem
Schlusz eines attischen Schaltjahrs statt; auf ein Schaltjahr fähren die
Angaben bei dem um die Zeit der Sonnenwende fallenden griechischen
Neujahr. War der 8e Thargelion vom Ende der I7e Tag vor der
Wende, so zählte das von dem Schriftsteller gemeinte Jahr etwa drei
Wochen mehr als unser tropisches , war also ein dreizehnmonatliehes
lunarisches Schaltjahr. Die erwähnten 37 Tage nun werden nach
Dionysios mit Nebendingen verbracht , indem das Jahr der Einnahme
Trojas selbst nicht mit zur Aera gehört. Erst das folgende Jahr ist
J. 1 nach Troja, nqmog luxcc r^v akoHSiv. Dieses aber musz das 407e
von dem TtQOfiyoviievov Srog xmv agaroav okv^iUtav als dem ersten
aufwärts gezählt sein , wenn anders doch Dionysios gewis hier dem
Eratosthenes folgte. Man hat da folgende Vergleichung:
vor Ol. 1, 1
407
406
vor Rom
433
Das 407e vorolympiadisehe Jahr ist 1184/% v. Chr. s=. 438/2 vor Rom.
Nach römischer Gleichstellungsweise nun, welcher Dionysios folgt, ist
432 vor Rom = vorolympiadisch 407/6, d. h. 407; so wird das 407e
vor Ol. 1,1== 1183 V. Chr. J. 1 nach Troja also, regelrecht = 432
vor Rom , gibt auch 432 post Troiam captam identisch mit dem Jahre
vor Gründungjder^ Sladt. Da nun letztere nolhwendig in. einem zeit-
losen Momente, als bloszer Anfangspunkt der römischen Aera, nicht
aber als Factum hier gedacht wurdet), so war mit dem Schlusz dieses
r*^ 6) Diese Auffassung ist im Einklang mit der bei Dionysios erwfibnteD
Weglassung des troischen Eroberungsjahres selbst in der Aera. Die Ein-
nahme Trojas galt hier eben auch nur als zeitloser PufilU des Anfangs einer
A. MoRfthseh : BifHi^ tur^^tieddBth^n Zieitreefahunlr. 4!05
4a&n Jahres *örti. 2ählüngpbereies'die8erAnfang«punlrt erficht. Und
so het«zt efs denn hWdti bei Dionysfos I 74, Gato bestimmre die helle-
nrsehe Zelt Aicht fftr die Grftndun^ Roms , er setze dieselbe Ar6(r» iißül
Tucl tQtaKOvvde ymX tsvqetHiHSlo^ vcxsqwcav tmv 'lAmx(3i/. Wenn Dio«
nysios nun^ der demselben Ansalze folgt, an anderen Stellen. (s. bei
Fischer) nieht Roms Gründung 432 Jahr nach Troja ansetzt, sondern
im 432n, so kann man sagen, es gehöre von der Gründung als zeit^
loser Grenze in der Z&hlung ab ürbe condita dem 482n wie dem 433n
Jahre gleich viel tind gleich wenig an.*)
Wer hingegen, wie die neueren, für das griechische Anfangs*
jähr der troischen Aera das höhere der christlichen Zeitrechnung setzt;
witd erst mit dem 433n Jahre bis an die urbs condita gelangen , oder
vrenn er die überlieferte Zahl 432 festhält, auch Rom ein Jahr höher
ansetzen. Ja wenn er auszerdem noch das Jahr der troischen Ein-
nahme selber schon als das ertte eratosthenische nimmt, wird er zwei
Jahre höher hinaufkommen mit jedem olympiadischen Jahre, also z. H.
mit OK 1, 1 nach 778 v. Chr., mit dem Gründungsjahr der Stadt nach
753 V. Chr. Es ist auch' wirklich so gerechnet worden; Aufklä-
rung weshalb man so rechnete ist nicht leicht zu geben. Wenn Eu-
sebios und andere spätere die Olympiadenjahre immer um 2 Jahr^ft
hoher ansetzen, so haben sie, glaubt Ideler II S. 4i57^ nach dem Vor-
gang des Julius Africanus irgend eine Olympiade um ein Jahr verkürzt
und so die Epoche der Olympiadenaera um ein Jahr, oder mit Bezug
auf den Jahresanfang der Syrer um fast zwei Jahre weiter als Eratos-
thenes zurückgeschoben. Basz bei verschiedener Gleichsetzung zweier
Chronologien, in denen das Neujahr nicht congruiert, die Differenz
eines Jahres entstehen kann und Ideler also über das eine Jahr richtig
geurlhetU habe, scheint unleugbar, wenn auch nun noch zu frageh
gestattet ist, ob die gleichsetzenden sich syrischer Jahre bedient ha-
ben. Wie aber ist es mit dem zwdten Jahr, mit der Verkürzung
irgend einer Olympiade um I? Sollte da nicht anzunehmen sein,
jene christlichen Chronologen hätten das Jahr von Troia capla sel-
ber schon als das erste der Aera post Troiam gerechnet, während
nach des Dionysios (d. h. doch gewis des Eratostiienes) Auffassung
dasselbe eher l ante Troiam captam heiszen konnte, in Wahrheit aber
gleichsam aus der Zeit und Geschichtsaera ausgewiesen war ? Man
wird auch die Analogie von J. 1 post Christum heranziehen können
für die kirchlichen Scribenten. Es hat also Eratosthenes seine troische
Aera angefangen in dem v. Chr. 1184 beginnenden und 1183 schlieszen-
den griechischen Jahre und den Fall Trojas in das Jahr vorher ge-
geordneteii Chronographie. Zugleich hatte dies das bequeme, dasz man bei
Rednctionen nicht zu addieren brauchte , wie wir z. B. die römischen Jahre
nicht von 753 sondern von 753 + 1 subtrahieren müssen um das christliehe
Jahr zu linden. Emtostheaes ersparte dies und tbeoretisoher war es auch.
Die Chronologie kennt nur ante und post, mit dem breiten Factum selber
kauDsie nichts machen. 7) Das hat vielleicht auch eine sprachliche Seitfr.
Ute AHen brauchen Ihre Ordinalien ofk da , wo uns die Cardlnalzahlea weit
306 J^MoouMearBeiMeeBiirgrieduadinZaitvecl^^
setzt, in 1186/4. Es steht diese Aasetzwig la einem Beso^ zu 4er
Epoche des AstroDomen KalMppoSy der den 19 jährigen Gyelos Me-
tons verbesserte, und hierauf mössen ym jetzt unsere AuCmerksem-
keit wenden.
Zuerst aber musz die Meinung (s. bei Fischer griech. Zeitt. S. 7)
zurückgewiesen werden, als habe Dionysios 1 69 seine Angabe, Troja
sei in einem Schaltjahr erobert worden, selber auf eigne Gefahr be«
rechnend einen Fehler gemacht; diese unwillkommene Annahme
zeigt nur die Verlegenheit des Erklarers, Es wird dem Dionysios
zugemutet, er habe von der altmetonischen Epoche OL 87, 1 = v.
Chr. 43^1, dem Jahr des Apseudes, ausgehend r&ckwärts gezählt*)
und so das 8e Jahr des 34n Cydos v. Chr. ll8fi/4 als Schaltjahr ge-
funden, während doch, meint Fischer, die übrigen Angaben 1184/^
ergeben, so dasz Dionysios sich selber widerspricht Letzteres ist
vorhin beseitigt; aber auch erstere Zumutung beruht auf unhaltbaren
Voraussetzungen. Wiewol nemlich Eratosthenes und Dionysios den
Fall Trojas auf 1185/4 und den Anfang d^ Aera auf 118^, mithin
für die Römer auf das spätere Jahr (1183) setzten, sich folglich kei-
neswegs mit der Angabe eines Schaltjahres widersprächen, wenn das
gemeinte 8e altmetonische (1185/4) wirklich ein dreizehnmonatliches
war: so wird es sich zeigen, dasz diese Ansicht doch einerseits einen
Fehler, anderseits eine Unwahrscheinlichkeit zur Praemisse haC Der
Fehler ist, dasz das 8e altmetonische Jahr dreizehnmonatlich gewe-
sen bei Meton; Dodwells und Idelers Construction des meton'ischen
Cyclus gibt allerdings das 8e Jahr als Schaltjahr, allein es wird sich
erweisen lassen dasz diese Construction nicht die metonische war,
indem sie mit den urkundlich bekannten Gemeinjahren und Schaltjah-
ren nicht übereinstimmt« Die andere Praemisse ist eine Unwahr-
scheinlichkeit, nemlich folgende« Wenn in einer so aufgeklarten Zeit,
wie die war welcher Kallippos angehörte, der Zeit des Aristoteles und
Alezander, ein Astronom den Cyclus des Meton verbesserte, den mit
Recht berühmtesten des Aiterthums , so nahmen sowol die.gleichzei-
tigen als auch die nachlebenden Koryphaeen der Wissenschaft , Män-
ner wie Eratosthenes — um dessen Aera handelt es sich doch hier —
ohne allen Zweifel Kenntnis von solcher Verbesserung und verharrten
nicht mutwillig in Irlhümern. Von den Epigonen ist dies fast noch
weniger denkbar, namentlich von einem wissenschaftlichen Kenner
4er Chronologie, wie Dionysios von Haükarnass war, der gerade so
gut wie Ptolemaeos die Periode des Kallippos brauchen muste. Ge-
wis aber ist Eratosthenes (gestorben v. Chr. 196 oder 194) damit vor-
angegangen die von Kallippos gemachte Verbesserung anzuwenden,
so dasz Dionysios nicht erst nöthig hatte das Schaltjahr^) für Trojas
näher zu liegen scheinen. . 8) So lehite Boeckh im Corpns Inscr. Gr. und
auch jetzt noch vertritt er diese Meinung, s. zur Gesch. der Mondcyden d.
Hell. S. 30. Der Gedanke ist Tortrefilidi; ob aber zur Ausführung der all-
metonisobe Cyclus das richtige Werkseug war, f^ sieh. 0) Was daa
A» MonattBeA : B^lrftge zur gfrieehtsehen Z^treehniing. 907
Itetergang selbst attsziireehneii^^). Jedenfalls wird mdit ^e Frage
setiiy -wie des IHonysios Ansätze zum ailmetonisoiien Gyclos stehn,
sond^n , zuvörderst wenigstens , wird mait jene Unwahrscheinlichkeit
ablehnend erwägen müssen, wie die Datierungen des Dionysios sich
verMIten zum neumetonischen d. h« dem von KaUippos verbesserten
Cycltts.
Wer sich nun die Mühe nimmt von dem Ol. 112 , 3 = v. Chr.
aao/S9 anzusetzenden Epochenjahre des KaUippos (Ideier I S. 344)
rückwärts zu rechnen, wird sieh bald belohnt finden. Ist er nemlich
eilf ganze und eine Yiertelperiode d. h. 45 neumetonische Gyclen auf-
wärts gegangen, so steht er auf dem Jahre von Trojas Fall 1185/4,
hat also dieses gefunden als ein neumetoniscfaes Epochenjahr. Man
reehnete auch nach KaUippos Verbesserung ohne Zweifel nach En-
neakaidekaeteriden ; daran war man schon gewöhnt , und die Para-
pegmen, wenn auch auf 76 lautend, mochten in 4 Columnen zerfal-
len. Hat man das Geschäft der Rückwärtsberechnung von 330 voU-
Zogen und sich eine TabeUe entworfen, in der sämtliche neumeto-
nische Epochenjahre der geschichtlichen Zeit verzeichnet sind , so ist
man im Stande jede Ansetzung irgend eines Autors in ihrem Verhält*
nis zum Gyclus zu controlieren und zu bemerken ob auch sonst für
epochemachende Ereigfnisse, die durch Rechnung bestimmt werden
mochten, neumetonische Anfangsjahre gewählt sind. Da fallen denn
für Roms Gründung zunächst die merkwürdigen Ansätze des Fabius
und Gtncius auf. Fabius setzte naüh Dionysios die Gründung Ol. 8, 1
== v.^hr. 748/7 und Cincius OL 12, 4 == v. Chr. 729/8, welche Data
jene Historiker nach Niebuhrs Ansicht auf besonderem Wege ausmit-
telten'O- Ueber den Ansatz des Fabius stelUe Friedrich Lachmann
Datum betrifft, so müssen wir vielleicbt, den 25ii Juni d. h. den Sommer-
wendetag zur Zeit des Dionysios zu Grande legend, diesen selbst rechnen
lassen. Aber die Sache läszt sich auch anders nehmen (s. gegen Ende die-
ser Abb.). 10) Niemand der weisz dasz KaUippos Periode die vierfache
meionische ist mit einer geringen Correction, wird Anstosz daran nehmen
dasz man auch nach KaUippos noch' immer vom [groszen] Jahre Metons
^rach (Gic. ad Att. XII 3 : guando iste MeUmU annus vemeif vgl. bei Red-
lich Meton S. 37 N. 42; es war sprichwörtlich). Eine Verbesserung und
ein Epochentausch ändert das Wesen einer Moudperiode noch nicht , es war
und blieb Metons Arbeit. Nur könnte man zweifeln ob das Sprichwort nicht
statt 19 vielmehr 76 Jahre meine, wie solche Sprichwörter denn wol eine
Hyperbel zu enthalten pflegen. Neunzehn Jahre genügen kaum , wenn man
flieh des Ausdrucks sexcenü neben rnüle erinnert. Das terentianische dum
parantur dum comuntur anrnts est gehört nicht hierher, weil dergleichen
nothwendig relativ ist ; im Verhältnis zu dem Viertelstündchen , welches der
ungednidige Mann seiner Dame zum^ putzen bewilligt , ist ein Jahr ganz
von gleicher Hyperbolisierung wie- bei andern Dingen 76 oder 600. 11) R.
G. I S. 281. 29d f.: Fabius habe von Ol. 98, 1, dem gallischen Erobe-
mngsjahr, 360 Jahre zurückgerechnet; weit künstlicher der zeitreehnungs-
kündige Ciueius. Die von den pontiüces bis Tarquinius Prisous angesetz-
ten 132 Jahre habe dieser als romuHsche auf 110 zwölfmonatliche reduciert
und die Differenz von dem polybianischen Gründungsjahr abgezogen (751/0
906 A. Mominsea: BtiMge zur gnediifditfn:
eine im Prindp äfanfiefae Meinimg auf.**) VIetteielit indes wird nfan«-
eher sckon dabei aufinerksam werden dasz CineiVB dk Gründung ge-
rade um eine volle Enneakaidekadteris später setzt alsTalnas Pictor.
Bin Blick nnn in solche Tafeki^ wie sie oben verlangt wurden, wird
ihm zeigen dasz beide Ansätze Roms Gründung auf nenmetonische
Epochenjahre bringen, also in einer merkwürdigen Analogie mit dem
Ansatz von Trojas Fall stehn. Es mag sein dasz Fabius und nament-
lich der kundige Cincius diese Setzung des Grfindungsjahres jeder auf
seine Weise , an die gallische Einnahme sie anlehnend oder wegen
des zehnmonatlidien Jahres sie tiefer hinabrückend, berechneten ; die
Uebereinsümmung der Data jedoch (1185/4 Trojas Fall ; 747 fabianisches
Gründungsjahr der Stadt; 738 cincianisches Grftndungsjahr) als neu-
metoniischer Epochenjahre scheint beabsichtigt zu 6ein. Man liesz
Rom um eine bestimmte Anzahl neumetonischer Cyclen nach Troja
gegründet sein (nach Fabius 23 Cyclen später, nach Cincius 24), und
wenn solche Rechnungen wie Niebuhr sie vermutet je* angestellt
word^ sind, so geschah es um der chronographischen Absichtlich-
keit *ein historisches Kleid anzuziehn. So wie Eratosthenes das epo-
chemachende Ereignis der troischen Eroberung auf eine chronolo^sche
Epoche gebracht hatte, ebenso wünschte man das epochemachende
Ereignis der römischen Gründung auf eine solche zu bringen. ^')
Es läszt sich dieser Absichtlichkeit auch noch weiter auf die Spur
kommen, wenn anders anzunehmen steht dasz Fabius und Cincius die
Zeitfolge der ersten römischen Könige ähnlich der uns sonst überlie-
— 22 = 729/8 = Ol. 12, 4); es scheine dasz Cincias die Stiftung Roms
in Bezug auf eine andere Aera habe bestimmen wollen. (Dieser letztere
Gedanke kommt der gleich vorzutragenden Ansicht als ein befreundeter
entgegen.) 12) de fontibus bist. T. Livii (Gott. 1822) l § 16: die Au-
setftUttg des Fabius sei uralt (antiqüissima), denn damaeh fieira die Sae-
enlarspieie nicht wie in der eatonischen Aera auf die Jahre 305, 505 usw.,
sondern wirklich auf die hundertsten Jahre, weil das catonische Oründungs-
jahr etwa 5 Jahre (quinque fere annis) von dem fabianischen differiere. —
Die Differenz beträgt nur 4 (751 — 4 «s 747 c=3 Ol. 8, 1), die Spiele kommen
also nach Fabius Rechnung auf die Jahre 301, 501, 601 und waren so dem
vöHigea Abschiusz des verwichenen Saeoulum gleich gefolgt im ersten Jahr
des neuen, und zwar ihrem Sinne ganz gemäsz nicht im Endjahre. Aber
die ersten Saecularspiele gefeiert nach dem regifugium (Valerius Antias bei
Censorinus 17) fügen sich nicht in diese Hypothese. 13) Censorinus 17:
in qtä8 (ritualibus Etruscorum lihris) scriptum esse fertury iniäa sie pom
saecularum, quo die urbes aique bivitaies constituerentur. Weiter folgt, der
Schlnsz des ersten Saeculum werde durch den Tod des längsdebenden unter
den am Gründungstage geborenen bezeichnet, der des 2n durch den Tod des
ISngstiebenden unter den Zeitgenossen jenes ersten und so gehe es weiter;
die Menschen aber wüstej» nicht wer unter den verstorbenen der letzte
Zeitgenosse jenes geweseiT, und könnten daher nur durch himmlische Wun-
derzeiohen gemahnt werden, es sei ein Saeculum geschlossen. Dies länlt
doch wol darauf hinaus den Priestern die Entscheidung darüber in die
Hände zu spielen. Aber die Anknüpfung chronologischer Epochen an wich-
tige Ereignisse wird ein jeder sich leicht durch sichere Beispiele belegen
können. ^ , ^
tol«D «ngeseUit. haben werdeA. Died7 JMire de« Romulu^ (Cic« da
re p* U 10 a* A*>mit Elnsehlusz des jährigea ]n\wT»gnum,(annutmque
mtertfoUum reffnifuU.Uv. 1 17> 6; Cicero erwähnt jaickt wie lange das
Zwischenreich gedauert habe) brachten ebenso, wie die äSjahrige Re-
giertt&g desselben Königs (nach Plutarch u. a.) den Antritt des Numa
auf das Jahr 710 nach der Chronologie des Fabins und auf 691 nach
der des Cincius; i710 und 691 aber sind neumetomsche Epochenjahre,
weil Romulus zwei Cyden regiert* . Auch dem Ascanius gab man eine
Regierungszeit von zwei Cyclen , denn er starb im 38n Jahre seijjer
Herschaft ^^) nach J)iony6io8 I 70- Ja wer zu rathen iiebt, wird viel-
leicht es^nicht ablehnen aus den undequadraginia anni des Poiybios
(bei Cic. de re p. U 14) auf nur 38. volle Jahre zu. rathen ^^), so dasz
zwar I^umas Tod in das d9e Jahr. falle, aber auch die Thronbestei-
gung des Tttllus Hostilius , welche dann bei jenen ältesten Historikern
ebenfalls auf ein neumetonisches Anfangsjahr gefallen wäre.
Ferner stimmt zu dieser Ansetzung bicyclischer Regierungen die
Ueberlieferung, dasz Romulus an den Noneni des Quiactilis , also im
Anfang Juli der Erde, entrückt wurde. Um diese Zeit nemlich endei
das allgriechische Mondjahr und hebt ein neues an. Sobald aber Ro-
mulus genau zwei Cyclen regieren und am Ende des zweiten sein ir-
disches Dasein enden sollte , muste die romulische Himmelfahrt in die
Nähe der Sommerwende gebracht werden ; dasz sogar der Schlusztag
selber gemeint sein konnte, zeigt die Sonnenfinsternis, weil die astro*
nomiscbe Conjunction in jüngerer (d. h. seit Einführung der neumeto-
nischen Chronologie durch Kallippos im J. 330), die sichtbare vovfir^vl«
in allerer Zeit bei den Griechen End- und Anfangspunkte der Monate
und Jahre determinierte. Die Nonen machen hier nichts, da etwa
350 Jahre später eben dieselbe Sache sich findet (Cic. de re p. 1 16),
so dasz nach der Ansicht römischer Autoren wenigstens der Kalender
nicht mit den Phasen stitnmte. Ward aber Rojnulus dieser Setzung ge-
mäsz am Ende eines griechischen Mondjahrs entrückt, so kann man
daran erinnern, dasz Livius beiläufig bemerkt, es habe 291 ab urbe
das Jahr den In August zum Anfange gehabt ^^), also etwa 50 Jahre
n^h dem regifugium in sehr alter Z^t. Das gibt dem ältesten Rom
fast ein griechisch beginnendes Jahr^ worüber, nun freilich sich viel
verschiedenes meinen läszt. Aber dne Spur dasz man astronomische
Rclrocomputation auf die alte KöÄigszeit anwandte hat Cicero a. 0.;
es sei , sagt er, von der etwa 350 post urbem cond. an den Nonen
des Juni stattgehabten Sonnenfinsternis, die Ennius erwähne und die
14) Die Ueberlieferung bringt indes seinen Regiemngsantritt nicht auf
ein neumetonisches Epochenjahr. 15) Timaeos (bei Dionysios I 74) sagt,
Rom Tind Karthago wären im 38n Jahr vor Ol. 1, 1 gegründet worden. Gieero
a^nai' dafür 39. Uebrigens zeigt auch dieser Ansatz den Gebrauch der En-
neakaidekaeteris zu ungefähren Bestimmungen. 16) Livius III 6: creati
cofuules Kalendis Sexiilibus, ut ttmc principittm armi agebatur, cansulatum
ineuni; vgl. Dion. IX 25. Ideler II S. 148. Die Erklärer nehmen ein hin-
anfrücken des Neujahrs vom September an. Es kann sein!
210 JL Mooniea: DeMfige n
amuJes mazimi, snrftekgerecimel WOTien, um die MiMreal
flaslernisse za findenbis auf die jenes Ta^fee, da Kamätna xa daQ
Göltern entschwand« Solehe Zar&ckrechnnnd^en worden mit Hilfe der
grieehisehen Astronomie gemacht, wie nicht za bezweifefai ist und wie
aoch ans dem Zusammenhang des Cicero, welcher den Thaies ncmit,
hervorgeht; die Astronomie aber vollzog dergleichen mit Hilfe auf-
wärts berechneter EnneakaidekaSteriden , die sich also hier das cice-
ronische Lob aneignen dQrfen: aiqae hae in re Umla mesl ratio atqm
soHerHa etc.
Blan weisz aach dasz Nomas Lebensalter das aste nafflrliche
Jahrhundert der Zeitrechnung gemäsz der etruskischen Lehre «bschlosz
(Niebahr R. 6* I 8» S&7), weil er am Grflndangstage Roms geboren
sein sollte und man dann etwa annahm, entweder dasz niemandem sonst
dies Loos verliehen gewesen die römische Stadt zur Zwillingssehwes-
ter zu haben , oder aber dasz er unter den jenes Tages geborenen das
späteste Lebensende gehabt. Es ist nun ersichtlich dasz in Cincius
und Fabius Ansätzen, wenn anders diese in metonischen Cyelen sich
noch weiter bewegten, dieses erste saecukm natwale partu ei morie
definäum (Censorinus) eine kallippische Periode war und man sich
darin gefiel des zeitenkundigen Numa Geburt, Thronbesteigung und
Tod auf gut chronologisch zu epochisieren , so dasz sein Leben eine
Darstellung des kalUppischen Kalenders zu sein schien. Uns dankt
das kindisch, den Alten vielleicht ehrwürdig und geheimnisvolL
Eine anziehende Bestätigung dieses so gar ernst gemeinten Cyelen-
Spiels bietet Livius 1 19, weil daraus zu ersehen dasz man den König
Numa endlich selbst zum Erfinder der metonischen Enneakaidekaeteris
gemacht hat. Der auf seine Thronbesteigung gesetzte Cyclenanfang
•— obwol in der That auf diesen vielmehr jene gesetzt war — mochte
dann aufgefaszt werden wie solche Zeitredinungen, wie sie Dynasten
von sich selbst beginnen. Livius sagt dort: ^und zu allererst theilte
Numa das Jahr in 12 Monate ein nach den Mondumläufen; und weil
dies Mondjahr (guem) bei dem die Summe von 80 Tagen nicht voll er-
reichenden Mondumlauf um [etliche] Tage kürzer ist als das Sonnen-
jahr, ordnete er jenes mit zwischenzuselzenden Schaltmonden in der
Weise , dasz [nach Verlauf von 19 Jahren] im zwanzigsten die Tage
[des Mondjahrs] wieder auf denselben Punkt des Sonnenlaufes eintra-
fen und jetzt alle Jahre ihre volle Länge hatten.'^') Während, wie
Livius zuvor bemerkt hatte , das gewöhnliche Mondjahr Tage zu wenig
zählte , kamen 19 volle Sonnenjahre aus in eben so vielen Mondjahren
vermöge der angefügten Inlercalarmonate. Die von AlschefskI und
Weiszenborn beibehaltene Lesart der Handschriften vigesmo anno ist
nemlich die richtige, während die 2e Hand des cod. Haverc. vigesmo
quario quoque anno eine Lesart kaum zu heiszen verdient. Dennoch
ergriff man früher diese Aenderung mit allem Eifer ^% um den Livias
11) plenii annorum omnnm spatäs; vgl. Gic. de nat. deor. II 20, 51
confectis onmiwn spatüs, 18) Denn freilich war ein 20jähriger Cydus ct~
A. Mommsicn : Beiträge zur griechisefaen Zeitrechnung. 811
ia Einklang zu bringen mit Macrobius Sat. 1 13, der dpji Romern eine
24ljälirige Periode , die dfacfae Oktaeteris beilegt. Wie dieses Verfah-
ren an sich unkiitisch, so war es auch nicht geeignet um damit zu er*
reichen was* man wollte, nemlich Uebereinstimmung des Livlus und
Macrobius. Man liesz den ersteren sagen dasz in jedem 24n Jahre die
Tage mit demjenigen Stande der Sonne übereinstimmten , von welchem
die Periode ausgieng, d. h. dasz das Schluszjahr des Schaltcyclus dem
Anfangsjahre entsprach, was sinnlos ist. Kann doch nichts klarer seih
als dasz der Anfang des einen Cyclus dem Anfang des andern ent*
spreche, das 2e Jahr des ^inen dem 2n des andern usw. Wollte
man die Bfache Oktaeteris in den Livius bringen, so muste man die-
sen sagen lassen ui vicesimo qumto quoque anno ; denn das Jahr mit
welchem der vicestmus qtänius annus immer übereinstimmte muste,
wenigstens nach dem besseren Sprachgebrauch, als das erste gezählt
werden '*); man konnte nur sagen dasz gemeint würde peractB
anno XXIV ^ also eigentlich vom folgenden Jahr die Rede wäre. **)
Uebrigens drückt sich Solinus genau so aus über die Oktaeteris; er
was ganz uoerhortes und statt eines solchen der 24jährige wirklich weit
aanelimbai-er; s. m. Aufsatz in den Jalirbucfaern f. class. Philol. 1855 S. 251
Anm. 19) F. C. Ton Savigny System des R. R. IV S. 602 ff. hat diese
Ausdnicksweise verständig behandelt. Er kommt zu dem Ergebnis, dasz
die Weise den terminus a quo mitzuzählen die ältere und üblichere sei,
weif sie sich in der Ealendersprache zeige (S. 615). Er scheidet aber den
Ausdruck mit quUque oder wo der Sinn, das qidi^e ersetzend, etwas fort
und fort sich wiederholendes anzeigt, nicht von blosz Einmaliger Zählung«
Ob dies hier von vielem Gewicht sei , bleibe ununtersncht; aber die Gram-
matik fordert diese zwei Kategorien. Varro de lingua Lat. VI $ 11 und
Cicero in Pisonem 5 bleiben zweifelhaft wegen des schwankenden Lustrum;
auch für Caesar B. G. V 52 und ähnliche Stellen ist der Bruchtheil nicht
mit Sicherheit zu folgern. Cic. acad. II 6 ist einmalig und die Stelle ad
Au. VI 1 köBute man auf den flüchtigeren Briefstil schieben; doch fällt
wol jedem leicht der faenerator Alfius ein, welcher sein Geld an den Ea-
lendeo belegt, so dasz, diesen Tag vielmehr gerade mitgezählt, der trice-'
mmus dies zum Stichtag der Zinszahlung wurde; weiter läszt sich freilich
nicht fortrechnen , so dasz allemal das iricesmo quoque die genau ge-
nommen falsch ist; aber aus der Geldbeleguag an den Kaienden konnte
sich doch immerhin so ein täglicher Spradigebrauch bilden. Wir Lehrer,
die das Lateinschreiben leiten, werden gewis jenen altern Sprachgebrauch
der Mitzählung als den classischen vertreten wollen, wie das auch in dem
Anm. 18 angef. Aufsatze S: 249 bereits gesagt und belegt worden ist. Für
Livius dürfte der spätere Gebrauch nicht nachweisbar sein. Um Zweideu*
tigkeit zu meiden findet sich später peraeio anno hinzugefügt. — Dasz
Christus am 3n Tage auferstanden hätte aber Savigny nicht heranziehen
sollen, da es nicht auf römischer Analogie beruht, oder aber die sehr weit
greifende Regel anderwärts verfolgen. 20) Belehrend ist hierfür, wie die
Priester den Ausdruck Caesars mis verstanden, welcher wahrscheinlich quarto
quoque anno gesagt hatte um den julianischen Schaltcyclus zu bezeichnen»
Das hiesz nach gewöhnlichem Latein nicht alle 4, sondern alle 3 Jahre zwei
schaltfreie Jahre mitten inne. Die pontifices hatten hier den alten und bes-
seren Sprachgebrauch für sich. Dennoch hatte Caesar quario quoque anno
confecto gemeint. Man sieht dasz Caesar alexandrinische Theoretiker arbei-
ten liesz (Ideler O S. 131).
S12 A. Mommsen: Beiträge zur f^riechisehen Zeitrechniin^.
nennt das 9e Jiüir und meint damit das erste einer folgenden Oklaete-
ris: C^raed smguMs amtis XI dies et qttadraniem detrahebantj eosque
oeüe»* tmdtipüeaios in annum nonum reserväbant , ul conlracUis no-
nagenarhtB numerus in tres menses per Iricenos dies scmderetur^ qui
annonono resUktU efficiebanl dies qtiadrmgenlos quadraginia quattuor.
Ein quisque hat hier Soünus so wenig wie Livius , warum auch? da
sich bei einem Cyclus die Wiederholung, die aligemeine Gellung des
Zahlbegriffes ja von selber versteht. Man stellt die erste Schaltperiode
als Muster und Regel fOr alle Zeiten hin und gibt ihr congruierendes
Verhältnis zur zweiten ein für allemal an , das genügt. Vom Saturn,
der in 29 Jahren und 5^ Monden um die Sonne läuft, sagt Plinius N. H.
II 6: ißaiumi sidus) iricesimo anno ad bremssima sedis suae prindpia
regredi certum est Denn da ein jeder weisz dasz der Pianet immer
dieselbe Zeit braucht, so war es nicht nöthig iricesimo quoque anno zu
sagen. Auch Censorinus 17 läszt das quisque von der Wiederholung
der Saecularspleie weg, nachdem er eben zwei Stellen darüber die
quisque hinzufügen clliert hatte, eine allgemeine Geltung des Zahlbe-
griffs also nunmehr jeder achtsame Leser schon selber hinzubrachte.
So hindert in der That nichts des Livius zwanzigstes Jahr als das ersle
und zwar aU das jedesmal zwanzigste , mithin auch als das jedesmal
erste des dem Numa beigelegten Zeilsystems aufzufassen. Um die
historische Wahrheit der Nachricht handelt es sich hier nicht; der
alte Schriftsteller stand hier mehr auf dem Gebiete des Glaubens als
auf dem der Geschieht», wie denn auch Cicero sagt, Numas verstän-
dige Anordnung sei von den Epigonen verdorben (de leg. II 12 : düi-
genter hahenda ratio tntercalandi est; quod insUtutum perite a Numa pos-
ieriorum pontificum neglegentia dissolutum esf)- Cincius Alimenlus
mochte dem Numa die Enneakaidekaeteris beigelegt haben , was we-
nigstens gut in den oben verfolgten Zusammenhang passt.
Unter den vorhin erwähnten Anseizungen geben sich die des Cin-
cius. und Fabiüs leicht als secundar zu erkennen; diese Historiker
fanden die eratosthenische Chronologie vor und ordneten ihre Angaben
in die Fächer derselben ein. Beide können als 'jüngere Zeitgenossen
des Eratosthenes gelten, welcher einige Jahre nach dem Ende des
zweiten ptinischen Krieges , aber in hohem Alter , starb.
Was nun das zusammenfallen des erwähnten neumetonischen
Epochenjahrs mit dem troischen Eroberungsjahr nach Eratosthenes an-
betrifft , so scheint man nicht ohne weiteres berechtigt die erstere die-
ser beiden Bestimmungen für die primäre zu halten; vielmehr wird
vielleicht jemand fragen, ob Eratosthenes seine Aera denn noth wen-
dig an die Epoche des Kallippos müsse angelehnt haben? ob nicht
umgekehrt eher Kallippos der anlehnende gewesen? so nemlich dasz
er Trojas Fall auf 1185/4 angesetzt vorgefunden und beschlossen habe
genau 45 Cyclen später seinen Periodenanfang zu fixieren? waruni
denn sonst Kallippos die altmetonische Epoche mit einer neuen ver-
tauscht haben solle , da die Berichtigung der Enneakaidekaeteris ohne
" e Störung möglich gewesen? selbst wenii Metons Cyclus noakk
A. Mommsea: Beiträge zur griechisohen 2eUfechming« S18
feiilarlianer erachiet werde als. aus den Nachrichten folge, ändere man
ja selbst um erheblicher Fehler willen doch die Epoche noch nicht,
sondern gehe immer darauf aus möglichst gelinde nur das allerndthigste
abzuändern! — So könnte, wie gesagt, jemand sprechen. Allein
dies kann doch unmöglich den Grund der Epochenändernng an die
Hand gegeben haben. Kallippos muste wissen wie sehr die Bestim*
muog des troischen Eroberungsjahres schwierig und hypothetisch sei
und gewis schon damals höchst verschieden bei verschiedenen Auto*
ren, die sich noch mehr scheuten etwas sehr mythisches auf Jahr und
Tag zu fixieren. Kallippos konnte, ohne seine chronologische oder
astronomische Wissenschaft hecabzuwürdigen, nicht an ein so schwan-
kes Rohr seine treffliche Periode knüpfen.
II-
Pie Aera der Seleukiden läuft vom In October 312 v. Chr., also
J. 1 derselben beginnt um Ol. 117, 1 in der ersten Dekade des Pya-
nepsion und schlieszt im folgenden Olympiadenjahr '0 ebenfalls einige
Monate nach dessen Anfang, umfaszt also ungleiche Hälften zweier
Olympiadenjahre. Nach syrischer Gleichsetzung wird demnach J. 1
der Seleukidenaera = Ol. 117, 1, weil das syrische Neujahr in
Ol. 117, 1 fällt; der Grieche dagegen, seinem Jahresanfang folgend,
wird Ol. 117, 2. mit J. 1 der Syrer parallelisieren, denn der le Heka-
tombaeon dieses griechischen Jahres fällt innerhalb jenes seleukidi-
sehen, ein gutes Vierteljahr dem Schlüsse desselben vorgehend.
Weshalb aber die Seleukiden ihre Zeitrechnung von jener Epoche
beginnen, ist aus der Geschichte nicht sofort klar. Die Königswürde
des Seleukos datiert erst von 305 v. Chr. und kann die Ursache der
Epoche nicht sein (Freret und Ideler I S. 450). Es musz also die
Schlacht bei Gaza, meint Ideler, als die Veranlassung angesehen wer-
den , denn durch dieselbe legte Seleukos den Grund zu seiner nach-
herigen Macht Aber bei Gaza 312 siegte doch in Wahrheit Ptole-
maeos zu Gunsten seines Clienten Seleukos und , was noch wichtiger
ist, Antigonos erlangte bald wieder den vollständigsten Sieg, sein
Sohn Demetrios eroberte Babylon , Ptoiemaeos 20g sich nach Aegypten
zurück. Gedachte also Seleukos von 312 als dem Jahre dieser
Schlacht sich und seine Aera zu datieren, so lag der Anlasz dazu
wol nicht aliein in den Thatsachen ; man sieht dies besonders daraus,
dasz die Seleukiden ihren Königstitel keineswegs von 312 an zu da-
tieren sich erlaubten. Es wäre eine Anmaszung gewesen.
Nun wird aber eingeräumt dasz das Monatsdatum der Epoche
— - der le October — : schwerlich seinen Grund habe in irgend einer
merkwürdigen Begebenheit die an diesem Tage sich zugetragen, son-
21) Das Monatsdatam ist davon abhängig ob Ol. 117, 1 dreizehn oder
cw^f Monden hatte. Dasz es vermöge seiner güldenen Zahl beim Kallippos
nur deren zwölf hatte, wird sich hernach sseigeu.
214 A. Mommsen: Beiträge zur griechischen Zeitreehniing.
dern lediglich in dem landesQblichen Neujahr der Syrer zur Zeit der
Herbstnachtgleiche und dessen Anknüpfung an den julianischen Kalen-
der (Ideler I S. 453). Man hätte also nur das Jahr dem Treffen bei
Gaza angeschlossen. Allein stand die Wahl des für die seleukidische
Aera passendsten Jahres frei, so wird der unbefangene einräumen dasz
es seltsam war 613 zu wählen statt 305. Wahrscheinlich also war der
eigentliche Bestimmungsgrund ein chronologischer und die Schlacht
bei Gaza diente mehr als volksthümliches Merkmal ; man begann die
Aera in demjenigen syrischen Jahre welches die Chronologie dem
Jahre Ol. 117» S gleichsetzte, d. i. einem neumetonischen Anfangs-
jahre. In dem Reiche eines Diadochen lehnte man sich füglich an die
Periode des Kallippos , in dessen Epochenjahr gerade Alexander den
Thron des ermordeten Dareios eingenommen.
Die Astronomen des Julius Caesar haben sich ebenfalls an einen
neunzehnjährigen Abschnitt in dei]^ groszen Zeitkreise des Kallippos
angeschlossen; denn das Jahr 46 v. Chr., womit Caesar die Confusion
des damaligen Kalenders seiner Landsleute abschlosz, bildet den
Schlusz eines neumetonischen Cyclus, und mit dem ersten Jahr der
julianischen Zeitrechnung 45 v. Chr. beginnt auch in Kallippos Periode
ein solcher. Die Ausgleichung des olympiadisohen und römischen
Jahres ist hier wie bei der seleukidischen Epoche nach dem Stand-
punkte der Griechen vollzogen worden, ^-sszrjr — 1 == r. Die neun-
zehnte Enneakaideka^.teris von Ol. 112, 3 an gerechnet schlieszt
Ol. 183, 3 = V. Chr. 46/5» also t= 46; die zwanzigste beginnt
Ol. 183, 4 == 45/4, also = 45. Diese griechische Weise der Gleich-
setzung schickt sich zu dem Umstände, dasz der sachkundige Sosi-
genes, welchen Caesar brauchte, ein griechischer Gelehrter war.
Caesar selbst , sofern er mit diesem Zweige exacter Wissenschaft sich
beschäftigte, konnte seine Kunde nur der griechischen Astronomie
verdanken, wie sie zu Alexandria sich erweitert hatte. *•) Daher be-
gann er auch mit dem Neumond nach der Bruma.
Wenn nun Caesar und seine Arbeiter das vom griechischen
Mondjahr ganz disparate julianische Sonnenjahr doch an den neume*
tonischen Mondcydus anknüpften, so liesze sich daraus schlieszen,
dasz es gewissermaszen usuell geworden zu sein schien eine neu zu
gründende Aera an die Epochen der kallippischen Perlode und
Periodenviertel anzufügen. Allein man wird dabei nicht übersehen
dasz die Sache auch ihre praktische Seite hatte, indem ein den ersten
19 oder 76 Jahren Caesars paralleles Parapegma , in den Mondphasen
verlaufend, diese letzteren sofort für die entsprechenden Daten des
julianischen Sonnenjahres angab , wozu man beide Kalender blosz nach
den richtigen Epochentagen nebeneinander ^u legen nölhig hatte. *^
22) Macrobins sagt Sat. I 10 vom Caesar: siderum motus, de qu&wts
non indoctos libros reliquit, ab AegypHis disdplims hausU, also doch «rot
aus alexandriniscber DoctriQ. 23) Man kann sagen dasz diese Neben-
einanderlegung von Caesar insofern schon vorgefunden wurde, als dieSpi^
A. Mommsen: Beiträge zur griechischen Zeitrechnung. 215
Auch wir haben ja in unserm Kalender immer die Mondesgestalten
neben den Tagen des Sönnenjahrs. Nebenher konnte auch die Ver-
gleichung der sonstigen^ dem griechischen Parapegma beibemerkten
Beobachtungen willkommen sein, wenn diese auch sich nicht sowoi
auf Rom als auf einen dem Klima nach etwas abweicjienden Punkt
(z. B. Athen) bezogen. Diese Nebenbemerkungen betrafen die Auf-
und Untergänge der Fixsterne, die Witterung u. dgl. (Ideler I S. 3&8).
Noch jetzt wird bei uns dem laufenden Jahre diejenige Witterung bei-
bemerkt, welche man vor 19 Jahren in eben der Gegend, beobachtete.
Mit der Verbreitung des Christenthums beginnt aber das Mond-
jahr wieder eine Rolle zu spielen, indem die Intervallen der Oster-
feste ihrem Princip nach durchaus griechische Mondjahre sind, nur
dasz sie von einem andern Anfange laufen, nicht wie die griechischen
von der Sommerwende sondern vom FrOhlingsaequinoctium. Von den
Osterkanones kann aber derjenige sofort von gegenwärtiger Unter-
suchung ausgeschlossen werden, welcher sich an die Epoche der
christlichen Aera anschlieszt, der alexandrinische. Zwar knüpft sich
derselbe an das erste Jahr des Diocletian 385 n. Chr. ; aber die frommen
und kundigen Kirchenlehrer Alexandrias hatten wol den Zweck ihre
Zeitrechnung an die Geburt des Heilandes^ zu binden, mochten es
indes für klüger hallen das erste Regierungsjahr ihres Verfolgers zur
Hülle dieses echt christlichen, aber in der römischen Welt Gefahr
bringenden Gedankens zu haben. ") Kyrillos (t 444) lehnte seine
Ostertafel an die diocletianische Aera (Ideler II S. 231) und djftnil an
die Geburt Christi , womit der Anschlusz an Epochenjahre heidnischer
Chronologie aufgegeben war.
Wenn wir nun neben dieser Oslerrechnung vom christlichen Stand-
punkte auch eine andere finden die an Kallippos PeriodenvierteE sich
knüpft , .so exemplificiert sich damit der an sich naheliegende Gedanke,
dasz man auch in der ältesten Kirche der einmal üblichen heidnischen
Weise sieh anschlosz. Die Wahrscheinlichkeit ist dafür dasz erst all-
mählich das christliche Bewustsein hinreichend erstarkte , um die Ge-
burt des Erlösers auch gleichsam äuszerlich als die wahre Epoche
christlicher Zeitrechnung zu Ehren zu bringen , während man anfangs
unbedenklich der gewohnten (heidnischen) Weise gefolgt sein wird.
Hiernach würde gerade die lateinische Kirche die ältere und ursprüng-
liche (heidnische) Epochisierung des Osterkanon anzeigen (es müste
denn jemand behaupten dasz dieser Kirche eine gröszere Behutsamkeit
ndthig gewesen als jener, wozu kein Grund vorhanden ist; wir sahen
"Wie doch auch die Alexandriner ihre christliche Zeitrechnung unter
dem Namen des Diocletian bargen). Es beginnt die 84jährige Ostei^
semasien ein Sennenjahr darstellten , io besonderer Columne wah»cheinlioh
gegenüber dem Cyclns herlaufend. 24) Dann ist es also zwar möglich
aber nicht gerade nothwendig anzunehmen, es sei die alexandrinische Aera
und Osierrechnung unter Diocletian entstanden, wie Ideler II S. 232 will.
Denn dasz ein Anfiang unseres 19jährigen Mondzirkels auf Diocletians erstes
Jahr tri£fty ist dann secundär.
Jahrb. f. dftst. Philol. Suppl. N. F. Bd. I Hft. 8. 15
216 A. MoBunsen: Beilrage cur cnriechischeii Zeitreehnung;
tafel der lateinischen Kirche, von welcher Ideler II S. 344 ff. handelt,
mit dem Jahre 296, einem neumetonischen Epochenjahre, Ol. 369, 3
SS n. Chr. 998/9 j also nach griechischer Gleichseizung c= n. Chr. 296.
Zwar ist nun dieser Cyclus aufwärts berechnet worden bis gegen das
Todesjahr Christi, so dasz der Anfang des ersten auf n. Chr. 46, der
des zweiten auf 130, der des dritten auf 214 f^iit Gdeier n S. 242 nach
Prosper Aquitanus); aber diese drei ersten Cycien sindwol nur imaginär,
*da sich die Lateiner vor dem Schlusz des 3n Jh. schwerlich einer
geregelten Bestimmung des Osterfestes bedient haben' (ebd. S. 243}.
Man sieht also dasz der Berechner dieser Tafel ausgieng vom J. 298.
Zur Wahl dieses Jahres aber wurde er gewis nur dadurch veranlasst
dasz er an ein neumetonisches Anfangsjahr sich anzuschlieszen strebte.
Der sechzehnjährige Osterkanon des Hippolytos hebt an mit dem
ersten Jahre des Alexander Severus, n. Chr. 222. Aber Ol. 250, 2 =
n. Chr. 22^3 ist ein neumetonisches Epochenjahr, Die Osteransätze
des Hippolytos sind auch für die lateinische Kirche bestimmt, aber in
welchem Verhältnis sein Kanon zu dem 84jährigen stehe ist schwer zu
ermitteln. In der Weiterrechnung verlassen beide naturlich die An-
fänge der Enneakaidekaeteris, aber dasz die Berechner in ihrem Aus-
gang sich an die Periode^ des Kallippos anlehnten ist klar.
Die Untersuchung wird aber noch einmal zur; alezandrinischen
Kirche sich wenden müssen, um ein im Vergleich mit den schon be-
handelten einzelhaft dastehendes Ausgangsjahr eines Osterkanon ins
Auge "ZU fassen. Analolios aus Alexandria, gestorben nach 282, ein
wissenschaftlich sehr hochstehender Mann,* benutzte die Enneakaidcr
kaeteris selbst und, so weit es bekannt, als der erste (Ideler II S. 226),
um das Osterfest zu berechnen. Wir wissen wenigstens so viel, dasz
er d^n Neumond auf welchen das Osterfest seines ersten Jahres folgte
auf den 22n März , mithin die Luna XIV auf den 4n April angesetzt
habe ; da aber nach den späteren (von Christo an rechnenden) Alexan-
drinern dieses Datum das 12e Jahr ihrer Enneakaidekaeteris anzeigt,
80 müsse — hat man geschlossen (Ideler n S. 228) — das erste Jahr
des Änatolios und das 12e der Alexandriner ein und dasselbe sein ;
solch ein 12s aber sei 277 n. Chr. und dieses also dürfe für das Aa-
fangsjahr gellen. Da es. nun ein Irthum, dasz 277 als das erste Re-
gierungsjahr des Probus gewählt sei , welcher vielmehr 276 zu herschen
anfieng, so sei, meint Ideler, Mer einfache Grund, warum Änatolios
seinen Kanon an das Jahr 277 geknöpft habe , ohne Zweifel der , weil
er ihn in demselben entworfen.' Aber wenn ein Dynast von sich und
seinem thun eine Zeiteinlheilung beginnt, so hat der bescheidnere
Rechner, und wäre er noch so weise, doch dieses Recht nicht. Erwäg^e
man also folgendes. Es ist eine bekannte Sache dasz die Kirchenväter
und christlichen Zeitrechner die Olympiadenaera um zwei Jahre zurück:-
schoben (s. oben S. 205) , jedenfalls zwei olympiadtsche Jahre zu weni^
ansetzten. Gesetzt nun dasz dieses auch der Fall war bei der alexandrini-
sehen Osterberechnung, mit welcher jenes Datum de§ Änatolios zu ver-
gleichen wäre — unter der leicht zugestandenen Annahme dasz man
A. Mommsen r Beiträg^e zur griechischen Zeilrechnung:. £17
^ich der Olympiaden bediente um die österlichen Jahre anzusetzen '—,
äo werden wir mit der g^uldenen Zahl 12 «um zwei Jahre hinabrucken
dürfen. Führte dieselbe ohne Berücksichtigung' jenes Fehlers auf
OL 264, 1, so werden wir daraus 264, 3 zu machen haben. Ol. 264, 3
£= 279/BO n* Chr. beg^innt eine neumetonische Enneakaidekaeteris und
damit kommt Licht und Analogie in die Sache.
m.
Wer nun die Stellen in der Enneakaidekaeteris zu ermitteln wünscht,
weiche man den sieben Schaltjahren dieses Gyclus anwies , der wird
verschiedene Wege einschlagen können. Kallippos llesz die Aufeinan^
derfolge der Schalt- und Gemeinjahre im Cyclus, wie Meton sie seit
432 angeordnet, bestehn (Geminos Isagoge 6 ganz am Ende); ist also
jemand so glücklich die Plätze der ISmonatlichen Jahre in dem Zeit-
kreise Metons zu finden , so hat er damit auch die Schaltregel des Kal-~
lippos entdeckt. So würde ^in Weg der sein den altmetonischen Gyclus
zuerst zu erforschen.
Die bisherige Untersuchung führt auf die andere Methode, zu-
vörderst den kallippischen Schaltjahren, den neumetonischen also,
nachzuspüren. Denn wenn sich die Aera der Seleukiden , die eratos-
thenische Zeitrechnung, die Ansätze für die Gründung Roms bei
Cineius und Fabius an neumetonische Epochen lehnten und die Oster-
tafeln des Victorius, des Hippolytos , vielleicht auch die des Anato-
lios von eben diesen Epochen ausgiengen, wie denn gleichfalls die
älteren Astronomen der kallippischen Periode sich bedienten : so läszt
sieh bei einer so lange dauernden Benutzung dieser letzteren eher
hoffen ein sicheres Ergebnis zu gewinnen , als wenn unsere Forschung
die altmetonischen Einrichtungen zu ihrem nächsten Augenmerk
machte. Denn obwoi es wahrscheinlich ist dasz Metons Schalt- und
Gemeinjahre nicht blosz imaginär anfiengen um 432 v. Chr., sondern
dasz auch im praktischen und politischen Leben diese Zetteinrichtung
befolgt wurde, so hat doch schon 330 Kallippos eine abweichende
Epoche eingeführt, und wer gern sicher geht, wird sich auf den ein
Jahrhundert nicht viel übersteigenden Zeitraum einschränken, um die
altmetonischen Schalt- oder Gemeinjahre zu finden. Denn er wird
nicht ohne weiteres behaupten dürfen, der und der Staat oder der
und der Schriftsteller habe auch nach 330 fortgefahren nach Jahren
alten Stils zu rechnen, die Jahre neuen Stils seien nur imaginär ge-
Mresen.
Dagegen ist es auch für das Detail eine naheliegende Folgerung,
dasz derjenige Autor welcher sich der" neumetonischen Epochenjahre
zu seinen Ansätzen bediene , auch dem neumetonischen Cyclus sonst
gefolgt sein müsse, also z.B. Dionysios von Halikarnass, wenn er
V. Chr. 1185/4 zum Schaltjahr macht. Was nun freilich die Oslerscri-
benten angeht, so wird der behutsame stets die Frage bereit haben,
oh das betreffende Osterjahr — : sei es 12- sei es 13monatlich —
15*
218 A. Mommsen: Beilräge zur griechischen Zeitrechnung:.
auch elwa unler dem Einflusz besonderer Umstände, wie io-der latei-
nischen Kirche, angesetzt worden sei. Obwol nun derartige focale
Besonderheiten die Untersuchung erschweren, wird doch die Oster-
lechnung darum zuerst heranzuziehn sein, weil wenn irgendwo hier
mit völliger Sicherheit die Reihefolge der Schalt- und Gemeinjahre er-
mitlelt werden kann und wiederum bei der Anlehnung der Ostertafeln
an neumetonische Epochen sehr wol anzunehmen stunde, dasz die
kirchlichen Chronologen nicht blosz in dem Epochenjahr sondern zu-
gleich in den Osterintervallen d. h. Osterjahren (ob 12 ob IS Monde)
sich dem Kallippos angeschlossen hätten.
Dasz ein 13 Monde zählendes Intervall zweier Osterzeiten als
Schaltjahr betrachtet wurde lehrt der Ausdruck i(ißoXi(S(i6g, Der lily-
baelanische Bischof Paschasinos bedient sich in einem Schreiben an
den Papst (vom J. 443) dieses Ausdrucks (Ideler II S. 265); auch
Macrobius Sat. 1 13 hat denselben nach der Lesart der Handschriflen '*),
und das marmorne Denkmal des Hippolytos auf dessen I6jährigem
Osterkanon zeigt die merkwürdige Beischrift EM neben den österlichen
Schalljahren. Die ganze Osterlafel ist in griechischer Schrift (Ideler 11
S. 214). Diese Beischrift scheint nur ifißoXtfiog fi'^v d. h. Osterjahr
mit einem fii^v ifißoXifiogf dreizehnmonalliches Jahr, andeuten zu
können , denn die beigefügten Daten zeigen es , sowie die Ueberschrifl
(Ideler II S. 215 : ifißoXlfiov fifjvog yevo(iivov). Dies EM steht aber
unter den sechzehn der Tafel bei dem ersten , vierten , siebenten, neun-
ten , zwölften und fünfzehnten Jahre. Und mit diesem die österlichen
Schalljahre sehr klar an ihre Plätze weisenden Fingerzeig zufrieden
könnte man nun alsobald sich an die kallippische Periode machen und
gleich prüfen wollen, ob diese Reihe wirklich auch beim Kallippos
zuträfe, wenn nicht namentlich die besonderen Ansichten der lateinischen
Kirche hindernd entgegenträten.
Zuvörderst also wird aus diesem Kanon das zu entfernen sein,
was der lateinischen Kirche und ihren besonderen Ansichten ent-
stammt. Es durfte aber das Osterfest den Römern nie hinausriicken
über den 21n April (Palilien) (s. Ideler 11 S. 247), welchem FüiUe
nicht vorgebeugt war, wenn Hippolytos im 6n und 14n Jahr den Schalt-
mond hätte eintreten lassen statt im 7n und 15n. Die Ostergrenzen
des 17n oder 18n April nemlich , im Fall diese Daten auf Sonnabende
trafen, würden dann das Fest erst den 25n oder 26n April gestattet
25) An der Richtigkeit der Emendation ifißoX^fiovg läszt sich zweifeln,
trotz dem dasz Macrobius vou Monaten, nicht von Jahren redet. Ein ififio-
liaiiog^ wofür man .freilich äin im Stephanus sich nicht findendes i(jkßol^€9
vorauszusetzen hätte, weist weder auf Jahr noch Monat hin, und ein Jahr
bei welchem die Tabelle den Schaltmonat anmerkt ist Schaltjahr, so dasz
man das dem Monat geltende Wort nun ffir das Jahr nahm. Es kann ja
freilich auch ein bloszer Jrthum der Autoren sein, aber verschrieben ist es
nicht, sondern läszt sich aus dieser spaten Zeit niit drei Paralleistellen be>
legen, s. Stephanus u. d.W., wo sehr richtig bemerkt wird; 'certe vitiam
esse non libromm sed aetatis.'
A. Mommsen: Beiiräge zur griechischen Zeitrechnung. 219
haben, weil die Lateiner dasselbe nicht an dem gleich darauf folgen-
den Sonntag glaubten feiern zu dürfen, sondern dann noch eine
Woche warteten. Folglich erscheint die Hinabrackung der beiden
Osterschaltjahre lediglich als eine Folge der Gewohnheiten Roms und
seiner Kirche. Unabhängig von den Vorurtheilen der Lateiner hätte
also der Kanon seinen EmboUsmen die erste, vierte , sechste, neunte,
zwölfte und vierzehnte Stelle angewiesen.
Es ist anzunehmen dasz die Ansätze der lateinischen Kirche auf
Grund" alexandrinischer gemacht sind; denn für die Bestimmung des
Passafestes galten die alexandrini sehen Kirchenlehrer den Päpsten als
die sachkundigen Gdeler II S. 265). Hiernach mäste , sobald nur die
etgenüich lateinischen Elementoi entfernt sind , der Kanon des Hippo-
lytos auf den aiexandrinischen hinauslaufen, in diesem also wie in
jenem das le, 4e, 6e, 9e, 12e und 14e Osterjahr dreizehnmonatlich sein.
Wer nun diesen Rückschlusz noch nicht gestattet, sondern im
besondem die Frage aufwirft, welche Jahre des aiexandrinischen Ka-
non dreizehnmonatlich waren, der wird finden dasz ihre Beantwortung
von der Gleichsetzung abhängt, da keine Beischrift wie jenes EM auf
der Kathedra des Hippolytos uns hier ^Anleitung gibt. Die Ostertafel
bietet uns nicht 19 österliche Jahre , sondern nur 19 Monatstage,
zwischen welchen 18 Osterjahre liegen, so dasz man, um das fehlende
19e zu gewinnen, entweder vom Schluszdatum des vorigen Cyclus
bis zum Anfangsdatum des vorliegenden oder aber von dem 19n Dar
tum des letzteren bis zum ersten des folgenden Cyclus '') ein Jahr hin-
zurechnen musz. Sind r und / aufeinander folgende vom Januar ")
laufende Jahre Roms, und 9t, % aufeinander folgende Passajahre,
also nebeneinander tretend :
r
so besteht r aus den drei letzten Monaten von n und den neun ersten
von n j welcher ungleiphen Vertheilung ungeachtet dem römischen
Jahresanfänge Rechnung zu tragen war, so dasz dem römischen Jahre
immer das höhere Passajahr gleich zu achten, mithin das Schluszda-
tum des vorigen Kanon heranzuziehn ist zum ersten des laufenden
Kanon , also r =.%, nicht = %. Es bezeichnet also das neben r
stehende Monatsdatum den Anfang eines Osterjahres , welches mit /
gleich zu setzen ist.
Dasz die latejnische Kirche eine andere Gleichsetzungsmethode
26) Diese letztgenannte Weise ergibt Idelers Ck)nstruction der Ennea-
kaidekaSteris ; die erstere denjenigen Entwui'f, welcher als der metonische
in dieser Abb. anfgestellt wird. 27) An den volkstbftmlichen Jahresan-
fang mit dem März wird man hier nicht denken dürfen, sondern an den
politischen durch den Amtsantritt der Consuin bezeichneten (Ideler II
S. 150); wenn z. B. vom Hippolytos das erste Jahr des Severns genannt
wird, In welchem der Kanon begönne, so liegt wol in dieser Beziehung
auf die höchste Behörde, den Kaiser, dasz es amtliche Jahre sein* müssen.
SSO A. MomnMeft« BeiMf^e zur griechiseiien Zettreehnung«
gehabt habe ist meht wahrscheinlich. Nan bestätigt aber der Kanon
des Hippolytos die so eben entwickelte Gleichsetzungsweise auf das
deutlichste. Srstlich sagt die Ueberschrift in Betreff des ersten Datams,
dasz es nach einem vorgangig gerechneten Osterjahre fii^^ ifLßoli-
fiov ysvoiiivov entstanden sei ; zweitens sind unter den 16 der Rech-
nung zu Grunde liegenden Ostermondjahren diejenigen welche 13 Mond>
Wechsel enthalten durch EM bezeichnet, und man ersieht aus den bei-
gesetzten Daten des römischen Kalenders dasz immer vom vorigen
Datum an gerechnet ist. So ist das erste Jahr mit EM bezeichnet, hat
also 13 Monate , welche nur herauskommen , wenn man vom vorigen
Datum dem 25n März, d. h. dem Schlusz eine*s bereits vorangegangenen
hippolylischen Osterschaltkreises an ^is zum Tage vor dem 13n April
rechnet, welcher Tag neben EM steht Dann erhält man 384 Tage,
ein Osterschaltjahr. Das folgende Gemeinjahr von 12 Monden ergibt
sicfi wiederum vom 13n April bis zum Tage vor dem 2n April,
354 Tage usw. Hippolytos gibt eigentlich nur acht Daten , denn die
Jahre 1 — ^8 sind den Jahren 9 — 16 in jeder Beziehung gleich.
Oktaeteris des Hippolytos mit Datum des OstervoUmoads
Bezeichnung der Embolismen. nach unserm Kalender.*^)
EM 1 13. ApriL
2 . ^ • . • • 2.. April.
3 21. März.
EM 4 9. April.
5 29. März.
6 18.jMärz.
EM 7 ö. ApriL
8 25. März.
Die Ostersonntage selbst aber stehen auf der linken Seile der Ka-
thedra, und zwar sind sie hier für 112 Jahre, sieben hippoiytische
Cyclen (in Wahrheit vierzehn Oktaeteriden) angesetzt. Man sieht das2
die österlichen Mondjahre von einem Ostervollmond zum andern, deren
die Rechnung bedurfte, von der praktischen Ansetzung desFesXes ge-
schieden wurden.
Ist es also an sich wahrscheinlich dasz man in den ersten Jahr-
hunderten der Kaiser dem politischen Jahresanfänge vom Januar das
tJebergewicht eingeräumt habe über den kirchlichen, die Gleichsetzung
der Jahre angehend ; ist es ferner wahrscheinlich dasz dem hippolyti-
sehen Kanon ein alexandrinisches Muster zu Grunde lag: so dürfen
wir auch annehmen dasz die Alexandriner dem römischen Jahr**)
28) Die Daten sind in griech. üncialen und dennoch lateinisch, wieder
Abdruck in J. A. Fabricius' Hippolyti Opera p.38 (Hamburg 1716 u. 1718 Fol.)
»eigt. Fabricius gibt auch mehrere Abbildungen der Statue auf ihrer Kathedra.
Joseph Scaliger de emend. tempp. p. 677 gibt aaoh einen Abdruck nebst
Commentar. Die obige Halbtafel ist nach Ideler wiederholt. 29) Nach
romiseOen Jahren mosten sie auf alle Fälle arbeiten im Auttrag der Papste
A^^MomuM^ ."^ Beiixfkge zur ^riecbisohen Zeitreebnnng:. 821
immer das höhere Passajähr gleiohsMzien, so dasz die Jahre 1, 4 usw.
mit 13 monatlichen Osterjahren parallel «tanden.
Auch die Sechzehnjährigkeit hindert mcht den Rückschlusz auf
den 19jäkrigen Kanon Alexandrias. Dies lehrt ein Blick auf die Oster-
grenzen der Al^andriner und des Hippoiytos , wie Ideler sie II S. 218
nefoeneinandisr stellt. Man gibt dabei zu dasz nicht blosz die spätere
alexandrinische Ostercechnung, sondern schon die ältere (zu Hippoiy-
tos Zeit) diesen Ansätzen folgte. Unter den 16 Jahren zeigen sieben
Vollmonde, dasselbe Datum; fünf differieren um äinen Tag, zwei um
deren zwei, was bezuglos ist zu der 12- oder 13monatlichkeit; die
beiden noch übrigen Ansetzungen aber, wo die Differenz einen Monat
beträgt, kommen auf Rechnung der besondern Ansichten der lateini-
schen Kirche. Wären diese nicht hinderlich gewesen , so würde wahr-
scbeinlich das eine der beiden betreifenden Jahre , das 6e vermutlich,
ein mit dem alexandrinlschen identisches Datum zeigen , denn es sind
identisch die Daten des 3n, 4n und 5n, dann die des 7n, 8n, 9n und
lOn Jahres , so dasz in der Mitte dieser Okta^teris das 6e Jahr nur aus
den bekannten Sondergründen abweicht und ohne dieselben ein eben-
falls mit dem alexandrinlschen gleichlautendes sein würde. Hippolylos*
Kanon ist aber eigentlich eine Okta^teris, denn seine anderen acht
Jahre bieten wieder die nemlichen Monatstage. Es finden sich also
Hippoiytos'* OstergreQzen in dem alexandrinlschen Kanon sämtlich
wieder, nur die eine nicht, welche unter dem Einflusz eines lateini-
schen Vorurtheils entstand. Hippoiytos wird mithin seinen achtjähri-
gen Cyclus aus^ der ihm vorliegenden Enneakaidekaeteris der Alexan-
driner verkürzt haben. Es mochten 19 Jahre sich dem vierjährigen
Zeitkreise Caesars gegenüber als incommensurabel wenig empfehlen,
wogegen Hippoiytos über seine Oktaeteris die einfache Norm geben
konnte, seinen ersten ifißoha^g zwei Jahre vor dem ersten juliani-
sehen Btssext der Oktaeteris ; auf das Jahr nach letzterem seinen zwei-
ten ifißoXuiftog; den dritten endlich auf den folgenden Bissext selber
anzusetzen. ^)
Da also auf Hippoiytos' Tafel die Jahre 1, 4, 7, 9, 12, 15, aber
nach Wegräumung der lateinischen Sonderansichte*n das le, 4e, 6e,
9ef 13e und 14e Jahr dreizehrmionatlich waren, so ist zu vermuten
dasz eben diese Jahre auch in der alexandrinlschen Enneakaidekaete-
ris Schaltjahre waren. Es fehlt nun noch eine Vermutung über das
letzte Schaltjahr. Da die Vergleichung beider Datenreihen zeigt dasz
die drei dem Hippoiytos an 19 fehlenden Jahre den alexandrinlschen
11, 12 und 13 entsprochen haben würden , unter diesen dreien aber
das lle alexandrinische dreizehn Monde zählte, so erhellt dasz dieses
dem auf das hippolytische 16e folgenden Jahre parallel gestanden
Hippoiytos kann man sich als einen so beanftragten denken. 30) Mög-
lich dasK die Verkürznng aaf acht Jahre Halt qder Anlasz fand in der
Kande dasz auch der Enneakaidekaeteris eigentlieh eine Oktaeteris zu
Gnmie liege.
SSS A. Mommsen: Beiträge gur. yiecfaiecheii
b&Ue. So gelangt man zu der Annahme» es werde Hippolytos ia dem
Kanon, dem er als seinem Muster folgte^ wahrsdieinlieh das l7e als
ein Schaltjahr, das 16e und 19e als Gemeinjahre vorgefunden haben.")
Diese an den hippoiytischen Kanon geknüpften Erwägungen be-
stätigen sich vollkommen durch Vergleichung der 84jährigea Oster-
tarel des Viclorius , dessen Daten die Jahre 1, 4, 7, 9, 1% 16, 17 als
österliche Schaltjahre ergeben ; auch Victorius' Tafel ist für die latei*
nisohe Kirche bestimmt. Von eioer wiederkehrenden Oktaeteris findet
sich begreiflicherweise bei Viclorius keine Spur. Die Datej;! sind an-
ders berechnet, desto wichtiger also die Uebereinstimmung der Schalt*
und Gemeinjahrsfolge. Die Ansetzung des 7n und 15n sowie der wei-
terhin im Kanon entsprechenden Jahre als Schaltjahre schdnt Viclo-
rius als traditionell in der lateinischen Kirche beibehalten zu haben.
Obwol es nun wahrscheinlich ist dasz die ursprangliche Osier-
tafel der Alexandriner das le, 4e, 6e, 9e, 12e, 14e und 17e Jahr drei-
zehnmonatlich zählte, so dürfen wir doch noch nicht sofort mit der Zur
mutung dieselben Schalljahre bei Kallippos zu finden an die heidni-
schen Vorzeilen hinantreten.
Schon in Gap. II S. 215 ist denjenigen entgegengetreten worden,
die etwa sich wundern , wie die bisherige Untersuchung danach ge-
trachtet, die älteste Form der kirchlichen Enneakaidekaeteris Alexan-
drias aufzufinden durch Umwege ^ ohne die voykommen beglaubigte
Gestalt derselben wie Dionysius Exiguus sie gibt zu beachten. Diony-
sius bestimmt ^ausdrücklich' das 3e, 6e,Be, lle, 14e, I7e und.l9e Jahr
zu Schaltjahren, und wer die alexandrinischen Ostergrenzen nach-
rechnen will , findet eben bliese Jahre dreizehnmonatlich. Hätte denn
diese neualexandrinische Sclialtjahrsfolge , die doch aller Wahrschein-
lichkeit nach zu Alexandria entstand, nicht das Näherrecht auch als
die altalexandrinische Gestalt zu gelten, von der also gar nicht abge-
wichen wäre ? mithin für diejenige Form der Enneakaidekaeteris , in
der man das bei den Alexandrinern bewahrte Erbgut von Meton und
Kallippos erkennen müste? — Ein solches Näherrecht ist deshalb
nicht vorhanden, weil die Enneakaidekaeteris des Dionysius sich an
die christliche Aera anschlieszt, während, wie oben gezeigt ist, Hippo-
lytos und die 84 jährige Ostertafel von heidnischen (neumetoniscfaen)
Epochen ausgiengen, folglich ihre Schaltfolge eher die heidnische sein
kann. Offenbar ist der Anschlusz an die christliche Zeitrechnung die
später entstandene Weise. Das letzte neumetonische Epochenjahr
vor Christo ist 01.193, 2= v.Chr. 7/6; Dionysius Exiguus, der Urheber
unserer christlichen Aera, begann nun, wie sich zeigt» die sechs Jahre
vorher wegwerfend, seine Enneakaidekaeteris mit OL 194, 4=: v. Chr. l/l
31) Zu dem gleichen Resultate gelangt man, wenn man dem 16jahrigen
Kanon einen zweiten anlegt und weiter zahlt; dann kommt man mit dem
17n Jahr auf einen ifißoXiafMg, das 18e und 19e bleiben Gemeinjahre.
Dieses Verfahren ist insofern nicht unberechtigt, als eine Abändetung und
Verkürzung wenigstens in den ersten Cyclen wenig bemerkbar sein sollte..
A4 Memmsea: Belträge^zur gneehischeii Zeilreduuing. 22S
n« Chr. xa zählen, behielt'aber die Schaltjahrsfolge, welche die von
der heidoiachen Epoche laufenden Cyclen gaben; so musten ihm das
äe, 6e, 8e, lle, 14e, 17e und 19e Jahr seines Kanon zu Schalljahren
werden. Nichts kann also sicherer erwiesen sein, als dasz Dionysius
an dieselben Schalt- und Gemeinjahrsfolgen sich anschlosz wie die
nach welchen Hippolytos arbeitete , also nach Enneakaidekaeteriden,
in denen die Jahre 1, 4, 6, 9, 12, 14 und 17 dreizehnmonatlich waren.
Zur Veranschaulichung möge hier die Entstehung von Dionysius erstem
Kanon sich darstellen ; iiißoXiOfiog bezeichnet die österlichen Schaltjahre.
Jahi
-e des 19jäh<
rig>en Cyclusfvon
der
christlichen
£poche(nachDio-
uys]
ixifruus)
laufend.
Jahre de» lOj&hri^en Cy-
clus von der neumetoni-
schen Epoche laufend.
vor Christo 7
6 '
3 *
2 '
1 ;
nach Christo 1 ^
2 .
3 •
4 '
5 '
6 '
7 "
8 '
9
10
11
12
13
14
15 '
16
17
18
lÖ
Man sieht also wie sich dieser von Dionysius Exiguus' Schalt-
jahren zu entnehmende Einwurf in eine genaue Bestätigung der
Schaltordnungen welche er vorgefunden haben musz umwandelt. Zu-
1 i(ißoUafi,6g
4 i^ßoXiüfLos
5
6 iiißoltafios
7 . . . .
8 . . . .
10 ... .
11 ... .
12 i[ißoXtafi6s
13 ... .
14 iiißoXiafiög
15 ... .
16 ... .
. 17 fyßoXiaitog
18 ... .
19 ... .
1 i(ißoXtaii6g
2 . . . .
4 ifißoXiaiAog
5 . . . .
6 iii^ßoXiafbog
1
2
4
5
Qi(i>ß.
7
Hiiiß.
9
10
11 ifLß.
12
13
Uifiß.
15
16
17 ifip.
18
I9i(iß.
S24 A. Mmmnsen: BeitrS^ cur grieehiseben SM^Mkmng.
gfleich ist wieder deutlich -wie IHonysias 9Ö wenig als mdglieh an der
schon bestehenden Osferschaltordnung veränderte, vielmehr die vor-
gefundenen EmboUsmen beibehielt und lediglich 4ie Epoche änderte.
Durch diese verstandige Schonung des bestehenden seheint es ihm
auch gelungen zu sein für diese Rechnungsweise seine Zeitgenossen
völlig zu gewinnen , denen auszerdem auch die christlichen Beweg-
gründe zu Gunsten seiner Chronologie entscheidend dünken musten.
Wir haben also anzunehmen daszdie ältesten Kirchenlehrer Alexan-
drias sich zur Ansetzung des Osterfestes einer Enneakaidekadteris be-
dienten, in der die Jahre 1, 4, 6, 9, 13, 14 und 17 dreizehnmonatlich
waren. Da nun nachgewiesen ist dasz man auch in der ältesten Kirche
ausgieng von neumetonischen Epochen, so liegt die Vermutung nahe
dasz jene Schaltreihe auch die neumetonische sei.
IV.
Ehe aber die*bisherigen Ergebnisse weiter- vierfolgt werden, müs-
sen einige principiell abweichende Ansichten hier besprochen werden.
*Die Schallmonate' so wird behauptet (von A. Boeckh : zur Geschichte
der Mondcyden der Hellenen S. 101) 'dienten in den Cyclen dazu,
den gegen die Sonne gerechnet zurückgegangenen Jahresanfang wie-
der vorwärts zu schieben , und es ist daher gegen das Wesen eines
Cyclus , dasz er mit dem Schaltjahr beginne.' Wäre dieses richtig,
so müste auch der julianische Zeitkreis mit dem Schaltjahr schlieszen;
im Gegentheil liesz Julius Caesar ihn mit dem Schaltjahr anfangen.
Für das Princip macht es keinen Unterschied ob man den zurück-
gegangenen Anfang des Sonnenjahres um einen Tag, oder ob man den
zurückgegangenen Anfang des Mondjahres um mehrere Wochen wie-
der VQ^rwärtszuschieben hat. Jene Behauptung widerspricht ferner dem
Osterkanon des Hippolytos , auch der sehr gut gearbeiteten 84jährigen
Ostertafel der lateinischen Kirche , d. h. zweien nicht erst durch Ver-
mutung erralhenen, sondern historisch durchaus beglaubigten iuna-
rischen Zeitkreisen. Man kann auch die Monate selber heranziehn,
sofern man mit dem 30tägigen beginnt, also dem Monde seinen Zu-
schusz an Zeit gleichsam praenumerando gewährt ; ja eine consequente
Befolgung der Vorschrift dasz, alle Monate voU genommen , immer
der 64e , 128e Tag usw. wegzulassen sei um die hohlen Monate zu fin-
den, ergibt den Anfang des Cyclus mit zwei 30tägigen Monaten, so
dasz dem Monde zwei Zuschüsse vorauf gegeben werden. In der
That also scheint jene Ansicht nicht haltbar und dürfte auf einer Ver-
wechslung beruhn. Allerdings nemlich gelangte wol der Mensch nur
allmählich zu der Kunde , dasz bisweilen ein 13r Mondwechsel herzu-
zunehmen war; anfangs mochte er es mit dem 12 monatlichen Jahre
versuchen , bis er sah dasz es zu kurz war. Und auch bei der ersten
einigermaszen zulänglichen Schalteinrichtung konnte es natürlicher
scheinen und näher liegen , immer erst so lange es angieng bei der
Hegel zu bleiben, d. h. bei dem 13 monatlichen Jahre, darnach die
Ausnahme — das 13 monatliche — folgen zu lassen. Diese einem
A. MomniBen: fi^RrUge zur griediisdhen Zeitrechnung.
kindlichen Sinn ^anz gemäsze Aufibesung^ zeigt die Okiiameris, weli^e
das 3e, 5e und 8e Jahr zu EmboUsmen machte« Als aber Meion der
Chronologe aus den Kinderschuhen half und mit herlichem Schar f-
btick die £nneakaideka€teris erfand, da verfögte die Wissenschaft
frei über die gewonnene Einsicht.*') Sie muste indes auch einer
auszer ihr liegenden, nemlich dem praktischen Leben angehörenden
Rücksicht zugleich eine umsichtige Beachtung schenken. Diese prak-
tisdie Rücksicht aber war die auf den bestehenden Kalender. Diesen
so wenig als thunlich zu stören und dennoch ihn zu berichtigen , mit
dieser Berichtigung audh nicht nutzlos zu zögern war recht eigentlich
der Triumph der Wissenschaft. Nun brauchte Meton eben nur 19 Jahre
aus der Reihe aufeinander folgender Oktaeteriden mit den erwähnten
Schaltjahren (3. 5. 8) herauszunehmen , um seine Idee zu verwirk-
lichen ; die durch das Gesetz der wiederkehrenden Enneakaideka^teris
dennoch entstehende Abweichung^ von der alten Schaltreihe konnte
erst nach Jahren merklich werden. So hieng es am Ende nur auszer-
lieh von der Erlaubnis irgend eines Machthabers (des Perikles?) ab,
wo Meton seine Epoche ansetzte. Nichts hinderte von dieser etwaigen
Erlaubnis alsobald Gebrauch zu machen. Denn er konnte mit jedem
beliebigen Jahre der OktaSteris anfangen, ohne der Richtigk^t seines
Cyclus zu schaden oder für die ersten Decennien die alte Schaltjahrs-
folge zu stören« Dionysius Exiguus hat die freilich leichtere Aufgabe,
aus dem von einer nicht christlichen Epoche laufenden Kanon eineti
christlichen zu entwickeln, in ähnlicher Weise gelöst, wie das oben
nachgewiesen ist. Er machte blosz einen Ausschnitt aus den bisherigen
Schallfolgen.
*Auch in der von den Juden angenommenen Form des neunzehn-
jährigen Cyclus* so heiszt es weiter (a. 0.) *sind die zwei ersten Jahre
Gemeinjahre und das letzte ein SchaltjiJir.' Da die jüdische Schalt-
ordnung identisch ist mit der von Dionysius Exiguus angesetzten, also
mit der neualexandrinischen, es aber ohnehin anderweitig feststeht dasz
die Kalenderberechnung der Juden nicht ihre eigenthümliche £i€n-
dung ist, so wird es in hohem Grade wahrscheinlich dasz die Folge
der Schaltjahre gleichermaszen entlehnt sei, wir also ohne Grund von
«iner jüdischen Gestaltung des Cyclus reden würden, weil dieselbe
in Wahrheit die christliche, an die Incarnalion unseres Herrn ge-
82) Ein Leser welcher bemerkt, dasz die hier yertheidigte GoBstruction
des metonischen Cyclus die umgekehrte Idelersche ist, mag vleileicht hier-
über stutzig werdeir und, in der Art wie Boeckhs Gegenbehauptung, ein
Votum abgeben dahin lautend , dasz Idelers Schaltkreis genau mit Geminos'
Regeln stimme; wer denselben umkehre, der bringe einen nicht blosz um-
g-ekehrten sondern auch verkehrten und falschen Zeitkreis zu Wege. Einem
also behauptenden möge diese Note sagen, dasz die bisherige Gewohnheit,
der lange Gebranch des von Ideler aufgebauten Cyclus, wol einigen Antheil
an seiner Behauptung habe, und dasz, wenn wir zwar gewohnt sind ein
gesottenes Ei auf die spitze Seite stellend die breite zu öffnen, es dem
>Ve8en des Eis nicht zuwider ist dasselbe umzukehren, wol aber unserer
Gewöhnung, die freilich dem Eieresser seinen Genusz bequemer macht.
226 A. Mommsen: Beitrige zur fpriechlscben Zeitredmong.
kfifipfle ist. Dasz aber diese Form blosz durch Yersehidiiing der
Epodie aus einer andern älteren , die das Näherrecht der AbstaoHnaiig
vom Kailippos und Meten habe, entstanden, ist vorhin gezeigt worden.
Die jadische Chronoiog^ie nahm also wol einen ähnlichen Gang wie
dieunsrige; denn anfangs rechneten auch die Juden nach dem kallip-
pischen Epochenjahre, da sie die Aera der Seleukiden brauchten.
Der j&dische Kalender erweist sich ebenso abhängig wie das Volk.
Wenn nun Petavius im metonischen Cycius das 3e, 6e, 8e, He, lie»
17e und 19e Jahr dreizehnmonatlich ansetzte , also dieselben Sehalt-
jahre statuierte wie sie im jüdischen Zeitkreise* folgen, so fragt es sich
doch wol, ob ihn die Annahme leitete, der jüdische Schaltzirkel werde
auch der altgriechische gewesen sein..**) £r konnte sich die Sache
so denken, dasz der neualexandrinische Cycius, welcher beiläufig
auch einerlei war mit dem judischen, auch der altalexandriaische
müsse gewesen sein, d. h« dasz es einen besonderen altaiexandri-
nischen Schaltzirkel nie gegeben habe, mithin der neualexandrinische
zunächst gelten. dürfe als herrührend von den altgriechischen Astro-
nomen. Und würde nicht diese Folgerung alles für sich haben, wienn
unsere Quellen sonst keine weiteren Daten an die Hand gäben? — Die
christliche Gestalt der Enneakaidekaeteris mochte auch Dodwell vor-
schweben; seine Anordnung der Schaltjahre weicht von dem noch
heute üblichen Osterkanon nur in einem einzigen (der 13e statt des
14n österlichen Embolismos) ab. Diese Ansicht ist auch die Idelersche.
Jeder sieht aber wie sehr sich derjenige im Vorlheil befindet welcher
behauptet, eine von christlicher Epoche laufende Enneakaidekaeteris
habe weniger Recht an Aehnüchkeit mit der kallippischen als eine von
heidnischen Epochenjahren laufende und eben von denen, welche in
Kallippos' Periode die Enneakaidekaeteriden anfangen.
Wir haben also jene oben gewonnene Form des altalexandri-
nischen Cycius, wie die lateinische Kirche ihn bewahrt hat unter Be-
rücksichtigung ihrer Sonderansichten, zu prüfen, ob sie die kaUip-
pische d. i. metonische Schaltordnung enthalte. Es wird dies unter
der Voraussetzung geschehen, dasz sowol der melonische als der kal-
lippische Cycius von ihren Epochenjahren an wirklich im bürgerlichen
Leben gegolten haben, nicht aber ihre Epochenjahre und Schaltord-
nungen blosz imaginär und die wirklich giltigen Jahre nach einem an-
dern Kanon gezählt worden sind. Wer die Zeugnisse und das that-
sächliche unbefangen erwägt, wird gewis mit Ideler I S. 322 zu dem
Resultate gelangen, Masz die Gründe für den Gebrauch des Cycius
die för seinen Nichtgebrauch überwiegen oder vicläiehr , dasz die letz-
leren bei einer näheren Prüfung als unhaltbar erscheinen.* Boeckh
hat dieser Ansicht lange Zeit beigepflichtet, bis ihn epigraphische For-
schungen lehrten dasz die Dodwell -Idelersche Anordnung des Cycius
mit gewissen Jahren streite, welche als zwölf- oder dreizehnmonat-
33) Ideler glaubte sich PetaTius' Anordnung so erklären zu müssen
I S. 330. -^
A. Mommsen : Beiträge zur ^iechischen Zeilreehnun§^. 227
liehe sich urkundlich ihm ergaben« Da nun Boeckh die Idelerftche
Anordnung für die inetonische hielt, so glaubte er, Metons Schaltjahre
hätten nicht praktisch gegolten , man sei lange Zeit bei der alten Oktad-
teris geblieben, erst 01.112, 3 hätten die Athener den metonischen
Cyclus angenommen , gerade in dem Jahre wo dieser von Kallippos
verbessert und an eine neue Epoche — eben OL 112, 3 — geknüpft
ward , den nicht verbesserten Zeitkreis nach seiner alten Epoche ein-
fahrend. Vorher hätten sie nach achtjährigen Schaltcyclen gerechnet ;
und dieses Okta^teridensystem nach gewissen Wahrscheinlichkeiten
zu ordnen und als übereinstimmend mit den urkundlich feststehenden
— resp. 12' oder 13 monatlichen — Jahren nachzuweisen, hat Boeckh
groszen Scharfsinn aufgeboten. Aber sein System scheint, ähnlich
dem ptolemaeischen Weltsystem, auf einem nicht haltbaren Grunde zu
ruhen; nemlich dem unbedingten Glauben dasz die Idelersche Anord-
nung des Cyclus auch die metonische sei.
Es fügen sich nemlich die urkundlichen Schaltjahre allerdings
nicht in diejenige Anordnung der Enneakaidekaeteris welche sich an
den von christlicher Epoche laufenden Osterkanon anlehnt; sobald man
aber die österliche Schallordnung von der heidnischen Epoche ab zu
Grunde legt, stimmen die urkundlich sicheren Jahreslängen mit der
Anselzung überein, also damit dasz in dem Cyclus die Jahre 1, 4, 6,
9, 12, 14 und 17 je dreizehn und der Rest je zwölf Monate hatte.
Das erste neumelonische Jahr ist zwiefach belegt, aus Dionysios
von Halikarnass I 63 und aus einer Inschrift. Aus Dionysios ersieht
man nemlich dasz das troische Eroberungsjahr dreizehn Monate hatte,
indem es fast drei Wochen nach den Sommerwende schlosz; es war
aber das Jahr v. Chr. 1185/4, und dies ist ein erstes neumetonisches.
Wer behauptet es sei ein allmetonisches '*) , der traut dem Dionysios
und damit demEratosthenes • — denn dessen ocavovsg vertrat ja Diony-
sios in einer besondern Schrift — zu, er habe nach der altmetonischen
d. h. einer bereits durch eine bessere ersetzten Regel seine Chrono-
graphie eingetheilt, dagegen die kallippische d.h. die richtigere Weise
verschmäht , was in der That dem kundigen Eratosthenes , der wenn
irgend einer auf Chronographie und exacte Wissenschaften sich ver-
stand, sehr wenig geziemt halle. Man kann noch folgendes hinzu-
fügen. Die kallippische Chronologie ist eine mehr hellenistische, das
ganze Alterthum angehende, die des Meton eine mehr athenische.
Kallippos war aus Kyzikos , Eratosthenes aus Kyrene : sie stellen sich
dar als Männer einer mehr allgemein griechischen Bildung, welche
nicht von vorn herein auf Athen gewiesen waren. — Der andere Be-
leg ergibt das Jahr Ol. 112, 3 als Schalljahr, ein erstes neumetonisches
und zwar das Epochenjahr des Kallippos , Archon Aristophon. Boeckh
34) Dasz es nach meiner Norm übrigens ein altmetonisohes Schaltjahr
gar nicht sein konnte, bleibe hier anszenvor. Wer den altmetonischen Cy-
clus suruckrecbnet nnd meiner Anordnung folgt, wird finden dasz erst
1184/3 ein allmetonisches Schaltjahr ist.
^ jiu^ grieebieciien Zeiirechaungr.
^^^jütskttit des Jahres aus dem Fragment einer
Oft» IkmAnkf^^^'^
im^rhff^ »"^ ^ ^ ^L^ gibt es einen ebenfalls epigraphischen Beleg
jTiJHr *•* ^^?y^gyggeUt dasz das Jahr des Dionysodoros richtig
ib»mdlJ^^^^ ^ ^ ehr, gesetzt worden, ist OL 208, 1 Zwölfmonat-
9MÜ ^^^Qt'^mod, 1 ist ein drittes neumetonisches Jahr bei Kallippos.
**^ i^^^sechsle Jahr ist als Schaltjahr belegt durch eine Stelle des
immtr^" Dieses musz ein kallippisches Schaltjahr sein, weil Pto-
??Üi^ !r ^!uial der kallippischen Periode sich anschlieszt und, auch
wMiit wir dieses gar nicht wüsten, ein Astronom des 3n christlichen
iji. ^ richtigere und allgemein verbreitete Periode des Kaiiippos
MesM^ brauchen muste. Ptolemaeos hatte dabei indes nur Vor-
gängern zu folgen , dem Hipparchos , dem Timocharis ; diesen zlemle
ebenso wenig der Gebrauch eines Cyclus , an dessen Statt sich schon
ein genauerer darbot. Alle diese Männer werden einzig und allein
kallippisch gerechnet haben. Dasz sie nach 330 so rechneten gibt nun
vielleicht jeder zu, nicht so für die Zeit vor 330. Boeckh a. 0. S. 103
meint dasz Ptolemaeos' Angaben aus Hipparchos, die Jahre Ol. 99, 2
und 99, 3 betreffend, altmetonisch zu nehmen seien. Es handelt sich
hier um Beobachtungen , die ursprünglich zu Babylon angestellt waren
und deren Daten nun auf hellenische Zeit wissenschaftlich reduciert
wurden. Die Wissenschaft konnte hier ganz frei walten, und wer
könnte zweifeln dasz Hipparchos, aus dem die Beobachtungen zunächst
citiert werden, diese Reduction nach der theoretisch richtigeren Periode,
der kallippischen, anstellte ? Ja gesetzt ein Vorgänger des Hipparchos
hätte jene Daten altmetonisch reduciert, da wäre es die Pflicht des
Astronomen gewesen diese altmetonische Reduction in eine neumeto-
nische umzusetzen , denn nicht zweien Epochen konnte die Astronomie
folgen sondern nur einer, nicht zweien Gebieterinnen dienen, der
Richtigkeit und der Unrichtigkeit , sondern aliein der Richtigkeit. Nir-
gends ist hier eine Spur vom Gebrauch der altmetonischen Enneakai-
dekaeteris. Erwäge man einmal die Sache in ihrer Anwendung. Für
die Zeit des Timocharis etwa 290 v. Chr. und. für die des Hipparchos
etwa 130 v. Chr. sieht der astronomische Gebrauch der kallippischen
Periode fest aus Ptolemaeos Alm. YII cap. 2. Gesetzt diese Astrono-
men hätten die altmetonischen Ansätze von Ol. 87, 1 bis Ol. 112, 2 be-
stehn lassen und auf sie fremde Daten reducieren wollen, in der
Meinung die wirklich so in Staat und Verkehr gillig gewesenen Jahre
Athens nicht umstoszen zu dürfen, wie hielten sie es dann mit weiter
als 01.87, 1 == v.Chr. 432 zurückzurechnenden Jahren? Hier lagen
doch keine giltig gewesenen metonischen Jahre vor, denen sie das
Dementi zu geben sich scheuten ? oder wenn schon von der altmeto-
nischen Epoche aufwärts vollzogene Retrocomputationen vorlagen,
hatten sie vor dieser doch nur imaginären Ansetzung altmetoniscber
Enneakaidekaäteriden einen so abergläubigen Respect, dasz sie es
nnterlieszen die kallippischen Perioden an deren Stelle zu setzen? In-
^s wenn sie dies letztere thaten, bereiteten sie neues Leid, weil dann
A. Mommsea: Beilrage zur grieehischen Zeilreduittug«
die 102 altmetonisGh gerechneten Jahre von 01.87, 1 bis Ol. lU, 3
gleichsam enclaviert waren von kallippischer Zeitrechnung und bio9X
dienen konnten um diese letztere zu verwirren, ihr die vortreffliche
Eigenschaft des aufgehens in ganze Cyclen zu rauben und den Astro-
nom zu nöthigen auf seiner Hut zu sein dasz er im alimetonischen Ge-
biete nicht etwa einmal kallippisch rechne und umgekehrt. Aber wie-
derum, wer mit Boeckh annimmt man habe zu Athen von OL 87, l bis
Ol. 112, 2 gar nicht nach Meton gerechnet, der wird um so weniger
Anstand nehmen zu behaupten dasz Hipparchos auch nicht einen Augen-
blick zweifeln konnte die kallippische Periode in die älteren Zeilen vor
330 zurück zu rechnen, sobald die imaginäre Chronologie nach Kallip-
pos eine ebenfalls nur imaginäre nach Meton vorfand, mochten auch
Melons und anderer Himmelsbeobachtungen nach altmetonischen Cyclen
datiert vorliegen , was in der That gar nicht Hnders sein konnte. Aber
diese altmetonischen Daten werden die späteren Astronomen , wenn sie
sie überall brauchten und nicht babylonische oder aegyptische vor-
zogen, auf neumetonische reduciert haben. Es ist also das Jahr
Ol. 99 , 3 , welches gemäsz den Daten aus Hipparchos dreizehn Monate
hatte , als ein neumetonisches Schaltjahr in Kaliippos" Periode zu be-
trachten, keineswegs als ein altmetonisches, was Ptolemaeos gewis
ausdrücklich bemerkt hätte. Wenn er statt zu schweigen diese Be-
merkung gemacht hätte , so würde diese dem heute nach dieser und
morgen nach jener Epoche rechnenden Hipparchos zum Tadel, den
Lesern aber zur Verwunderung gereichen, da Hipparchos sonst fast in
jeder Beziehung ein Muster von Wissenschaftlichkeit ist. — Ein klei-
ner Misstand war hierbei unvermeidlich, dieser dasz man dem be-
gründeten Usus zufolge den Archonten nannte für ein Jahr, welches
nicht genau das diesem Archonten angehörige war , weil die kallippi-
sehen Jahre früher als die melonischen beginnen und weil das all-
metonlsche Archontenjahr , wie es wirklich gegolten, häufig einen Mo-
nat länger oder kürzer angesetzt werden muste nach Kallippos ; denn
Uebereinstimmung fand blosz bei fünf Gemeinjahren innerhalb der neun-
zehn des Cyclus statt.
£s folgt nun im Cyclus das 7e und 8e, beides Gemeinjahre, das
9e ein Schaltjahr und das lOe wieder ein Gemeinjahr. Diese vier zu>-
sammenhängenden Jahre sind in ihrer Zwölf- oder Dreizehnmonat-
lichkeit nachgewiesen von Boeckh (über zwei attische Kechnungs-
urkunden, Abhh. der berliner Akad. d. Wiss. vom J. 1846); es sind
die Jahre 01.88, 3 bis 89, 2, welche als einer in altmetonischer Zeit
entstandenen Inschrift angehörig gezählt werden müssen von der alt-
metonischen Epoche Ol. 87, 1. Ist aber Ol. 87, 1 das erste Jahr , so
igvird OL 88 , 3 usw. das siebente usw. sein , gemäsz der österlichen
Sehallordnung welche oben aus Hippolytos u. a. ermittelt und als die
-virahrscheinlich kallippische betrachte wurde; in Uebereinstimmung
a.uch mit der Nachricht des Geminos , Kallippos habe die Schaltordnung
des Meton nicht geändert, so dasz ein so und so vieltes Jahr im Zeit-
lere» des Meton die gleiche Monaiszahl haben musz wie ein ebenso
SM A. MomoMen: Beiträge lar grieohisehen Zeitrechnung.
vieHes in dem nemnetoniscben Zeitkreise bei Kallippos. — Nicht un-
'willkommen ist es das von Metons Epoche ab dreizehnmonatlich ge-
fundene neunte Jahr (Ol. 89, 1) mit gleicher Sicherheit beurkundet zu
sehen f&r die neumetonische Epoche des Kallippos und zwar zwiefach,
nemlidi für Ol. 114, 3 das neunte Jahr der nach Ol. 112, 3 ersten neu-
metonischen Enneakaidekaeteris und für 01.119, 2 das neunte Jahr
der nach Ol. 112 , 3 zweiten neumetonischen Enneakaidekaeteris. Ben
vollständigen Nachweis über die Inschrift aus dem Jahre des Philokles
01.114, 3 gibt Boeckh Mondcyclen S.46if. und die einer unzweifelhaften
Ge^sheit nahe kommenden Ergebnisse aus mehreren Inschriflenfrag-
menten, das Jahr des Leostratos Ol. 119, 2 betr., ebd. S. 51 ff. Man kann
in der Tfaat kaum einen Schritt auf diesem epigraphischen Gebiete thun,
ohne den Spuren des vielkundigen Führers dankbar nachfolgend inne zu
werden, wie er Körnchen für Körnchen der sichern Wahrheit hinzuge-
legt und die Basis dieser Untersuchung recht eigentlich geschaffen hat
Das siebzehnte neumetonische Jahr ist als dreizehnmonatlich be-
legt durch eine schon von Ideler I S. 342 benutzte Inschrifl aus dem
Jahre des Nikodoros OL 116, 3.
Endlich hat für ein achtzehntes altmetonisches Jahr Rangabe ein
bestätigendes Ergebnis gewonnen dasz es zwölfmonatlich gewesen,
zufolge *der Zinsberechnung einer aus dem Schatz der Athene im Jahre
OL 91, 2 entnommenen Summe^, s. Redlich Meton S. 64. OL 91, 2 ist
das vorletzte in Metons erster Enneakaidekaeteris.
V.
Nachdem es sich also ausgewiesen hat dasz die aus den Ostercy-
clen gewonnene Vermutung über die wahrscheinliche Einrichtung des
kallippischen und metonischen Schallkreises durch die urkundlich be-
kannten dreizehnmonatlichen und zwöifmonatlichen Jahre bestätigt
wird, lassen sich nunmehr die altgtiechischen Cyclen mil Hilfe der
Regeln des Geminos construieren.
Aus gewissen Daten des Almagest geht hervor dasz Kallippos
seine Periode am 28n Juni begann. Da nun die sichtbare vovfii^v/a
sich erst am Abend des 29n zeigte , die astronomische aber morgens
halb vier den 28n eintrat, so zeigt es sich dasz Kallippos von der
volksthümlichen Weise abgieng den Monat mit dem Abend, da zuerst
die Mondsichel bemerkbar war, zu beginnen, wie er denn auch statt
der scheinbaren Auf- und Untergänge der Sterne die wahren setzte.
So lehrt Ideler I S. 346. Berücksichtigte also Kallippos die sichtbare
vinf(itiyU)c nicht, so liegt die Vermutung nahe dasz er seinen Tag auch
nicht nach der griechischen Sitte mit dem Vorabend begonnen , son-
dern wie andere Astronomen auch den Tagesanfang wissenschaftlicher
in eigner Weise bestimmt habe. Nach Ideier hätte Ptoiemaeos den
Morgen gewählt; Hipparchos fählte seinen Tag von der Mittemacht
an , wie die Sitte der Aegypter verlangte (Plin. N. H. II 79 bei Ideler
I S. 160); dem Ptoiemaeos mochte man am liebsten denselben Tages-
anfang zuschreiben 5 denn was lehrt er anders als hipparchische Afetro-
Am Umame^ '. JB^tUiSgAiSur gfiecbifAltfin: ^ekfff^SjtuMiQg. SM
•
Doi»ie? Aber .ire)^her^KpoehenaUiAc|e. fplgte.:4eiui Kal{iiipgB9.MPMier
m««09 pfilegiia^CTptUsohe Dalfia na^df^^'A^rn (jbes Ni^)>ona«ßar wt kal*
lippi^elipn 2a p^raUeiisieren ; nun ab.«r.. sejUt er die £pqcb^n8(uade der
erstem <auf deii.MiUag des In Tholb, qo da$z wit) f^qneigl werdßnjdeaa
yoT9#aeizten Datiom d^r ^riecbi^en A^tranomie d^^leicbe Epocheiv
stunde. beisuLegetu Dasz. er dennoch; selber d?n T^^ mit dem Mf^rgejn^
zu befii^eyEt sc^eauit» soferri e,r die Nip^gen^uade 4es 31n Pbaipenoth
bernaicb depi.Anfangf de# 31n Pha^nißnotUii^uin^eisl (Almag^st III 2 St.
li62 ff . Ideler I 3* '100]! , $%iait eben bo Scchljecht mH der , dennoch, gan^
sichßr»^ E^pochei^st^nde jener Aei;a und widerlegt al$a. keineswegs dasz
Kallifpos nicbi.^a€tirden.Mijlt^g.]L9Anie gezahlt babeo« Tielieichti at^r
beruht Jdeiers .Anaic^ von Ptojepiaeos' loatinaler Epoche auf. ein^r m
eigQnUioben Auffas^uiig: djerfWo^te desselben: n&ql. tifv i^ifv rtig.vov
^UfiSVGi&.Kcfli^ indem der früheste. Sonnenaufgang, des Jahres ^ von
weichem, hier, die B^de ist, ; doch "wot^ den Tag vo^ MliUer^aohi!« a^g^-
zahU y den Anfangsstunden :-^: freUieh nicht. deRi .Anlangspuniite ,; was
auch nicht m tcc^/: liegt —v des ptolentaeischen Tages, angi^hört,: Abge-
sehn , von; dem 'u^^'wiilkpinmeiien schwanken ^nf^r matinjaUen Epochen-
stundß hat ßs: w?nig,W^scheinUchkeit dasz Ptolemaeas voni der zu-
gleich «kegyplisc^ßn. is^id zudem afich. hippskrcbisoben ^eise. den: Tag
mit der lVIitjl€^r<>{^sht zu beginnen Mch^:enjtfer^l hab^n sollte. Nun.^-
klärt sich auch noph; diei Nitnen^ung des.foig^den TagQs bei ^ faist al-
l^u' nächtiichei^ Observationen die ptolei^iaeos,, berichtet, wie auch wir
bei un^^er : ebenfalls j^iitternäehüichen Epochenstunde des Tages ver-
anta3.zt;sind eine Nacht, z.jIB^ials die; vom eilften ^.auf den : zwölften zu
bezeichnen. Ptolemaeos. hatiß da^u. noch ipfiehij Vera9i\a»5ung..bai iden
damals untßr verschiedenen Völkern noch sehr vej^chiedenem Tages-
anfangen, z. 3- di^m volksJhümliehen der Griechen vom Abend.^. dein
von PtolemaeQs selbst angegebenen nabonassarischen^. vom Mittag.
Wer Idelern^ der; leideren. Punkt allerdings. mit ebe» dem Rechte far
seine Auffassung geltend gemafciht hat , beistimmt ^ der wird uns zu er-
klären haben; wie es doch. zugehe: dasz Ptolemaeos so. allein daM^he
mit der Anset^ung einer Tage^epoohe, die an sich selber.schwankend der
astronomischen Wissenschfift sich wenig empfehlen konnte. Ptolemaeos
ist ja auch überall mehr Sammler und Ueberlieferer bisher gewonnener
Resultate. Man kann auch noch aus der mittäglichen Epochenstunde
<}es In Thoth im ersten nabpnassarischen Jahr einen Grund ableiten
§^e^en einen daneb^ gebrauchten Anf&ng des Tages mit dem Morgen.
Während nemlich die Müternacht immer 12 Stunden vor dein' ^Mittag
ciniriffl, wird jes bald früher bald später ]\torgen. Die mUtagliche
Epoche erlaubte also wol den Gebrauch der einen halben Tag frühe-
ren neben sich» sobald man nur eine bestimmte Regel. befolgte die
Tage der nabonassarischen Aera den aegyptischeh gleichzusetzen,
während der raorgenlich begonnene Tag auszer dem abweichenden
und dazu sich verschiebenden Anfang auch noch etwas, kürzer oder
etwas länger war. al§ der von Mittag zu Mittag, und. dazu an ver-
schiedenen; Orten .verschieden (Plolem. Ahn. III 6 S. 208 fif.).* Was
Jahrb. f. claM. Philol. Suppl.N. F. Bd. I Hft.3. J^Q
•
nun ien Kidlippos ^trifll, so war 68 , astrondnüisch angese^n, ^ben-
ftiUs nicht passend den Ta£^ mit der bald früher bald spftfer beginnen-
den D&nmerang des Abends anzufangen, nnd der Grieche that dies
aneb nur nm den Monatsanfang aadi als Tagesabfang zu haben bei
der vovftfqvü» ; -da Kallippos aber jenen nach der wahren Conjanetion
ansetzte , so hinderte nichts aach diesen theoretischer zu bestimmen.
Hiemach scheint es vorzuziehn nicht mit Ideler den Abend des9Bn
Juni , sondern den Mittag dieses Tages als den Anfangspunkt der kaltip-
pisehen Periode zu betrachten. Gehörten dem In Hekatbmbaeon des
KalHppos vom S8n nur die wenigen Stunden vom spätesten Sonnen-
unlergang des Jahres (Sommerwende> bis zur l^tternaeht, dagegen
vom S9n bei weitem der gröszere Theil , so th&ten wir flberali Un-
recht diesen In HektOombaeon nicht mit dem 19n Juni gleichzusetzen.
— Der Mittag hatte in diesem Falle auch zugleich den Vorzug der
wahren Conjuncüon um einige Stunden näher zu Hegen als der Abend.
-^ Es erreichte aber Kallippos damit die Berichtigung des von Meton
gemachten Fehlers, welcher sich, als die Zeitrechnung des Kallippos
eintrat, auf ein Plus von 1^ Tag belief. Dies Drtttheil eines Tages, also
etwa 8 Stunden, brachte Kallippos wol durch HinaüMckung der Epo-
ehenstunde vom Abend auf den Mittag zuglei<^ ein (obwol- die Hälfte
der Tagesh^le in Athen am längsten Tage etwas wemger beiragen
wird)« Uebrigens handelt es sich hier begreiflicherweise nicht um die
wissenschaftlich genaueste Bestimmung von Metons Fehler, sondern
nur um die Vorstellung welche Kallippos von diesem Fehler hatte;
Kallippos aber setzte Ihn zu ^ Tag jährlich an, was in den 103 Jah-
ren von Ol. 87, 1 bis 112, 3 einen Tag und etwa 8 Stunden gibt
Der erste altmetonische Hekatombaeon fiel um die Sommerwende
des J. 433 v. Chr. und zwar auf den Abend an welchem der Neumond
zuerst erblickt wurde« So scheint es nun als hätte man zwischen zwei
Neumonden zu wÜilen, demjenigen welcher der Sonnenwende vorher-
gieng und dem weicher nachfolgte. In der That aber ist eine solche
Wahl keineswegs gestattet, denn Meton begann die Reihefolge der
Fixsternerscheinungen und Episemasien, wdche als regulierende Seala
wol neben den 19 Mondjahren im Parapegma herlief, mit dem Ta|^
der Sonnenwende.*'^) Hiernach läszt sich annehmen dasz seine Mond-
3&) Diodor XIT 36^ sagt von Meton: iiidTjns t^v ^optaioftipfip hß-
qotpoifuSvog tQiwaideiutvfig: es ist aber dies das kallippiscbe Datum der
Sonnenwende des J. 432, sowie Meton sie ansetzte, der 27e Juni. Ptole-
maeoB (Alm. Ill 2 S. 162 ff.) setzt die Beobachtung der Wende durch Me-
ton auf den 21 n Phamenofh d. b. den 27n Juni, also auf dasselbe Datsm
welches Diodor als die a^z^ foeseichnet. Dasz es nieht der Anfang des
Cyclüs.war, sondern der des Sonnen- und Fixsternkaleaders, welcher eiiira
in erster Columne daneben lief, weist Ideler I S* 326 nach. Dieser Ka-
lender verdient indes wol nicht den Namen eines neunzehnjährigen, weiclieii
Ideler ihm beilegt. Die Reihefolge der Himmelserscheinungen von der Son-
nenwende an muste eben nur reichlich ein tropisches. Jahr umfassen . x&m
auch fKr di« längeren (dreizehiunooatliehen) Jahre auszarelchea ; eine «imi^e
A. MowniM».: Beiträge wn griechteehea ZeilceduHing* 833
jalirordnting imeh nicht vor der Sonnenwende anhob, sondern n^ch
derselben, ja es wird wahrscheinlich dasz die Sonnenwende überall
von ihm als die früheste Grenze des ersten Hekatombaeon angesehen
WOTden sei, ein Jahresanfang also, wie ihn Ideler für das dritte Jahr
des metonischen Cyclus angenommen (Ir Hekatombaeon ;= 26n Juni),
dieser wahrscheinlichen Absicht des Meton nicht entspreche. Auch
Piaton (Gesetze S. 767) nimmt als selbstverständlich an, dasz das Jahr
eiiMge Zeit**) nach der Sommerwende beginne. Die Vermutung dasz
I^atonhier ein anderes als das zu seiner Zeit bürgerlich geltende Jahr
im Auge habe, empfiehlt sich nicht für etwas so ganz beiläufig er-
wähntes, gleichsam stillschweigend vorausgesetztes. Der Verfasser
der Gesetze schreibt vor, dasz am Tage vor der Sonnenwende (i;ret-
iav ^kk'g viog iviawiog iura ^SQtvccg TQOTtig t6 huovu (np/l yCyvt-
a^ty tuizr^ tijg ri^dqag tj| nifoc^sv) die Behörden in einem Tempel
zasammenkommen und unter Anrufung der Gottheit Richter wählen
sollen, jede Behörde einen; dann^oll eine Dokimasie stattfinden, im
Fall aber einer der gewählten die Prüfung nicht besteht (ictv dh ano-
ioxificat^ tig\ eine in ebenso feierlicher Weise («ara ravrcc) vorzu-
nehmende Neuwahl eintreten. Nun sollte doch die ganze Procedur ge-
wis im alten Jahre beendigt sein, um mit dem neuen ins Leben zu
treten , so da^ mit der Meinung des Schriftstellers derjenige Oydos
am besten stimmt, welcher zwischen der Sonnenwende und dem Neu-
jahr noch einige Ta^e verstreichen läszt, innerhalb welcher Frist sich
solche Colamne.geniigte um eine jede Fixstemerscheinang durch sämtliche
10 Jahre faiii meionisch %u. datieren, indem maa die z. B. in der ersten Co-
Inrane Iftiks angegebene Fixsternerscheinung in derselben Zeile durch das
g^nze Parapegma lu verfolgen im Stande war. Ebenso galten wol die Ne-
benbemeriraiigen über Wetter, Wind u. dgl. ein für allemal für alle 19 ent-
BpreGbeaden Daten des Cyclus, denn nicht den Monatstagen waren sie ange-
knäpfk sondern den Fixsternerscheinungen, und swar so nicht erst bei üe-
minos sondern seit alter Zeit^ vgl. Geminos Isag. 14 p. 70: ol yciQ an*
UQX'^g naQtnriQ'Baavtes %cd avvta^ditBvoi ti naQanijyiittta^ iisvdaavtsg
%ovs rdxovg tov Sadiaxov HvnXov , iv olg tag in£uap a[ iistccßoXcil vov
a^ogyipovxai, infOnB^vto %cna xavg xffovovg xovtovg xiva t<ov uüXQtov
iffavikU^ %zi. 36) Indes brachte der ftijv iTCLtav nicht allemal das Neu-
jahr. Piaton ist hier nicht genau. Wenn man den In Skirophorion des
10a altmetonischen Jahres = 27/28n Juni als den Tag der Wende ansiebt,
so bringt unter den 19 Jahren des Cyclus der yki^v inimv sehnmal das neue
Jahr, Man könnte auch dem Piaton in seinen ietsten Lebensjahren wol zu-
IraiieB , dasa er Kenntnis nahm von dem theoretisch gewis schon damals ge-
wonnenen Resultate, dass Meton die Wende su früh angesetzt habe (auf
den 27n Juni) . so dasz er für .die Mehrzahl der Jahre den Hekatombaeon
als den iiijv lni.mv betrachten konnte. Doch vielleicht dürfen wir Jene
"W^orie nicht zu streng nehmen, weil am Ende Piaton doch nur einen festen
Ta^ nennen will, welcher vor dem Jahresschlnsz noch eine Frist gewährt^
auf deren Lange es weniger ankommt. Es galt wol auch gemeinhin als das
regelrechte, dasz das Keujahr auf den ersten Neumond nach der Wende
fieiy wofür dvin als massgebendes Beispiel das metonische Anfangsjahr, im
Parapegma gelten mochte, gleichsam Instar omninm. (Hierbei ist von den
unten folgenden Tafeln ausgegangen,)
16»
2S4 A. Mommsen: BeiUrSge zur griechischen Zeitre^&iinn^. -
jene platonische Vorschrift fGglich voHzieheri kaiih.**) — Auf keinenFall
werden wir wol Ursache haben an Idelers Lehre zu zweifeln dasz Me-
ton seinen Epochentag mit dem zuerst stchlbaren Neumonde nach der
Sommerwende des J. 432 begonnen habe, also, da die Conjanclion
abends halb acht Uhr den 15n Juli eingetreten, mithin der neue Mond
am Abend des 16n zuerst sichtbar geworden sei, Meton seinen er-
sten Hekatombaeon vom Abend des 16n Joti 432 ab gerechnet hafben
müsse.") Was aber nun das julianische Datum betrifft, welches wir
diesem Tage und überhaupt jeglichem altmetonis(^eh Datum parallel
zu setzen haben, so scheint es richtiger stati nach defm Vorabend
vielmehr nach dem Tage (dem hellen Tage, -Lichttage) unser Datum
anzuknüpfen , mithin den In Hekatombaeon Ol. 87, 1 mit dem 17n Juli
432 zu identtficieren , wobei ^"man dann nur festzuhalten hat dasz ein
altmetonisches Datum immer seinen Vorabend habe j so wie bei uns
Weihnacht den We9machtsabend und Neujahr den Neujahrsabend. Es
entbindet uns dies auch wol meistens von der freilich nicht gerade
37) Auf die Neujahre, wie sie Boeckh (Mondcyclea S. 27 ff.) nach seiner
Oktaeteris ansetzt, passt Platons Darstellung noch weniger, obwol aller-
dings die dem Lebensende des Piaton näher Hegenden Jahre &fter nach der
Wende beginnen als z. B. diie Jahre (M. 00, 2 Us 97, 4» nntpr wekhen nicht
weniger als' eilf vorder Wende anfangen, d.fa.'umer dreien etwa ein«.
38) Dennoch wird man, da bei alledem die metonische Epoche nicht
mit der Sicherheit feststeht wie die kallippische, vielleicht die Frage auf-
werfen dürfen, ob vielleicht eine Hinaufrückung des metonlschen Epochen-
tages uns von der nnwillkommenen Nöthigung befreie eine wichtige Steile
des Thukydides zu ändern, II 2 üvd'O&io^tw ivi tiaactQag p/^Pag a^ov-
xog statt des überlieferten Svo firjvag. Aber dies ist nicht der Fall. Den
16/i7n Juni 432 als Epochentag gesetzt^ ergibt sich für das Ende' des Mu«
nychion der 6/7e Mai (Plataeae überrumpelt); am 80n Tage von da ab er*
ster Einfall der Spartaner im hohen Sommer als das Getraide reif war, was
anf den 24n Juli käme und steh vielleicht vertheidigen liesze. Aber Aus-
gang Winters 423 soll das achte Kriegsjahr enden, woran 40 Tage fehlen;
der WafTenstilistand des 14n Elaphebolion Ol. 89, 1 soll sum folgenden
Kriegsjahr gehören , fällt aber noch vor das Winterende und 44 Tage vor das
Ende des Kriegsjahres, Zehn Eriegsjahre verlaufen mit geringer DUTerenz
X'^fiSQav 6XCy(ov nagspsy^ovadip Thuk. V 20) bis zum Vertrage des 24»
Elaphebolion Ol. 89, 3 s= 12/13n März 421; aber da fehlen 55 Tage. End-
lich würden sich für die ganze Dauer des Krieges die 27 Jahre mit einer
* nicht viele' Tage betragenden Differenz bis zum lOnMunychion 01.93, 4 =
23n April 404 (kallippisch; nach jenem angenommenen altmetonisehen £po-
(^hentage nur zwei Tage später) ergeben ,' indem 11 Tage an 27 Jahren feh-
len, welche negative Differenz sich yertheidigen liesze. Indes der Ueber-
blick dieser Daten zeigt dasz die Hinaufrückung der Epoche um einen Mond-
wechsel uns keineswegs die Äenderung im Text des Thukydides erspart.
Aeudern wir aber -—und dann doch jedenfalls wol in der Krögerschea
Weise — , so ^erathen wir in ni^ue Noth. Dann nemlich beginnt der Krieg
am 8/9n März, am 26/27n Mai soll die axfiif des Sommers sein, die Dauer
des Krieges kommt auf 27 Jahre imd 45 Tage, während es doch ov sröl-
Xttl tjikiqaL sein sollen. Folglich wird eine Hinaufrückung der metonisclien
Epödie in keiner Weise für die thukydideischen Daten Zulässig sein. I>ie-
selbe würde auch der Angabe des Schöliasten zu Aristoph. Wolken &B4
'iderstreiten (Mondfinsternis im Boedromion Ol. 88, 4).
A, MiiHao^6]\: BeiCräge ^ griechischen Zeilrechnung. 235
scbwieirigeD Pflicht zwei julianische Daten zu nennen und z. B. zu sa-
gen, ^s enUpreche der aUmelQnische le Hekatombaeon dem 16/l7n
Juli. Penn auf die wenigen Stunden des Vorabends wird es selten
ankommen, fast immer dagegen auf die Stunden der Tageshelle , die
dem folgenden julianischen Datum angehören.^*) Ferner stellt sich
durqh diese, richtiger scheinende Datenvergleichung auch das Verhält-
nis des altmetonischen Kalenders zu dem neumetonischen des Kallip-
pos ohne weiteres dar. J)eni;i da, wie oben vermutet worden, Kallip-
poi^^sich schwerlich -mehr um den Vorabend kümmerte, sondern wie
seinen Monat ebenso auch seinen Tag astronomisch ansetzte^ so würde
man bei einer Vergleicbung von Daten jenes alten Stils mit Daten des
neuen Stils ohnehin von dem Vorabend absehen und dasjenige julia-:
nische Datum in Rechnung bringen müssen , auf welches der längere
und wichtigere Theil des altmetonischen Tages üel. So beginnt also
die unten folgende Tafel nicht wie die Idelersche mit dem 16n sondern
mit dem 17n Juli. .
Die Vertheilung der vollen und hohlen Monate , wie sie die erste
Tafel gibt, folgt der Regel des Geminos, nach welcher, alle 235 Monde
des Cyclus dreiszigtägig genommen , immer der 64e Tag wegzulassen
ist, so dasz hier der 29tagige Monat zu liegen kommt. Redlich (Melon
S. 46 fO weist mit Recht darauf hin, daßz Ideler zwar die jene Regel
enthal^nden Worte des Geminos richtig emendiert habe, dieser Regel
aber selber nicht treu geblieben sei, wie es scheint um einen mehr
symmetrisch gestalteten Cyclus zu erhalten. Redlich bedauert die
schöne Symmetrie in Idelers Darstellung aufgeben zu müssen, um die
Regel des Geminos in Ehren zu halten. In letzterem Streben hat er
ganz Recht. Nur freilich ist leicht einzusehn, dasz auch die beste Re-
gel , auf eine falsche Construction angewandt, ungenügende Resultate
liefert; denn die Idelersche Construction des metonischen Cyclus kann
weder dem Osterkanon der ältesten Kirehe zu Grunde gelegen haben,
noch ist sic| in Einklang zu bringen mit den urkundlich bekannten
Schalt- und Gemeinjahren. Gehen wir dagegen von einer richtigem
Construction aus und zwar von der oben nachgewiesenen ; so ergibt
die auf sie angewandte Regel des Geminos ein ganz symmetrisches
Resultat.*«)
Die dreizehnmonatlichen Jahre sind in den Tafeln mit ifi. bezeich-
net, weil Hippplytos den (iriv iiiß6hiiX)g so anzeigt in seinem Oster-
kanon, welche Bezeichnungsweise einer späten Zeit angehören mag,
jedenfalls aber eine griechische, wol aus Alexandria stammende ist,
während die Bezeichnung der Schaltjahre durch B d. h. bissexium min-
der passend schien.
39) Die Weise- vom Vorabend aaszugehn hat wol auch Ideler dea
F^ler maehen lassen, welchen ihm Boeckh (Mondcyclen Cap. 12) nachweist
bei Ansrechnung^ des Arbela- Datums. 40) Man konnte auch die ^Regel
des Geminos so anwenden dasz man mit der Weglassung begönne, indem
der le, der 65e, der 129e Tag usw. wegbliebe. Aber da erhielte man gleich
anfangs ein 383tägiges Jahr, begonndi' auch mit eiaem hohlen Monat.
296 A. Mommsen: Beitr^e 2ur griedüsebeh MhittttAva^.
Wo Kallippos defn in 76 Jahren von Meton zu viel angesetzfen
Tag (Plolem. Alm. 111 2 S. 164) weggelassen habe wissen wir nicht
In den Tafeln wird man finden dasz seinem 73n Jahr stall 355 Tage
nur 354 zugetheill worden sind und die sonst nach der erwähn-
ten Regel eintretende Aufeinanderfolge zweier vollen Monate hier weg-
fällt; die sich anschlieszenden kleinen Aenderungen sind unter der er-
sten Tafel angegeben.
Für die kallippische Periode und die Tagsummen ihrer Monate
und Jahre ist dann noch zu bemerken dasz die Weglassung des 64n,
128n, 192n, 256n Tages usw. nur auf die erste Enneakaideka^ferls
dieser Periode angewandt worden ist, die übrigen £nneakaideka^fe-
rlden nur Wiederholungen der ersten sind. Die ununterbrochene An-
wendung nemlich jener Methode halte die. kallippischen Anselzungen
ohne Nutzen von den allmeloni sehen entfernt.**) Kallippos wollte doch
den Cyclus Metons nur verbessern, und an bestehenden Kalenderein-
richtungen durfte nur das nöthige geändert werden; an den flblichen
Tagsummen aber zu rücken war unnöthig, bis auf die unvermeidliche
Weglassung eines Tages in 76 Jahren.
VI.
Um für die einzelnen Daten zu ermilteln, welche dem alten imd
welche dem neuen Stil angehören, ist für jeden Autor die Erwägung
nöthig, ob er noch nach altmetonischem Kalender könne datiert haben
oder ob ihm schon Daten des späteren können beigemessen werden^
namentlich für einen Autor welcher beide Zeitrechnungen erlebte, wie
41) Eine unzeitige Anwendung dieses conseryativen Princips wäre es
Indes , wenn jemand vorschlüge dem Kallippos denjenigen Wechsel der rol-
len und höhten Monate znsalheilen , welken er an dem Punkte sdnes An-
tritts in den altmetonischen Cyclos bei Meton vorfand, am Ende nemlich
des siebenten Jahres alten Stils. Kallippos' erster Tag fiel wegen des im
6n Cyclus schon sehr merklichen Fehlers auf den dritten Tl^argefion vom
Ende, so dasz er das erste Neujahr der Periode um einen Mondwechsel,
swei volle Ta^e und , wenn er am Mittag statt am Vorabend begann , noch
um das DrittheU eines Tages früher ansetzte als das bevorsti^nde achte
Neujahr alten Stils, um nemlich sowol den metonischen Fehler, bestehend
in einem Plus. von etwa 1|- Tag, wieder gut zu machen, als auch die Epo-
che von der sichtbaren vov^nvCu Metons auf die astronomische Conjanction
zu verArnhen. Wer nun verlangte dasz Kallippos' erster Monat dreiszig
Tage erhalten müsse um dem bei Meton sunfichst auf den kaliippuehea
Epochentag folgenden ganzen Monat Skirophorion zu dreiszig Tagen zu entr
sprechen , dasz Kallippos' zweiter Monat hohl sein müsse um dem bei Meton
angesetzten Hekaiombaeon des achten Jahres zu -congruieren usw., der würde
wie gesagt jenes conservatlve Princip falsch anwenden. Kallippos' erstes Jahr
fond sein Muster in Metons erstem Jahre , Kallippos' zweites in Metons zwei-
tem usw., wie die Beibehaltung der wichtigsten Eigenschaft — der Dreicehnmo-
natlichkeit oder Zwdlfmonatlichkeit — an die Hand gibt. — Da überall Kal-
lippos in keinem Falle mit dem altmetonischen Monatsanfange beginnen
konnte, sondern 2 Tage und 8 Stunden früher, so congruierten die allme-
toniseh angesetzten Monate vom 27n Thargelion abwärts nicht mit den sä-
nen , und auch insofern brauchte er sich nicht um sie su küounem.
ArigU)i(»l4». Für den. Thukydides d^^gegen wird es v<m vorn herein
fesisteiw d^sz er alUnetonisch datiert habe^ es müste denn jemand
beh^pten es seien von. späterer Hand neumetonisehe Daten in den
timl^ydideischen Text hineincorrigiert, was eine gewagte Hypothese
wäre. Anderseits wird man sich hjiten mQssen Sohriftsteliern späte-
rer Zeit wie dem Dionys^os von Halikarnass oder dem Piutarch alt-
metonische Daten deshalb zuzutrauen, weil sie von Zeiten reden in.
denen der altmetotüsche Cyclus galt. Es ist oben gezeigt dasz die
Aera des Eratosthenes an ein neumetonisches Epochenjahr sich knüpft
und dasz die spätere Zeitrechnung bis in die christlichen Jahrhunderte
hinein sp zu sagen beherseht wird vom neumetonischen Cyclus. In
V«r||indung mit diesen. Analogien darf man eine umfassende Zurück-
bereohnmm nach neuem Stil annehmen; man mag dieselbe etwa dem
Eratosthenes zutrauen, welcher so der Historik treldich diente. Für
ein Gescjilchtswerk ziemt sich die Benutzung eines, und desselben
chronologischen Kanons; namentlich für umfassende Sammelwerke
die von. der ältesten Zeit begannen, wo die Chronologie ganz in der
Luft schwebte, war das ejnzige Heil von Rückwärtsrechnung des erprob-
ten. Schaltkreises zu erwarten 9 und wir haben bei der Ansetzung von
Trojas Fall sowol wie Roms Gründung und der Dauer 4er ersten Königs-
regierungen gesehen, wie in chronologielosen Zeiträumen die Historik
an den aufwärts gezählten Eoneakaideka^teriden ihre Stütze fand und
zwar den dainals geltenden und richtigeren neumetonischen der kal-
llppi«chen Periode« Man kann sich darüber beschweren dasz die
kalUppiscben Daten ungebührlich bei Seite geschoben und in Schatten
gestellt sin^, obwol Ptolemaeos beständig nach der kallippischen Pe-
riode datiert und kallippisclie Pat^n auch auf Inschri^n erkannt wor-
den sind neben altmetonischen ; während diese letzteren mit einiger
Parteilichkeit in den Vordergrund gebracht und auch da vermutet
worden sind, wo es füglich nur nenmetonische sein können. So
glaubte Boeckh, die Aera des Eratosthenes beruhe auf einer Retrocdm-
putation nach altem StiL AUe Ereignisse bedingen eine Datierung
nach altmetonischem Stil noch nicht, welcher fC^r jene alten Ereignisse
doch noch zu jung war und selbst für die Zeiten wo er wirklich galt
aufgegeben werden muste zu Gunsten einer klaren und einheitiichen
Chronographie. Nach dem vormaligen Gebrauch der Franken das
Jahr mit Weihnachten zu beginnen wird die «Krönung Carls des
Groszen auf das Jahr 801 gesetzt in Annalen jener Zeit. Dennoch
lernten wir alle als Knaben , es sei Carl im J. 800 gekrönt worden,
und ^wie wäre wol bei der Manigfaltigkeit der damaligen Jahresan-
fänge durch das Mittelalter hindurchzufinden, wenn man sich nicht
entschlösse sämlUche zeitgenössische Kalender auf den feinen des
gebildeten Europa zu reducieren? Ebendasselbe wissenschaftliche Be-
dürfnis darf man wol dem Eratosthenes und anderen Männern seines
Schlages zutrauen. Man kann sich die Sache so denken dasz zuvor*
dersf die Himmelserscheinnngen rückwärts berechnet und neumelo-
nisch festgestellt wurden, so wie wir wissen dasz jene Sonnenfin-
fliernis, da Römultts za den Gdttern entrückt wurde, durch -Retroeom-
putalion bestimmt worden ist nach Cicero de re p« II 16« Die Hislorik
mochte dann streben ihre Daten mit den astronoraisch ^^sicherten in
Einklangs zu sehen, also z.B. das Arbela-Datum neümetonisch bestimmt
anlehnen an die ebenfalls neumetonische Ansetzun^ der in der eUflea
Nacht vor dem Treffen stattgehabten Mondfinsternis. Zur Bewahrung
alter Daten hingegen führten die ursprünglich nach frQherem Kalender,
jetzt aber nach dem neuen Stil, jedoch am gleichen Monatstage zu
feiernden SiegesTeste au4 der Vorzeit. Denn b^i der 'Incbngroenz' der
Schalt- und Gemeinjahre in Verschiedenen Cyclen konnte ein nominell
identisches Datum doch zwei bedeutend auseinander liegende Tage des
tropischen Jahres repraesentieren , wie man Unten auf Taffei IB sieht f
dieselbe und wol noch stärkere Incongruenzen wird man bei vorme-
tonischen Daten im Vergleich mit deh späteren annehnren können.
Der Historiker nun, welcher, um mit dem Siegesfesttage nicht in Wider-
spruch zu gerathen, den in seiner Nähe liegenden octer mit ihm identi-
schen Tag des Sieges selbst aiif das Datum neuen StÜs zu'reducie-
ren unterliesz, begleng, wenn er sonst neumetonisöh datierte, in
Wahrheit einen Fehler. Zum Gliick war die Versuchung diesen Fehler
zu machen wol eine im ganzen seltene. Die Siege bei Marathon und
Salamis konnten so möglicherweise, wenn das aus alter Zeih fiberlie-
ferte Datum nominell beibehalten ward , aligesehen yon den m jedem
Mondcyclns unvermeidlichen Schwankungen, dreimal ihre Stelle im
tropischen Sonnenjahr ändern, sofern jene Schlachten geschlagen wur-
den zur Zeit der Oktaeteris, das aus dieser stammende Monatsdalum
aber hernach im metonischeh Cy^lus ändere Tage des Sonnenjahres,
in der kallippischen Periode endlich wiederum andere Tiaige darstel-
len mochte. Zu controlieren ist diese Sache kaum, weil wir dam
die vormetonische OktaSteris genau kennen müsten.**) Solcher Siege,
durch die gewisse Daten gleichsam geheiligt wurden, gibt es übrigens
ja nur wenige ; dennoch musz auch für andere Schlachttage, an welchen
eben nichts von nationaler Glorie haftete, die Möglichkeit zugeatan*
den werden, dasz ein späterer SchrKtsteller die altmetonisch über-
lieferten Daten, z. B. die aus Thukydides ohne weiteres aufhahm und
unkritisch genug war weiterhin neümetonisch zu datieren , also in
seinem Geschichtswerk beide Kalender anzuwenden, d^n alten Stils
söwol wiiß d^n neuen Stils. Dem Plutarch dQrfte eine solche Con-
usion leicht zugetraut werden können. Einer ZurQckrechnung ; in
« 42) Beim EratoBlhenes hätte. mau darüber wol Belehrung gefunden, der
von der Oktaeteris gehandelt hatte in einer bei Geminos citierlen Schrift
(6 p. 43,^ wo voii dem das tropische Jahr' durchwandernden Isisfeste die
Rede ist, o&sv tä *'/«« ni^otsoov fihv tjyBto iiotta ^td^ xBiftSffivas xqo-
nägy %ai n^ot^^ov d* hi nuxxa ^eQiväg tQonäs, ms' %äl 'E^oc^i^nfg
iy z^ tcbqI «19s 6%taev7iQ£Sos vycoiitniiMixi^ (ivrji/kovMvsi : im Yerglei<^ nem-
lieh mit der steten Verschiebung eines aeg^tisph^n Festes hatte dagegen
die Oktaeteris der Griechen das Verdienst ihre Feste in g;ewis3en Gegenden
des Sonnenjahrs zu fixieren).
jedem einzeWen taU« bedurfte es wol- Hichi, wal' gSe^l« I^ahltleft««'
lehder eitfitierten, gerade nicht T6 'sondern 19' Jähre umfassend, wo matt
die in den mehiken Fllllen' hinreichend geifane' Redaktion einfäelk -ab-
lesen konnte. Auch mochte mieai den' Chronographien des* fifiBtids^
tfienes s^ihthche wichtige Daten nach neuem Stit bereditf et ohne wei-
teres entnehmen können. Die DetaUfbrschurig wird stete die Umstäinde,
anter denen ein gewisses Datum .übekiefert wird, prOfeii mOssen/unil
dieser Aufgabe möge die Untersuchung äioh jetzt zuwe^nden. <
Der SchofiastituArififtoph. Wolken <584 berichtet eine Mondfin-
sternis im JahVe des Stratbktes OL 88, 4, urfd zwar «etzt er 'sie hi
den Bd^drömion; Wollte der Erklärer richtig verfahren/ so muste
er denjehigeh* Kalcrtder brauchen, weldier izu Arififtophattes Zeiten galt,
selbst ^enh dieser Kalender voll IrlhAmer gewesen- wäre. Es han-
delte sich hier nicht um eine natu^rwissenschafHiche Wahrheit öder
um eine iii chtoiiologischer Conformität sieh bewegende WeHge-
scfaichtsdarstellüng , sondern nur um das Verständnis eines Autors,
der unter historisch gegebenen Umständen schrieb, von welchen' einer
auch der damMi^e-Kälender' war. -Dies Princip der Ihlerpretaäon w^ar
einziÄälten , auch wo die Au%ebimg desselben unschädlich sehlen;
wir werden also in jener Monatsangabe ein a>tmetonisches Datum ver^-
muten^ was sich auch bestätigt.' Die Zeit der Finsternis steht astro-
nomisch fest, am 9n October 8 Uhr Abends^) des Jahres' 435, ent-
sprechend hl Ol. 88, 4, einem achten allmetoiiischen Jahre, dem 14n Boe»^
dromioii, welcher den Abofid des 9n October und die Nacht darauf
nebst der Tageshelle des lOn befaszte.
Die Klage der Selene in demselben Stücke des Aristophanes
Vs. <»03 ffi wird sich auch wol aus dem altmetbnischen Cyelus erkläi-
ren lassen, wenn man nur eines der Astronomie nicht kundigen Pub-
licums Gespräche ilbCr Metons Neuerungen sich vorstellen und dabei
festhalten will, dasz der. Poet dem Publicum nach d^ Munde sprach.
Ist Tafel n nach der von Redlich mit Grund empfohlenen Regel des
Geminos richtig contstruiert, so begann Meton gleich mit zwei voUen
Monaten; das muste den Athenern wilikurücfh scheinen , auch konnte
in der Tli^at der la^ndesübliche Monatsanfang mit der alpendlichen SicHt-
barkeii der ersten Mpndphasq darunter leiden. Warum sollten Metons
Mitbfiirger aufmerksam und wolwoHend genug gewesen sein um anz»-
erkenneh dasz diese kleine Abweichung hernach wieder sieh bericl^
tige , dasz die Folge der hohlen und vollen Monate keineswegs will-
kürlichwar, vielmiehr auf eifier in der Sache liegenden Regel beruhte?
*e8 mag also' hier .von Aristophanes auf diese im Wahne. des Publi-
ctims ^unregelmäszige Folge der vollen und hohlen Monate angespielt
sein, durch welche die Tage allerdings gewissermaszen zu oberst und
zuunterst gemengt wurden'**) (avm xs xal xarn nvdoidoTtaVy was
43) Ullrich Beilräge zur Erklärung des Thukydides S. 18JI'. . 44)
Öoeckh Möndcycten S. 31, der aber di^se ünreg^IAiäszjgkeit für eine nicht
gewähnte sondern' wirkliche hält in der Oktaeteris und sie mit Redlich aus
WWF Ä» ^Mmiwwii • o9^p^^ Wv ^^iP^^w^P^^ ■i'*wp^^^'^'*lSn.
; durch tmftk^up erklirl). ^ Wenn teuer Sel^pe wh beklagt
dasc die Götter mit Uur zarateo, weii. sie ibcee Festedin^wies nicht
theilhaft würden am rechten Tage and so nach Hanee geben musten,
so kann man dies als die Vertretung eines firüheren Usus der metoni-
sehen Neuerung gegen&ber aufiksaen, wiewoi der Usus sehr verkehrt sein
mochte. Gesetzt man war gewohnt eine gewisse Festzeit aa einem
so und so vielten Monatstage (««r»ilo}^oy^) %iv ^|U^^\^.619) z.B.
am 16n Bpedromion zu beginnen in vormelonischer Zeit, indem die-
ses Datum vermöge der Fehler des Kalenders häufig dem Vollmonds-
tage ent^rach. Wenn Meton nun den Beginn jenes Festes vielmehr
auf den 14n BoMromion brachte, so reichle diese bescheidene Vei^
besserung hin um Anstosz zu erregen« Man weis« wol daaz das Pub-
licum, wo es Ferien und Feste gilt, gar genau am alten l^ugt, da
reden die stets oonservativen Frauen ein Wort mit und gar die GeisV-
llchen. Die Differenz auch nur ^ines Tages genügt um Aerger zu
bereiten, besonders wenn das Fest am einen Ort heute, am andern
morgen gefeiert wird. Hat man sich doch in der chrisUichen Kirche
bitterlich gezankt, am wie vielten Tage nach d» inviMpfUt der Ostern
bestinunende Vollmond anzusetzen sei, und als einen eigenen- Ekel-
namen die Bezeichnung der Quartadecimaner für di^enigen gebraucht,
welche das Paesamahl an der Luna XIV mit den Juden feierten.^) —
Aenderungen im Festkalender erschienen namentlich in der ersten
Zeit, wo man sich des alten nur zu wol entsann, unangenehm und
störend; als aber die Wolken aufgeführt wurden (Ol. 89> 1)» hatte
man von Metons erster Enneakaidekaeteris noch nicht die erste Hälfte
dem regttilefen einsdialten von Tagen ableitet. Was Cioero Venr. U 62
ersshli, wird als ursprangUeh allen Qriecben nnd au^h den Athenern gemein-
pam^ Sitte cn betrachten sein. Bei diesem, einem eben obwaltenden Be-
dürfnis dienenden einschalten dürfte sich Selene aber vielmehr besser
gesunden haben (Helios desto schlechter). Denn Jene auch von Geero er-
wihnte Weglassnng oder AnfSg^nng einer fip4^ ^{«f^ietfsof befest%te des
MonalMiifaag immer wieder an die abends seersl siebtbare Phase, gans
den eigensinnigen Launen der Selene sieh anbequemend, während da» Pub-
licum den neuen Kalender wol so ansah, als solle die Mondgöttin jetzt viel-
mehr nach der Laune Metons scheinen. 45) iiat& Xoyov nsch Veiiiält-
nis, hier synonym mit affid'fiög, wie es auch sonst vorkommt (evr h l^f^
mx h i^t^jjba spriehwörüieh). Wer se glftnkttdi Ist das fieeddisete
Oerpns ieser.^ Gr. benutsen su können, der sehe US. 476, 13 nach, weil
hier «ora Xoyov yielJeicht ähnlich steht: iäv di xal fy^fiolMOv i^^i^a ^
noUg ayg, nifog&tOQd'oSastcci %td xov iii,ßoX£ft,ov tb itaxä Xoyov. 40)
Wenn vor Meton ein gewisses Fest sein fixiertes Monatsdatum hatte vod
Meton, dem Pleniinnlum' folgend, ein schwankendes dafür bot, so mnste Abb
den Leuten noch weit TerdrieszUeher sein. In der That sebeint das bei
obigem Beispiel geme&ate Fest der attischen Elensiniea sainem Anfang nach
zwischen dem 14n, 15n und 16n BoSdromion umhergeschwankt zu haben,
8. K. F. Hermann gottesd. Älterth. J 55. — Indes konnte auch das rorme-
tonische Datum eines Festes schwanken, wobei aber doch die AendertiBg
Metons merklieh werden mochte, sofer^ etwa seine Festgrenzea frühere Da-
ten im Monat ergaben, die vormaligen aber spätere. Man erinnere sich an
den sehr wahrnehmbaren Unterschied der Ostergrensen beider Kirchen.
A; ItemaiMA : BidHfif;« 2^ gtledü^dieii ZMfuMdng; Stil
erieM: — Hiernadi al«ö wftne Aiittoplianes tn^büttg^^ ?Mug g«Wed«n
das alte x>hiie''Wdteres zu värtteteti und liStte nldit sowol dte Mond-
g6ttia als vielmehr eigeittith «die lieider kioeh* mtLohtig<ere Gdtlfn der
Gewohfiheit klag^end auf die Bühne gebracht. r
Die Baten aus dem petoponnesischett Kriege, soweit sie dem
Thukydides angehören, mOssen sämtlich aitmetonf seh sein und^erge-^
ben sich nach 4en Tafeln -wie folgt. Unter der YtMrattssetiBüng dass
Krüger Tholc. II 2 statt ivo richtig tio0kQag (if^uag gefilidert habe,
kommt der Ueberfall von Plataeae auf das Ende des An^sterion Ol.
87, 1, des ersten altmetonischen Jahres, in^ welchem dieser Monat den
8n Aprit jul. Stüs endigt. Am aehta^igsten Tage von da ab fond der
erste Einfall der Lakedaismonier in Attika atatt, im hohen Sommer *aU
das Getraide nahe reif war^, tov ^fovg «ed vcNH öhw inn^t/o^^vto^'^)
(Thuk. II 19). Der achtzigste Tag aber ist der 90e Th»rgelion( OL
87, 1 st= 26n Juni 451, zwei Tage vor dem ifetmaligen eintreten der
«Kftif des Sommers (Xen. Hell. V 3, 19 x«r« &iifovg inpifp), dem läng*
sten Sommertage. — Ausgang Winters 423 (etwa den 96n März, den
Tag vor dem Frühiingsaequinoctium) Ol. 89, 1 sind also sehr nahe
acht volle Kriegsjahre verlaufen (Thük. IV 116), nemlich vom Anfangii'^
datum des Krieges, 8n April 431 bis zum 26n März 438, dem Winter«
^de. ^^ Der Waffenstillstand vom 14n Elaj^ebolion (Thuk. IV IIB
g. E.) des genannten Jahres Ol. 89, 1 konunt auf den 34n Aj^rll 428v
also vier Wochen nach Frühlingsanfang, mithin in das foflgende
Kriegdfahr, sodasz bis daliin, solariseh gerechnet, adit Kriegsjahre
und siebzehn Tage verstrichen sind. — Weiter trifft der Vertrag des
94n Elaphebolion (Thuk. V 19) OL 89, 3 auf den lan April «II; es
waren aber bis dahin nach Tbiuk. V 99 gerade zehn tropjpciie Jahrs
vergangen mit einer Differenz die nur wenige Tage betrug. Die Da-
ten ergeben 10 Sonnenjahre und 5 Tage, vom 8n April 431 bis zum
ISn April 431. Man sieht dasz diese auf obiger Construotion des alt-
metonischen Cyclus beruhenden Rechnungen mit denjenigen Resultar
ten nahezu übereinstimmen, welche Boeckh nach* seiner Oktaöteris ge-
wonnen und in der Schrift über die Mondcyclen €ap. 17 und 18 be-
kannt gemacht hat Denn sehr übereinstimmende Praemissen geben
noifawendig ein sehr übereinstimmendes Ergebnis. Die oben gegebene
ConsCittction des metonischen Cyclus ist nichts weiter, .wenn man die
Hauptsache (die Folge der Schaltjahre) ins Auge faszt, als em Aus-
schnitt der 19 Jahre aus der Boeckhschen Okta^teridentafel von* OL
87, 1 ab. Die Abweichungen der Enneakaidekagleris von dem vor
Meton gilttg gewesenen achtjährigen Cyclus werden erst von der
zweiten Enneakaideka^teris an merkbar. Die abweichenden Jahre
gehören leider den urkundlich ihrer Tagsumme oder Monatszahl nach
bekannten nicht an, so dasz von dieser Seite' eine Entscheidung bis
jetzt wenigstens nicht zu gewinnen ist. — Endlich mag noch erwähnt
47) Boeckh (MoBdcyclcnS. 75) gibt axfUtSomog mit den obigen Worten
wieder.
imrden, daaz Beeckhs oktaaeriditfehe I«5$niig d^ , obrfHEiologiselM^n
Problems» l^elieffeiid die EiimaJiiaie der UiebaDis<sbea.B«rg durch die
Lakedaemonier im J. 38S) mit der nach UtS»erer Xafel des alUnetoni-
sehen Gyclus zu g^ebenden ebenfalls .beinah:auf den Tag stimmt. Er
ermiUelt fär jenes Jactum den lOnßoedroi^ioA, nach seinem Oktaeteris
den 32a S^tember 38^; nach der Enneakaldejcaäteris ist es der
93e. September, beide i^riechische Daten beg^inaend an ihren Voraben-
den, resp. Sin und 23n September, .
Setst man voraus dasz die vormetonische Zeitrechnung in der
Weise bestand, wie Boeckh sie noeh.für.das ganse Jfahrhundert nach
Meton in Anspruch nimmt, so stand die von Meton angegebene £miea<
kaid^kaeteris eu d^m von ihr verdrängten achtjährigen Cydus in einem
Verhältnis» 4»s. ihr. mc Empfehlung gereicht, . Denn die wickUgste
Eigenschaft der Jahre, ihre Dreizehnmonatlichkeit oder Zwölfmonat-
Uchkeity vblieb. in der ersten Enneakaidekaeteris %q bestehen, wie sie
auch nach dem antiqiuerten oktaäterisehen Scbaltsystem gewesen sein
wOrdcH .So wurde das Publicum mehr allmähUch aus der-alten In die
neue Weise hinübei^eführt^ und dem Urheber dieser letzteren gebührte
das Lob an dfin:'bestehendea Kalendereinriohtung^, die eine lange
Gewohnheit g^iiigt hatte.^ eben so . gelinde und wenig :St5rende wie
. wißsenschalUieh. richtige. und bei aller Gelkidigkeit doch zum Ziete
filierend« Aenderungen gemacht zu haben.
D^noch darf gezweifelt werden ob vor Meton die Oktaeteris
von decjetiigen Epoche und mit derjenigen SchaUfolge besland wie
Boeekk si^ sich denkt, ob also Metons erster Cyclus mit dem Schlusz-
jähr («kier vorigen Oktaeteris beginne, ob .die folgenden sechzeha
Jahre <]U»in zwei vollen Oktaeleriden, endlich der liest dr^i Anfangs-
jähren leiner folgenden Oktaeteris gleich zu achten sei,, wie nach der
Boeckhäcben Ofctaeteridenti^fel der Fall wäre. D^n^.Geminos (Jsag.
c*. 6 p:. 45 Hakna) läszt uns hier freie Hand« Nachdem .er gesagt hat
man^habe in dem achtjährigen Gyclus auf das 3e,^e und8e Jahr die
S(^altmonate gelegt ( ... di^v tcltlav wg i(/kß(MiMvg fiijfvag Iraleev
Sysed^m iv^ %^ x^ttp hu .mal »ifimroi %al oySoip), gibt er die Kegel
An: die Hand,, dasz von den drei Schaltmonden immer zweien Inter^
valle von. zweijähriger Länge und immer einem «Injährige Intervalle
^angehörten (iyo ftiv ftijfag (laa^v ovo hmvnvwcowmvj Sva de fftCfofv
{MQg ivtavtav äyCfiivw). Dann aber fügt er, hinzu« es mache loides
Jtiickts aus wenn man auch andere Jahre wähle, nur mUsten die jener
Regel gemäszen Abstände bleiben (owdiv dh iunfpif^ iccv »al ip ajiXotg
Stgffi ^ipf €tvtiiv duira^iv. tav ifißaU(Mav iiffvmp nwqCfjital xig). Es
war! nun das' fasaiiehste und einfachste Beispiel zu dieser. Regel eine
einzelne Oktaeteris mit dem 3n , 5n und 8n Jahre als dreizebnmonat-
liehen, und wegen dieser seiner Faszlichkeit als Exempel zu der Re-
gel konnte Geminos gerade diese. Schaltordnung nennen, welche etwa
in demHypomnema des Eratosthenes über diesen Gegenstand ebenfalls
als die simpelste vorangieng; denn auf diesen bezieht Geminos sich
noch in demselben Gap. 6. Eine Beziehung auf Athen oder sonst
A: Mommisen^: fi^HrSg;e zur ^ffet^iai^äien ZKlMelmiEinfC ttt
eihe fJc^iiinfrte OertllcHreH'hStte aWo dieses Belffpfi^ nicht verankief}
Geiöfiinöi; und Eratosthenes wai^eri hellfeiiiiötMfehe 'Gelehrte , eine 1^-
ölimnlle Stedt gien^ sie nicht ebeh besonders an. - Weiin man atlso
nun sich versachs weise entschlösse die Ökta@teris von einet um ein
Jahr froheren 'Epoche und zwar mit dem ln,'4ri uhd oft Jähte*«)ti!i
dreisrehfiiilonalltchen veriäufeti zti lassen, so gewönne riiän a^ei ki^n^
Vortheite, i^^hrend übH^ehä seibät Verständlich die Schaltmonätea^
eben den Oiympiadenjahretl haften 'blieben, weicheft sie 'nadr Böeekh^
Ansetzung zukommen -^ denn was hier zum- Versuch- votgiigehlagpeii
^rd l&l ekie Abänderung nicht dfe'r Sachen (wenn sie' gleich nur mtrt^
ihasT^iCh bedlimmt sind), sondern eine Abänderung im äuflfossetf dfts^
Sachen. Zweierlei also gewönne man damit. ' EtslHch lie^zett^'sielk
dann die vor Meton abgelaufenen 86 Olympiaden als 48 achtjährige
Cyelen fassen, so dasz Ol. 1, 1 auf ein Epocbenjahr der OktaSteffts
fiele, was gut passt als Analögön'Zu der Benutzung neutnetonischet-
Epochenjahre. Derm alt isf ja die Olympiadenaera überall nieht Ijaefl
Timaeos; Ideler I S. 378) und ihr genauer Beginn doch -wotnür durdi
Rechnung fesÄnstellen gewesen. Der andere- ktöine Vortheil aber
wäre der, dksz Metons Cyclus, mit dem Anfangsjälire einer OktaSterift
anfangend, derl Wütischen derer mehr enlspräölie, Iwr^lchiö ^s för un-
natürlich halten den MeWn seine Enneak'aidekagteriar^ in -d^r Mitte 4e^
verdränglen alten Schaltkreises^ am Schlüsse ödet* ül>erhaupt irgendwo
anders als Mt' dem Beginne des alten Cyclus den heuen beginnen zu
lassen. Obwol nemlich theoretisch dagegen einzuwenden ist, diasz Ih
künstlichen Einrichtungen jia das natürliche nicht' entscheide und der
als weniger" Irichtig erkannten achtjährigen SchäUregel'je eher je lieber
ein Ende gemacht werden muste, so läszt sich doch mutmaszieh, da^
athenische Publicum würde vielleicht ähnlich geurtheUt haben, und'iim
diesem Publicnnfi seine Einrichtung annehmbarer und natürlicher ef^
scheinen zu Istssen, möge Meton dem Anfangsjahre deö alteii Gyclüd
die Ehre angethan haben dasselbe auch zu seinem Anfan^sjahre: zu
macheri, welche Ehfe freilieh elnigermasien vorübergehend war.
VIL
Dasz die Nachricht des Arislöteles (Meieorol. I 6), im Ja^re des
Eukfes habe sich ein Komet gegen Norden gezeigt und zwar im Md-
nat Gamefion zur Zeit der "Winterwende, auf ^eti allmetonischeh Ka-
lender zu beziehen sei, steht keineswegs fest. Aristoteles erlebte
noch acht bis neun Jahre der kallippisehen Periode, und däsz er,' selbst
-wenn jene Schrift vor der Kalenderverbesserung verfaszt war, i)e«täri-
dig seinen Schriften Zusätze und Aehderungen anfügte ist eine half-
bare , ja ^me unabweisbare Annahme. NIebuhr (R. G. I S. 21 Anm; 38
a. E.) betrachtet die esoterischen d. h/ebert die auf uns gekommenen
. 48) intern man also die von Geminos erwähnte umdrehte unterst zii
Oberst ; der Cyclus bleibt g^eich richtig. So darf mari auch nur die Jdeler-
sche EWiäeakaideka^teris auf den Kopf stelleä um die taetdüische zU faabeft.
Sdülflen des Aridtotda^ als «i forldauernder Udi^erarMtmig verwahrfte
H^le, imgeföhr wie ein BoceQt seine Hefte naehbessert Arisloteles
lumnalso aup astronomisclieA Tafeln, wie man sie, so weit die dama-
lige Kunde reichte, gewis bald liaeh dem neuen Kalender hergestellt
hat, jenen Kometen in seiae Schrift aufgenommen oder auch , sei es
durch eine ^eciell diesem Falle gewidmete Rechnung, sei es durch
PenuUung einer Paralleltafd heider Gyclen, das frühere Datum in den
neueren Stil umgesetzt haben, wobei zugegeben wird dasz jenes ein Da-
tum aach dem Kalender Athens und die Erscheinung selbst dann wol
auich eine zu Athen beobachtete und aufgezeichnete war» Seltsam
wate d^ Gedanke einem Stagiriten Pietät f&r Athen und Athens Er-
Sndungen, noch seltsamer ddr, einem Wahrheitsforsicher Achtung vor
Athens Ir^iümem beizulpgen: denn dasz der aUmetomscheCyclusver-
Behoben und in seiner Anlage um 6 Stunden falsch war, muste Aris-
toteles in den letzten acht Jahren seines Lebens wissen, ja vielleicht
weit früher, weil die Theorie der Praxis vorauseilt und Aristoteles ge^
wis der lernbegierigste aUer Menschen war« — Es passen des Aris-
toteles Angaben nur auf den neumetonischen Kalend^i^ wenn anders
unseriß Tafeln richtig sind. Das Jahr des Eukles nemlich, Ol. 88, 2,
da9 5$e in der Periode des Kallippos oder 18e neumetonische lasztden
G^melion am I4n Januar beginnen, etwa 18 Tage nach der Bruma,
so dasz die Worte (Mfvbg ra(iKiX$mfog , Ttsgl xqmeug Svtog xov ^Uov
%itf^(fi>v«g ihren vollen Sinn haben. — Boeckh (Mondeyclen S. ao)
glaubt, Aristoteles habe blosz überliefert gefunden dasz Ol. 88, 2 im
Gamelion ein Komet erschienen sei ; der Schriftsteller wolle hier nur
beweisen dasz Kometen nicht blosz im Norden um die Sonnenwende
erscheinen könnten, und setze nun selber die Worte mgl t^onitg
Wfag tov ijA/bv %ei(neQivug hinzu ; denn da er den Gegensatz der
Spmmerwende im Auge habe» so könne füglich auch ein (derBoeckh-
achen Oktaeteris zufolge) am lln Februar beginnender Gamelion als
%i^t(f4mis %Bi(A9ifivag fallend bezeichnet werden. Ist es denn aber
irgend glaublich dasz der exacte Naturforscher Aristoteles einem be-
reits vor mehreren Menschenaltern als unzulänglich erkannten Zeitsys-
teme folgte in seinen Ansetzungen? demjenigen welches schon im
Jahre ,432 öffentlich gleichsam zurechtgewiesen war durch Aufstellung
d^s metonischen Parapegma zu Athen? Weit richtiger sagt schon
Redlich (Meton S. 65), die Astronomen . hätten sich. nicht der in Ver-
wirrung gerathenen Chronologie ihrer Zeitgenossen (damit ist die
Boeckhsche Oktaeteris gemeint), sondern des — nach Redlich und Boeckh
freilich nur theoretisch damals schon existierenden — metonischen
Oydiiß bedient und Aristoteles müsse seine Angabe wol dem Kalen-
jder ^inos metonisch (d. h. Idelerisch) rechnenden Astronomen
entnommen hab^n , weil die Winterwende nicht auf einen um den
lOn Februar beginnenden Gamelion passe, also nicht auf die Ok-
taSteris, welche dies zu späte Datum gibt. Selbst also wenn man
die damalige Geltung der Oktagteris zugibt, hätte Aristoteles, sobald
man Bpeckhs Ansieht folgt» um den Zweck seiner Darstellung zu.errei-
A ; >]ll»mmseii :' filtoflge zur gri«iekiMliei^ Mm^tiami^, tK
'th^ sieh seihter msgiidrMkt. Was nach dem llti Fetouar getkMti^
feind niehi mfji xifOftitg XHfUfwa^^M, sondern viele Tage spulet
<46 Tag;« nemlieh^ wol niehl öO, wie Boecfch rechnet, weil die Winter-
wende- sieh erst vier Jahrhunderte hemadh auf den Sin Deeember
verschob nadi jalianisdiem Daliimy ^
Diodor XU 36 sägt: iv di utit^A^f^int^ Mkmp i Ilav^itifkv
fiev vtog ... J|Mh|ice «i7v ivOfMJ^^Upfjy iwecena§ii»teitfiflSa, t^v
natfis. Ideler zeigt dasz der 13e Sktrophorion Ol« 86, 4 nur den An-
fang des Parapegma mit der Sonnenwende bezeichnen kSnne, keines-
wegs den ersten Neujahrstag des OyekiSv Aber nun bleibt doch ndch
die Frage Übrig, nach welcher Zeitrechnung denn die Sonnenwende
V. Chr. 432 auf den 13n Skirophorion Ol. 86, 4 kam? Am n&chsteH
schiene da etwa zu liegen die historisch vx>r der metonischen gilli^
gewesene Chronologie nach der OktaSteris. Aber fklls man das da-
mals giltige Datum der metonischen Beobachtung nur so ohne weiteres
nachschrieb und der Folgezeit darbot , mutete man dieser das Ver-
sfändnis eines l&ngst antiquierten Kalenders ^u. Um den Zeitgenossen
eine verstandlichere Aufklärung darQber zu geben, wann Meton Jene
Beobachtung anstellte, muste man die Kalendevsprache der- Zeitgenos-
sen d. h. die kallippische reden. Freilich kann nicht mit Sicherhett
bdiauptet werden, dasz mati in irgend einem Falle thal was man thuh
muste; aber ein vernünftiges thun vorauszusetzen bleibt* wahrschein-
licher; nicht gerade bei Biodor doch bei Diodors mutmaszlichem Ge-
währsmann;. Stehe es aisafest, dasz man nicht btosz datierte um Zu
daueren, sondern um sieh' verständlich zu machen; dann muszder
13e Skirophorion Ol. 86, 4, einem 12n neumetonisch^n oder öOn Jahre
der kalüppischen Periode angehörend, den 27n Juni 432 ergeben*,
was^ auch nach unseren Tafeln der Fall Ist.*®)
Das Datum der Schlacht bei Arbela gibt Plutarch (Cam. 19) ah,
den f&nften vom finde des BoSdrcmiion (Ol. 112, 2). lUk einer andern
Stelle (Alex. 31) gibt er kein Datum , aber an der Steile desselben eine
Angabe aus dem attisch^ Festkalender : am Anfange der Mysterien
zu Athen sei eine Mondfinsternis gewesen, in der eilflen Nacht darauf
hätten die Heere einander gegenaber geistanden, die Tageshelle habe
dann den Kampf der Arbelaschlacht herbeigeführt; wobei der Schrifi-
steller voraussetzt, ein jeder Les^r werde diese Angabe aus dem Fest-
40) Als ein^ mqgllchei^ Anjas« der aristoieli^chen Daratellung scheiol
Boeckh auch deo umstand zu betrachten dasz *die Sonne gewöhnlich 141a
den Gamelion in der Winterwende sei' Dieses dürfte am allerwenigste^
zulässig scheinen, well Aristoteles sich dann nicht Mnmal die Mühe gab
tMCheuseheii- oder nachzurechnen, wann im Sonnenjarhre der Gamelion des
betveffiBaden Moodjlihres begann» während doch gerade seine Anselnander'-
aetziuig darauf ausgieag die Kometenerscheinung als einem gewissen So*-
nenjabrpunkte angenähert zu erweisen. 50) Altmetoiiisch, im 19n Jahre,
gibt der 13e Skiropl^orlon Ol. 86, 4 den 30n Juni, also um 3 Tage falsch,
vorausgesetzt dasz unsere Tafeln richtig sind.
8^ A.M9mm«R;.BeUi%ß.iw>9^
kaU^der ia g^^^lu^^r .Weise auf den 16d Boedromion l)«ziehnv m.ßn
Batumsstel^ oe^unend^ So komoU , wieder der ianfUeUto:Qoedroiii^iQn
heraus, der. also. sweioial v.on PluJLarch l^ei:ichtet ist. Die Sehlaal^t ;i|ei
Arbela kanp^eia makedonisches, ein heUe^istis^hes Ereignis gepg^aiiil
werden; zunächst war sie nach makedonischem Kalender zu datierei^,
^ den Elender Athens er0t durch Reduktion zu bringen^ Der athe-
xüsche, Mysterientag steht. an Mch in; gar, keiner Beziehung zu dem j^rr'
eignis und dient wie .gesagt durcjbaiis /vur aU Datum« Da nua .Pl^^rch
den Schlachttag nach einer Mo'ndfins^nis bestimmt, etwa dem eben
voriger genannten ßralpsthenes dies entnehmend, so werden wir das
Datum kaliippisoh auffassen müssen, da die A8tron(;M3ue dje Finster-
nisse und. alle ihre . Ansetzungen sipherliqh nicht ^laeh. dem damals
lichon fehlerhaft gewordenen Zeitsysteme des Me)oa bestinfimtei sondern
der bis in .späte Zei,ten respectiert gebliebenen und im Jahre nach der
Arbelaschlacbt aufgestelllen Periode des Kallippps folgte. < Das2 nun
der unchronologische Autor, werben wir vor uns haben,, sich durch
die nominelle Uebereinstimmung.des neumetonischen 16n J^o^drpmion
mit dem Oh. 112, 2 noch nach -altem. Stil in Athen begangenen Myste-
rienanfange.teuschenliesz^.ist ein Versehen, welches sogar einei^ bes-
seren Historiker hätte passieren können. Nach kallippischem Kalen-
der treffen die Angaben zu. Der 16e Boedj:omion, beginnend nach
volksthümlicher Weise am Abend des 20n Sepliember, befaszt die
I(acht vom 20n auf den 21n September, und die. eilfle .Nacht ist die
vom 30n Sept auf den In.October, an welchem die Schlacht war«
Dieser Tag ist aber die nifinrri q)&lvovxßg des Jloedromion , wie naoh
unseren Tafeln ein jeder leicht ausrechnen kann.
Die Angi^be des Thukydides (V.2&) jiber die ganj?e Dauer des
peloponnesischen Krieges lautet, wo er am genausten redet, auf 27
Jahre, jedoch mit einer Differenz von nicht vielen Tagen: evQii0etiXis
tQCcma hfl' (siebenundzwanzig).' . , . wd iniklQ^g ,ov TCoXXäg naQB"
vsy»ov6ag. .Aus dem Thukydides selber ist diese Rechnung, nicht .lös-
bar , weil ei: d$t& Ende des Kriege^ nicht di^ti^rt. Dem Plutarch (Lya.
15) zufolge hätten wir den. 16n Munycbion pils das Ende des Krieges 9u
jbietrachten, was Thukydides bei jener Jahr /.und Tagangabe im An^^
gehabt haben müsse. So lehrt Boeckh(a, 0. S. 81), Yömels Ansicht
zurückweisend dasz vielmehr auf den Anfang* des Munyqhion der von
Thukydides gemeinte Schlusz des Krieges. Dalle. Halten wir de;i 16n
Munychion fest, so folgt aus der Geitung des altmetonlschen Kalenders
zur Zeit des peloponnesischen Krieges, dessen Schlusz das Datum
jgibt, noch nicht, dasz dasselbe ein aus der Ueberiieferung beibehalte-
mes altmetonlsches sei. Es war das Datum eines gar traurigen Tages
für Athen ; wenn die Tage von Marathon und Salamis (.öder ihre Sie-
gesfeier) in den attischen Festkalender übergehend den heiligen Zeiten
sieh aareiheten und möglichst ihr ursprüngliches Datuni wahrten«-^
der Pietät ist auch das an sich bedeutungslose und gelegentliche thener
~: so bot dagegen jener Tag;, da die Lakedaemonier Athens Her-
schaft ein Ende machten , die Flotte nahmen und. die langen Mauern
A. Momma^a: Beüröge sur gf^ieehUdien ZeitrechnuAg^. 347
wie auch den Pekikeeiis besetalen , in der That wenige Anla^z die ur-
sprüngliche Palierung mit besonderer Liebe za hegen und irgend
Sqheu zu tiiagen .vor einer Redueiion auf den üblichen Kalender. Dasz
man den Plutarch ungeachtet seines Buches von den Tagen nicht mit
dieser Reducüon zu bemühen brauche, ist ersichtlich, indem er über-
haupt seine Sachen ja wol meistens aus Vorgängern compilierte. Ist
es also gestattet den 16n Munychion Ol. 93 , 4 den reducierten Daten
hinzuzurechnen, so erhalten wir für jenen Monatstag, angehörend
einem zweiten neumqtonischen und ebensovielten Jahre der kalßppi*
sehen Periode, den 23n April 404, welches Datum, den Krieg vom
8a April 431 an gerechnet, seine ganze Dauer auf 27 Jahre und 16
Tage bringt, eine Tagsumme die Thukydides fifii^ag. ov noXhig nennt.
— Boeckh gewinnt als Resultat 27 Jahre und 21 Tage (S. 81); aber
wie gewinnt er dies Resultat? nicht durch ruhiges fortlaufen seiner
Oklaeteris, sondern durch ein Mitlei, welches manchem willkürlich
scheinen wird, durch dsLs Mittel nemlich der Ausmerzung eines gaii-r
zen Monats ^0 und zwar des Schaltmonats Ol. 89, 4.
Wer nun üb'er dieses zu dem besondern Zweck erdachte Aus-
kunftsmillel zürnen möchte, erwägend dasz von allen thukydideischen
Daten sonst keins davon afiiciert, keine Emendation dadurch erspart
wird, der wird doch etwas achtsamer, die Boeckhsche Hypothese ina
Auge fassen , wenn er wahrnimmt dasz sich nach ihr das oben kallip«
pisch erklärte Arbela-Datum gleichfalls erklären lasse , diese nun be-
stätigend hinzukommende Uebereinslimmung mit dem Arbela-Datum
also jene Hypothese etwas in Schutz nehme. Nur ist es selbst in die-
sem Falle schwer sich davon zu überzeugen , die Mondfinsternis , nach
welcher die Schlacht mit Genauigkeit sich bestimmt, s^i nach der Ok-
taeteris datiert gewesen. Zwar hat man geleugnet, Geminos' Geschichte
der griechischen Schaltkreise beziehe sich auf wirklich praktischen
Gehrauch derselben; dasz aber in der astronomischen Wissenschaft
wenigstens die Oklaeteris abgeschaift worden durch Melon, dasz dem
metonischen Cycius die Periode des Kallippos gefolgt sei , ist bisher
noch von ni^nand in Abrede, gestellt worden. Nimmt doch Boeckh
selbst an, die ihm zufolge gellende OktaSteris sei reclificiert worden
nach dem theoretisch vorhandenen metonischen Kanon. Wir werden
also nicht glauben , die Mondfinsternis vom 20n auf den 21n Septem-
ber 331 sei nach der Oklaeteris angesetzt gewesen , welche in Bezug
auf den Sonnenlauf, nicht aber in Bezug auf den Mondlauf ihre Vor-
züge hatte; doch das ist hier weniger wesentlich. Wol aber musten
51) Der Leser sieht hier nun die Ursache wie die Boeckhschen Resul-
tate mit denen gegenwärtiger Untersuchung einstimmig werden musten. Es
ist oben gezeigt dasz Kallippos, abgesehn von der Verbesserung des meto-
nischen Fehlers und der Zurückschiebung der vov\i>riv£a auf die Conjune-
tion, den Epochentag um einen Monat zurückschob; er that also dasselbe
was Boeckh statuiert, nur 90 Jahre später, so dasz kallippische Rednctio^
Ben dasselbe erreichen , was nach Boedihs Ansteht dnreH ein Palliativ wäre
zu Wege gebOioht worden.
Jahrb. f. cUss. Philol. Suppl. N. F. ßd. I Hfl. S. JJ
JMS A. Mommseii: BeiMgt zvr griftchbohen ZeiCreehBuiiff.
sich die ezacten Wissensehaflen schlechthin ^ines und desselbigen Gy-
clus ohne Ausnahme bedienen, und wer könnte Lusl haben abermals
einer Hypothese Raum zu verstatten , d^r nemlich , es sei jeme etwa me-
tonisch **) bestimmte Finsternis dann reduciert worden auf die (angeb-
lich giltige) OktaSteris und in dieser redueierten Gestalt auf uns ge-
kommen? Die exacten Wissenschaden gewannen damals schon An*
sehn und lieszen sich nicht vorbeigehn« Da mochte wol des Eratosthe-
»es umfassender Geist die Bahn brechen, welche solchen Schachern
wie Plutarch in aller Stille naehzuwandeln oblag.
Boeckhs Ausschaltung gibt den Athenern eine schlechtere Chrono^
logie, als sie ohne dieselbe nach der Oktafiteris hätten haben kön-
nen. In einem geordneten Mondeyclus schwankt das Neujahr in*
nerhalb der Grenasen eines Monats; dieses schwanken ist an sich
ein Uebelsland für das bürgerliche Leben, wie denn überall die
Ungleichheit der Mondjahre nicht praktisch ist, und die moderne
Zeitrechnung seit Caesar deshalb das Mondjahr aufgab. Schon in
alter Zeit suchte man ohne Zweifel das Neujahr nicht ohne Notb
im Sonnenjahr umherirren zu lassen; nach unsem Tafeln gab Me-
ton seinem In Hekatombaeon einen Spielraum von ao (29), Kallip*
pos aber einen v<»i 29 Tagen, also bezüglich von der Länge eines vol-
len und eines hohlen Monats, ^f) Wie soll man aber jenes Auskunlls*
mittel Boeckhs loben, vermöge dessen während einer Zeit von wenigen
Olympiaden dem Neujahr drei und fünfzig Tage gewährt sind, inner-
halb deren es umherschwankt von Ol. 86, 3 bis 91, 4? Man darf
glauben dasz diese enorme Weite der damaligen Neujahrsgrenzen,
wenn wir sie uns wirklich praktisch denken , sich unangenehm be*
merklich gemacht hätte bis in die kleinsten Beziehungen^) hinein,
denn die Jahreszeit und ihre anmutigen Geschenke sind gar nicht
gleichgilüg für die Feier der Feste , 59 Tage aber betragen mehr als
einen halben Sommer oder Herbst Dürfen wir den Athenern die An«
nähme einer so fatalen Störung zumuten? Wenn sie an gewisse
Schwankungen des Neujahrs gewöhnt waren , so mochten sie vietteicbt
desto verdrieszlicher sein dieselben vermehrt zu sehn ; denn die Leute
wollen mit Neuerungen auch Besserungen haben. Das von Boeckh ur-
52) Nach Idelers Tafeln komnit das Datum weder altmetoniseh (s.
Boeckh .S. 42) noch neometonisch auf den 16n Boedroöiion; denn bei Ideler
hebt das 76e kalHppische Jahr schon den lOn Juni an. Nach obiger Gonstmo-
tion des metonisdien Systems kommt sie ebensowenig auf den lön Boedro-
mion, sondern auf den 12n Metageitnion , da der Gydus damals schon um
äoen Tag .falsch war. Aber nach unserer Tafel des Kallippos kommt sie
ans. 53) Die altmetonisdieit Neujahrsgrenzen gibt, wie die neumetoni-
sohen> das 4e und 15e Jahr. Jene reichen vom 14n Juli bis zum 12n Au-
gast im ersten Cyclus, im «weiten vom 15n Juli bis cum* 12n August; diese
vom 25q (26n) Juni bis sum 23n (24n) Juli reichend bleiben constant.
54) womit nun nicht gerade gemdnt sein soll dass, wenn also s. B.
am In Hekatombaeon ein Familienfest war, der Athener sich ärgerte nicht
eben so reife Trauben essen zu können an einem nach Boeokh Terfnihetett
In Hekatombaeon als nach dem yor der Ausscbaltong später ftiUendan.
V
A; MeAimsen : Beiträge 2ar gtieiehischen Zeitrechnung-. S49
f' gierte am weite hinausgretfen des Jahresanfangs übär die Wende ist
^ doch hiergegen eirt geringerer tJebelsland , weichen erst Kalilppos ab-
^ stellte. Denn in dieser Beziehung ist die oben conslruiette Enneakai-
^ deka£teris um gar nichts besser, das fonf^ehnte Jähr Metons beginnt
^ erst den 12n Aagust; allein dies hinausgreifen Veröbelt die Theorie
1- weit mehr als das praktische Leben. •"— Hierzu nehme man dasz Boeckh
^ sich jene Ausschaltung als eine wiederholte denkt (8. 14) und ^wei
I Aussehailungea mutmaszUch in seine Tafel set^t binnen 90 Jahren (S.
27. 39). Dennoch bringt eine jede solche Au§merzung das Neujahr
und die Feste in ein ebenso starkes schwanken, wie es bei einer Kaien-
den^eform erfolgt; ja die ganze kalllppische Reform hat eine noch et-
was geringere Störung während det Uebergangszcit vom allen zum
neuen ßtü gemacht^ als die von Boeckh Ol. 89, 4 angenommene; jerie
bringt Sehwankcngen innerhalb 49 Tagen, diese noch um 4 Tage wei>
tere. Jene also erreichte mit noch ein wenig geringerem Schaden et-
was wahrhaft nützliches, diese mit gföszerem Schaden einen mehr der
Theorie als dem Leben frommenden kleinen Vortheil , der aber den-
noch allgemach wieder entschwand vermöge dör Beschaffenheit des
achtjährigen Cyelus (Boeckh S. 13f.)) so dasz endlich abermals ausge-
flickt wurde , der imglöckliche Nachen des Mondjahrs in ein aberma-
liges schwanken gerieth und die sämllieheh Feste mit an dieser Nau-
sea litten. Dennoch halle Meton unter den Auspicien des grösten Athe-
ners scineff Mrtbörgenr jenes System längst öffentlich vor die Augen
gestellt atB ein wahres nvijiia elg i$l\ dessen Zahlen eine späte Nach-
welt die güldenen benannt hat, jene EnneakaidekaSteris , nach der wir
heute noch Ostern berechnen. Die Athener verschmähten nicht blosz
anfangs aus Neid etwa gegen den lebenden Meton dessen Entdeckung,
sondern beharrten bei ihrem Eigensinn lOö J^ahre lang! und doch
nanhte PerBcles ihre Stadt eine Schule von Hellas, in der man denn
freilich Chronologie nicht lernen konnte, auszer von ddm welchen die
Stadt verschmähte; und gute Schulmeister sind doch nicht blosz
Freunde des lehrens , sondern vornehmlich des selbsllernens Freunde
und ffhnmer störrig und träge zum lernen. — Fragt es sich ob die
Geltung des acht- oder die des neunzehnjährigen Gyclus mehr hypo-
thetisch sei , so mu82 die Oktaeteris im Streite erliegen. * Was kann
entscheidender für den Gebrauch des metonischen Cyelus sein als die
Art wie Geminos den üebergang tn ihm macht? «Da also» sagt er
«dler OktaSteris in allen Stücken fehlerhaft war, so haben die Astro-
nomen . .eine ganzandeTe, die i9jährige, aufgestellt.»' Das sind Ide-
lers Worte I S. ä21. Dasz einst die Oktaeteris galt ist sicher. Hätte
nun Oeminos dem praktisch gütigen Kanon die blosz theoretische Auf-
stellung des neuen Kanon in d^r Weise gleichgestellt und angereiht,
so würde er seine Leser jedenfalls zu dem Misverstandnis verleitet ha-
ben den neuen Kation nunmehr für praktisch ebenfalls giltig zu hallen.
Und gar die Wofte iififui^ff^ivfi Kccta nclvttt: filhrt man so eine
fortbestehende Institution ein? vielmehr lasset uns dann gestehen, Ge-
mrno5 habe selber sich geirrt und gemeint die * fehlerhafte' d. h. ab-
17*
SSO A. MommseA : Beiiräfe aar ^iedamhen geüfuhiliigt
flchaifenswerthe Mctaetem sei aueh in d€f Thal nto^mkath worden.
Wenn Boeckhs Angidit wahr ist , sa kommt man daau dem s^r ve-
sf^ctabeln Autor zuzutrauen , er habe nieht einmal g^wnsi weMem
ZeitsysHeme die Athener in der Zeit ihrer Gröwe gefolgt aeien.
Boeekh deutet S. ^ eine Sietle des ariatophanisehen Fided«ns auf
eine Auslassung des Sdialtmonats Ol. 89, 4, indem der Friede im
Jahre vorher aufgeführt worden. I^e Stelle ist sehwierig (Vs»44i ff.
des Hermes Worte t t^tm* ifu luiXat^ xw inu^äv Jitt fe nktwehii» [Be-
lios und SeleneJ, X€A t&i xv%i&9 xn^^nyow «^' a^funrnitUtg^ d. h.
so stahlen sie auch schon längst von den Tagen wetehe weg und Irar
szen das Jahr [TwaXog] an durch ihren Irrlauf & so etwa Boeefch). Ak«r
sie, statt auf einzeln abgenagte Tage, z« beziehen miI einen gasuenBloiiflA
und dessen plötzliche Ausmerzung sind wir sdiwerlieh bereehtigt. Boeddi
lehrt, an einzelne Tage, um mit dem IMonde in UdiereMWlimwtmg im
kommen, sei nieht zu denken, denn abgesefan davon dasz hiermit die
Sonne nichts zu than habe , wären einzelne Tage damals vielmefa? aus-
zuschalten gewesen; welcher Grrnnddeiui freilich steht «adnült otttdem
stehen und fallen der Boeckhschen OktaeteridentafeL IhtSM die Soene
zunächst mit den einzeln dem Monat sei es hinzugelegten sei es weg-
genommenen Tagen (volksthömlieh gi engen beide Vorstellungen neben-
einander, obwol man in der That mit einer ausreicht) nichts zu sdiaf-
fen habe ist richtig; aber neben Selene regiert ja dodh auch Helios
über alles was Zeit heiszt, und nieht allein, sondern neben ihr an
zweiter Stelle wird er gemeint (Vs. 406 17 yif^ JSelfjvti j^m lunfov^ye^
*''HXiog mX,)» Doch die Hauptsache ist dasz man unbefangenerweise in
itaqhiftoyov nur ein allmähliches thun finden kann.
Nachträglich wird noch auf zwei Punkte der bisher über die Ba-
ten des peloponnesischen Krieges geführten Untersuchungen hinzu-
weisen sein, auf ein paar Worterklärungen nemlich, über weiehe
man, scheint es, zu gr5szerer Sicherheit und Bestimmtheit gelangt
ist , als man wol gesollt hätte. Der erste Punkt betrifft die Bedeutung
von TtaQa^iifSiv f der zweite den wahrscheinlichen Sinn von oUywy
oder 01? noklmv ^fa^cSv neben den thukydideüohen Jahrangaben.
Zuerst von itaga^iQU/v* Es zeigt sich dasz , sind, anders obige
Hechnungen richtig, die Ausdrücke des Thukydides V 20 aivadixa
itmv disl^ovtav nal iniiQmv iklyav Ttu^evipiovamv ^ cS^ ro n^mop
1} iaßol'^ ^ ig Tfiv ^AttMi^v %al ^ a^xi] xov noUfiov xavöe iyivetQ'
vgl. ebd. 36 toaeivxa Stri ... fcal ii^qag ov noXkig na(fsviy%ov0ag
eine positive Differenz andeuten , wir also oXtymv ^(ieQ€9v Tca^evsyiMv-
0äv übersetzen können durch * wenige Tage darüber'. Dennoch
dürfte im Ausdruck TSaQSViyxovamv nur eben eine Differenz ob plus
ob minus ) also * wenige Tage darüber oder darunter' bezeichnet sein.
Boeekh will dasz okfymv '^iisgmv naQSvsyfWvöAv ausschlieszlioh * we-
nige Tage darüber' heisze. Aber Cassius Dio, von den auf Caesars
Befehl eingeschobenen Tagen des römischen annus x^onfusionis re-
dend, sagt XLIII 26 htta aal i^iqKQvva fifU^ag i^ßaXmv^ oaiuiuq ig
tfiP ifta(fuXoytav na^fi^^iifov d. h. ^so viele nemlich an der vollen
A* Möifiim»erii : Bclitratre zär gf iediischen Zeitrechnung. 251
Sermtnei fohlten'. Hier steht naqiq>zqov von einer negativen Differenz,
80 dftst^ mfan leicht den Schhisz macht, ^r Ausdruck welchen Thuky-
dides für. ent j^ius, Dio für ein minus anwende, möge an sich selbst
wol weder das eine noch das andere bedeuten, sondern = * differie-
ren' sein. Deshalb ist oben bestätfdig nur das Wort * Differenz' dafür
angewandt worden.
Terner ergaben sich für die * wenigen' oder * nicht vielen' Tage
des Thukydides kleinere Tagsummen , welche die Länge eines lunä-
rischen Monats nicht überstiegen. Dennoch kann man fragen , ob Vö-
mel und Boeckh recht gesehn haben, dasz dies eben auch in den Wor-
ten des Schriftstellers — oUyaw und öv nolXmv inieqav — liege. Es
ist diese Ansicht deshalb nicht ganz überzeugend, weil dieselbe das
von Thukydtdes hier gemeinte Zeitjahr mit dem bürgerlichen Jahre
auf gleiche Stufe zu steilen sdieint. Wenn Thukydides nach diesem
letzteren, in Monden rein aufgehenden seine Kriegsjahre rechnete, so
würde er neben diesen Tage allerdings nur dann nennen dürfen , wenn
ihre Zahl keinen ganzen Mondmonat betrüge ; dem tropischeil Sonneil-
jahre, das sich in Jahreszeiten auflheilt, folgend konnteer entweder
diese Jahreszeiten al^ dessen Theile beiordnen, oder aber Zodiacal-
monafe', wie Geminos sie in seinem Kalender hat und wir in dem un-
srigen. Die Zodiacalmionate nun , wenngleich Meton sich etwa ihrer
imParapegma vielleicht schon bediente, waren doch lieber dem Astro-
nomen zu lassen , statt derselben afso nur Tagsummen conseqiienter-
weise neben dem tropischen Jahre anzuwenden. Hiernach wäre es
mislich den ov itoXlatg fffiiffatg eine bestimmte chronologische Grenze
zu geben. Wo hingegen Monate daneben genannt wären , müste man
nicht auf Zeitjahre schlieszen, sondern auf bürgerliche Jahre, deren
natürliche Bruchtheile so zu sagen die Monden sind — was denn auch
- für die schwierige Stelle Thuk. V 25 ^ fti^ (liv xal dhuc (lijvag viel-
leicht einige Erwägung verdiente. Wer behauptete Pläton Ges. 787
meine ein tropisches Sonnenjahr, den würde man darauf aufmerksam
machen können, der daneben genannte Monat deute vielmehr auf das
bürgerliche Jahr hin. Dennoch ist nicht zu leugnen dasz jene Absicht
ihr ansprechendes hat. Denn warum muste Thukydides gerade wis-
senschaftlich consequent sein ? Dem * seine Tage ' uralter Sitte gemäsz
*naeh dem Monde führenden ' Griechen lag als handliches Masz für
kleinere Fristen in der That die von Neumond zu Neumond näher als
uns, die wir unsere Tage vielmehr nach einem Kalender führen, wel-
. chen der Mond eher stört als fördert durch seinen Eihflusz auf die
Ansetzung der Feste.
Dasz die Datierung von Trojas Fall auf den achten Thargelion
voia Ende 17 Tage vor der Sonnenwende wahrscheinlich neumetonisch
zu nehmen sei, ist oben gezeigt worden. Nach Idelers Uebersicht
der sich verschiebenden Jahrpunkle (EM. S. 78) fand im J. 45 v. Chr.
die Sommersonnenwende am 2ön Juni 6 Uhr morgens statt, und dies
Datum mit Hinzugabe einiger Stunden können wir für die Zeit des
Dionysios zu Grunde legen ; schrieb er doch für seine Zeitgenossen,
258 A» MomoMea : Beiträge zur grieisbiKd^n ZeUr«0tailttg.
welche gewis zum alleirkleinetea Xheil im Stande wiu^eB emu^An,
dasz mehr als ein Jahrlaiisead früher der b/etreflDende Jahrpookt eiaein
andern Datum eotaprocben hahen mQs&e ft)s zu ihrer Zeit; mögUeh
auch dasz ihm selber die Sa^e fremd w^. Gehen wir also von dem
Tage der Wende , welchem sie in der Zeit des Autors und nach lange
nachher angehorte, aus, so ergeben die Tafeln dasz vom 23n Tharge-
Uon bis zum 9n Skirophorion s;s a5/Ka Juni siebzehn Tage aipd, in-
dem nach antiker Weise, der terminns a quo und der ad quem mitge*
rechnet werden. Er^itostbenes selber moehle anders angesetzt haben ^^X
so dasz Dionysios, der dt^s Studium der eratosthenischen Chronogra-
phie ja zu dem seinigen machte, doch die Datieriing des ISratosthenes
insofern linderte als er den Sommerwendet^g seiner Zeit an die Steile
setzte. Indes zu einer sicheren Yennutnng komn^t m«n nichtig weil
die Setzung der Wende auf ein den 96n Juni jui. dj^rstellendes Datum
dem Eratosthenes in der Zeitbestimmung Trojaa zuzumuten ware^ Zu
Eraloslhenes Zeit (901 v. Chr.) kann die Wende, welche alle 198
Jahre um einen Tag rückt, durch erneute Beobachtung auf e'mDatum,
entsprechend dem jul. 27n Juni, jedoch auf den Vormittag gesetzt
sein 9 welcher noch dem lOn Skirophorion, von Mittag zu Mittag ge*
rechnet, angehörte. In diesem fall müste man bei Zählung der 17 Tage
nicht beide termini, den a quo und den ad quem mitrechnen, sondern
einen ungezählt lassen^') und zwar wol den Tag der Wende. Da die
Wende y. Chr, 46 am 3ön Juni 6 Uhr morgens eintrat, so kern sie,
wenn man zweimal 128 Jahre zurückgeht in die letzten Jahre des Era-
tosthenes, auf dieselbe Tageszeit des 27n Juni.
Es sind von den Epigraphlkem zwei athenische Inschriften aus-
findig gemacht, deren doppelte Datierung nach altem und neuem Stil
(Boeckh) die ergiebigste Quelle von Aufschlüssen für die athenische
Zeitrechnung sein würde, wenn isie nicht leider in einem höchst frag-
mentierten Zustande auf uns gekommen wären. Dennoch ist es der
epigraphischen Kunde und dem S^arfsinn Doeckhs (MondcyalenS.66
ff.) gelungen diese Denkmäler, verstümmelt wie sie sind, für die Da-
tenvergleichung ni^tzlich zu machen^ Zwar wird hier eine ihren Prae<»
missen u^d Consequenzen nach abweichende AuffassongvjCNrgetragen
werden, in dem aber« was bei einer Untersuohung das materielie ist
und was Boßckh selbst als gesichertes Ergebnis betrachtet , wird man
keinß Abweichung finden.
D|e Daten der Insphrift I^f* 98^ differieren Viren Zahlen nach um
2, zufolge der durchaus überzeugenden Herstellung Boeckhs; bei dem
andern Doppeldatum in Nr. 385 ist dieselbe Differenz herstellbar. Der
.unyersp)^ob^ne Cyclus. des Meton (s. unten Tafel III) zeigt aber ver-
möge der annexen Daten des julianischen Jahres ^en di^en Un-
55) Die Verschiebung der Jahrpunkte entdeckte erst Hipparchos , aber
maa beobachtete die Sommerwende wiederholt und kam da za abwelchen-
dea Resultaten. 56) Die MdgUehkeit dieser Zählung ist nicht absuleug^
n^n , sonst ist wol der Usus d^m mitreqhaen beider T^mini günstig.
ierscfaied von ewei Tafen als einen häufig vor komm^ndien. Es bat
derse)!)«, wie oben gezeigt iat, seinen Grund darin dasz Kallippos den
Monatsanfang von der sichtbaren yiMfj»ifvAt auf die wahre Conjunction
iSUrückachob (1 Tag) und auszerdem einer vorhin beigebrachten Mut-
maszang nach die Epochenstunde vom Vorabend Metpns auf den 7 bis
8 Stunden früheren Mittag hinaufruekte. So zählt nun Meton z. B. in
seineni 3n Jahre den In Hekatombaeon^ wo Kaiiippos schon deii 3a
zahlt im neometonischen 15n Jahre ; oder wenn bei der Inco^gruenz
der Schalt- und Gemeinjahre beider Gyclen zugleich eine Abweichung
der Monate um 1 stattfindet , Meton in seinem 9n Jahre den 23n An^
thesterion, wo Kallippos den S4n Elaphebolion^') zählt im neumetoni*
sehen 2n. Nun geht die um 3 kleinere Ziffer auf den beiden Inschriftenr
fragmenten voran, so dasz man sieht, wie dem altmetonisciien Datum
der Ehrenplatz eingeräumt wurde.
Es sind hier nun zwei Auffassungen möglich: entweder, da der
eine Volksbesehlusz zu Gunsten eines Ausländers, des pergamentr
sehen Arztes Menandros abgefaszt ist, hat man das eine Datum als
das m Pergamos giltige , das andere als das athenische zu denken ;
oder man musz sagen , dasz die Behörde specieU anbefohlen habe (oder
dam&ls gewohnt gewesen sei) dem bürgerlich geltenden Datum neuen
Stiles das altmetonisehe vorzusetzen. Die erstere Ansicht hält Boeokh
nicht für wahrscheinlich , weil hier eine internationale Verhandlung
zweier Staaten miteinander nicht vorliegt , sondern in beiden Psephis-
men staatlich nur Athens Beamte erscheinen gegenüber zwar einem
Pergamener, aber doch einem Privatmann. Und anders darf wol nicht
geurtheilt werden. Hiernach bleibt die andere Ansicht übrig* Denn
dasz, wieBoeekh ferner schlieszt, das metonische Datum als das amt-
liche voransiehe (weil damals der metonische Cyclus zu Athen galt)
folgt keineswegs, da durchaus nicht abzusehen wäre weshalb man die
kftUippische Datierung, sobald sie nicht wirklich galt« hinzusetzte.
Boeckh, der S. 106 von der kaliippisehen Periode S4i^ dasz sich die
Astronomen * gelehrterweise 'ihrer *aueh' bedient hätten, durfte
einem rein theoretischen Zeitsystem den Zutritt in ein bürgerliches öf- .
fentliehes Document gar nicht gestatten« Hat aber ein Staat erst den
einen Kalender befolgt, dann einen andern angenommen ^ so ist es sehe
denkbar dasz er, weil Staaten einmal conservativer sind als Privat*
leute , doppelle Daten anwendet und dem älteren Kalender als dem alt»
nattoniüen diea ersten Platz gönnt vor demjenigen dessen nächster Ur-:
heber doch kein Athener sondern ein hellenistischer Grieche war.
Dasz der metoniseh datierte Tag hier der blosze Fignrant ist läszt
sich auch noch von anderer Seile zeigen. Wäre nemlich die Datierung
alten Stils nicht blösz honoris causa da , sondern dem wirklichen Ge*
brauch des altmelonischen Kalenders entnommen , so könnten die Zah-
len nicht ihre ursprüngliche Differenz zeigen, sondern müsten um mehr
57) EkieckliS. 58: Mm Kirsten Datum stanli Zeile 3 'Av^eotijoimvog Sev-
tiifoi lltex' £i%ddas]y im zweiten 'EXaq)rißoki(Svog rstifciäi (Ut el%tiia[9],''
254 A.Monmiseifi: Biiiträge zur grleehitfiäien Zeitrechnimg.
ats 2 abweichen, vörausgpesetzt dasz unser« Tafel «Ili richtig ist. * Al-
iein* — so möchte jemand entgegnen — *wer wird denn annehmen
dasz man Metons Kanon nicht berichtigt habe? ' Diejser Einwand schlägt
sich aber selber. Kallippos hatte den Fehler »meines Vorgängers ent*
deckt und eine sichere Methode angegeben , ihn unter Beibehaltung
aller beibehallenswerthen Eigenthfimlichkeiten der Enneakaidekaiteris
zu vermeiden. Berichtigte man also den metoni sehen Fehler, so nahm
man diese Belehrung vom Kallippos an ; dasz man aber nun nicht auch ,
die übrigen Verbesserungen des Kallippos angenommen hätte , beson-
ders die willkommene Annäherung und Gruppierung der Neujahre um
die Sonnenwende, ist nicht wol denkbar, man m&ste denn den dama*
Hgen Athenern einen seltsamen Eigensinn zutaranen , während sie doch
Ol; 112, 3, als Kallippos' Kalenderreform ans Licht trat," ein^n leisen
Winke des makedonischen Königs jeden Eigenwillen nachsetzen mus-
ten. Kallippos* Verbesserung wird unter den Anspielen des Alexan^
der ins praktische Leben übergegangen sein , obwol wir sie uns selbst-
verständlich schon länger in der Theorie vorbereitet denken müssen.
Denn dem epochemachenden Ereignis der Arbelaschlacht folgiend mag
Kallippos die neumetonische Epoche angesetzt haben auf das nächste
Jahr oder etwa im Jahr Ol. 112, 5 selber, nachdem es altmetonisch be-
gonnen, seine Reform aufgestellt haben, unbekümmert darum dasz er
nun einige bereits abgelaufene Monate alten Stils umtaufen muste;
machte er damit doch Alexandem ein Compliment , welcher eben jelzt,
als im Hekatombaeon Ol. 112, 3 Dareios ermordet war, das Recht zu
haben glaubte die erledigten Throne von Persepolis und Ekbatana zu
besteigen. Dasz ein Kalender , sei es in den Monatsnamen oder in der
Epoche , auch Huldigungen der Art darbringen könne , lehrt eine Reihe
von Beispielen , welche für diese immer doch nur mutmaszlich gege-
bene Auffassung anzuführen freilich gerade nicht der Mühe verlohnt.
— Aber, wie gesagt, wenn die Athener sich genöthigt sahen den
fehlerhaft gewordenen Cyclus des Meton nach Kallippos' Theorie zu
emendieren, so verschmähten sie gewis auch die übrigen Vorzüge der
neuen Periode nicht, d. h. sie nahmen dieselbe einfach an.**) Eine
ungefähre Zeitbestimmung der Inschrift Nr. 386 bringt dieselbe in die
Jahre von v.Chr. 197 — 169 (Boeckh S. 59). War der metonische Ka-
non ohne Rectification fortgebraucht, so differierte er bereits drei bis
vier Tage, welchen seinem Ursprung nach schon gegen anderthalb
Jahrhunderte früher nachgewiesenen Fehler man freilich unmöglich
hätte dulden können. Boeckh läszt seine Athener Ol. 112, 2 die Oklae-
teris abschaffen und mit OL 112, ^ den noch bisher ungebrauchten me-
tonischen (d. i. Idelerscheti) Cyclus einführen ; aber die ihm also jetzt
metonisch beginnenden Athener beginnen doch nicht-metonisch! dehn
*
58) Es konnte ihnen dies um so weniger schwer fallen , da die kallip-
pische Periode sich doch nur als eine Verbesserung, nicht als Verdrängung
des metonischen Cyclus gab. So lebte denn auch der Name des Meton im
Sprich Worte (onntM Melünis bei Cicero und sonst) fort, nidit der des Kal-
lippos.
A. Mommsen: Beiträge zur griechischen Zeitrechnung. 255
d^^aug^ehsöhdnHch um zwei Tag;e zu späte* alttnetonische Jahresan-
fangs (lefJnli, idelerisch) müste jedenfalls berichtigt werden (S. 43),
kurz diö metanisch rechnenden Athener begannen mit dem kallippi-
schen 28A Juni. Sie setzten sich dabei ferner hinweg über die Sicht-
barkeit der ersten Phase , und auch für diesen theoretisch sehr rich*^
tigen Gedanken waren isie dem Kallrppos verpflichtet (S. 44) so gut
wie für jene Ausmerzung des Fehlers. Sehen wir ab voh dem Eigen-
sinn der Athener, gewisse Vorzüge des kallippischen Zeitsystems an-
zunehmen, andere wieder — das System als ganzes zu verschmähen:
so ist es doch in der That unglaublich däsz dieselben Athener voh
Ol. 112 ; 3 ab nun die metonische Enneakaideka^teris wieder unrecti-
ficiert in die Irre laufen lassen mehr als anderthalb Jahrhunderte lang.
Denn bedienten sie sich , wie die Inschriften lehren , des kallippischen
Datums neben dem altmetonischen und sahen sie sich folglich, wenh
die doppelte Datierung nicht eine mehr vereinzelte Alterthümelei war,
durch die nach Boeckhs Ansicht secundäre Anwendung der kallippi-
schen Daten darauf hingewiesen, den allmählich wieder sich einschlei-
chenden Fehler des Meton nicht zu übersehen, so verdienen diese
Athejier , welche nach Boeckh den Fehler zu zwei Tagen abermals an-
wachsen lieszen, den Tadel der allergrösten Nachlässigkeit — diesen
Fehler welcher ihnen vor noch nicht anderthalbhundetf Jahren ein so
augenscheinlicher gewesen war! Ja , wenn Boeckh den alten Stil blosz
ehrenhalber dem neuen vorgesetzt dächte, da konnte man sichs gefal-
len lassen ; aber nach diesem aufs neue fehlerhaft werdenden Kalender
allen Stils müssen die Athener ihre Tag^ führen, zu einer Zeit wo we-
nigstens die exacten Wissenschaften an Praecision und auch an Autori-
tät gewannen. So ergibt es sich dasz Boeckhs Ansicht, es sei die auf
den Inschriften bemerkte Differenz von zwei Tagen der bis dahin wie-
<ler angehäufte metonische Fehler, nicht haltbar ist.
Es wurde dieser zweitägige Zahlenunterschied bereits oben als
die cohstante Differenz mehrerer Jahre beider Cyclen bezeichnet und
zwar des noch unverschobenen fehlerlosen metonischen Cyclus, ver-
glichen mit dem, von einer gewissen Correction abgesehn, überall sich
nicht verschiebenden rieumetonischen des Kallippos. Wie werden wir
uns denn nun solch eine doppelte Datierung entstanden denken ? am
wahrscheinlichsten doch wol durch den Gebrauch eines Parällelkalen-
ders. Wenn man häufiger doppelt datierte, muste man das Bedürfnis
empfinden , aus einer beide Datenreihen enthaltenden Tabelle einfach den
betreffenden Tag zu entnehmen; und dasz jene Inschriflenbruchstücke
wol auf einen öftern Gebrauch, dessen Documente uns verloren wä-
ren, sehlieszen lassen, scheint doch das wahrscheinlichere. Dadurch
wird nun wiederum die oben wiederholt geäuszerte Vermutung unter-
stützt, dasz sich auch die Wissenschaft solcher Doppelkalender bedient
haben möge um frühere Daten auf den neuen Stil zu reducieren'und
so den nominell gleichen Daten auch denselben Sinn zu geben. Was
die Astronomie betrifft, so ersieht man aus den häufig bei Ptolemaeos
voriiommenden Doppeidaten , dasz .man' noch mehr ähnliche Hilfsmiltel
2S6 A. BlomnMeii: Bei(rS|^ tar griechisdien Zeifrechanng.
nölhig httte, zimadist um aegyptiscbe Daten zu Tergleidiea. Ebenso
ersehen wir die Nothigong, zu Baliylon gemachte Himmelsb^obaeh*
tiingmi auf griechisches Datum zu reducieren» qatfirlich auf neumeto-
nisches, wie denn Ptolemaeos hinzuzufügen pflegt, es sei das und das
Jahr der kallippischen Periode gemeint Um so eher dürfen wir an*
nehmen dasz Verglelehungstabellen der beiden griechischen Kalender
auch zum Handgebrauch existierten. Rechnete man im Leben neume*
tonisch, so konnte man jedem Datum ein altmetonischas vorsetzen,
während umgekehrt es unmöglich war für den von Meton zu viel ge-
nommenen, beim Kaiiippos sich gar nicht vorfindenden Tag ein 'se-
cundares' Datum zu finden; wer sich freilich auf Wahrscheinlic^eits-
rechnung versteht, wird da vielleicht entgegnen, dasz das wirkliche
eintreten dieses kleinen den altmetonisch rechnenden drohenden Di-
lemma so äuszerst selten müsse gewesen sein, dasz man wol davon
absehn könne«
vin.
Betrachten wir es also als feststehend, dasz sowol Metons Kanon
als Kallippos' Periode gleich von ihren Epochen an praktisch zu gellen
anfiengen, dasz also Idelersund früher auch Boeckhs Ansicht über den
Punkt der praktischen Giltfgkeit durchaus die richtige gewesen, nur
dasz eine andere Gestalt als jene Forscher glaubten zu Grunde gelegt
werden musz. So bestätigt sich denn auch der Satz dasz in den älte-
ren Zeiten Wissenschaft und Kunst weniger sich zurückzogen aus dem
öffentlichen und bürgerlichen Leben, wie das später immer mehr ge-
schah, namentlich zu Alexandrien. Spuren indes von rein theore-
tischen Setzungen haben sich schon gezeigt, wenn anders wirklich
Kallippos die Epochenstunde seines astronomischen Tages auf den Mit-
tag setzte, wie in der nabonassarischen Aera; gewis gaben die Leute
deshalb ihren landesüblichen Tagesanfang nicht auf. Sollten wir nun
Im Fortschritte der exacten Zeitkunde und der Astronomie eine fer-
nere, retn wissenschaftlich gebliebene Setzung kennen lernen, so
würde das, wie gesagt, z. B. für die Gelehrsamkeit der alexandrinischen
Theoretiker, ein Beleg sein zu dem allmählich weitem zurückziehen
der Wissenschaft aus dem Leben.
Während nemllch der zweite Poseideon, Athens Schaltmonat,
noch auf Inschriften aus der Kaiserzeit vorkommt (Boeckh Mondcyclen
S. 106), lassen sich doch einige Stellen des Ptolemaeos nicht anders
etklären als so, dasz man behauptet, zu Alexandria habe man sieh
zwar der kallippischen Periode bedient , aber nicht ohne eine Aende-
rung, bestehend in der Verschiebung des Schaltmonates, welcher, im
athenischen Leben der siebente , in der astronomischen Wissenschaft
an dreizehnter Stelle nach dem Skirophorion gezählt worden sei. Jo-
seph Scaliger ^*) trägt diese Lehre mit der grösten Bestimmtheit vor.
50) de emead. tempp. p. 84. Sealiger will diese Versehiebang überall
der kallippiwiliea Periode viadiciermi, was man niehi sugebeakann. Aach
uad die al^t^ndfimsahe WisseneohaA kl^nble ohne Zweifel' mü ddm
fremdher erworbenen Pfunde wuehem i^nd sehallen, ohne üeh dnreb
irgend eine Rüftksipht zu bindan^ Bcaliger sagt» e» sei also ein »wei-
ter Skirophorioa^^) inlereaiiert worden« Die «päleren aber reden mei-
stens blosjs von. einem ^v ifißdl^iag, wobei es bei der tiieoreü^
sehen Absieht dieser Sehjriflsteller wol denkbar wäre dasz sie uns eben
den bei den Astronomen der Ptolemaeer übiiehen Ausdruck für den
lan Mond mittbeilten« Indes köpnte smoh die alte Bezeichnung beibe-
halten sein, wenigstens neben der rein sachlichen -^ iftßoliiiag ^^;
in dergieiohen Füllen pflegt wol die Terminologie etwas zu schwan-
ken. 80 is4 es gerade nicht wunderbar, dasz Ptolemaeos (Alm. VII B
p» 36), von einem kallippischen Schaltjahre redend, dem 36n Jahr der
Periode, blosz den Peseldeon nennt, nicht den n^u^ ntastSetiv:
denn eigentlich, wie Scaliger will, war es ja jetzt ein zweiter Skiro-
phorion. ^^) Consequent ist er aber dennoch mcht, denn ein ander-
mal, wo er von einem 9n kaliippischen Jahre, also wieder einem
Schalljahre spricht, lautet die Angabe (Alm.IV 10 p.378>: fM^vo^ J7o^
^£fisävog xov yf^i^ov, Dasz in toi nifoxi^ov die Ziffer des Datums
stecke ist nicht recht wahrscheinlich, da auch bei zwei eben vorher
berichteten Observationen zwar der attische Monat aber nieht die Ord-
nungszahl des Monatstages genannt wird, welche aber das aegyptische
Paraiieldatttiu hat^'). Wollte man nach dieser Stelle allein urtheiien,
so müste man annehmen, Ptolemaeos hatte die alten Benennungen
eines ersten und zweiten Poseideon ungeachtet der Verschiebung des
letzleren einfach bestehen lassen. Doch wie gesagt läszt sich mut-
maszen, dasz diese etwa noch junge Terminologie sieh dem Autor
nicht hinreichend festgestellt hatte.
Ob nun diese Ansicht, es sei der dreizehnte grieclusche Monat
als der eingeschaltete betrachtet worden in späterer Zeit^ sich bestatii-
gen lassen wird aus einer noch andern Quelle, welche aber dem
Brunnen alexandrinischer Wissenschaft eigentlich entfiLossen ist und
daher einen Rückschlusz erlauben müste? Man könnte nemlich fol-
gendes Baisonnement anstellen. Im dritten chrtstiiehen Jahrhundert
— Ptolemaeos lebte im zweiten — stellte der Bischof Hippolytos einen
Osterkanon auf im ersten Jahr des Kaisers Alexander Severus , wel-
ches die üeberschrifl nennt nebst dem Datum der Ostergrenze für dies
die Astronomie wird früher nach uayersehobenen Schaltmonaten datiert ha-
ben, wie das einem Sobaltjahr apgehörige Arbela- Datum zeigt, auch das
bei Dionysios I 63. 60) Wer nun so glücklich wäre die arehaeologische
Ephcmeris Nr. 83 su Rathe ziehen su l^önnen ! Dort steht ein fragmentier-
tes Datum: EAtEMBOAlMQI , nach Boeckh (a. 0. S. 12) [Bvn nal 9]ett
ifitßoX^fUjlf «nd SU beziehen auf den letzten des Skirophorion. Boeckh freilich
deoki an einen einzelnen Zusatstag. Ql) So erledigt sich der Eipwand
Baeckhs (a. 0. S. 105) gegen Scaliger. Wegen eines bei Ptolemaeos. ge-
nannten nfiofc^ofi Ilß0$ämv liesz sich eher ein solcher machen als w«g«n
eine» Qicbt v^ore^og genannten. 62) Man ersieht nicht weshi^b Hahna
übersetst: le premier jour du mols Posideon. Esseheiot em blosses Verse-
hen des UeberseUers.
SS6 A« Mommsen: Beiträge ear griechhfchen ZeiMr^hriun^.
Jahr und äem Behiizei ifißoXfyuyv firivog yevöfitifdv d. h, ^ nach ein«
getretenem S.chaltmonde' komme die Ostergrenze auf dag angegebene
Datum (Ideler II S. 215). Der Ostermonat aber heiszt den Kirchen*
Schriftstellern auszer mensk paschaUs auch mensis prmus (Ideler !I S.
320), von welchem ab weiter zählend, durch Gleichsetzung mit den
nicht congruierenden bürgerlichen Monaten , man leicht zu Ungleich-
heiten und Abweichungen kam, wie Ideler zeigt; so dasz bald der
März (Occident) bald der April als prmus mensis erscheint. Ander-
seits weist .derselbe nach dasz man in dem österlichen Zeitsystem die
dreizehnten Monate als die Schaltmonate betrachtet habe; es werde
nemlich dem Osterschaltmonat stets die Summe von 30 Tagen**) bei-
gelegt ganz wie dem Adar (Schaltmond) der Juden, die ihr System
unleugbar aus derselben Quelle schöpften (Ideler H S. 237^ vgl. I S.
579). Wir finden also allem Ansehein nach ein Jahrhundert nach Pto*
lemaeos im österlichen Mondcyclus die Schaltmonate an das Ende ge-
schoben. Dasz die Osterrechnung in Alexandria ihren Sitz hatte und
an die alten Mondcyclen sich anschlosz, ist sehr leicht zu zeigen
und längst gezeigt; mittun auf jeden Fall der Passakanon *^) immer
mit zur Frage zu bringen. — Zufällig ist uns auch noch ein Zeug-
nis auft)ehaUen, welches dieselbe anscheinende Verschiebung des
Schaltmonates zeigt, freilich einer möglicherweise recht späten Zeit
angehört. Macrofoius Sat 1 13 berichtet aus Glaukippos Schrift über
den Cultus {de sacris) der Athener , dasz die Griechen nach dem letz-
ten Monate (confecto ultimo mense) geschaltet hätten, also — sagt Ma-
crobius — nicht wie die Römer die Summe der Schalttage in die Fe-
bruarmitte hineinlegend. Sonst hätten die Römer den Februar hierzu
gewählt, weil sie den Griechen nachahmten. — Nach Macrobius Ansicht
kam nemlich der Februar auf den Poseideon zu liegen bei der Verglei-
chung der Monate ; dies ergibt sich mit Sicherheit aus seiner Zusam-
menstellung des April und des Anthesterion I 12. Er begann also mit
dem März , welcher volksthümlich wol immer als erster römischer
Monat betrachtet iVurde (Ideler II S. 55 f.) und ohne Zweifel dem
kirchlichen prmus mensis entgegenkam , so dasz dieser für die roma-
nisierten Völker der März wurde. Offenbar aber hatte Macrobius die
63) Wena dies bei Eallippos in der Periode der gleiche Fall war, so
müste man die Folge der hohlen und vollen Monate danach ändern. Mög-
lich ist es; auch hindert nichts die Periode so einzurichten. Unter den sie- i
ben Schaltjahren auf Tafel 11 haben vier ohnehin einen SOtägigen Monat am '
SchlosE , so dasz sich Jene Osterregel sogar auch im Anschlusz an die Mehrzahl
nach der eben erwähnten Tafel bilden mochte. 64) Anziehend ist es dabei
wahrzunehmen , wie zu einer Zelt , wo die julianische Chronologie der Caesaren
immer mehr das alte Mondjahr verdrängte , die Christen diesem wieder auch
eine praktische Bedeutung zu geben anfiengen« Der veränderte Jahresan-
fang kommt nicht auf Hechnung der alexadnrinischen Theorie, sondern des i
römischen Einflusses. Spuren dieser Auffassung des griechischen Jahres zeigt |
schon Diodor, der bisweilen ganz nach dem römischen Jahre erzählt, um 6
Monden hinauf'- oder hinabrückend. Vgl. F. Ranke in Ersoh und Graben |
Enoycl. I 24 S. 55 unter Demosthenes. j
A. Moömiflen : Beiträge zur gciechisöhen 2eiirechniing'»
erwähnte Ansicht » dasz der Schattmond bei den alten Griechen 4er
letzte im Jahre sei. In welcher Verbindung die Nachricht bei dem
verlorenen griechischen Autor, welchen er nennt, gestanden habe,
ist freilich schwer zu ermitteln. Aber dieselbe mit Boeckh a. 0. S. 1^
auf die einzelnen Zusatztage , durch welche man hohle Monate in volle
verwandelte, zu beziehn erlaubt der Zusammenhang nicht. *Die Grie-
chen' lehrt Macrobius ^bemerkten, daszihr3ö4tägiges Jahrumll^Tag
zu kurz war; alle acht Jahre fehlten also 90 Tage, die sie in drei Mo-
nate brachten. Die Tage nannfen sie wuqßalvwvag^^y (nemlich die
kleineren Tagsummen zu 11 J jede), *die Monate aber ifißoXliiov^**
Nachdem er dann die römische Weise erklärt hat , erläutert er die
Wahl des Februars in der oben erwähnten Weise und. bemerkt? nam
et üH (jGroici) v^hm anni sui mensi superfluos mterserebani dies^ iU re-
feri Glauc^pus gm de sacrie Aihemensium scribit; verum una re a
GraecU differdfont: nam tili confecio ulUmo tnense, JRotnani non con-
feeio Februarw .eed posl XXIII dietn eius inlerealabant , mit welcher
letzteren Angabe. das zu Gunsten der bezweckten Parallele gewählte
interserebani berichtigt ist. Was die superflui dies sind geht aus dem
früheren mit aller Evidenz hervor, es sind die Parallagmen von 11^
Tag, die jedesmaligen Uebersch&sse des tropischen Jahres über das
aus 12 Mondumläufen bestehende. — Macrobius übrigens hat durch
seine Nachricht und Darstellung derselben zwar einigen Anspruch ihm
dankbar zu sein; doch verdient er däneben Tadel, weil er etwas viel-
leicht blosz hellenistisch - christliches ausgibt für allgriechisches, die
Verschobenheit des Jahresanfangs gar nicht beachtend. Da der März
den Anfang sowol des römischen als des österlichen Jahres bildete , so.
parallel isierte er, letzteres für das allgriechische nehmend, beide und
gelangte so zu seiner Folgerung. Oesterlich für alexandrinisch und
alexandrinisch für griechisch zu nehmen schien nahe zu liegen. Das
österliche Schallsyslem , so konnte Macrobius sagen, ist offenbar ge-
baut auf den altgriechischen Mondcyclus ; zeigt jenes den dreizehnten
Monat als den eingeschalteten , so musz ihm nothwendig auch in den
Mondcyden der altheidnischen Zeit dieselbe dreizehnte Stelle ange-
wiesen worden sein. *•) Welche Vorstellungen von dem griechischen
Mondjahre konnte ein Autor des ön Jh. (Macrobius lebte zur Zeit Theo-
dosius II, reg. 408 — 460) mitbringen als die abgeleitet in der christ-
lichen Osterrechnung und dem Osterstreile fortlebenden? So ward über
das Osterfest von 444 gestritten und zwar natürlich vorher; Macrobius
konnte das erleben und bei dem hin - und Widerreden kamen alle Ei-
genschaften eines Mondcyclus zur Sprache. Halte Macrobius sich ver-
möge der Ostereinrichtungen seiner Zeil eingeredet, die alten Grie-
chen hätten gleichfalls ihren Poseideon II als den dreizehnten Monat
betrachtet, so mochte eine Autorität dafür nicht schwer herauszufinden
05) vueq^dXXovxag lüennt sie Solinns bei Ideler I S. 306. 60) Dies
war richtig, nur freilich Unrfte die Monatsfolge uicht aalieben in römischer
Welse mit dem Gamelion = März.
S80 A. Momiitten: Beilrag« zur grlechiMh^ ZtiüechQuiig.
sein, flofom man elwa die griecbische Monatofolge vom märzKchen
Neujahr mit deti Römern zahlte, ^ie Macrobins selber thut, und ob
Glauiiippog besseres wasle, sieht dahin« Was die macrobiuiisohe
Zusammenstellung des Anlhesterio« mit dem April, des Poseldeon mit
dem Februar betrifft, und die ganze eRlsprechend zu ordnende Ver-
schiebttAg (vom Hehatombaeon ^=3 September ab), so ist dieselbe hin-
reichend aueh sonst betegt f&r jene spaten Zeiten ^0, in welchen ja der
einarüge Kalender der Imperatoren einen echt rdmisehen Kampf ftihrt
gegen die manigfalttgen Jahreseintheilungen der hellenistischen Yöl-
Iter^ *-> Solch ein Raisdnnement kdnnte man wie gesagt anstdlen.
Stau aber die Hinabröekung des altgrieehisehen Sehaltmonds an den
altgrieehisohen Jahresschlusz zu beweisen, zeigt es denselben vielmehr
gerade an seiner allen Stelle. Weder Macrobius nodi die Osterrechner
gehen von etwas anderem aus als von einer Parallele des römisch
voUcjsthümiichen Jahres mit dem syrisch verscliobenen griechischen
Jahre "^); denn den syrischen Christen begann das Jahr mit dem He-
liatombaeon &=> S^tember. Nur musz man für Macrobius wie fttr die
Auffiassung des Hippolylos, dasz der fi^v iftßolifMg der letzte im
Schaltjahr sei, noch wiederum annehmen dasz sie bei jener Paray^e
nicht den syrischen sondern den römischen Jahresanfang. dl h. den
67) Ideler I S. 360 ff. vgl. K. F. Hermana griech. Monatskunde S. 33 f.
Wer aber sicher gehen will musa den Hekatombaeon === September den
asiatischen Chrieehen reservieren, die ihr Jahr mit dem Herbst begannen
(Idder II S. 609). Macrobius mochte da« für allgemein gri^ehisch neh-
men. 68) Kritik wird bei alle dem nöthig sein, wir werden nicht jede
Gleichstellung sofort für eine irgendwo praktisch gewesene Kalendereinrich-
tung nehmen. So bieten die Glossen des Papias zweierlei Gleichstellungen
attischer und römischer Monate dat, emmal vom Hekatombaeon ?=: Januar,
das andere mal vom Hekatombaeon sb Mär2 ; jene Parallele brachte den
Blumenmonat (Anthesterion) in den Naehsommer, diese gar in den Spät-
herbst! Ordnet mau die Glossen, so ergibt sich dasz sie sich auf ein velU
ständiges Parapegma, also ein dieizehnmonatliches, gründen, wobei wenig
gescheites herauskommen konnte. Nach dem Poseideon ist in beiden Folgen
Jedesmal eine Ltehe; man sieht dasz der Glossator den zweiten Poseideon
mitaahm. Hennann hat dies verkannt (Philologus II S. 269); die Ober-
flächlichkeit der Vei^gleiehung incongruenter Monate reicht offenbar zur £r-
klärung nicht aus. Uebrigens erscheinen die attischen Namen bald als teu-
krische bald als tenedisclie. Dasz nun eine solche, vielleicht rein nominelle
Vergleichnng zweier Tdonatsfolgen, deren ^Ine dreizehn, die andere zwölf
sählte , nothwendig schon durch das Zahlenverhältnis ins schwanken' kom-
men muste, ist leicht einzusehen, und so^grbt die vom Januar = Hekatom-
baeon beginnende den Poseideon {Posteon matua mensis ieuerum Imgud) als
Mai , den Gamelion (ßameon teucntm Ungua itdius mensis) als Juli , wobei
nun der Poseideon II, wie gesagt, nicht überschlagen, sondern dem Juni
gleiohgeachtet sein musz. Weiter nun , um mit seinen zwölf römischen
Monden zu reichen, musz der Glossator einen griechischen auslassen; so
fährt er denn auch fort ElapheboUon ieuerum Ungua foensis augusius, hier
hat er den Blumenmonat gerade weggelassen , weil er sich vielleicht schämte
ihn in die Zeit der Frucätreife zu versetzen. L. 0. Brocker hat diese bei
alledem merkwürdigen Glossen dea Papias entdeckt, s. Philologus H S.
246 ff.
A. Mommsen: Beiirage mir griecfatsdien Zbifirecftnini^.'^ S61
Wktz obsiegen lieszen und also die griechische Jahreshälfte vom 6a«
Sielion abi^ärls zur ersten machten und die 6 oder 7 Monden damadh,
also die Vorderhälfle des folgenden Jahres zu jener hinzulegend eih
dem altrßmtschen und volksthümlichen Jahre Roms ähnliches ganze
bildeten. Samtliehe Jahre des Cyctus rflckten damit um 6 Monate tie-
fer und die zweiten Poseideone der Schaltjahre musten jetzt zu zwei-
ten Poseideonen der jedesmal folgenden Gemeinjahre werden, damit
das syrisch -romisch umgestempelte Schahjahr seinen dreizehnmdnat-
Kchen Charakter behalte. Nach dieser Vorstellung erledigt sich jene«
Raisonnement, durch weiches freilich för die Scaligersche Hypothese
nichts gewonnen ist. Doch läszt sich für dieselbe folgendes sagen.
Nehmen wir andasz die Alexandriner den dreizehnten Mond afe den
Sehaltmond betrachteten, so ist es unleugbar dasz diese Auffassung —
denn die sachliche Anordnung des Mondcyclus blieb dieselbe — tbeo-
retisch sich mehr empfehlen muste. Einem mathematischen Kopfe
mochte es seltsam scheinen den über die Zwölfzahl dann und wann
hinzukommenden Mondmonat in der Mitte anzurechnen, als sollte er
Athen zu Liebe 1. 2. 3. 4. 5. 6. 13. 7 zählen. Die volksthümliche Ab-
steht nominell wenigstens nur immer zwdlf Monden zu haben hatte
den Wunsch bedingt, die Intercalation gleichsam zu verbergen und als
etwas abnormes zu verhüllen, wie wenn jemand sechs Finger hat und
nun den sechsten dem Blicke entzieht. Die Romer steckten ihre Schalt-
wochen in den Föbruar sorgfältig hinein, und beide Volker vermieden
besondere Namen, denn der Mercedonius ist unbelegt (Scaliger). Diese
ganze Auffassung konnte der Wissenschaft nicht anders als sehr fern
liegen, diese folgte dem einfachen Gedanken dasz bei sonst zwölftno-
natlichem Jahre der bisweilen hinzuzulegende Monat die letzte oder
dreizehnte Stelle erhielt.
Vermöge dieser Hypothese wird es nun möglich gewisse Daten
desPtolemaeos*') zu erklären, während Ideler, Boeckhu.a. genöthigt
sind den Text des Schriftstellers für verderbt zu halten , und diese letz-
tere Annahme dürfte als die gewagtere erscheinen, nemlich den ptole-
maeischen Pyanepsion zu streichen und dafür den gewünschten Mae-
makterion in den Text zu bringen. — Das jedem griechischen beige-
setzte aegyptische Datum gestaltet es die gemeinten julianischen Tage
mit unumstöszlicfaer Sicherheit auszurechnen (Ideler I S. 349, vgl«
Boeckh a. 0. S. 104), und diese Rechnung ergibt folgendes:
im 36n Jahr der kallipp. Periode 25 Poseideon = 21 J)ec. 295 v.Chr.
„ 36n „ „ „ „ 16 Eiaph. ^^ 9 März 294 v. Chr.
V 47n „ „ „ „ 8Anthest=5 29Januar283v.Chr.
„ 48n „ „ „ „ 6 Pyanepsion vom Ende c= 9 No-
vember 283 v. Clffir
Diese Daten kommen theils in den Bereich der jetzt behandelten Frage
theils aber auch nicht; das zweite und dritte Datum kommt nur richtig
69) Alraagest VR 8 p. 26. 23. 21. 24 bei Halma. Es werden dort l*ix-
sternbedeckungen datiert.
^QSI A, Mojnm^u: 6eitr%e zur gpriechischen Zeitrechnung.
aus unter angenommener Verschiebung des zweiten Poseideon ans
Ende ; das erste und letzte ergibt sich richtig auch ohne diese Annahme^
Nach unsern Tafeln waren das 36e und 47e kallippische Jahr, nedr
metonisch XVII und IX, dreizehn monatlich, so dasz die Hinabrückung
des Schaltmonats diesen für die beiden ersten Daten hin wegbringt, für
die beiden letzten aber hinzubringt und der Text des Plolemaeos nicht
braucht geändert zu werden, weil alles genau zutrifft. Das mag nun
jeder selbst nachrechnen. Hier soll nur , theils um die Praecision des
durch die Tafeln I und II erlangten Resultates ins Licht zu stellen,
theils um eine obige Mutmaszung zu stützen , folgendes hervorgehoben
werden. Es wurde angenommen dasz die astronomischen Tage des
Kallippos von Mittag zu Mittag liefen; nun ergeben die Tafeln im 36a
Jahr des Kallippos den 25n Poseideon == 20/21n Decembcr, den 16n
Elaphebolion == 9/lOn März, im 47n den 8n Anthesteriön = .29/30a
Januar, im 48n den 6n Pyanepsion = 8/9n November, so dasz man,
um mit Idelers Rechnungen zu stimmen^ bald das erste bald das letzl,e
julianische Datum wählen müste, also für die zweite und dritte Beob-
achtung das erstere Datum resp. den 9i\ und den 29n , für die erste
und vierte hingegen jedesmal das letztere, nemlich den 21n und den
9n. Diese anscheinende Willkür befreit sich aber von jedem Vor-
wurfe, sobald man nur den Kallippos seinen Tag vom Mittag begin-
nen läszt , denn Ptolemaeos erwähnt bei allen vier Beobachtungen, um
wie viele Stunden sie vor Mitternacht oder nach Mitternacht angestellt
worden sind, so dasz wir mit der grösten Sicherheit wissen, ob z. B.
die am 25n Poseideon gemachte der ersteren kalUppischen Tageshälfte
vom Mittag des 20n December angehört oder der zweiten kallippi-
schen Tageshälfte , die von 12 Uhr Millernacht bis zum Mitlag des 21n
December reicht. Nun aber sind die zweite und dritte Beobachtung
vormitternächtliche, also dem julianischen Vorderdatum angehörige,
die erste und vierte hingegen nachmilternächtliche , was demnach jene
anscheinende Willkür in eine genaue Regel verwandelt.
Ob die Hinabrückung des Schaltmonates späterhin an irgendwel-
chem Orte praktisch geworden sei , lä^^t sich weder behaupten noch
geradezu leugnen als etwas unmögliches. Das julianische Jahr über-
wältigte mehr und mehr das alle lunärische; statt dem letzteren eine
dem Volkssinne schwerlich genehme Aenderung''®) angedeihn zu las-
sen , mochte man , wenn das alle doch in dieser Form bestritten ward,
lieber es ganz wegwerfen und das wellbeherschende Jahr der Römer
annehmen. Eine Uebergangsperiode , wo man an dem alten modelte,
das nun est recht misfiel, ist immerhin sehr möglich, wobei die Grie-
70) Sonst UeQze sich ohne Atühe zeigen, wie es wiederum nützlich
scheinen konnte , dasz man nach verschobenem Scbaltmonde im Stande war
sbwol vom nationalen als zugleich vom romischen. Neujahr ab zu rechnen,,
ohne dasz das so romanisierte Jahr seine cyclische Eigenschaft 12 oder 13
Monate zu besitzen einbüszte. Verschob man den Schaltmond nicht und
benutzte doch das fremde Neujahr |. so muste das Jahr häufig der cycliachen
Bestimmung widersprechen.
A. Mommsen : Beiträge zur griechischen Zeitrechnung. S68
chen, Jetzt rö^nisehe Knedite, 4en Nebengedanken eitnet bequemeren
Ausgleichung beider Jahresrechnungen haben mochten. Wenn die Pro-
vinciaien nach der Monatsvergfeichung sei es vom Januar sei es vom
März, ausgiengen, so verlor das betreffende Mondjahr , MU der Sehali-
monat nach dem Skirophorion stand, seinen dreizehnmonatlichen Cha-
rakter nicht, was sonst, wo nicht zwei Gemeinjahre einander folgten,
nothwendig der Fall war. Wiederum dauerte es gewis nicht lange,
dasz man so gleichviel ob vom römischen oder vom alten Neujahr 9h-
wärts dieselbe Mondensumme wollte zählen können ; dem Rumerlhum
einmal Eingang verstattet, muste ein baldiger Untergang der alten In-
stitutionen die Folge sein. Dennoch wird man wol thun Scaligers Hy-
pothese auf die theoretische Astronomie zu beschränken, weil ja dör
Passakanon und die Stelle im Macrobius zeigen, dasz auch hier der Po-
seideon n noch, an alter Stelle musz gestanden haben, indem dieOster^
rechner , ob sie gleich theoretisch gebildete Mnner waren , doch die
theoretische Rechnungsweise zur rechten Zeit bei Seite setzen musten ;
denn die kirchlichen Einrichtungen hatten sich an die z. B. zur Zeit
des Hippolytos in Athen oder sonst gewis noch nicht ganz vergessene
Kalendereinrichtung anzuschlieszen , wie sie einst volksthumllch gewe-
sen war. Die Osterbeslimmungen waren national verschieden, wie
Sokrates bist. eccL V 22 richtig uriheilt: ^ rov nddxa io^r^ n«^'
inictoig ix avvri&slag uvog ldia^ov0av Mi$%B xi^ naqatri^iv : s. Gie-
seier Kirohengeschichte I S. 180.
•
Parchim. t
Augtist Mömmsen.
Tahrb. f. class. PTiitöl.Stippl. N.T. Bd. I Firt. 3. |g
864
Tafel I. Die Hn^t «ks EtAUffw ueh
jnliaiuselieH Datuk
Jakr
TT
IrKekatom-
baeon.
Jahr
der
Perlede.
Irlekafom-
baeon.
Jahr
der
Periode«
IrHekatom-
baeoB,
Jahr
der
Periode.
Ifi.58
IrKekaton-
La Min
28. Juni
as.-^uni
ift.20
28. Juni
lf*.39
28. Juni
2
16. Juli
21
17. JuU
40
17. JuU
59
17. Juli
3
6. Juli
22
6. JuU
41
7. JuU
60
7. JuU
ifi.4
25. Juni
^fA.23
25. Juni
if».42
25. Juni
ifA.61
26. Juni
5
14. JoU
24
14. JuU
43
14. JuU
62
14. Juli
if».6
2. Juli
ili.2b
3. JuU
if^.44
3. JuU
lf*.63
3. Juli
7
21. Juli
26
21. JuU
45
22, JuU
64
22. Juli
8
11. Juli
27
11. Jiüi
46
11. Juli
65
12. JuU
^f».9
30. Juni
ift.28
30. Juni
ili.Al
30. Juni
ifi.eß
30. Juni
10
18. JuU
29
19. JuU
48
19. JuU
67
19. Juli
11
7. JuU
30
7. JuU
49
8. Juli
68
8. JuU
if».12
27. Juni
ifi.31
27. Jnni
ift.bO
27. Juni
ili.m
28. Juni
13
16. Juli
32
16. JuU
51
16. Juli
1b
16. JuU
ifi. 14
4. Juli
^ft.33
5. Juli
^ft.52
5. JuU
1^.71
5. JuU
15
23. Juli
34
23. JuU
53
24. JuU
72
24. Juli
16
12. JuU*
35
12. JuU
54
12. JuU
73
13. JuU
^ft.l7
2. JuU
^f*..36
2. JuU
lf*.55
2. Juli
Jf*,74
1. JuU
18
20. JuU
37
21. JuU
56
21. JuU
75
20. Juli
19
.9. JuU
38
9. JuU
57
10. JuU
76
9. JuU
J
266
Tafel III. Bie Jahre Ol. m, 1
h
Jahre.
87,1
fiflidtooe
ZaU
nach
XtftoB.
für den In Hekatombaeon
in den
Perioden-
Vierteln
nadiffletoB.
nach
Kallippos.
des
XaUippos.
^^^.I
17. Juli
432
16. Juli
xin
! ^i
5. August
431
5. Juli
^^.XIV
III
26. Juli
430
24. Juli
XV
lf*.IV
4
14. JuU
429
12. JuU
XVI
88,1
V
2. August
428
2. Juli
i(i.xyn
lft,VI
22. JuU
427
21. JuU
xvm
VII
10.Au^8t
426
10- JuU
XTX
vin
30. JoH
425
28. Juni
if..i
89,1
ili.JX
19. JuH
424
17. Juli
n
X
7. Augfust
423
7, JuU
m
XI
27. Juli
422
26. Juni
ili.IV
^f*.XII
16. Juli
421
14. JuU
V
90,1
xin
4» August
420
3. Jufi
if*.VI
ift.XIV
!M. Juli
419
22. JuU
vn
XV
12.AuguBt
418
12y JuU
vni
XVI
81, JuU
417
3Ö. Juni
^fA.IX
91,1
i^,xvn
n. Juli 416
19. Juli
X
xvm
9k August
U%
8. JuU
XI
d
; xixi
29. Juli
414
28. Juni
if*. XTT
Ms Mk S «Nnetwisek ud Moiettuseli.
der
Mlip.
idsche»
Periode.
= 51
Olym-
piaden-
Jahre.
WvrBc
Zahl.
nach
Xeton.
JoUanisohe Daten
für den In Hekatombaeon
ftfildene Zahl
in den
Perioden-
Tierteln
des
KaUippos.
Jahr
der
kalUp-
plschen
Periode.
70
nach Meten.
nach
KalUppos.
91,4
^,..1
17. Juli
413
16. JuU
XTTT
- 52
92,1
II
5. August
412
5. Juli
^f*.XIV
71
- 53
III
26. Juli
411
24. Juli
XV
72
- 54
ifi.lY
15. JuU
410
13. Juli
XVI
73
- 55
V
2. August
409
1. JuU
Ift. XVII
74
- 56
93,1
if*.VI
22. Juli
408
20. Juli
xvin
75
- 57
VII
10. August
407
9. Juli
XIX
76
- 58
vni
31. JuH
406
28. Juni
ii^.i
1
- 59 '
if*.IX
19. Juli
405
16. Juli
II
2
- 60
94,1
X
7. August
404
6. JuU
m
3
4
5
61
XI
27. JuH
403
25. Juni
^f*.IV
62
i(t. XII
17. Juli
402
14. JuU
V
63 1
xin
4. August
401
2. Juli
i(i^.Vl
6
64
95,1
i(i.XIV
24. Juli
400
21. JuU.
VII
7
65
2
XV
12. August
399
11. JuU
vra
8
66
3
XVI
I.August
898
30. Juni
if*.IX
9
4
ift. XVJI
21. Juli
397
18. JuU
X
\o
96,1
xvm
9. August
396
7. JuU
XI
11
L^
XIX
29. JuU i
395
27. Juni.
ift.XII
12
m
*-^^
1 '
^^^™J
Ueber die
Glaubwürdigkeit der Neuen Geschichte
des Ptolemaeus Chennus.
Von
Eudolf BfiTcher.
Jahrb. f. dtss. Philol. SappU N. F. Bd. I HA. 3. 19
5.
lieber die Glaubwürdigkeit der Neuen Geschichte
des PtolemaeuB Cbennus.
S 1.
Roulez führt S. 144 ff, seiner Ausgabe eine Anzahl Schriftsteller
auf, deren Werke Ptolemaeus bei der Abfassung der 'Neuen Ge-
schichte' benutzt habe oder benutzt zu haben scheine^ Unter ersteren
versteht er diejenigen, welche Photius aus der Neuen Geschichte in
seine Excerpte herübernahm , unter letzteren die , welche bei Tzetzes,
Eustathius^ und anderen Spätlingen als Zeugen für Notizen aufgeführt
werden, die sonst nur noch Photius in seinen Excerpten aus jenem
Werke nachweist Roulez ist der Meinung, dasz Ptolemaeus bei sei-
ner Compilation woi aus denselben Quellen wie Eustathius und Genos-
sen geschöpft haben möge.
Allein die Bekanntschaft mit jenen Quellen kann nur dem Ptole-
maeus zugestanden werden , und die Excerpte bei Eustathius und den
übrigen Spätlingen weisen samt den dazu gehörigen Schriftstellernamen
nicht auf vorptolemaeische Schriftwerke, sondern lediglich auf die
Neue Geschichte als auf ihren ursprünglichen Standort zurück. Dies
ergabt sich unter anderem ganz klar aus der Vergleichung der Worte
des Eustathius zur Odyssee S« 453, 32 m ih 6 toiavtog Mifivanf xcrl
rov TiaXov ivsils Nearogldrit^ ^AwCkorfpv^ 19 hroQia irjkot, ^bqI ov
ÜtoQst 'Aaxltpttad'tig Alvglsavog^ ig Xd^fiov do^ivrog Ni&toQtj
wvlmsa^tu bA x^ vl^^AwtX6%tp rovAl^twta, fioto «vx^ (ivi^fMva
p natfiQ Hai vnaffiMtfjv Xalntovct Kv7t€CQi0öiaj og l^aö^elg ilei^ff-
Cilsüicg X€cl ßon^&v «vr^ uvvQi&ff v%* A%ilXimgy nuä xo tSmiia wto
'EHififtav ivs^tQhmla^, üo^tsav ii xcrl aXXoig xmv fiQcimv fi^^o-
vigj ohv t^ ^AiillH^ifog xr^g iiriXQogi ig I^oqbX %al Avnotpqmvj
^oi %^ JlaxqivXtp dl in ^A%illlt(ig EfjdmQog [uxa xw iii^viv Iv x^
vuvuaxl^* &0xi ^fi nffotsn %f»(fHv, ivcd^&^m i avxov sv^g iv xy
iftifiJM^ vm nvifül%uovj i$Q nal tivxbv itqmov ivcuQsWjvat iito üa-
r^lov taxoosi TmoKaog Jtfaxcdov» ^AvxCitavQog 8i *A%iv^tig
g^$ nwl ta 'Ehxo^^ Aiqvfsa Oqvy& öo&^ai iivqfiovccy f«^ avsketv
giüLov XQv AxMimgf ^AnoXXatvog xov OvftßQalov xavxo yfrfictvxog^
Tov Sk ttvxon^wfioarta im ^Oövaakog ivwQsbilvat. 'Egiöiog 6i taxih'
ifii Tuä IlQDin$OiXaqi io^vm fivi^fiova Ai(^tivov ßBxxaXov^ do^ivxog
2(^fM)v OvlMXfp Tfoi 7tax(flj uvcttQS^vai sl Ttf^fmrfirßBiy xorl yiyovi und
der Neu^ Geschichte bei Photius 147 a 24 eTnexo ml ^AuXUi fkviiiMav
19*
270 R. Hercher : über die Glaubwürdigkeit der Neaen Geschichte
tovvo^ue iVo^fftfiDV, yivst KaQxtiöoviog, xal IlaxQOxlto EvdoQog, ^Av-
rijcavQog di qnfivv 6 ^Anav^iog JaQfjfta Tcqo 'Otii^Qov yQa^awa xipf
^Iliada, (ivri(iova yevia^at^ExtOQog {msQ xov (lii avsXetv haiQOv ^AjiiX-
Xitog xal IlQansöiXaov di qyrfii AaQÖavov yevia&aij yivog SmaXov
\ xal ^Avxik6%ui 6i Xakxmva vTtaafciazriv xat fivrjfiova vno NiötoQog
i 0wsiivx^cti> xov fcaxQog. Die bei- Plolemaeus (Pholius) und Eustaihius
! ganz g;ieiche QrdiruDg^ der sonst unbekannten und, wie Eusta-
ihius zeigt, aus den Werken der verschiedensten Schriristeller, des
Asclepiades Myrleainus, Timolaus und Eresius, zusam-
mengetragenen Nachrichten von den Hofmeistern des Achilleus, I%-
troklos, Hektor und Protesiiaos kann unmöglich das Werk des Zu-
falls sein.
Auch der sonst unbekannte An tipa't er Acanthius, welcher
durch sein Zeugnis so wo! in desThotius als de^ Eustaihius Excerpten
eine sonst unbekannte Notiz vertreten musz, und die nur bei eben je-
nen Excerptoren und zwar in völlig gleicher Umgebung zu lesende
Nachricht vom Chalkon, deni Hofmeister und Waffenträger des An-
tilochos, weisen jeden Gedanken an die Einwirkung eines Zufalls
zurück. * '
Ohne Frage hat auch der sonst unbekannte Chiron aus Am-
phipolis bei Ptölemaeus figuriert. Bei Pholius 147« 30 heiszl es
dta xl noirpsiig nekstädag inoliios xrjg xQog>^g xmv ^smv diccxovovg,
xal xlva ^AU^avdgog 6 ßaötXeifg kuI ^Aqiaxoxikrig elg xoOxo ehtov^ %al
Ttigl 'Oinigoy kuI TteXsiddoov. Hierauf antworten in ganz gleicher
Ordnung die ausführlicheren Excerpte aus der Neuen Geschichte bei
Eustaihius zur Odyssee (i S. 1712, 57 Xs'Iqoov 6 *Afig>i,noXix7ig
^AXe^aväQOvxQv Mccxedovog iQmxrjdavxog ipaöc^ xl ßov-
Xexui TtaQa x^ nolrjxy xo xccg ^SQiöxsQug sl^Siv xöft/-
^eiv äiiß^QOölctv x^ Atly nal xo ag>ucQetad'at X8 avxag
9ial xmv TtsXsimVy. jcsqI xSv TtXstctdmv elvat xov Xoyov
i^ti, Sg elvcci (ihv inxa^ (paCveö&ai dl ?| xotg' iueV^ x^g
fitäg ÖLcc xo Tial 'aXXeog a^ivdQOv xov v^xqIov ccq>avi^0'
(livrig vTto xwv tcsxq^v, ag Öi ri[iBtg tpricfl rteXeiddcav ^rot
nXsiccdoDV i7tixsXXov(Sav aQxofisd'ci d'sqCt^tVj ovxo) nal
^Bol xifv ccfißQöatav Tco^it^sad'ai. öxt di TtöXXol xa$ TxXsiäSccg
TteXnadag covofiaCav^ txaväg ösIkwcIiv 6 ^Ad^vatog^ &lqXfiv xt&slg xipf
ixT^OTT^i/ xov ovofiaxog xa-Ö"' ^i/ «f nXBidöeg niXsia Ttal neXaiade^ Ttöcqu
Tcoiijcatg Xiyovxai.' mg TtXccväad'aLTtoXXovgj OQvig elvcci xccg nXeiadag^
TOö.TS 7VuQa(Sx'rj(iccxiöfiim (ffjal xov %ccxa nQOö^soiv )fQcciAficc%og fjyovv
xov s dt* ov i» xrjg xav TcXHccdaav XQiiSvXXccßiag eVg xe x£XQa6vXXaßUcv
neXsicidcav TCQoißi^aav^ aal ort doxsi g>7jßl xo xQiqQOtn^^ &g ntccViv xoTg
%Bqi xijg ayadtccg xov ^Odvcai(og ytQodediqXcDxai, fiovov ijeiß'exöv ejvctt
x^y TtEXBtccdtov y miyU dl xovxoig o avxbg §i^pJ^ ^ccl XQV^Btg xävxag.
MoiQcl) fi Bv^avxla Xiyovaa xiv ipißqoisiocv x^ Ad xccg jcXetddag nofil-
isiv yqi(pBi,j cog lial nQodedrjXoixaip Zeig XQi^Qiaai %tXti^(Stv '<ona(te
xiiiviv xccvxipf. £i(iGivldijg dl nsXsiadag oiQccviccg xccg nX^cddag ^rfiii
nal nivdccQog di^ ¥v&a o(fla'g ccvx&g nsXsiddag Xiyeiy mg TtBi^fiivccg inl
des Piolema^^s Cheimus. 271
di'inq>€Cv&ns(fov itqo^na^iov nfjfog ri^v bfigiipawlicv avttiqovg nsleitidag
Bbttif iv TveniaH OQ&y, kuI AafiitQOxk^g^tä noxavatg o(i6vv^oi 9re*
kslMötif hf ai&iQi KUVTW Iv&a OQa ro TtOTccvcctg, kfiq>^kv (liv ctno
^ifiatog ov wxl zu ytorritay ngcDto^srov öh ov vov Tcrtivaig, tucI to*-
t)tvx€c jniiv xa XQV ösusvo6og)iaxav nß(fl 7tsX$icii»v^ etxovv sslsuidav. iv
dh xotg ovxißg ovofiaifaalv iöxi aal EvQiTcidTjg, imcatOQav ÖQOiMifianB''
lemdog ßbt^v Kai 0s6»Qixog ii, naQ^ m »shai xoy avcnii3JMv0t tu-.
iBuidßg, aki* ovxcD (ihv 6 ^A(iq)^Ttollxfig Xi^^oifv. ^Aquatoxi-
Xiig. di fpa0kv aXlriyqqiKmg eln^ dfjAov v "Oft 1/^0 v i| «von-
^viii,iatSBfagxqiq>e0^ai xovg d'eoifg rjvoi xa ävca (Xcifiaxa^
aBQonoQOV tf»ov naqaXaßovxa elg. ivöei^uv x^g zoiav-
xfig xQotpiig. xo Se ag)aiQei09al xi vnb x^g TcixQag Sfi-
lovv ¥g>ri mg Kai ^ yi} FAx£f ix xng xo^avxfig ava^vfiiä-
öBtog. ^Aki^avÖQog ih ßjaifilsvg dia xo ioKst^i; tpfjcfl
vovg d'^ovg g>tlQa6q>ovg »al fiSovijg (Asl^ovg avadfBtvat
xav noifixiiv xrivinslvaiv t^o^iJv xip aad'evearaxm, xal
XlQ^g>Bif(oxdxc|».l(6J(py vg)* ov ßQaxv. xt av TtagaKOfitioizo^
alXot . 6k Ala (ihv voovci xov "Hkiov axoXoii^oog Ulixmvi^ og ip,
Oaliqip gnfilv, ^0 (ihf d^ (liyag iv ovgav^ Zevg, 9 icxiv'^Hliog^ «xff^
vov a^^a ilavvpiv' a^ißi^lav. öi Ttal axiilöag alg'^HXtog xf^qmai bUI
de ot fpac^ »al tag oxs xb ucx^ov xavqog SxcK^ev xav ülayKxcav yi-
vrixaiy övfißatvei %va xäv iitl xijg ovQag avxov hcta aßxiqfov^ oS
TtiiMÖsg Xiyovxai, ifiavQOViSd'ai xjj ix xmv Ilkayxxmv avatpoi^ xov
9uatvov. xal xovxo elvai, xo xag IIlayKxag aq)at^stad'at aal xmv m-
AcMoy. IdXi^aviQog di o üa.ipi'Og töxof^si xbv'^^'Ofuri^ov vtov
AlyvTtxlwv AiittOayoQOv xal Atd'Qag^ xQog>bv öh avxov
^Qoq>iixlv xtya ^vyaxiga^SlQoVf tBQimg "löidog^ ^g in
x&v iiaöxfiv iiilt ^sv0ai Ttoxa elg zb azofia xov naidlov*
xai ro ßqitpog iv vvkxI q>mvag ivvia nqoiöd'aiy xsXt-
öovog, xaAvog, TteQiöxsQag^ »o^fAvtig^ ni(f9iKog^noqq>V'
K^lavogy ..ilfceQogj ar^^ovog %al aoxxvq>ov sv.Qsd'rlval ze
zb %ai6lov (leza %€ot0zsQav ivvia natiov iTclzijg nii-
vi^g. BV0%ov^ivi^v da nagä zotg zov Tta^öbg zi^v lilßvl'
kav, ififiav^ yeyovviav* Mnri <s%a6tacai^ mv aQX^^ Afia-
Cayoqa nokvvlKZy iv otg Kai (leyaKkarj Kai czatpavlzfiv
avzbv TtQOüaiTtatv^ Kai vabv xr/tfcr» Kakavöai ivvia Tta-
y^iSav* idi^kov öh zag Moveag. xov dh Kai xovxo Ttot^-
aai^ Kai xm 9taidl avdgw^ivxi i^aiieatv xb Ttgäy^ia.
Kai zov noirixriv ovzao cafivvvai za ^ma olg ßQi(pog oov
Cy,vinaiia. Kai rcot^öai avzct z^ All ziiv afißgoolav
KOfiC^ovza. Allerdings wirfl Eustalhius zwischea.das erste und
zweite Fragment aus der Neuen Geschichte Excerptö auä Alhenaeust
£uripides und Theokrit, allein er selber knüpft den zerrissenen Fäden
durch die Worte akk^ ovzüh ^ilv 6 *A(iq>iTCoUxrig XsCq(ov wieder an.
Das dritte Fragment erklärt den Rest des phoUanischen Excerptes und
MrQrde, auch wenn es sich nicht schon durch die Wunderlichkeit selr
S78 R. Hercher: über ^ Glaubwürdigkeit der Neuen Geschichte
nes Inhalts als ptolemaeUeh verriethe, wegen des Alexander Pa^
phius, der sonst nur noch Einmal , und zwar in einem Excerpt aus
der Neuen Gesduchte bei Eustathius zur Odyssee » 8. 1658 »=Pho-
tius 149 & 39 vorkommt, in die Neue Geschichte verwiesen werden
müssen.
Dasz übrigens Eustathius nicht die Neue Geschichte selbst, son^
dem nur Auszüge aus ihr zur Benutzung vor sich hatte, zeigt die Fres-
serin Helena , von deren Appetit er laut seiner Anmerkung zur Odys-
see 3 S. 1493, 25 nicht durch Ptolemaeus, in dessen Neuer Geschichte
sie zuerst auftritt , sondern durch Athenaeus X S. 414 D Kunde er*
halten hat.
Dagegen scheint Tzetzes , der eine aus der Neuen Geschichte ent^
lehnte Erzählung mit den Worten schlieszt
TOVTO di üt(fog xipf TtqtvlXuv 6 JltolBfuiibg yf^gm^
et 7t(yu tov ^HqKtiOxUova ytvwswiq IlvoXifMitov,
Jenes Werk vor Augen gehabt zu haben; wenigstens sieht man nicht
recht, wie er, im Fall ihm nur Excefpte aus der Neuen Geschichte
zur Verfügung standen, Von der Tertylla, welcher nach Photcus 1466
10 jenes Werk dediciert war, besondere Kenntnis haben konnte;
Sehwerlich wird ein Grammatiker, dem es nicht, wie dem Photius,
darauf ankam , ein Bild des ganzen Werkes zu entwerfen , sondern
der für seine Zwecke nur die vornehmsten Curiosa desselben excer-
pierte, auch die Vorrede ausgeschrieben haben.
Auszer obigen fünf Autoren liefert Eustathius der Neuen Ge-
schichte als Zeugen für sonst nur noch in ihr Zu lesende Notizen
den Demetrius Iliensis, Naucrates, Silenus Ohius, Soö*
tratus, Teiles und Timolaus; Tzetzes denAeschrio, Sile-
nus Chius, Sotas Byzantius*) und Agamestor Pharsalius;
Mit dem Namen des letzteren findet natürlich auch seih Epithalatnius
in der Neuen GescMchte Platz.
Was aber von des Eustathius und Tzetzes Beziehungen zu Pto-
lemaeus gilt, dasselbe dürfen wir ohne Bedenken auch für den Real
der nachptolemaeischen Autoren in Anspruch nehmen, welche Notizen
mittheilen, von welchen auszer ihnen nur Ptolemaeus zu erzählen
1) Photius 1476 16: ort o NsHog ano 'ysviöemg ifrjaiv iiud^tto,
ind d"*H:^av MameBv iies(fxo(i8ifOP avvj dvBXtov xdif^dvowfMv %al ««-
^Inpoov riymnay hat^BV dicc to dnccXaXwiif tijg '^Hifug tov noUiLOP
(lies noUiuQv) wxtilußB xtiv icil^tnv.-^ Aas dieser jStelle der Neuen Ge-
schichte floBz die Notiz im Etym. M. u. 'H^auX^s: ^ Zzi, Nstlog 1% yBvs-
Tns wxlovfiBVog iv ttß -MCtcc riywmtav nolBfiqi dvdwaov %V€t ttov Vi-
fdmtov tevQinvoov insgxofisvovilQa wovBvaag *Hifa%Xfig t^vcfidü^rj and
bei Tzetzes zu Lyc.^1350: Zoitag ä^ 6 BuSfxvtvog iv BBmv Aoyoig ^Bov
^tint yBvie^ta. thv 'H^axX^tf , Ftyccwa %ov Ugiovoikov dt^iftjxotaj'TIgtcp
itfuyviiovzpt ngbg ydfiov ߣ^, Dasz U^ovofiMv kein G^gantenuame sein
kann , Uegt auf der Hand ; da9 Wort ist vielmehr aus Tcvginvßov verderbt.
Auf keinen Fall war Gale berechtigt, bei Plpotius ans Tzetzes IIg6v6\tov
statt dvmw^v zu schreiben« Ich werde 8. 282 seigen, dasz ivdwyi,oif
allen Schein der Wahrheit für sich hat.
desPtolemaeus (äiennus. 273^
weiflz. Auch sie haben, wenn nicht die Neue GescHehte gelbst, so
doch Excerpte aus ihr benutzt.
Zu den bei Photius als Quellen der Neuen Geschichte verzeich-
neten elf Autoren Abas 150^23» Alexander Myndius 147&23,
Antioehus iv p> tmv %ceta noliv ^v^mwv IdO^ 4, Antipater
Acanthius 147a 26y Archelaus Gyprius 149 & d3, Aristoni-
ctts Tarentinus 147a 18&22, Athenodorus Eretriensis iv i{
V7$&fiviiiuitav 150a 37, Botryas MyndiuB 147a 21, Democydes
(Dichter einer 'IX^v akoKSig) 1522»33,Hypermenes nsql Xlov 152 &
20, Theodorus Samothrax 152 6 26 kommen demnach i n glei-
cher Eigenschaft noch Aeschrio" Mitylenaeus iv ra^'JEyiy-.
f^i^iv (Tzetz. Ghil. VIII 398), Agamestor Pharsalius (Tzetz.
zu Lyc. 178. Prolegg. S. 261. Exeg. zur IL S. 106), Alexander Pa-
phius (Eust. zur Od. x S. 1658, 47. ft S. 1713, 18), Apellas iv roTg
j€lq>i%otg (Clem. Alex. Pretr. p. 31 A), Asclepiades Myrleanus
(Eust. zur Od. l S* 1697, 53), Demetrius Iliensis (Eust. zur Od,
» S. 1696, 42), Eresius*) (Eust. zur Od. X S. 1697, 60), Heracli-
tus iv tw &vliiywi (Athen. X S. 414), Naucrates (Eust. zur 11. ß
S. 267, 2. <y S, 1155, 13. Prooem. zur Od. S. 1379, 62), Nicander
Alexandrinus iv tip negl tmv ^AQtörmiXovg lut^hrpemv (Suid. u. AU
^%Qlmv)y Niearchus 6 xov ^Aftfimvlov lvr^^SQl^ovdaCmv(Beli'
ker Anecd. S. 381, 30) , Philo (Itellad. b. Phot. Cod. 279 S. 5296 29),
PtoiemaeusCytherius hconoiog (Suidas u. Iltolgficaög KvdiqqiogX
Silenus Chius iv devri^m (iv^mmv tcro^imv (Eust. zur Od. r S.
1871, 21. Tzetz. zu Lyc. 786. Schol. zu Hom. Od. a 75 Buttm.), Sos-
iratas (Eust. zur Od. l S. 1696, 48) <v TaiQ^ltt (ebd. % S. 1665, 49),
Sotas Byzantius (Tzetz. zu Lyc. 1350), Teiles (Eust. zur Od. %
S. 1696, 52), Timolaus (Eust. zur Od. X S. 1697, 57. prooem. zur
Od. S. 1379, 48), und so bestätigt sich die Vermutung, welche durch
die Worte des Photius 1466 1 %qrfii^ov &q ihrfimg li ßißUov (nem-
lich die Neue Geschichte) votg Tcsql tifv löto^wriv TtoXv^M^tav TCovtZv
A^fiflfUvotg* l%u yitq dovvcci avvstXsyiiiva ß^xsi XQOv^ sliivcci, a
07CO(fidr(if xig tmv ßißUmv ivaXeyeiv novov dsäsYiiivog ^laHgov xirra-
^ql'^u ßlov hervorgerufen wird, dasz nemlich der Eindruck einer
mächtigen Compilation, welchen Photius durch die Leetüre der Neuen
Geschichte empfieng, nicht füglich anders veranlaszt sein konnte, als
wenn hinter jeder einzelnen Novität dieses Werkes der Name des
Buches hergieng, aus welchem sie geschöpft war. Nur durch eine
derartige fortwährende Erinnerung an die Masse der benutzten Quellen
konnte bei Photius der Gedanke entstehen, dasz die Zusammenstellung
eines Werkes wie die Neue Geschichte einem Menschen ein gutes
Stück Leben kosten müsse. Ptolemaeus hatte also ohne Zweifel auf
die ganze Aufführung seiner Quellen dieselbe Sorgfalt verwendet, wie
der Verfasser der Flüsse und Kleinen Parallelen oder wie der Compi-
2) leb vermute 1S^e<roft/^4renn nioht vielleicht ia "E^daiog aar ein Gen>
tue übrig geNieben und di eigentliche Name ausge&llen ist.
S74 It Hercher: Ober die Gfambwardii^t der Neuen Geschichte
lator Alexander, welcher nach Photins Cod. 188 8. 1466 13 in seiner
£uvay»yfi BctvfLUslnv unglaubliches über Thiere, Pflanzen, Flusse
und Gegenden mitgefheilt und zu seinen Excerpten fovg nqoi9tfHfffiov-
T«g gefugt hiftUe, und alle drei Autoren haben hiedurch der Sitte der
Zeit genögty welche bei einer ongewöhnlichen Behauptung die Angabe
der Quelle verlangte; vgL Plutarch Qu. Conviv. V 3, 5 S. 674 F: xcd
snr^ %o deurvov isxi£vtog i^M^ üstgoiav xov aytovo^hovy naXiv
oyLoUa» Xiymv fCQfHSneöavuDVj ^fivvoiuv tv fiovtfixn* tiqv ta noititi'
%/}[¥ mt&ptdvQ^LSv ovx o^ifiov ovSi vea^av isd xovs tsifovg iywMxg
iqHyiUinpfj ilXa nqmahu Ct&pavmv huvi%lenf tvy%avinj9av, ivioa^
nAv oov bddo^oq W^ tmla naqa&rfiuv nqaf^unay vitg OhKvxov
xov 9etxaXov xa^pag lud xag ^A^upMfux^xog xov XÜXiuiimgj iv alg
"OfUfifov fud *H<sMoy tcxoffovCiv Jbs^i diayi»vüsaö^ai, xaucXaßoiv 8i
tavta x^ diaxs&QvHjg^iu nama v%o tmv yqamuctumvy xal xovg isd
uug na%qo%lov xa^paig avayivwsno(Uvovg vnd xtvmv ov% ^/«ova^^
ikla ^fiovo9, ig d^ %ai loyav St^Xcf xov *Ax^ilio9s nQO&hxog
wpelsj ^Inov oxi xal UeXlav ^anxmv "AxaOxbg 6 v£og
iymva %onqftaxog 9Ca^aff%0i »al JSißvlXa vix'qaeiBv, im-
9V0fftiva>v de itolX&v xal xov ßaßaimxtiv mg inlaxov xal
na^aXoyov xtig toxoqlag aitaixovvxmv^ i%txv%&g ava-
^vv^^^slg anlqiaivov ^Axioavi^ov iv rcp yte^l Außv^g
xavxa iaxo^ovvxa. xal xovxo (Uv, igniv, xo avayvmöfui xmv ovx
iv ii&Sm iifxl^ xo$g dl Ilolifuovog xov ^A&tpfalov ncQl xmv iv AsXgHH^
^ffiavi^mv olfiai Ott TtoXlotg vfioav ivxvyxavBiv intfuXig laxi xal x^
noXvfia^ovg xal ov w^a^ovxog iv xotg ^EXXip/ixotg ptQayfiaCiv av-
ÖQog " ixH xoCwv BvqrfietB yByQafiifiivov tig iv ToSi lUawfavlfp ^^rfiavq^
XUfvacfVV avixBixo ßtßXlov ^AqiaxoiLa%rjfg äva&ijfia x^g ^E^v^gatag novq-
t(^^'i0^iua vevixvpwlag. Und weiterhin : didia o elnsiv qxl
naXai xal iiovo[ia%lag ayav ^bqI Illaav IjyBxo f^ixQi
g>6vov xal aq>ay'^g xmv ^xxafiivnv xal vjtOTtiTCxovxcoVy
fii] iie itaXiv aitaix^xs xijg töxoolag ßsßa^toxiqvy xav öt^a^
tpvyg xf^v fivi^iifiv iv ptvtp xo ovoftay xaxayiXaöxog yi-
vmiiai.
Dasz aber Photius mit den Novitäten nicht auch die Namen alier
Quellenschriflsteller des Ptolemaeus aufzeichnet, darf nicht auffallen,
da es ihm vor allen -Dingen auf möglichst kurze Fassung seiner Ex-
cerpte ankömmt; läszt er doch nicht selten, wie schon Roulez S. 8
bemerkt hat, selbst Novitäten aus. Und ebensowenig hat man sich
darüber zu wundern, dasz die übrigen Excerptoren der Neuen Ge-
schichte den entlehnten Notizen nicht den Namen des Ptolemaeus,
sondern die seinen Novitäten zur Seite stehenden Quellen bei schreiben.
Ptolemaeus galt eben nur für was er sich ausgab , für einen Compila*
tor, und in gleicherweise gibt Slobaeus seinen Excerpten aus. der
Schrift über die Flüsse und den Kleinen Parallelen nicht den Namen
des angeblichen Compilators , sondern die von dem falschen Plutarch
erlogenen Quellenschriftsteller zu Begleitern.
de$ Pjlolefl^eiis GhenQus. . 83^
§ 2.
Die Physiognomie der. für die Neue Geschiehte im vorigen Pars^
graphen erworbenen siebzehn Queilenschriflsteiler stimmt zu< den in
ihr längst habilitierten elf vortrefflichL In beiden Reihen begegnen
wir mit Ausnahme- des Abas, Alexander Myndin's,' Asclepia-
des Myrleanas und Philo derselben Art Quellen, wie ich »ie für
das Buch von den Flüssen und die Kleinen Parallelen nachgewiesen
habe , nemlich neunzehn Autorennanien , die sonsther unbekannt sind r
Antipater Acanthius, Archelaus Cyprius, Aristonieus
TarentinusV Athenodorus Eretriensisj Botryas Myn-
dius, Democydes, Theodorus Samothrax^Hypermenes,-
Agamestor Pharsalius, Alexander Paphius, IHemetrius
Iliensis, Eresius, Nicander Alexahdrinus<, Nlearchus,
Ptolemäeus Cytherius, Silenus €hius, Sotieis Byzantius/
Teiles, Timolaus Macedo, und fünf Namen mit unbekannter
Schrift: Aeischrio, Antiochus, Apellas, Heraclitus und
Sostratus. Auch Naucrates und ein zweiter Timolaus werden
beide durch rtg^ letzterer im Prooem. zur Odyssee S. 1379, 49 noch*
durch den Zusatz büts AaQKfaatog eits MwiBÖmv von Eitötatbius di^
Namen bezeichnet, welche er nicht recht unterzubringen weisz^ und
sicherlich hat Roülez das Pronomen indefinitum übersehen:, wenn er
S. 151 annimmt, jener Naucrates sei der bekannte Schriftsteiter,
welchen Eustathius an anderen Stellen seines Commentars mit der be-
stimmten Bezeiiihnung ^Eqv&qcnvj/^BV oder aoq)tatrig als Erklärer des
Homer kennt; ja wir glauben, dasz Roulez dieser Art Autoritäteii
einen schlechten Dienst erweist, wenn er sie unter bekannten Firm^
unterzubringen bemüht ist. . .
Da des Ptolemäeus* sieben Bücher nsgl t^g sl§ noXvfuxd'lav %u^
v% t^o^Cag leisten was der Titel verspricht, das heiszil da sie gegen
«He bisherige Ueberlieferung Opposition machen, so müssen in ihnen
ganz absonderliche Quellen eröffnet seih. Das Werk musz, wenn es
anders aus ehrlicher Forsdiuhg hervorgegangen ist, nicht blosz ^&k
multis et variis', sondern vor allen Dingen *ex remotis lectiönibus',
also mit Herbeiziehung der verlegensten, für andere unerreichbaren
Ittterarischen Hilfsmittel zusammengestellt sein. Obscure Quellen fin-^
den wir also unter solchen Umständen nicht hur natürlich, sondern wir
glauben sie sogar fordern zu dürfen , und die Vermutung liegt nahe,
dasz auch jene vier bekannten Namen in dem Original der Neuen Ge-
schichte unbekannte Schriften hinter sich hatten, und so der Spürkri»fl
des Ptolemäeus, wie die übrigen Quellen, alle Ehre machten.^
§ 3- .
Wir h£^ben bisher von Ptolemäeus in allen Ehren gesprodien
und ihm trotz der Aehnlichkeit seiner Gewährsmänner mit denen eines
notorischen Betrügers den guten Ruf, den ihm ältere und neuere Ge-'
lehrte durch' fleiszige Benutzung seines Sammelwerks garantiert ha-
ben , nicht antasten wollen. Indessen bilden wir uns ein , dasz man
S7ft R. Hercher: über die GUubwürdigkeit der Neuen Geschichte
mit leidlichem Rechte seine Compilatorschaft, dorch die er bisher
den Lesern der Neuen Geschichte zu imponieren wüste, in Zweifel
ziehen könne.
Wir wissen, dasz an dem Hofe der römischen Kaiser die gelehrte
Lfige Zutritt hatte, denn wir kennen die Naseweisheit des Tiberius,
der sich bei seinen Hofgjaoimatikem nach dem Text der Sirenenge«
säns^e erkundigte. Hier reichte natürlich weder Gelehrsamkeit noch
Sduurrsinn aus, und die unglücklichen, die zur Beantwortung derar«
tiger Fragen befohlen worden waren, musten wol oder übel eine Ant*
wort zu Tage fördern, die man am schicklichsten mit dem Namen
einer Schwindelei belegt haben würde. Mein der Grammirtiker war
schon durch die Frage selbst gegen kritische Anfechtungen gesichert;
denn wenn überhaupt solche Fragen im Ernst gestellt werden konnten,
so muste durch eine lügenhafte Antwort, wenn sie mit gehöriger Con-
fidenz vorgebracht und etwa durch das jeder Controle spottende gleich^
falls erlogene Zeugnis eines Schriftstellers aufgestutzt wurde, mit bestem
Dank entgegengenommen werden. In der That war damals,. wie sich
aus der oben ausgeschriebenen Stelle Plutarchs ergibt, das Citat einer
Quelle der Talisman, unter dessen Schutz man die abenteuerlichste
Behauptung an den Mann bringen konnte. Freilich sehen wir die
Gaste des Petraeus die Köpfe schütteln, als ihnen Plutarch eine t4no^
Qtu äsMftog wtl %a^loyo$ vorträgt; allein sie passiert ungehindert,
sobald a einen von ihm selbst als obscur (täv ov» iv jiUfi) he-*
zeichneten Autor, den Acesander iv r^ nsiß Aißwie, als Vater der-
selben genannt hat. £ine zweite ebenso unerhörte Notiz wird darch
eine sonst unbekannte Schrift des Polemo beglaubigt. Es ist also klar^
dasz man sich damals jedes Zweifels begab , sobald eine abenteuerliche
Notiz durch eine wenn auch eben so abenteuerlidie Quelle gestützt
wurde, und dasz somit zwisdien dem Docenten und den Zuhörern
ein stillschweigender Vertrag bestand, durch welchen dem gelehrten
Betrug Thür und Thor geöffnet war. Nun will ich zugeben, dasz Plu-
tarch, dessen drei Notizen und zwei Autoren bisiläufig sehr stark nach
Improvisation schmecken, seine Mittheilungen ehrlich gemeint habe ;
aber unmöglich kann ich gleiche Ehrlichkeit bei Leuten voraussetzen,
die das 'omnes solvere posse quaestiones' zu ihrem Programm ge-*
nacht haben'); und gewis galt dör Grammatiker in den Augen der
Zunft für einen Dummkopf, der sich bei einem wolgeschulten Talent
für gelehrte Lüge einer verzwickten Frage gegenüber für incompetent
tfkUute.
Dieselbe gemüUiche Gläubigkeit des Publicums dauert noch in
Gellius Zeiten fort. Seine Grammatiker ^ von Rang' steifen sich vor-
nehmlich auf diejenige Weisheit, die in jedem Moment aus einer schul«-
maszig dressierten Phantasie geschöpft werden kann. Daher lehnen
sie Untersuchungen , die ohne solide Kenntnisse nicht geführt werden
kennen, hochmütig ab , sind aber immer bei der Hand , ihre Zuhörer
3) Vgl. Lehrs de Aristarchi stud. Hom. S. 220.
desPtoIemaefiis Chemms. ' S77*
doieh die verlegeosten Notizen in Staanen zu setzen. So ericlärt
N. A. VI 17, d ein Grammatieus * primae in docendo nobiUtatis', von
dem Gellius Ursprang und Bedeutung des Wortes obnoiühts zu erfrar-
gen wünseht: qvin patms haec rnUHs nuguHa et affers ea, quae tUgna
quaeri tracktrique eM? Er verlangt nemiich, wie aas Gellius Ant-
wort ersichtlich ist, ein Thema, in weichem er remalkra behandela
könne. Aeknlich heiszt es VIII 10: QuaKs mihi fuerü in öppiäo Eku*
eine diseeptatia cum grammaUco quodam praeeUgioso ^ iempora verbot
rum ei pueriHa medikmenia ignoranie^ remoianm autem quaesUomim
nebidas ei formidines capiendit imperiUnrum animis oeienlanie und XIX
10 : Tum grammaUcus ueiiaü permdqaUque verbi ebsourüaie motus:
^quaermus* inquii ^ quod hanore quitesHomi minime digrmm est, *■
Mit diesen Gelehrten s(eht Ptoiemaeus auf gleicher Linie. Auch
er behandelt, wie der Inhalt der Neuen Geschichte und die Titel sei«
ner übrigen bei Suidas verzeichneten Schriften lehren, nur *remotiora',
und ist arrogant und hochfahrend wie jene (o (iivro$ tovtnv ovvttym^
yeifg vJtOHSvog xi ievi «al itqog ilcciavBkiv istun^ivog Phot. 146 & 8).
Bei der BeurtheUung des in der Neuen Geschichte mitgetheiiten
sind nun zunächst die Worte des Phoüus 2tt beachten, der sicK in
der Vorbemerkung zu seinen Excerpten aus jenem Werke 146 b 13
also äuszert : diaßdkXet. (nemüch Ptoiemaeus) d' Ivlovf nua tav n^o
«rvTOv ovx vyimg iitißaXovrag v^ into^iöH. Hiemit stimmen 146 b 17
die Worte nai^iijiu (ikv ovv zo a ßtßUov^ negl £oq)0%liovg tijg t$Xev^
vtjg^ n»l Jt(fo eewiM mql tijg IlQoatiaiXaov ^ elva xal «eql r^g *H^*
nkiavg^ cog srv^l avxav «vHke (u^ ivwj^ßlg vo olt^tav ivtnvai roSoi^'
TKVTrpcovTOVxrig yevofiavogy ne^l t€ t^g Kqottiov h ty jtvQ^ ctxnrn^Utg^
9UqI re t^ ^AxiXXitog teXevvijlff , «al m^l Aatiog r^g halQag lig reltv^
TTfio^ (lies tAevt^iuv) oövovv iXtKlag funmciovcu. twivwv inaatw
ii^tav mto^ptdvnai rovg stf^ «vrov icq^aXfiipiog ra m^l tovtwv St»*
lafkiv TS fuA avay^a^at und eine polemische Wendung 149 b 28 ijfivd^
ii fov Ttsgl t^g Ttri^^ecog elvcei Xoyov. Wir sehen also , dasz Ptoie-
maeus den Schriftstellern , welche vor ihm dieselben Materien behau*
delten, ein genügendes Forschergeschick abspricht, und sich selber
das Verdienst beimiszt, über die verschiedenartigsten Gegenstande
zuerst helles Licht verbreitet zu haben; und wirklich wimmelt die
Neue Geschichte von den originellsten Mittheilungen. Nun wird aber
diese Kiugtbuerei des Ptoiemaeus gleich von vorn herein dur^h eine
zweite Schrift desselben, den ^Av^o^Mf^^ag^ verdächtigt, über den auf
Grund seines Titels etwas mehr zu sagen erlaubt sein wird , als Suidas
weisz und aus ihm Fabricius, Chardon und Houlez. Das renommieren
mit Utterarischer Allwissenheit hatte nemiich griechische Grammatiker
jener Zeit unter anderem auch dazu verführt, Homer als einen Ignoraiir
ten hinzustellen/) Zu diesem Zweck erfand man das Märchen von
4) Ein verwandter Zweig dieser Industrie besteht darin, dass die Gram-
matiker genau wissen , von wem Homer den Stoff zu seinen beiden Poemen
ertiftlteu hat. Vgl. Neue Ges^. bei Phot. 149 ^ 22 ^ n^h 'Ofiii^ov 'Wiiviiy
278 R. Hercher: über die Glanbwfirdi^eii der Neuen Geschichle
den «fernen oder cypresaenen Tafeln, die auf das Gdimz der Gram-*
matiker ans der Erde steigen und aaf denen man Memoiren von An-
ipenzeugen des trojanischen Krieges entdeckt, wie die TagebQoher des
Diktys von Kreta, deren Herausgeber versichert , dasz durch ihn der
* wahrliafligere Text des trojanischen Krieges' bekannt geworden seU
Aueh Ptolemaeus inochte fühlen, dasz er die Tiefe seiner Gelehrsam-
keit durch nichts besser bethatigen könne, als w^m er dem ältesten
aller Dichter nachweise, wie oft er verkehrtes berichtet habe; und so
gibt er schon in der Neuen Geschichte sporadische Proben seiner hy-
perhomerischen Weisheit; aber seine stärksten Trumpfe musz er in
seinem ^Av^^ui^qog ausgespielt haben, in dessen vierundzwanzig Bi^
ehern ef Gelegenheit genommen haben wird, aus den Tagebüchern
etwa des Achilleus oder des Priamos selbst dem Dichter der Dias we-
gen seiner Irthümer tüchtig den Text zu lesen. Vermutlich wird auch
er, wie seine Zundigenossen, das bequeme und damals moderne Motiv
der ausgegrskbenen Tafein nicht verschmäht haben ; denn dasz er es
gekannt hat, zeigt er selbst in der Neuen Geschichte in einer Reihe
von ähnüehen Notizen 151 a 6 ort XBk^cvffiavxoq JfnirjtQiov rov üx'q-
ilftav to ßißllov TiXliiog Ttgog t§ »egml^ avtov ev^i^ * ^) %as de Ka-
i tov 'iXiayiov avyyQWtlfafiivrj woXbilov, MovüuCov tov 'Ä^vaiov &v-
yoT'qQ ysvofiivrj • tcuq' ijg aal t)[i7]Q0V Xsystai Xaßsiv riyv vno^saiv.
151 fl 37 Ott. ^avtaeia xiq Msiifpivig Ntudgxov ^vydxriq üwircc^s nqo
*Of»^^oti TOV 'llia%6v noXBiJMV aal x'qv xsqI 'O&veüsmg äujyrjöitf %al «no-
ueiei'cü tpaat, tag ß^ßlovg h MsfMpidi , "Dftij^ov äh vaqayBvoii^vov xal
xa avtCygceqxx Xaßovta nccQct ^avCxov tov [EQoyQaii(icctB09g avvtaiou
instvovg ocHoXov&oog, Aus einer gleichzeitigen Fabrik stammen ohoe Zwei-
fel auch die Nachrichten bei Suidas KoQiwog 'IXisvg inonoiog zäv ngo
OfiijQOVy Äg xiüiv ido^B, wd ngmxog ygarpag tjjv 'iXtfcda , hixAv Tgtoi-^
%£v nvptifxafiivwv, ^.v> &l IlixXMfikifdoys luc^rjxngy mi iytffxf^B toig vito
hccUciiijdovg svgB&Biat J<ogi%o£g ygaitfucatv, iyqatpB ^^. iu4 xov\^ia^
SfSivov nqog UafpXayovag noXBfiov, tag hi tovtov Xaßsiv xal trjg Ttoirf-
üBtog näaav vno&söLv "0(iriQOV , %ccl ivtd^ai toig avtov ßißXiotg und bei
Ael'ran V. H. XIV 21 fi^w Olayg6g tig iyiVBto noirfciig fter' *OgtpBa -aal
Movßatov^ og liyBtai xov Tgmi%6v noXeitov wffcaxog oLffta iikBy£üxijg ov-
xOg vno&iaBtog XaßotiBvog %al ixitoXfiiföag tocvtfi* 5) Demoach bat
R. Stichle im Philologus V S. 529 zuviel aus jenen Worten gefolgert, wenn
er schreibt : * für seinen (des Demetrius von Skepsis) Hang zu wissenschaft-
lichen Studien spricht auch der Umstand, dasz bei dem Kopfkissen seines
Sterbebettes das Buch eines gewissen Tellis gefunden wurde.* Die Lüge
von den anftgegrabenen Tafeln kömmt übrigens vor dem ersten Jahrhundert
n. ehr. nicht vor. Auch Plutarch hat sie de Facie in Orbe, Lunae 26 p. 942 D
und am ausgeRihrtesten Diogenes Antonius bei Phot. Cod. 166 S. 111, 20.
Bei Suidas u. 'AxovalXaog heiszt es 'AxovaCXaog Kdßa v[6g, A^ysiogy
arco KBQ%ccdog noXBcog ovarig AvXCdog nXriaCov, Catogtuog ngsffßytatog.
fygwps Sh yBveaXoylug ^ diltmv vccXxtov, ag Xoyog eigsiv tbv nuziga
avtov igvivnfxd xtva tonov xi^g^ oifiüig avtov. Die ganze Notiz ist Er&i-
dung eines Grammatikers und ist, wie die Erwähnung der Tafeln zeigt, nicht
Tor dem ersten Jahrhundert n. Chr. gefertigt. Vielleicht war sie ein Theil der
Vorrede zu der Schrift, die bekanntlich irgendwer unter dem Namen der
Genealogien des Akusilaos verfaszte. lieber den. Namen Kdßa, den schon
Weloker als eine spatere Erfindung erkannte, und über die Stadt Ksgudg^ die
des Ptolemaeas Chennus. *f98
Xvuß(6(Sag ^/^Knfi&vög ngog r^ Ksq)aXy rov XcilHidiwg ev^s^^vai fpaeiv,
Tovg S^ 'TßQtatodlxceg EvnoXiSog n^og tj ^EgpmXroi;, tavg de Evvsl-
dccg KqovIvov ngog vj ^Aks^avÖQOv tov ßaaiXitog Mtncsäovnv , va 6*
(Qycc nal tag '^(liQug ^Hütodav TtQog v^ t(w Helewtov rov Nixazo^
as<pciX^^ mit denen Malelas zu vergleichen isl S» 822 roof 3h vf hu Tijf^
ßaadsiag rov ccvtov KXavdiov Kaltfaoog fira'&ev imo ^80(M^lag ^
' KQrftri vrfiög Ttaöcc ' iv olg x^ovoig rfiqil^ iv r» /xi^fMirr» rov Jlxtvog
iv KäcaitsölvGi »tßiavCai rj Ind'sötg rod Tqwi/kov ^toXifiov (Uta oAi}-
9'stag Tcct^ ttdrov 6vyyQocq>Btöa naca, ^leeiTO 6h n(f06»ig>€cXa
roü Xei'ilfcivov rov ^larvog. . . '.
Allein des Ptolemaeus Theilnahme an den litterarischen Schwin-
deleien seiner Zeit ergabt sich noch klarer aus der Yergleiehang der
Nißuen Geschichte mit den Täuschungen des sogenannten Plutarch, die
ich in meiner Ausgabe der Schrift von den Flüssen ausführlich erör-
tert habe.
Ich habe schon oben gezeigt dasz die Quellen des Ptolemaeus den
erwiesen gefälschten Gewährsmännern jenes Plularch zum verwech-
seln ähnlich sehen. Bei diesem sind zur Beglaubigung der in den
wenigen Capiteln der Flüsse enthaltenen eintönigen Lügen nicht weni-
ger als siebenundsechzig Quellen aufgeboten, und auch die in de|r
Neuen Geschichte. verzeichneten Novitäten sind, wie ich S 1 gezeigt
habe, durch eine verhäUnismäszige Autorenzahl gesichert gewesen. ")
Bei Ptolemaeus wie bei Pidlarch finden wir als Gewährsmänner entwe-
der ganz unbekannte Namen oder bekannte Namen mit unbekanntem
Gentile oder unbekannter Schrift. Ferner exerciert auch Ptolemaeus
den Kniff, durch den sich Plutarch zu einem Theil seiner Autoritäten
verhilft; wie nemlich jener seine Nachrichten über die Chrysorrhoe
trotz Ungere Bemühungen noch nicht nachgewiesen ist, braucht man sioh
nnn nicht weiter den Kopf zu zerbrechen. Die dürftige Notiz über Akusi-
laos bei Diogenes Laertins stammt aus derselben nachchristlichen Quelle.
6) Dieselbe Renommage mit erlogenen Quellen finden wir aach bei Antonios
Diogenes bei Photius Cod. 166 S. 111, 34 Idysi 6h .., Sri. d %tä Sacictu %^
ip^vdij nXttTtoty aXl' oiv ixn nsql tcSv nXs^arov avr^ fkvJ^oXoyfi^tPtnp
ii^Xaioxi^mv fta^rv^^ag, ig ^v cvvimpbdttptavrttowa^iiolßBiB' n^oriit^
xBi dh%txl inaatov ßißX£ov rovg avd^ocq o2 xa touxvta 7tifoa%B(privoano , «&^
^rj 6o%Etv fiaQtVQ^ag xtiqsvbiv rä anioxtx, bei Gephalio bei Phot» Cod. 68
S. 19 val rb ix rdtfav 6h xal roctov üvvBiXix^at ttvrtß triv tato^Cuv
asfivvvBü^ac ov ndw tfjvxrig ro fitxQoXoyov rs wd rifv n€u6mQu66ii 9»-
XoTifi^av unoüBioybiv^g ocnwBi^ig" (prj<fl o ofuag xov nifmtovi wh^ x^g
iüxoQfccg ovi^Bilix^oa Ix loycav ^kv tpo\ iv ntni^ag X' xal « oaeoftVTi'
(tovBVBi' xov 6h 6svxBQ0v #x ßi^Utav arf ^ üvyyMitpitov 6h xe'* xal xhv
xqIxov 6h Ix ßißXüov (ihv x\ evyyqwpitov oh xff usw. und bei dem
Paradoxographen Alexander, vgl. Photius Cod. 188: avByvioü^ 'JXB^avr
6i^ov d'avfiaüimv avvayoayij. Xiysi (thv iv xm ßißX£ip noXXa XB(f€ixm6vi
xal ^ntaxa, nXrjv aXlovg xmv ovx dip^cvetv BfOiiyBt taSxa «^<tf<rTO»
QT^oavTag und dazu den Schlusz der Vorrede zu den Kleinen Parallelen:
dvayqcnpag xal xovg Imoqrjaavxag av6(fag, Uebrigens veranschlage ich
die von Ptolemaeus als Zeugen für die etwa zweihundert Novitäten der
Neuen Geschichte erlogenen Schriftstelleniamen auf mindestens eben so
viele.
IM R. Herdier: Ober die Gkni^wirfigkeit der Neuen Gescbichte
«»der den Timaiider angeblidi aus den Sdirifteii des Chrysermos
oder Timagon» sebSpll*), so beseugt bei Ptolemaetts 150&SS den
Hamen der Gemahtin des Kandaoles, Uf^^, der SchriRsleller'lf ^oi(.
Auf demselben Wege gewinnt Plotareh Namen für Personen, die als
flanpHlgiiren in seinen LOgen agieren sollen, indem er i. B. neben den
Demosiralos eine Demodike and einen Demodlkos stellt^; und
aneh darauf versidit sieh Ptolemaeas, bei dem sich 151 a 87 & 4 neben
der 0aißX€i0Üi ein 0uwk^ findet Ueber die säubern Quellen end-
lieh, welche dem Verfiuser der FlOsse ffOr seine Metonomaslen fiieszen,
habe ich in meiner Vorrede zu dieser SchnA S« 87 ff. weitläufig ge-
eproehen; mit dersdben Unverschamtfieit greift der um einen Doppel-
namen des Odysseus verlegene Ptolemaeus nach dem Namen Ovtif, *)
Sind aber die Autorennamen gefälscht, so mfisseh wir auch die
mit ihnen in Verbindung gebrachten Verse , wie den Epithalamius des
Agamestor und die Choliamben des Charinus als Producte des
Ptolemaeus ansehen. Ueber den angeblichen Hexameter des A e s -
c h r i vgl. Fragm. S. Auch Plutarch gibt uns in seinen Kleinen Paral-
lelen (bei Stobaeus Flor. 7 , 63) eine Probe seines Dichtergeschicks.
Allein Ptolemaeus harmoniert mit Plutarch nicht blosz in der Er-
findung der Namen , sondern treibt auch die Fabrication von Realien
nach ähnlichen Mustern. Gleich jenem verwirrt er verwandtschaft-
liche Grade y erweitert oder entstellt bekannte Sagen und knüpft an
7) Vgl. mme Vorrede su denFjüssea S. 22. 8) Bei Sextus Empir.
adv. Gramm. 258 ort JJXdtmv filv 6 tpU6ifO(pog Uifiaxonlijg nQOtBQOP
hudetto sieht man sofort, dass der Grammatiker, welcher diese Notiz fa-
bricierte, sich auf den angeblich früheren Namen Piatons dnreh den Namen
seines Vaters 'AqCaTOiV führen Hess. 0) Ein anderes Beispiel der Art
Bisht 147 6 16, wo ersähU wird, dasz Herakles von seiner Geburt an iVsf«
log geheissea und erst später den Namen Herakies erhalten habe. Hiessa
bemerkt Roules S. 60: 'iatelligendus haud dnbie Hereules Aegyptius, qul
Nilo natos traditnr ap. Gio. de Nat. Deor. HI 16.' Allein Ptolemaeus hat
irielmehr gans in der Weise Plntarchs ans dem NUus , dem Vater des Hercules,
den fraheren Namen des Sohnes gebildet. Nieht fiel anders verführ der Verfls-
ser der NotSs bei Aelian V. H. XIV 21 or» Otuy^oq (so ranss gesehrieben wer-
den, OlAFPOC und C YArPOC sind leicht sn verwechseln) xigifheto nw^iti^
fLt$* 'ÖQfpitc ical Movoatovj Sg Uystai xov Toatnbv n6X$fiov n^mtog
^€aiy fi^fiatfig ovtog ^^o&immg laßop^vog «al iititoXfiifüag ravx^. Er
machte nemlich ans Ofay^og, dem Vater des Orphons, einen nenen Didi-
tcr, und Hess ihn nach Orphons gelebt haben. Aehnlich mag auch der
Name Diktysvon Kreta entstanden sein , den Dederich S« XVI seiner Aus«
gäbe als Appeliativum fttsst, welches etwa doeenSf doctor^ vaiet bedeuten
könne. Allein er vergisst, dass Diktys als griechischer Eigenname schon
firüher «xistierte, denn der Pflegevater des Persens heisst so. Ich denke^
es war natürlich, dass der griechische GrammaUher, der die 'Egnj/see^
snsamnenschwindelte, den SdiUdknappen des Kreters Idomenens in Kreta
geboren sein Hess, und eben so natüriich war, dass er ihm seinen Namen
nach Anleitung eines kretischen Namens gab. Bei geringer Umschau auf
der Insel stiess er anf den Namen Dikte und fand so den gewünschten Na-
men, was nioht anfföUiger ist, als wenn Plutarch in den Flüssen Stfidte»
uamen als Namen von Pflansen benutst.
des Ptolemaetts Chennu». fKA
bekaimie Namen unbi^aimte Begebenheiten« Ja er überbietet Piutareh
sogar in der handwerksmäszigen Benutzung der Schablone« So kennt
er Homonymien *•*), Dionymien ") und Polyonymien **); er zählt die
Personen auf, deren Name aus den Budietaben des Alphabets gebildet
.war 151 & 9—289 die sich vom leukad^chen Felsen gestürzt hab^n
lödh 7 — ^t die auf seltsame Weise gestorben sind 146 & 17 und die
•vor Troja fiviifiovag gehabt haben 147 a 23. In ähnlicher Weise er-
scheint eine Reihe Tonf wxxä mkftg %Qvg vfwovg mH>^aavtm¥^^} mV
ihren Gewohnheiten und Erlebnissen und eine Partie Beispiele der
^vi(M9ttBfSig btvoQiTbjq 148& 25— 149a 14. ^^) Bas Motiv des iQtifuyog
sieht sich durch die gapze Neue Geschichte hindurch und es werden
147a 37 6 10 12 20 30 35 153& 36 Nestor Adonis Nireus Argos Korydoa
und Stichipa des Elerakles, 148^ 11 150 & 25 Plesirrhoos des Herodot,
149 a 21 152 b 9 Euphorion und Priamos des Zeus, 150a 2 Dionysos
des Chiron» 1516 35 Helenos des Apollon, 147 a 9 Patroklos des Po-
seidon, 1526 40 Pplydeukes des Hermes und 149 b 34 Helena aus Hi-
mera des Stesichoros Lieblinge genannt. Ferner entdeckt Ptolemaeus
Namen für anonyme Personen und weisz, dasz andere, deren Namen
wir wol kennen, eigentlich keinen Namen hatten. So kennt nur ^r
150 a 6 den von Herodot I 51 mitFleisz verschwiegenen Namen des
^ 10) Vgl. 148 a 20 »sqI *E«rf^i?ff, nal^ itoaocig yiyoviv intowaov
tovvofjux. 149 6 13 Ott dno vwv 'iXicanSv ovoiiaaral ysyovaaiv *BXevm
19 Atyic&ov %al jK^vwipkv^atifug Qvyamfiif • . . wtl MtsQcu. SmcnLaCiswi
%%X, 152 a 30 xal ano tcov 'lliu%mv oapt lyivovxo 'AvMelg m^imvo-
fiot.. xftl Frc^ot *A%iXXBtg heupavsig ysyovoci id\ mv oidvo nLvvsg f^aav
%ul ^ovftatftot xa %vvdSv i^ycc. Gellius N. A. XIV 6 , 3 guoi fuervü Fy-
thagcrae nobäes, guot Hippocraiae, Demetrins Magnes nnd Agresphon sol-
len die Homcrnymien in besouderm Schriften behandelt haben. II) Uebcr
die Dionymien äussert sich verdächtigend Pintareh Mor, 401 B ttiv ih
jlfQuikfkcntxnv änovafi nal tijv AijSav Mvriaivoriv xed %6v 'Ooiati^v
Axaiov dvofidad'ai q>a(f}t6vxa}V. In der Neuen Geschichte fand Photlus
einen Abschnitt nsQl r^g nag* *0(n]Qtp dKovvfL^ag naQcc ^sotg %otl &v-
^QülMoig^ Kixl oxi ^dv&og fidvog novaiimv Jtög vlog^ «»l «£^i Atlv^
9imv4iki»p 150 a 9. 12) Vgl. 147 a 18 109 'A%iUia iikv 'A^€t6vmtog b
TccQavztvog ^tazqißovxa iv xaig naf^iiioig ^cagd Av%oaii9st KBipivai-
(fav %ciXktaQ'cti fpriüiv j i^oXstto 8\ xal 'Icadv %ctl Jlvggav xffl "AonBxog
«ai n^otifi^svg. Vgl. 152 b 29 32. 13) Ohne Zweifel haben nicht nur
Matris aus Theben und Plesirrhoos aus Thessalien, sondern anch Philoste-
phaaos atts Manünea, Eupompos aus Samos , Polyselos aus Kyrene, AatU
gonos ans Sphesos und Lykias aus Hermione in der Neuen OescMcbte als
Hymnographen figuriert und Roulez hat zu rasch den Mantineer Philoste-
phanos mit dem gleichnamigen Dichter der neueren Komoedle und den Ky-
renaeer Polyzelos mit dem kynischen Philosophen gleiches Namens idenü-
ficiert. Bergk Poett. Lyrr. S. 1040 bezieht fv^'a 148 a 49 auf den voraus-
gehenden Hymnus auf Herakles und meint, Ptolemaeusliabe wol den Matris
für den Dichter jeneg Hymnus gehtdten. Allein mit den Worten sugi %mv
%ati noXng tovg vii^vovg notriauvxaav scheint mir ein ganz neuer Titel
anzugehen , zu dem die nachfolgenden Sfitze von xal mg ^tXoctitpavog bis
148 6 20 die Beispiele bilden; iv^a aber möchte ich streichen. 14) Vgl.
Lobeck su Soph. AI. 4d0. Ein Werk nB^l 0vi^Eitxv»asmg soll Aretadas
geschrieben haben, s. Porphyr, bei Euseb, Pra^. Ev. X 8 p. 407«
28t R. Hercher: über die GlatrtMiftrdigkeit der Neuen Geschichte
Delphiers, welcher auf einen von Kroesos geschenkten Wey^ressel
AaxedcttfMvlwv gpeschrieben hatte; nur er weisz 150 b 19, dasz die beri
Herodot namenlose Gemahlin des Kandauies Nysia oder Tuda oder
FQytia oder Habro , und dasz der bei Herodot I 35. 45 namenlose Bru-
der des Adrastos Agathon g^heiszen habe, und umgekehrt weisz Trie»
der nur er, dasz der von anderen Porphyrion genannte Gigant, vor
dessen Angriffen Herakles die -Hera schützte , ein Anonymus geweseo
ist 147 b 16. Femer kennt nur Ptolemaeus den Namen des Dichters
eines in Theben gesungenen Hymnus 148 a 38, nur ^r das Lieblings*
gedieht Alexander!^ des Groszen und den Namen des Dichters 148a 7;
nur ^r weisz, auf wen Alexander ein Leichenpoem gedichtet 148a 8^
wer der Dichter des Verses UQonXiovg tfMOi xlm^av ifHxXa%av9uu
Uövtfiv ist 150 a 24, dasz nicht Herodot sondern Plesirrhoos das
Frooemium zur Kilo geschrieben i486 10, dasz König Ptolemaeus nicht,
wie die gewöhnliche Sage lehrt, eine zahme Schlange, sondern einen
Hund besessen 148 a 23 , dasz Kadmos und Hermione nicht in Schlau'*
gen, sondern in Löwen verwandelt worden seien 1466 38, dasz Tros
ein Boeoter, nicht ein Ithakesrer gewesen ibOb 18, dasz Apollon alle
Kinder der Niobe erschossen 147 a 22, dasz Penthesilea den Achilleus»
nicht er die Penthesilea erlegt habe loib 30 und dasz Achi Ileus Leh-
rer des Chiron gewesen sei.
Ich denke dasz hiermit eine hinlängliche Einsicht in Ptolemaeus
Werkstatt gewonnen ist und dasz wir nach diesen Proben das Recht
haben, uns seine Gelehrsamkeit vom Halse zu halten, wie dies Gellius
mit dem dicken Band voll verlegener Notizen thut , den ihm ein Freund
zu gefälliger Benutzung überlassen hat. Gellius wird recht gut ge-
wüst haben, auf welchem Wege die in jenem Buche niedergelegte
Weisheit erworben worden war , und dasz nicht alle seine Zunflgenos-
sen es so ehrlich mit der Wissenschaft meinten wie er. Wir dürfen
also w61 wagen , in Ptolemaeus einen lilterarischen Schwindler zu er*
kennen , der sich von Pseudoplutarch nur durch ein bedeutenderes Mas^
zünftiger Gelehrsamkeit und durch eine gröszere Gewandtheit in der
Lüge unterscheidet; denn während Piutarch in Sprache und Erfindung
ärmlich und hölzern ist, führt uns Ptolemaeus das ganze Lügenreper-
toir eines Grammatikers vor , pure Novitäten , ^ine abenteuerlicher als
die andere und aus Quellen geschöpft, die auf Ptolemaeus Ruf ent-
standen und verschwunden sind. Mit dieser Ansicht verträgt sich das
in der Neuen Geschichte gebotene aufs beste. Nun wird man die ab-
surdeste Novität in ihr ganz in der Ordnung finden , alle Widersprüche,
welche redliche Forscher verwirrten , lösen sich zur Zufriedenheil, und
man hat weder Grund die absonderlichen Aussagen des Ptolemaeus
mit denen anderer Autoren durch eine Aenderung in dem einen oder
dem andern Texte auszugleichen, noch braucht man sich damit ab-
zuquälen, wie man einen unbekannten Quellenschriftsteller unter die
bekannten Schaaren einzurangieren habe. Demnach steht 148 a 33
ioipodiX^ der ^ Neuen' Geschichte trefflich zu Gesicht, aber nicht
daxtvleij wie Roulez corrigierte, und ebensowenig ist 152 a 29 eines
des Ptoleinaeot Che^ufl. :^ ri J80
luideren Geiel^rten YöcainlttQff ^AcMoos' (ür ^Adulleos'*^) zulässig-
Auch danach haben .wir nicht mehjc zu fragiBn, wie Aethoß zum Orakel
der Pheioouo^ g^ekominen sei (Roulez S. lO^X ob Ptolemaeus 1^ a 2S die
alUire oder jün^^ere Lai$ gemeint habe und ob Korythos Iber und der
YMer des Dardanos und lasion (Roulez S. 73) eine, und dieselbe Per-
son seien. Stutzig darf man vielmehr nur bei dem werden, was in
der Neuen Geschichte nicht neu ist» und dessen* ist bei weitem weni-
ger, als Roulez St 7 seiner yorrede anzudeuten scheint. Nachdem er
nemlieh die Erklärung abgegeben hat, dasz man Ptolemaeus^ Novitäten
nicht als.:*in^pti grammatici i^lgas' verwer£en. dürfe, fahrt er fort:
*nam saepe acqidit, ut fobulae quae absurdissimae aut sunt aut yide^-
tur, po^tarum isliia melioris notae fajbulis superstruantur. 9t qui ptole-
maeum nugiyendulum et hominem in.fabulis puilo modo audiendu^i
dieit Heyn^us (Obss. ad ApolU p. 31 et 44}), quod Herculem Nukov
prius vocatum esse tradat« non satia $eeum; repiitavit illud non utique
absurdum esse, s|i de Hercule A^gyP^o accipiatui;» forsitanque fluzisae
6 loeo quodam pbetae ubi ^H^^kI^q JVsTApg, quem^modum in anno-
tatione dooui. SünUjLter Ptjotemaeus Achülem Uvfffaaoov prius dictum
.nacrats. quod epltheton esse Achillis apud Agamestoiemiin Epithala-
mio Thetidis aliunde eonipertum habeipus. Aiia ^empla omitto.' Al-
lein welches sind die Dichterstelien und beglaubigteren Fabeln, durch
weiche Boulez seinem Autor R^peci yersohaffen will? Auf keinen
Fall kann. eine nicht existierende Dich^er^telle $4s ein fieleg des ptole-
maeisi^en Herakles NetJiog gelten ^^),. und ebensowenig fallt. Ag&mes-
lor Pharsalius ins Gewicht, der, wie ich oben gezeigt habe, samt sei-
nem Epithalamius ursprünglich in der Neuen Geschichte seinen Platz
hatte. Um die übrigen ParallelsteUen. aber ,. auf die Roulez sich belie-
hen, fcdimte., steht es nich^ besser. Denn. .unbefückßichUgt müssen
bleiben die S 1 aufgeführten Excerptoren der Neuen Geschichte und
mit ihnen Sextus Empiricus ") , der Verfasser dejr Briefe des Hippo-
krates '^), Stephanus Byzaiitinus ^') undPhilostrati^a'®), deren mit der
Neuen Geschidite. harmonierende Nol£;en auf eben dieses WerH zu-
rückzuführen sind« Ebensowenig gehören hierher drei. Stellen, in de-
nen Ptolemaeua einen Zug aus früherer Sage aufgenommen und weiter-
gebildet hat. . Penn wenn auch 152 6 11. das Wiederaufleben Aesops,*
148 a 17 die Verwandlung der Demeter in eine Stute und 1&3 a die
aechs Kinder der Thetis aus vorptolemaeischen Schriftwerken be-
kannt sind, so ist doch in diesen Stellen a]Ue weitere Ausführung Ei*
genifaum des Ptolemaeus. Auch die Sage vom Schilde des Achillens
1606,10, die an Paus. I 36, 4 erinnert, ist von Ptolemaeus verändert
und erweitert; denn bei Pausanias ist von den Waffen, bei jenem von
^ 15) Die Aendening ist übrigen» schon durch die folgenden Worte i äh
Zavg hfiYYiÜMtQ 'Ax^X^i (dies ist eben der fqywq^) xuvtag %ovg tnß
oyofuxrf nX^^rjaofiivovg n$Qt(ovviiov$ notija^iv widerlegt. 16) S. oben
Note 9, 17) Adv, Gramm. 264 = Phot. 150« 16. 18) Th. HI S. 793
Kühn = Phot. 147 a 34. 19) u. *Avv^%VQeci = Phot. 147 a 34. 20)
Her« ra 1 si Phot. 147 a 37. .
Jahrb. f. eUss. Philol. Soppl. If. F. Bd. 1 Hft. 3. JQ
t84 K Herchcr: über dto^CHAvIlWlMlgkeH «et Neuen Gesehiehte
dem* Schilde des AcMileoe die Rede, nnr Ftolemaeiis keimt den Ort,
wo Odygseus SehifiPbruch gelitten, und nur ^r wdA, das« den
Schild, aU er auf dem Grabe des Aiaa geweiht worden war , am iiadi-
8ten Tage der Biitx traf. Daher darf man erwarten , dasz Ptolenftaeos
148 tf 29 in der Erzählung, welche Photins in die magern Worte n^
tav HalMadlov^ Sri Mo nlhfnutp Jtoii^rig lud XMvötfivg züsammeii-
gezogen hat, das durch ein Yasenbild bezeugte 'doppelte^ Palladion
nur als^ Basis für einen ihm angeh5rigeti phantastischen Bau benotst
habe, und nicht minder nahe lie^ die Vermutnng^, dasz der VerHasser
der Neuen Geschichte sich nicht damit begnflgte, die auch sonst be-
kannten Namen des Achillens, "Amtnog und Ilvo^if einftich in sein
Werk zu veipflanzen, sondern dasz er mit der AnfE&rung derselben
zugleich eine neue Etymologie verband. Zu demselben Zwecke -we-
nigstens benatzte er 1515 98 die herodotelsche Notiz von der Matter des
Kypselos, Labda. Freilich sind hier seine ursprangHchen Worte durch
Photins in das allzu knappe xal if Kviffilov'il (i/JjttiQj ^ircnl^ ovffoy
Aif^n inlififi into tw JlvO/bii verkürzt, und es ist schwer ans
%mXfi ov<k( den Grund jener Benennunig herauszufinden, der, wie ^SSe
übrijgen 151 ft 10 bis 25 aafgefOhrten Buchstabehnanien zeigen, wtth
fftr Aißdu gefordert werden musz. Indessen hilft hier ein zweifer
ISxcerplor, Helladiut , der bei Phot. €od« 279 S. 531^21 unsere SieUe
so wiedergibt: orf tjrrfilj tov ßcKfiliwg Ko^v9ov ^ (^^fffQ^ fwn Si
*A(iup£ovOg^ %olößotiQq^ axatova« t^ itigm noöl^ Aaßta
4Haldlto. Ohne Zweifel hatte also Ptolemaeus abweieheiid von Hero-
dot die Sache so dargestellt , als habe die Mutter des Kypselos in Folge
eines zu kurzen Beines gcMnkt und als habe deshalb das delphische
Orakel, welches durch ihren Anblick an die ungleichen Schenkel eines
Lambda(A) erinnert worden sei, sie mit dem Namen Amßia be-
graszt.
Endlich sind noch vier Stellen zu bcrOhren, in denen Ptotemaeus
mehr oder weniger mit Diktys von Kreta stimmt: 160b 36 s= Malelas
S. 117, ldO& d9 SS Dict. I 19, 1516 M ^ Dict. UI 6, 1515 37 =
Malelas S. 157. Da die in diesen Stellen vorgetragenen Raritäten nar
bd Ptolemaeus und Diktys zu lesen sind, so fragt sich eigentlich nur,
Welchem von beiden Grammatikern die Priorität der Lüge zuzuspre-
chen ist. Nnn scheint mir, dasz Ptolemaeus, der sich mit originaler
Gelehrsamkeit brüstet, als eine ihm springende NovItätcnquelLe nicht
füglich das Produet eines Grammatikers ansehen konnte , der dcher
nach Nero lebte, also, um von Ptolemaeus benutzt werden zu können,
neben diesem in Rom leben muste. Auf alle Fälle würde Ptolemaeus aus
Diktys nicht geschöpft haben , dine das entlehnte durch bedeutende
Umgestaltung zii seinem Eigenthum zu machen. Also wirdwol der Ver-
ftisser des Diktys, der auch sonst fremde Weisheit nicht versehmäht,
die' betreffenden NotiZeil aus der Neuen Geschichte entiehnt haben,
und es m^gen die in der zweiten und vierten Stelle sich findenden un-
bedeutenden Differenzen zwischen Ptolemaeus und Diktys auf Rech-
nung des letzteren kommen, der, wie es sich für einen klugen Gram-
des PlQitenut«iu Cbeomis.. SBQt
4Mtik$r aehlehi, Qichi MAU etwas durch seine Finger piMsieiDe« lißst;
oime es wenig^steiis. in einer Kleinigkeit umzngestaUen.
§4. ,
Uel>er die LebensverlialUiisse des Plolemaeus ist nna wenig ge-
meldet. Di^z ^r aus Alexandria gebürtig gewesen, iheiUSuidas mit und
damit stimmt Ptolemaeus Spitzname 6 JCIviioC) welcher wie das davon
abgeleitete Deminutiv xivpiov eine Wa^^teJarl bedeniet, die. man
in Aegypten einzusalzen pflegte. Nach Suidas u. JJxoisfMfog und
^Etut^pifoinog war er der Sohn des Hephaestiün/O* iohte unter Nero
bis Nerva oder Trajan und schrieb den oben besprochenen '^«^Ofüii*-
ifogy die S^i (ein historisches Drama) und auszer * einigen andern
Schriften' eine naifiä(4og*l0saQla^ die von Ghardon de.la Rochette
und andern irthOmlich Hlr identisch mit der Neuen Geschichte gehaltei^
wird.. Denn dasz beide Werke voneinander verschieden< waren, zei*
gen schon die in der Neuen Geschichte h&ufig wiederkehrenden Vers-^
erklärungea, die einem Paradoxographen schlecht anstehen wärden*
Als einen nicht feinen Stilisten «schildert Photius den Ptolemaeus 1466
8: Q ^iwQt tovxmtf cwuymyiifs — > 9vd* inteiog v^v ki^w. .
Zum Schlusz füge ich der bequemeren Uebersicht halber di^eiu-«
genExoerpte ans. der Neuen Geschichte, bm, divch wielche Photius
Auszüge ergänzt werden.
■ 1.
Etym. M. ^Eq>i6uc yqafiLiiteva, ht^Sut xivtg dvdTUXQaKokov^^oi^
ag xol KQotdov hd tiig nvQag bItuiv.
Photius 1466 21 TCSQi re rrjg KqoUsov iv ry nvQf öantiQlag,
2.
T](etze8 Chil. Vin898:
Koil aviog o Ilnqq&iSiog itofqifpog i^ ^EtpitSov
Tcollag xal SlXag yqafpag [iiv ivtixvmg tayoafplag
aitov t$ tov Mtyaßviov iv xiitoig xotg TEq)hoVy
ZvnsQ Idtiv ^AXiiavSQog 6 fUyag i ^lÜvacov
%ai Zsvlidog Mivlkaov Sv i^ptjv %orpp6gov
Tifiav^ovg nahxfib^dfi xb Tcxeivofuvov iUtovi ^'
aavQQ* ixv^fl "ilfvxfjvj novXvg di ^iv i($% 0QVfiecy96gy>i
AUsxqUov &<S7tSQ iyqa^ev iv xccig ^^pTnuqiiSiv*
ii AhxqUw wxog vpf yhu Mixvltivatog
%(d htri xttl ia(ißovg öl Cvv SXkoig Ttocotg yQcnfxxg.
iümQ habe ich mit B. ten Brink im Philologus VI S. 358 ßeschtie-
ben; die Hss* geben mvTUff. Aus dieser Stelle der Neuen Geschichie
flosz auch die lliterarische Notiz bei Suidas Mi9y^kw Mnvhf}[»f*mg^
21) Des Tvatses xhv 'H^ataxdava JlxoXituxiQv ist wol durch Ron*
lez S. 5 genügend erklärt.
20*
I
SB8 IL Hecther : über 4ie flUidHrtMUgktU der Neuen Geschichte
ni^ xwß^A^ttt%(n(Un)q f^MiAtiKw wf^^^ Ptolemaeus fingiert (vet^
mutlich weil Alexander keinen Homer als Herold seiner Thaten gefun-
den halte) einen Aeschrion von MHylene, der den Alexander als Histo-
riograph auf seinen Zdgen l)egleilet (cPwe|8dif^ u£U§ttyd^) und in
dem Heldengedicht, durch das er den König feierte (den ^EqffifU^i),
auch jenen gleichfalls fingierten Vorfall in Ephesos berührt habe« Der
Vers dVQni' ij*^ ^P^^Pf^j novlig U fU¥ &%' i(fviutyd6g ist nat&rlich
von Ptolemaeus fabriciert und der Samier Aeschrion , den Näke und
andere fOr identisch mitdemMitylenaeer halten, von diesem streng zu
scheiden. Abgesehn abrlgens davon, dasz die Notiz bei Suidas vortreff-
lich zu der Erzählung in der Neuen Geschichte pfisst, zeigt des Ptole-
maeus Autorschaft auch noch das Motiv des iQto(i99K>g **) j über das ich
8* 981 gesprochen habe, und die gelehrte Anführung eines unbekannten
Schriftstellers, auf dessen Namen Ninavd^og i *AXei€tvdpsvg si«fa
Ptolemaeus durch denRönigW iL i(ai^d(Off führen liesz. Hieraus erhellt
zugleich, dasz es nicht gerathen sein dürfte, einen von Ptolemaeus
erlogenen Büchertitel zur Gorreclur einer Stelle des Tzelzes zu be-
nutzen, wo (zu Lyc. 688) eine 'jBgMO^g AesArions erwähnt wird; vgl.
B. ten Brink a. 0. S. 358 f.
Photius 146 fr 27 mg iv *Eg>kf ^HtöofsiPög Uligovd^ JZprlo^-
di}v öoJjHpovovfuvov iv nlvmu i^oqvßrfifij dt&tt b^nut^ doXo^MHH^
fUvtt ^AQUttiviTtog agHxtQun^g ^JüLsidvd^ov* toMvtog foi(f i^v ^AU-
iavCQog xo ^^gy htiewtig »al ^ikha^^.
3- :
Eustathius Zar Od. % S. 1665, 47 ZoöxQatog de iv Teig&tif
(nolfifux di iöxip ilByettwov) qnfil xov TsiQSöUev ^letav ri^v iQxh^
yewi^^vai xod iiixQaq>^ai vnb XaQixlovg. xal biti häv yeifOfAi-
VTjfiß oqntpomtVy ii^e^vai Sk ait^g xov *Ait6KXmva tuA ial^ puis&m
avvotHslag öida^cci xr^v [lOv^iKi^v, xnv öh (jcsxa xo fia^eiv (itpchi icnnipß
hudidovai x^ *An6Xlmv& xiiiuvov avÖQWSai avxiqvy tya Tteiqmxo S^a-
xog. %al aintiv ivögoD^et^ccv nqlvui Äla Koi "Sqov &g avaniQm iq»
oi^, xol ovxm ytäXiv yvyamad'etöav igccc^^at Kakkawog ^Agyeiov
€cg>* ov c%iXv Tcaiia xaxic %okov''H(fag xicg o^ig dui$xqamUvov, Sto
%a\ nkffi^ai Htffißwva. (Uta öh xavxu xov iv^A^yu ayäkfuxtog xijg
22) Eine über denselben Leisten geschlagene Notiz hat Snidas Ha-
Xai<paxog'Aßy9r}v6g[irtOifi%6s. Kwegtaad, drjXucKd^ *Jrxi%df 'Agafimd,
yiyovs Ö* Jhi 'AXs^dvdqov xov McntBiovog^ nai9t>%a 9' 'Agictoti'
Xovg rov qnXoaoqtov^ mg 0£Xmv iv x£ ii ttxoi%BCip xov nsglnaoa^
do^ov tcxogiag ßißUov a' ncd Bsodagog o *IXi€vg iv ^ T^cDticiov, wo
auch die nur hier la lesenden Namen Palaephatns Abydenns und Theodonis
Uietnsis Verdacht erregen. Philo mag vielleicht ursprünglieh durch du ab«
sonderliches Gentile Von dem Philo Byblius, dem Verfasser einer nagd-
9oiog taxogüCy unterschieden gewesen sein. Üebrigens ist zu schreiben iv
xip kl 9x^x9 ^^^ ^^9^ naoadd^ov tütögüi^ ßiaXiotf a , vgl. Ritsohl
die alexandr. Bibl. S. 103.
i ' ded Pioteniaeos Chennüs. . . ; 2891
(S^€ti. iJUffistdav de vno Jiog elg vwaiaa fiof^qxo&rivai^ orS&cß n^atau
%»l ifUl^Btv slg iV^^f^^'^' ^^ BQcca^vtu uvrifi rJjjq)^0V' iy%€iQiav
SvS^ Ktä hu^^&€i$ ttvt^ kovoiihn^. «^v dl»la%m iüif$yevo(Uvfpf tci
(iBiQaKog ^viiai emov. Ho^uömvcf de ov naidtiKu i|jr o rivqfiög hc$*
x^hfHXi vatg MoCqatg di%ttiSa& ttcdI rovtov, fud ctvricg elg Teif^eölav
ßvriiv lUxccßaXetv Kai äg>eU(S^aiii^v (iavuiii]y. ^v ccv^tg (la&eiv vno
XetQoavog aal demvfj[<Sai iv toig Siudög xat üriliag ya^ioig. Sv^a
I iglaag ^bqI Tidllovg rijv xs ^Aq>Qodltriv xal xag Xaqlxug atg ov6iiatU
liaCi^lflj l^^^il ^<5f* JEÜtpQOCvvri, xov S\ dMciaavxa KQtvai Kulriv xr^v
KaXiqv, fiv xal y^^ai xov 'Htpaiaxovj o&ev xal iiyv ^Atpqoökriv %0iX€a-
^ei^av ^svccßakeiv aixov elg ywalviu %eQvi\xiv yqaiav^ xiiv, 6e KccXriii
Xcttxag avxy ayad^ag vet(iat %al elg Kgi^xtiv iituyayelv,^ ivd'a l^atf^^
VCCI avxiig AQa%voVf nal (uyiyca ccy%etv xy ^Aq>qo8lxri f»,iyilvai iq>^ p
xiiv dalfiova OQyus&eTaav xov (ilv Aqaruov (lexaßaleiv elg yalijy^ Te^^
Qeiflay dh elg fivVf od'ev Kai pltya tpiffiiv ia^lei mg Ik yqccog^ koI fiav-
Vi%og hxi 6ia xov Tetqe^Utv.
V\io\X\jia \^h ^% Kpä: ig Teiqeclag htxamg ^
.••'■''• 4. — .
Eustathius zur Od.fi S. 1712, 57 XelQcnv o ^AfiqiailoXtxfig *Ale-
^ivÖQOV xov Maxedovog iQoaxiqöavxog q>a^ij xt ßovkexai nuQa x^
noiifs^ xo xag Tte^unegicg elneiv KO^äieiv ifißgoiStav xm JU, Kai xo
ifpaiqela^al x& nevxag Kai x&v TteXetoiv, negl xmv nXeucdoav elva$ xov
ioyov igytf^ ag elva$ fiev btxw, q>aCveffd^äi Se % xotg iKel^ t^g fiucg dw
xb KalaXXeog ifi^vd^v xov itsxqtov ifpaviioikhf^ iitoxmv nex^mv. mg
ih fj(M»g qyrfil TteXeiadiov ^oi nXewSatv ijcixeXXovif0v ä^roj^oi ^6^/Ü
ietv^ tÄxw KcA &eol xr^v a^iß^oalav KO(i^ea^ai . • . aXX ovri» Jmv q
^A(iq>titoXCtfig XelQWv. ^AQt^xoxiXrjg di tpaaiv iXXifyoft^^ ehce dif*^
tovv ''Oiirjpöv l^ ava^fiuiiSemg xQig>e0d-ai xovg ^eovg ijxoi xa «V«
Cmfxatay aeQOJCOQOv f^iiSov naqaXaßovxa elg fvSei^iv xijg xoucvxrig XQO-f
^pijg, xo 6e itpäiqet^&ai xi vno xijg nhqag dt^XoHv Sgni ig Kai ^. yn
tXKei ix xfjg totavxfig ava^vfiiaffewg. ^AXi^avd^ dl 6 ßätfiXevg im
'xo doKetv gn^isl xovg ^eoyg fptXoij6q>Qvg iccxl '^Sov^g (lelSovg avad-ftvai
xov noiiftiiv xiiv iKeivtav XQOfpipf x^ a6^evecxax(p Kai xqvapiqoixax^
ti(pi vg>^ ov ßqaxv xi av na(faKOfiilotxo . ,. ^AXi^avdQog 6i o üatpiog
htoQet xov^'Ofi,fi^ov vtov AlyvTtxIaiv A^nMüayoi^ Kai Atd'Qagy XQog>ov
öh avxQV TCf^wpijitlv xiva ^yaxiqa'^SlQOv, tegiiog 'iaiöog, ^g ik xwf
^&tmv fkiXv ^0at nöts elg xo tftofMx xod itaidlov* fcal xo ß^i^g h
wKxl g>mvag iwia n^oic^ai^ xekiHvog^xadivögf iteMxeqag^ «o^i^i^t
niffiiKogjito^tpvi^Uavog, ip«^^, ii/idovogiial KWtwpov* ^ff^ipwlte
xo iomdlov u^a neQicxeqw tvvia nai^ov inl x^g kUvti^. BvofXOviU-^
Vfp^ iiniKffu xolg «ov luaöbg x^i^ ZLßvXXav, i(Aiutv^ yefowUnß»i»xi
C^edt^acaiy cov a^if, Af^aaayofia noXvvtKe , iv olgicetl fuyaKX^^ iud
eteipavkfiv uvxov nqocemetv^ Kai vaby fttlöai KüXevmä iwia n^qi-
9Av* iii^Xo^ il xag Movaag. xov dh Kai xovxo mMfSiu kuI.x^ nmik
iiiiftn^ivxt iisineiv xo ngayfia» k^I xov ndifjx^v dSra CefAvvvui ii
2B8 R. Hercher: Aber die GlaubwOrdi^eit der Neuea Geschidile
täftolg fi^9^ Af ftvvbuuf;i^ nalm^^atmita «^ JA rnr ißfifg
PhoUus 147 11 3 Stil tl Q mitfcifg mXm/idtig inohfii vng t^9^^
hfl; elg tuwn ilmtv, wotl m^ '0^if^(nf n«1 tuUiiito»,
5.
EasUthius zur Od. f S. 1871, 21 Zukupiog \kivxo% i XSog xorrv
x^v t0tO(flav iv inniffp täv avtcSv Mv^sfimv daCvvu naqa inpß
odovj Xiymv &g *Avti»XiCag odivov<Sfig ytaga ro Ni^qixov itnv i Zevq.
t^v ih VTto uynvlag inet nsöovöav x&iiiv %al xo yiwrfihf ntXffl^iinu
\Mutftfia naqii xo iv rg o8^ vtfai.
Sohol. zur Odyssee^ tf 75 Zulrivog o Xiog iv ty divxiQa ßtßUn
X0V Mv^mmv *IiIxo(^iiiv ^Avtlnkeiav gnjot xipf ^OiviS<sing (^ffttifa iynv^
(wva oiivovöaiMcaifa xo Ni^qixov x^gJ^cl%7fg ofög vffawog nolv xov
Aihg tmo aycovlag nuA <p6ßov %ccxa7tsöov6av xov ^OSwraia aitoxe%uv^
nuA iw xovxo xavxfig xijg ovofiaöiag xv^eiv iitsid^ xcrra x^v odov
iitiv 6 Ztvg. Y$\, das Scholion zu Vers 21. Fast wörtlich so das
Et^m. M. u. *Oiva0H)g und Tzetzes zu Lyc. 786, wo die Parenthese
dvo dh yiyf^ufpM ßißUa von Tzetzes aus iv divxiqf abgeleitet ist.
Photius 147 a 11 vixov Öi g>a0i yivoiitvov i»^ ivxla%ovcav xinv
IMKtiQa Sy%vov ovö€ev %axa xi^if o^ov xsnsiv^ »al xov ^Oivcaia Akt
xovxo ovxmg ovofiac^vui.
6.
Eustathius zur Od. l S. 1697 9 &1 ox$ ih xoiovxog Mifivwv iui
fov naliv ivMtNs^oifühpf ^AvxlXox^y iy Saxof^ ifiXot n$^ ov
fafo^A *A0%krpuai^g MvqUuyogy mg xifvfiiuA io^ivxog Niaxo^
^KxXivnrstf^tff bA x^ vSff ^AvxiXox^ xov AJ^loxa^ idoxo mn^ fivf«
fMva o nwn^i^ ^f^^ vTcu^niaxfjy Xal%mva IK^mtn^ci^y og ifHxi^Äe
HBvd^dilag ftal ßorfimv nvxy avj^Qi&ij vjc *AxdXiiogy n«l to tfco/ur
vjto '£>ULi}vi»y ivsctcoXosfla&fi * ido&tfinnf ds tutl ilXoig x£v ^(fmatv
fiyi}fu)vsff, olov Tyf ^AffXUi nqog xi^g iMfTQog^ mg hxoQettici Jitixo*
^mvü Kcä xm nargoxlm dl V7t* ^AxdXicDg EvdtoQog fiera t^ fi^iv
iv xy vtitvii9txi99iht$ f£i2 nQOiSm x^Üf'^^* avot^f^va» t* ainov wvg
iv x^ ipv^tßol'j vfco IlvqcdiiiiMv y iiQ scod ovrov nf^xov ivutffs&^ai
vm IlttVQonlov hxoi^et TifioXaog Mansimv. ^Avxütaxgog dl ^Atmv-
^tog g»i<St wxl xm'^ETtxoi^ Aiqv(ttt Oqiiyu do^vcr« ^vf^Mv^^ fi^ ov«
tl«tv wCXqv xov jixiUimgj *A«6lXavog xov Svii^ßQolov xovxo ^ffivfiixv'
«09, Tov dh avxo(Aokfict(vxu in ^Oiv^cimg ivui^^ij^i* 'E^i^ios Sk
taxo(fU nuA Uf^eadi^ do^^ai nvi^i^ova Aa^vov Bsvx^Aivy do-
&ivxog x^a^AOv <l>vXi%m x^ mvr^, ^ava^^'d^va» U Tt^fifni^tfiUy S
flcol yiyove, firl mne oiv jyHnaX nuq 'Ofiiq(ft/^ ovxm lvcf«$ xo xov d^
fnxavsAiifdavog iv^Q\ mg xov Aaffiivov ^ iv^ft^i^vxog «v*
xov t^ €m6ßci0i,v.
Photius 147 a 24 tljuxo ml ^AxiM^l fM^jMov x^Avo^m JVbi|fuavj -
fivu Kaf^ni^oyiogy «of Jloropxilfp JSvdo»^. ^Avxbun^og ii qtrfihv
^Amv^iog Aiw^ 9 ^^ 'O^^av ^ifu^itwxu xiiv ^IXwia , nvi^t^m fi"
des Ptolemaeus Chennos. S89
vh&tti**BKtOQog wAq tov (i^ ivikav haiQOV ^Axilllmg. %tA lUfwts^r
eUffOV ii ^fifii Ja^avov yevi^^ai^ yivog S&Malip' %al ^Avttli*-
tov Ttatifog.
. 7. .
Tzetzes zu Lye. IS^ Ikhag 8* o Bv^mtiog iv Biow Aofotg^fiv
gnfii ysv&s^al tov 'H^axlkt lYyavta rov nvQtttvovv (vr^ovoftov die
Hss.) avriiffiKOtay "Hqav ivay%ilOTHa nffog yafiov ßkf. Vgl. Etym.M.
Photius 1476 16 om Neikog o^ffgoKl^ ino ytvißeiBg yn^tsaß^ h»-
leiko, inei i* "Hfv» SönöiP ^ge^ooevov «vr^ avitXwv tov ovimvfiov
fuA itvf^iW90v Ityavttc^ inu^tv 6ttt to^mMXulMUv t^g'^H^ tiv f»-
lifiiov lutißale t^v »A^iv.
• .8.- . ' • ^
Clem. Alex. Protr. p. 31 A ^A^eXXag Sl Iv totg JihpiKoig ivo
qn^l yeyovivia r« IlaXladui, Sfupm d' in^ av^Qiamov dedi^fuov^-
Photius 148 a 29 niQl tov HtdXuitaVf Sri ivo »iU^fiav ^io|i^
dfjg %al 'Odvatfev^.
9.
Suidas ^Aötvav€c0öa ^EXiprig tijg MevsXaov ^Bqinaivu^ tfstg
f^ffwtvi tag iv t^ öwovcif iMttaxXlöBig eSgev^ nal fy^cnf^i m^l «^xi^fta-
ttmf cwovauiatixmv tpf Serre^ov nuQs^iqXmcuv QiXatvlg xal *EXig>avir
tlvfi a[ ta TOiavT« i^OQpfitifuvai iatXyi^iuna.
Photius 149 a 26 m(j)l tov xetfTov ifiawog^ mg Xäßoi iiih «vtov
''HQ(ifca(fa'Aq>ifoiiti^y Solti 8' 'EXhifyxXi^e^B favtov ^'Eli-
vf^g ^iffUTtaiva A^tvavaaCttj iq>iXoi8* avtov ^ «vt^ itaXiv
*A^qoiitfi, Hierzu bemerkt Roulez: ^Astyanassam Heieniae fornulam
M usaei filiaiQ esse fabulantur: Sed quae eins nomine ferimtur earmiiia
ante Alexandri aetatem orta credi vix polest: immo huius nomüals
poStriam uBam unquam eztiüsse non immerito negaveris. Vid« Schdij.
Gesch. dergrieeh. Litt. T.IU p»29.' Diese Notiz, die Roulez wörtlidi
auft SehöU übersetzt hat, enthält lauter UnriehtigkeUen. Astyanassa,
die Dienerin der fielena, kdmmt nur laden aiUgesohriebenen beidefn
Steilen vor und ist eine Erfindung des Ptolemaeus; die * Tochter des
Musaeus' stammt aus der Neuen Gesch. bei Photius 149 & 22 ff 9tff0
^Oiii^Qov^EXivfi ii tov^IXuexov ^vyy^'iffaiUpfi ii6lB(novj Mov^fcitov
tov A^ifivntov ^vyatvnf yfvoiikhnfy und niemand hat das Recht aus
fy(f€nffs ohne weiteres Gedichte herauszulesen.
10.
Eustathius zur Od. X S. 1696, 40 htiov öh oti^OfviQov %al t&v
nXsMvcnf !va rcuida Xeyovtoyif A'qtöafulag x«l ^AxtXXimg «ov Nioictoki-
(uovj Affft/ifgifiog o ^IXavg ivo htoffHf\)v$tfOv tucl N^omtoUpuov. 8v
8B0 R. Hercher : über die GlaubwOrdigkeit der Neaen Geschichte
auT^ btiotffit 9M^l JttvUduy xcH avu^dg td if^poQ ^ aviiXev.€tiftay
%aUt 9uxl tov AxMi« lißlm^axo,
Pholius 148 b 21 9ud mg ^ArüHag %al jätiiiaiuiag ivo iyiviö&vv
nmitg, NmmvoUiiog ««rOvei^- %ai ivanfuta, xav' Syvoiov ini
'Offtmov hß (DmcMt i "Oimiiogy iu^ anipwHfftag twup fka%BSa(uvog.
11-
Ettstathius zar Od. i S. 1496, JA o di yt fiv&og f^nvopa^ioiv non
fjoy^ovia Utßtiv i^ *AqtqoUvgj^ 3r< üg^ fipov Sj&Udsri t^ MsvMkim,
mg «V stwote 9t(fog äXXtiv i im|^ Janvifiöaev^ M'^^'^^v hp^ «vcov %m
%^g gnoviig elnaöiitOy vitoxQivoaivti tify iqmUvtiv.
Photios 149 fr 3 g>aal 3^ H%m ftW ttiv *Elivfiv vo »v^iav ttXni&q-
12-
Athenaeus X S. 414 D ^Hga^Uitog d' iv x^ S^tJUkwi ^Elhnir
Photius 149fr 20 x«i ^ tQitg If^^povg ia^lovöa aead' ^fU^v*Ekivfi
huXmo. Y^L Eost. zur Od. d S. 1493, 23.
13.
Eustathias zar Od. » S. 1658, 49 *AIi^avSqog dh o Ilawtog av&o-
Aoye», üiKoXow %va xmu riyawmv fpvyovta xov ttata Atogutolsftov
xipf xi^ K£q%f^ vrfiw nwxuXußiVv^ %u\ nu^äa^ai inßalsw avtrjv.
xov futvi^a ih ^*B[kiov wtBQacnl^ovxa tijg Ovyaxqig inßMUlv ctvxov, xal
xaS tttJfMnrog ^ivxog dg 'fy» ^piivat ßordvtiVj nal nktj&^vai ccirffv (umlv
ita xov fioUlov i^toi nolsfiop h ^ imav o fif^slg JTfyag, Blva& öi av-
TfD av0og Vmlov falaKX& dta xov'avslovta Xsvxov^Hhw^ ^ui^ iifii-
Xatvav dia w xov Piyavxog (Ulap alfia , ij xal iiii xo xr/y Kl^wqy q)a-
P^^iSgop mj^iiaai.
PhoUus 149fr 39 mal xov naf^^ ^O^^if ^uolvog c% ßoxaifijg, ijv
ix xov atfutxog xov ivaiQB^ivxog iv xy Klgxfig vrfit^ rfyavtog Uyovai
tfiwHitu ri xal xo av^ l^ft Uvxov oxi 6 tfvfifioxcSy xy KlQxy^ xtA at/e-
Iwv xov rfyavxa bISJUog ^* fmlog d' ^ fw^Wj H ovxal ii potavti.
U.
* Sitidas u. nxoXipuxibg. IlxoHe^udog Kv&^og htoitotog. ovtog
fy^«^ Ttiifl ffHdaxiv^fig. iv rovrfB dl qnfi&v Sri ßoxawi i&xl ^avfta-
Cxffv xiva 6vva(uv f%ovtfa.
Photius 150a 24 ^ 6i 'fjHxlaxav^a ßoxavti itnlv AlyvmUtj fitig
VnTtotg nsQumxofiivii vlxtgv nagi^u xal ivdaiftovlav.
15.
TzeUes zu Lye. 67Q hcA otKlvxavifOi tu^fiivxig um Btöö^Alag
des Ptolemfieus .Cbeanus. SM
PhoUus 1506 29 tag ot Kivtavqot q>&iyovTsg ^Hgankia d^ TvQöif-
vlag Itfi^ Su(f^a(^avj d'skx&ivteg vno v^g Z$t^vmv '^ävipwvlag.
16.
Eustathius Prooem. zur Od. S. 1379, 62 g>a6l yiiQ Navv^Qaxr^
Uva^taxoQfiöatj &g aqa Oavraala yvv^ MBfig>hig^ aowlag inoqnjftigi^
Ni%ttQ%iyü dvyattiQy cwta^aca xov xb h^ ^kiddi TtoXeiiov mi r^v
^Oövcaitog TtXavi^Vy ajtiSoxo xag ßißXovg slg xo iuxxa MijiAg>i.v xov
Hqxdaxov advxov. Svd'a xov Ttotfjftriv Ü/&6vxa laßstv naqu xwog xäv
tsQoyQciluficttiaiv avxfy(fagiaj xax€(^£v Cwxa^ac t^v Ihada xmI xi^v
^OdvadEucv.
Photius 151 a 37 oxi (^avxacUc xig Msftguxtg Nituc^ov d'vydxfjQ
Cvvitcc^s TtQo 'Ofii^QOv XOV ^Ihaw}v TCoXefiov koI xijv ^sqI Oövöisstag
dL'qyrfiiv %al äjtoxeta^ttl q>aai xag ßißkovg iv Mi(A(piäif"OfiiiiQOv dh
naQotysvofiBvov xal xa avxly^aq)a laßovxa naqit Öavhov xov £e^o-
y(fttiiL(Miximg övvxa^ai ixdvoig axolov^iDg.
17.
Bekkers Anecd. S; 381, 27 xal Mtovc^ dh o vofiod'krig vno 'lov-
ialciv dicc xo^oXloig i%Biv aXqiOvg iv ro» nd^ati ovtag ixaXBPSO. uXXä
xoiko NCwxQxog 6 xov Afiiiiovlov iv x^ tkqI ^ovdaimv tpXvaQBi.
. Helladias bei Photius Cod. 279 S. 529, 27 oxi g>XvaQBi nccl ovxog
rov Moxr^v clXq>cc kuXbiC^cu, imxt aXtpotg xo ö&iict %ccxa6xiKXog ^v
^al xaXBt xov '^Bvdovg xov OlXmva fi^aqxvQa, Ptolemaeus hatte also
in der Neuen Geschichte durch die Namen des Nicarchus und Philo
für doppeltes Zeugnis gesorgt.
Photius 1516 9 or^ g>XvaQmv ovxog 6 fw^oyQaq)ogj MoMS^g^ g>fi-
ctvy 6 xmv ^EßQatmv vo^o&kr^ iXqw iwxXBixo dia xo aX^povg ixBiv
i9tl xov 6Biu4)t%og.
18.
Helladias bei Phot. 279 S. 531, 31 Zu qytfil^ tov ßaö&Xiag Ko-
^v^ov ri fi^i7P9. yvvii il ^Afig>lovogy noXoßaniqtp öTUi^ovöa rc» ixi^vt
nodly Außiu htaXuxo^
Photius 1516 25 %al ii Kvi^f&M> 61 ^i^Vft^q xi^Xii ovaa Aaßöa
i%Xii^ V7C0 xw nv^ihv. Vgl. oben S. 284.
19.
Eustathius zur Od. A S. 1696, 52 7"^^% ii icxoQBt übv^bciXbI^v
ivBXuy Tov ^A%ilXia^ ulxvfiufiiv^g dk &isi6og xov Jlu, avac:ti^ut av-
xoff xal uvxovbXhv iKBlvijv. "Aqbo äi ncnsBQa llBv^BßfMag öütipf Xa-'
XBtv QhiSi. x^itijv Sk yBv6(Uyov UoCB^ömva wxxcchqivch 'i^^^i^v« . Ver-
mutlich TiXfig oder TiXXig.
Photius 1516 29 &g A%iXXByg im ÜBv^BCiXUag uvcctQB^Bigy dei;-
^Bl(jf^ avxov xfjg fAfjxQog Skidog^ avfißtoi xal ivBXmv IIbv^'&SiXbUxv
tlg/'AiJiov ndXiv vTtoöxQitpBi,
Jahrb.* r. clMl. Philol. Sappl, N. P. Bd. I IIA. d! 21
S98 R. Hercher: über ^e €ll&itbwürdiig^keit ^r Neuen Geschichte
20.
Eusl^thius zur Od. X S. 1696, 48 UwffTQuro^ 81 hroQu'AX^ecv-
9(^v ^AfVoXXmvog i^tofiti/ov Hai (ux&r^^v Tö^iag, v(p^ ov rojoi; iXs-
g>dwivov 6%6vTec ro^svücn 'AxtXXiec xcrra yotor^og,
Photius 151 6 34 mg '^EXsvog 6 ngidfiov AnoXXmvog iQcifisvog yi"
votxo xul iXaßs Ttag* avTOv zo^pv iXetpdvTtvoVy m ^A%iXXia xo^tvCBiB
Kccca Tflg %si^g.
UietM bemerkt Roulez S. 125: * vix dubium videtur quin alterutra
narratio ad aiterius imilatiortem efficta sit, quartivis üliquis sine lemeri-
tatis suspicione coniicere possit Alexandri mentionetn Eustathli errori
deberi/ Dasz Eustathluö Notiz aus der Neuen Geschichte stammt, zei-
gen die Excerpte aus demselben Werke , von denen bei ihm jene Notiz
umgeben ist. ^AXi^avÖQog ist also ein Versehen des Eustalhius oder des
Excerptors der Neuen Geschichte, dessen Auszüge jener benutzte.
21.
Eustathius zur II. « S. 748, 50 &Btov Sa Sita TiuXsT fivO'^xca^, ov o
^AxtXXsvg Keifn^Xtov bI%s, dmQOv ovrcc Ntigicog ix rov navQixov ycc^iovj
mg av, iav i^ ccvvov nataTtivvoL jj^cofta, rjövratov avro Ttoiij xal rov
iv (uytctctig pvxa Ivnaig TceCd'ri (payeiv oyvoa kc(1 iv 06v(S<SÜ(f ij
'EXivri g)dcQ^LaMv ti sxovda »al ^dayoiiaa reo KQotiJQi aXvTtovg iicola
Tovg Ttlvovtccg. Kccl xov aXa yovv xov I^riQipg xovxov ^üav titva Bx^hv
ävvafnv ^V'd'Qg tpri^iv iitl xolg io^toyCiv.
Photius 152a 22 &g ütiXat iitl reo ^c^f&co g>a0l 6(OQYi(Sa(S&ui''H<päi^
Cxov (ABV [idxuiQav . . . JStiqia ob xotfg d'Biovg üXccg 7tuXov(iivovg iv
%oixt.dr xovxovg äi dvvaiiiv b^b^v ufirixccvov %Qog%oXvfpayLav wu o^-
^iv 9ial 7(i'il)iVy i| ov XvBXttl aoi xal xo.nieaB ä aXbg ^lou>,
22.
Tzetzes zu Lyc. 178 ^Ayecin^üTmQ 8b o OagaccXiog 'ni}ift^oov vcgi-
'XBQOv XiyBi^AxtXÜa KtxXrjö^at iv xm x^g &Bi:t8og^E7ti9'aXctiilm, slxa
xoiovxavQOJCmg ^xov*Ax^Xkiec nkri&^Mj a'g xi Sfevj xiyvxov caip&g Sti-
Xmbu'
ücciSvm 8 ovvoficc &iJ7iB üvQCüiSaov ^ aXX ^^iJUgwr
ntjXsvg KUXrjaKBVj i^slXBog bivbxu [iiv
%Bi^Bvov bIvI mvBi t^oit'^ iitl icvq MUfUi^B
XBlXBog ald'Ofiivov a7tQog)dix(og bxbqov.
Das Epigramm ist neuerlich behandelt von Schneidewin im Philol. I
8. 155 ff. und Von G. Hermann ebend. V S. 742 f.
Photius 152 & 29 (Sg ^Ax^XX^vg 8iä (ihv to i« itv^g avxov tfoi^^di
%a6fABvov vno xifg (trjrQOg nvQt<t6oog iaaXsTxo^ Stoxi dh^V vwv xBtXimv
avxov HtttttKocv^Btti, ^AxiXBvg vTto xov itoetQog (ovo(icc<s^*
23.
Suidas u. AtiSmitog. At(S(onog ]^i&0i8ccxov uvavvcSiSxrig fy'Qa'^^e
jtBql^EXivrigf iv & fprfil Iläva Ix^vv KäUtC^ai %rp68riy'iv t&oxy di
des Ptolemaeus Chennus. 293
TOP aüxegittiv U^9v Bv^taxeö^cn, og imo reo riUff ivaTCX&cur noiei Si
ngog (plXxQa. lyga^^ xul Mi^qidaxov iyxoifuov,
Photias 1536 22 nävd fpuciv Ix&vv elvat &aXdcaiov »fpnodtj,
Ofiotov t^ Uccvl Kcncc t^ otf;iv* iv zovxm Xl&ov ^glaaead^ai xov
aoxs^xfjyy ov ilg t^Xiov xi&ivxa ivinxtaÖ'ai^ nomv 61 xal n^
q>llx(fov,
24,
Tzelzes Chil. VIII 195:
'O n^ait^xiltig ki&ov^Hv vJtfjQxev ivöqtccvxagj
ovnsQ TtoXlic iihv SxBQUy *kv 6e x€ov ^iüwv^movj
xo iv x^ Kvlötp ayaXfAa^ yvi^vri fi ^Ag>Qoölxri
Xl&fp Xiv%^ ßaadiKfpi xtS Kai IltvxBlrfil^'
f^iSiUQ nolioi umI ifiLiiavmg i^aa^rficeu av^Qmitfovy
%al Mccxaoeifg IlBQlv^wgj og ifiiAocvatxm tkoOgo
^mgav id'iXmv xov vaov x^ fi^ xov jtad'ovg Xriysi^v^
x«'^' VTtvovg iptovösv avx^ XsyoviSi^g tec ^Ofn^^v
aov vi^i^öig Tgoaug tucI iüiit^(ii6ag ^Ayjxiovg
xoti^6^ aiKpl yvvainl noXvv %q6vov aXyea 7ia^%siv.)^
*IiS%a6a xiiv Kvtilav il noqvrpß 1% xctvxr^ i6%e.
xovxo öi TtQog xt^v TiqxvXXay o UxoXsfiatog yQ€cg>€i^
ä nov xov 'Hg)aiöxi(ova yivioCKSig IIxoXsiuuov.
Rudolsiadt. Rudolf Hercher.
Lectiones Lysiacae.
Scripsit
Carolus Scheibe.
Jahrb. f. eUts. Philol. Suppl. N. F. ßd. I Hft. 4. ^1
6.
Leptiones Lysiacae.
Ex insUtulo editionumTeubnerianarum omnibus qui velere8scrtplo-
res in lacem emiUunt ea lex scripta est, ut non tarn quibus ducli ralio-
nibus verba vulgo recepta mutaverint, transposuerint , exlurbaverinl,
copiosius subtiliusqae explicenl, quam quid scripsednt et ex quo quid-
que fönte hauserint suminalim indicent. Eadem ego rcticentiae sive
mavis conlinenliae lege lenebar, cum bis illo B. G. Teubneri consilio
recognoscebam Lysiae oraliones. Ne tamen leviter in ea re aul temere
versatus esse viderer, iam priori edilioni anno 1852 vulgatae tamquam
pedisecum submittere piacuit Emendationum Ly siacarum fasci-
culum (Slrelitiae novae 1852), quo mutationum a me faqtarum parti-
culam aliquam seleclam proponerem earumque accuratius referrem ra-
tiones. IlUc autem id egi , ut codicis Palatini sive Heidelbergensis X
vestigia religiosius etiam, quam adhuc factum esset, insistenda ex eis-
que quamvis obscuralis vei obrulis universam Lysiae emendalionem
repetendam esse exempiis demonstrarem. Ex hoc enim codice ceteros
quotquot exstant librosnnscr. quasi e communi fönte lluxisse inter omnea
hodie constat, qul quidem Hermanni Sauppii, amici doclissimi, episto-
Iam crilicam ad Godofredum Hermannum cognilam habent* Alteram
vero Ly«iae editionem parans nihil anliquius habui quam ut circumspi-
cerem qui quanta maxima posset fide ac diligentia incorruploque iu-
diclo denuo excuterel eundem codicem ac pervestigaret, quem non
modo exhauserat Immanuel Bekkerus, sed ne rede quidem ubique
legerat. Cui negotio quem magis idoneum nanciscerer quam Ludovi-
cum Kayserum, virum et ad quaevis ofßcia pro amicis obeunda promp-
tissimum et in libris manuscriptis perscrutandis versatissimum et Ly-
siacae dictionis tam gnarum quam qui maxime, eundemque versantem
In ipsa codicis sede, ut mihi de scriptura aliqua dubilanti incertoque
statim ipso codice inspecto succurrere posse videretur? Rogatus ille
non moratus est quin susciperet hoc munus, susceptumque celeriter
circumspecteque exegit, quin etiam quod aliis molestum accidisset one-
rosumque, id summae sibi oblectationi esse affirmavil: nimirum tantum
est in hoc viro ac tam candidum lilterarum amicorumque Studium.
Heidelbergensis libri agnito semel principatu cum iam antea summa
ope in eo elaborari oportere intellectum est, ut huius codicis auctori-
tas, ubicumque per miseram eins condicionem fieri posset, in integrum
restitueretur , expellerentur autem quae permulta invecta essent cor-
rectoris Laurentiani commenta: tum Kayseri demum collatione luculen-
21*
298 C. Scheibe: lectiones Lysiacae.
ter edocti sumus quot quanlique «rrores ab omnibus sint interpretibus
inscientibus quidem alque innoxiis propagaü, eoque exemplo denuo
comprobatum illud, conquiescere arlem criticam numquam posse, prae-
sertim in scriplore lurpUer corruplo , inlerpolalo , muUlato. Huius ego
auclorilatem codicis non singulari virlule sua bonilaleque praestantis
illius quidem, sed unius tarnen omnium fide dignissimi adeo secutus
sum, ut 81 quae vilia in eo reperla essent manifesla, ex eis studerem
veram ac genuinam eruere scripturam , in minutiis aulem orthograqjii-
eis quae vocantur ab eo descisceie religioni ducerem. In posteriore
igitur edilione quoniam tarn muUa vel ad codicis exemplum vel e mea
aliorumve conieetura novavi , operae prelium , immo necessariam esse
afbitratus sum huic quoque quasi quoddam supplementum subiungere
eius modi, quäle fuit illud, quod in Emendationum Lysiacarum fasciculo
ad priorem editionem exhibui, neque alienum fore putavi, si e scriptione
illa scholasttca hoc loco repelissem quae etiam nunc mihi probanda
esse viderentur, ita tarnen -ut alia mutarem, alia tiddilamenlis quibus-
dam augerem. Ad quem libellum cum saepissime provocaverim in
editionis meae praefatione, eiusdcm paginas in margine huius commen-
tationis notare constitui.
Sed prittsquam ad singulos locos examinandos perquirendosque
transeo, de illis quas dixi minutiis, de quibus ante codicem nostrum
accuralius exploratum nihil certi constabat, pauca praemonenda viden-
lur : neque vereor ne quis me minutae et acriculae diligenliae incusel,
si res viliorcs quidem, sed critico, ut opinor, non quantivis aestiman-
das in uno quasi conspectu positas infra exprompsero, praesertim cum
eae in editione ipsa suis quaeque locis dispersae legantur. De his
. enim iniquius senlire puto Guil. Dindorfium in novissima editione De-
mosthenis Teubneriana p. LXIII sq.
Atque elisionem quidem vocalium e nostra collalione planum
factum est in vocibus polissimum cStfre, di, iXXa saepius non admilti:
in Sets or. 10 S 13 et 14, or. J13 $ 37, or. 19 S 4. 16. 44. 61, or. 25
S 16, or. 30 § 18: in di or. 3 S 6, or. 4 S 7 et 8, or. 7 $ 7, or. 12 $ 61,
ubi vox pone di requiescit, et S 75, or. 19 $ 3 et 47, or. 20 $ 8, or. 22
$20, or. 25 S 18. 29 (utrobique ante iudicum allocutionem). 30: tum
in aXXa or. 20 S 35, or. 26 S 6, or. 30 S 26. Nee magts in aliis voca-
buiis vocales fide codicis nostri innixi elidendas putavimus, ut or. 3
S 19 ndytote ivsnaXsiSBVj or. 12 $ 69 ravta a (tavta sine S habet
Pal.) pro vulgato rorüd' S, or. 19 (quae omnium maxime hiatibas re-
ferta est) $ 48 ulfAffficc avii^ or. 26 S 7 doxtficciS^ivTa avtov {SoTtiö^ivta
avvov Pal.) , or. 29 S 9 vfiitBQa avrcov. Habet tarnen elisionem Palati-
nus Kayseri duobus dumtaxat locis, in quibus libri ad hoc tempus
editi hiatum tenebant, or. 1 $ 19 tot,' ijSfi et or. 20 $ 14 tmv d' el-
fcowmv»
Atque etiam in litteris finalibus vel addendis vel detrahen-
dis codici obtemperandum existimavi , ut in ovrcag ante consonam po-
r.lS^S ovtmg Ttif^ or. 3 S 43 ovtatg xal vfistg pro ovvmg vjABig,
* 19 ovv€9g toX(iii^£y br. 10 S 13 ovTfng 6Vy or. 12 $ 70 ovtiog
C. Scheibe : lectlones Lysiacae. 299
<ovv; h. e. oSt&g Pal.) äi^ or. 25 S 10 avtwg yi^ % 14 otrrflog '^Evio-
l^ivovgy S 23 ovtmg dtaxBifJiivovg, S 27 ovriog d friere, $ 31 ovtfog
(adlmg, or. 27 S 13 ovxmg neld'Biv, or. ^ S 7 ovro)^ ^^cr^, S 8 ovroag rs-
Xivti^iSagj or. 30 S 33 ovrag ticcI v(iäg. V. Schaeferus ad Demosth.
p. 13, 21 , JFrotscherus ad Xen. Hier, p: 9, Weberus ad Arislocr. S 34
p. 193- Cadit hoc etiam in vv ig>BXüv<srtx6v , quod in fine enuntiato-
rum antehac additum secundum codicem nostrum delevi or. 12 S 42
SitQatte, %al rovrmv iiuQvvQccg vfAtv na^i^onaij ubl scribebatur Sn^aT-
xBVy eiusdem or. S 67 exlr. aTrooÄarc. niicSnevog^ vu%o «ntiXeaev^ or.
13 S 82 Ttccrha^s. [ifjtSy vulgo xarrra|£v, or. 14 S 22 noti^dovat. ^av-
fia^my ubi scribebatur TtotfjöovCiv ^ or. 31 S 5 extr. tmv äya^mv (le-
xi%ov(Si* %al yccQ^ vulgo iieti%ov<siv. Ante leniorem quoque inlerductum
vv i(psXK. ad libri principis fidem expunxi in or. 2 S 45 S^ovCt^ nsQi^
ubl vulgo edebatur ^ovtffv, or. 12 S 38 sl^ia[iivov i<frlj nQog^ ubi vulg^o
erat icvtv. Quin eliam e continuis verbis, in quae irrepserat littera
illa adducta, nunc Reihum eam auctoritale Palatini exterminavimus in
or. 10 § 24 iXstjaBts Jtovvaiov pro iXsiqaeisvj or. 12 S 27 irvyxocvs nal
pro itvy%ctvBV. Quod contra semel e codice addidi litleram ante vir-
gulam %axuTCBVy n&ttqa. V. Bekkeri anecd. III p. 1400, Maetznerus
ad Lycurgi $ 76 (p.210), Frankius ad Aeschinis Tim. $ 15, Weberus
ad Aristocr. p. 146. 446 et quae observavil Voemelius in progr. Fran-
cofurtano a. 1853 de v et g adductis littcris p. 10, cuius senis erudi-
tissimi suavissimique cum voluptate semper recolo memoriam. Quid
quod papyri etiam Hyperidei nihil invitrs codicibus hoc in genere
temptandum esse testantur? V. Schneidewini scholia p. 68 ad p. 24,
17, qui praelerea aifert p. 22 , 20 ina^ev to naidtov : ex addendis et
corrigendis adde p. 9, 14 incoid^ovciv xor/, p. 10^ 1 htoirjftSBv TtSQiy
p. 25, 18 iXafißavBv yvvaixa, p. 30, 12 iaxtv rotg, Denique littera pa-
ragogica vv in to6o%kov vel roiovtov ante vocalem deest in codice
nostro or. 3 S 34 Big roöoiko ifia^lag et or. 7 S 27 ovts voiovto ovrc
&XXo ovSiv, comparet autem ante consonam or. 6 S 9 Big vo<fovxov dh
roXiitig et S 33 Big roiSoikov di avausxwrlag^ omissa eadem ante con-
sonam or. 14 § 2 Big xocovto %a%Ccig, Sic igitur scripsi : neqiie enim
sententiae accedo Elmsiei ad Soph. Oed. R. 734 et ad Eur. Med. 252,
qui formas xwsovxo et xotovxo a veteribus Atticis alienas esse iudicavit.
V. Buttmanni gr. Gr. II p. 414, Maetznerus ad Lyc. p. 90, Voemelius
I. d. p. 8.') Sed haec hactenus. lam transeo ad singulos locos copio-
1) Sed continentur in Pal. etiam vitia aperta, quae quidem ad ortho*
graphiam perliaeot, qualia suDt Icog (v. Cobeti var. leclt. p. 393 s^q.)?
noXCxtaj Xvaai. in infinitivo Itemque %axaXvaiu et (£ipaty fi,ovvvxiaciv,
noXoaxov alia. V. praef. ed. meae p. V. De pronomine reflexivo ayxov,
avxav tenendum, id spiritu aspero adiecto nusqnam inveniri nisi bis septem
locU or. 3 S 20. 36, or. 8 S 19, or. 24 $ 16, or. 25 $ 9, or. 28 S 16,
or. 80 S 2. Ex qua fe perspicimr ia Lysiae orationibus emendandis noa
solida quadam aacloriiate niti alterius utrius formae opiionem , »ed utra
uiri praeferatar vel e cecUs lioguae praeceptis peadere, vel interdum etiam
in solo positum esse criticorum ladicio.
SOO C. Scheibe : lecliones Lysiacae.
Bius perlractandos, atque inilio quidem de verbis disputabo, in quibiis
cum nulluni depravationis indicium habeat codex Palatinus, de mendo
De suspitio quidem orla est Sunt haec :
oraiianis 26 conira Ewtndrum
S S %al vvvl cnnov axovoiiiv inig xmv avtov TtattiyoQOviiivmv 8ut *)
ßQa%i<»v oTtokoyilfiea^at j ini<fvQOvta xa nqiyiuna x«l ii«%kiniovza
x\l anoXoytf xt^v »axfiyoQlavy Xi^nv de mg noXXi bIq xriv noXiv avxf-
Xiixaai, tuxI ^iXoir/fio»^ X9Xeixi}V(fyi^ai> xtf. His praedieit orator et
qua ratione sui defendendi et quibus argumentis usurus sit reus : stric-
tim eum ac desullorie de ipsis criminationibus responsurum , ea autem
in medium allalurum quae minus ad ipsam rem perüneant, sumptus in
munera publica impensos et modestiam tota vila ezhibiiam. Patet igi-
tur non modo illud anoXoyiqöea^ai verbo Xi^siv^ sed etiam enuntlatum
alterum alteri respondere. Quod perspiciens Bekkerus in enunliatione
priore requirit vniQ ^h, At dixerit quispiam : fUv coniunctlone non
minus hie supersedere possumus quam in multis aliis .exemplis quae
congesserunt Elmsleius ad Eur. Med. 940, Schoemannus ad Isaeum
p. 202 et 343, Sintenis ad Flui. Per. 4 p. 73, Doberenzius observatt.
Demosth. p. 14 sqq., Maetznerus ad Antiph. p« 171, Weberus ad
Aristocr. p. 147. Verum tamen eorum qui ab his viris doctis affer un-
tur locorum non plane eadem est alque huius nostri ratio. Iliic enim
aingula oralionis membra sibi opposita per se constant, hie tarn arto
inter se continentur vinculo, ut ex eodem ambo suspensa sint audiendl
verbo. Sed fuerit levius hoc argumentum, certe, si quid video, plura-
lis numerus dxovofiev ferri nequit. Ad quemnam enim referendum
eum existimamus? Num forte eo una oratorem et senatores compre-
hendi censemus? At probabile non est senatores ad unum omnes
auditione accepisse quo modo Euander se defensurus esset et quas
causas pro se prolaturus , ut eorum qui audiebant animos ab accusa-
tione averterety ueque audiverintne senatores scire potuit is qui verba
fecit, neque opus erat hoc dicere scientibus : saltem tum convenientius
erat foficv quam aKovofUv, Relinquitur ut aKOvo^iv ad solum orato-
rem referamus. Sed hie usus apud Latinos pervulgatus ut apud poe-
tas Graecos, Euripidem potissimum, haud infrequens est, ila rarus apud
Xenophontem (v. Kruegerus ad Anab. I 7, 7, G. A. Sauppius ad Comm.
I 2, 46), rarior etiam apud oratores, siquidem Isbcratem excipias. At
enim apud ipsum Lysiam or. 7 S 5 qui verba facil el yctQ fii], inquit,
öl fn^dg bIöiv riq>avt(S(iivai^ ovdkv n(fo<SiqK€t juqI xmv uXXoxqIcdv a^Lag-
xfiiittx<»v tig adiMOvvxag mvdvvevBiv. Hoc ioco videtur ilie quidem de
se solo loqui, sed videtur dumtaxat. Etenim universe loquitur, ne<tue
se neque alium quemquaip audientium pro alienis delictis petendum
2) Sic e cei'ta Baiteri coniectura iam in proeedoM edidl pro eo quod
in Pal. legtiur vnkg &v avzhv (non orvtrov, nt e Bekkeri silentio colligas)
^qovykiv iv did et quod Laur. habet vnhff av txvtov naxrifoifovfuv
Bekkerus et daumviri Turicenses scripserant vnhff Av 9tvxov na^
IBV^ did, .
C# Saheibe; lecitiode« Lysia^e. Sftt.
I{ esse dicensi nUi per se alitrmve sublatae eint oleae» Quod ita esse
I apparet e plurali numero '^qxxvUfniuai ad pvqtai. relat6^ Soilicet ora«
tor accusalus erat non quod plures^ a^d quod unam eseidissel oleam
aaeram. Contra in ot« 4 S 7 et 10 et 15 prima nuniieri pluralis perstona
dubUare non licet quin vices primae singularis sustineat, eiusdetn vero
or. $ 4 ambig^üm certe est pronomina ^\iaXq et i^/unw passilitiie ad
oratorem pariter atque ad Philinum et Diodem spectare^ OmniBo autem
tenendum orationis quartae causam valde perplexam et dbsoutam esse,
ut taceam eato a Falkio haud temere ab Lysia abiudicaiam« läm vero
cum Lysiam fere abstinuisse ab hoe usu eonstat, tum :cei!tum est in-
dubitatumque ubique eum prima singularis persona ull ih praemu*
nitioiüe sive oceupatione, qua quae adversarium oppositurum esse au-
divit diluere et elevare studet, et aaeovio quidem est in nostrae oräti
S 16, on 10 S dO, or. 13.S 55. 11. 85, or. 31 $ 27^ nw^ivo^i^ in or. 6
i 37, or. 13 S 889 or. 30 S 17. Cf. Anaximenfs ars rhet. e. 18 p^ 44
edk Sp. ra di VTto vmv avTaymvtOTÄv ifdöo^a Xkyt^Qm jtaXivm^iä
n(fO»€naXa(ißdvHv imodel^m' Haong'iovv odvQßüai mvxov niplavj i^g
ovN iym aXÜ 6 tovtov tgittog visaitiog forcr«* ncd naliv niivd'i-^
vQ^ai amov to Hai vo (liHetv kiyetv. Ex quo effieitur oratorem ndn
scripsisse «xovofMi/, sed a%oim (itivf qua etnendatione lucramur
iliam ipsam particulam (ih^ quam si quis non suo ioco posilam esse
arbitretur, cum ilia sedem sibi suam post vtcsq rmv vel post infiniti«
vum unoXoytiasiS&ut requirere videatur, conferat is nosträ in observatti
in oratores Atticos p. 22 et in Vindiciis Lys. p. 30 et quae süppedit^'^
Vit Maetznerus ad Lycur^um p. 270. ^) Est autem ea noslrl loci nalura^
ut in altero membro quod sequi debebat aTboiä) ie ki^tv pro Veloci-
tate co^itandi Graecorum propria oontraolius et brevius diöatur k^ein
iL Sunt igitur inooncinnae huius mddi transpositiones , si sola verba
speetantur, sin sententia, non sunt.
In eiusdem orationis S 6 extr. restitui iam iii pridre editione diiia-
0V^^M>v di na^ tovg voftovg advvatov nkfjQm&tjvai, elfTtkfiQiö&^at qui-
dem ex iibris cum Sauppio Baiteroque pro %XriQ<ä^vWj quod Marklando
obsecutus suscepit Bekkerus. V« Dem. or. 21 in Mid. $ 209 iiHaatiJQtov
TsatkfiQtBfiivovj or. 24 in Timocr. § 92 diicatftfJQUC Jtkijgovte^ or. 25 in
Aristo^. A S 20 tor diTiaiSrriqia nktiqovc&aiy ubi ab ReiskiO item 9tXfi-
Qova^cti praeferente recte dissensit Schaeferus, Isaei or. 6 de Philoct.
her. S 37 xa dMaCnqqia iitXriQtii&ri y ubi Bekkerus inXrjQti&rij sed
v^ Sehoemannus, qui eum quoque de quo quaeritur Lysiae locüm itt
censum vocans Marklandi coniecturam refellit« üivvarov autem auc-
tore Tayloro dedi pro dvvcnov, quod sententiae conlrarium legilur in
3) In hoc genere dici vix potest quam saepe erratnm sit, reluii in Isael
or. 1 J 34 vnigo scribitur tag pL^v 9ia9"i^%ag pro eo quod ex optimis Ubris
recipjendnm erat xceg diad'ipucg ft^iv, et in or. 2 § 26 xal ov% ctliS%vvBzat
«v«^ yikvxov voykov %qv ««9I T^g noirietmg noitov nvffiav, x^ 9\ xbv
«^09 tayxov (lytcoi; anvifov not-^aat neglexerunt omnesr quod est in Ilbrir
AB alaxvvsxcu. i^hv avx^ xov voftov.
302 C. Seheibe: leeüones Lysiacae.
X : oi dwatov correxit Ubrarias Laarentianus, cuius inventmn proba-
verunt cum Bekkero Turicenses critici. ^)
Tarn S 10 nuper reposui fl fiii/ ßovlivomv i^vl i8(nU(iuiinQ ex
auctoritate cod. X, in quo pone lUv deest particula Stf^ quam addide-
rant edilores post Reiskium omnes fallaci codicis C testimonio in frau-
dem inducti. Particula enim , ubi a sententia communi ad rem propo-
gitam transgreditur orator, etsi usurpatqr alibi, non tarnen desideratur.
Male eadem in alia causa nescio quo consilio casuve intrusa est in
or* 12 S 35 Tovrovg ih öii -^ av% aqtt %^ aitovg — xohiiea^at; ubi
di{ nunc delevi propler omnium Ubrorum consensum. Saepius etiam in-
vtto libro Pal. övv invexerunt vel librarii vel interpretes paxime post
fi^, veluti or. 2 S 64 %a^* fxotffov /»^ ovv ov f^itov, or. 9 § 2 ov&
Itkv ovv oim ifnov 9Unaq>ifoyi^€tvtsgf or, 15 S 62 sl (liv ovv ov noXlol
iaavj ubi ovv a sentenlia k>CL abhorret, or. 14 S 3 ;w^l (iiv ovv rmv
ulXtov^A^e^QaxUfig [xavmg nunvifyoqvflB, or. 17 S 10 ort ^v ovv^ m
Svö^ig dtxainttl^ ov netQu xo iinatov a|uS fkoi ijniwüraa^at to SueSt^
maa^Mt. Omnibus bis locis nunc libro nostro duce wv resecui. Duum-
viri autem Turicenses quod in Lysiae oralionibus neglexerunt, non
idem commiserunt in Isocrateis : cautiore enim iudicio omnibus eis
locis, quos enumerat Benselerus ad Isoer. Euagorae S 80 p. 100, se-
cundum cod. Urbinatem ovi/ ex ordine verborum eiecerunt. Nimiruoi
in transeundi formula non magis opus est particula conclusiva quam
in concludendis per pronomina vel adverbia demonstrativa argumentis.
V. quae Carolus Sintenis vir amicissimus bene observavit ad Plut Per.
p. 181 sq. » , f
Eittsdem orät. $ 13 cum Pal. habeat a^ ovv clteif^s avtovg %«>U-
9t£g 6ta%6id^i xal v(Mcg avtmv ahlovg fiyt^aaü^Mj suspicatus est
Paulus Ricardus Muellerus Philol. IX p. 556 scripsisse Lysiam aQ ov»
Sv cXsiS&i — dioKBUfd'M xal — riyffiaa^w^ quam suspitionem pro-
babilem mihi videri in calce detiium editibnis meae indicavi. Quae
autem excipiunt verba otav yhmvtai iv ixdvotg xoig lu^ovotg , iv olg
4) Alibi quoque littera A hausta est inseqaenti A, inprimis in voca-
bulo ilubuiog, velmi or. 9 S 16, ubi e Marklandi coniectura scripsi ndvxa
ve^l ilmovog noiovvttu tov adi%ov pro xöv 9i%aCov hoc sensu : 'omnia
posthabent ioiuriae, 1. e. niliil antiquius haben! quam ut iniuriam exerceant.'
SchottuB xo dCattioVy Emperius xä dUaia, denique xov Si%(UOvv cum Bo-
braeo editores Turic. coli. Hesychio v. dmaimaaij Suida T. dtxaiotifteyos,
Wesselingio ad Herod. V 02. Tale Vitium commissnm est etiam or. 12
^ 57 TwUxQi xovxo n&ct drjlov ijy, Sxi bC (iiv hiBivoi 9iiuU»g itpevyovy
v(i>Btg adCutog, bI 9* vfiBig adCutog^ ot XQidnovxa 9i%aCmgj quae commu-
nis omnium Ubrorum scriptura, ut putida xavxoXoyCa evitaretur efficeretnr-
que argumentum quod hie requiritur ex contrario, a Sluitero in Lectt. An-
doc. p. 251 (p. 163 ed. Schiller.) reflcta^ est hoc modo : bI [liv hstvot
ä9{%(ag i^Bvyov^ vfiBig duMtCtog^ ai 9* v(tBiig ddC%(og, ol x^iwMvzu di-
ncUmg: quodsi priorem scripturam servare volueris, per me licet emendea
si [thv hiBivoi SiTUcCmg itpsvyov^ vfiaig ädUmg, sl a vfjksig Sinaiagy ot
tQid%ovxa ddCiMSig emendationemque hano meam iam in ed. priore proiatam
secutus est Westerman^us. Utramcumque probaveris rationem, sententia ea>
dem manebit.
C. Sc&eibet lecUones Lysiacae. 80S
wtävitolXol dg vo deffiMomi^iov in^otfvo futl &*ifitoi ifco twsmv
amilkuwo %al ^yuv rffv iSg>etiQav ttitmv fivayitaiavto; idoneo
oarent intellectu. Haec si eo qui solus ezcogitari potest modo inter-
pretamur: ^quancLo in ilia tempora ^elabuhtur', sumimus aliquid et
extorqttemus quod minime verbis illis continetur. lila enim sententia
ut efficiatur scribendum est, ut nunc quidem opinor, aut orav av
yivavxai iv ixetvotg xotg %qovoig y aut xal viiäg tmv avrcSIv al-
tiovg '^yi^aü^ai ofSa yiyivfita$ iv ixslvotg xoig x^ovoig: ^cives
yos putabunt earundem calamitatum auctores, quae acciderunt illis
temporibus, quibus' et q. s. Marklandus quidem coniecit nivtwir al-
%lovg iiyfi&sa^ai oiSa iyivovto^ Kayserus näwcnv akCovg ijyi^sc&w
wSa yvyivTfiah^ in quibus coniecturis comparationis cum tempo-
rum illorum indignitate institütae desideratur sig^nifieatio. Quae causa
fuit cur in ed. mea mallem vfiäg ceitmv althvg i^y. otctv t€tvta ytinav-
tat (vel yhfffcaC) inilvotg rotg XQOvoig.
Paulo post xoxavo TCi^ev^fi/rfiäaiv vulgaris est scriptura pro
»aKitvoi yti^Bv&vfiTfi'maiVy quod cum habeat Pal. nunc recepi: redit
enim orator a multis civium, qui crudelitatem XXXvirorum ezperti
erant (non ab orphanis, quemadmodum in annotattone ad h. 1. scripsi)
ad omnes cives (S 12 tb aXXo TtX'^og tmv noXitmv)^ ad quos refe-
runtur singulae enuntialiones condicionales orov tSc^mvtat — nal
ytifog xovvoig tdmatv. Neque minore iure mihi videor in eis quae in-
stant verbis oti b avtbg oixog avfuf Sqaavßovlog cSxiog ytyivrjitai
AB<iiiia^utvxa (habet Aaodcifucvxa X Kaysero teste, ut $ 14) xa ano-
öoütiiaöd'iivat xal xovxov doxifucö^vai Kayserum auctorem secutus
nomen SQaCvßovXog seclusisse , quippe ab interprete male sedulo ad
avtbg ovtog aviiQ appictum.
Eadem S secuntur haec: vnlQ tovtov dh anoXoytiiSaa^at 9ra-31
^(SKevaaa(isvo$y og m<og nqhg ri}v TtbXiv diaxetö^a^ xttl noiSwv
attiog aity %a%mv ysyivfpiai — ij net^o^voi nmg av oü<s^b dta-*
ßXrfit^ck. Ita codd. praeter Laur. C, in quo öUxbvco exstat, quod
quamvis infinitivo dissimilius tarnen recepit Bekkerus ac ne Turi-
censes quidem critici aspernati sunt. At non solum litterarum simi-
litttdo *>, sed etiam sententiae quamvis lacuna interruptae conforma-
tio me movit ut probarem Scaligeri emendalionem diaxtitau
Orator enim Thrasybulo CoUytensi (non Stiriensi : v. Sieversii hist.
Gr. a fine belli Pel. p. 106. Hoelscherus de Lysia p. 108 sq.) , qui
effecerat ut Leodamas archon creatus in examine instituto reproba-
retur, Euand^r autem examen probaret senatui ^), fidem derogaturus
^ ö) Syllabne o^ai ti xai permixtae sunt etiam in or. 32 J 21 slg dh to
pkv^fiM rov naxQOs^ovn avalaüccg nivts «al etttoci (i^väg i% nevtatuax^-
X^av d^axiMOVy ro iihv ^fiurv avtoSv xC^ci tovxoig XeXoyia&aii
quae cum iam ab Reiskio, Dobraeo, Emperio eertatim sie emendata essent
to (ikv fifiiüv ttit^ t^&fi^i, ro $h tovtoig XeXoyictaif naperrime eaadem
denno in medinm protulit coniecturam Cobetns in orat. de arte interpr.
p. 163. 6) Euander archon eponymus sorte creatua est, non rex sacro-
mm: ?. Schbemannus de com. Athen, p. 325. ^eierus Proc. Ati. p. 207
S04 C. Seheibe t lecüoiies Lyslacae.
Slnon dicit .quam' mala et iniqua voluntäte superiöre fempöife fuerit in
rem pubUcam affectos nee dicere potent — Ulsan enim nequitiam
igte nondum exuit — , sed quam infesto in rem publicam anlmo ait
etiam nmic. Sceiera SS 23 ä 24 iiuic homini ejq^robrata superiöre
quidem tempore conunissa sunt, voluntas eadein niansit. Cum igitur
certissimum est Lysiam scripsisse dtaxsixaiy tum admodum ambi*
guum, quo pacto sit resarcienda lacuna, qua pöst ysyivfßw perpe-
tuiiatem orattonis interpeliari primus vidit Taylorus , sentenlia vero
iiaud obscura : ^qui qua sit in rem publicam voluntäte et quot quam^-
que atrocium malorum auctor exstiteril, omnibus notum est civibus :
quare nolite ei fidem habere : alioquin ^) , siquidem fidem habebitis,
quantam infamiam subituros esse vos existimatis?^
83 Obiler moneo in verbis S 14 toxB (ikv yuQ vinitg ^ovxo Offfia^iv-
tag Aeoida(uinna aycodotufuctUu* iav dl avtov datufiiafitey sv ä-
<Sowat ort av iinaiu yvcifiy ns^l avtov %ixQfio^i, cum avtov ne-
cessario ad Euandrum referatur, avtov autem ad Leodamanltim re-
deat, illud avtov vitiosum mihi esse videri scribendumque tovt^v^
praesertim cum pronomen oppositum sit ei quod proxime praecesstt
nomini ABmU^tavta. Deinde S Id cum in cod. archetypo ceteris-
que praeter C depravate scriptum esset mal to akoyov doKst elvai
naffa tustVy hoc Turicenses non debebant cum cod* C et Bekkero
mutare in »al to aXovov öoxovv slvat, sed potius Slephani erat
ienior emendalio xal 6 akoyov doxH slvat amplexanda : id quod
feci in editione mea«
lam referamus nos ad
oraiionem sextam^
quae corruptissima est. Duos tarnen locos in editione altera e Tay-
lori Lobeckiiqüe el Cobeti coniecturis ita refinxi , ut quin reote emen-
dati sint vix quisquam dubitare posse videatur. Unus est S 4 aXlo
ti ^ imiq iifmv xal ^v(Sid<fB4> tUcI sixag sC^stai xata tu natQia
xrl., ubi'Cobelus in comm. philol. I p. 25 e codtcum X et GK scrip-
tura ^(Sia6ov6i verissimam emendationem eruit ^völag ^vatt
(0YCIAGOYCI — 0YCIAC0YCEI) , qua quidem et forma non Attica
exterminätur et membrorum aequabilitaÜ consulitar ab auctore huius
orationis studiose observatae. ®)
sq. Hoelscheras de Lysia p. 108. 7) Satis freqaentata est haee voculae
{ VIS ac potestas. Cf. si tanti est Lys.-or. 3 S ^2, er. 25 § 14, Andoc.
or. 1 S 23, Aesch. Tim. S 139, Cteftiph. % 44. De verbis Lys. or. 25 § 1,
quae ex eädem tiotione aliquando expedienda esse putavi, infra slDgulatim
explicabitur. 8)^ Quare in S 32 iv^iiov(iivov£ Btt ijfiiavg 6 ^^g ßuB-
vtti %i^ü%T<av aXvnmg hzlv ij diTtldaiog Xvnoviiivq}, mansQ ovtog nunc
Stephano auctore edidi äXvnqiy quod ad amnssim respondeat verbo Xv-
novpbivip^ pro eo quod in libris est äXvn(og, Deinde S 39 ov ydff ivB*a
Mg avdgog aXX' Bvs%a ruimv tmv ii äatsog^xal i% IlBi^auDg at aw-
Jd^nai iyivovTO xal ot o^icot, J»£^ tot ÖBivbv av B^r^, s/ »£9! 'Avdonldov
anodrjikovvtog avtol iv^BBig ovzsg ixsfteAij'O'ijftsy, OTtag i^aXBitp^Bi^
G. Scheibe : lectiones Lysiaeae; 905
•''! Aller locus, cuius salas in libris edttis adhuc negleola iacebat^ le-
^ gilur S 14 xalxot %al h ^AQaltp Ttuytp *-^ i^iioXofmv iilv adinuv ano^
ji i^vtflviu^ iav di tt(iqftaßrft^^ iXiyxttai^ nal noXkol ovö^ Sdo^ctv
'- adiTcetv. Sic enim scribebatur secundum cod. Laur. € a Bekkero
^ oinnibusque deinceps editoribus. At primum offendiculo est aorislus
^ idol^av post tempora praesenlia ajto^vi^OKei^ iUyjjsiai. t)einde voce
i* nokkol argumentationis vis et acumen infringitur, Opponitur enim ig
^ qui factum confitetur ei qui negat. lUe capitis damnatur, de hoc dis*
^ ceptatur vacetne culpa an non: si innocens inventus fuerit, absolvitur*
B' Quorsum igitur multi? Nonne potius quisque, de cuius innocentia
ii constabat, ab Areopago absolvebatur? Num Areopagus, cuius ab ora«
tore exempli causa menlio inicitur, arbitrio suo multos absolvisse, alios
f- non absolvisse dici potuit? Adde quod h. 1. eins modi absolvendi
^ notio requiritur, quae definitius insigniusque opponatur verbo OTto^
^ Oi^tfxet quam formula ovd' Söo^av aöi%eiv, qua proprio iudicum de*
Signatur sententia de innocentia rei facta. Exploso igitur isto libri
, Laur. commento videamus quid auxilü afferat codex archetypus^ Ha*
I bet is una cum G %al TtokXw ovöh öo^ccv adtnstv , in qua scriptura
illam ipsam quae postulalur sententiam latere acutissime vidit et Tay*
avt<S TOT cciMCQTijyMta noa solum propter Oppositionen! , sed etiam propter
sententiae rationem e Marklandi et Kayseri couiectura scripsi ccvxol ivSr^-
fkovvtsg, coli. § 44 rjyov^isvoi dnoS'qfiovvtsg filv d^^oi xttl inhbfioi
do^siv etvaif iniSrifiovvtsg dh — novrjQol do^stv %al ptaeßsCg slvat»
Tum § 49 %ul ixustufisvog iv noXXm aäXoj wd mvdvvtp tiiv noXiv ysvo-
(iivrjv (sie praeter G etlam X Kaysero teste, non ytvoahfiv^ quod op«i^ae
Lijjsienses ouamvis a me moniti tarnen non correxerunt) vav%XriQmv ov%
tcoX(ii]aEv inccQ&slg aCtov sladyatv (X, sed slaccyaycov cum C editi)
(oq)sX'^aaL vi^v TCocrgCda, äXXä fiitoi-Koi filv md ^ivoi ^vbticc trh yi,Btoi-
%{ccg dfphXovv xiiv nöXtv sladyovtsg (X Blcocyayovteg)' üv oh x£ %al
dycc&ov Ttoiijoccg (f. htoiriaag), m 'Av9o%Cd7i^ nota äfiecQfqfiattic ävanU'
XBadfisvog, noia xqotpBia dvtanodovg — . Pro inaq^Big quod nuper pro-
posuit Westermannus OLTCO^ovai cum per se habeat quod reprehendatur (re-
quiritur enim xoig aTCOQOvai vel avroCg anoQOvai) , tum ferri non posse
luculenter ostendunt quae sunt contra posita ^vB%a f^g fiBzoiTi^ccg, Itaqne
aut ni^dBi ad incc^^B^g cum Reiskio addendum, aut ^l n^äaBi pr<r de-
pravato Ina^Q'BCg seribendum mihi videtur. Sed quod § 31 idem concinni*
tatis Studium in hac oratione conspicuum nimis premens vir eruditissimus
apud Taylorum auctorem scripsisse opinatus est & xovxoi 6 ^Bog ov% inl
coiXTiQia in IV ei V dCStaaiv^ aXXd xifi(OQOVfi,Bvog xmv yByBVTjfisvtov düB-
ßtjiidxmv pro imvostv, nihil erat cur a codicum auctoritate reoederemus.
Saue enim pronomen a quominus ad impietalem (düBßijfucxa) Andocidis
referamus prohibent ea qnae continuo secuntur quaeque opposita sunt dXXa
xifMOQOV(iEvog xmv yByBv, dcBßrjiidxmv. Spectat potius ad ea facinora,
quae impietatem Andocidis insecota sunt, ad vitam vagam profugamque, ad
reditum Athenas, alia. Haec enim consilia Ändocides a deo occaecatus et
in ^BoßXdßBUcv et errorem diviuilus ex commnni veterum opinione (v, in-
terpretes ad Dem. Phil. IJI § 54 p. 124, 26, inprimis lacobsius p. 304 sq.
et ad Aesch. Ctes. $ 133, Maetzoerus ad Lycurgum p. 235, Naegelsbachius
iheol. Hom. p. 66 sq. et p. 273) praeceps actus sibi quasi meditando ex-
oogitaviSse perhibetur : inivoBiv igitur recte se habet , ut opposita sint inl
amxTi^itf et xi\Mo^ovykBvog xmv yByBvrjfiivtov dceßrj(Mixav,
306 C« Scheibe: lectiones Lysiacae.
lorus (ut sero animadverti) in annotationibus posierioribu« ad Lys. ed.
Reisk. vol. IV p, 64 et post illum Lobeckius Aglaoph. p. 1094. Scri-
bendum enim perspexerunt %al inoXvetai, ovdiv io^ag adt>x€tv:
et sie nuperrime dedi.
lam de aliis quibusdam eiusdem orationis iocis disserere placeU
S 4 ifiife yaiff av wvl ^AvdtnUöi^ i^^g OTtakXctyy rificiv ix tovÖB
zav iyävog* Ita vuig^o edilur , quamquam in X ceterisque libris eai
^(iMg {viiag in solo 6)^ quod ex iifimv natum esse persuadere mihi non
possum. Praeterea alterutrum satis erat posuisse aut ^{möv aut ix
vovde xov aymvogy ut praetermittam tum vfimv rectius scripturum fuisse
oratorem: iudicum enim est absolvere reum, non actoris. Denique
illud quod in proxima enuntiatione dictum est vneQ ^cSi/^ in hac op-
positum habeat aliquid necesse est, id autem in ^fuov non inesse palet.
Qua ratione ductus correxi dt^* ^fiäg^ ^nostra causa s. culpa' (i. e. et
iudicum et nostra actorum) , de quo usu praeposilionis öui cum accu- ;
sativo iunctae uberius exposui in Vindd. Lys. p. 60. Senlentia haec I
est: *a^e vero, si Andocides absolutus discesserit ex hoc iudicio nostra |
cidpa, — pro nobis isle sacra faciet, vota.persolvet* et q. s. — § 20
ihtt^a ^hp ovv avtov xal Stocuv öUtiv^ ^avfuiöiov dh ovdev &v fio» 1
yivoiTO. ovdh yicq (ita eg^o cum Reiskio scripsi pro ovxt yctg) o d-Bog I
naQaxQvjfiu KoXa^si^ ik)! avtti fiiv itstiv av^qoMlvri öIkti, nolXa%6-
&ev Si i%(0 rexfiaiQOiisvog elxatetv, oqmv xorl hiqovg rjaeßtiKOtag %^6vm
dedoDXOtag dUriv xal rovg i^ iKslvayif öicc ta tmv nQOyovav aua^rij-
(uxxa, iv de xovx^ xa XQOva öirj noXXa xal »ivövvovg o ^sog im-
nifiutet xotg aimovatv^ &(fxe Tcoklovg ijÖi] im&vfiijaat xslsvxiqöavxag
twv %a%mv aitfilXdx^oci^ o de &e6g xikog xovxaw (xiXog rovrc9 libri)
Ivfiriva^vog x^ ßitp ^dvaxov i7tid"rixe. Haec si vera esset scriptura, j
deus tandem aliquando miserlis angoribusque impiorum hominum morte
immissa finem imponere diceretur. Qua re gratum faceret sceleratis
hominibus, qui ipsi morte malis suis se liberari cupiunt, äcxs nolXov^
i^öti iTtt^fi^ai — antiXXdxd'at^ efficeretque ut poenam ipsam subter-
fugerent: id quod adversa fronte repugnat ei quae supra prolata est
sententiae, sceleratos quamvis lento et sero, aliquando tarnen dare
poenas. Terrores enim. et discrimina divinitus immissa pro suppHciis
ipsis habenda non esse cum per se intellegitur, tum id argumento est,
quod illa mala interea (^v xovxcji rw xqovip) h. e. per illud tempus,
quo sacrilegiorum nondum poenas subierunt rei, a deo plerumque im-
mitti dicuntur. lam vero orator cum Andocidem aliquando a deo puni-
tum iri ex muUis aliis documenlis coliigat, h. 1. dicere nuUo modo
potest aiios nefarios homines antequam supplicio afficerentur moiestiis
et terroribus diu muUumque temptatos, morte, quam subire ipsi maxinio
desiderio cupivissent^ a deo poenae tandem subtractos esse: immo
vero asservati ad meritam poenam dici debebant. Consequens est con-
trarium scriptum fuisse antiquitus ätque quod nunc in libris circumfertur.
Et ad sententiam quidem apte Reiskius voluit 6 Öi ^ebg ovdh xiXog:
sed magis in promptu est corrigere ovde 6 &eog xiXog xovxmv Xv^ati-
C. Scheibe : lecliones Lysiacae. 307
vu^uvoq xm ßtm ^avterov kci^hnKB.^) — $29 TMttmtXsiiUig 61 ixtt^Bv
ösvQO Big drffio»Q€cxi€tv elg t^v avtov^^^ noXiv *rL Haee
inlerpretatur Reiskius slg r^v iavrov TtoXtv vvv rjöri öfHkOHqocvovfUvqv»
AI ne absurdior quidem scripior quam qaalem se praestat auclor huius
oralionis composuisset KcnaTtXetv elg öfunoxQciTlav^ cuius dietionis sta-
biliendae causa comparari non possunt quae supra leguntur $ 19 tvu
äq>i%6(ievog elg xit afia^'^fiaxa istl x^ ^/4^ nqogMei dtpri (in Lysiae
oratione öolri necessarium fuisset) öUtpf. Nam haec in obscuritate rei
num ipsa quoque vitiö careant, et, si carent, quem habeant intellec-
tum '^) dubium est. Sed esto: dixeril nominis Lysiaci aemulator xora-
7tXev<Sccg elg irKioKQarlav, ne iste omni um iheptissimus fuisset, si elg
8rj(ioxQ€ixlav elg xr^» avxov mXiv consarcinare animum induxisset:
illud enim elg dri(ioxqctxlav condicionem rei publicae indicat , hoc elg
xf^v avxov mXiv ipsam rem publicam sive locum. Quare Taylorus
correxil elg drj(iOKQtxxovfiivriv xiiv iavxov noXiv^ Kayserus ovOrig iri-
fioxQoxlag elg xi^v ßavxov TtoXiv coli, or, 7 $ 27 idque recte ad seilten-
tiam. Proclivior tamen emendaüo est, quam ego adhibui iitl dfnno--
XQccxlag elg xi^v avxov tcoXiv. Praepositiones enim' htl et elg Inter-
dum permutatas esse nemo est quin sciat : v. annot. in apparatu crit.
ad Demoslh. p. 1099, 22 et p. 1100, 14. Atque eadem ralione de priore*
Andocidis reditu locutüs est personatus Lysias S 27 xaxiitXevoev elg
xriv iavxov mXtv inl xmv xexQaxoalmv. IIa enim hunc locum e
Taylori coniectura correxi, cum iit et habeatX, ceteri vel IttcI vel
ineiSri ; tum post eadem verba lacunam esse statui sie fere complendam
ircl xmv xexQaxofSlcüv. xotsavxviv öh avxm xmv äceßri(iaxf»v (vel
aSixrifiaxaiv) ^eog Xtid^v Idcaxev, äöxe %xL Critici aulem Turicenses
scripserunt naxbtXevcev elg xr^v iavxov jcoXiv^ inel xmvxexQanoclatv^eog
Xiqd'viv iöomiev. AI ut alia omlttam, nihil aliud designare potest Xiq^v di-
öovai xtvogy nisi oblivionem alicuius rei hominisve inicere i. e. efQcere
ul aliquis obliviscatur alicuius rei vel hominis. Quäle fere illud est Iso-
cratis or. 5 S 37 crf yag iv xotg TtaqoviSt xatqoig eve(fyeölai Xfj^tjv i(i-
fcoiovisi xmv TCQoxeqov vfiiv elg aXXi^Xovg TrcTtXi^fiftfAi^fili/ov. — $ 42
f^atog ovv 9tal Kr^picLov avxixaxriyoQriaeiy x«l ^ei o xi Xiyeiv ^*) xa yccQ
9) Hanc tamen emendationem in ordine verboram non magis expressi
quam quod § 6 saspicatus sum scripsisse auciorem orationis ßaatliag.noXlovg
7ie%oXd'Kev7isVy Sxm ovv ^vyyeydvi^xai, nXrjv xov 21vQa%ovcCov (si Lj-
siae orationem esse putassem, correxissem Zvqa^oüiov) jdiowelov pro 9» av
^vyydvrjraiy in qua scriptura primus, quod quidem sciam» offendit Rauchen-
steinius, qui yoluit offotg ivyyeyevrjxai» 10) Ita pro vulg. xijv iavtov
emendavi in ed. altera, quod in X Kayserus invenit xriv avxov. 11) V.
quae ad fa. 1. in ed. alt. annotavi« Illic oommemorare poteram conieciurauk
Marklandi i«l xifi'^g nQoq>dasL coli. Andoc. or. 2 $ 13 naxinlevüa (ihv yäff
mg iytatvs^ijaSfiksvog vnb xmv iv&dds ngo&vfUag xe Svsna %al hufke^
XeCag xAv vfiexi^iav xQoyfmtmv, 12) Sic edidi cum Baitero Saupploqne
ex emendatione God. Hermann! de part. av p. 130 pro Xiysiy quod libri
obtinent, et Xeyijj quod scripsit Bekkerus. Ad eandem ego normam e Pal.
nuper reatitui in or. 81 $ 9 ovd' iaxiv onov iavxov vfUv xä^ai naqa*
üxetv pro Yulgato naqea%B,
Ol««» *. «*•»••»»•
1
U j-
C. Scheibe: lecUones Lysiacae. 309
OPMitoms sepHmae
$ 18 fl tolvw xal ravta vBd^stSnmwoififiVj tcag av olog x ^ navtuq
lufksai [tovg naQiowag, ^] '^) zaig y^rwag^ oS ov ^vov iXXfiXav
Totfr taaCiv a naüiv o^av ^tattv^ iÜM nuAnBQi &v «9to%Qvxt6i$i^a
^rfiha ildipai, xal neijl inalvmv yntv&dvovtm; Cum Graecom noa sil
asvoKfv^rtofi^d« iifiiiva üShwi^ 6. A.Hir8chigia8 conieeit seripsisse Ly-
siam cnrox^vyvroixe^a wA oU^u iirfi. sli.y quae coniectura a Rauchen-
steinio probata ut a ^entt^tiae ratione admodum commendaliur, ita minus
commendatur a facilitate emendationis. Accedit quod perquam dura
molestaqne prodit sermonis structura. Nam si verba ns^l wv iatwifjvn"
i0(i^a posita esse slatuimus pro ntffl iMslvmv S iataatqfmtti^a^ illud
quod post exi^am intercapedinem sequitur xai m^l inelvnv otiose ac
prope importune infertur. Ut praetermittam illo Hirschigii remedio
diifu9iorem evadere Lysiae orationem. Mihi quidem dubium non est
quin Lysiae manum repraesentaverim, cum ex uno verbö depravato
effecerim duo, ita scribens TtB^l mv uTCOXQvntofievoi olofAi&a
IM^ihw sldivat. Librarius enim sive visu oculorum ab uno verbo ad
alterüm aberrans seu eompendiorum parum ouriosus aut gnarus ambo
oon^lutinavH. IJLac emendatione vid^s duriliem iliam structurae et im-
portunitatem supra a nobis notatam commodissime removeri : neql äv
enim cum verbis (ifidiva BlShui coniungendum est.
Breviter et carptim moneo in aliis ^eiusdem orationis lo^is simili-
bas.litterarum ductibus Vocabula quaedam per seatentiam neoessaria
absdrpta esse, ve}uti S 2 wvt (i^ aipiov [q>aai>v] a^^v/^cfv, ol6fUvo§
Ifiol -^ tt9SsX^|or«, ubi in ed. alt. prfieterquam quod edidi olofisvoi pro
^yoviuvoiy quod supra illud verbum a secunda manu exaratum habet
Xy atque aneHy^cd, e coniectura Rauohensteinii et Westermanni (Comm.
erit. IV p. 4) pro intodet^M frustra olim a me in Vindd. Lys. p. 9 sq.
defense, etiam ante atpavlt^Biv secundum Marldandi suspitionem inse-
rui q>a0iv^^)^ quod ante ffifxov coUocari voiebat Kaysems. — Deinde
$ 14 ä XI vovtav Ingawovy [av] nfoXlag Sv xal (/tsvilag i(uiw^ ifi-
fUag yevoiUvag ijcoqyqfifuifu interponendum conieci £v in Vindd. Lys,
p. 90. Quae coniectura ita forsitan perficiatur, ut etiam crvro; adiciatur
pon,e ^toXlag Sv (*ilie non faciie possit demonsttare me eorum perieu*
lorum fuisse ignarum, quae a vobis mihi imminerent, si tale facinus
ausus essem, ex quo ipse demonstrare possem multa et magna in
me redundatura detrimenta ')• Alii aliter lacunam resarciendam arbi-
trati suQt; iym dl tovvmnhv nolXag ifv Hamakerus , iym ie noKXug
&v Kayserus , noXkiig d' av Emperius , noXXicg yaq av Baiterus Saup^
piusque. -^ Non minus S 95 S^nef^ [nt/aVx^v xav^lda] xal t^v aXkriv
ov^iitv nunc ml tiiv nonqtda de coniectura Kayseri , qui tarnen %al
H) Haec in ed. alt. Dobnieo et Kaysero auotoribas seclnsa: v. Hama-
keri qnaestt. de Lysia p. 14, qai tarnen %ovg nB^iovnQvvxag yBdtovag scri^
bendum proposuit coli, f 2^. 15) Similem simiii modo eomplevi aermo-
nla hiatnm in or. 6 § 31, ubi cum iibri teneant x6 xov §£oVj in obaervatt.
in oratorea Att. p. 50 addendnm ceoaui ^ifivv^ quod exoidit ob similitudinem
proximi voeabult piov.
t
310 C. Scheibe: lecttones Lysiacae.
omisit, addidi cum Westermanno coli. or. 3 S 32. 38. — Tum $ 30
pro ittql mv €tvtol civuttB suspicatus sum scribendum esse itB(A mv
mnol ovdlv tsvvu^i ifuivt^ post Kayserum , qui 9tSQl mv «vtol ov-
dhv ifiol ^vvufts coli. S 22 et or. 13 S 18- -— Mos $ 35 reposui nunc
doxat iuvQv tlvai e codice Yeneto, cuius librarium, cum describe-
bat codicem Palatinum, non fugiebat quid involutum lateret in manca
seu' potius contracta exempli sui scriptura doKUv efm» , uM fere
per eundem errorem, quem supra in oTUniifumofb^^t igperuisse et
sustulisse nobis videmur, duo vocabula in unum coaluerunt. Nam
quae de eodem loco olim commentatus seu potius commentus sum
Vindd. Lys. p. 29 sq., ut vulg^atam lectionem i(iol dh tonet elva$
3 tuerer , ea nunc ipse improbo* — Denique in $ 39 iym (lip vfiäg
^ovfuit oti Nt9i6(ia%og im x&v i%^qmv nsiO^dg z&v l^^v rovrov
xov iymva ayandt^my quemadmodum exstat in X, infinitivum de-
esse manifestum est: sed quem cod. Laur. C post rjyovfikai additum
habet vonJ^uv^ eum neque sententiae neque syntaxis rationi con-
venire praeclare vidit H. 6. Hamakerus in quaestt. de nonnullis
Lysiae orat. p. 22 (cf, quae annotavi Vindd, Lys. praef. p. XIV) ^cri-
bendumque coniecit iyii [liv iyva7tivcc$ ifuig r/yoüfiuii Sr» xrl.,
quod in editione mea reponendum curavi. Kayserus tamen in nun-
tiis doct. Monac. imoutx&iuvy in annalibus litt. Heidelb. (1854. 15
p. 234) jfi^aQai post i/CD. {liv subici voluit.
At sententiam de $ 37 neql ifMV iaIv ya(f d iXsyovy ovi* Sv
iatoloyrflctMul fioi l^eyivevo' rovty i* el fMi mfioXdyovv S ovxog
ißovlnoy ovÖBf/^i^ in¥*^ Svo%og ^v a me propositam nunc retracto.
Ostendit reus, qui servos suos torquendos öbtulerat Nicomacho ac-
tori, dispar fuisse sibi et adversario in quaestione per tormenta pe-
riculum. De se enim si quid edixissent, quod culpam suam argue-
ret, ne se defendere quidem sibi licere. Haec vero sententia non
inest in simplici verbo iXsyov. Etenim cum Uye^v neqi uvog nihil
aliud valeat quam dicere de aliquo, perspicuum est mente addi non
posse xaxov vel dvö%S()ig^ quod nescio quo iure addendum esse
sumpserunt Reiskiiis et Rauchensteinius. V. Kayserus ann. Heidelb.
1854. 15 p. 233, qui tale quid excidisse suspicatur, quäle (Isyov
Tuxl Ttagcc xipf ältj&suiv r«, quod si certiore fundamento quam sola
sententiae opportunitate niteretur, probare non dubitarem. lam vero
quia mera opinatio est quamvis ingeniosa, in librorum fide nihil ful-
ori habeas, equidem pro Skeyov reponere conatus sum i^leyxov hoc
sensu: *de me enim^si servi in quaestione arguissent sive convicis-
senty i. e. me si torti in culpa esse edixissent.' Sed cum neque is
quem contuli locus Lycurgi Leoer. $ 33 o? t' i^sXiyxovxsg x^ l(fy^
cum hoc nostro prorsus congruat, et verborum constructio durior
esse videatur, fateor me festinationis nunc paenitere, qua iiley%ov
in ordinem verborum recepi. ^^) Nihilo minus de certa emendatione
16) Per hanc oocasionem alios quosdam errores a me admiasos per»
stringam. Or. 29 $ 7 acts GqccavßovXov CTQatrjyovvxog xal *EQyo%Xiovg
IffI
rfli
711
M
:%
C. Schei be : lectiones Lysiacae. 311
!=■• ,, ^
f^^ mihi non constat. Bekkeri quidem ratio, qui verba a ovrog IßovXsto
,^ post SXsyov transponi voiuil, probabilior videtur, praeserüm cum pro-
-^, nomen rovrp — ovrog lam parvo repelilum inlervallo ingrate ad aures
.^ accidat.
De oratione octava,
mm
^ . Octava oratiqne cum nuUa sit mendis lacunisque inquinatior, nulla
^ salebrosior, nulla intricatiore atque obscuriore contineatur argumento,
q; j in singulis paene enuntialionibus oifensus haesi. Ac multorum quidem
jjUj emendalio iocorum vel omnino non cessit vel dubia fuit atque incerta. *'')
Ulcus tamen S 17 insidens nisi failor sanari polest : xonra rl öfj, inquit
orationis scriptor, rctvra ovx igwlovroiiriv; evrid'ig u Stccc^ov, äfAipf yccQ
uTßod'exog vfiiv slvat q>lkog tov (iridsv aiiov0at xaxov öt^ ainb rovroy
öidxmQog i^ii xovg aXiovg iXiy^rs, naoaxccrad'iixfiv i'x<ov vfiäv
naQ exäcrov loyovg rcovriQOvg nsQl aklrilcDv. Ita Bekkerus et critici
Tur. , nisi quod hi e Laur. C inilio scripserunt Oiarcc xC iri rcore {»atcc
%l öfi XI X). Cum autem ikiysxs simpliciter cum accusalivo personae
coniungi nequeat, ei qui istam scripluram relineri volunt e superiori-
bus verbis a^iavcai Tutnov necesse est ad iXiysxe apud animum repe-
tant xffxov, ut ea eonficiatur senlentia, quam flagilari nemo non videt:
^opinabar me amicum vobis esse quasi sacrosanclum, ita ut numquam
male a vobis auditurus essem, propterea quod coram nie vos aliia
saepe maledicentes audissem.' At vero ex negativis iliis lAfjdhv xanov
fieri non potesl ut ad iXiysts soium tiutiov affirmativum intellegatur.
k
%
t avTO» SucfpsQOiiivov id'sXovtijv VTCOOf^vcci TQi7}Q0CQX^^9 temere oboe-
f divi Tayloro, qui pro XQi^TjQaQXOv maluit TQLTjQUQxiav , quemadmodum
^ Bupra dictum est § 4 i&sXovrijg vnsütrj xavxriv f^v Xsnovgy^av. At
xiftrjifaifxov vnoax'^vat *ae sistere trierarcham (sich als Trierarch stellen)'
\ satis tiietur pemosthenes in Mid. ^ 68 et 69 X^QW^S vniüxriv, idemque or.
i 37 S 57 ov6h TtQccf^Qa jjä^oaatxg vnocxrivai, V. Schaeferus ad p. 536, 20.
— Tum or. 34 § 7 pro lav ii,\v ns^d-co festinantius scripsi me malle iäv
pirj TCSi^oifisG'cc: volebam iocv filv TtsiQ'tofisd'a *6i persnaderi nobis a Phor-
.misio patimur': iav (iri ns£9(o Stephanus: iäv nsiad'iofisv Marklandus.
Subiade calidiore studio correxi OQm oh xal 'AqysCovg — ovdh zqiaxi'Xiovg
ovxag, in quibus %al particula certe non opus est. — De or. 19 $ 50 infra
dicetur. 17) Sed aut iam probavl viris doctis aut fortasse probabo has
emendationes , quas simpliciter enuraeraturus sum hoc loco rationibus non
adiunctis : § 1 conieci iy%aXo5 pro ijtsynaXm et xoig (ilv yag ovdlv ofyai
' fisXnCHv pro Totg fihv yccQ ovShv olfiai xi^iTJasiv (xovg filv yä(f naq'
ovdsv olftat xifiTJcsiv Emperius, xoCg filv yccQ ovSlv olfiai dioloBiv
'V^esterm.). § 3 xdxo^ Sri ßoi^&oSv xovxoig (incusalis), olg (quibus rebus)
iirjiidgxTjiiS Tcqowaaiv nOQ^arjxai xijg ccfiaQXLag, § 4 scripsi ovd' Sv
v(iCv STCLTtccXtSv o XI iXsysxs xar ifiov, xctvxct Xi^ccifii, § 7 ovd* av
vfiäg filv nXovxovvxag, ibd. noG'sv av ovv sttiOTOos "bfiocg vnoinxsvoVy
auam correction^m meam in ed. sec. proeoptavi alteri^ *qna pronomine
vfidg omisso avvovxag scribendum esse suspicatus sum. Neque enim qnis-
quam, quod ipse consuetudinem cum aliquo habet, gravate ferre dicitur,
sed quod alii secum.' § 11 dvxtXi^siv. § 13 insixa (quod cum indigna-
tione interrogantis est) TtigSog ijv. §^ 19 dXX' oSg svvoovvxfg (v, Bense-
lerus de hiatu p. 183) pro (og svvoi ovxsg, Libri enim mg evvovg ovtsg.
De forma v. quae ad h. 1. animadverli.
Jahrb. f. class. Philol. Suppl. N. F. Bd. I Hft. 4. 22
S12 C* Scheibe : Icctiones Ly8iaea<?.
Deinde cum vix usquam alibi legatur %a»6v liyEtv uva, tum hac in
oratione, quae ipsa versatur in maledictorum exprobratione, vulgaris
loeutio el usitala »a^cSg liyBiv riva deciens repetitur SS 3. 6. 14 (ter).
16. 19 (ler). 20. Facile igilur suspicere hoc quoque loco eadem locu-
lione usum fuisse scriplorem, modo in speclalae fidei codice vestigium
reperiatur, quo iila suffulciatur suspitio. lam vero in ipso librorum
Lysiacorum principe sie exstal scriptum : dioti TCQog ifii tovg &kkovg
iHyete, %al naqaxcna^iMfiv M%oiv: quod quid aliud est quam iiott
rCQog ifih tovg allovg ikiyBte »ccKcSg^ Trcr^xcrra^xi^v H^0V9 ^^ sie
edidi* Codicis autem Laur. auctor, qui particuia »cd constructionem
turbari videret neque haberet quo eam aut explicaret aut ad originem
revocaret suam, omnino eam omisit, iliiusque exemplum secuti sunt
inlerpretes omnes. ^
De orationibus decima et undecima.
Quoniam undecimam orationem, siquidem eo nomine digna est, e
decima excerptam esse constat , alteram alteri lucem afferre consenta-
neum est. Quare ego or. 10 S 4 e coniectura £. Zielii in diurnis antiq.
a. 184* p. 415 prolala primus correxi xavxrpf dl f%wv xriv iihxtctv ovre
xl BiSxw oXiyaq%La rptiaxiiMfifv pro eo quod iibros omnes occupaverat
otir' bI Scxtv cum propter ip.sius sententiae rationem tum vero etiam
propler verba or. 11 $ 2 ex hoc loco expressa ovd' o xt 6ltycc(fxla ^
^ösiv, — Deinceps or. 10 S 7 Rauchensteinii nionitu nuper öeiv post
olfiai interposui in his verbis iym d^ olfiaivfiägj od avÖQeg imaüxal^
ov Tuql xmv ovoftarcov Öuxfpiqaa^ai aXkcc xi\g xovxoyv diavolagj xorl
mivxag Bldivai oxi^ oam [ansTixovaal xivotg^ xai avöf^oqtovoi xmv ov-
xap Blciy xal ocot] ivÖQO(p6voi sialj xccl ajtBTixovaal xivag, cum or. 11
S 3 legantur haec : iym d' olfia^ öbiv ov jvbqI xmv ovo^axtav jSiag>i'
QBC^ai^ iXka rCBifl xrjg xav iQyoov dtavolag — »al änBKXOvaöi xovxqv
(übri xovxovC), e quibus quidem non solum ad or. 10 S 7 omnia ea
accesserunl, quae uncis sunt et a criticis Tur. et a me circumdala
oTtBTixovacl xivag — xal oöoiy sed etiam conicere forsitan quis possil
pro xijg xovxcav öiavolag scripsisse Lysiam xi^g xoav sgycov öiavoiag,
praeserlim cum § 10 verbis subtililer luculenterque xa iqya opponan-
tur, quorum causa homines nomina usurpenl: süneQ fiaxy xotg ov6(icc-
atVj ciXXcc (iri xoig l^oig xov vovv ngoai^SLg^ av SvBxa xa ovo^axu
navxBg xl&Bvxat^ quamquam hanc certam esse coniecturam minime
praestiterim. — Itenique nuper or. 10 S 13 per interrogationem edi(li
ovx ovv ÖBivov '■^ ov» cc^totg ölxriv; pro ovaovv öbivov — öl»rjy.y
quod in libris editis hucusque vulgalum est. Nam et Pal. Kayseri ov»
ovv divisim exaratum exhibet ^^) et in epitomes S 6 nianifestius etiam
interrogationem indicandam sibi putavit rhetor ita scribens : nmg ovv
ov ÖBIVOV, — Non minus in or. 10 S 26 secundum geminum locum or.
18) Recte in eodem ovx ovv legitur eti«m or. 12 § 36 et or. 13 $87,
atque ego or. 33 $ 11 de meo scripsi hoc modo. His locis Bekkerus ovxovv
dedit.
C. Scheibe: lecliones Lysiacae. 313
11 S 9 subslilui /ii^d' ißgi^ovrl re xai kfyovri vulg^atae scriplurae xai
ißgi^avTi xai Ifyovn, quam meam emendationem in ed. priore propo-
siiam assensu suo Kayserus proDavit, seeutus est in editione sua Wesler-
mannus. — Mox in or. 10 ^ 27 meo quidem iudicio ex epitomes S 9
sv&vvav, quod solum Alticum est, praeoplari oportet formae alteri
iv^vvtjv in libris aeque repertae vulgpoque receptae , atque in or. 25
§30, quo et ipso loco ev^wav reponi malitn. V. Boeckhius oecon.
pubi. Alh. I p. 266 e, Schaeferus ad Dem. p. 17, 15. Contra statuit
' Gocttlingius ad Aristoteiis Polit. p. 359. — Paulo post illa S 28 iam
in ed. priore ex or. 11 $ 10 avrfQfj<s9cei subiunxi verbis alxtav exeiv
imo vmv mddmv, et in § 31 vvv yaq öiciTim »axriyoQtccg , rjj d* avT$
'^g>m (povov tpBvym rov navQog post dtciKm inserui (liv ex or. 11
i 12. — Atque etlam ipsius ^itomes verba ad exemplum oralionis
Lysiacae interdum castig^anda esse duxi, veluti $ 8, ubi pro uXIl mg
ßsXtlovog ovTog; — aciaccvu dixd^ofiai; quod in omnibus libris et mscr.
et edilis legitur, ex or. 10 S 23 cum Sluitero correxi aU' mg ßeXtl<ov
ovrog; praetereaque articulum ante aciaavti^ qui quamvis necessarius
Sil tarnen omittitur ab omnibus , ex eodem iilo loco ascivi. — Denique
in or. 11 S 10 t/ yoiQ av xovvov aviciQotsQov icxovösiev, bI rsdvtiKmg
VTCO tmv ix'O'Qmv uhiav S^^i vno rmv r^tvwv avrjg^öd'ai; verbis drs-
&v7piiig particulam vj praefixi ex or. 10 S 28 coli. Marklando p. 370 ed.
Reisk., indice Reiskiano v. i]^ or. 2 § 73, or. 25 S 23, Isaeo or. 1 $ 20,
Heindorfio ad Fiat. Gorg. § 183, Schaefero ad Dem. p. 191, 22, Schoe-
manno ad Isaeum p. 1S6.
Hae emendationes omnes quoniam ex eo genere sunt, ut facili
ne^otio possint ex alterutra harum oralionum repeli, quarum quae e
superiore in epitomes formam redacta est haud dubie in ipsa antiqui-
tate originem invenit etproinde aetatem fidemque librorum mscr. long^e
antecedit, universe eas significare quam fusius exponere et argumen-
tis stabilire malui. Omnia autem ea praeterii, quae iam ab aliis criticis
ad emendandam alleram oralionem ex altera erula sunt. De uno loco
explicatius dicam qui est
or. 10 S 9 fjdi&g yccQ av fSov nvd'oliiriv (negl rovto yuQ östvbg
sl Kai iiE(AeXitriKag Kai noulv %al Xiysiv *•)) ' st xtg <S€ efhtoi ^v^ai ri)v
acrUöa^ iv 6h rc5 v6(ia) sUgrivo ^), idv xig fpatsuri aTtoßeßkrixivai^ ino-
öixov elvai^ ovk av iöixd^ov «vreo, dkÜ i^i^QXSi av (Sot iqqt(pivai xi};»
aOTclöa liyovxi ovöiv 6oi (liksi; ovSi yag vb avxo iaxi ^tijfai
%al anoßeßXrixivai. Palalinus habet Xiyovxi avdiv aoi {lillßi (trita
verborum (likeiv et fiiXleiv confusione, v. ad or. 12 § 74 et 80, Dorvil-
lius ad Char. p. 512, Berglerus ad Alciphr. I 38, 8, Boissonadius ad
Babr. 84, 5 et ad Choric. Gaz. p. 14 et 95), quam lectionem manifestum
est non magis ferri posse quam iilud Xiyovxi ovöiv öoniilst\ quod a
Scalig^ero excogitatum posteaque in cod. Laur. C repertum Reiskio et
10) Leiinepius ad Phalar. ep. p. 180 suspicatus est scripsisse Lysiam
näv noiBtv xal Xiysiv, An forte ndvta noistv aal Xiysiv? 20) Malim
BtgTjxai cum Dobraeo vel stgi^xai td. Lex enim valebat etiam tiinc.
22*
316 C. Scheibe: leetiones Lysiacae.
stitui codicis X scripturam tovto to (ilv iniOQ%ffiuvta onoaavta (ex
Harpocr. p. 81 v. imogxflöavxa pro oiMöai) iaxi pro tovtoiv xo (ikv
buoQKiiaavta^ quod est in Laur. C. Ulud enim idem valet quod xo
idv intOQW^avxa tovto Ofioaavxa iaxiv , cf. $ 18 to 6xa6iiiov tovto
iaxiv xtI. — Denique quae in libris mendose scribebantur o^x^og nal
ßXaßrig xifu dovlrfv tlvai otpdksiVy ea ex sententia Schotli alque Heraidi
animadv. in Salmas. V 8 iam in ed. priore ila transposui et mutavi,
ut reponerem o^x^o^ %al dovltig xijfv ßlaßtiv tlvai oq>elXew. Quae qui-
deni legis particula quoniam longiorem exigit indagationem, alias for-
tasse pluribus a nobis de ea explicabilur.
Orationis duodecitnae
S 27 inal to**') x^ fiaoov eUog t^v itQOiftax^iivM ^ ocvig ivxemmv
ya hvyxavs (sie Pal. Kayserianus pro vulg. irvyxavev) xai yvdfii^v
anodedeiyfiivog; Argumentalur Lysias hoc modo: ^firatoslhenes
sui purgandi causa contendit non se sua sponte, sed iussum, et qui-
dem posteaquam in senatu consilium istud dissuaserit, occidisse Pole-
marchum. Atqui eccui minus hanc caedem demandalam esse proba-
biie est quam ei qui consilio isti refragatus erat et sententiam dixerat?*
Haec omnia bene procedunt excepto illo yvci^irjy inoSaSuyi/iivog. Con-
tinuo enim qualem ille dixerit sententiam quaerimus: nimirum non qui
qualemcumque sententiam in senatu dixit, ideo iudignus erat qui illud
consilium perageret, sed solus qui conlrariam. Qua causa ductus ante
yvm^riy inserui ivavxlccv. Sed rectius forsitan colloces pone ccnoöe-
dstyiiivogy ubi ob similitudinem proximae vocis xlva facüius potuit
excidere.
Similiter in eiusdem orat. § 91 verbis %(^ß8ipf xfiv'tfffig>ov simili-
tudinis litterarum proximarum causa elvai pone nqvßöriv interpo-
sui **) , ad Dem. or. 19 § 239 provocans , qui eadem usus est verbo-
rum coliocatione. Gorrector igitur Laurentianus, cui obsecundaverunt
Bekkerus criticique Turicenses , cum dedit HQvßdriv xi^v ily^q>ov dvatj
sensit quidem elvai oblltteratum esse, quo autem id loco inseri
oporteret non perspexit. — Verba autem eiusdem orat. § 20 all*
ovxdog elg rjiiag Öia xa %Q'q(Mcxa i^rificcQxavov , üans^ av exsQOi (is-
ycilfov adiTUfiiAccxcav OQyfiv l%ovxsg non vicinia vocabulorum sono
consimilium, sed sola sententiae natura molus Sauppius nuper in
ed. Rauchenstein i an a egregia medicina persanavit ita, ut ovx post
&ö7tSQ insereret. — Eiusdem orat. § 81 KaxriyoQBixs de ^£^a-
23) Ita Tayloro praeeuote correxi quod in libris est inetra: non eoim
alterum argumentum affertur, sed illud quod initio posuit argumentum con-
firmatur, ut recte observavit Rauchensteinius , qui tarnen simpliciter scripsit
inst, 24) Eadem de causa elvcei^ periit in Isaei or. 7 J 43 iy(o jihv
(a^nS) — ^xsiv za dod'svra xal ft^ snl xo^totg i^SQT^iiiSacci xoif oHov
xov insivov, Scribetidum videtur nal |Ur)} bIvcci inl xovtoig: verbum
enim slvai probabiUus est ante ixt, quippe quod illi simile sit, elapsum
esse quam post xovzoig^ sicutl Reiskio visum est, quem secuti sunt Schoe-
mannus et cditores Tur.
C. Scheibe: lecüones Lysiacac. 317
xoa^ivovg Kai riav rovvov q>ll<av^ olg tag anoXoylag ivoUsH xa2l8
fte^ 001/ avT^ ravra n&tQccnxcii, o (Aivroi ayav ovk i^ taov Ttj no-
Ae« xai EQcmoad'ivet * ovzog (isv yciQ Kciri^OQog xal öiKaaxfjg avxog
71V Tcov yivo(iivG)Vj rifieig 6s vvvl elg naxtjyoqictv nal ijcoXoyUtv xa-
^iaxctfuv. ludicum est aut condemDare aut absolvere, acousare
acloris. Exhortari igilur iudices ut accusent reum, esset id pro-
feclo insiplenlis acloris. ^ Ex quo perspicuum est wxtu^oqBlxB^ quod
omnes ad hunc diein libros occupavit editos, ab Lysia proficisci non
poluisse. Bene perspexit hoc quidem Emperius observv. in Lysiam
p. 31 , redarguens idem eam vulgatae scripturae tuendae rationem,
qua Lysias hoc dicere existimatur : ^condemnalione vestra quasi ar-
guite eos et accusate': sed quod ipse proposuit xaxayvtoxe (quod
idem iam Dobraeus suspicalus erat) aut Kaxanqlvsxe ^ videlur id fe-
cisse non quo verilatem scripturae repraesenlaret, sed ut scnsum
aiiquo qualicumque modo suslentaret. Al hac medella ne sensui
quidem consuUum puto, nedum satisraclum. Primum enira orator
superioribus iam exhortatus erat iudices ut punirent Eratosthenem
eosque qui cum eo fecerant (S 79 ^xft d' i^uv iKeivog 6 KaiQog —
öIktiv Xa(Aßdvuv)j exhorlalionis autem iteralio putida esset ac te-
mere institula. Deinde non concinit condemnationis poslulatio cum
opposila enunliatione : 6 fiivxot ayciv — i}f*f*ff 6i wvl elg xccxtiyO'
qlav %(u anoXoylav Had-icxa^isv, Sic enim haece evadit sententia :
^condemnate Eratosthenem eiusque amicos. Sed dispar est condicio
noslra. Isle accusator erat idemque iudex. Nobis autem licet tan-
tummodo accusare aut nos defendere/ '^) Haec conciliari nequeunt,
Non enim in condemnando dissimiiitudo causae et contentionis
iniquilas conspicua est, sed in accusando, cum ille idem accusa-
torque atque iudex fuisset, Lysias esset accusator dumtaxat. Ex
quo efficitur accusandi verbum inilio servandum esse , modo impe-
rativus removealur. Non praeteriit hoc Bakium, qui in schol. hy-
pomn. II p. 263 simplicissime lenissimeque ulcus illud sanavit re-
scribens HuxriyoQrixatj quocum apposite comparavil or. 27 ini-
tlum: TiaxriyoQrixai fiev ^Eatvaqixovg txava, sive haec devxsqoXoyla
est, ut vulgo exislimant (Hoelscherus de Lysia p. 110, nos in vindd.
Lys. p. 94 sqq.), sive pars ipsius orationis primariae initio suo trun- 19
calae, quac est Hamakeri sententia. Non lamen consummavit cmen-
dalionem Bakius. Etenim ii cum nihil habeat cui obiciatur, com*
mulandum est cum Sfj parlicula conclusiva, quae ad indicandum
opilogum, quem ab his verbis ordiri rede obscr va vi t Bakius, est
25) Sic enim verba 7j(iBtg ^^ vvvl fts ytcctrjyoQ^uv nal dicoXoyiav
Tiad'eaxafiev accipienda mihi videntur. Universalis senieiitia est: nos hoc
tempore (yvvC^ quod opponitur tempori dominatiunis XXXvirorum) ea
sumus condicioue, ut aut accusemus aul nos defendamus. Non igiliir eidem
et iudices sumus, quod illo*, tempore Eratostheni contigerat. Unde Rciskiuni
interpretantem: 'cum accnsnmns eum, tum nos purgamits' errasse perspi-
cuum est, praesertim cum nuUum per totam orationem defensionis appareut
vestigium.
318 C.Scheibe: lectiones Lysiacae.
19 accommodatissima (cf. Weberus ad Dem. Aristocr. $ 215 p. 543 et
ad S 102 P- 337). Ipsi autem peroralioni per illa rpiei i^ i{uv i^Bt-
vog KaiQog iam via tamquam munilur et paratur. Hie est enim
sententiaTum nexus: venire tandem tempus quo poenae sint ab Era-
tosthene sumendae, qui Theramenis ut cl^menüsslmi tyrannorum so-
cietate se defendere tuerique conetar. *Accusatus est igitur mea
oratione Eratosthenes — sie pergit orator — : sed dispar est civium
et Eratoslhenis certamen, prorsus dissimilis utrorumque condicio.*
Nihilo minus illius Emperii coniecturae Kcerayvcats öi rursum palro-
nus exstiüt Kaysetus ann. Heidelb. 1. d. p. ^9.
Ulam autem emendatlonem cxpeditissimam esse fatebuntur qui
vocales rj ei et^ s et ai innumerabilibus in locis confundi memine-
rint. Quae cum tarn trita observatio sit, ul eam exemplis aliunde
petitis comprobare supervacaneum esse videatur , tum Lysiae ali-
quot locos, in quibus primum litterarum ai et £ permixUo vitiorum
causa exstilit, recensere haud abs re esse arbitror. Iam dudum cor-
recta sunt duo menda, quorum alterum insederat in or. 13 S55 xal
svqiöKmv ts avt(p xaia xo 'tl;rjg>iafia xovxl aösiav^ ubi scriptor Laur.
cod. male svQlßnovai : verum est evQlaaovxai monstralum a Reiskio,
ab editoribus iure receptum omnibus: alterum in or. 19 §11 ort
Sv viitv aqißxov Tcal svoQXOxarov voiil^sxat bIvccl: quod in Aldina
invenlum et in eodiceX, quem vo(il^exe habere falsum est, idem
Reiskius profeclum esse vidit ex vofit^rixSy idque et ipse dedit
et dedimus Turicenses egoque. Vero verius hie quoque quaesivil
auctor Laurentiani C, cum correxit voiiltSrjfte assentiente Bekkero
pro constanti suo h^iius codicis obsequio. — Nee minus temere
scriptor ille Laurenlianus correcloris partes egit in or. 25 § 1 exhi-
bens haec : vfttv ^iv Tcokkriv (Svyyvcifirjv Ij^oo, co avöqeg dtxccßxaly —
el ojxo/cog ccTtaöiv oQyC^eöd'S xoig iv &(Sx£i iislvaßi pro eo quod est
in ceteris omnibus oiiottag ajtaöiv oqyC^BG^ai particula ei omissa.
Eamque archetypi scripturam a Bekkero atque adeo a Turicensibus
repudialam ego nunc amplexatus sum haud ignarus infinitivum a
voce fSvyyvdfiri suspensum aliis exemplis fulciri, veluti ipsius Lysiae
or. 18 § 19 Tcalxot jtXeloiv avyyydiiri fivriaiKccKStv vsaaxl xcrceXi^Xv-
^^oöiVy Herod. 1 39 avyyvdfM] (ihv — gwAax^v k'xsiv, Thuc. V 88
ehog fiEv Kai (Svyyvci[i7i — XQejtscd'ai. Dem. or. 19 § 238 (p. 415,
17) 6vyyv(6iii] aöeXgxp ßorjd'stv^ quae est proverbialis loculio. V.
Schaeferus ad Dem. "p. 1443, 27. — Eandem liUerarura s et ««per-'.
21mutationem agnoscere mihi visus sum in Lysiae frag-mento 240'
ed. Saupp-, 80 meae, ex oratione xara OiklitTtov initQOTC'^g a Zonara
in lex. V. aTCOXQtjv kcu anoxQ&v servato, in qua quod olim in lahnii
ann. philol. XXXI p. 384 scribendum esse conieci 0M7t7t(p öh (tri
oYsöd'S xccvx ccTtoxQav ^To oVsdd'cit iam Sauppius dignum habuit
quod reciperet.
AI non audiendus est Reiskius qui dteß&ai in oha&e mutatum
ivil in or. 19 § 29 %aks7t6v^ co avögeg ötKaarccl^ xQay&Sotg .te digp-
%0Qriy^(SaL — yijg XE nXiov ^ XQtaaoiSLcc Ttki^Qa axrjaaad'ai. m äl
C. Scheibe: lecliones Lysiacae. 819
n(^g rovtoig ote<f&ai %Q^vat ^jtmXa noklie KcctcilsXomivai^aXX 21
ovtf' ot Ttalcii ütXov6ioi öoKOvvTSg elvat ü^ut Xoyov^^} i%oiev av i^-
Bv&y%Biv, Sane oXbü^cci perquam durum esse et ambig^uum nemo est
quin scnliat. Minus oifendil quod infinitivi definita personae nola-
tione destituti sunt, de quo usu ipsc exposui observv. in oratt. Att.
p. 52 et vindd. Lys. p. 35 sq. Al illud molestissimum est atque cius
modi, vix ut simile deprehendas exemplum, quod cum ad infinilivos
priores xo^i/yi}tfa4 — xQiriqaqirßai — eiaevrivoxivat — nqiaG&cci —
%xrfitL(S^ui Aristophanes mente Intel legatur, a^ dlBiSQ'cti subiccto
praeter exspectationem taciteque mulato homines intellegendi sunt.
* Durum est* inquit orator *bis choregia perfunctum esse, per trien-
nium conlinuum trierarchiam subisse, contributiones multas in rem
publicam contulisse, domum et agrum emisse: praelerea vero putarc
(homines) fieri non potuisse quin muita sit (ab eo) relicta supellex.'
Hanc argumentationis seriem necessario flagitalam quoniam interro-
gatione, cuius signum pone naxaXeXovjtivcii collocavit Reiskius, et
verbo finilo oXb6%b interrumpi inlellexi, nihil sollicilandum, sed illud
oXsö^ai liberiori et dissoluliori dicendi rationi condonandum esse
mihi persuasi.
Sed mendo laborabal locus or. 13 § 52^^) aXi iccog qyriaet Sxcdv
t06avxa xaxar iqyi(5oi(S%'ai, iyco ö ovk olficct — ov tovrov evsaa ov
8sXv Vfiäg ä(ivv€a^at, elra 6e aal IxaVov*®) fiEfivijö^hct^ oxi i^ijv
^AyoQclxG) xovxo) kxL Haec Bekkerus et crilici Turicenses. At infi-
nilivus fAEftv^cy'O'Oft, quem ex oliiai aptum esse dlcunt, si quid video,22
lolerari non potest. Ut non offendare defeclu pronominis personalis
«uficrg, tamen sententia non fert hanc dicendi ralionem : * deinde vos
hoc quoque meminisse arbitror, Agorato isli licuisse incolumi abire.'
Neque enim iudicibus incerla fuit neque esse potuit recordatio illius
rei, quam paulo ante %% 25 et 26 explicaveral : unde pulandi verbum
2ß) a^iM Xoyov dedi e C: d^LoXoyov enim X, noo ä^tov Xoyov, ut
memorat Bekkerus. Item paulo infra $ 31 Dota Bekkeri in ^fraudem in-
ductiis in ed. priore dederam (foXatiagi at non hoc sed (pvXwKOC habet X
Kays. Permiscuit ille fortasse notas codicum suorura C et X. 27) In
S 51, quae bis verbis proxime praemissa est, cum atia mihi Tideor in
veram speciem redegisse, tum quem geuetivum xovxov in his dXX' oTiiai
noXv xovvavxCov xovxov libri tuentur omnes, eura cum Turr. 'relioui
pro accusativo xovxov , quem de suo dedit Bekkerus. Praeivit Foerischius
observv. p. 27 sq. , qui multa ad hoc genus loquendi confirniandum exempla
prolulit (adde Aristot. Polit, II 5 p. 50, 29 ed. Goeitling. eiusque observ.
p. 330). Quo magis miror nondum emendata esse quae or. 6 § 36 leguntnr:
ov äiJTeovd'eVj cUX* ccvxb xovxo xovvavxCov hdqa^B filv ovxög x'qv noXiv,
naxeaxijaaxB d* vfisig. Hie Bekkerus et Turr, Reiskii snasu secluserunt
TOVTO, quod equidem tamen ita servavi, ut mutaiione perexigua ac prope
nulle genelivnm reponerem xovxov i. e. ipsum Imic re.i contrarlum factum
est. Haud rara autem est locutio avxo xovvavxCov , y. Dem. or. 45 § 12
et or. 55 § 17. Simili modo usurpatnr näv xovvavxCov ab eodem Dem,
de f. leg. S 252. 28) i%BCv(ov revocavi e X, quem non habere ineivOy
ut narrat Bekkerus, Kayserus testis est. De plurativo numero ad uuam rem
relato v. vindd. Lys. p. 39. 59. 69.
320 C. Scheibe : leeliones Lysiacac.
22alienum esse apparet Immo exhorlaüone opus est, ut iUud memoria
teneanl iudices secumque repulent, iu islo situm fuisse servarine vo-
luerit an non. Quod autem Reiskius infinilivum pro imperalivo ac<
cipi posse opinalur, hie usus cum natura sua oratorio dicendi generi
idoneus non est, tum non pertinet ad exhorlationes , sed sennonis
finibus circumscriptus voluntalem aul iussum eius qui loquitur indi-
caL Quare fidenter dedi imperalivum fiifivi^G'&f, ducem secutus
29Taylorum. — Tum scripsi ^Ayogaza xovxtpi Cobelo auctore oraU
de arte inlerpr. p. 95 pro ^Ayo^axtp tovto), quod est in libris Omni-
bus. Ipsa articiili absenlia inlerpretes de viüo monere debebat.
Nam ut nemo Graecorum scriptorum huius aelatis dixit ivriq (}vxog
aut ovrog <^W^9 ^^ ^^^ JwiroOiog ovxog aut ovxoq Jiovvaiog dicere
cuiquam iicuit. Res autem transigitur asu Aristophanis quippe
melro astricli, qui pcrmuUis locis ab Elmsieio ad Acharn. 1062
(1049 Br.) congeslis ad ovxocl articulum omiserit, numquam item ad
ovTO^ (cf. eliam Blumii animadv. in progr. Sundensi 1825 p. 5).
Quare ubi quis ab oralore oculis vel digilo designatur (v. Apollon.
30Dysc. p. 75 Bk.) omittilurque arliculus, ibi ovxoal in iocum prono-
minis ovxog sufficere non dubitavi, praeserlim cum nusquam in con-
trariam partem ita peccatum sil, ul absens aliquis sine arliculo dice-
relur (or, 13 § 55 6 Mevisxqaxog ovxog) : itaque correxi or. 3 S 4,
or. 8 S 10, 4M-. 13 S 52, or. 23 § 1, fragm. 1 S 2, fr. 8 meae ed. (19
ed. Saupp.). Non rede igitur fecisse videnlur Turr. , quod in Dem.
or. 18 S 114 e codd. quamvis optimts dederunl ovro^ Neonxokefwg
pro ovxoal iVeowr., quod libri deleriores habent receperuntque Reis-
kius et Bekkerus. Neque ipse sibi conslitit Sauppius in fragm. or.
contra Tisidem 232, noslrae ed. 75 § 1 rede quidem scribens 'L^^-
%mnog yicQ ovxoci, cum cod. Dionysii (VI p. 983 ed. R.) vitiose
habeat ov xovq^ Reiskius et Sylburgius ovTog ediderint. Nominibus
igilur propriis non addilur articuius, quotiens aut praecedit aut se-
quitur ovxoal^ v. quae idem Sauppius congessit ad Isaei or. 9 S 2,
ubi unus Isaei locus omissus est or. 5 S 16 exlr.: nominibus autem
appellaüvis haud raro praefigitur articuius , veluti Lys. or. 24 S 1,
• or. 13 § 55, Isaei or. 6 S 6 et 9. Contra in Lys. or. 13 §55 Do-
braeus ovxog ovv pro ovxoal ovv et Bekkerus in or. 11 § 3 oTtsxxo^
vaai xovxov pro xovxovl recte correxisse videnlur. lUic enim Crilias l
designatur dudum occisus , hie definitio affertur , in qua i demon-
stralivum usurpari non potesl. Celerum ovxoal dici eliam non prae-
sentem recte observavit Weberus ad Dem. Aristocr. p. 152. Sed
quod vir doclissimus att tum nolum significari hominem, id ut
verum esse non infilier, tarnen non satisfacil definiendo usui. Ora-
tores enim quolienscumque hac forma de homine vel (Je re absente
ulebanlur, cogiiandi sunt intendisse digitum, lamquam homo aut res
adesset. Dem. de f. leg. S 229 ingiaßeviuiv xivsg mg Ollntitov xov-
xovl: *zu dem Philippos da drüben.' Eodemque modo explicandum
■lod in Arislocr. § 107 legitur ^OXvv^'Lovg xovxoval, CT.- eliam
ius in specimine novac edit. Aeschinis p.' 21.
C. Scheibe: lecUones Lysiacae. 321
Permutalae sunt lilterae e et ai eliam in or. 25 § 20 ov tolvvv
agioi/ XQfia&ai rovroig — ouöe a mia%ovreg ccömu ij/oft/ffte ncioxs^v^
otav higovg noirjrs^ dUaia fiy^siad-ai. Sic enim necessario scriben-
dum erat e cod. C pro ijy«tf0fi, quod quamvis legalur in Pai., tarnen
soloecum est, cum praecedat ovdi, non firiöL Quare hoc receplurn
noUem a Westermanno.
Restat ut tnaculam confusione lillerarum rj et si susceptam22
eluam ex or. 14 § 43 ov ifisi^ ort ^iv oväevog S^iog iauv, inatSav
anoXoy^aiy tiüead^e, oxi öl novriQog ioxtv^ i% tcoi; aXlfov litixriÖBv-
furroov eideö^E, ubi in locum alterius fuluri male ilerati etCead's,
quod frustra tueri conalus est Foerlschius comm. cril. p. 23 (v.
vindd. Lys. p. 83 n.) , de conieclura Boissonadii ad Philoslr. epist.
p. 98 subslilui ^a^i^a&s^ quod verbum propius ad simililudinem
scripturae iibrorum accedit, quam quod Reiskius proposuit quodque
amplexi sunt crilici Turicenses Vate. Stabiiiendae emendationis
suae causa Boissonadius affert Suidae glossam ya^rja^aiy xorr«-
Orationis tertiae decimae
S 53 et 54 ovxovv tovvov fvexa Sei as tcocq rj^av avyyvci^irig nvog 9
tvxstv^ insl ovöe iiistvoi TtaQcc öov ovdefitäg Srvxov^ ovg av dniKxst-
vag. xal Ircnlag iiiv o &aGiog xal S£vog>av o KaQtevg, dl iitl
TJ ofVT^ alxLa rovtco vno rijg ßovkrig ii6Te7tiiiq>^ri(Sav ^ ovtoi fiiv
iniO'avov 6 (lev axQsßka^elgj lSevoq>^v, 6 ds'lTtnlag ovrm^^)^ öioxi
ovx 5|tOA i86%ovv TOig tQiaKOVta OcotrjQiag dvai {oväiva yciQ A^rj-
valüDv anoikXvaav)' ^AyoQarog 6s cicpMri , öloxi iöoKSi i%üvoi>g
xa iqöiaxa yieTtotrjKivai, Hoc loco error explodendus est alque e
Lysia expellendus, quem ab longo inde tempore foverunt interpre-
tes atque ad hunc diem propagaverunl, omnes unanimo consensu
probantes speciosissimam Palmerii coniecluram Ssvog>av 6 ^Ikcc-
Qisvg i. e. pago Attico, cui nomen fuit 'Ixa^^cr, ascriplus (v.
ßoeckhius C. I. G. I n. 646 p. 501, Leakius de demis Alt. p. 227 ed.
W., R. Ungeri elecla crit. p. 35 sqq.) ideoque civis Alheniensis,
cum libri mscr. ad unum omnes conspirent in lectione lSevog>mv 6
KaqtBvg. Sed posteaquam ego iam in libro quem hiscripsi ^die oli-
garchische Umwälzung zu Athen' p. 52 suspicatus sum Hippiam et
Xenophontem i n q u i i i n o s fuisse, non cives : primus Th. Bergkius*
vidit istum Palmerii Icariensem, qui nostrum locum tarn diu obsedil,
tandem aliquando exterminandum esse scribendumquc coniecit aut
Kagiöevg aut Ku^iq&ig aut Kaqvevg. Haec amicus. Iam videamus
quid rei sit. Ambo ilii Hippias et Xenophon in senatum acciti sunt
ut, cum pariter atque Agoratus coniurationis conscii essent, nomina
coniuratorum indicarent: quod cum facere constanter recusarcnl
cumque noUent quemquam Atheniensium indicio suo morli dare ^^),
^ 29) ovrco, quod superiore tempore defendi, Westermannus mutari vo-
luit in ovn(Oy coniecit ovxmg, <og taxs Raucheasteinius. 30) ov8iva ya^
322 C. Scheibe : lecUones Lysiacae.
lOoccisi sunt. Atque Hippias quidem^ cum Thasius vocetur, dubium
esse non polest quin fiiroMog fuerit. Xenophon vero antequam in-
vestigetur cuias fulsse yideatur, necesse est quo iure quoque con-
silio ante supplicium lormentis Iradilus sit inquiratur. Notae sunt
quaesliones de servis per tormenia habilae (cf. Schoemanni Proc.
All. p. 680 el Anliq. iuris publ. Gr. p. 280, Hermanni Anliq. publ.
S 141, 15), quibus tunc quidem locum non fuisse salis apparet cum
ex ipso Xenophontis nomine, quod non erat servi, tum ex eo quod
servus in coniu^alorum numerum vix est receptus: Agoratus
enim, quem quis huius rei probandae causa afferre possit, non iam
servus eral, sed civem se esse iactabat. Sumamus igitur ing^enuum
eum fuisse civem Alheniensem : qui si fuil, num iicuit tormentum
ei admovere, ut quidquid sciret ediceret? Minime vero. Nam lege
a Scamandrio rogata cautum erat, ne liberis civibus tormenia adhi-
berentur (Andoc. de myst, § 43, Lys. or. 13 § 27 n^mov filv yccQ
^Ad^vatot riaav^ &<Sxb ov% iSeöleCav ßaaavtad-ijvaL) ^ atque etiamsi
Pisander conlendit ut abrogala ea lege Hermocopidae in lormenla
darenlur, rei tarnen, quamvis aegre, impetraverunt, hoc ut non fie-
rel. Nee magis Arislophanes Chollldes videlur lormentis cruciatus
esse, lamelsi exsliterunl qui rogarent ut lormenlis subicerelur, quippe
de cuius civilale AUica non plane liquerel: v. noslrae orat. §59
TOvrov (livTOi (og ov xaXmg (de hoc voc. infra seorsum dicam)'^'9"»y-
1/arov ovra ißovXovro rtvsg ßa(Savc(Sd^vai ^ xal tovtl xo tl}ri<pi<S^a
tov öiiiiov avanei&ovat iprig)lt6(i^ccL^^) Volunlalis verbum ijSov-
Xovro lormenla adhibila non esse subsignificare videlur, nee, si
factum id esset, commemorare neglexissel orator. Cerle eliamsi
quidam decrelum apud populum perlulerunl ut tormenlis afficerelur
Arislophanes, tarnen in eo haud dubie perscriplum fuil, id ut tum
demum fierel, cum hie in peregrinilaüs iudicium vocalus civem se
esse ingenuum probare non potuissel. Hoc aperlissime cernitur e
§ 60, ubi ei, penes quos tum summa rerum erat, Arislophanem adisse
narranlur roganles ut nomina coniuralorum indicaret horlanlesque
ne periculum supplicii subirel, ubi peregrinilaüs causam di-
cere coactus esset (kccI firi KivdvvevsLv aycoviaaiiBvov tijg |f-
llvlag xa e<y%ara %oiQ^bIv),^^) Deinde Arislophanes cum nomina indi-
'A^Tivaifov ändXXvaaVy non dTttoXsaav, quod postniavit Hamakerus 1. d.
p. 50. Imperfectnm enim hie posilum de conalii: 'noiebant quemquam
pessumdare.' Uoc ut satis perspiciuim est, ita non dilucide aliquando a me
explauaiura viudd. Lys. p. 76. Cf. or. 12 § 27 ibique Rauehensteinius , et
eiusdem or. § 88. 31) Hoc restitui e cod. X pro t/;??g)t'<ra(y^at, quod est
in Laur. C quodqne probaveruut post Bekkerum editores omnes. 32) At
idclrco non putaudus est ob id ipsum, quod per fraudem in numerum civium
surrepserat , morte multalus esse*: qui enim in yQciq>y ^sviag reperti essent
peregrini, eos veuditos esse scimus, sl per diaipjjffiaiv tav Srjiiotav eiecti
ad iudices provocasscnt atque nb bis quoque convicti essent: v. Schoeman-
nus de comitiis Athen, p. 380 et ad Isaeum p. 478 sq., Meienis de bouis
damri. p. 78 sq. et in Froc. Alt. p. 348 sq., Sintenis ad Flut. Per. c. 37
p, 254 sqq., C. F. Hermannus Anliq. Gr. § 121 et quos laudat. Aristopha-
/
1
C. Scheibe: Iccliones Lysiacae. 323
cando salulem suam redimere nollet, capile damnatus esse perhibe-11
lur, lormentis Iradilus esse non perhibelur. Quidquid fuit, illud cer-
lum est indubilalumque, ne istos quidem homines, qui omnia ad arbi-
Irium suum moderabaiUur, ausos esse lormenta admovere ei qui civis
Atticus vere esset et optimo iure. Consectarium est Xenophontem,
si tormenlis eo consilio affectus fuisset, ut indicium in senalu vei
in contione faceret, civem non fuisse nee Icaricnsem dici poluisse.
At enim, inquiunt, Xeuophon non ut nomina coniuratorum in-
dicaret tormentis laceralus est, sed poenae supplicii ag^gravandae
causa. ^') In qua ego quoque senlenlia suni: neque oniin argeßlm-
^ivta ccTto^avstv aliud quicquam vaiere polest quam simpiiciter tor-
menlis crucialum occidi s. posl lormenla lolcrala supplicio affici,
plane ut est apud Dem. de cor. § 133 vvv ^' viistg (STQeßXdaavreg
avTOV ansTitelvaxB y et apud Piut. Phoc. 35 oncDg xal arQsßXoid'slg
0G)Ki(ov anod-dvoi j ubi eliam quae verho axQeßkoi>&£lg adiecta est
parlicula xa/ supplicium tormenlis aggravatum designari satis pla-
num facil, simililerque in Dinarchi oral. 1 § 63 iaxQißXmaav^Avxi-
tp^vxa xal aniursivav ovxoi ty ttjg ßovk^g cmoq>a(5H TCEKSd^ivreg,
Quoniam autem supra demonstravimus per legem Scamandrii inge-
nuum civem in lormenta dare omnino non licuisse, superest hoc
loco ut quaeramus umquamne fuerit ab illa lege discessum adhibi-
tumque in cive genuino tale supplicii addilamenlum, et si est adhi-
bilum, qua id licitum fuerit condlcione: quo facto omnis de civitate
Xenophontis deque emendationis Palmerianae verilale quaestio pro-
fligabilur. Ac mihi quidem duo tantum huius rei exempla praeter
hoc Xenophontis innoluerunt: unum Antiphontis a Dem. de cor.
S 133 eiusque adversario Dinarcho contra Dem. § 63 (cf. Plut.
Demoslh. c. 14) memoriae prodilum, allerum Phocionis a Plutarcho
in eins vila c. 35 narratum. Tenendum est autem Anliphontem per
fraudem in album civium irrepsisse ideoque postea nomen eius el2
curialium tabulis expunctum esse (Dem. de cor. § 132 tov imot^-
(piad-ivta^ ubi vid. Dissenius p. 305: cf. Maetznerus ad Dinarchum
p. 126, Slechowius de Aeschinis oratoris vila p. 73 sqq.). Atqui si
quis e civium numero expunctus est, eum ipsa res declarat non
posse pro cive haberi. Neque vero Phocion, qui quidem civis
optimo iure erat, cum capite damnatus esset atque quidam postulas-
senl adderetur ut ante supplicium cruciarelur tormentis, hanccrude-
litatem, quam Agnonides barbaris dignam ac taetram iudicavit ac
vcl Clilus repudiavit, perpessus est. Comprobato enim ab universo •
populo plebiscilo, quo capite condemnatus est Phocion, et populo in
nes potius supplicium subiit, cum nollet coniurationis socios indicare: et qui
tuDc Imperium teuebaot, ei yQa(p-^v ^svi'ag minitati suut, quo potestatem
nanc^scereutnr eum tormentis cruciandi. Sed litem illam Aristophani mofam
non -esse ex eo apparere videtur, quod cruciatus' non est. 33) De tor-
mentis expositum est a Boeckhiu in Oecon. publ. Ath. I p. 252 sq. ed. alt.,
a Schoemanno in Proc. Att. p. 684 sq., ab Hermannu in Antiq. Gr. publ.
§ 141, 15, a Wachsmuthio in Antiq. Gr. II p. 266 sq. ed. alt.
324 C. Scheibe: lecUones Lysiaeae.
12 »ufTragia misso non tarnen comprobalum est illud additamenluin. E
qua narratione id quoque inlellegitur certe plebiscito opus fuisse, si
qui«) illa crudclitale in civem aniinadverti velleL
Cum igitur nullam inveniatur exempium civis (onnentis ante sup-
plicium lacerati, lum solum illius Xenophontis ex omni antiquitate
Graecorum reliquum est, siquidem lile demo Icariae ascriptiis fuiL
Quod et per sese admodum incredibile est et refelütur eo quod le-
f^em Scamandrii non abrogalam, neque plebiscito aut senatuscon-
flulto, quo opus esse supra diximus et doeuit Schoemannus Proe.
Alt. p. 685 n. 90 (coli. Dem. or. 25 c. Aristog^. I S 47 navt ivn %£
xal xata notmv iv xatg inulrfilaig mg dhv tnQeßlovv), confirma-
tam videmus hanc poenae accessionem, deinde, quod obiter tantum
atque quasi in Iranscursu et ipsorum tormentorum et universi sup-
plicii de Hippia et Xenophonte sumpli menlio fit, cum tamen de
Menestrato (S 55 sqq.) et de Aristophane Chollida (S 58 sqq.) satis
copiose Sit expositum, ut de civibus, qui in eadem culpa essent
eodemque modo evocali ut quidquid de coniuralis compertum habe-
rent aperirent. Levius illud est, sed tamen non nullius momenti,
quod Xenophon una cum Hippia Thasio, quem inquilinum Tuisse
supra observavimus , occisus est unaque Agorato ita opponitur, ul
inde aliquam inter utrumque rationem intercessisse conti nuo coni-
cias.'*)
13 Ilaque si neque servus neque civis esse polest Xenophon , sequi-
tur cum aui laorsl^ aul, ul Hippiam, inquilinum fuisse. lam vero
neque UsoxtUlg neque fiitoixoi Iribubus pagisque assignabantur
84) Ad nostram rem facere posse videantur verba $ 61 i^Bivog likv
xo£wv aal vno aov anoXXviisvog roiovtoal iyivBxOj %xcl SsvoqxSv 6'
atQsßXto^slg %al 'innCag 6 Odaiog* ffv S' ovd^v rotg ävigdaiv
itieivoig avvBiS(6g, XBiff&slg d^ mg ffv ye, av i%sCvoi dnolfovxaiy (iB^d-
^si^g T^ff rote noXns^ag Had-iatafievrig , dnsyQatpBg xal aTeiittBivcig 'A^-
va{(ov TtoXXovg %ai aya^ovg. At hiiic ioco nihil quicquam tribuendum.
Verba enim xal ffsvotpcSv 6 ati^BßX, xal *ImtCag o Gdaiog ab interprete
imperito et male feriato e $ 54 repetita sunt et illuc intnisa, proptereaqae
in mea editione canceliis saepta. Etenim interpolator iste offendens in pla-
rali To£g dvägdaiv i%BCvoig^ quo Aristophanem designari opinabatnr, huic
XenophoDtem et Hippiam addendos esse pntayit, qaippe qui et ipsl ad ladU
dicium conluratorum provocati se prodituros esse illos negassent. At vero
ot avSQBg IkbCvoi intellegeudi suut viri illi bonl et libertatis rei publicae
nmnntes . quos indicio sno suppücio dederal Agoratus. Interpolatorem pro-
sit additamentum o atQBßXcad'Big, quo nihil ab hoc Ioco alienius est aut infi-
cetins: quid illud, quaeso, ad rem? quasi vero sibi invicem opponantur 6 azQS'
pX(o&BCg et 6 Qdaio^i prodit etiam vonxoiovxoffC, qua dicitur Aristophanes talis
fuisse, qualis eis quae proxime praecesserunt descriptus est : num vero etiam
Xenophontis et HIppiae virtutes verbis praegressis praedicantur? num igitur
toiovxoaC ita ad insequentia irahi potest, ac si scriptum esset %al Sbvo^
tptiv o avQsßX, nal ^InnCctg 6 &da. toiovrod iyivovto^ Nihil minus,
«rbis inB^vog fiBV et av ds elucet Aristophanem sölum Ago-
Hippiam et Xenophontem non item. Vides igitur quam im-
snipestive sint ista xal Sbv, — @daiog in orationcm invecta
re ea secluserim.
C. Scheibe : lectiones Lysiacae. 325
(cf. Boeckhius Oecon. publ. Alh. I p. 697 ed. alt.), itaque tie Xeno- 13
phon quidem Icariae, qui pag^us fuil tribua Aegeidis , ascriptus esse
potuit. Quotquot autem civitatis participes non eranl, eos, quemad-
niodum puerum illum Plataeensem (Lys. or. 3 S 53 extr.) , tormen-
lis crueiare licuisse inter omnes constat (cf. Boeckhius i. d. I p. 253
c, Schoemannus Proc. All. p. 685 n. 92 et 93, Wachsmiilhius Antiq.
Gr. II p. 267 n. 77). Reprobalo ig^itur Palmerü invento 'liucQieug
circumspicieadum est nomen civis peregrinae aiicuius terrae : inqui-
lini enim a patria sua cognominari solebant (cf. Schoemannus ad
Isaeum p. 296). Atque KceQievg quidem nomen nullum fuit: Cariae
enim incolae KaQsg dicebantur. Quare Th. Bergkius proposuit vei
KaQtSsvg vel KocfiiQSvg (s. KafisiQevg) vel Ka^Evg, e quibus pri-
mum KccQiSsvg elegi, non quod certissima mihi emendatio visa es-
set et de qua nulla oriri possei dubilatio, sed quod neque nihil dare
volui scribens KciQisvgj neque ut falsum illud et commenticium Ixa-
^61;^ propagarem a me impetrare potui. V. Stephanus Byz. v. Ka-
qla I p. 359, 16 ed. Mein, fort %al Ogvylag ytokig KaQlg Mcl Ka^
glösg. ro i^vmbv Kagiösvg tag ^Agxaöevg , %o am t^g x^vtig
Kaqixfig. ••) (Cf. Weslermanni Comm. crit. IV p. 8.)
Disputatio nostra supra delala est in or. 13 S 59 rovrov ft/v-
roi mg <yv Tialmg^Adi^vcciov ovra ißovlovto rivsg ßaücevcCdijvatj
Kccl rovrl ro ^Y/^tcffta top drjfiov avaTCsC^ovöi 'ipfjg>C^s6&cci, Non
memini me usquam legere de ppurio cive ov Hakmg ^Ad-ipfatog sive
Tcolitfig äv: num forte igilur haec locutio notat Aristophanem non
honest e Atheniensem fuisse? Quodjfanc vim haberei, ut ille non
dignum se civitate Allica praestilisse dicerelur. AI non quaeriturl4
utrum honestam an turpem vitam degerit: id tanlum agitur civisne
fueril genuinus, cui tormenla adhibere non licueril. Aüoquin inepte
fecissent qui ei causam peregrinitalis minilati sunt, Forsitan igilur
quis per analogiam defensurus illam locutionem afferat tamquam si-
mile quiddam bv sive »almg y/yvetf-ö-crt, veluti in Pseudo-Dem. epi-
taph. S 60 et conlrarium naxmg ylyvead'aiy veluti in Lys. or. 19 S 15
et in Aristoph. Equ. 218 (ubi yiyovctg nanAg^ iyoqctiog elRavennas
pro XGfxo^), quibus locis KaXmg yiyv, est nobili loco nasci, Kctumg
ignobili. Cf. nunc Cobeli Var. LecU. p. 157 sq., Schoemannus ad
Plut. Agid. p. 89. Quodsi hanc nolionem in nostrum locum Iranstu-
lerimus, haec iam insipida exibit senlenUa: ^nonnulll eum tormentis
cruciari volebant utpote AÜieniensem loco haud nobili natum.' Quasi
vero ignobilitas generis quamvis g^enuini civis quaestionem per tor-
35) £ contrario nomina peregrinorum incolarum longum per tempus pro
nominibus curialium occiipabant libros editos et apud Demosfh. de cor. $ 73
p. 249, 13 EvßovXog MvrjaL&sov Kvnqiog et apud Isaeum or. 3 de Pyrrhi
liered. $ 2 l8iBvo%Xrlq Kvnqiogt nunc autem in illo.loco ex optimis codd.^
in hoc de Meieri coniectura Kongtog repositum, cum ex inscriptionibus
Hippothontidis pagus nomine KouQog innotult: v. Boeckhius G. I. G. I p.
216. 903. tit. naval. X d 107 (cf. quae a Boeckhio observantur p. 384), X
e 100, XIV a 6. Schoemanmis ad Isaeum p. 229.
S26 C. Scheibe: lectiones Lysiacae.
14menta perniisisset, ut praeteream eam perversitatem, qua tum homo (
igDobili genere orlus diceretur propter pere^initatem potuisse in
iudicium vocari (aywvici\uv(}v xrj^ ^tvlag). Civitatis simulalio culpa
esl, ignobilitas originis, credo, non est. Haec tarn dilucida sunt, vix .
ut egeant demonstratione. An igitur ita accipiamus illa verba, ut ,
inlerprelemur Athenienseni qui non pulchro , i. e. honeslo iustoque
modo Alheniensis sit? Est speciosa sane ista explicandi ratio, in
qua quidem acquicsceremus, si is qui verba facit per irnsionem vel -
indignationem adversario dubiam generis originem opprobrio .
V er t er et. Verum neque irrisio neque indignatio inest in verbis, I
sed simpliciter causa cur quaestionem per tormenta habere liceat
affertur, deinde dubia origo Aristophani non exprobratur, sed
certo affirmalur et affirmari debet subleslam esse eius civitatem.
Etenim si quis non pulchre sive honeste Atheniensis esse dicilur,
is non praefracte negatur origine Atheniensis esse et civitatis iure
excludi, nedum ut inde colligi possit, in eum tamquam in peregri-
num animadvertendum esse. Hequiritur poüus vocabulum in hac
re legilimum, ex quo statim eum non vere et oplimo iure civem
fuisse intcliegatur. Non eßt illud ovx ijifi&agj quod Dobraeus ex-
cogUavit quodque cuipiam forsitan ab emendandi facilitate commen-
dari videatur, sed ov Tiad'aQag^ quod recte coniecit Taylor us (cf.
Cobeti.orat. de arte interpr. p. 94), quamvis oblocutus sit Reiskius.
Hanc enim formulam apud AUicos J^i hac re constantem fuisse et
soUemnem maniresto teslatur Libanilkn vita Demosth. p* 5, 6 Bekk.
xo (livtoi (iritQmov yivog ovk ^v, »g <pa(Sij Kad^ctg^g ^Amtiov,
Cf. Dem. or. 57 c. Eubul. § 55 tcov %l noii^ßag wv , öaoi /tij xcrOa-
Qc5g ^0ocv %olixcci^ TtSTtOLTiKOTsg g>alvovrai; Luciani Tim. 52 (vol.
I p. 69 ed. lacobilz.) xal rvTtuig rovg ilevd^igovg ov »cc&ttQc5g
(Gorlic. Tia^aQog) ilevd'SQog ovd^ aaxog äv; eiusdem Rhet. praec.
24 (vol. III p. 189 ed. lac.) OQccg ifii, og noTQog (ihv aq>avovg %ccl
ovöe Mid'aQü^ ilBv^iQOv eysvo^riy.
30 Eiusdem or. § 92 aTCO^viJtfxovreg yicq i^uv hUcKrj^^av nal v{uv
Kai votg aXkoig mtaiSi uficDQUV vtcIq aq>&v avxmv ^Ayo^axov tovrovi
(ög (fovia ovxuy xofi xaxcag jtoietv xa^ öaov av ßQ^xv Sxaaxog
dvvffcai. In locum vocis ßQocxv, quae legitur in libris omnibus, e
sentenlia Schneiden ad Aeiiani N. A. VII 41 et Dobraei subslitui
Ifißgaiv: expedire enim non polui quid vellet inaudita ista diclio:
quantum quisque breviter polest. An forte valet: pro brevibus
sive minutis cuiusque viribus, pro sua cuiusque quamvis minima
facultale? At quis landem breves umquam vires dixil? Alibi ad-
verbium ßQcc%v interprelantur aliquantum, paulum, quin eliam inler-
dum parum, ut in Pseudo-Dem. or. 17 S 4 ßQcc%v tpqovxCcag v(iav
xal xrjg xotv-^g o(ioXoylccg. Quae quidem significationes minus eliam
in senlenUam nostri loci quadrant quam illa quae iam est a nubis
exagitala. Nihil igilur relinquilur, nisi ut amplectamur emendatio-
nem satis facilem IftjS^azv, ut hoc dicat oralor: *demandarunt illi
nobis ut ulcisceremur Agoralum , quantum omnino quisque noslrum
C. Scheibe : lectiones Lysiacae. 327
posset, i. 6. quantumcumque quisque posset sive pro virili parte/ Ita 30
idem voc. legitur usurpatum in Piatonis Gorgia p. 457 A dwatog
fkhv yaq ngog anawag i^iv o ^ifrco^ xal nsQl navrhg liysiv, &6xs
%t^avwtBqog elvai iv xotg nXti&saiv Mikßqap} %B(^l otov av ßovXri'
tai. Theag^. p. 127 C iym yaq^ tfoi %xoi^g e^i &g dia ß^aximv bI"
nstv %al iiil Tial xa ifia Ag clov xb ohnBiOxaxa naq^Biv^ orov av öiy
IfißQap). Ad quae v. schoi. p. 383 ed. Bekk. sive p. 17 ed. Tur.
min., ul)i per (Swxoiimg xal ankcSg expiicatur eiusque significationis
testes citantur Hyperides (v. Sauppius in fragm. p. 283), Aristopha-
nes (Thesm. 390), Cratinus in Horis.
Oraiionis quartae decimae
S 18 avü ovv SbivoVj co avi^g dt%a6xai^ xovxovg (uv ovxiog Bvxvxstg
slvat^ &Cx huiSav i^afiaqvävovxBg Xipp^mCty dia xo avxmv yivog am-
^BC^aij 'qiiag iiy bI idvüxvxi^iSaiup dia xovg ovrcog axa»xovvxag, ^n-
diva av övvaa^ai na^a xtSv TtolBfämv i^aix'^aaad'at firidi öia xag
Tov nifoyivmv aqttag. Ita Scaliger et interpolator Laur. correxerunt,
correctionem suam persuaserunt Bekkero et criticis Tur. In qua scrip-
Iura merito offendit Cobetus erat, de arte interpr. p. 87, av aeque
alienum esse existimans atque iiffii^ diä autem verum esse non posse.
Nimirum isia scriptura mera opinatio est : in Pal. enim. legitur /tiijd' av
xagxäv TtQoyovmv aQBxag ^ quae lectio varie temptata est a Stephano
et Reiskio, quorum hie Xiyri de suo addidit, ille vel n^oßaXhovxai vel
na(/ix<ovxai vel TtQoßakXmiud'a vel jcaQBXoifiB&a addendum esse suspi-
catus est. Haec vero omnia non modo incerti ac lubrici sunt iudicii,
verum etiam declarant interpretes dubitasse subiectumne esset (itßiva
an obiectum. Quodsi neutram rationem probari posse d^monstraveri-
mus, elucebit neque ambages illas Stephanianas Reiskiana^que neque
scripturam vulgatam probari posse. Si obiectum est iitidiva^ hoc dicit
orator: ^iniquum est, si illi in flagilio aliquo deprehensi per generis
nobilitatem servantur, nos autem clade per illorum neglegentiam dlsci-
plinae militaris accepta non possemus quemquam ab hoslibus depre-
cari.' Quidni sodes? Cur hoc fieri nequeat? Unum aut alterum cap>
tivorum ab hostibus dimitli cur tam incredibile sit? Si non precibus
liberias captivorum impelrari potest, nonne potest impetrari pecunia
soluta? Num vero universos Athenienses pro wiius alteriusve captivi
libertate deprecatos esse credibile est, idque merita maiorum suorum
iaudando? Quod autem non minus grave est, non recte et ordine sin-
gula membra sibi opponuntur. Praegressae enim huic sententiae: ^gens
Aicibiadea si in delicto deprehenditur, servatur generis nobilitate', non
tam hoc oportebat opponi : nos neminem possemus servare virtutibus
maiorum noslrorum, quam tale aliquid: nos ipsi servari non possemus.
Neque enim cum gente Aicibiadea nescio quis captivus, sed ipsi Athe-
nienses contendi debebant. Ex quo apparet iirfibfa obiectum esse non
posse. Sumamus' igitur subiectum esse. Quid?' Num Lacedaemonios
umquam a cive Attico, qui praedicaret praeclara maiorum suorum faci-
nora, perductos esse arbitramur ut captivos missos facerent? Gerte si
Jahrb. f. class. Philol. Sappl. N. F. Bd. 1. Hft. 4. 23
328 C. Scheibe: lectiones Lysiacae.
quis Atheniensium ut captivos liberaret maiorum merila apud Lacedae-
monios illusbrare animam induxisset, hi credo aut exacerbati essent aut
risissent. Credibiliiu esset hostes ultro admiralione Diagnoram faciao-
rum a maioribus edUorum molos esse. Quod si verum est, efficilar illa
Stephan! Reiskiique additamenta vera non esse, ut omittam vel sie vio-
lari membrorum opposilorum coacinniialem. Quid scripseril Lysias per-
spezitTaylorus, qui una litlera deleta loi^um ila correxit: (ATfSkvav dv-
vaa^ai TtaQa r£v nokefUcov i^aLW^ac^ai (ii^d^ av rag xmv n^oyovmp
aQevägj ut subiecta sint (itidiv elra^a^ercr^ eademque vocabula ambo op-
posita ei quod praecessit xa yivei. Quodomninonulla re servari potuisse
dicunlur Alhenienses , id luculentius etiam atque accuratius illustratur
angustiore ac definiliore notione zag i^txag^ ut ne virlutibus quidem ma-
iorum, quae res multo est generis nobilitate gravior, id fieri potuisse de*
signetur. Persentisces iam quam arguta sit membrorum orationis contra
positorum ratio {hcBidav i^afiuqftavovtsg Xritp^wn — bI idvarvxtiaafuv
iia xovg ovTio^ axaxxovvxag: yivog — uffiiv et i/irfil xitg xmv ^QOfovav
if^ag: aciisa^ai — ivvcus^ai na^cc xmv nolsfäaw IgorttijdaaOort),
quamque ad indignationem actoris accommodata. Videtur autem fiijdev
in fii^ii/a mulatum esse'^) sive per scribendi errorem sivequod inter-
preti cuidam offensui erat quod praeter consuetudinem res dici videren-
tur deprecari aliquem, non homines. Hoc tarnen Idquendi genus a Grae-
corum usu minime ali^orret Insignis est locus Lycurgi in Leoer. S 150
voiUSirifxtg ovv, m^A^fjvatöi, EviSxevHv Vfimv xi^v xd^anf xai xa öivÖQcc^
i&Mai tcvg lifiivagy xk v&iqw %al xa xd%7i x^g noUtog^ a^iovv öi
x€cl xovg vtmg xal xa Uqcc ßori^nv avxotg, ita^adatyiAa notri^azB Asm-
XQaxfi (ubi in ed. mea corrigendum dixi aut tov$ lijiivag xal xic ved-
Qia xal xa xil%ri aut xoig kifiivag, xa vsti^ucj xa xdx^'- polysyndeton
tarnen h. 1. praestare puto). Itemque Dinarchi or. 1 § 108 noXv av
dtxatoxsQov iXsrjcsxs xiiv xfOQav, ij xaig i^ eavx'^g yByetnri(iivovg vfiucg
ixinvei^ naQaaxrfiafiivfi xic viiit£(fa xixva xal ywaixag^ xifKo^ca"
a&ai xbv Tt^oxr^v xxL Cf. eiusdem or. 3 $ 13. Persimilia autem sunt
iUa Ciceronis , unum de lege agr. II 36 § 100 : quemadmodum , cum
peiebam^ nullt me vohis anctores generis mei commendartuU, sic^ $i
quid deliquero^ nuUae mmi imägines, quae me a vobis depreceniur:
aiterum in or. adQuiriles post red. 3 $ 7: me autem — C. Pisoms
generis mei divina quaedam et inaudita aucioritas atque virtus fra-
triste mei miBerrimi et optimi cotidianae lacrimae sordesque lugu-
bres a t>obi» deprecatae sunt. Hoc pacto ne (itidi quidem quiequam
habet in quo oifendas. Particulam av autem post (iffdiv positam, quam
ego Cobeto auctore in proecdosi cancelUs saepseram , nunc ita probo.
36) Neutrum ov9sv restitui ex libris mscr. cum editoribus Tur. in or,
1 § 22 eidmg d' iym ort xrjpiyiavta atpiyfisvog ovdhv av xofraAif'^otTO
ol'yioi, xmv inixjjdiCiov pro O'ddiva av sive ovdsv' av, quod Marklandus voluit,
vel ovdsva, quod edidiv Bekkerus. Neutrum enim ioterdum veteres scriptores
usurpant, ubi locuntur de hominibus, pariier ac nostrates: v. Schaeferus ad
Demosth. p. 42, 21 et ad Plutarch. V p. 52. Ceterum Imnc locum cum eo de
quo didputavinius uuUam habere necessUudiuem vix est quod commemorem.
C. Scheibe: lectiohes Lysiacae. 329
ut ^am paene necessariam esse conlendam. In ea enim expeditione,
in^ qua Aleibiades minor se stio arbitrio ex hoplitarum , inter quos re-
cetisilus erat, numero exemit) ut eqaestrem subiret militiani) proelium
commissum esse nullufn aperle docemur S 5 fA«%i^ yap ovdefilccv ysyo-
viifat. Unde intellef^itur il iiv0tv%ri0a(isv et fitidiv ccv övvatf^at de
re dici non facta sed ita posita, uti non est: ^si tunc (cum expeditio-
nem faciebamus) cladem accepi98emus ^ nihil nos posset ab hostibus
deprecari^ ne maiorum quidem virtutes.' In oratione non suspensa
dictum foret rnuig diy el iövörifxiljda(A€v , (Mjöiv av idvvmo i^am^cc-
Od'ai^ (ifjöh ai T(ov Jt(f(yy6.vmv igeraL Seilicet clade accepta libertatem
amissuri erant Athenienses. Denique in av particula iterata non est
quod quis haereat : prius enim av additum est vocabuio firfih^ ut sta-
lim ab initio quae ratio esset huius enuntiationis appareret (cf. Fran-
kius ad Dem. or. 1 $ 10), alterum autem voci ^di perspicuitatis causa
subiunctum, quia fi)}^' av tag x^ 7cq<yy6vtov agstag novum est et
ipsum per se constans enuntiatum : v. Hermannüs de part. av IV c. 6,
Hartungius de particc. II p. 324, Kiotzius quaestt crit. p. 106. Exem-
plis in re trita non opus : nostri tarnen similia sunt Aeschinis or. 1 S 122
olfiai d^ ftV, sl itgog akhyvg uvag rjv 6 kiyog fiot TtSQl tijg alxlag r^g
xQlvofiaij tatg ifietiQaig fia^vglatg ^dltog av dnoXv6a0^ai tovg rov
TioxriyOQOv Xoyovg^ et or. 2 S 103 %uv sl rovg wttiQhag fm^'ipBv I7 no-
Xig nBQi&susa fUcttv avtoXg^ anavi avnqa%^vai vo^l^m. Quare ne
Marklandi quidem coniectura inrid* dvxag xag xmv ngoyovav iqtxag
corrigi volentis necessaria videtur.
Quoniam autem ad verbum deprecandi i^ait'qiSaiSQ'ai forte
delati sumus, qua illud vi ac potestate ifi orationibus Lysiacis usurpari
soleat inquiramus. Atque activum quidem verbum i^aiteZv semel
exslal or. 7 S 36, ubi (item ut apud Dem. or. 49 S 52 et Antiph. or. 6
S 27) valet servos deposcere ad quaestionem sive torquendos. *Me-
dium autem cum accusativo personae copulatum omnino est traden-
dum sibi aliquem postuiare ^ or. 2 S 12 in. , et ad poenam quidem de-
poscere or« 12 S 9ä extr. Deinde cum accusativo eins personae quae
rogatar coniunctum est enixe aliquem rogare, obsecrare, exorare, quo
quidem significatu semel legitur or. 14 $ 16 avaßalvovxBg vfiäg i^ai-
xi^öovtai xal avxißoXfiOovCiv, Denique ea notione usurpatur, quae
cum omnium frequentissime celebrätur, tum ad cum locum pertinet, ex
quo omnis haec profecta est quaestio, ut sit veniam pro reo petere,
vehementer petere ut poena delicti remittatur, sive deprecari : ac pri-
mum quidem casu non adiecto sive absolute, ut aiunt, or. 20 S 19 av-
igl l^aix<^(iivip et $ 31 i^aixov(Uvoi naq v^mv xiiv a^Cav %aQiv ano-
Idßöifuv ^deprecantes poenam^ (cf. Lycurgi Leoer. §20 xag dnrfieig
tmv i^aixovfiivmv) : sie enim interpretari malo quam passive : * depre-
cationibus amicorum vestrae poenae erepti', etsi probe, scio passivum-
eadem significatione esse in eadem or. 20 S 15 i^titruiivoi sMv intb
xmv ifitv 7tQO^(A(ov, Hac autem notione plerumque cum accusativo
conslruitur, et quidem vel criminis, ut est apud Aeschinem in Ctes.
S 196 et apud Eurip. Androm. 54, nusquam item apud Lysiam, vel reo-
23*
SSO C. Scheibe : Iccliones Lysiacae.
rum, quorum absoluüoncm ab iudicibus petunt cognaü, amici, (
or. 14 S 90 liiv {itv uvig xw Cvyyevav »vriv iJ^jUixavtai, or. 21 S tZ
&at ovx üv slKOtcog ?T£Qo/ 118 i|a»Ti}tfa»yro (sie nuperrime Emperio
auclore acripsi pro eo quod Ubri obünenl ISyr^tfamro) na^ «fwi^ or.
27 S 19 xal vvv fooog noi/ilfiovaiv Sitif^ nal tcqouqov ffiav dO^iOfuimä
xai öfiiiotm nul (plkoij nktnCovxig iiicixBl0^M avxovg na^ v|i«v, nba
niBi cum Kaysero corrirere velis fial tplloi^ %a\ klalovtsg igamjtfoiw
(cum C) avxi^ifg naff v^iäv^ aut statuere infinitivum iiaixoMmj qm
libri oplimi auctoritate munitur, negleg;entiu8 auspensum esse ex veiiio
noii^awiSij nihil aliud relinquitur quam ut aliquod conandi verbum vel
excidissc vel in noi/f^aovaw delitescere existimes. (Praeierea ef. Ly-
curgi Lcocr. S 135. 139, Maelznerus ad Lycurg. p. 304 sq. el de re
Cic. oral. 38 S 131, Weberus ad Aristocr. p. &23 sq.)
lam vero unus reslat Lysiae quamvis ementiti locus, qui mea qai-
dem sentenlia manu emendalrice eget. Est is or. 20 S 35 Tcessov^^tsv
di xovvavxlov xotg aklotg iv^Qwtotg. ol \iihf yitQ aXloi xovg lud^ag
7ta(f€iaxfitftt(iBvot iiatxovvxM v(i&gj ii(Uig öi xov naxiqa xovxovl %al
ri^tig iiaixovfu&aj fi^ fifiSg ivxl ftiv hti,xljuov ixliuyvg itonjötite^ ayxl
ih noUxäv iinolidag. akXi (sie Pal. noster pro akk*) Ike^iSaxs %al
xov naxt((a ylf^ovxa ovxa xal fnuig. Haec verba qaomodo accipienda
sint dubitari polest. Pieraque interpretum pars ita existimaty ad xw
natiqa xovxovl %ctl iifiäg e superiore membro eliciendum esse ttaqa-
tfxrfiäfievoif explicans hoc modo : alii liberis produclis vos exorant, nos
vcro el palrem nostrum et nosmet ipsos producentes rogamus ne nos
iure civili, quo olim integro usi eramus, privetis civilateque excludaüs.
Alque i^aixovvxat quidem p^r loquendi usum hoc designare posse
conspicuum est ex loco quem supra altulimus or. 14 §16, siquidem
illic verum est i^mxiqöovxM^ quod cum simpUci verbo alxiq(Sovxtti com-
mutari voluit 6. A. Hirschigius. Cerle rarissima est haec significalio
ac nescioan praeter illum locum nusquam reperiatur. Huc accedii
quod ita ad alterum i^MXOViu^a obieclum deest. Denique illa iuter-
pretatione admissa non rede constabit oppositio, immo omnino nulla
est inier i^aixovvxai v(iag el i^aixovfu^a, Elenim haec, ni fallor,
sentenlia inest: ^ceteri liberis productis pro se precantur, nos palrem
hunce el nos producentes precamur simul pro palre et pro nobis
filiis: alii se solos deprecantur / nos el palrem el nos ipsos ülios.'
Itaque correxi i^aixovvxat <Sq>agj ut accusativi xov naxi^ xovxovl
nal fifucg posili sint äno hoivovj quippe qui el e Ttaqaöxffiafuvoi et
ex verbo i^aixov(i8d'a pendeant. Haud raro enim rei semet ipsos de-
precari dicuntur: v. Dem. in Mid. $ 99 naidla yiiq na^iSxvfietui xai
vXairfiei 9uxl xovxoig 4xvxov i^uix^qaecm el $ 151 iSxojtsi öii (i^ xovxoig
ctvxov i^aixi^öficau Voces autem vfAccg el öq>ag el quae eodem perli-
nenl saepius permixtae sunt in libris mscr., veluti or. 12 S 94, ubi pro
Cq>sxiQagy quod conieclura assecutus est Marklandus, in libris legitur
vfASxi^g,
Ac ne quid desideretur in hac quaeslione, de duobus locis disse-
•-am , in quibus i^aixBia^i praeter necessitatem flagitalum est a viris
C. Scheibe : lectiones Lysiacae. 331
doclis. Unus est or. 12 $ 86 aHa tuxI rmv ^wsQOvvtfov (ikka xal
rovro tav ^vvsQfyuvtmv Kayserus coniecit, nqque id temere) avtotg
S^iov OttVficr^e^v, itoreQOvmg xaXol %ayci9ol alnquovrai t^v avräv
aQeetlv Tclelovog a^av anoqxdvovxig r^g xovtatv TtovtjQlag • '^) — ij mg
dsivol Xiyeiv inokayffiovxai. De vilio suspectum habens ahriaovtcii
Canterus maluit aTCoXoytjiSovTM, quo putida exsisteret ileraüo. Bergkius,
cui ego olim quamvis dubitantius suffragatus sum in Emendd. Lys.
fäsc p. 9 n., expunctum voluit istud verbum: denique in l^a irid-
is ovrai mulandum esse censet Kayserus addito pronomine ctvvovg.
Mihi vero nunc quidem ahrfiQvtm defendi posse videlur verbis or. 14
S 22 of Xtyovxzg %al ahdvfuvot vtcIq [dXTußiadov. Nostro aulem loco
e ^vvtQOvvtmv avxotg facili negotio apud änimum repetitur vniQ av-
toiVy ut nulla sübnascalur ambiguitas (de quo Graecorum usu exposui
vindd. Lys. p. 9 n.).
In alte/o loco , qui est or. 30 S 35 fifAtiig filv xolwv ov% ii^'BX'q-
Cafisv imo tovtfov ä\tovfievot Tcsufd^^vaiy rä 31 ovro Toi;ro na-
QuxaXovfievy fi^ n^ trig »glöecog (itömcovtiQSiv , äXX* iv x^ KQltsst
Ufitogetd^at tovg r^v ifittigccv vofio^söCav afpavliovtag ^ Sauppius
i^airovfisvpi reponi voluit pro €f^uyv(Aevoi, Sed illud rede vindicatur
a Koenio ad Greg. Cor. p. 157 (cf. Bekkeri anecd. p. 80), praeserlim
cum i^aireid^ai significatione exorandi vix usquam a Lysia in passivo
genere usurpetur: v. quae. supra observavimus. — Sed cum a^iov-
lievoi vitio vacat, tum non vacant reliqua verba, in quae per hanc oc-
casionem inquirere Übet. Desideratur primum eorum mentio quos ex-
hortantur accusatores, quam quidem mentionem flagitat etiam mem-
brorum oppositorum ratio : *ut nos qu^vis ab reis magnopere rogali
noluimus exorari (cf. S 34 in. bv d' eldivat xqri ravg avtovg rovxovg,
ort noXXa ötrfiivxsg rd>v natriyoqtav fniäg (ikv ovdafiwg STtsiöav)^ ita
vos ut idem faciatis exhortamur.' Unde emergit alicubi deesse vfiäg^
quod quia insigni aliquo loco poni oportebat, ut pronomini '^fieig op-
positum esse eluceret , extremo hoc enuntiato post nagaTtaXovfisv cum
Baitero Sauppioque inserui idque eo üdenlius feci , quod propter simi-
litudinem exitus verbi 7caQaKciXov(isv omitli facile poterat pronomen
vfiSg. Possis etiam idque ad oppositionis vim efferendam efficacius :
TtttffanaXavfUv 9ud vi^g. Sed ne hac quidem curalione adhibila Om-
nibus parlibus sincerus locus est , qül ut vulgo scribilur hunc sensum
fundit: *ut nos noluimus precibus amicorum Nicomachi obtemperare,
ita vos idem illud exhortamur, ut ne ante iudicium maleficos deleste-
mini , sed in ipso iudicio in eos animadvertatis qui leges vestras tollere
animum indncunt.' Verum non idem est, credo, precibus deprecan-
tinm morem non gerere atque quem quisque animum ante iudicium in
maleficos declaraverit infestum, cundem in ipso iudicio non probare.
Immo vero actor cum iudices horlatur ut idem faciant quod fecerinl
ipsi accusatores, hortatur ut ne precibus deprecatorum fleclantur neve
37) Libri t^g novrofiagsint xovteovy quod postiilat oppoaitio corum
quae antecessernnt Ti}ir avxiSv dqsxjiv.
332 C. Scheibe: lecUones Lysiacae.
86 alios anle iudicium , alios in ipsö ludicio esse veliat. Hinc apparel
wd particulam ante ^^ ab Lysia addilam esse , id quod vidil Marklau-
dos. Proinde scripsi ro il €tvto rovTOs^^analovfiBvvtiäg^ Hai fi^
TtQO tilg %ql0^0g inöwtovvn^kv,
Oraiionis septimae decimae^)
15 § 4 ort (ilv ta ^axsivog öiital(OQ av fniivsQcc äri^ in xovxtüv
§^Siov döivat^ ozi öh nävta dri^v^teciy i^ ^vxcjv aTCoygidqxx}*
tQStg yccQ Kccl xizwQEg aTCoyeyQiigHxOi. nuixoi xovxo ^ejtavxl av-
yvmaxov^ oxi ovn av jtaQalt^Tcdvxeg ei xl ukko x6v ^B^axtovog
otov xs fiv öriuevEiv t riv nayxa xa'^ElQa^XGn/Qg ifciyqatpov aft«»
Xiytm jtülvv ijdij ju^qvqv xixT^jticr». Haec viliose legunlur in. cod
X {Xiyta leslibus Sauppio et Kaysero, non liy^^ ut.rettulit Bekke-
rus, illudque habet etiam Vindob. omnium fidelissimus archelypi
seclalor in Reiskii var, lect. p« 697). Et certa quidem est Reiskii
emendatio i| avxav rcav omoyi^ag>ü9v ^e% ipsis indlcibus'. SchoUus
aulem in öbservv. hum. IV 10 reclius scribi posse autumans xgetg
yaq ^ xixxaqeg vehementer falsus est. Instar omnium appello C.
Wexium in prolegg. ad Taciti Agr. p. 30 sq. Sed quae subsecuntur
nctlxot xovxo ys — »ixxijfiai» dubium non est quin graviorem coh-
. traxerint lab^m, cui corrector I^aurentianus hanc incredibilem ac
(emerariam adhibebat medicinam , ut scribaret : &g ovit av nagiXi-
Tcov^ et XL allo xmv^EQdxcavog otov xe-r^v drifievstVy ot navxa x^
^EQaxmvog aTtoyQccfpovxsg* ^yci ölnoXifv ^'dij xqovov ninxiniai^ eam-
que correctionem persuasit Bekkero. Sed unde tandem et quomodo
tarn facile intellectu est , recensores, nihil praetermissuros fuisse , si
quid aliud bonorum Eratonis pnblicari potuisset? Mihi quidem i^
promptu non est, Immo vero . demonstrandum hoc erat, nee pro-
fecto Lysias, quod insigne fuit eiüs singula quaeque ralionibus
comprobandi confirmandique Studium, illud tarn nude posqisset
quin aliquo astruxisset argumento, Deinde haec verba iy&> dh —
xiKXfifiai quorsum spectent aut quo sint adlecta consilio vix intell?*
gas,: neque enim quid fuerit illud quod possedit actor ostendunt et
argumentationis seriem mirifice turbant. Orator uniyersa Eratonis
bona, quae sua sint de iure, pubücata aerarioqiie addicia esse dicit:
id conspici posse ex eo, quod non unus, sed Qomplures bona in in-
dicem rettulerint : iam vero illos in recensendis Eratonis bonis nihil
quod publicare potuissent praetermissuros fuisse, sed universa in
^ tabulas retlulisse ex eo apparere, quod etiam ea in indicem
redegerint, quae ipse iam ex longo usque tempore
possederit. Quibus verbis significat agrum Sphettium , quem ex
hereditate acceperat aliquando Erasistratus (S6), sed qui patri acto-
38) loscribitur Srjiiocioov aSiyirifidxcav in Pal. nostro. Uegl Srifio-
gCüüv adiytrjfidxmv ceterl libri. UeQl drifioaioiv XQTjiidtmv cum Sohotto
Bekkerus et edltores Tur. Inscriptio utique falsa est, slve a9i%7iii>dx(ov
sive X9Vi''dt(ov ponitur.
C^ Scheibe : . iecüones Lysiacae. 333
ris in lite naQaßa6$mg öv(ißokäi<ov (of. Meierus Proc. AtL p. 610) 16
Hoelsoherus de Lysia p. 86), tribus ante annis ab iudicibas assigna-
lus erat ideoque post mortem patris. de iure et sine uUa contWer-
sia ab actore ocGnpatus obtincbatur. Hac argumenlatione usum
esse oratorera ex parle sensit Reiskius, pro sagacitate sua plane
perspexit Saupphis in epist. crit. ad G. Hermannum p. 15. ^*) Sed
qaod ille suspicatus est Lysiam dedisse: on oim Sv vtagaXmovtsg^
^,xi alh^ xmv '£^wrot^g oUv re 4^ dtifiiveiv, a7toyQaq>ovreg toi"
VW nivta r« ^Egattavoq in^qatpov %»l ä iym itoXvv i^öri %gavQv
KixxruMti, ididem Saüppius cum vctvtoliyov esse viderel {*qui om- ,
nia in indicem rettulerunt, eos patei nihil praetermisisse')» ferri posse
negavit. Ipse igitur adulterina illa codicis C lectione repudiata lo-
cum ita correxit: nalroi tavto yt navtl tvyvmoxov^ oxt ov% av na-*
gc^movxeg^ s^ xi &kko xmv ^Bi^xmvog olov xe riv (intell. unaygi*
tpeiv) y oidfffiBvovxBs ndvxu xce ^E^xmvog aniy gag>ov , bI nal
S iym noXw ^17 %q6vov Ki^xrifiBiii, Praetermitto quam sit dura
vel, ut rectius dicam, ambigua infinitivi anoygcifpetv ad Mv xe ipt
omissio : qaivis enim potius yecigaXiTCUv e superioribus mente r^pe-
tierit quam anoygaipuv ex eo quod sequifur iidygacpov. illud vero
grävissimum est, quod ot öfi(ievavx€g ab hoc loco sunt alieni. Nam
aut ipsi accusatores aut aliqui ex eorum amicis , quibus demanda-«
tum erat id negotium, aut nonnumquam «Ciam demarchi (cf. Meierus
de bonis damn. p. 203 sqq., Boeckhius oecon. civ. Ath. I p« 665)
anoygafpovöi s\ye unoygiqiovxai bona publicanda, publicantur
autem iam aTtoygwphxu. Discrimen hoc, quo öiihuvhv actionem
publicationis universe designat a senatu vel populo vel iudicibus
decretam , Moygaq>€iv autem rationem , qua ötjfievöLg efficitur (das
Inventar aufnehmen), accurate observatnm videmus, velut ap<ud
Dem. or. 40 S 22 xijg ovüUcg aniyyqe^ÜiSr^ Hai öfi(isv9elififjg et in
Androt. $ 54 mpslg x6 xa %mqia örjiie^siv nal xitg olvUag koi xfxm
U7toyQag)siv ^ apud Pollucem VIII 95 xag a7tayQaq>ag xmv iSfi(Uvoiii^
vmv avayiyvmöftovei. Sequitur xoifg Srj^Bvovx&gj siquidem usquam
dicti sunt, non potuisse ä7SoyQdq>sLv dici. Hoc noii videtur prae-
terisse Sauppiam, qui dri(isvovxsg Latjne Uilerpretatus sit: ^qui pu-
blicationem curarent', non recte mea qiiidem senlentia: bona enim
in indicem relata nmX'^ccig tradebanlur vendenda (er. Hermanqi
Ant. p^bl. Gr. $ 151 , 2). Quod autem duo haec vocabula drifievBiv
xijfv a libris submtnistrantur , quibus conflatis Sauppios .effecit ol
irjfiBvovtBgy non magni id (kciq. Etenim xrjv ex öixxoyQag)la supe<
riorum vocularum r' ^ natum videtur. Cum igitur ne Sauppii qui-
dem coniectura corruptela tollatur , vide meliusne tibi placeat mea
ratio, qua leniore medella adhibiia ita scripsi : Tialxoi, xovxo ye navxl 17
Bvyvaxsxovj oxi ovk Sv Tt^igaXimvxBg, si xt &XXo xmv ^Egaxmvog
39) Quae ipse ante hos vigtuti aunos de eodem loco commentatus
sum in observv. quas scripsi in oratores Att. p. 8, ea nunc satius duco
ailentio praeterire.
334 C* Scheibe : lecüones Lysiacae.
17 olov tt 7^ äfiiiBvetv , ncivta ra ^E^atavog mtiyQaijpov , [ccftoyQti-
g>ovxEg] »al a iym noXvv i^dti %(f6vov aiKttifuai. In quibus quod
ego de coniectura inserui aytoy^a^potrcsg ipsam causam continet,
ex qua cognosci possit recensores nihil quicquam praetermissuros I
fuisse, sed universa bona Eralonis in indicem rettulisse. Deinde
particulam Sv ad solum participium itagaXutovteg referendam recte
tuetur Sauppius conferens sioiiJem locum or. 21 S 20, ubi quod in
cod. X scriptum est ovx Sv dvvdiuvoi d' vTtiff xm itq>Bti^»v ifta^ |
TfjfurtoDv UTtoloyri^aa^at hi^iov iMxvrjyoqBiv xolfiwsi ou|n dispiicuis-
.sei scribae Laurentiano, particulam av proscripsit, proscriptam cri- I
lici Tur. et ego revocavimus. lam vero erunt fortasse qui offen- {
dant ad iterationem eiusdem nominis ^gavmvog in enuntiatis pro-
xime sese excipientibus institutam. Nimirum significanter altere
loco nomen iterum posuit , ut iudicibus cum vi inculcaret opposiüo-
nem quae inlercedit inter ra ^Egdtawog et tt iym — ntnirnual
^perspicuum est eos omnla Eratonis bona in indicem rettulisse,
, cum eliam mea rettulerint, quae aliquando iudicum sententüs ex
Eratonis bonis mihi (vel potius patri meo) adiudicata sunt.' Cuius
repetitionis si quis exempla requirat, congesta ame reperiat vindd«
Lys. p. 75 et 82 sq. , quae nosiro sunt ex parle insolentiora et du-
riora, veiut illud Aeschinis de f. leg. $ 18 et in Ctes. % 134 ipsius-
que Lysiae or. 13 $ 46 extr. Quibus adde Aesch. in Ctes. $57 et
160 extr.
Ceterum S 5 extr. quoniam öuxyf^i^Mxi omnes et antiquorum
scriptorum et grammaticorum loci fiysiiovog öiiuxürtuflov j SiMyqi"
tffaö^ai autem actoris fuisse testantur (cf. Meierus Proc. Att.
p. 27 n. 3), Meieri et Dobraei emendationem iisyQa^avto re-
cipere non dubitavi, licet in libris mscr. omnibus activum legatur.
Harpocratio quidem p. 57 , 3 Bekk. verbum öiayifa'^aöd'oci ex ora-
tione in Nicidam affert, nostrae orationis mentionem non faciens,
ex quo silentio forsitan quis coUigat lexlcographum non novisse me-
dium hoc loco posilum. At id non continuo sequitur. Nam ne in-
fra quidem 1. 10, ubi activum ÖMcyqci^ecvtog^ quam vis insolentiore
vi a Dinarcho usurpatum, expUcat, nostri loci meminit. Nihil au-
tem egit Bremius, qui öiiyQailHuv retinendum esse censens sub-
ijßctum mente supplendum arbitratus est o£ '^ysfiovsgtov Sutaörti^
QloVf quo facto pro M(utoqoi g>diSKOvt€g elvat eorrigendum ei fuit
ilinoQixag fpdcnovttg elvai, Rei obscurae lucem affexunt quae mo-
nita sunt et a Boeckhio in oecon. publ. Ath. I p. 72 ed. alt et a
Bergkio in diurnis antiq. a. 1845 p. 948 sq.
»
Orationis undevicesimae
4S 25 Jijfiog yccQ o üvQilccfiTcavgj XQttiQaQX/Sv slg KvnQOv, id&i-
Ol} fiov TCQoCekd'stv CK VT 9, Xiyfov ort Slaßs övfißokov %ciqa ßa-
atXitng xov luydlov g>tdXrig (liv XQvö^g, mg '^Aqiüxofpi'
vr^v laße IV iTiwxidena yi,vag in avx^ Sy Ix^i avaXlc^iStv elgxag
x(fi7i(fa^Xlccg' iiteiöfi de slg Kv7t^ ifplKoixo , XvCaC^ai inoioifg
C. Scheibe: lectiones Lysiacae. 3^
ceiv öia vo CvfißoXov iv ytaaji rrj tinelg^^ Dedi haec , quemadmo-
dum in cod. X leguntur, quae tarnen partim corrupta partim turbala
esse senserunt interpretes omnes. Ac primum quidem cevrw ad
Aristophanem. referendum esse elucet e verbis $ 26 ^AguCxofpaw^
vUwv axovov fiii/ xavttt Jrifiov liac sententia : ^Demus , Pyrilam-
pis filius , pelitt a me ut Aristophanem convenirem.' Qua cum
sententia quomodo cohaereant quae secuntur tig ^AQiCtwpivri Xaßuv
ixnatdsita fivag iit ctix^ sanequam obscurum est. Infiniüvum Aa-
(ktv quominus ab id&^&fi aptum esse credamus, quae est Bremii
opinio, primum impedit vincientis particulae ante cogdefectus, ut
recte observavit Foertschius in observv. crit. in Lysiae oralt. p. 44:
asyndeto enim hie locus est nulius. At, inquiat quispiam, reperies
particulam istam a te desideratam in cod. C, qui habet xal mg ^Aqi-
cxfHpivri Xaßeiv. Sed admissa iiia particula quae tandem exit sen-
tentia? ^Demus petiit a me ut adirem Aristophanem eumque roga-
rem ut pro phiala aurea ac.cipere vellet sedecim minas.' Immo
vero ipsum contrarium requiritur. Demus enim per actorem huius
orationis rögavit ut ilie sibi suppeditarei sedecim minas. Quod
sentiens etiam Bremius Xaßeiv generali notione accipiehdum sibi vi*
deri dicit, ut valeat ^capere quod des alteri, h. 1. pecuniam
sive ex suis ipsius opibus stve ex aiiorum mutuo sumptam.' Est
sane nova ista et, ut opinor, inaudita huius verbi notio. Sed con-
cedamus eam , quam non concedimus : num Demus , siquidem sana
mente erat, rogare actorem poterat ut Aristophanes sibi (i. e. Demo)
procuraret pecuniam? Poterat hoc tantum eum rogare, ut id per-
siiaderet Aristophani. Nempe rogamus aliquem ütipse, non ut
alius quid faciat. Hoc quoque subodoratus Bremius iilam persua-
dendi notionem sententiae obtrustt interpretans : ^eumque rogabat ut
Aristophani, sub cuius auspiciis subsidia miiterentur , persuaderet
ut sedecim sibi minas procuraret': quod per leges linguae fieri
nullo modo potest. Tum haud facile quisquam eruat quamnam
Bremius inesse voluerit vim in particula log^ quam aut abesse opor-
tebät aut, si aderat, pro infinitivo optativum poni (cf. Foertschius
1. d.). Denique, quod argumentum nolim minimi aestimari, in
priore locp eiusdem enuntiationis ab eodem verbo iöe'q^ aptae
Aristophanes, utpote quem intellegendum esse nemini obsCurum
esse possit, pronomine avr^ insignitus est, in posteriore » tamquam 5
eiusdem nondum mentio facta esset, nominatim appellatus : c»g ^Aqi-
cxotpivviy Xaßsiv, Profecto exspectabatur potius inversus ordo:
nQOöeX^etv Aqusxoqxivei — dg ainov laßstv. Quoquo igitur te
verterisy nihil cernes quo vulgatam scripturam suffulcias. A con-
iectura igitur salus petenda est. Ac Marklandus quidem pro Xaßetv
scribendum censet ßcclsiv, quod xataßaXeTv ^ deponere, tradere
interpretatur. At primum is ad quem huius notionis probandae
causa provocat locus Diogenis Laertii Socr. 20 (tov SmxQaxrj) xk-
9ivxa yoyv vo ßaXXofUvov (i. e. xo dcßaXXofUvov) xi^fMx u^ifol^st^v
r
8S6 C. Scheibe : lectiones Lysiacae.
5 slv avaktiöavta nahv ti^ivai parum idoneas est, omninoqae du-
bito num apud scriplores aetatis Lysiacae ita usorpatom sit ßilXaiß-
Ac licet vice fungatur verbi nociaßiXXuv^ hoc ipsum tameo noa id
desi^at, quod eo designari vult Marklandus qnodqoe loci ratio ef-
ilagilal : nam nataßaküvv, cum aut persolvendi significatam obü-
neat aut idem ferc sil quod ncnait^ivai^ is demum dici potest, qni
aliquid servandum custodiendumque deponit, non tarnen ab altere
rogatus, neque eo consiUo ut inde usaras Incretur, velot apod
Dem. or. 34 S 46 bI (ihp yoif ij fia(ftvQla ^ tov Aaiuudog funtßaX"
Ino ivrav^cc (in tabulario publico), et or. 18 de corona $ 65 ^pev6&!s
yqatpag slg rcc öfifioöia ygafifiara xdcvaßdkXtö&cei. Eadem insoper
in hac coniectura ofFensioni sunt, quae in vulgata scriptura repre-
hendimus. Neque vero Retskii suspitione öaväaavta post laße^v
ingerendum putanlis illae molestiae amoventur. Quod cum mioinie
fugisset Foertschium, ipse in observv. crit. p. 44 pericülam fecil
loci huius in integrum restituendi, sie scripsisse Lysiam ratus: li-
yav on iXaße av(ißoXov %aqa ßaevXitoq tov ^i&yaXov q>ucltiv xqiu-
erjfv xcrl flog ^Aqiaroq>ivfiq Xaß^v ixTuxldena fivag hc avt^ na-
^i%oi avaXlaxuv €lg rag tQirjQaQxlag. Correctionem tucl <og petiit e
cod. Laur. C , ad Xaßw cogitatione addendum censuit iptaXipf x^'
tf^v, denique ace^ixBiv de suppedilanda et mutuo danda pecunia
accepit. Sunt haec omnia pro egregia Foertschü diligentia el
doctrina usu exempltsque testata, non nego: Lysiana essepace viri
eruditissimi negaverim. Primum enim ambiguitas, quae inde ori-
tur quod participium Xaßmv excipilur verbis i%%ctiÖB%u fii^ag, qui-
buscum illud ipsum Xnßtav in legendo copulatur, offendiculo est:
quam ambiguitatem facili negotio evitare potuit orator hoce ordine
«sus : Xaßmv Tca^ixot ixKatSBua (iväg, Deinde etsl non moror va-
riatam orationem, qua post verbum dicendi in priore membro con-
iunctionem on, in allero parliculam tag positam vult correctionis
auctoT (coli, nostrae orat. SS 41. 56, or. 17 S 2, or. 26 S 3 al.), ta-
men quod sententia primaria, quae utique inest in bis xal ag ^A^-
ctwpivr^ Xaßmf — nccQt%oi quaque id ipsum contineatur neces^e
6 est,^ quod ab Aristophane peti vult Demus , cum secundaria 8n IXaße
Cv(ißoXov ita conglulinatur , ul ex eodem verbo Xiymv pendeat, id
vero adduci non possum ut probem. Huc accedit quod haec xal
mg ^AqifSxoqwvfig — ytaqi%oi cum a dicendi verbo apta sinl, pos-
sint etiam in hanc senlenliam accipi: ^dicens — Aristophanem
suppeditare sedecim minas% non necessario admixta voluntatts
significatione , quam Foertschius intrusit expücans : ^dicens se ac-
eeptsse a rege Persarum pateram auream pignoris loco , quam v e 1-
lel accipere Arislophanes ipsique suppeditare sedecim minas'. —
Alberltis Dry ander, amicus Halensis, in comm. de Anti-
EhatTiiiusJi vita et scriptis (Hai. 1838) p. 69 sq. de Demo,
]>is filio, cöpiose accuraleque disputans et nostrum quoque
jxauiinans 'AQiarog>dv7i eiciendum esse arbitratur, utpote
^A^tfSvofpdpit expUcandi causa ad praeceden^ ctvrfp ascripto
C. Sche]l)e: lecUanes Lyslaca«. 537
ortum.et falso in or^inem vcrborum ill;älun:i $U. At pe diesen de 6
ceteris incotnmodis, neglegeiis exsistit el hprrida oratio, qua vereor
ul usus sit oralor ad inconipiarn familiaris vitae sermonem .^ignifi-
candum.^) — Tum Kays^us voluil r- XQV^riv, ^v vTtod^riCuv eu- .
^ifog ^^^vatotpcciiei laß^v.ms., quae emendatio ut s€nlentiae npn
contraria sit, tam^ jongius dfstat a scriptura codicis. — Postremo
Rauchei^steinius,. qui rationes loci sanandi superiore tempore a se
adhibitas nunc ipse repudiat,.quodnupernme de conie,etura Sauppii
r^cepit or^ elctßs firlv — XQfvarjv^ öciaBi d' ^Qidro^avH Xccßmv Ixx.
fumg ijt uvv^ !v Ijj^oa, in eo-verbum dwtfe» 4^ oppignevatione iis^ir-
piSLiiUQ) jiisplicel. — BaJiii vero coniecturam in scholicorum hypo-
nipem» voU III p. 239 ezpromptam seien» pfactermitto. .
Ego yero cogilans, quod eadem enunüalione idem homo prius
pronomine avcK^o^fX^ (a^Tco), dein ip&p nomine (ca^ ^^Qicxoqxivrf)
dicitur, id et a loquendi, consuetudine el yero etiam ab omi|i rat^one
vehementer abhorrere, verba &g ^AQiavoqxxvri expungenda ess^7
persuasum habeo: avt^' enim cum ad quem pertinerel inter-
prfiti cuidam ambiguum viderctur, nimirum hoc ne cuiquam obs-
curum esset, addidit ille og ^A^LaxoipavTq sive per heieroclitum
accusativum, qui reperitur in cod. X, c^ Aqustotpivriv' ^äd Aris-
tpphanem'. Deinde ante XaßBtv adiciendam duxi . part« > xa/^ u]t
non Aristophane^,. sed iam actor .huius oralionis dipatur. rpgatus
esse ut ipse pro patera ab Aristophane Demi, nomine sedecim mi-
nas acciperet. Th. Bergkius mens , qiii in similem se serttenliam
incidisse mecum communicavit, parifer xor/ ante XorjServ inserendum,
«ruTco yero secludendum esse iudicavit verbis ag AQiötogxivi/j ser-
vatis. Cui' suspitioni et inconcinna verborum collocatio obstat et id,
qüöd Verisimilius est ad orvr« interpretätionis causa assuisse queri-
däm cS$ ^Aqicxotpcivriv quam yieissim. In e^dem sententia ellam
nunc perslo, quoniam mihi quod verisimilius esset nondum contigit
ul exqulrerem. Westermannum quidem certe nactus. sum assen-
lienlem.
40) In 'eis quae § 26 secuntur: icXX' äfivvs nal ttQOöjSB&oHfetad^ai 6
totg ^ivoig äXXo&sv, insidii, 'qäi.av' dv&gionaiv ayslv tb äüd'tfg
ifitsivo \rg avfißolöv %€il %aQ(^cp09'oii i^uv a ld£Off£>9'a'cod..Lfattr. ,C
poue insLÖ^ laciiDam refert daodeclm lilterarum, credo, quad scriptor
eius verbuitt, ex quo iofioitivl penderent, desideravit. Huic codicis fäl-
lacis notae nierito nihil tribuens idem Dryatider 1. d. p. 60, nt sentenliam
in intcgrurti reBtiiueret, suspicatiis est scribendum esse insi ij&iav' e^v
uyBuir deieto vocabulo äv^gtonrnv^ Frustra. Qmnia sarta tecta sunt,
dunxmodo &v pari, cum Marklando inseras ante dvd'ffmxmv, qni genetl^
vus ad superlationem augendam superlaüvis haud raro subiungitur: y.
Schaeferus ad Demosth. p. 356, 22 el p. SiO, 7 et Boissonadius ad Philostr.
He'röica p. 571* Deinde ixHSTJ, quod hac vi fortasse rectius divisim scri-
bhnr i^rsl <^?j, interdnm Ticem sustinet parlicnlae simplicia ^£^, yeldii
apud Thuc. VII 13 inBidri — oq^etv , similiterque inBidq ye saepius
valet quoniam quiUem, de quasigniQcatu y. Webenis ad Dem. Aristocr.
p. 446. De iüfiuitiyis cf. Dry ander 1. d.
338 C. Scheibe: leetiones Lysiacae.
7 Praelerea pro tputltig pip z^vtf$?) qaod est in cod. archetypo,
cam Bekkero Turicensibusqae editoribus e Laur. C reposui ipiahfv
X^vtfqfv, non auctoritate huius codicis addactus neque qaod repre-
• hend^rim genetivum — Rebkio enim interprete öviißoXov g>takfig
est qnalff dtöoiUvti xivl bd xm tUvui Cviißolov — , sed qaod fiiv
neque in oratione neque in sententia qmcqoam habet qao pertineal
(non enim ea ratione defendi polest particala, qua defenditur in eis
oratorum iocis , de quibus exposui obseryy. in oratt Att. p. 19 sqq.),
idqae ipsom nihil aliud esse videtur nist vestigiom residuum aceu-
sativi obliterati gualtip. Tum codieem X, in qao scriptum le^^tur
av i%oiy voloisse «g ^JPh qnod Aldina exhtbet, scriptaram aatem
codicis Qf&gaq iioi inde natam esse, quod scriptor eins Sg per ig
explicaturus ambo vocabula iuxla posuerit, facile intellegitur.
Sed mtror quid sit cur plurali tag tQttiQaQxlag utatur
orator, cum procul dubio unam trierarchiam, non plures suscepe-
rit Demus. Id enim nee factum est umquam, quod quidem sciam,^)
nee potuit fieri ab homine, qui ut sedecim minas acciperet pateram
auream oppignerare coactus est. Quod cum ita sit, equldem vix
dubito quin Lysiae mentem assecuturus sim, si levi mutatione cor-
rexero: ttg va tfjg tgirigtc(f%l[ag i. e. ad ea quae ad trierarchiam
pertinent : quae quaiia fuerint explicat Boeckbtus oecon. publ. Ath.
I p. 712 sqq. ed. alt. idemque in titulis naval. p. 194 sqq. In X qui-
dem exaratum est alg ^ag rQivfQaQxT'^, in quibus signis Sauppius
nuper delitescere existimavit slg triv tqi7iQccq%lctv ^ idque reposuit
Rauchensteinius.
Mox praeeuntibus Baitero Sauppioque suscepi correcliones H.
Stephani XvCBiS^ai pro Xv<Sa6^ai, et TtoXXmv yiiq ayaO-^v xai.aA-
8 loav Kai XQfiiuiraw pro TtoXXav yaq ayaO-civ nal aXkoyu %^(iatmv.
'Sunt enim xQi^fueza* ut Reiskii verbis utar ^etiam in numero bono-
rum, verum tarnen non sunt sola bona*. Nee vereor ne cui in men-
tem veniat ita tueri vulgatam scripturam, ut aXXtov ad sentenltam
supervacaneum esse statuat, uti est in or. 7 S 30 iv^fJU>v(Aivovg xal
in xmv elgrifiivaiv xal ix x^g aXXtjg nohxeCagj eiusdem or. $ 32 ovr'
av 9t€Ql qwyrjg ovx^ av neQl x^g aXXrig ovatag '^awi^Ofitiv (ubi G.
A. Hirschigius in miscell. phiiol. et paed. fasc. II [Amstei. 1850]
p. 131 collala $ 3 perperam delendum censuit aXXrig), or. 18 S 11>
or. 24 § 3 (ubi e cod. X cum Turicensibus restitui tuxI riyv diavouxv
?|a> Kai xov aXXov ßtov öia^io pro eo quod Bekkerus e cod. C de-
derat aal xov ßlov omissa voce alXov) , or. 26 S 9 et in eis Iocis
quos ego praeterea congessi in observv. in oratU Att. p. 9 sq. et in
Schneidewini Phiiologo III p. 543 sq. Nam hoc dictionis genus
admilli non polest , si species (xav xQrifiaxoov) subiungitur generi
(aya/^äv)^ sed tum demum, cum novum quiddam, quod ipsnm est
de alio genere quam quod praecessil, addilur praegressis. Usilatius
41) Gerte nemo binas eodem anno liturgias praesiare cogebatur: cf. Her-
•oi Aul. publ. Gr. § 162, 15, Schoemanni Ant. iurit» publ. Gr. p. 329.
C. Scheibe : lectiones Lysiacae. 339
erat itoXlmv tb ya^ aXXoDi/ aycc^civ ital x^fMcvcinfj id tarnen ita va- 8
riavit orator ut diceret noXXmv yoiQ iya^mv %al SlXatv »eil xqvi-
Quod in inaudilo isto tag XQiifiQuq%Cag alterum articulum altero
absorptum esse vidimus, idem factum animadvertere licet in or. 33
Olymp. S 7 iiyB^oveg ovtBg vwv^EXXwmv ovx idUiag xal^) dtu vriv
Sfiqyurw a^£ri)v Kai dta t^v Ttqog rov TtoXBfiov htiaxf^^nriv ^ ubi mihi
cum Reiskio scribendum esse videbatur öim xriv xmv TtQog noXsfAOv
hciöt^fiifv. Graecos enim tj itqpg ti inKmifMj dicere potuisse nego.
Westermannus dta v^v nsQl tov TtoXsfiov htustr^ii/qv ^ non male. —
Simili modo in or. 25 S 33 pro his öiarovg i% neigauSg nivdv-
vovg Baiterus Sauppiusque correxerunt dw zovg tmv i%^ Uetgamg
Kivdvvovg, Tamen in editione mea me malle dixi öia vovg ix IIbi-
Qatmg mvSwevaavtag vel öuc vovg i» ÜBtqai&g voce luvivvovg
propter oppositum dt ivBQOvg e medio pulsa : in quam coniecturam
etiam Cobetum incidisse Var. Lectt. p. 374 sero cognovi eamque tarn
gravi confirmari aucioritate vehementer laelor.
Or. 19 $ 34 BÜ rtg v(tmv hv%B öovg TiitoO-ioi ttp Kovmvog xi^
^vyaxiqa ^ xi^v adBXqyfffVj %al iKBivov aTtodrun/qiSavtog xal iv dtajJoX^
yBvofiivov idfifi^^ ii ohüCa^ aal fti/ ivivBvo xij TtoXBt ycQad'ivxüDv
aTcavxav xixxaqa xaXavxa aqyvqlov, iia xovxo rj^tovxB av^) xövg
iKstvov nal xovg ycQOöiqKovxttg ajtoXiö&ai, oxi ovdh noXXo-
axov (liQOg xijg Sortis tilg naq V(uv itpavri xa x^fiara; Ita Bckke-
rus. Aristophanis bona publicata cum opinione vulgi minora inventa
essent, Aristophanis socer in suspitionem de surrepta summotaque
fortunarum generi parte aliqua adductus et in iudicium vocatus est*
Hie cum ante iudicium decessisset, filius eins causam patris hac ora-
tione defendendam suscepit. Atque hoc quidem loco ut suspitionem
statim in cognatos conicere iniquum esse ostendat, si opes alicuius
publicatae non tantae esse videantur , quantas eas fore homines opinati
sint, fingit aliquem audientium sororem suam filiamve Timotheo, Co-
nonis filio , nuptum dedisse , cuius bona si forte publicata essent eorum-
que e sectione ne quattuor quidem talenta redacta: ideone, inquit,
aequum censeretis necessarios atque propinquos amittere bona sive
eis esse spoliandos , quod longe inrra spem vestram inventae essent
illius facultates? Ex quo primum illud perspicuum est pro anoXhQ-ai
cum Bergkio levi mutatione corrigendum esse ajtoXiöai*^), prae-
42) jG. A. Hirsch igius l. d. p. 144 speciose coniciens ovn aS£%iag
aXXa dia tarnen fnistra est. Verbis enim xal 8ta — • intaxijfifjp causa
indicatur quare non iniuria sint Lacedaemonii Graecorum principes. Quodsi
pro ov% äd£%toq ponatur Sina^mg, nihil iam fuerit cuiquam offendiculo:
'qui principes sunt Graecorum non iniuria (sive: idque iure) cum propter
virtuteni insitam tum propter rerum bellicarum sclentiam*. 43) Sic mrsus
scripsi secundum C cum Bekkero pro ^^lovre, quod cum Turr. in ed.
priore dederam : in ipso enim X particulae av utlque necessariae vestigium
e^se videtur, jsam is mendose exaratum habeat t^^iOvv. 44) dnoXdeai
cum anoXsüd-tti permutatum etiam $ 54 ^ovlBad-e '^(läg diTux^mg amaai
(läXlov ^ oidUtog dnoXiaai^ ubi quod libros occupavit dnoXia&ai vix ac
S40 C. Scheibe: lediones Lysiacae.
serlim com eodetn vcrbo usus sil Lysias In !oco gemino $ 88 tovrov
ivBxa ri^tovre (scr. av a^töhe^ nisi forte in stiperioribus lSri(Uv6areei
hie Sv ^^tovze praeferas) rovg ivayuatovg rovg ixdvov xa (fq>ivsQ* ai--
rav inoXiifai; Qaae enim sunl $ 45 iym (liv ov% a^ia — ovno
TtoXXic xal fityaXa Texi$i]Qut naq€t6%0fiivijvq f](Mtg inoXis^ui iilwog
huc non faciunl. Sed haec qaasi in transcursu. Id agimus ut qua
possit ratione sanari vel resareiri scriptura vulgaris tov^ ixslvov aal
rovg ngoarpcowag perscralemur. Nam ferri eam non posse consen-
tiunt interpretes omnes. Stephano qoidem, quocam faciunt Marklan-
das et Reiskius, delenda videntur verba xal rovg ante ^goifi^xovTcig:
Sauppius, quem ego secutus sum in ed. pr., sie illa transposuit: xeel
rovg nQ06fi%ovrcig roifg ixelvov. Age vero; quid codex nostert Ha-
bet iHe rovg Ixslvov wxl rovg nqodrpiovrceg laeuna inter
rovg et ixelvov relicta , ut vocabulum , quod scriba in exemplo suo le-
gere non potuerit, omissum esse appareat. Quod quidem vocabulum,
ut expleretur hiatus , ex altero qui nostrum egregie iliustrat loco $ 38
repelii alque verbis inserui in hunc modum: Tj^iovrB Sv rovg avay-
nalovg rovg ImIvov hcA rovg ^goai^xovrag : 'necessarios illhis et
propinquos'. Ilidem ab Isaeo or. 1 $ 2 coniunguntur ololxeiot xal oi
nQWJtjxovrsg,
Eodem modo S 55 nsQl (ihv ovv aifrrjg rifg yQag)7Jg xal ö5 t^ottco
xtfitoral iifiZv iyivovro — aTCtjxoare xal (iSfiaQrvQijrai vi^iv'
itB^l d' ^funnrotf ßi(a%ia ßovXofMU^ ifitv (pron. addil Pal.) eljtsiv In
cod. a:rchetypo spatium vacuum est post (ieiia^vgrp;ai vfiiv, quod
vide ne ila reconcinnandum sit, ut txavmg intericiatur. Nam etsi
hoc incertius esse non diffileor, tarnen quoniam spatium casu aut for-
tuito vacuefaclum esse credibile non est, illa accessio si non omnes
veritalis numeros at certe aliquid habet probabililatis.
At praepropere me de lacuna cogitasse confiteor S 50 avrol ya^
fvayxog rjnovne iv ry IxxXriaia^ &g Jiori^og ixot raXavra rerra^a-
xovxa^ nXelm rj o(Sa avrog mfioXoyst naqa rav vavxXi^Q(ov xalj^mo-
QCüv, Sic X, nisi quod ^ deest. Sed quod librarius Laur. addit Xa-
ßsiVj eo non minus faciie supersedemus quam coniectura in ed. altera
ue vix quidem probari polest, vel qaod cum amacu arte cohaeret unoque
cuiistructiouis viuculo conexum est, vel quod rjiiäg non potest simul et ob-
iectum et subiectum esse. — Contra $ 51 cctzioi ovv slal nal viiiv nolXdSv
V^n '^fva^vM xofl dri (sie ego in observv. iu oratt. Att. p. 40 de meo
emendnvi Übrorum •eripturam nal.lSia) aÖCfuag ys xivag (re xivag Pal.,
f« om. 0) i^^ita^ anoXio^ai ot roXftdivxsg 'tfuvSsa&ai xal av-
noifavuCv av^^novg hci^vfkOvvTsg , ubi Bekkeras iu Add., scilicet ut
oüUoinnUatl saliifaocret , satis »peoiose suspicatas erat scribendum esse aito-
Xitakf Foortscbius observv. p, 47 iure suo medium tuilus ess«^ videtur,
uuamquam ae sie quidem ab omni parte integra verba sunt. Quis enim
(traovui, U0 dioam Auious, iunxisset dS£%mg Q^öiatg aicoXia&ai^ Et
iiuid valt»i't)t (^fudi'ca^ infdic^a^^ Ne roulta, verum vidit Kayserus, qui com-
liaiau« verba almiUa $ 40 ot» (^9i^g xtvlg •üoX(t4S9i XiyBiw ^ illa ab Lysia
JU'ui'eotu uuMt) jimiipexU hoo ordiue: «^i'xos yi xivag anoXsts^ai. ot ^a^
h'(O0 ToA^MfT«ff V9pde«^«rf.
C. Scheibe: Icctiones Lysiacae. 341
. a me prolala, quam vellem reticuisseni. Cogilalione eniin o superio-
ribus repelendum verbum Sxetv,
Or. 19 S 48 KaXJJcig xoivyv o^lmtovliiov ^ OftBVBWSzl he^v'qxei
Q TtavtiQ, nXeusta^) x&v ^EXirivGiv eionu x£xr^aOa&, funl &g gniöt
(i. e. Callias. fpaai Taylorus) , öiawasUov Tcckccvroav hifA'q^ono ctvrov o
ytaftTtog * xo rovvov xolvvv xifitnju* ov6a övolv xaXavxoiv iöxL
Sic verba extrema auctoriiate Laur. C dederunt Bekkerus et Wesler-
inannus. In qua scriptura nescio quid incommodi inest in altero xot-
wy, Nam cum prius iUud xolvvv in verbis KalUag xolwv perinde
(levaßccxinbv sit atque quod legitur § 47 o xolvvv NmIov ol»og (cf.
Schaeferus ad Dem. p. 16, 13.. 142> 6. 209» 4 al., Weberus ad Aristocr.
p. 280 et 450), hoc alterum post intercapedinem qua interrupta oratio
erat illatum eam vim habere necesse est , ut periodum continuet (*igi-
tur, inquam', v. Schaeferus ad Dem. p. 310, 11 et 1168, 23). At num
xolwv tarn exiguo spalio interiecto ab Lysia diversa significaiione usur-
patum esse credimus? Gerte molestum hoc: illud vero suspilionem
villi äuget, quod non x6 xovxov xolwv in cud. X legitur, sed xoxa
xovxov xolvvv^ in quibus cum rore, quippe quod ad praeteritum
tempus respiciat, cum praesenti ^(fr/ conciiiari hon posse manifestum
sit, ad superiorem enuntiationem trahatur necesse est, ut haec efficia-
tur sententia : - ^avus ducentis talentis aestimabat rem suam familiärem
tum, cum id fiebat^ i.e. cum censum ipse suum. apud censores tanlum
esse profitebatur^. Quod si verum est, xoxe üeri non potest quin ha-«
beat aliquid oppositum , ex quo quam tenuis sit in praesentia Caliiae
census clare appareat. Quid autem aliud est quod vocabulo xoxe op-
ponatur quam yvvl Atque eam quidem vocuiam non meo arbitratu
inculcavi , sed ex ipsa codicis scriplura una liltera sublata eruendam
putavi , ita k>cum refingens : diaxoolcDv xaXcivxGiv ixifii^cccxo avxov o
Ttaitnog xoxb^ xovxov xo vvv xl(iri(ia (sie Pal. nosler pro r/ftijft')
ov6s övotv xctlMvxoiv iaxL Pronomen xovxov initio coiloca^tum est, ut
interruptam structurae seriem redintegrari statim perspicuum fiat, id
quod eo magts necessarium fuisse videtur , quod post parenthesin su-
bito inflectitur oratio avawXovdvg : ita enim exorsus orator KuXllag
xolwv, proinde quasi pergere voluisset vvv ovdh dvoiv xaXavxoiv n-
fiaxaij non iam memor nominativi deinceps aliam init constructionis
viam. Verbum iviiiriöaxo accusativo carens eins rei quae aestimata
est fortasse interpretari licet : s e aesl'unavit (er schätzte sich) , ut eins
modi additamentis , qualia desideravit Marklandus xä %^(Mtxay x^
ovalcevy xa ovxa opus non esse videatur. Si tarnen cui videatur com-
paranti or. 3 § 24 xtpf yocQ ovautv i^v ictvxov aitaisav ytevxiqxovxa mal
ducTioöUav dgcixficiv htfii^accxo y facili negotio corrigat is ktijkTficao xä
avxov ndnnog,
Orationis vicesimae
§ 33 ioag fiiv yuQ dqr^ ffv, iifiiv tpavBqä ovala, xal riv o orcrr^^
45) Libri Sg nXstata, unde Reiskius og ote — o tcccxiJq, nX^i^ata,
Foertschius observv. p. 46 mg nXsiaxci scriptum yoluerunt.
342 C. Scheibe: lecttones Lysiacae'.
äya^og ysmgyog' inetSii dh st<fißaXov ot noliiuoi, nivtmv tovrav
lauQ^i^lisv. acte avtmv xavrtov hfevux nQo^ftol iöfuv elg Vfucg, d-
ioTBg Ott xQfiiuna (liv '^(liv ovx etri no^sv i%%löofi.Bv^ avtol de
fCifo^vfioi ovTig elg vfucg a^ioviiev ev(^%eiS^ai %a^iv, Statim ini-
tium huias incisi inconditum refert atque fragosum sermonem. Nemo
enim negabit aptius structuram verborum et commodius comparatam
Tore, st legeretur vel quod Reiskius proposuit slQtivfi {v, ^v ffiuv tpa-
viQci avcUcy vel quod Scaliger ^ ^Iv ri^uv gtavsQa ovöla. Verum ta-
rnen talis asperitas ut in tali scriplore — Lysiam enim huius orationis
auctorem non fuisse persuasissimum habeo — toierari forsitan possit.
Alio de genere est quod sequitur ovx äti nod'sv ixxlaofuv : nam quis-
quts fuit qui nostram orattonem contexuit , eius aetatem ad tempus Ly-
siae finitimum referendam esse e multis indiciis haud obscure cemitur^
Incomposile igitur scripserit auctor isie atque iueleganler, modo ne
soloece. Eo autem modo quo illa verba in libris mscr. scripta exstant,
neque locutus est veterum Atticorum quisquam neque loqui potult, qua
re perspecta Marklandus ov» Sv Sri scribendum coniecit. At iv par-
ticula quomodo inter ovx et elri exciderit difficile dictu est. Praeter ea-
que ei ambiguitati iudicii, quae inest in verbis ovx av Bttiy reluctantur
praegressa navxmv vovvav Icxs^^^fuv, quae omnem- de Polystrati
eiusque filiorum re familiari tollunt dubitationem. Hae me causae per-
moverunt ut Cobeü or. de arte interpr. p. lOO rationi calculum adice-
rem meum scrlberemque '^(uv ovk in vi, Subinde no&ev in ImoQ'ev
mntatum ivit idem ille Batavus erudilissimus; quam emendationem nunc
item probo. Cum enim XQ^iAceca antecedat, pronomen relativum requi-
ritur, quod ad illud referatur: ^facuUates nobis suppetere nuUas, unde
i. e. quibus multam solvamus.' Plane eodem modo Piato Socratem
loquentem facit in Apol. p. 37 C ov yiiQ Eon fioi xQTJfucva onod-sv ix-
xlön. Vocabulo autem %^|iiara opponilur pronomen insequens avrol :
* ipsi nos noslris corporibus noslraque opera.' Fortunis enim suis pri-
vati cum non iam re familiari In rem publicam operam suam conferre
possent, ipsi corporibus personisque suis Studium suum voluntatemque
populo probare studebant. Mox futurum tempus iKzlaofuv posthabui
coniunctivo aor. inttamfisv^ quamquam ne futurum quidem ab hac
iunctura prorsus alienum est: v. Astius ad Plat. Gorg. p. 465 C et
Baeumlinus de modis Graec. p. 108 sqq., Kruegerus gr. Gr. S 54, 7 n. 1.
Addo Aeschinis or. 3 S 209 ovn Sanv wtoi avanvi]iSofuxi>, Sed in or.
18 S 24 idem Cobetus nuper Var. Lectl. p. 29 propter formam verbi suo
iure correxisse videtur ovx ixm^ a> avÖQBg Ömaeralj ovöxivag derfio^
fUvovg vTtiq ^(lav avaßißci<Smfiai pro avccßißaöofiai.
N09 minus foedam labem contraxerunt quae instant. Verbo enim
a^iovi»£v nihil ineptius, siquidem iliud pendet ex slöoteg orc. Atque
hoc ita esse particulae fiiv et öi manifesto arguunt. Ita vero PoJystra-
tus eijusque älius dicerentur nosse se sui in populum sludii poscere
remunerationem. Absurdum hoc profeclo. An quis poscens remune-
ralionem non novit se id facere? ne isle insanus esset. Absurdiorem
eliam ralionem iniret qui a^toviuv putandi, exislimandi significalu
C. Scheibe: lectiones Lysiacae. 843
usurpalum esse opinarelur, quam opinionem refutare ne operae quidem
pretium est. Bepravatum est igitur yerbum a^iovfiBv^ quod Cobetus
pro sagacilate sua perspiciens correxit a^iol iafiev. Atque in hac ego
emendatione acquievissem , nisi quod propius ad vulgatam scripturam
accederet sententiaeque magis congrueret inveniri posse credidissem.
£o enim quod propensam in popuium voluntatem tunc ipsum proba-
bant (TCQO&vfiol iöfisv)^ Polystratus eiusqne iilius se non tarn esse,
quam fieri dignos quibus gralia a populo deberetur intellegebant.
Quapropter a^i^ovusQ-a scripsi. Verbum ic^iovad'at infinitivo iunctum
habes or. 19 § 57 &Qxeiv vg>^ vfiwv a^ino^vreg,
Mox S 34 Kairot OQmfAiv y i) flieg ^ m avÖQeg dmaüzai^ iav xtg
naUag avtov avaßißaöccfievog nAa/]/ xa2 ologru^firai^ tovg ve natdag
fittl avrov d atmtiDd'riOovTai iksovvrtxg^ xal a<pUv%(xg zitg xmv na-
tiQcav iiiuQvUcg ötcc tovg natÖag pro xal ixvtav e certissima 6. A.
Hirsehigii emendatione edidi dt^ avtov ^ quod nisi probaveris, nihil
aliud oratorem in priore enuntiatione rovg xb Ttaidag — iXsovvxag di-
centem Facies atque in altera nal atpUvxag — dice xovg naiÖag: palet
cnim xovg jcaxiqag esse qui liberos suos misericordiae movendae causa
in iudicium adduxerunt, ergo eosdem quos per ei xig significari vult
orator. Quo pacto haec insipida evadet sententia: ^et liberis patribus-
que parcitis et patribus parcitis liberorum gralia.' Verba igitur not
avxov aliena.esse elucet. Atque illud ipsum ötit xovg natdag arguere
poterat ae debebat oppositum esse in superiore enuntiato dia xovg na-
xiqag sive, cum ei xig anlecessisset , ^i avxov. Habet aliquam cum
nostro cognationem locus, quo ulitur Hirschigius, or. 14 $ 17 btBtdii
61 itQog xoig ineivGi (Alcibiadi palri) Tt^tgay^iivoig helaxaa^s Ttal xr^v
tovxov %ovriqlav^ diu xov naxiga ilsstv avxov a^iaüsxe; quamquam
illic actor non loquitur de filio a patre reo in iudicium ideo adducto, ut
iudicum animis misericordiam iniceret.
Orationis vicesimae quartae
S 10 %bqI dl xiig ifiiig tnmnijg^ ^g ovxog hoXfMffiB (ivtiö&ijvai 2
xjffog vfiffg, ovxB X7(v xi%wiv ÖBlcag ovxb vfiäg aUs%w^Big^ oi itoXvg
o loyog. iym yaq^ cd jSovA^, navxag xovg ixovxac xi dvcxvxrnna
xoiovxov xt liTjitBlv xal xovsco tpiXocotpBiv ^ OTtüDg'aig aXvnoxaxa
liSta%BiQiovvxai xo avfißBßriKog Tca&og. £v slg iydy 9ial TtBQmsTnO'
xmg xoiavxiQ Cvfig>0Qa xavxrj^ ifiavx^ §€^<Sxiivriv i^svQOv Big rag
odovg xäg fiaxQOXBQag xmv avayxalcov. Hiis, ut scripta sunt
in libris excepto Laur. G , ad integritatem patet tale verbum deesse,
ex quo sint infinitivi ^rfCBiv et q)iXoao(pEiv suspensi. Id cum intel-
lexisset auctor cod. C, sententiae consultum fore arbitratus est, si
post navxag insereret olfiat, post xoioikov autem intruderet verba
^öxdvriv xtva 9 quae petiit ex insequentibus ravri^v i^iavx^ fttöxm-
vupf i^BVQOv* Sunt tarnen hae merae conieclurae acciditque incom-
moda eiusdem pronominis iyd iteratio iyoi yccQ olfiat — mv slg
iyd : in priore enim enuntiatione causa exstat nuUa cur pronomen
efferatur, in altera id etiam necessarium est. Hinc oratorem scrip-
Jahrb. f. class. Philol. Suppl. N. F. Bd. I Uft. 4. 24
844 C. Scheibe: lecliones Lysiacae.
2 sisse suspicatus sum Syvav yaQ, m ßovXriy navtag toig {%Qinuq
XI dv^xvxfi^ touwvov ti ^ricstv vuxl rovro (ptloaofpetv ^ in quibus
^doöog>siv ironice dictum (auscalcuUeren, austifteln) lepori faceüis-
que hominis invalidi bene respondeL Kayseras tarnen maluit stxog
yag^ ä ßovXff^ Sauppius apud Rauchensteinium fya yicQ o^cui, co
ßoviiq. Ceterum v. Westermanni Comro. cht. IV p. 10.
Deinde verborum €lg tag oöovg rag fucxQOvigctg wv ivcty%ctltov
falsam esse quae ad nostram usque aetatem propagala est inter-
pretalionem me evtcturum esse confido. Reiskius in inlerprelatione
3Lat. (Or. Graec. VI p. 588) ita: 'mihi machinam excof^ilavi , qua
molestias itinerum allevarem quae suscipienda mihi sunt paulo Ion-
giora, quam sunt illa cotidiana et inevitabilia (in forum et ad fami^
liares in urbc, quo pedibus ligneis fultus commeare soleo).' Reis-
kimn secutus Falkius in interpret. German. p. 279 ' für weitere als
die gewöhnlichen Wege'. Putaverunt igitur genetivuni rc5v avay-
xo/oDV ita pendere e comparativo (lax^fcniQag^ ut esset pro rj at
avayKatai, Atqui invalidus si longiora itinera fecrssel , quam quae
sunt necessaria, fecisset ille itinera etiam non ncccssaria. Num
vero eum qui.tam pauper est, ut stipem ex aerario accipiat, quam
ne amittat enixe contendit, num eum, quaeso, credibile est ad itinera
non necessaria facienda equis uti, aut, si voluptatis causa usus est,
id apud eos, a quibus propter paupertatem suam Stipendium petit,
eonfiteri? Hoc cum per se absonum est, tum repugnat ipsis inva>
lidi verbis, qui iiegat § 11 se dii r'^v vßqiv in equos ascendere, di-
citque se saepe cogi alienls equis uti preeario sumptis ($11 extr.
xolg alXor(fü)ig titnotg avayxa^ofiai XQtia^at noXXamg). Expiosa
igitur hac vulgari Interprelatione sie potius statuamus, genetivuin
zwv avaynalonv esse eum quem vocant partitivum : * ad longinquio-
rcs necessaviarum viarum/ Usitatius erat iig tag (UCKQOviQag twv
avctynalav odcov. A consuelo aulem dicendi ordine deflexit orator
propterea quod, quoniam initio commemoravit quas debebat ante
omnia commemorare, longinquiores vias, cavere voiuil ne forte qui
audiebant eas vohiptatis deiectatiohisque causa sascipi crederent«
Est haec quidem paulo insoientior coUocatio verborum , sed ut con-
structiö qua genetivus partitivus cum positivis vel superlalivis eius-
dem generis iungitur in vulgus nota est (v. Bernhardy synt. Gr. .p.
154 sq. Kruegeri gr. Gr. § 47, 28), ita ipsum comparalivum cum
genetivo quemadmodum in nostro loco coniunctum habes apud
Thucydidem I 73 extr. tw TtXiovi rov örQctTov, VIII 48 rov kcciqi-
Kov TCO TtXiovu
Eiusdem or. § 11 o de fiiyiCTOV^ m ßovXri^ rsKiitj^tov m dia riiv
avfMpoQccv iXX^ ov öia r^v vßqw^ wg ovrog qyrjiSiv^ inl xovg ^imavg
avaßalvm ^ccöiov i(Sxi fiad'etv, Verba postrema ^adiov iöxi fia-
&eiv ego meo, ut aiunt, Marte seclusi, ut ab imperito nata interprete,
qui usus particulae yscQ post o ^or^ (liy^axov x67i(irJQiov pervuJgali igna-
rus esset: me secutus est Rauchensteinius.
Praeterea g 12 correxi xa/roi Jtmg ovk axojtov iax^Vf m ßovX'^^ d
C. Scheibe : iecliones Lysiaeae. 345
ftiv i«' iargeißrig oxovfisvav lo»^ (la, Himnäv &v^) (zl yaq Sv ncA
iXsysvi), ou d' inl rovg '^Trifuvovg iTmovg uvußaivto^ miqaa&ai jtel^siv
V (lag tag dwcetog sl(it; Parüculae enim av accessionem postulat con-
struclio verborum, iil perspexit Kayserus , qui tarnen illam reiecit post
46) Omuiiio &v parlicula multarum turbarum causa exstitit, ut mihi a
libris et mscr. et editis plus viginli locis discedendum esset. Pauca exempla
suetudine usus esset.' Kcquid e condicione hoc pendebat et iucertum erat
aut dubium? Immo vero actor certo asseverat Aristophanem nullum cum
patre suo usum habuisse: quod nisi ita se haberet, causas nou exposuis-
set, quae obstitissent qirominus artior inter utrumque Intercederet neces-28
situdo et familiaritas : ^ ts yag rjUTi^a, inquit, tcoXv didq>OQog, H rs
tpvatg izi, nlsov "hiBivcti fihv yag yv — nifiäa&ai, Atque condicionali
illa sententia probata potius aoristo ^pijcraro locus esset. Forsitan igltur
av consuetudinem factique repetitionem significet. Verum id ita demum
fieri inter omues constat, si non certo qnodam aut continuo tempore, sed
fortuito et quotienscumque occasio ita tulerit (allemal, wenn es sich so
traf) aliquid factum esse dicitur: v. Hermannus de part. av p. 20 sqq.,
Bernbardy synt. Gr. p« 373, Eruegeri gr. Gr. $ 53, 10 n. 3. Lysiae
sunt ex eo genere duo exempla, quorum i^num est in or. 7 $ 12, alterum
in or. 20 § 9, ubi Reiskius perperam mälebat av %aQ'{GTavxo, lam con-
sidera nostrum locum , quem si ad illam legem attenderis, ita interpre-
tari debebis : ' Aristophanes , quotienscumque occasio ita ferebat , multo-
rum quam patris mei consuetudine Uli raalebat.' Immo semper et per-
petuo malebat. Itaque quoniam ne haec quidem expediendae part. av
ratio quicquam expedit, in ed. priore Reiskio auctore scripsi noXXoig
aXXoig iiäXXov ixQV'^^o rj ro9 i^^ naxgC. Sed cum a scrlptura co-
dicis propius absit quod nuperrime in editione Ranchensteinii coniecit
Sanppius noXXotg ürj iiäXXov ixQ'^to optimeque oonveniat nsui loquendi
et loci rationi (^dasz er eben mit vielen lieber umzugehen pflegte' Rau- .
chenst.), hanc emendationem in ed, alt. praeoptavi. AN et z/H saepe 27
confusa esse docuit Schaeferus ad Dem. p. 262, 23, confusionis causam
palaeograpbicam indicavit Porsonns in miscell. p. 182. Eadem permuta-
tio facta est, ut videlur, or. 29 §9 et 11. Ütrobique enim pro xal
yäg av nal Ssivbv stri Cobetus in or. de arte interpr. p. 06 scriben-
dum esse vidit xal yocQ di} dsivov av strji nam et alterum xa^, cuius
originem facile dispicias, cum omnino nihil valeat, importune intrusum
esse patet , et constans est locutio Lysiae restituta. — Contrarium errorem
fexemit Dobraeus ex Isaei or. 9 $ 16 scribens äats noXv av %'axzov di^a-
&sfi0€vov iiTjSsva noxh xAv iavxov ol%Biaiv BiaXB%Q"flvai KXicovt pro (oaxs
TCoXv Srj &äxxoVj quod obtinent libri. Editores Tur. conferri iubent Isoer.
or. 21 S^^i 1-ycurgi § 30. — In or. 30 S 33 XQ^ xo^wv , JoansQ av
Tovxovg OQaxs 3rpo'9't7fi.09g afo^ovxag xovg q>£Xovg, ovxcag (X, ovxoo Bekk.)
%al vii,äg xovg ix^Q^'^S xt.iKOQsta&ai cum av cum ogäxs coniungi non
posse manifestum sit, (SanSQ Srj xovxovg corrlgi voluit Cobetus 1. d. p. 98,
(SansQ xal xovxovg scripserunt Baiterus et Sauppius (ac de parlicula naiC
quidem in comparationibus usiirpata cf. Lys. or. 19 § 36, or. 27 $ 12,
Xeii, Cyrop. 16, 12, Anab. 1 1, 22, Heindorftus ad Plat. Phaed. p. 36,
BornemannuB ad Xen. Conv. p. 193): mihi in ed. pr. placuit SansQ atf-
xovg xovxovg (cf. Emend. Lys. fasc. p. 26 sq.). At nunc intellexi vocu-
lam av attrectari non oportere, quippe quae cum aoi^ovxag coniuncta sit,
ne deprecatores illi vere Nicomachum servaturi esse videantur. Itaque in
24*
S46 C. Scheibe : lectiones Lysiacae.
Toüfrov. Mox dvvmog bI(ai reposui cum eodem Kaysero pro dvvarog
cTi^v coli, eiusdem S verbis extremis et S 14 et 18.
Oraiionis vicesitnae quiniae
S 9 öK^lfau^s yaQ, od avSQsg SiiUxötal, tovg n^tavrag äfigxy-
teQmv tav TCoXnsuhf, iaaxtg öif fuzeßäkovro (furaßaXXovio Vindob.
non male), ov O^vi%og (ihv xccl IlslaavÖQog xal ot fur^ ixslveov dij'
fMxytnyoly iicetdii noXka elg v^äg i^i^fia^ov, rig tcsqI tovrcav dslaarreg
Ti(imQlag tipf n^tqav oXiyaQ%Ucv naxhxrfiuv^ fColXoi öh vmv xezqa-
TWöimv fier« täv ix IlHqaimg iSvy%axiikbov ^ iviot öa xwv indvovg
ixßaXovxcav ncvxol avd'tg x&v xqianovxa iyivovxo ;, eiöl öl oixivsg
Tc5v EXivatvädB aTtoyQaifwiiivciiVj i^eX&ovxeg (ie&' vftcov, inoXioQr
xovvxo ficr' avxäv. Sic vulgo locus scribi solet. av&ig e con-
iectura Reiskü edilum est pro avxotg, quod habet Palatinus. Nam av--
xcivy quod in Laur. C invenitur, soli suspitioni debetur, in quam ean-
dem ante hunc librum collatum et excussum Taylorus et Marklandus
inciderant» Mihi quidem in ccixotg, quod non temere a librario codi-
eis archetypi exaratum esse puto, latere videtur av xijg^), ita ut oXi-
yaq%lag e superioribus verbis ti/v TCQOxiQuv oXiyuq%Utv menle inlelle-
gatur. Prior enim oXiyaq'jKia est Quadringentorum, altera iUi opposila
XXXvirorum ^ av rcov xqtaotovxa, Sed hoc levius est, graviores mo-
lestias facessunt illa quae haud multo post secuntur inoXiOQXOvvxo
fiev' avxav. Demonstraturus est orator quam saepe suam quisque
factionem mutata volunlate deseruerit et ad contrarias transierit partes.
Testari hoc in his arüictis temporibus cum alios tum eos qui cum no^
men mililiae ad expedilionem ad versus Eleusinem suscipiendam dedi»-
sent, postmodum ad XXXviros in ilJo oppido conclusos transfugerint
cum eisque obsidionem perpessi sint. Nam sie vulgo accipi et expla-
nari solent illa verba. Animorum rgilur mutatio et inconstantia in eo
conspicua erat, quod initto popularis imperii studiosi erant, mox au-
tem cum eisdem tyrannis fecerunt, ad quos impugnandos profecli
erant. Huic interpretationi muUa reluctantur. Primum cum XXXviri
Athenis Eleusinem fugissent, tarn desperata eorum res futt, ut multos
ex popularibus partibus ad eos confugisse vix credi posse videatur.
27 ed. alt. Teiiiinl ^manSQ av rovtovg, — Sed sustuli stribliginem qnne
verba vitlaverat or. 19 $ 44 oaats (X pro caGx') ovx av siyioTatg ijfiäg
alxiäaO'B eo quod Dobraeum secutus correxi alxidaaiaO'B ^ a quo pro-
nior erat in ttlxiaß%-B mutatio, quam ab alxKßaO'By quod idem Dobraeus
propoBuit commendavitqne Kayserus. 47) Lltteras enim ri et ot per
iotacismum saepe a librarüs Graecis inter se permutatas esse in vnlgus no^
tum est: cf. Boissonadius ad Choric. Gaz. p. 211. Quod non tenentes in-
terpretes in Pseudo-Andoc. or. 4 § H ediderunt cv.i^aaQ's 9h ncSg av xig
MOfXtt 116^00 xovxoav naxaGY^vaanev y bI — xbv tpoQOv Bnacxat SinXa-
eidcBiBv: meliores enim libri AB cum habeant ^xacrn/ff, editores Tur. recte
emendaverunt i'ndaxoiq, quod ego quoque coniectura assecutus eram. At-
que iß. Dem. Mid. § 144 itqog dh fnjxQog xov^Initov^Y.ov %al xavxrig v^g
ol%£ag^ ^g vnaQxovoi noXXal ytai iisydlai ngog xov ö'qfiov BvSQysaiai e
solo 21 eidem Turr. bene reposuerunt olg vndqxovai coli. $ 145.
C. Scheibe: lecliones Lysiacae. 347
Adde quod inoXwQTiovvro obscure neque ad sentenliam oraloris appo-
site dictum^ est. Non enim quid tolerassenl una cum iyrannis comme-
morari oporluit, sed quid fecissent, quemadmodum factum videmus
supra : t^v nqoxtqav oXtyciqilav natiaxrfittv et avynctxiik^ov et twv
xqiaiKOvt& iyivovxo. Itaque transisse ad XXXvirorum partes dicendi
erant, id quod non inest in iTtoXioquovvxo, Praetereaque cum % 10 ex
illis exemplis facile perspici narretur non de forma rei publicae inter
se dissidere cives, sed de eo quod cuiusque maxime intersil, sequitur
illos existimasse obsidionem sibi esse utililali: quae paene perversa
«st senlentia. Nimirum utrarumque partium principes (pt itqoaxivxBQ
a(ig>oxiq(av xmv Ttohxet&v) ad eam rei publicae formam, in qua salutem
suam tuto coitocatam existimarent, studia sua conferebant, ut Pbryni-
chus et Pisander cum plebi multa et gravia inflixissent vulnera, metu
ne suorum scelerum poenas dareht priorem optimatium dominatum in-
fitituerunt, muUi e Quadringentorum numero cum optimatium causam
perisse intellexissent, cum exulibus ex Piraeo in urbem redierunt, rur-
sus nonnulli ex popularis imperii studiosis, qui ilios expulerant, cum
plebts potentiam eversam esse vidissent, ad XXXvirorum se domina-
tionem applicaverunt. Quid igitur? Num inter eos qui populari civi-
tali inserviebant, post optimatium causam a Thrasybulo victam restitu-
tosque in patriam exules , exstitisse credibile est qui se suum in illo-
rum optimatium imperio commodum pelere et consequi posse opina*
rentur? Scilicet stuiti isti fuissenl aut certe temerarii. Hac igitur ra-
iione explanari verba, de quibus quaeritur, nullo modo possunt. Aliam
sententiam nuper protulit H. Sauppius in ed. Rauchensieiniana. Is
provocans ad or. 12 § 52 et or. 13 § 44 ita statuit, inteUegendos esse
eos, qui a XXXviris ex urbe in agros relegati (coli. or. 31 S 8)
ex parte Eleusinem habitatum concesserint, tum aulem cum XXXviri
ipsi eodem profugissent , una cum illis se obsideri passi nee quie-
quam contra illos moliti sint. At ne haec quidem ratio, ut opinor,
rei difficultates expedit. Primum enim huc non prorsus faeiunt loci
a Sauppio adhibiti: in eis enim nihil aliud memoriac proditur nisi
niultos cives, qui Eleusine commorati eranl, a XXXviris trucidatos
esse, ex quo illud quidem eßicitur cives eo tempore ibi fuisse,
non tamen efiicitur partem eorum ex agris in hoc oppidum se habi-
tatum contulisse, cuius rei memoriam nusquam litteris consignatam
scio, ut Sauppius hoc sibi sumpsisse videatur. Sed fuerit haec con-
iectura probabilis, num quod seditionem contra inimicos suos movere
conati non sunt plebis studiosi, num, quaeso, in eo voluntatum eerni-
tur mutatio, quam praedixerat actor in rei publicae conversionibus ab
utrarumque partium principibus factam esse (<t7ii'tlfcc<f^s — oaamg Sri
(lexißdkovxo)! Num quis inde collegerit eos haud dubie ad partes
optimatium transfugisse? Nonne cum obsidionem cum tyrannis tolera-
rent, quamvis tacentes, propensam in populum voluntatem servare po-
terant? Atque ne hoc quidem ego concedo, verbo iitoktOQKavvxo signi-
ficationem nihil moliendi tacendique involvi; valet enim *obsi-
debantur', nihil ultra. Emergit opinor hanc qu que loci interpreta-
S48 C Scheibe : lecUones Lysiacae.
üonem improbabilem esse. Tertiam autem qaam iogrediar viam noir
iaveoio neque investi{g^re opus est, eum ea quae vulgo ferlur ieeüo
nullam habeat a codicis prineipis tesümonio eommendalioaem. Quam
eniin Bckkerus scripluram auUa codicis Pal. discrepanlia in mar^ine
notata recepil in ordinem verborum fieT* uvt&Vj eam in archelypo
inveniri falsum esU Secundum Kayserum enim, coius e collatione
mullis saepe locis quam Tallax sil de Bekkeri silenlio iudicium cogni-
tum est, in codice scriptum exstat fis^' uvrmv, idque eo minus sper-
nendum, quod, ul supra vidimus, pronomen reflexivum ovrov celL
praeterea niisquam nisi sex locis exaravit scriptor libri Pal. , in ceteris
Omnibus, ubicumque illud roquirilur, usurpavll formas pronominis aya-
ipoQixov €tvxov cetU De calami autem lapsu suspicari vetat praegressa
Utlera ^. Quin eliam in apographo Laur. legitur fieO' lovrcSv, cutus
quidem librarius, ut fuit Graecis litleris haud leviter linctus et ad sen-
tentiam aiiquam qualemcumque e scrip Iuris codicis Pal. depravatis ex*
lundendam pronus, si in exemplo suo scriptum vidisset fAcr' ovrov,
hoc ut sensu non prorsus deslitulum sine dubio cupide amplexus esset
Quodsi probalur [u%'* amav, in ceteris Vitium aliquod insidere ne-
cesse est. Atque ego quidem ita verba sanasse mihi visus sum, ul
levi mulatione vel polius addilione scriberem sufl de ottiveg xäv ^EJUv-
aivaÖB ifCoyQa'^aiAivaiv , i^sX^ivreg ficO' vficov, iTtoXtogxovv %ovg
fLed"^ airav: ^nonnuUi autem eorum, qui nomen XXXviris £leusi-
nem dederant, egressi vobiscum eos obsidebant qui suae faclionis
erant.' Haec ipsa sententia est, quam flagitari vidimus: 'nonnulli
oplimalium suis desertis ad plebis partes Iransierunt, quacum ex urbe
ad obsidendam Eleusinem egressi oppugnabanl eosdem, quorum aii-
quando partes ipsi secuti erant.' Ita concinne et aequabiliter descri-
buntur conversa ea aetate et inclinata nonnullorum in rem publicaoi
studia: nonnulli e Quadrlngentis populäres facti, rursus ex optima'*
tium illorum adversariis XXXviri, ex eorum amicis populäres eidem-
que XXXvirorum hostes infeslissimi. Nam of ^ElsvaiviÖB iitoyqcif^fa'-
lisvot mea quidem sententia ei intellegunlur, qui post decemviros Athe-
nis inslitutos XXXviris nomen dederunt, ut una cum eis Eleusinem
discederent ibique causam oplimalium tuerentur : v. Xen. Hell. II 4, 24
Illud quidem cerle opinor dubitari nequit, quin tyrannorum adiutores
admlnistrique fuerint, qui poslea cum plebe obsidebant xovg (ab^^ crv-^
rav, i. e. suae ipsorum faclioni ascriptos. Tales enim xovg (uta r4,vog
diel e locutione fiertt uvog elvai haud infrequenti planum est: cf.
Thuc« VII 33 ovzot d* oidi (le^'* hiQmv f^oav. Arisloph. pacis v. 766
itdhg tavva %Qeav bIvm ^bx* ifAov xckI xovg avÖQag »al xovg Ttaiöag.
Isoer. paneg. $ 22 tiyoviicci xal xavxovg slvai (isd'^ rui&v^ cf. S ^
neque dissimile est quod attulil Hermannus ad Vig. p. 859 ex Kur. HeL
895 fA€^' ''HQccg axäöa , a partibus lunonis slans.
AUa quaedam, quae in eadem oratione vel emendavi vel suspi-
catus 8um, perstringere iuvat hoc loco. Atque
S 1 QQyliea^ai post cvyyvoifiifu S%m posilum iam supra tuitus sum»
^'^ecuntur haec : xäv dh KCixi^OQiov ^«vf^afco , o% ifiBJiovvxsg xmv o2-
C. Scheibe: lecliones Lysiacae. 349
9tsim¥ TcSv illor^lcav inifiekovvrm * o^ öag^mg eUovsg tovg iirfisv adi-
Kovvtag oiai rovg noXka i^rniagtriKOTag ^rirovöi xegöatveiv, if Vfiag
Ttei&Biv Ttsgl aitavxoav rifiSv rijv yvwfiriv tavxrjfv ixBiv. Allerulrum pro-
nominum o¥ corruplum videbatur plerisque omnibus inlerpretibus , ut
aut pro priore aul pro altero ei scribi mallent, Westermannus autem
ow 6ag>mg corrigendum esse suspicarelur. Verum cuni enunlialiones
singulae singuHs pronominibus relalivis introductae non slnt slbi sub-
iectae, sed ila conexae, ut- ambabus quid sit quod oralor mirelur
contineatur, Kayserus in ann. Heidelb. I. d. p. 231 rectam vlam in-
^essus mihi videtur, qui prius oH intactum relinquens alterum cum
parlicula xa/ commulandum censuerit. Lenius tarnen corrigas meo
iudicio intfukovvTtttj xal o? aag)mg eidoteg xrl. Particuia enim xal
cum ultima verbi iitifiekovvrcci syllaba coaluit, sicuti infra S 25 &^i>ov
idi fivfia^vat Tcov fiera tovg tSTQaxoaiovg nqay^ixtav pone fAVija^-
vai eandem particulam xal oppressam esse vidit Bailerus, itemque or.
16 S 3 iav 6h q>€clv<afiai negl xa Slla (lex^iag ßsßicDxag pone qxxivüH'
(Aat interponendam necl iam Reiskius inlellexeraU Nee minus or. 14
$ 2 ootfr' iTt^ ivioig (htivi%loig libri) ov ovxog g)tkoxt,(ietxai xovg
ixd-Qoifg ala%vve6d'€ci mihi persuasum est eam particulam pone g>tXoxt'
fisixcct excidisse.
Sed iam ad or. 25 revertamur. Verba MQÖalvstv ij licet ea ra-
tione quodam modo explicari defendique possint, quam in ed. pr. et
in Emendd. Lys. fasc. p. 31 n. inii C lucrum facere sive mercedem ac-
ciperc, aut alioquin, i. e. nisi eam mercedem acceperint, vobis
persuadere student ut hanc opinionem de omnibus nobis concipiatis'),
tamen cum lucrum quaerere omnium sit delatorum (S 3 et 32) maxime
proprium , ila ut neminl mtrum accidere possit hoc negotium (xmv dl
KaxTiyoQOJv d-avficiito), omninoque mercedis mentio ad hunc quidem
toeum nihil pertineat : nescio an recte idem Kayserus verba xSQÖalvnv
fl pro glossemate habeal. Taylorus correxerat Mqdatvuv xal, quod
ut susciperem monuit me C. Halmius. Neque vero quicquam de verbis
Ti)v yvüifiriv xavxf^v mutare ausus sum. Etenim quamvis speciosae
sinl Taylori et Rauchensie inii coniecturae, quorum ille r^v ywoyiviv
xfiv avxT^Vj hie xt^v avt^v yvei(Afiv scriptum voluit, tamen librorum
scripturäm ita tuendam esse puto, ut cum Reiskio interpreler hoc
esse animo, quod respiciat ad illa OfAolmg aitadiv o^lt^s^d'ai.
In S 2 bI ^iv Qivv olovxat, S vno xmv XQiaxovxa ysyivfjftai xy
nolet, iliov »axifyoQrinivai, aö'wixovg cevxovg '^yavfiai Xiystv pro-
nomine ifiov argumentatio mirum quantum duabus de causis turbatut
ac potius pervertitur. Unum hoc est, quod quae subsequilur ratio
ovöh yitq TtolloiSxov iiiqog roSv lnüvoig 7t&tqay^iv(ov slgi^xceCiv non
spectat ad rei malefacta, sed ad XXXvirorum scelera: alterum, quod
reus de se ipso in ea demum enuntiatione loquitur, quae huic opposita
est criminalionemque qua communicalorum cum XXXviris consiliorum
ac facinorum ab accusatoribus insimulabalur , diluit his verbis: sl de
ig i^oC xt fiQoailTiov ne^l avxmv noiovvxM xoig loyovg anaSei^tü
xwxovg iilv oTtavxa (ila cum Stephano. pro afcatnag) ^fsvSoi/^havg.
SSO C. Scheibe: lecUones Lysiacae.
Vulgatam eoim iiuw si servatur, haec prodil inepta sententia: *si kli
se accusavisse arbUrantur me propter omnia XXXviromm facioora,
eos indisertos duco, quod ne minimam quidem partem scelerum al-
tigerunt, sio vero ad me perünere illoram scelera conteaduiit, haee
eos mentiri oslendam: L e. si me scelerum a tyrannis commissonun
accusanl — sin vero me scelerum a tyramiis commissonun accusanU'
Has nugas noli Lysiae nomine dignas habere, praeserüm In tarn de-
ganti luculentaque oratione, qualis haec noslra est. Nlminim scripsit
ille el fiiv ovv ohtrtai — Of^ov xtafiyoQipUvaij ut oplime vidil Mark-
landus. ^Quodsi isti' inquit ofator ^quaecumque sunt a XXXvlris rei
publicae allata incommoda se omnia slmul in accusaüone enarrasse
arbitrantur, dicendi rüdes eos duco: nam ne minimam quidem partem
faeinorum ab illis commissorum persecuU sunt: sin vero de iis ita
verba faciunt, tamquam ad me quicquam eorum spectel, ea mera men-
dacia esse demonstrabo.' Prior igitur enuntialio eaque generalis de
XXXvirorum maiefieiis est, altera Uli subiecta versatur in ea quae in-
tercessit inter reum ^t iilos ratione et coniunclione.
Levius illud est quod S 4 suspicatus sum dedisse Lysiam iccw
q>uvm pro iav iatoqHitvm a^^fpoqaq ficv (iridsfuag aSttog yeyevfifiivog i
verbum enim aTCoqxdvtad^at apparendi significatu usurpalum legere me
non memini.
In verbis S 6 lnavol yaq ot wta^ovtsg ixd'Qol t§ nikei %al (liyei
xi^dog voiUiovxeg elvat rovg adlnrng iv xalg diaßolatg xa^eövipiorceg
primus, quantum scio, offendit C. Halmius, ut mihi per litteras signi-
ficavit, in vicem parlieulae lud subslituens o£: ac sane quales esseat
isti inimici explicari debebat. At vero, nisi me falUt, hoc ipsum inest
in vulgala scriptura: quod enim generatim dictum erat, id deinceps
accuratius separatim explicatur per particulam Kai hane vim haben-
tem: et tales quidem sive eique tales, de qua vi cum nola sunt omnia,
tum diligentissime exposuit doctus amicus Albertus Doberenzius ob-
serw. Demosth. p. 7 sqq. ; adde Foertschii observv. crit. in Lys. p. ö8y
Fritzschii quaestt. Lucian. p. 9 sq., Weberum ad Aristocr. p. 193.*^)
Tum S 10 priorem manum Palalini ^rivovvtag de ^ ng aimotg
restitui pro eo quod superne scriptum est elxig^ proximeque ex eodeni
iibro iyiyveto (non iylvsxo, ut narrat Bekkerus) (oq>iXeM pro mq)ir
, 48)
ntanora
drjts xal . _, , ,
Tiad'' haatinv a Bekkero ceterisque interpretibus omissam nuperrime e X
revocavi. Plcne enim sie explananda verba sunt: de bis rebus ut vos quo-
que siÜB oertiores , non satts est haec munera universe indicasse, sed scriba
pablicuf etiam sinffulatim omnia recensebit. Geterum ad xa<9'' B%(xa%riVy
quod male in %u&* E%a€tov mutatum voluit Marklandus, non solum slatpo-
Qav cogitatione assumendum est, qnemadmodum Reiskius existimavit , sed
etiam %OQriyCav et tQtrjQaQX^av , omnes denique intellegendae sunt XsiTOvq-
ylaif qnibus fUnctus est pater oratoris. — Einsdem codicls auctoritate nuxl
ioserut er. 14 S 10 CnKSvaavteg Sh nccl xov aXXov xQOvov, ubi parti-
cula a Bekkero neglecta est, agnita a Eaysero.
C. Scheibe : lectiones Lysiacae. 851
kua iylvsto, quod habet C: nam in formis yfyv€(f^ai el ylvBa^ai, yt"
yvoiaxuv el y^vmaxsiv promiscue usurpatis ubique codicis aaclorllatem
sequendam duxi.
Sed medicina quae quidem probabiiis sU non possunt sanari quae
in eiusdem or. S 33 leguntur : itaque de his nolo hoc ioco expiicare,
sed si qui volent Ingenium suum exercere, singulis sententiis, quarum
varietaföm cognoäcere licet ex editione mea posteriore, examinatis
ponderatisque videant quid ipsi rimari et in medium proferre possint.
lüud meo quidem iudieio cerlum est, initium verborum S 32 xal rov-
Tcov fiev ov» a^tov d'ccvfidtsiv, iSficov Ji, ou oteöd'B fiiv drifio^
nqaxiav elvaty ylyvetat 61 o r« av ovxoi ßovXannai iusta reprehen*
sione carere. Quod enim S 30 de eisdem hominibus dicatur xovxmv d*
Sil^unf ^av^iatuvy o u av iTColrfiav, sV tig avxovg staCe xmv XQtanovxa
ysviö^at^ id adversa fronte cum illis pugnare opinatus Kayserus
ann. Heidelb. 1854. 15 p. ^1 aut inscio invitoque excidisse oralori re-
pugnantiam istam putavit, aut, quae senlentia ipsi probabiiior videatur,
per interrogationem scribendum esse ij xovxmv iilv ovk a^iov &av(ia*
iuv , v(iav öl xrl. , quibus superiora illa corrigantur. Quod nollem in
mentem venisset viro sagacissimo. Scilicet haec cum illis tantum ab-
est ut discrepent, ut optime accuralissimeque concinere videantur.
Priori enim membro %al xovxatv (iihv ovk ul^tov ^aviid^siv, quod nega-
tione proprie carere debebat, eo consilio addita est negatio, ut vis
eorumquae illis opposita sunt magis iliuslretur aug^aturque: quod est
correctionis quod dam genus cum gradalione Graecis quidem valde
frequentatum (cf. Vindd. Lys. p« 44 sq.)* Enarrari sententia polest
hoc fere modo: nal xovxtav filv ov» a^iov '^ovfux^^tv, ncdn^Q a^iov
ov, vfimv di: ^atque hos quidem lales esse mirandum non est, quam-
quam profecto mirandum est, sed vos potius.' Eaque ipsa dilucidiore
et fusiore loquendi forma ulitur Demosthenes or. Phil. III $ 55 %al ovxl
XQvxo nm ÖHVoVy iMtLneQ ov öuvov ItkXa xai ftera jcXelovog ioq>a'-
Xslag nohxiviiS^at dedfOKccxa xovxoig iq xoZg wiIq v(ic9v IfyovtStv. V.
Weberus ad Aristocr. p. 459 » Heindorfius ad Plat. Gorg. $ 144 et ad
Hör. sat. II 7, 109, Foertschius comm. de locis nonn. Lysiae et Dem.
p. 40, C. F. Hermannus de protasi parataetica p. 4 n. 10* Nunc licet
comparare duos locos oralionis Hyperideae quae est pro Euxenippo
luculentissimos, quorum unus legitur p. 12, 15 sqq. ed. Schneidewin.
ov yaq dmcov ^OXvfMuadi (ilv xa A^vrnsiv kga isuKOöfietv S^süxiVj
fifuv öh xa iv Jmömvv ov% i^iöxM, nal xavxa xov ^sov TtQo&ta^av*'
xogy alter p. 13, 3 nai ov 0h (kiv ovxmg oioiiat (scrib. ol(Aai coli. 6.
Dindorfio ad Demosth. praef. p. XIII ed. III) dstv nqaxxBw^ avxog d\
alkov xiva xqoicov x^ jtoXixd^ iU%qirniai.
OraUonis Iricesimae
S 19 ncSg d^ av xig eiasßioxsQOg ytvoixo i^iov y ocxig al^tm nQm-
xov iiiv Koxa xic nax(fuz ^etVy Ineixa a fiäXXov av^upiqu x^ no-
Utj Sxi dl a d^iiog iijnifpliSaxo xal dvvffi6(ie&a öanaväv ix rcSv
TtQOöiovxfov %(fri(iaxmv ; Cum non tria sacrorum genera distinguat ori^-
S52 C. Seheibe : lectiones Lysiacae.
tor , sed duo , in verbis imtxa a (läXXov Vitium latere perspicuum esU
Qaare ixd tavva iiäXXov scribi voluit Weste rmannus, ego seculus suin
in editione mea Rauchensteinium , qui Insixa cancellis saepsit. At
in utraque ratione comparativus quemnam intelleclum habeat vix qais-
quam dicat. In eodem merito offendens Bergkius in lahnii ann. philol.
LXV p. 392 sie iocum constitutt: iml x« (lälusta uviupi^et vj noksiy
Imixa di a 6 dfi(tog iflnj<ptaato, d dwrfio^a dmuxvav. Equidem
nescio an iila minore molimine refingi possint hoc modo : novit xu icct-
€Qia ^Hv (inel xlva fAaAlov avfMpiQei x^ Ttokii;), hiöh a b d^
(iog %xL * qui censeam sacra esse primum e ritu pairio facienda (nam
quae magis prosunt rei publicae?), praeterea vero ea' et q. s. In cod.
iPal. est httix a, ut Kayserus lestalur.
S 22 %al xavxa oqmv vvxifv iitoqovtSav XQfi(jLccxo9V — Botmxiwg
di avXa Tcoioviihfovg^ cxiov Swafis^a Svo xikavxa aitoSovifai. Sic
libri post Reiskium ediü^ ante Reiskium öKvka vulgaris lectio erat. At
in cod. X non avioc legilur Kaysero quidem teste, sed avl«, qui ac-
centtts indicio mihi esse videlur dedistte Lysiam cvXag, Sic enim
Harpocralio v. övkag p. 171 ed. Bekk. (281 Dind.) Jfi^oa^ivrig iv to
yte^l xov atBqxivov r% xqh^quqx^S' ^v xm rc^g xijy AuxqIxov na^
4fayQtt<piqv < i^ekofievog onoxav fiti ovXm wSiv ^A^tp/aloig. » iv dh xocg
l|^ff äiSTCSQ i^riyovfisvog tivxo qnfiiv mifeavli^fii^a Si xa r^fihsQa av-
%mv VTto Öa^rikixmv äfffCBQ ösdoiiivtov avk^v OaörjUxaig nctx* 'A^-
viäiov. iTCStöcev yig fiii ^iXcaaiv aTSodovvat a SXaßov, xi av xtg M%oi
£Uo ovOfMr ^is&ui x^ xoiovxca ^ oxi ivtuQOvvrai xa aXXovQia;^ dvxX
«ocf xiig CvX^Big avXag SXiyov» Atque fere eadem reperiuntur in
Phoiii lex. p. 473 Pors. Sed hanc interpretalionem iibrariorum culpa
depravalam esse persuasum habeo. Scholl a quidem Demoslhenis ad
or. 35 S 13 (p. 124 ed. Tur.) habent avXai (sie) övXXipIfSig^ ilemque
ad or. 51 S 13 (p. 125) avXag Sh Xiyet xag avXXfjilfSig. Neque aliter
£tym. M. p. 665 ed. Sylb. övXai , al övXXi^^s^g Ttaqu Jrifioa^ivei xrl.
et Suidas p. 943 ed. Bernh. övXag. xag avXX'^ilJHg ei (post allata iila
Demosthenis exempla) crinrl xov xag avXXi^ijfStg avXag iXeyov, ubi Sal-
üiasius et post hunc Yalesius ad Harpocr. pro crvXXi^tf;^^ scribi volu-
erunt övX^asig^), quod probavit Bernhardyus. Mihi secus videtur.
Per vocabuium enim avX'^etg spoiialiones denotans non expiicatur iiiud
tftüiUri, cum alterum altero non nolius usitaliusque sil aul dilucidius.
Immo vero Harpocraüonis, ut arbitror, librarii peccaverunt, ipse autem
item ut illi, qui sua ex Harpocratione muluati sunt, avXag interpreta-
tus est övXXfi'^sig (Besitznahme, Beschlagnahme, Pfandergreifung),
qua quidem glossa sane illuslratur notio. Quapropter ita exislimo , ev-
Xov valere praedam ipsam, cvXtcg autem pignora quae ob pecuniam
debitam auferantur (fere i. q. ^vöux). Ex quo apparet in Dem. or. 35
§ 26 (SvXmv esse cum Schaefero et editU Tur. reponendum pro librorum
«criptura ävX<ov, quod perspicuum est etiam ex or. 51 S 13 Sta xag
49) Valesius quidem prodenter addens: * tarnen nil temere» p, 427 ed.
Dind.
C. Scheibe : Iccliones Lysiacsue. $58
vwotovrcav avö^okriipCag nal avkag Turv&fxevaafihag (Besehlagnahme).
i Nam quod in Bekkeri Anecd. p. d03, 27 afferlur övka ödovcci, id vel
ipsum viliosum videtur. Ceterum cf. Boeckhii oecon. pubL Alh. I
p. 763.
Ut huius loci, ita permultorum aliorum ouration«m repelii e ood.
Palatini indiciis quamvis errore scribenlis lapsuve obscuratls : ex qao
numero pauca exempla expromam.
Oral. 12 S 89 vulgo scribebalur xal (nkv d^ noXv ^^ovfjyav-^
ficcc, At non ^ttoi/, sed ^aötov exslat in codice, cui cum editoribus
Tur. übsecutus sum: nam hanc quoque formam pro comparaUvo. usu
venisse conslat, veluü in Isocratis or. 5 § 115 et or. 8 S 50 (in ed.
mea per calami lapsum scripsi Isaei or. 8 S 50), quibus ^uobus locis
cum Bailerus Sauppiusque recte ex oplinio cod. Urbinali edidiesent ^ce-
diov pro §äov, ad prislinam rationem reverli non dubilavit Benselerus.
Cf. Lobeckius ad Phryn. p. 403. Neque vero TtoXv scripsit Lysias , elsi
in hoc vocabulo nihil per se esset quod reprehenderes, sed TtoXkm^
quod liquido latet in ea scriptura, quam repperit in codice nostro Kay-
serus noXloli unde reposui noXka §a3u}v.
Oral. 12 S 30 perperam adhuc vulgabalur iTtetöti de ilg ri^v ßov^
Xrjtf iKOfiicd'fij inoyqicpu^Ayoqinog ^qmov fiev rmv ccvtov fyyvij-
rmv roc oi/OftaT«: si enim rede se baberet sing^ularis numerus inoiilad^,
non in apodosi demum posilum esset nomen ^AyOQcctog^ sed iara in
I protasi* Quare ita probavi quem Kayserus in Pal. esse animadverlit
i pluralem numerum ixofiiad'fioavy ut praeter Ag^ratum ipsum stra-
( leg'os taxiarchosque inteliegendos esse arbiträrer. Eiusdem libri ope
I refingendus est locus
I Or. 13 S 32 Kccl lioi anoKQivai, to ^AyoqaxB' oi yitq olfiaC üe
i^aQvov ysvic^at: sie enim ediderunt interpretes ad unum omnes
secundum Laur. G , ego vero in ed. pr. scripseram ov yag Sv olficcl ae
l^ccQvov ysviad'at, At Pal. aXX^ otfial as i^aqvov yeviad'aiy in qua
scriptura et negatio deesl et fuluri temporis significatio requirilur: pa-
tet igilur ovx inserendum esse, quod ego feci eo ioco, quo facillime
opprimi negatio polerat, i. e. ante ol^ai (ante quod verbum oppressa
est'etiam or. 13 S 86, ubi v. annoL). Deinde post B^agpov subieci par-
ticulam av, quod nisi placuerit , corrigendum erit cum Cobeto ytvrfiB^
a^cct ad simiiitudinem verborum S 30 antegressorum oHfiat (lev %al
avTov OfAoXoyrlasiv. Denique voculam uXX^ in codice inventam tuen-
dam mihi suscipiendamque duxi hoc sensu : ^ iam mihi responde , Ago-
rate : at quamvis impudentissimus sis , lamen non puto te negaturum
esse — '. Integra igitur verba partim ad fidem archetypi revocata par-
tim e conieclura suppleta ita se habebunt: aXi* ovn olfial ce I^uQ"
vov UV ysvia^aL xti. Nee minus quid verum esset in
eiusdem orat. § 53 ovr' Sv ficoiv oir' Sxaw toaovtovg^Adi]'-
vulovg aTtixrsivccg ad hoc tempus latebat, cum nihil de discrepantia
archetypi memoriae proditum esset. Iam vero in hoc quoniam non
^Advrpfalovg^ sed ^A^rivalmg esse a Raysero accepimus, certum est
Lysiam scripsisse ^A^tivcclmv^ qui quidem genetivus cum ab ralione
S54 C. Scheibe: lectiones Lysiacae.
commendatur, tum mertto eomprobalur a scriplore codicis Yindob.,
quem unum omnium fidelissime ad exempiar Palalinum expressum esse
iam supra diximus.
Eiusdem orat S 63 vulgo legitur g>vy6vTBg vag xo;l ov Ovlkij-
g>&ivreg ovdk wtoiislvaweg t^v HQlaiv — Ttiiavzai vq>^ vymv mg ivÖQeg
aya^l ovtsg. In Pal. Kayseri post ifvlXritp&iwBg addilur 6 s, quod
mutavi in ys: ^posteaquam enim' inquil Lysias *hinc aufugerunt, si-
quidetn noa sunt comprehensi neque iudicü sorlem exspeetaverunt,
post reditum suum honorantur a vobis', proprie: et quidem non com-
prehensi. Cf. Hartungii doctr. de partico. Linguae Gr. 1 p. 397 sq.,
Klotzius ad Devar. 11 p. 316.
Eiusdem oral. S 71 iam in ed. pr. quod in X legitur akkce tovvfp
XQUvyii ylvncci sie sanavi, ut scriberem o^a xovxfp, Veram hanc,
ut mihi quidem persuasum est, scripturam depravavit corrector Lau*
rentianus commento suo akV iv vovt^j quod tamen palienter tuieruni
qui ediderunt Lysiam.
Oral. 14 S 26 Alcibiades natu minor perhibetur prodidisse oppi*
dum ^Ogsovgy ut Bekkero scribere placuit nescio qua innixo Uli aucto-
ritate, yel^SlQSovg, ut legitur in Laur. C. At neque oppidum aller-
utro nomine appellatum memoralur ullum —> Euboeae enim urbs ^^Qsog
dicebalur — neque sie in X, sed^ÖQvaovg scriptum vidit Kayserus.
Quod nomen cum ne ipsum quidem, quod sciam, ab ullo scriplore an-
tiquo memoriae proditum sit, haud cunclanter emendavi'O^veag, etsi
rem ipsam hoc loco narratam perobscuram esse non ignoravi. Sed
nunc demum hanc emendationem a Marklando occupalam esse ani-
madverti. V. Steph. Byz. I p, 496 ed. Mein. 'OQveial ^ ^O^ealy %ti(iii
^A(^u(xg. l0u 9ial higa mkig fisra^v Koglv^v xa2 Si%vmvog (arli-
culum hunc ex Euslathio ad Hom. p. 291, 6 addidit Meinekius coli.
Slrabone VIII p. 376 et 382). Thuc. VI 7, Paus. II 25, 5, ad quem v.
Siebeiis (I p. 225).
In oral. 19 § 24 x&v (liv ^utqtvqtov aKovers, ov fiovov Zu 1^^^*
4;Sav ludvov Ssti&ivrog X habet i^QT^dccvro^ ex quo fortasse eliciendum
aul sxQfiCav tovro aul exgrjaav xoxb.
Eiusdem orat. S 28 iXV inetvo ivd'vfteta&e , oxi n^lv xijv vav-
lMJt%lav vtx^Uat, y^ (lav ovx rfv ilX^ ij %(oaqidiov (iixQoy 'Pafi-
vovvxi scripseram in ed. pr. praeeunlibus crilicis Turicensibus pro vi-
%rfi!DLij Qvöhv f(v akV rj, quod in cod. C invenlum edidit Bekkerus. At
ne illud quidem agnoscit cod. Pal., quem habere vinrficit ye (liiv ovx
f^v teslis est Kayserus. Iam vero ad vtKfjüca victoris victorumve signl-
.ficatio desideralur, ut probe perspexit Bekkerus, qui- nomen Kovcava
excidisse suspicatus senlenliae suae faulorem nactus est Sauppium.
Is hoc ipso ys fA^v nomen illud reconditum latere ratus persuasit Rau-
ch^nsleinio , qui vMtfiai Kovmva , ov7t t^v in orationis seriem recepit.
Verum quis est qui ys (irpf ex Kovmva a librario depravatum esse cre-
dat? Immo magis in promptu fuil permutatio vocabulorum ys fnifv et
'^(lagy Idque ipsum in vices inquinatae scripturae substitui. Hie mihi
obiciet quispiam Athenienses pugnae ad Gnidum commissae publice
C. Scheibe : lecUones Lysiacae. 355
tion inlerfuisse. Scio: sed posteriore tempore iilam vicloriam Alhe^
niensibus iure quodam suo suam dicere licebat, vei quod ipse dux
Persarum victorque Conon genere Atheniensis erat magisque patriae
quam Persis studebat, quos cum viclores faciebat, restituturu» erat pa^
triam (cf. lustinus VI 2) , vel quod multi exules et voiuntarii Athenien-
sium privalo consiiio tunc in ciasse Persarum fuerunl , ut narrant Plato
Menex. p. 245 ipvydöccg dh xcil id-slovrag iaiSaacc (^ nolig) fiivov ßor^
^Yflai oiioJioyov(iiviog IfSmöSj et Isocrates paneg. S 142 iv Sh rm noXifim
tm neql ^Podov (i* e* in pugna Cnidia) — xQ€i(Uvog 6h taig imi^laig
tatg naq ijficov (v. Sieversii bist. Gr. inde a fine belli Pelop. p. 77),
quin etiam Athenienses Hieronymus et Nicodemus a Conone ante pug-
nam Cnidiam ad regem Persarum profecto iuterim classi praefecti
sunt (v. Diodorus XIV 81). Denique per victoriam illam multa oppida
insulasque recuperaverunt Athenienses non secus ac si ipsi publice La*
cedaemoniis superiores exstitissent. Cf. Boeckhii oecon. publ. Athen.
I p. 546.
Orat. 20 S 17 wy^Ag xoivw av Btnoi ontog xi tmv iiutiqtov
i^H vulgo edebatur e C. In X autem legitur stnoi tig mcDg, ex qua
scriplura nuper effeci tünoi o tl fcag. Sed propius abest a litlerarum
Palatinarum ductibus sficoi tt ontog vav viieviQOiv S%£i, quod e
consuetudine admodum contrita explicandum erit, ut quod subiectum
in enuntiatione secundaria est, id in primariam reiciatur obiectum-
que fiat.
Aliquotiens vero criticum adiuvat codex etiam in citationibus
t e s t i u m orationi interiectis, quales sunt (lUQXvQla^ (laQzvg^ (laQxvQsg^
quo in genere quam saepe sit a übrariis interpretibusque erratum, non
Ignorant qui in studio oratorum Alticorum diligentius versantur. Atque
hi quidem tituli interdum omittuntur in codice; quotienscumque autem
inveniuntur, non inveniuntur in continuatione verborum, sed sunt in
margine appicti. Cum testes in una atque eadem causa complures ab
oralore vel advocantur vel advocari iubentur vel adductum iri dicuntur
(nal fioi ivdßtjre xovxmv (la^xv^sg: xal ifislg avdßijcs^ oiccl fioi ösvqo
Ixs (laQxvQeg: xaixtav (idq^v^ag nagi^ofuei: (iccQxvQccg vfiiv nagi^oiun :
oidXu (lot fJUiQXVQag: %aL fioi ncekst fidifxvQag^): xaAci fiQi xov xal xov
et huius generis alia), titulus subicitur iidqxvgeg, non (iuqxvqImj vel-
uti or. 1 S 29, ubi codicem nostrum non fiagxvglaiy quod recepit Bek-
kerus, sed (laQtvQBg habere , quod iam in ed. pr. auctoribus Turr. pro-
bavi, testatur Kayserus. — Or. 7 S 10 in eodem libro legitur xal (loi
ÖBVQQ ksy lacuna octo fere litterarum post ixe relicta , quae in margine
sie explelur fc , quod significat fidqxvgeg^ alque hoc quidem recte in
continuatione sermonis. Contra tilulus ficc^vglai, qui reperitur in X,
falsus est. Scribendum de sententia Marklandi Ticd fioi öevQO Vxe (uScq-
50) In hac formnla articulum plaoe necessarium esse putans Schoeman-
DU8 ad Isaeam p. 190 redarguitur locis a criticis Turr. ad Isaei or. 1 $ 16
allatis. Nisi vero praeter exempla Lysiaca sex etiam illa Isaei et Isocraiis
Übrarionim culpa corrapta esse putamus.
856 C. Scheibe : lecUones Lysiacae.
cvffip. Mtt^Tv^« — Quando vero unus tesüs vel unus Primarius cum
aliis quibusdam ciialur, ^qftvgla tiiulus est , veluU or. 22 S 9 » ubi
Cttm Anytus ad tesümonium adhibeatur, Maf^vQia e cod. Pal. primus
restiUii. Q^iod fere cadit in or. 31 S 16, ubi Diotimus cum pa^anis de-
leclis teslimonium dicere iubelur. Hie enim cum codex in marglne
habeat furfw^^ rcSv atgi^ivtmv (Uta dio^ Sauppius in epist. crit.
p. 81 bene eruil veram hanc scripturam (laffzvQia %^ atqs&ivxmv
fura jdtovliMv, Bekkerus autem noUs iilis neu recte intellectis dedit
Manftvffla xw mal Jtotiitov» Interdum lamen nullum a codice peti
polest auxiliom, veluU or. 3 S 14, ubi post verba ov iym (sie neces-
sario «cribendum mihi videbatur pro vulg« ig iym) tovg naf^yevofjU-
vitvg vfitv 9Mrfi|offtai (uiqitvQag vulgo perperam inserebalur tUulus
Mafftvqlat pro eo quod ego primus dedi Md^itvffBg* In codice nihil
est nisi tolidem fere litterarum lacuna. Similiter non corrigendum,
sed de conieclura complendum putavi tituium or. 13 S 28 post haec
verba &g öl naQeöxeväad^ anavxa a iym liym, %al iiaQVVQeg
8lai nal avTO to ^rj^piöiat cov ro f% ßovkijg xcctafux^vQ^B^. Ibi
enim non modo ^^itffta, quod in ora codieis ascriptum iegitur sie:
^« (sicuti § 29), sed ante ^goitffnx etiam (ia(ftvQsg interponendum
esse persuasum habeo , quod et ipsum interposui in or. 22 S 12 pone
verba »al xovxwv v(itv fta^v^a^ na^t^Ofiai (naQi%0(uxi libri) Mark-
lando obsecutus.
öraiioms tricesimae secundae
23 S 24 ovtog yaq avvtQifiQaq%cov ^AXifiiSi t^ ^AQiOtoSlnov^ q>a-
anmv dvoXv ö&yvöag fuvxr^novxn fiväg i*ilva> cviißaXie^cii , to
i^fuav tovxmv xolg 6Qg>€ivotg oiai Xaloyiifxaiy ovg ^ Tsolig ov
ftovov naidag ovxag ixiXeig hcoltfiiv^ iiku nuä butiav doxigia-
^wsiv ivutvxav a(p^ev mtacmv xmv Xnxovifyiw. Ex his verba
toig oqmavolg ovöi neque ad praecepta Hnguae accommodata sunt,
quae ovtft additum respuit , neque congruunt cum eis quae insecun-
tur ov^ ri noktg kxL Sic enim soU Diogitonis pupilli dicerentur
immunes , non , ut lege sancitum erat , omnes omnino orbi. Eadem
reprehensio cadit in Cobeti (de arte interpr. p. 153) eoniecturam, in
ot;<r» latere existimantis rl^öi, cui apposita fuerit interpretatio ki^
XoynSxai. Verum non in participio corruptela inesse putanda est,
sed in articulo xotg^ quem si mecum mutaveris in avxoi^g, istud
oviSiy quod molestias facessivit, idoneum habebit.expeditumque ex-
plicatum: ^dimidiam huius aeris partem in ratione tutelae gestae eis
24utpote orbis rettulit, quos res publica non modo donec sub tu-
lela sunt, sed etiam proximo post tutelam anno immunes reddidil.'
De re v. Boeckhii oecon. publ. Alh. I p. 704, Hermanni AnU Gr. publ.
S 162 n. 12, Schoemanni Ant. iuris pubi. Gr. p. 329.
üt hoc loco ex articulo pronomen avaq>0Qt7tov eruendum erat,
ita vicissim in or. 14 § 37 pronomine quasi obvolutus latebat arli-
culus: a ftJi/ ycig ^öst xmv vfUxiQiov naKmg ixovrcc, (ifprvxrig av-
rotg AcMBÖai^ovloig iyivsxo, Neque quas res Lacedaemoniis
C. Scheibe: lectiones Lysiacae. 857
«peruerit Alcibiades indieatum est, neque avvotg vim habet et 6ig^i'24
ficanliam. Quibusnam enim Laeedaemonii oppositi sunt? Qui si
nescio quibus oppositi essent , articulus tarnen rotg aegre desidera-
retur. Verba iffitur depravata esse cum non fugeret Marklandt
aeumen , pro avtotg ille scribi posse aatumavit vel totg vel avtog
vel ttvtmv* Data inier has correctiones optione Reiskius praetulit
avtog j ut Alcibiades ipse uJtro Lacedaemoniis ulcera civitatis ape--
ruisse diceretur. Quam ego suspitionem improbandam puto , non
quod sententiam ab loci ratione abhorrere arbitrer, aut quod illam
vocabuli avtog notionem reprehendam (cf. Lys. or. 12 § 61 , Aesch.
Ctesiph. § 116, Dem. de f. leg. $275), sed quia sie quoque ad fiij-
wtrlg nemo non desiderabit genetivum pronominis demonstrativ!,
quod ad relativum a respiciat (^eorum deiator factus est'). Hac
de causa Turicenses praeoplaverunt avrcSi/ AaTtsdaifiovlo^g» Sed
avtav haud facile, opinor, ab librariis in avTOtg immutatum esset.
Tu repone firiwtiig avtmv totg jiaxsöaifAOvlotg. Si quis autem
Sit qui moretur pronomen avtmv ad relativum respiciens, ubi ex-
speetabatur demonstrati vum genus , conferat is exempla , quäe plu-
rima congesserunt Foei^chius observv. crit. p. 74 sq. et Maetzne-
rus ad Atitiph. p. 254. ^'
Peccatum est, ut mihi quidem videtur« a codicum scriptoribus
in eadem voce in or. 12 $ 55 tovtmv tolvvv Osldaw o rav tgia-
novta yevo^vog %ai 'IitTtoxXijg xal ^Ean,%aqrig o AofuJttQSvg xal he-
QOt ot öoKOvvtsg glvai ivavttmaxoi XaQtTiku xal KQttCa %al tjj
ixalv<Dv haiqeia^ htstdri avtovg slg tipf cIqxH'^ xatiati^öav, noXv
fiel^m ctaatv nal 7t6ke(iov inl tovg iv IleiQauP^) totg i^ aöteog
htolrfiav. Reiskius pro avxovg vel avtoig^ quod libri habcnt, sine 25
Ulla dubitatione avtiq in ipsam orationem invexit. At summo cri-
tico sie opinanti, decemviros denuo principatum adeptos esse,
aliquid humani accidit. Neque enim Hippocles neque Epicharcs
Lamptrensis neque Rhinon (qui quidem et ab Isocrate or. 18 S 6 et
ab Heraclide de polit. p. 5 ed. Schneide win. in numoro Xvirorum
refertur)^), sed soii Phidon et Eralosthenes dominalionis XXXvi-
rorjum socii fuerant, ut e catalogo iiiorum tyrannorum a Xenophonte
memoriae prodito conspicitur, in quo quidem illorum nomina non
comparent (v. Sieversii comm. hist. de Xen. Hellen, p. 46 sqq. et
94 sqq.)- Sed ne avtovg quidem probum videtur, quod e sqIo
cod. C asciverunt editores nuperrimi , quamquam vel id dubitalio-
51) Quae pone IleiQaui etiam in Bekkerlana ed. interposita lege-
batur vocula ^, ea primus Reiskius in var. lect. p. 686 intellexit per-
verti sententiam : itaque Turicenses et ego eam delevimus. 52) In ver-
bis Heraclidis zovzcov 9h (zdov zQiocHOvta) yuxtaXv^ivzoav SQOcavßovXog
neel *P^v(DV nQOBOt'^yisiaav , quod Thrasybulus inepte cum Rhinoiie con-
inngitur, morosius olim et ego haesi (die oligarch. Umwälzung p. 119)
et alii offenderunt; nos tändem Schneidewinus excerptonim istornm con-
dicione dilucide exposita docnit in oomm. ad Heraclidis polit. p. 41 no-
mina integra quidem esse, sed ab excerptore ex politits Aristotelis im-
perite coatamlnata.
358 C. Scheibe : lectiones Lysiacae.
85 nem movere debebat, quod X supra avvovg superscTip.lum habet av-
toigf idque solum in Veneto a se repertum narrai Reiskius. Aecu-
sativo enim avrovg probato ad nctxiaxrfiav necesse est intelleganlur
e superioribus 0/ Big xo iatv ik&ovug. Qua ratione discissus orilur
et saiebrosus sermo , cum media perpetuitas enunliationis primariae
secundaria enuntiatione iiteid'^ avvovg — %axiax7fiav ita interrum-
patur, ut subiecta Oslömv — &e^ot a verbo suo inoLr^aav dispes-
cantur et quae subiecta in primaria sunt, ea in iutercalala htBiöri
— %cnimrfiav in obiectum avxovg ex inopinato inverlantur. Ita-
que Th. Bergkio ctvxovg exterminandum videtur. Qua ratione licet
inconclnnitas a me notata removealur, credibiie tamen non est orv-
xovg ab interprete appictum esse , cum vei inscitissimo Big xfiv ccq^
xihf xcttttfSxijvat nota locutio esset. Minus etiam alteram scripluram
cevxoig ex interpretatione aut casu aliquo orig^inem invenisse appa-
ret, ita ut, cum sensu cassa sit, eam depravatam esse sequi videa-
tur. Perspexit hoc Marklandus , qui hanc corruptelam sustulit ita
verba refingens: iitBiSri ctvxol Big xijy iq%iiv »axiöxriöav: quo>
rum quidem haec vis est: Crilias eiusque sodales crudelissimi fue-
26rant ac saevissimi: quare post eorum interjtum adversarii Ulis infes-
tissimi electi sunt qui lenius rem publicam moderarentur. Hi autem
cum primum ipsi summam potestatem adierunt, tantum afuit ut
clementiores se mansuetioresque exhiberent quam «Hli, ut urbanis
acriores etiam eoncitarent turbas. Sunt igitur avxol oppositi Criliae,
Charicli eorumque sodalicio. Sic non solum plane placideque pro-
fluit oratio , sed etiam singulare ei acumen accedit.
Haud procul ab hoc loco $ 52 slyccQ^) vniQ xav aSixaviiivaw
iaxaala^Qv, nov Kcikliov riv avdql aq%ovxi, ij SQccCvßovlov Ov
Xf^v %atBili^(p6xog, xox httÖBl^aa&ai xi^v ccvxov cvvovalavi
eodem Marklando auctore correxi Bvvoiav, quod vocabulum cum
prope eandem atque illud in libris mscr. refert formam, tum hoc
loco propter similem praecedentis vocis avxov exitum facilis con-
fusio erat. Interprelatio enim ea, qua 6vvov6la Studium esse di-
citur, quo quis alicui parti tamquam <fvvB6xt sive praesto est cum
eaque facit, nescio an subtilior quam rectior sit: nusquam enim
hoc vocabulum ita usurpatum inveneris, sed ubique locorum est de
praesenti communione, ponsuetudine familiari, coUoquio, con-
vivio. Si vero quis verba § 64 xovg r' ixBlvtfi iBri^cefiivBi) iSwov-
xccg scriplurae tfvvovtf/av patrocinari existimet, is fallatur, ut recte
animadverlit Reiskius. lUic enim Theramenis coUegas intellegi pa-
tet. Deinde habere quidem possumus ßvvovalav^ desiderare etiam,
num vero praebere possimus vehementer dubito : contra siivouxv
exhibemus etiam absentes, Alqui Thrasybulus Phylen occupaverat,
Eratoslhenes vero XXXvirorum collega erat in urbe , alter ab altero
53) Sic nuper scripsi ex emendatione Schott! et Siatenis pro nccl ydQ,
quod in libris est, et pro ncd yäq sl, quod vulgo edebatur de Canteri
coniectura.
• C. Scheibe: Icctiones Lysiacae. 359
seiunctus. Quibus ego argumenlis duclus putidulo isto awovatav, 26
quod omnes ediliones obetdet, reieclo reposui evvoiccv, Loculio-
nem aulem ivvouxv intösUvva^ai habes apud Lys. or. 18 S 3 et 4,
Dem. de cor. S 10, ubi tarnen le^iinr ivöelxwa^cci t^v svvoiav.
Comparetur Lys. or. 12 S 49 onoiSoi d* svvol qxxav dvai^ nmg
oi» ivtav^a {öst^av. — Persimilis est confusio vocabulorum ovöla
et oliUcc commissa in or. 19 S 42 ^Aqi6xoq>ivrig zoLwv yrjv {liv »al
ovölav Imxrficno nXhv ^ ttci/tc taXavxuiv^ ubi interpreles ne verbo
quidem altigerunt certissimam Markiandi emendationem yi^ ftiv
%al ol%laVy quam cum ipsa ralione a Marklando luculenter ex-
plicata, tum comparatione loci buic nostro germani S 29 xalmov
— olniav ta %Bvx'q%ovxu (ivoov TCQiccöd'mj y^g xb nXiov rj tqmxo-
tsut nXi^qa mrfiafsbat commendatam probavit Boeckhius oecon.
publ. Ath. I p. 89 , ego primus Lysiae restitui. Atque in fragmento
78 S 3 meae edil. (46 Bekk. 233 Saupp.) &(Sxt firjdiva yv^vai xmv
Mlöiovxmv, el fiiq xiq TtQoxs^v rptUsxaxo^ ojtoxiQog iJficSv ixixxrfco
xf^v ovalav nescio an propter slaiovxaw reponendum sit olxlav.
Alterum cum aitero permutatum est etlam apud Isaeum or. 6 S 39
in cod. Z deteriore illo quidem , qui oialccv pro oliUav habet.
Extrema hac scriptione aliquol Lysiae fr a gm en ta partim trac- 32
tabo partim retractabo, et primum quidem dicam defragmentoora>
tionis xorra Ttöidog^) § 3 servato a Dionysio HaL de admir. vi
Dem. c. 11 (voL VI p. 983 R.) et loanne Siceliota in cod. Barocc.
175 foi. 83: nBiiS^Blg dk xavxa nal inaXXayelg luA %Qdfisvog xorl
TtQOöTtotoviievog inixt^detog slvai sie xovxo (lavtag xrihxovxog äv
ag>laxaxaij &öxe hvy%avB (liv ovaa [mto8QO(Ua ^AvaTcslmv^ löa^v
.J' ovTOv fter' ifiov Ttaga xtjv ^qccv aitiovxa (yahoveg yaq aX-
Xi^Xo^c xvy%ivov6iv ovxtg) xo (ihv itQmov avvöeatvsiv i%iXivsvy
htBidfi d' ovH ii&iXrfiaVy iSerfiri iq%Biv avxov iitl »miiovy X^fov
oxi ft^' avxov fud xav oIkbx&v mixm. Cum S 2 dixisset actor
Tisidi a tutore eodemque amatore Pythea persuasum esse, ut in
praesentia cum Archippo in gratiam rediret opperiens 'sicubi solum
eum deprehenderet (hciXavösv ofuxov — iv fihv xm Jtaqovxt JictA -33
Xayijvcci, axoTtstv ih oTtmg €tvx6v (lovov Ttov Xiq^sxcci): pro aTtccX-
Xayslg observv. in oratt. Att. p. 46 scribendum esse conieci itaX-
Xccyslg, ut Tisis tulori dicto audiens cum Archippo in speciem se
reconciliasse eiusque consuetudine usus esse perhiberetur , idque
ita probavi Hoelschero et Sauppio, ut hl non cunctarentur iiaXXayetg
in ordinem verborum recipere. Nunc vero mihi denuo haec verba
rimanti tametsi eadem sententia necessaria visa est, tamen muUo
lenior medella succurrit quaeque non tantum distaret a scriptura
Godicum: xaxaXXayelgy quod quamvis aliquante rarius tamen si
54) In causa al%£ag habitae: v. Reiskius ad Dion. Hai. VI p. 1154
eztr., MeieruB Proc. Att. p. 547 sq., HoeUcheras de Lysia p. 205. Cf.
C. F. Hermanni symbolae ad doctrinam iuris Attici de iniuriarum actioni-
bns p. 10.
Jahrb. r. class. Phüol. Snppl. N. F. Bd. I Ilft. 4. 25
360 C. Scheibe : lecliones Lysiacae. ,
d3scntcnUa spcctatur pcrinde est atque iialXayslg, V. Xen. Anab.
16,1 xai nQoC^BV Teolsiiffiagy funaXXayslg 6i Plat. CiviL VIII
p. 566 E orav xolg fiiv %cctaXlay§» Thuc. IV 59 xal vvv TCQog al-
Xi^Xavg dl* ivuloyuav TUiQiiiu^a %ataXlayfjvai. Soph. Ai. 744
^ioidiv ig xwaUiax^ %6lov, El funaXXayal sunt apud Dem.
Olynlh. I S 4. Voculas aulem %ata et aisoj cum simillimis com-
pendiis exararcnlur, sexcenücns in libris calamo scripüs permulalas
esse pcrvagalum est: v. Reiskius ad Dem. contra Boeol. p. 1017,
28, Schaercrus ad Dionys. Hai. de comp. verb. p. 242 et in MeieU
crit. p. 20, Cobeli var. lectl. p. 277. — Deinde verbum iq>iaxaxa&
mcrito notatum est a Cobeto, qui in or. de arte interpr. p. 96 ^risis*
8cnt' inquit ^Altici ita loquentcm, qui non aliter quam ulg tovxo
(rotfovTo) futvlag iX&iiVj iqiui.v et iq>i%ia^ai dicebant. Scriptum
est in antiquioribus editionibus ag>lct€CTO, in quo agi/xrro lalebaU'
Polerat addere Batavus doctissimus in 6 Grosii reperiri ag>iaT^
atpCctatOy in qua lectione ag>ia%av errori scribae deberi videtur,
qui oculos ab itplcvaxo ad supcriorem vocem av retorquens utrum-
que male conglulinaverit et post barbarum illud monstrum id posue-
ril quod pone &v invenissel in exemplo suo iqdiStcejo. Ac iure
quidem Cobetus miratur illam dictionem cum onmi loquendi consue-
ludini contrariam tum minime congruam nolioni verbi aq>laxaa^aij
quod abscedendi , desciscendi , abstinendi , se removendi vim con-
slaiiter oblinet, quarum signifiealionum nulla cum illa dictione con*
ciliari polest. Sed quod Baiavus ipse tralaticium verbum substi-
tuendum iudicavit ig>lxstOf librariis opinor magls in promptu
erat mirum istud afplaxaxo mulare in äg>CxBto quam retrorsum:
clenim ag>lKeTO elg roaovxo ^vlag cum cuivis ac vel indoclissimo
librario obvia esset cognitaque formula, vix estcredibile quemquaui
in devium vocabulum atque ab hoc nexu plane alienum itplctaxo
aberrasse. Quod apud animum meum repulans ag>laxaxo transfor-
mandum esse censui in »a&laxaxo, i. e. eo isle insaniae redige-
batur, coniciebalur, perducebatur. Quam ipsam Tormulam etsi alibi
legere me non memini, tamen rede et ordine usurpalam esse non
est quod dubitemus: est enim ad slmilitudinem iocutionum eins modi
34compo$ila, quaies sunt frequentissimae illae Tia&iCxcivaiy Tta&laxa-
C^ai^ KaxaaxipfCLi dg Sx&gav, elglXsyxov, sig ayäva^ elg vdvdvvovj
Big OfiovoiaVf elg TtoXe^iov^ elg Cxaaeigy elg xa^ax^v, elg aviyxrpf^
alia id genus, quae omnia conquirere nihil ^ItineL — Deinde in
observv. in oratl. Alt. p. 46 suspicatus dedisse Lysiam &oxe ox*
ixvy%avBf quod abrupta oratio mihi esse videretur, assensum tuli
et Frankü et Hoelscheri, non item Sauppii. Atque ego quoque
nunc inlerposila coniunctione oxe supersederi posse puto , dummodo
haec hvyxave ftiv ovaa — amivxaj yelxoveg yccQ alXi^Xoig xvyxu-
vovaiv ovxeg tamquam in parenthesi interiecta e^se statuatur. —
Tum aniovxcc istud mirum est quod tam diu patienler lulerunt ho-
mines eritici. Num quis praeter ianuam abit vel exit? immo
aut ex ianua exeundum est, quae sententia non quadrat in locum
C« Scheibe : Jecliones Lysiacae. 361
noslrum ,* aul praeter ianuiära praetereundum , quod hie solum est 34
idoneum. Quapropter in lahnii ann. philol. XXXI p. 382 correxi
TtaQiovra^ cui correctioni id quoque commendalioni est, quod in
ed. Rciskiana, incertum an e codd., scriptum exstat naQiovtGw- —
Tum mihi convenit nunc cum Coboto, qui in var. lectt. p. 378 sq.
verba liycov Ott (ud"^ avrov »al rav oixercoi; Ttiitto sie emen-
danda esse vidit nal xmv olxeltov nletaij quam emendationem,
si liber ille mihi admanus fuisset, sine haesilatione suscepissem. —
Denique § 4 quae verba aliquando in lahnii annalibus 1. d. ab eo
quo posita sunt loco aüena esse demonslrare conatus sum aXX^ i^rf-
XcDKo^g (ikv rcSv vsaniQfov xovg novriQOTcitovg iv r'^TColei, vetoarl de
rit, TCvetQ^cc 7taQBtXrig>Ag xal Ttqoajtoiovfisvog viog 9uxl nXovawg el-
vm^ eorum contra me patrocinium suscepit Sauppius, cuius rationi-
bus nunc facere non possum quin assentiar. Attamen crilicos
omnes praeter volavil mendum quamvis minutulum in verbis xovg
novtiQOTccxovg iv t^ tcoXh residens , quod ita removendum erat ut
scriberetur xovg TtovtiQoraxovg xovg iv x'^-TtoXai: iuvenum enim
pessimos, qui quidem in urbe erant, aemulatus est, non cum ipse
in urbe esset. Eandem maculam elui or. 13 $ 20 of yaq TtoXXol i^
i»Blvfig tflg ßovX'^g x^v vaxiqav ßovXiiv x^v iTcl x&v xquckovxu
ißovXevov^ ubi pone noXXol interposui articulum ot, Atque etiam
or. 13 S 72 xoc (i{vxot ov6(icexci duxnQccxxovxat ag>äv avxciv neces-
saria est Sauppii emendatio xa 6(päv avxav»
Praeterea de duobus locis , qui simili labecula aspersi sunt , ac-
curalius explicandum videtur. In fragmento 14 ed. meae (41 ed.
Saupp.), quod exstat apud Aristidem or. 49 p. 518 Bind., si id tamen
Lysiae est, haec leguntur: vfieig (ihv oha&s^ (oavdqsg ^A^vaioi, naQ
i(imf xavxa^ioi yga^ifiaxa %al xi^v axiqXriv elval r» aB(iv6vj ifiol
öl (SxriXri ovQavoiwJKTig icxriMv iv x^ IleXoTtowiqacii fucQXVQOvöa xr^v
aqvtrpf, Ibi articuUis circa yqa^L^axct quin desil dubilari nequit: y^a^n-
(icijcc enim praedicatum esse non potest. Sed quod in superiore edi-
tione scripsL nag' vfimv xccvxa fioi xic yQCcii(Actx(x (Emend. Lys. fasc.
p. 35), cum TCdQ^ vfimv hoc pacto non haberet quorsum referretur, id
fieri non posse ipse perspexi nuperque de coniectura dedi xa 7t aq^
Vfiav xavxi (loi yqainiaxax cuius articuli ante pronomen demon-
strativum collocatio si quem offendat, conferatur illud Demosthenis a
Kruegero in gr. Gr. S 50 , 11 n. 20 expromptum cct ytqog xovg xvgav-
vovg ccixcct Xlav ofiiXUci, Interpretor autem xa naq VficSv ygafifucxa
inscriptiones s. titulos ab Atheniensibus Iphicrati honoris causa do-
natos dicatosque. Ceterum pro tifv iQSXfjv^ cum Iphicrates rem in 35
Peloponneso gestam (i. e. moram deletam , v. Sleversü bist. Gr. a
fine belli Pelop. p. 123 , Hoelscherus de Lysia p. 140) tamquam co-
lumnam esse glorietur sibi positam, testem illam suae virtutis, ne-
«cio an requiratur t^v ^(»^v iQt$'qv vel tijv a^cr^v r^ v ifii^v^).
55) Itidem pronomen posflesslvnm mihi quidem videtur excidisse or.
10 S 8 wvl 9i oclaxQQv ßQi bIvw dQ%Bt n^ql xov naxQog^ ovta noX^
25*
S62 C. Scheibe : lectiones Lysiacae.
35 — Aller locus est or. 31 S 4 i^im ii %al vnmv (Xuvig Svyoctmiqoi
ifiov ilül^ loyto aTtOfpijvai ful^m ovta avtov ra afiaqv'q^icnay
xal l| ckiv av iym wtoUnm (ita nuper dedi auctore G. A. Hirschigio
pro vitoUxm^i)j %iUv airavg ftiQl iv föaöi KuvfiyoQ^öai OUc»-
vog. Sic scripserunt et distinxerant ad unum omnes: quod si fit,
voc. 6vvtnmiQ0t nude positum nescto an alio sig^nifkatu aecipi ne-
qiieat, nisi utpotentioren designet: potentiores vero cur rog-eri-
tur ut maiora gravioraque PhHonis delicla esse demonstrent, quam
quorom magnitudinem et alrocitatem sua oratione assequi possit
orator, non intellegitur. Sed fac dwoTioW^ov^ dicendo yalen-
tiores designare posse**), intellecto scilicet nescio unde dicendi
36 verbo: quamnam, quaeso, vlm toytfi habere credimus ad arnnprlvcet.
adtectum? Num dwcertoTSQOi tsli alio modo Philonis crimina aperire
poterant quam verbis? Non credo equidem, sed illud Xoya in me-
dio positum vacillansque ad SwcnciteQOi pertinere certum esse
puto. At enim, inquH Retskius, si cum hoc cohaereret, non laytp
conveniret, sed XiyBiv, Esset hoc sane usu tritius et vulgarius.
Sed cum r^ xe nQOTtstv xal elmh^ dvvafuvoi a Demosthene or. 49
S 9 et a quovis scriptore xQiq[ia0i dvvarog sive dwafisvog et huius
generis alia dicantur, non video cur non liceat dwcnog rcS Ao^»>,
modo articulus praeponalur , qui hac in iunctura videtnr necessariust
nam Xoyta dvvoctog esset oratione quadam valens. Scripsi igitur
de mea coniectura et distinxi ita : o7xiveg dwarats^i ifuw zl6t rci
Xoytpj aico^^ai (is^S^ ovta avtov ta &iia(^iq(iava. Atque virgala
pone loym est eüam in Palatino , ut (estatur Kayserus.
34 Ceteros locos ptopter articulum Talso aut omissum aot additum
corruptos, ne omnia perlustrando longus sim, summatim enume-
rabo. Or. I S 17. 30 , ubi Westermanmis probabiliter proponit rov
vofiov Tov i% xrig <>ri}li;ff, or. 2 S 43. 45. 79, or. 6 S 38, ubi pro
xal xwtov rjfimv oTtolavifai suspicatus sum scripstsse oratorem
fuel xovxov xiov avxäv 'qfiiv aTtolccvaai vel xal xovxov xav fifie-
xiQfov aitolavaai coli, or. 28 S 6 instdii xa^iCxa ivbtXrpno (sie
Xov a%Cov Ysyevfffkivov xal i^vnudx^ noXu^ fiii xiumifijaaiFd'ai xor
zavx* eiprinota. Qaae entm his opposita sunt § 2 fym 9\ sl (ihv tov
iavtov fie dnentovivta ^läto, evyjini^riv av ttzov avx^ tmv sC-
QT^fiivmv ^commoüainni aut nsgl tov ifiov ncctgos aut nsgl tov na-
tQog tov i(iavTOv ab Lysia dictum esse. 56) Haue sigDificatioDem
si quis analogiae ratione conftrmare yelh, noo sine aliqua probabilitatis
specie afferre posse videatnr nomen dvvaJHg^ qood apud Dem. or. 19 de
f. leg. S 339 (p. 450, 11) tantandem est ae daivotfjg^ eloqaentia, ut
animadvertit Schaeferus conferii iubens sua ad Dionys. Hai. de comp,
verb. p. 410. Verum illa notio non per se in Ipso yocabulo &vvafiiß
inest, sed ex orationiit demum nexu intellegitur: eteoim otav fihv tdrjTSy
inquit Demosthenes, dstvotrjra ^ t^q>(»p^a9 ^ ti tmv aXXmv tmv
tOLOvtmv aya^mv ixt x^ffotov %al (ptlot^iiov yeysvrffiivov av^^mnov,
ovyxa^QBiv aal owaoüsi^v ndvtag ^er* — ortay 9' £tl dmQod6%ov xal
novr^i^ov aal navtog fjttovog lijfkfuctoe, anoxXs/eiv — , mg wovtjgia
9vvanemg 96iav svifopLivri na^* vpuBv inl ti^v noXiv iatCv, Cf. in-
fra § 340 at [thv roivw aXXai dvvdfisig — , ^ dl tov Xiysiv %t§.
C. Scheibe : lecliones Lysiacae. 363
dedi pro barbaro ivsninXtivTO) »cd %mv vfisti^üov iitUctvGuv. — 34
Or, 7 S6 6 niOiUfiO^, quia bellum Peloponnesiacum dicilur, queniad-
modum infra xo juoaqlov ivtm TtoXifua dtifisv^iv, eiusdem or. § 23,
or, 9 S 1. 3. 7 7 ubi perinde ac $ 22, cum arliculus tolerabili careat
inlelleclu, cum Bakio schol. hvpomnem. II p. 247 leni mulalione
scripsi dt* lölag ^x^Qctg pro dia rag Sx^Q^S- or. 9 S 16. 19 , or. 12
S 12 elg ta tov id£lq)QV tov ifiovj ubi eliminandum esse ra iam
dixi Vindd. Lys. p. 41 , coUato quod infra legilur e^ /dafiviTCTtov el
S 16 dg ^AQxivea tov vavxXi^i^v. Eiusdem or. $64, ubi de meo
dedi tovg g>lXovg rovg Stigafiivovg pro rov GriQafiivovg y praeser-
tim cum in nullo huius oralionis loco QriQa^vifjg arliculo insignialur
(cf. or. 30 S 2 tovg vofiovg tovg IJolowogj quod rede rescripsil35
Reiskius pro tov ZoXmvog ei or. 32 S 26, ubi ^AQiatodixov tov aösl-
yjov tov *Ali^töog ex AB Grosii reposilum est a criticis Tur. pro
tov ^AXi^töog), or. 12 $ 100, or. 13 S 77, ubi nunc avyxat'^k^e aTto
0vX^g auctoritale codicis X reslilui pro vulgalo övyxat^Xd'e totg
ano ^vXijg: quidni enim breviter dixeril Lysias: ^una rediit a
Phylc', elsi populäres non recla ab illo caslello in urbem redisse
constat, scd posl occupalam demum Munychiam viclosque optima-
les. Or. 13 S 80, ubi Dobraeo auclore voci d^aAila^'a/ praefigendum
duxi articulum af , quod de nota illa saepeque commemorata con-
cordiae reconciliatione Piraeenses inier et oppidanos facta loquilur
oralor. Or. 14 $ 17* 18. 23 tov^AXKißtaöriVy ubi malim aul delelum
arliculum, cui cerle locus nullus est. aul tovtovl ^AXxißiadriv. Or. 18
S 3. 4 , or. 19 S 7 Seivr^ ij cvfig>OQa cum Reiskio , $ 14 of iv fiXixlcc
pro o£ iv ty fiXixic^ cum Cobelo de arte inlerpr. p. 93, eiusdem or.
S 19 , ubi quod in Pal. scriptum exhibetur tmv iv IleiQaut tmv na-
Qaysvoiiivfov iam supra a me defeusum est , eiusdem or. S 26 S^siv
to %(^<slov cum Sauppio , nisi forte praestare putamus a^Hv ^vüiovy
quod Bergkio placuit. Eiusdem or. $28, or. 20 S 32, or. 21 S 17,
ubi dovvat tavtriv xccqiv correxi Kayseri suasu pro dovvm tijy x^'
Qiv^ or. 21 S 28, or. 22 S 1, ubi Ttotovfilvovg tovg Xoyovg dedi
auclore G. A. Hirschigio pro noiov^iivovg Xo^oi;g, quod constanü
U3ui adversatur. Or. 25 § 2. 9. 10 dinaiotatriv ti^v tlnjg>ov cum
Rauchensleinio , or. 30 S 22. Denique in fragm. 82 meae ed. (245
ed. Saupp.) 6 OiX&vl8rig 6'* iqav qnfilv articulum o abicere non
dubitavi : quippe Philonides reus est.
Fragm. jtQog KXsivlav dia^iaQtVQla 54 ed. meae (144 cd.
Saupp.) a Suida v. v7to (uiXiig servatum: ijtsM itivtig Katida^&ovj
iöKBvaöfiivog t&v xf^Xxmfiatmv oaa olog t i^v nXstörcc vno fia^
Xfig Xaßmv i^iqyciye g/^og ?%o>v. Per noclem cum omnes dor-
miebant, Ciinias dicilur quam polerat plurima vasa sibi confecissc
sive parasse : nihil enim aliud verbo simplici iatuvaaiiivog significalur.
AI hoc absurdum esse per se palet. Scribendum erat avaxevaaa-
fievog: ille vasa ahenca per noctis silentium collegit, collecla ar-
reptaque extuül sub ala gladium lenens. itv<SKevaf;ea^ai enim de colli-
geadis vasis alque illnere parando usurpari nola quidem res est , sed
364 C. Scheibe : lecüones Lysiacae.
iUud minus notum , valere etiam compilare et auferre dicique de furibud
qui furla raplim auferunt festinanles: quae quidem notio illustrala a
Tayloro et Reiskio ad Demosth. de f. le^. p. 458, 13 huic noslro loco
vel maxime videtur consentanea. Quae exlremo fragmento posila sunt
verba aliquanlum perturbata esse alque sie in ordineni redigenda , ut
scriberetur laßav i^i^yaye ilg>og ixfov vito iiaXtiQ oslendi in
lahnü ann. philol. XXXI p. 378 , eaque correctio eo magis videlur ne-
cessaria, quod xalxmiiata sub ala gestari vix ac ne vix quidem recte
dicuntur. Cf. Xen. Hell. II 3, 23 xai naQoyyelXavrsg vtavUsxoiq o?
idoxovv avxolg ^qaavxaxoi eiva$, ^tgddia wco fialrig {%<yyxag naqa^
yivia^tti , |vviXc|av rijv ßovXvfy.
Fragm. itqog SevoKQdtriv (vel SevotpmvzcO 72 ed. meae (206 ed.
Saupp.) Photil lex. p. 546 (coli. 767) el Suidas v. avy^o^ndr^ : (Svy%0'
ludfi* mg iiil %cc(fitav. Oovxvdtdrig iv y* %a\ Iv avynofuSy Ka(fjtov
«tfov. xal AvaCag iv x^ ngog Sevog>mvxa' avyxoiiiiSag 6 h di&Qa^xal
ajtodoiiivog to agyvQiov. Cum avyxo(ii8riv coUeclionem fru-
gum ((u; htl naifnmv) interprelenlur Photius el Suidas, cui interpre-
tationi accommodatum est exemplum Thuc. III 15 iv avyxofiiö'j xa^^
novj consentaneum est iu Lysiae quoque loco eiusdem usus confir-
mandi causa allato Truges commemoratas esse. AI has num vocabuio
dcoi^ significari censemus? Crederem equidem facilius, si dicta essent
va dmga xov aygov vel xrjg yrjgj ut quaiia dona inlellegerenlur non
esset ambiguum. AI hoc, quod conveniret orationi poeticae allius
assurgenli, nonconvenit sedato oratorrs, nedum tenui Lysiae sermoni.
Itaque dedi quod scripsisse Lysiam cerlissimum est cvyw}\U6ctg 61
ontoQav (v. Philol. I p. 185) meque secutus est Sauppius. övyTio-
(uSfi xrjg OTcdgag legitur etiam apüd Pol. IV 66, 7. Vilii sedem emen-
dationisque vlam monslravit L. Dindorßus ad Diodorum IV p. 285 sq.
suspicalus corrigendum esse iSvyK0[ii6ag dl xa cigata. Nee minus
falsum est quod deinceps scriptum est anodofuvog x6 igyvgtov, £te-
nim aitodoa^at apud scriptores melioris nolae omnes valet vendere,
ut docuerunt Boissonadius ad Philostr. Heroica p. 288 sq. et L. Dindor*
fius 1. d. lam vero qui glossani iilam exscripsit auctor Etym. M. sub-
odoratus haec per Graecilalem sentenliamque iungi non posse dedit
inodovg xov iygoVj quod esset: posleaquam reddidit agrum. Atque
aygov rede ille quidem , anodovg non item rede. Non enim de red-
dito agro , sed de vendilo locutum esse oralorem probabile est. Cor-
rige igilur ijcoöofievog xov ayqov^ habebis integram sententiani
germanamque, ut arbilror, Lysiae manum.
Obiter moneo nie in fragm. 7 ed. m. (15 Spp.) cog av dvvaivxo cor-
rexisse i ro ag av övvavxai, in fr. 16 S l ed. m. (44 Spp.) formani
AUicam xgiag resliluisse pro xgiovg^ denique fragmenluni 79 ed. m. (234
Spp.) de coniedura mea observv. in oralt. Alt. p. 46 sq. prolala ila re-
finxisse : sl fclv yoig aygovg naxiXvjtBV ^Avögoxleßtig ^ aXkiriv g>avBQCcv
ovaläv, i'g^v av shcBiv rw ßovXo(iiv(py Zxi ovxog fiev ij^evÖexat,
avx^ 08 öidoxaL, negl de agyvgtov xal y^vc^/ov xai ag>avovg oitslag
d^Xov oxiy o<Sxig ixav avxa g>aiv6xaiy xovxg) didmxevy pro oxe ovdhv
C. Scheibe : lecliones Lysiacae. 365
(isv iffevdetai, ixvto öidiSotai. Ttsgl uQyvQlov xts, hac scntentia: si
eniiii AndrocUdes agros reliquisset, cum Pherenico quivis possct de
possessione horum agrorum conlendere eosque sibi vindicare, aide
auro argenloque controversia oriri potest nuUa. ovrog Phercnicus in-
tellcgilur, avvm redil ad ßavXofiivtp.
7 ^E7t£iieTQ0v.
^ Vehemenler doleo quod pro lardilate rei librariae noslrae serius
ad me pervencruni C. G. Cobeli ßalavi sagacissinü erudUissiiiiique
ft' Variae Lecliones, quam ul eas ad Lysiam expoliendum adhibere
i^ possem. In quo opere tarn mulla conUnenlur cum ad celeros oraleres
i^ eme n dandos ^'') lum ad Lysiam sordibus purgantlum ulilia, ul facere
:>' non possim quin in calce huius iibelli ea omnia in conspcclu ponam,
:': curalurus ul quae videanlur probanda esse, In meam edilionem posl-
r liminio recipianlur. Meum autem hoc loco qualecumque iudicium
7 quam brevissime polero inlerponam.
: P. 3. Or. 9 §* 2 et fiivtoi viiäg otovxai 8t evvotccv vno tcJv
L. ötaßoXoiv nsKS&ivrag xaTutln]g)ma^al (lov ovic av d-aviidaaiiii, Con-
io iccil Cobetus di* evi^d'etccvj Torlasse rede, sed huius conicclurae
:., laus praerepla esl ab lacobsio et Dobraeo. Reiskius suspicalus eral
a scripsisse Lysiam avoiciv, ßergkius avlav^ Emperius övßr^oiav vel sV"
i xigeiav, Vulg. ita luilus esl Franzius, ul iudicum in aclores benevolcii-
\i liam inlellegerel.
t P. 29. De or. 18 § 24 iam supra menlio incidit.
t P. 37. Or. 13 S 31 correxil Cobelus ovx iöonst avxoTg aitavxu
zalrjl^ %fo TiCczeLQfiKivcci pro xairiyogriKivat coli. S 50, quod
^ Agoralus non fueril üan^yogog^ sed fitivvrrig. Rede id quidem. Sed
f xazriyoQHv universe indicandi, declarandi, palam diceudi, proiilendi
(aussagen) significalum oblinel plane ul or. 1 S 20 el or. 7 S 36, quos
f quidem locos el ipsos corrigere conalur Cobelus. Ulis vero accedit
^ Anliphon, qui in eadem causa or. 1 $ 10 el da anctqvoi ylvoivro tj Xi'
. yoiev (lii OfioloyovfiBva ^ ^ öiKti dvayxaiot rcc yeyovoxa xccvriyoQSiv.
^ Haud mullum absimilia sunt illa Plalonls Phaed. p. 73 6 ivrcivba fSoi--
f q)i(Sx(xxa xavrjyoQBi (^arguil, declaral' Heindorfius) on rovxo ovxcjc
, txet, coli. Alcib. I p. 105 A, Demoslh. or. 45 S 20 löxi 6e xovx* uvxo
^ xb driXovv Kai xccxrjyoQOVv j oxt näv xo nqay^na xccceöTtevanaöi. Quid?
quod poelae quoque hunc usum norunl, velul Soph. Ai. 907 iv yaQ
j ot xd'ovl nri%xov xoö^ By%og rce^ucexig xaztiyoQeL — Conlra veri si-
^ milc est quod per hanc occasionem suspicalur Cobelus in or. 1 S 20
t scribcndum esse xal xccg ehoöavg olg XQorcoig Tcoiotxo pro TtQOOiot.
In eandem tamen senlenliam incidcral iam Reiskius, jiisi quod is
57) Aeschinis tamen Codices ehkl quod pro optimis habuit Cobetns, in cu
faUus est, iit cognoscere poterat ex editione Tiiricensi.
366 C. Scheibe: leclioncs Lysiacae.
noMlti voluil. An forle Lysias edidit »ul rag elcoSovg olg TQonotg i
ttogCcaitol
P. 49. Or. 1 § 14 elr' ix x&v yevtovmv ivin>a(5^ai (i. e.
ajcoaßiCd'ivta xov Xv%vov) pro ivailßaö&ai^ quod Codices habent, iam
Reiskius dederat, sed necessariutn non pulo.
P. 68. Or. 32 S 14 iv yaq r^ i^otxlasc, oV ix KoXkvrov i^co-
x/^ero elg xriv Oalöqov olulav pro ötomlösi et öifKl^exo, Salis pro-
babiliter.
P. 84. Or. 1 S 9 kovad'at pro Aovetf^crt. Recte. Cf. Lobeckius
ad Phryn. p. 189.
P. 111. Or. 31 S 17 xoxB fili/ avxog [(lovog] , xoxl tf ' hiqoig tiyov-
fievog eieclo iiovog posl aixog. Non opus.
P. 153. Fragm. 56 Bekk. 88 meae ed.^(Stob. flor. 46, 110) ov6ev
Sv idu xovg g>svyovxag anoloyetad^aij ccll^ ixqlxovg inoQ'vrfixBiv
pro anqtxl inod'viia^eLV. Recte.
P. 158. Or. 19 S 12 6 Je oqöSv avxovg vn insCvov xe TteTtiaxsv-
fiivovg yeyovoxag xs iniBtxag xy xe Ttokei, IV ye x(p xoxe %qov(p aqS-
OKOvxag inela^rj öovvat (coli. § 15, ubi in ed. altera restilui ovx i'öca-
%Bv pro OV 6ida)KBv) cerlissima emendalione pro yeyovoxag xe in ist-
»Big. 'Speclavit igitur in genero genus primum eique filiam in matri-
monium dedil, quia honesto loco nalus erat.' De locutionibus
£v, xaAcog, üa%6og yeyovevai ad generis nobililatem aut ignobililalem
pertinentibus v. quae supra obiler annolavimus ad or. 13 § 59.
P. 177. Or. 12 S 44 OTtag (ii^x^ ayad'ov (iriöev t\>riq>i,el(S&B noX-
AcSv XB ivÖBBig idBöd-e recte fortasse pro t\)ri(pC(Sai,a9^B^ quod de senlen-
tia Bekkeri reposuimus. In X non est i\>7i(pC(Sea9^B ^ ut narral Cobelus,
sed '^riq)lcri(S^e*
P. 187. Or. 6 S 26 OV ^ovov xov ^avaxov ifpoßBixo akXa %a\ xa
xaö"' ii^iqav ahla^axa otofievog xa aKQOOX'^Qia f c5v ajtoxfirjd'riasa^ai
pro i^vxog. Probabiliter.
P. 206 alque iterum 336. Or. 4 S 15 tvovbqov TtqoxBQog iitlri--
yr^v ij inaxa%a ixBlvri (lälkov ytiet pro TCQoxeqov — av yöei. Illud
nqoxeqog ego iam in ed. altera post Marklandum edidi: av aulem par-
ticulam equidem non expunxerim. Dicit ehim orator : illa magis scie-
bat, et professa esset, si tormenlis esset cruciala.
P. 210. Or. 25 S 8 ivd'Vfi'qd^iivat, %Qri öxi ovdelg iöxtv av&Qcincov
gyvaec oOxb 6Xiya0xiKog ovxb örj^ioxiKogs aXX^ ijttg av iKdöxco jcoXi-
xela <Sviig)iQy^ xavxriv Ttgod-viiehai xa^idxavai pro drunoxqaxi^xog , nam
apud Athenienses perpetuo usu opponi inter se xovg öri(ioxL7iovg et
xovg oXiyagiixovg, non xovg örnionQaxiTiovg , quod de rebus dicatur,
non de hominibus. Aristoteles tarnen Elh. Nie. V 6 xriv fiivxoc a^lav
ov xY^v avxriv Xiyovöi ndvxeg vnaqiBiv^ aXX* ot ftii; J?yfAOx^aTtxol
iXev^Bqiav,
P. 213. Or. 12 §12 BlgxaSBX(pov xov ifiov pro Big xa xov dö,
xov ifjLOv iam dudum a me correctum est Vindd. Lys. p. 41 et in ed.
alt. repositum Big xov ddBXg>ov.
P. 251. Or. 2 S 35 Oi iiiXXovxBg vavfiaxiiaBiv imhq xmv fpiXtd-
C. Scheibe: lecliones Lysiacae. 367
Tflov (pfo carissimis capiUbus) tav iv JSaXa(uv$ pro vnsQ r^g
(piXotrpiog vTciQ rmv Sd-ltov xmv iv HalaiiXvi, Ingeniöse atquo, ut
opinor, vere.
P. 258. Or. 3 S 17 totaikcc Ttctgevoiiow pro 7tai^v6(AOvv, V.
Butlmanni gr. Gr. I p. 345, Schaeferus ad Dem. p. 217, 25 (or. 17 S
22, ubi ex optimis codd. naQSvoiiovv reslitutum) , interpretes ad Aesch.
Cles. S 77. .
P. 261. Or. 24 S 1 oX/^^oi; Sim %aqiv i%Hv zip KaxrjyoQm pro ov
nolXov dim^ quod cum omnibus placuil inlerpretibus , tum mihi quoque
probatum est. Nam formula oUyov öia> ut constanler omnes in ea re
utantur Alhenienses, lamen cum nolXov Sem non minus crebro dicatur
(Plat. Apol. p. 30 D et 37 B, Menone p. 92, Alcib. I p. 131), non in-
tellego cur non aliquando per negalionem dici licuerit ov TtoXkov öia).
Neque alio ducere videlur exemplar Palatinum, cjijus auctor cum
scripsit oAiloi; öito (non itolXov öi(o^ ul tradit Bekkerus), haud dubie
voluit non oUyov dia, ul videri cuipiam possit, sed itokkovj cum lit-
tera initialis in eodem vocabulo etiam alio loco omissa sit, or. 19
inilio.
P. 262. Or. 2 S 21 ilnt^atv öovXmaea&ai pro 6ovXciaaa&ai>
nunc etiam in cod. X invenlum atque a me iam reslitutum. Praeterea
or. 12 § 19 ^ovTO xrriasa&ai pro KZ'qaciad^at el or. 13 S 6 vofil^ovzsg xo^
taCtiiasod'ai pro xccxaaf^aaa&M iani Marklandus coniecerat. Ibd. S 15
et 47 iTCix^itj^eiv pro iniTQiijjai iam Stephanus , S 53 dioatQa^Ba&ai pro
SioTtQa^aö^at iam idem ille Marklandus, qui cum et ipse eins modi
infinitivos aorisli suspeclos habuisset, cautius modestiusque iocutus est
in notis ad Maximi Tyrii dissert. XVIII p. 686. Eruditissime omnem
hunc de infinitivo aorisli pro futuro posilo locum perlraclavit Lobeckius
ad Phryn. p. 749 sqq., cuius non videlur rationem habuisse doctus
Leidensis. Cf. praelerea Frankius ad Dem. or. 1 S 14 extr. el Webe-
rus ad Aristocr. p. 343.
P. 263. Or. 21 § 10 Oivxtav pro Octvxtav. Mihi quidem Oavluv
scribendum videlur: cf. Athen. XII 551 C, Xenoph. Hell. V 1, 26.
P. 374. Or. 25 S 33 iiyovfitsvoi vvv filv diii tovg in TIstQamg
[nivdvvovg] avtotg i^sivai fcotstv o xi iv ßovXoavxaij iav d^ vCxs^v
ÖL hiqovg aoxriQla yivrftai »xi, Idem remedium a me in ed. mea
proposilum esse iam supra dixi.
P. 376 sqq. emblemata quaedam aperiunlur. Or. 1 S 26 6 xijg reo-
XsfXig vo^iog^ ov Ov [nciQaßatvtov] TtSQl iXdxxovog xäv rjöovmv inot'^aca.
Non omnino opus. Sententia: *quam tu legem migrando declarasti te
eam libidinibus postposuisse.' — S 49 of v6fio$ xsX&iovaiv idv xig fioi--
%ov Xaßy xi Sv [ovv] ßovXritcci x^a&at, ut iam dederunt Reiskius
et Bekkerus in ed. Berolinensi , ille quidem lectore de discrepanüa
scriplurae non ailmonilo. AI vero ovv archetypi auctoritate munitum
sollicilandum non est. Pronomen enim oxiovv compositum per parti-
culamav dissecare licet, plane ut Latinum voc. qmcumque: quam dis-
seclionem plerumque per irptoxB fieri salis conslat, v. Lobeckius ad
Phryn. p. 373 sq., Kruegeri gr. Gr. $ 25, 9, 2. Pro co aulem quod
368 C. Scheibe: lecüoncs Lysiacae.
pervul^alum est iav rig fioixov laßri ortovv xQrja^eci, verbum ßov-
Isc^ai interposilum est, quo arbitrü vis in otiovv conspicua magis ef-
feratur. Simulier övvaöd'ai superlativis cum parliculis 37, 09 9 oaog^
onoiog iunctis subicitur, quem usum ad Latinum quoque sermonem perli-
iiere nemo est quin sciat. — Or. 3 S 10 löo^i fioi XQauöxov elvat ano-
dfifAfjdw [in T^g noXatog]. laßwv dti xo iieigccKtov — ipx6(irjy in rijg
noletog. At v. Vindd. Lys. p. 83, ubi mulla huius iteralionis vulgarem
sermonem imitanlis exempla congessi. — Or. 6 $ 7 vovg fiiv i%&QOvg
firiSlv noutv xcckov, tovg Sh q>llovg tt av dvvrjtai [xaxdv], Sic iam
Taylorus. Prius xaxov tollebat Valckenarius. — Or. 12 S 99 ov ra
fiiXkovra l(Sec&w ßovXo(iM Xiysiv^ ra TCQOfjfihxcL tmo xovxmv ov Sv-
vafisvog [slnstv]. Non assenlior. — Or. 12 S 22 i^KOvatv anoloytiao-
.(isvoi [kuI Isyovaiv] mg ovöhv kukov slgyaöftivoi daCv. Recte for-
lasse. — Ibd. S,29 TtaQcc xov [itoxh] »al Xi^rl)e(S&s dinrjy; ^non enim'
inquit * coniungunlur tcoxs et xa/, alterulro utuntur/ Temere: v.
Xen. Hell. II 3, 47 xovxov — xl noxe xai nakiaai xqyi; Hoc sI
vel ipsum corrigere animum induxerit Cobelud , num locupleliores
quaeril auclores quam poetas? Cerle Arisloph. pacis v. 1288 xov
»a£ «ot' el; Soph. Ai, 1290 tcoI ßlbtmv tcox* avxä nccl ^Qostg; —
Or. 12 S 53 [xdip] ötaXXayiav el or. 13 S 5 [xtjg] elqi^vfig. Non opus,
etsi arliculi defectus de pace non certa exploralaque, sed facienda de-
tnum usitatior. — Or. 13 S 62 of axQoxriyrfiavxig vfiiv TCoXXaxig fiel^ca
xriv %6Xvv xoig diaösxofiivoig [avQoxifyotg] TCctqBÖlöoaav. Gerte cooi-
modius hoc. — Ibd. S 90 ovdevcc yaq oqnov ol iv Ileiqotist [fji\ xotg iv
a(Sxu äfioöav. Sic iam dudum emendatum. — Or. 16 S 2 e^ T£$ nQog
lie xvyxccvei aridmg [fj xaxcSg] duxKei^evog. IIa iam Reiskius , vereor
ne recte. — Or. 18 S 5 iv xowvxto xa^^co, iv co ot TtXetaxoi rwv cJv-
^Qimmv Kai (isxaßdXXovxai ngog xa TtccQOvxa Xttl , rafg xvxaig efnovot
[övaxvxovvxog xov di^^ov]. Jure, ut opinor. — Or. 20 § 14 ciXX* av-
xov fivayna^ov iitcßoXag imßdXXovxsg [xai SrjfAiovvxsg]. IIa iam Reis-
kius. — Or. 21 S 19 dia xiXovg [xov Snavxa x^vov]. Non moror.
Vulgala defendi vix possit hoc modo: * uno tenore s. conlinuo per
omne tempus: ununlerbrochen die ganze Zeil hindurch.' Tum illucl
dia xiXovg ad conti nualionem aclionis referendum esset. Ulique non
placet Reiskii. ratio pone öid xiXovg interpungenlis. — Or. 22 S 2 cSg
anqixovg avxovg XQV ^^^S bvöskcc naqadovvcti, [&avcixm ^i/^^coffai J .
Non rede mea quidem senlenlia. Verba enim a critico nostro pro-
scripta salvo sensu abesse nequeunt, quae si omillerentur, ambiguuni
esset ulrum eo consilio, ut supplicio afhcerenlur an ut carcere conll-^
nerenlur, frumenlariüs illos Undecemviris Iradendos censuerinl qu idain
de senaloribus. Iam vero hos ut capitis isli damnarentur auclores fuissc
ex eis apparet quae secuntur el iiiv elatv a^ia &ctvaxov sl^a0(i€vot et .
axgCxovg anoXaXiuai, At, inquit, iudiccs dicunlur'&av<nro) ^i;fi&(0(faf,
non Undecini viri. Hoc si verum est, quod verum esse nemo nega-
bit, mendum alicubi latere palet. Non ila magno moÜmine corrigo : mg
aoiqlxovg avxovg XQV ^^^^ Svöbku TtaQccöovvm x or 2 ^avdxtp ir^fumtSat,
couiparans Xen. Hell. I 7> 10 av öh öo^mGiv aÖMSiv^ ^avdxtp ^7i(um-
C. Scheibe : lecliones Lysiacae. 369
Cat Tucl Toig Svdsita naQadovvai xai ta ^^/üora dfjfioaisvaai. Atque
idem video iam Tayloro in mentem venisse. — Or. 26 S 9 [neQl] tcov
iv oXiyaQxl^ ccQ^avtmv Svsxa. Iam Bekkerus seclusit 7ce(^ in ed. ßcrol.
Sed V. Bernhardy synt. Gr. p. 200. — Or. 28 S 17 ccfia toig g>lloig aito-
öovvai ifjiqiv xorl itaqit xmv admovvvfav [t^v] dUriv kaßeiv. Omisit
articulum iam Bekkerus in ed. Berol. secunduih €. At sie defendi
polest, ul intellegatur debita poena: cf. Lycurgi Leoer. lll ikdfißa-
vov xrpf rififOQiav, ubi v. Maetznerus p. 271. Cr. inprimis Foertschii
observv. crit. p. 54 sq. — Or. 29 S 1 Tcoklol y«^ ^aav ot aTteilovvteg
[xal o[ q)ci(SxovTeg] ÖiXoxQcctovg xatifyoQfjasiv. Placet. Y. supra ad
or. 12 S 22. — Ibd. S 11 Seivov Sv sTri d — i&Xoc laßot t^v in
ixeivov %cnaleig>^etdav ovalav [avzl] xyiq cevvov Ttovr^giag, Praeter
necessitalem. — Or. 31 S 27 si [u] fjfv adCxrifia ro ftij Ttagayerio^cct
iv inelvm rra xaiQfp, vo^iog av Ixetro tisqI avvov duxqqiqdriv, Ne hoc
quidem necesüarium. Nee magis illud in fragm. 18 ed. Bekk. 34 ed.
meae bI (aIv dUatov Sksyi zi ij (ih^iov pro iUysv ij (ihgiov. — Fragm.
2 Bk. (1 ed. m.) § 2 olofuvog xoinov [Al<s%iv7iv\ UoDXQcitovg yeyo^
voxa fia&rictiv ncel tvsqI öixaioövvrig Kai ccQexijg TColXovg aal Cefivwg
Xiyopxa kiyovg ovx av Tcoxe inixstgrlaac xrl. Participiani ysyovoxa
pro yeyovivat iam a me auctore Sauppio restitutum. Contra nomen
Alöxlvfiv eÜminandum esse Itego, modo scribalur xovxovl Aia%lvriVj
ut ego de meo correxi. — Fragm. 4 Bk. (7 ed. m.) ov Tt|ii% xexayfiivfis
jtmlovaiv akl^ ag av Övvaivxo (sie iam pridem pro soloeeo dvvavxat
scripsi) nXBifSxfiQiafSavx^g [Ttkelaxov aTcidovxo]. Bene. ^— Fragm. 46
Bk. (78 ed. m.) TtiQl xrjg q>iXlag xr^g iiiijg xa! [x^g] OeqsvUov. Iure. —
Fragm. 33 Bk. (55 ed. m.) w6l bI xvo €l(STtolrjtog na&oi pro ovös et
xig elCTeoiijxog na^og (TlACOl Monac. Spengelii). Rede, ut nunc
pulo: na^oi iam ego dedi de Krehlii coniectura. — . Fragm. 45 Bk. (75
ed. m.) "Af^iitnog ya(f ovrotfl anedvsxo fiev slg xiiv aixiiv nalai-
axQav ov7t£Q TUcl Tlöig pro aTtsdvöaxo. Assentior. De ceteris eius-
dem Tragmenli verbis supra exposui.
P. 387. Or. 12 S 38 n6Xe$g Tioksfilag oSaag (piklag iitottfiav pro
tpikag, Recte.
Scribebam Strelitiac novae mense lanuario anni MDCCCLVI.
Carolus Schübe.
INDEX LOCORUM.
Andocidis S 14 p. 305 sq.
or. 4 S II p. 34d n. 47 S W P- 307 n. 11
Demsthenis ||2 S'^m'"''
or.l8S114 p. 320 5 »7 d 307
or. 19 S 229 p. 320 2 «q S' ^7
or. 23 S 107 p. 320 | oT S" ^ar „ «
or.25| 20 p.301 \% ^^^. °- 1
Harpocralionis S 38 p. 362
T. avXag p. 352 S 39 p. 304 n. 8
Isaei S42 p. 307 sq.
or.lS34 p.301 ,r 7 V! ^ 3^^ " '
or. 2S26 p.301 f 5 S*^„„
or. 6S37 p.301 | ^ SiS^"^*
or.7 543 p.316n.24 | ^^ P' ^
or.9516 p.345n.46 | J^ Pj^
^y*»«« S 18 p. 309
■ or. 1 J 9 p. 366 § 25 p. 309 sq.
§14 p. 366 § 30 p. 310
§20 p. 365 §32 p. 338
§ 22 p. 328 n. 36 § 35 p. 310
§ 26 p. 367 § 37 p. 310
§ 29 p. 355 § 39 p. 310
§ 30 p. 362 or. 8 p. 311 n. 17
§49 p.367 §17 p. 311 sq.
or. 2 p. 368 n. 13 or. 9 § 2 p. 302 et 365
§ 13 p. 308 § 7 p. 363
§ 21 p. 308 n. 13 et p. 367 § 16 p. 302
§ 35 p. 366 § 22 p. 363
§ 54 p. 302 or. 10 § 3 p. 361 n. 55
op. 3 § 10 p. 368 § 4 p. 312
§14 p.356 § 7 p. 312
§17 p.367 . § 9 p. 313 sq.
or. 4 § 4 p. 301 § 13 p. 312
§ 7 p. 301 § 16 p. 315
§ 10 p. 301 § 17 p. 315
§ 15 p. 301 et 366 § 26 p. 312 sq.
or. 6 § 4 p. 304 et 306 § 27 p. 313
§ 6 p. 307 n. 9 § 28 p. 313
§ 7 p. 368 §31 p. 313
* Index loconun. 371
or. 11 S 3 p. 320 or. 17 inscr. p. 332 n. 38
S 8 p. 313 $4 p. 332 sq.
S 10 p. 313 $5 p. 334
or. 12 S 12 p. 363 et 366 .^ S ^2 P' ?2o
I20 p. 316 oi^iÖ S 5 p.368
I22 p.368 Sil p.338
5 27 p.316 «24 p.342
I29 ^.368 or.19 | 7 p. 363
S 30 p. 353 S 11 P- 31f
U ^.302 S12 p.366
S 38 p. 369 S 14 P- 363
$44 p.36« $18 p.346n.46
$52 p.358 «24 p. 354
« 53 p. 368 S 25 p. 334 sq.
S 55 p. 357 S 2« p. 337 n. 40 etp.363
«57 p. 302n. 4 5 28 p. 364
8 64 p.363 S2? P?J2'">-
S81 p.316 sq. S31 P-319
S86 p. 331 S 34 p.339sq.
5 89 p.353 «38 p. 340
$91 p.316 $42 p.359
5 94 p. 330 $44 p.346n.46
S 99 p.368 $48 p. 341
«r 13 S 5 l^ S50^p.3408q.
«20 SiftI $" P-340n.44
$20 P-361 g54 p.339„.44
$28 P- 356 $55 p. 340
$31 P- 3^ g57 p.350n.48
Ifl l:n9n.27 -20 $14 p.|68
$52 p. 319 sq. 113 Pg
$ 53 et 54 p. 321 sq. et 353 | iS l' ST? .„
$55 p.320 fg pilä ^*
Vm Si2"'32'' '•'''''• sU P-'^
I ^ "^^ ^l 9? «»•• 21 $ 10 p. 367
fftt SlS $19 P-3e8
15? P-|*f $20 ^ 334
lll S'^t «'-22 $ 1 p.363
f'2 P-^1 $ 2 p.368
I" P-^ $ 9 p. 356
f^ P|^ $12 p. 356
f S2 "^^ S22 or. 24 $ 1 p. 367
$92 p. 326 sq. »,o p. 343 sq.
or. 14 $ 2 p. 349 $ u 'r.. 344
$ 3 p. 302 $ 12 ' p. 344 sq.
$10 p. 36011.48 or.25 $ 1 p. 318 et 348 sq.
$18 P- 330 $ 2 p.349
$ 18 p. 327 $ 4 p. 350
$ 20 p. 330 . • $ 6 p. 360
$23 p.363 $ 8 p.366
$ 26 p. 354 $ 9 p. 346
$ 37 p. 3668q. $ 10 p. 350 et 363
$ 43 p. 321 $ 20 p. 321
or. 16 $ 2 p. 368 $ 25 p. 349
$ 3 p. 349 $ 32 p. 351
$ 6 p. 315 D. 22 $ 33 p. 339 et 367
S72
lodex locoinm. '
or. 26
or. 27
or. 28
or. 29
or. 30
or. 31
$ 3
S 6
S 9
S 10
S 13
S 14
% 19
S 12
S ö
S n
S 1
S ö
15 u
S 2
S 19
S 22
S 33
S 4
S 9
S 16
p. 300 sq.
p. 301
p. 309
p. 302
p. 302 sq.
p. 304
p. 304
p. 330
p. 302
p. 369
p. 369
p. 310 n. 16
p. 345 n. 46
p. 345 n. 46 et p. 369
p.363
p. 351 sq.
p. 352
p. 345 n. 46
p. 362
p. 307 n. 12
p.356
or. 31
or. 32
or. 33
fragm.
S 17 p. 366
S 27 p. 369
S 14 p. 366
S 2; p. 303 n. 5
S 24 p. 356
$ 26 p. 363
$7 p. 339
edit. meae p. 369
p. 364 et 369
p. 361
p. 364
p. 369
p. 363
p. 369
p. 364
p. 320. 359 sq. 369
p. 359 et 369
p. 364
p. 318
p.363
p. 366
1
7
14
16
34
54
55
72
75
78
79
80
82
Die
Vögel des Aristophanes.
Von
Carl Kock.
7.
Die Vogel des Aristophanes.
Wer heute darangeht den Plan der Vögel des Arietophaiies zu
entwickeln, kann sich die Schwierigkeil des Unternehmens nicht wol
verhelen. Er darf nicht darauf rechnen ein herrenloses Gut mit leiditem
Griff in Besitz zu nehmen, sondern er hat anerkannt tüchtigen Männern
ein wolerworbenes Besitzlhum streitig zu machen. Und ist ihm dies
gelungen, so bleibt das schwerste übrig: er muaz es sich versagen
neue , überraschende Gesicht^unkte zu eröffnen ; das Resultat seiner
Mühe bleibt eine nüchterne, unscheinbare Wahrheit.
Aufgeführt wurden die Vögel an den groszen, städtischen Diony-
sien, also Ende März oder Anfang April des J. 414 (Arg, 11 iiiöiix^
M Xkcßolov a^ovto^ ä$ Söw. Arg. III bA XetßqUy» vo iqüiia Ncr^-
Tttv elg atfr«!.) Die Zeit der Abfassung des Stückes ist begreiflicher-
weise nicht bekannt. Gleichwol ist es für den vorliegenden Zweck
von Wichtigkeit, den Zeitpunkt, in welchem Ar. spätestens den Plan
der Komoedie entworfen haben muste, annäherungsweise festzustellen.
Ehe ein Stück aufgeführt werden konnte, muste es von Chor
und Schauspielern gründlich einstudiert und wiederholt geübt sein« l>ie
Zeit welche diese Vorbereitungen in Anspruch nahmen läszt sich nicht
auf Tag und Stunde berechnen , doch machen mancherlei Gründe rath-
sam sich dieselbe nicht zu kurz zit denken. Die Gesänge und Tänze
eines Chors von S4 Tänzern bedurAen langwieriger Einübung, ehe sie
den Grad von kunstgemäszer Vollendung errekthten , den ein atheni-
sches Publicum verlangte. Die Anfertigung von 24 meist verschiedenen
Masken, die Herrichtung der Scene war auch nicht das Ges<^äfl eines
Tages. War doch überhaupt die technische Ausstattung eines Stückes
gewis nicht der leichteste Theil an der Arbeil des dramatischen Dich-
ters , und wenn hier eine unerwiesene Behauptung gestattet ist (wahr<-
scheinlich machen liesze sie sich zur Noth), so war die Schwierigkeit
und Mühseligkeit der Technik der Grund , weshalb Ar. seine ersten
drei Stücke nicht selbst zur Aufführung brachte. Sein frühreifes Genie,
seine fruchtbare Phantasie hatte Komoedien geschaffen, ehe er die
Kenntntsse, die Kraft und die Ausdauer besasz, die dazu gekörten den
dichterischen Gedanken zu angemessener äuszerer Erscheinung zu
bringen. — Wir greifen wol nicht zu weit, wenn wir die Zeil von
mindestens einem Monat für sämtliche Vorbereitungen zur Aufführung
374 C. Kock: die Vögel des Artslophanes.
in Anspruch nehmen. Sind also die Vög^el Ende März oder Anfangs
April aurgeführty so muste die Einübung derselben im Februar be-
ginnen.
Nun war aber Aufführung und Einübung eines Drama an die vor-
herige Genehmigung des Archon geknöpft. Der Dichter muste sich
einen Chor erbitten , der Archon wies ihm denselben zu. Gewis aber
that er dies nicht aufs gerathewol, seine Genehmigung schlosz offenbar
eine Verantwortlichkeit für die aufgeführten Stöcke in sich. Ehe er
also sein ja oder nein sprach, pauste er den Inhalt der Stöcke geprüft
haben. Auch das Stadium dieser Prüfung musz einige Zeit gewährt
haben. Es. handelte sich nicht um ein Stück; tragische, komische,
dithyrambische Dichter wollten an demselben Feste (namentlich an den
städtiseheo Diohysien) ihre Diahtuagen zur AaffiQiirung bringen, und
zwar nicht ein Dtehler von jeder Gattung, sondern mehrere, von den
Komikern mindestens drei. Bringen wir für das Geschäft der Bewerbung
und Prüfung, das bei einer Behörde wol auch mit einigeQ Förmlich-
keiten und Weitläufigkeiten verbunden sein mochte (möglicherweise
wurde geradezu ein Termin festgesetzt, bis zu welchem alle Bewer-
bungen eingegangen sein musten) einen halben Monat in Rechnung,
nehmen wir ferner an dasz die Einübung unmittelbar auf die Genehmi*
gung folgt«, 80 ergibt sich dasz die Vögel etwa in der ersten Hälfte
des Februar vollendet und dem Archon übergeben waren.
Es bleibt noch die ^ine Frage zu beantworten: war das Drama
Anfang Februar beendet, wann mochte Ar. den Plan dazu entworfeii
haben? Ein Gedicht, zumal ein Drama läszt sich nicht auf Zeit arbei-
ten , auch ist mit nichts zu erweisen dasz Ar. seine Komoedien an einem
lustigen Tage wie ein Geldstück mit einem Schlage prägte. Leichte»
flieszende Sprache deutet nicht auf eilfertige Produetion« Es ist be-
kannt das:rBürger8 Verse, deren leichter, natürlicher Flusz (von andern
Eigenschaften schwelge ich) fast nur von Goelheschen Gedichten über-:
troffen wird, em Resultat mühseliger Arbeit,, fast pedantischer Cor-
rectur sind. Ar. nun sagt von den Wolken selbst (V. 6S4), dies Stück
habe ihm die meiste Mühe gemacht, ein Beweis dasz das dichten füc
ihn überhaupt kein bloszes Spiel , sondern eine Arbeit war. An den
Rittern hat ihm Eupolis geholfen , also war der ganze Plan und die
einzelne Anlage Sache der Ueberlegung; selbst gegenseitiger Mitthei-
lung. In demselben Stücke erklärt der Dichter (V. 516) , wenn auch
mit üebertreibung, dasz Komoedien dichten das schwerste Geschäft
auf der Welt sei ; entnehmen wir hieraus nur die Wahrheit , dasz es
seine. Schwierigkeiten halte.
Dies sind äuszere 'Beweise , die sich vermehren lieszen, wenn es
dessen bedürfte. D^ unwlderleglichste innere Beweis ist der Charakter
der Stücke selbst* Mag ihr Plan oft mangelhaft angelegt und ohne
Consequenz durchgeführt sein, so weist ihr kunstvoller Versbau, die
Vollendung des einzelnen Amdrucks auf ausdauernden Fleisz, selbst
auf wiederholte Feile. Die musicalisehe Composilion der Chorlieder,
so wenig wir auch von ihr wissen, kann auch kein müheloses Werk
C« Kock : die Vdg^el des Arislophanes. 375
g^ewesen sein. Die FQlie von Witz endlich, die Manigfalligkeit und
Groszartigkeil der einzelnen Einfälle konnte g^ewis nicht aus dem Misch-»
kessei eines Festgelages geschöpft werden. Das Bild der emsigen
Biene , das Ar. von einem andern Dichter gebraucht (Vögel 749), wird
gewis auch auf ihn selbst gepasst haben. Wol ist auch er von Blume
zu Blume geflogen und hat aus ihnen in kleinen Tropren den Nektar
der Poesie gesogen , den er dann in den Zeilen seiner Komoedie in
kunstvoller Anordnung niedergelegt hat.
Doch gesetzt auch, Ar. hätte wie ein säumiger Handwerker seine
Stücke auf den letzten Termin gearbeitet , so könnte er den Plan der
Vögel sehr wol lange vor dem Februar 414 gefaszt haben. Die Vögel
sind anerkannt das vollendetste Werk des Dichters , der Entwurf ist
von ungewöhnlicher Klarheit und Consequenz, sie machen den Ein-
druck als ob sie in Ruhe aus der Phantasie hervorgewachsen wären.
Man wird uns deshalb nicht den Vorwurf der Masziosigkeit machen
können, wenn wir behaupten dasz Ar* vor dem Ende des Jahres 416
an die Ausarbeitung der Vögel gegangen sei. Unzweifelhaft wird diea
Resultat durch Gründe, die sich, wie später gezeigt wird, aus dem
Stücke selbst ergeben.
Unter welchen politischen Constellationen ist nun dies wunder-»
bare Dichtwerk geboren ? Denn auf den Zuständen der Gegenwart ba^
siert alle komische Poesie des alten Athen, mag das Band zwischen
Wirkltclikeit und Dichtung auch bald fester bald lockerer sein. — Nach
zehnjähriger Dauer war der peloponnesische Krieg durch einen Frieden
unterbrochen, der, auf 50 Jahre geschlossen, 7 Jahre währte und in
allem dem Kriege ähnlich war, auszer dasz sich Athener und Lakedae*
imonier nicht in offener Feldschlacht entgegentraten. Keine von beiden
Parteien hatte auch nur die Friedensbedingungen erfüllt, beide warteten
nur den günstigen Moment ab, um aus einer vorlheilhafteren Stellung
den Vernichtungskampf zu erneuern. Manche vergebliche Versuche
ihre Macht zu vermehren waren von den Athenern gemacht , da tauchte
im J« 416 das verwegene Project auf mit Syrakus Sicilien und Unter-
itaiien zu unterwerfen, vielleicht auch auf der Nordküsle Africas festen
Fusz zu fassen und dann von allea Seilen mit ungeheuren Hilfsmitteln
gegen den Peloponnes und Sparla loszugehn. *) Das Fieber der Ruhm-
sucht ergriff den Staat und seine Leiter, freudige Begeisterung galt für
nachhaltige Thatkraft, die Bedenklichkeit des Nikias erlag dem Un*
gestüm des Alkibiades, und schon im Sommer des nächsten Jahres
{ührte die schönste Flotte den Kern der kriegstüchligen Mannschaft in
prächtigem Schaumanöver dem kühnen Wagnis entgegen.
Es ist nothwendig zu untersuchen, wie weit die Unternehmungen
des Heeres und der Flotte gediehen , wie weit die Kunde davon nach
Athen-gelangt sein mochte, als Ar. die Vögel schrieb. Um die Mitte
des Sommers 415 hatte der Abgang von Athen stattgefunden (Thuk. VI
^) Hiermit soll nicht geleugnet werden dasz derartige Ideen nicht schon
früher in einigen Köpfen spukten.
Jahrb. f. clast. Philol. Suppl. N. F. Bd. I Hft. 4. 26
876 C. Kock : die V5gel de» ArUlophanes.
lO). Die Fahr! nach Kerkyra wird man sieh bei der Menge der Schiffe
imd der wegen der Menge nftthigen strengen Ordnung niehl als eine
schnelle vorsteilen dflrren. In Rerkyra Tand die Vereinigung der
Athener mit den Bundesgenossen und demnächst erst die eigentliche
Constituierung des Heeres statt (Thuk. VI 42). Gesetzt alle Bundes-
genossen seien bei Ankunft der Athener schon versammelt gewesen,
einiger Aufenthalt war nicht zu vermeiden. Von hier werden drei
Schiffe auf Recognoscierung vorausgeschickt, um die Stimmung der
sicilischen Städte zu erforschen , mit der ausdrücklichen Bestimmung
noeh während der Hinabfahrt der ganzen Armee nach Sicilien wieder
zur Flotte zu stoszen. Also sollte die Fahrt nach Sicilien beträchtliche
Zeit erfordern. (Sie vereinigen sich in Rhegion wieder mit der Flotte«)
Wirklieh geht das Gros der FloUe auch erst nach Tarent Aber, fahrt
an der Küste entlang, und mit allen Städten die es passiert werden
vergebliche Unterhandlungen gepflogen. In Rhegion wird Halt ge-
macht, das Heer landet und selbst die Schiffe werden auf das Land
gezogen, ein Beweis dasz die Unterhandlungen mit den Rheginern ein
zeitraul>endes Geschäft waren. Gleichwol bleiben sie erfolglos, und
Alkibiades fährt allein nach Messana, um dort seine Ueberredungs-
kfinste zu versuchen , musz aber unverrichleter Sache nach Rhegion
zurückkehren. Jetzt gehen die Feldherren mit 60 Schiffen in gleicher
Absicht nach Naxos , nach Katane , unternehmen eine Recognoscierung
gegen Syrakus , wenden sich dann wieder nach Katane und nach Rhe-
gion zurück , um endlich von hier aus mit der ganzen Macht nach Ka^
tane zu ziehn. Von hier findet eine neue, gro^zere Recognoscierung
gegen Syrakus statt, es folgt eine Fahrt nach Kamarina und zuletzt
die Rückkehr nach Katane. Erst jetzt treffen sie hier die Salaminia^
die Alkibiades und seine Genossen nach Athen vor Gericht laden soll.
Wer aus eigner Erfahrung Kenntnis von milllärischen Unterneh«
mungen hat, wird 'zugel>en dasz alle diese Begebenheiten mit ihren
unvermeidlichen Zögerungen und Stockungen einen Zeitraum von drei
Monaten wol ausfüllen konnten. Wirklich erwähnt Thukydides ztem-*
lieh unmittelbar nach dem eintreffen der Salaminia den Anbruch des
Winters (VI 65). Diese Zeitbestimmung ist leider sehr allgemein, denn
es ist bekannt dasz der Historiker mit Frühlings- oder Winters -An-
fang nicht immer genau die Zeit der Tag- und Nachtgleiehe meint,
sondern gegen dieselbe sogar um einen vollen Monat differiert. Ich
bin geneigt, aus dem Umstände dasz Thuk. Für dieses Jahr nur noch
wenig Vorfälle erwähnt zu schlleszen, dasz selbst die Ankunft der
Salaminia schon in den Beginn des Winters falle. Völlig ungerecht«
fertigt und unbegreiflich Ist die Ansicht Droysens (Rhein. Mus. III [1835]
S. 174), dasz zwischen dem Abgang der Expedition von Athen und der
Ankunft der Salaminia in Katane nur 30 Tage lägen. Ich berufe mich
auf Thukydides und das Urlbeil von sachverständigen.
Zu gleichem Resultat in Bezug auf die Zeit der Abberufung des
Alkibiades kommt man noch durch eine andere Berechnung. Alki-
biades folgt der Salaminia bis Thurii, dort verbirgt er sich und flieht
C. Koek: die Vdg^el des Arislophanes. 377
nach Kyliene, von wo er nach Sparta g^ehl* Hier kann er erst g^egcn Ende
des Winters eingetroffen sein. Bald nach seiner Ankunft nemlich (Thuk.
VI 88) ündet die Berathung über die Untersiatzung der Syrakuser ge^en
die Athener statt, und fast unmittelbar nach dieser Berathung erwähnt
'Ji'hukydides den Anfang des Frühjahrs (VI 94). Ein halbes Jahr kann
zwischen der Flucht und der Ankunft in Sparta nicht füglich liegen.
Wir haben im vorhergehenden auf das zweite bedeutsame Ereignis
des J. 415 bereits hingedeutet. Hatte die Zurüstung der sicilischen Ex-
pedition während der ersten Hälfte des Jahres Athen in freudiger Aufre-
gung gehalten, so wurden die Gemüter der demokratischen Bürger«
Schaft noch vor Abgang des Heeres plötzlich in tiefe Bestürzung ver-
setzt In einer Nacht waren viele steinerne Hermenseulen die in den
Straszen Athens standen verstümmelt; bald verlautete dasz auch die
Mysterien in geheimen Zusammenkünften von jungen Leuten entweiht
seien« Der Verdacht wandte sich sofort gegen Alkibiades, und mit
dem Unwillen über den Frevel erwachte zugleich bei dem argwöhni-
schen Volke die Furcht vor oligarchischen Umtrieben , vor dem Ge-
spenst der Tyrannis. Die Gegner des Alkibiades hatten eine Gelegen-
heit gefunden, den Günstling des Volkes zu stürzen. Dieser drang
zwar auf sofortige Untersuchung, doch daran war jenen wenig geie-
gen, da sie bei der Anwesenheit des für den Feldherrn begeisterten
Heeres auf gerichtliche Verurtheiiung desselben nicht rechnen konnten.
Alkibiades gieng also mit dem Heere ab, und erst als die Wut der
Menge gegen andere verdächtige lange Zeit gerast hatte, wurde die
Salaminia nach Alkibiades abgesandt. Das vorrücken eines spartani-
schen Heeres nach dem Isthmos, das man mit der beabsichtigten Ein*
Setzung der Tyrannis in Verbindung brachte, hatte den Zorn des Volkes
bis zu dem Grade gesteigert, dasz man sich der Verurtheiiung des
Alkibiades gewis glaubte.
Die Ladung vor Gericht traf Alk. etwa beim Einbruch des Win-
ters. Er heuchelte Ergebung in den Willen des Volkes und folgte der
Salaminia auf seinem eignen Schiffe, doch schon inXhurii verschwand
er mit seinen Genossen. Die Nachforschungen nach ihm verzögerten
die Rückkehr der Salaminia ; sie mag nicht viel vor Schlusz des Jahries
in Athen eingetroffen sein. Sie wurde jedenfalls noch erwartet, als
Ar. seine Koinoedie verfaszte. In dem Stücke nemlich antwortet Eu-
elpides auf den Vorschlag des Epops , sie sollten sich am rothen Meere
ansiedeln, Vs. 145 : otf/toi^ (ifiiafimg tifuv ye naqu ^aXattav, iv ivu-
m/^^ai xXfji^^if ayo/vQ !a^ev ^ £alafuvla. Diese Worte haben nur
dann einen passenden Sinn, wenn der Dichter, als er sie schrieb, noch
nicht wüste dasz Alk. entkommen sei, also die Salaminia noch nicht
zurück war (man beachte das Futurum ivaxv^itai, das dann einen
witzigen Doppelsinn enthält). War das entkommen des angeklagten
bekannt, so war der Schreck vor der Salaminia unbegründet« Sicher-
lich wäre dann der Witz sehr matt.
Sind die erlangten Resultate richtig, so ergeben sich aus ihnen
bedeutende Folgerungen. Erstens ist es alsdann sehr unwajirschein-
26*
378' C. Kock : die Vögel des Aristophanes.
ftch, dasz der Dichter das Unternehmen geg^en Sicilien habe verspotteit
wollen. Wollte er seine Mitbürger davon abhalten, so kam er zu spät;
es liegt nicht im Charakter des Ar. , einer vollendeten Thatsache nach-
2ugreinen, Wollte er aber dem Volke beweisen , dasz seine Besorg-
nisse wegen des Feldzuges, die er möglicherweise in einer verloren
gegangenen Komoedie konnte ausgesprochen haben, begründet seien,
so kam er hiermit viel zu früh : denn noch befand sich das Unterneh-
men selbst im Stadium der Einleitung, und wenn dies6 auch den küh-
nen Erwartungen der Athener nicht entsprechen mochte, so rechtfer-
tigte sie doch in keinem Fall die Annahme des mislingens. Der Theil
von Süverns Ansicht, welcher eine solche Verspottung voraussetzt,
hat also von vorn herein die Wahrscheinlichkeit gegen sich. Aber
auch nur dieser Theil; denn dasz die Vögel in einer Beziehung zu
dem sicilischen Feldzug stehen kann nicht geleugnet werden. Wäh-
rend das Volk in blinder Ueberschälzung seiner Kräfte der Idee einer
athenischen Weltherschafl hingegeben ist und mit Aufgabe des realen
Bodens seiner Existenz nach einem phantastischen Traumbild greift,
läszt der Dichter zwei Athener zu dem leichlbeschwingten Volke der
Vögel aufsteigen und mit kühnem hinwegsetzen über die prosaische
Möglichkeit dem Gesetze der Schwere zum Trotz eine Stadt zwischen
Himmel und Erde gründen und von hier aus sowol Götter als auch
Menschen in Abhängigkeit bringen. Und dieser Parallelismus sollte
zufällig sein? Schwerlich. Selbst bei geringerer Aehnlichkert der
Handlung des Stücks mit der Wirklichkeit könnte man aus der Natur
der aristophanischen Komoedie schlieszen, dasz ein zur Zeit der sici-
lischen Expedition geschriebenes Drama auf diese Begebenheil wof
irgend eine Beziehung werde gehabt haben. Alles daher was uns Süvern
mit unermüdlichem Fleisze gesammelt hat, um diesen Zusammenhang
nachzuweisen, ist unwiderleglich, nur hat er sieh über die Art des Zu*
sammenhanges getäuscht.
Als zweite Folgerung aus den oben begründeten Praemissen er-
gibt sich dies. Wüste Ar. bei Abfassung des Stückes nicht , dasz Alki-
biades entkommen und nach Sparta geÜohn sei , so konnte er nur er-
warten denselben in kurzem nach Alhen gebracht, vor Gericht gestellt,
vielleicht zum Tode verurlhcilt zu sehen. Ist nun Ar. ein edler und
groszherziger Charakter, hat er auszerdem, wie sein Urtheil in den
Fröschen zeigt (Vs. 1431), in Alkibiades nicht einen verächtlichen De-
magogen des gemeinsten Schlages gesehn, so konnte er es jetzt sieher
nicht für eine seiner würdige Aufgabe hallen , dem unglücklichen und
bei allen Verirrungen edlen Mann wie einem gehetzten Wild den Todes-
stosz zu geben. Gesetzt er hielt ihn für einen Feind des Staates, so
hätte er doch jetzt nicht mit den auf ihr Opfer lauernden Sykophanten
gemeinsame Sache gemacht. Vollends unter diesen Umständen gegen
den gefallenen die Anklage schleudern (Süvern S. 88), er wolle die
Spartaner unterwerfen, um sich hinterher mit Hilfe derselben die
Tyrannis in Athen zu verschaffen, hätte geheiszen, sieh selbst in den
Augen der Gegner des Alk. lächerlich machen. Ja was mehr ist,^das
C. Koekc die V^^l des AnslophaDes. 379
Volk, das den Alkibiädes schon halb für vertiichlet hallen und sich ihm
^egen&ber jeizt ziemlich sicher fühlen muste, häde eine solche An-
klage, in dunklen Andeutungen hingeworfen, überhaupt nicht ver«
standen.
Noch ein drittes folgt aus einer Zusammenstellung des Inhalts
der Vögel mit den damaligen Zeitverhältnissen. Die Demokratie war
seit dem Beginn des peloponnesischen Krieges schnell bis zu ihren
auszersten Consequenzen entwickelt , sie war zuletzt in Ochlokratie aus*
geartet, und gerade diese Ausartung erklärt es, dasz sie im Begriff
stand in Oligarchie, selbst in Tyrannis umzuschlagen. Vier Jahre
«päter (nach 415) fand die erste oligarchische Reaction wirklich statt,
und eine nicht zu ferne Zeit sah die entsetzlichen Greuel der Tyrannis.
Ein ringen der Demokratie nach der Herschaft, ein streben sich erst
des ganzen Staates zu bemächtigen lag in viel früherer Zeit. Der
Kampf von Seiten der Volkspartei hatte mit dem Siege selbst aufge-
hört, und die Gegenpartei hielt sich auch noch völlig ruhig; sie röstete
sich höchstens im geheimen zur Wiederaufnahme des Streites. Unler
diesen Verhältnissen konnte dem Dichter nichts ferner liegen als gerade
diesen Kampf zum Gegenstand einer Komoedie zu machen. War er
ein Feind der Volkspartei, so konnte er seinen Spott höchstens gegen
die Art richten, wie sie ihre Herschaft benutzte; aber nimmermehr
konnte er in der Person des Peisthetaeros darsteilen wollen, wie der
demokratische Held mit Hilfe sophistischer Deduetion sich die Allge-
walt und Alleinherschaft erobert Mit Unrecht hat daher der neueste
Bearbeiter (Wieck: die Vögel des Ar., im Oslerprogramm des Gymn,
zu Merseburg 1852) hierin den Zweck der Komoedie gesucht.
Wir begnügen uns vor der Hand mit dem allgemeinen Resultate,
dasz die Vögel eine Beziehung auf den sieilischen Feldzug haben. Es
wird sich später zeigen , dasz sie auch mit dem Hermenfrevel in.Zu^
sammenhang stehen. Ehe wir diese Beziehungen näher bestimmen,
ist die schwierigste Frage zu erledigen: welches ist der Charakter
des Stücks ? verhält es sich zu den groszen Zeitereignissen polemisch
tider nicht? Die Mehrzahl der Erklärer nennt das Stück geradezu
ironisch, obgleich (auszer Rötscher, von dessen Ansicht unten die
Eede sein wird) nur ein einziger von ihnen, Wieck, diese Ansicht
näher begründet. Bekanntlich haben nemlich die Vögel einen positiven
Ausgang, indem das Unternehmen des Peisthetaeros zu seinem Ziele
kommt. Wieck (S. 7) erklärt dies so: ^das unvernünftige ist an sich
das unpersönliche und darum todte, und deshalb bringt der Dichter
seine Nichtigkeit auch meist nur auf umgekehrte Weise zur Ersehet*
nung, indem er ihm sein Scheinleben bewahrt und es das erträumte Gut
wirklich gewinnen läszt. Die Unvernunft, gleichsam durch die List
der Vernunft so zu ihren auszersten Grenzen geführt und den Contrast
beider anzuschauen genölhigt, fühlt sich zuletzt in ihrer ehrenfesten
Behaglichkeit und Selbstgenügsamkeit dennoch gestört und gezwungen,
den Wahn der Vernünftigkeit, mit dem sie sich geschmeichelt, aufzu-
geben , und wenn daher die letzte Wirkung der Tragoedie die Er-
880 C. Kock: die Vö^el des AriBtoplianes.
hebung durch Demütigung; ist, so ist die der Komoedie Bemüüguo^
durch Erhebung/ Weiter heiszt es dann: *dashier bemerkte darf als
die eigentliche Form der aristophanischen Komoedie ausgesprochen
werden.' Ohne die Mögliclikeit solcher Deduction überhaupt zu leug*-
nen , darf man doch dreist behaupten dasz sie auf die aristophanische
Komoedie keine Anwendung findet. Es ist eine Idee, die zur Erklä«
rung der Vdgel aus diesem Stücke selbst gezogen ist, und weil sie
deshalb natürlich auf die Vögel auch ganz zu passen scheint , so wird
diese Komoedie auch von Wieck für die Komoedie an sich erklärt.
Um diese Behauptungen zu widerlegen, bedarf es keines gehäuften
Maszes von Scharfsinn; es genügt die Thatsache, dasz sie, mit Aus*
nähme der Ekklesiazusen , auf die sie auch nur zu passen scheinen»
mit allen übrigen Stücken des Ar. in directem Widerspruch stehen. In
keiner einzigen Komoedie des Dichters wird die Nichtigkeit durch
Vollendung und Abschlusz der Nichtigkeit zur Erscheinung gebracht.
Das lächerliche der absoluten Kriegslust wird in den Acharnern an
Lamachos nicht dadurch bewiesen, dasz er siegt und gefeiert wird;
er fällt in einen Graben , bricht ein Bein und musz obenein den Hohn
des siegenden Friedenshelden erdulden. Ebenso unterliegt Kieon in
den Rittern, Sokrates in den Wolken, Philokieon in den Wespen, Eu«-
* rapides in den Thesmophoriazusen , denn er musz Abbitte thun , utad in
den Fröschen. Auch auf den Frieden und die Lysistrate kann die Theorie
nicht angewendet werden, man müste denn annehmen dasz Ar. in Ihnen
nicht den Frieden empfehlen, sondern die Kriegslust habe entflammen
wollen. Es ergibt sich also als Gesetz der aristophanischen Komoedie,
dasz die Tendenz des Stücks in positiver Weise verwirklicht werden
musz.
Aber wenn auch die Analogie aller übrigen Stücke dagegen spricht^
wäce es immerhin möglich, wenn auch nicht eben wahrscheinlich, dasz
die Vögel nach andern Grundsätzen angelegt wären. Es fragt sich
daher zunächst, wie weit die Ironie auf den vorliegenden Fall über-
haupt anwendbar ist Das Wesen der Ironie besteht darin , dasz man
bewust, um in der Seele des Hörers die entgegengesetzte Wirkung
hervorzubringen, das Gegentheil durch das Gegentheil bezeichnet.
Nolhwendige Voraussetzung ist dabei immer, dasz der Leser oder
Hörer den Gegenstand um den es sich handelt in seiner Wahrheit kennt
und gerade durch dies Bewustsein gezwungen wird , den absichtlich
falsch gewählten Ausdruck in den richtigen zu übertragen. Das Gebiet
der Ironie ist daher namentlich der einzelne Ausdruck, seilen eine
längere Partie, weil die dem hörenden abgenölhigte immerwährende
Transposition der Begriffe leicht Ueberdrusz erzeugt. Es ist sehr zu
bezweifeln, dasz ein ganzes Drama ironisch gehalten sein darf. Doch
selbst dies zugegeben, sind es die Vögel gleichwol nicht. Ein Volk,
das in voller Ueberzeugung von der Wahrscheinlichkeit des gelingens
sich in ein kühnes Unternehmen gestürzt hat , dessen guter Glaube noch
durch keine IJnglücksbotscHafl erschüttert ist, konnte in der Darstel-
lung eines ähnlichen phantastischen Unternehmens , das zum Ziele führte
C. Kock: die V5^1 des Arisloplianes. 381
von vom herein nimmermehr Ironie vermuten. Sollte ferner das
Stttck ironisch sein und als solches verstanden werden, so muste
wenigstens di« Ironie am Schlusz deutlich hervortreten. Man körmte
freilich sagen, sie liege in der absoluten Unmöglichkeit des erreichten
Erfolges* Doch diese Unmöglichkeit ist schon in den ersten Praemis-
sen der Handlung begründet, aus denen der Schlusz die consequente
Folge ist Denn ist es denkbar, dasz Vögel in der Mitte zwischen
Himmel und Erde eine uneinnehmbare Stadt gründen , dasz die Götter
so schwach und verächtlich sind, wie Ar. sie darstellt, so ist die sehr
natarliche Folge , dasz die Vögel die Götter aushungern und zur Ab-
tretung der Herschaft zwingen können. Wollte man aber die Praemis-
ten selbst wegen ihrer Unmöglichkeit ironisch nehmen, so wäre es eine
Leichtigkeit nachzuweisen, dasz dann fast alle Stücke des Ar. ironi«
sehen Sinn haben. Die Himmelfahrt des Trygaeos mit allen Conse*
<iuenzen (Frieden) , der Friedensschlusz des Dikaeopolis (Acharner),
der Zug des Bakchos nach der Unterwelt (Frösche), die Besetzung
der athenischen Burg durch die Weiber (Lysistrate) — dies und vieles
andere müste dann Ironie sein, und somit die auf diese Hypothesen
basierten Stücke.
Aber wenn der Sinn der Komoedie nicht ironisch ist , was ist er
denn? Ernst gemeint. Wie ist das möglich? Wie kann Aristophanes, der
Gegner der Demokratie, der Feind des Krieges, der begeisterte Lob-
redner des alten Athen, der Vertheidiger der Volksgötter, das aus-
schweifendste Project der Demokratie, das den Frieden für lange Zeit
unmöglich machte, das die letzten Reste des alten Athen, die in die
Gegenwart hinübergerettet waren, zu vernichten drohte, billigen? Wie
kann sein frommes Gemüt Raum gehabt haben für eine so scheuszKche.
Aasgeburt der Gottlosigkeit? oTjm)», 9t(fos ctvt^ y il\k\ t^ dnv^ liyuv.
Weil Ar. hier nicht in den Anschauungen seiner früheren Komoedien
steht.
Um diese Behauptung verständlich zu machen , musz ich weiter
ausholen. Man bezeichnet Ar. im Verhältnis zu seiner Zeit im allge-
meinen als reaclionär. Mit vollem Recht. Der Dichter strebt dem
Strome des Volksgeistes entgegen, er strebt bis hinter Perikles zurück.
Er ist gegen Richtersold , Ekklesiastensold , Einrichtungen des Perikles
oder seiner Zeit ; man kann ihm dreist nachsagen dasz er gegen die
frühere Macht des Areopagos nichts hätte. Oder vielmehr, Ar. ist
nicht für oder gegen bestimmte einzelne Einrichtungen, er ist ein Feind
der Gesinnung seiner Zeit, mag sie sich auf dem Gebiete des Staates,
der Religion, der Sitte oder der Kunst äuszern. In seinem Geiste ist
eingeboren die unsterbliche Schönheit der alten Zeit, das reale Dasein,
wie er meint, des hellenischen Ideals. Sein Herz glüht für den festen,
gebundenen Geist des alten Staates, für den mäszigen Sinn und unbe-
zwinglichen Mut der Marathonkämpfer, für den alten, naiven und
heitern Volksglauben und für die strenge , unverweichlichte und unge-
schminkte Kunst. Doch gibt diese Charakteristik nur die Grundlagen
seines Wesens an, dessen äuszere Erscheinung unter den wechr>cl*
382 C. Kock: die Vöj^el des Aristophanes.
vollen Geschicken des Staates eine zeitweilige Umwandlung erlilL
Während der Strom neuer Ideen in dem gleisznerischen Gewände der
Sophistik von allen Seiten mit Macht auf das gesamte athenische
Leben einwirkte, während der ganze Staat die gewaltigsten Krisen
einer stürmischen Uebergangsepoche durchmachte und selbst fast daran
zu Grunde gieng, ist es da ein Wunder, wenn der klare Spiegel des
Dichlergemüts von dem wehen des neuen Geistes vorübergehend ge*
trübt erscheint? Ist es nicht vielmehr zu bewundern dasz Ar., der kein
resignierender Philosoph , sondern mit allen Banden seiner sinnlichen
Neigungen an die reale Wirklichkeit geknüpft war, der als Halt nichts
in sich hatte als den Talisman einer edlen Gesinnung, dasz dies leicht
erregte Dichtergemüt über dem Lärm des Tages seine innere Stimme
^ nur für einen Augenblick überhörte , ohne ihr ganz untreu zu werden»
dasz er bald genug wieder zur Besinnung kam und den Irthum mii
Entschiedenheit von sich wies? Man nenne dies augenblickliche
schwanken immerhin Inconsequenz, Ar. ist von ihr nicht freizusprechen.
Gegen den Standpunkt, den er in den Acharnern, Rittern, Wolken,
zum Theil noch in den Wespen einnahm, ist er im Frieden und in den
Vögeln inconsequent. Einen Grund für diese theilweise Sinnesände-
rung werden wir später finden ; hier kommt es zunächst darauf an die
Thatsache zu beweisen.
Um nicht ins maszlose auszuschreiten, soll hier der Beweis nur
nach einer Seite geführt werden ; wir behalten uns vor denselben bei
einer andern Gelegenheit vollständig zu geben. Bekanntlich finden
sich in den Rittern und Wolken Götterhymnen, deren Erhabenheit fast
im Gegensatz zum Charakter der Stücke selbst zu stehn scheint, und
die nur der Ausflusz eines tief religiösen Gefühls sein können. Was
aber mehr sagen will, die Wolken selbst verfolgen zum grösten Theil
den Zweck, die alle Religion gegen die Angriffe der Sophistik nach*
drücklich zu schützen. Müssen wir hiernach Ar. für einen treuen Be-
kenner der Volksreligion hallen, so wird diese Ansicht dadurch bestä-
tigt, dasz er auch in den späteren Stücken, namentlich den Thesmo-
phoriazusen und Fröschen , theils das ewige walten der Götter zu be-
weisen sucht, theils diese selbst mit frommem Sinne feiert. Doch hier-
mit im schroffsten Gegensatze steht die Behandlung der Gölter und alles
heiligen im Frieden und in den Vögeln. Freilich die letztere Komoedie
ist für ironisch gehalten , und vielleicht ist die der Iris angedrohte
Nolhzucht auch nur als ironische Andeutung der Ehrfurcht zu verstehn^
welche Peisthetaeros für die jungfräuliche Göllin hegt. Der Frieden
aber ist jedenfalls nicht ironisch, und wir wollen daher unsere Beweis-
führung zunächst auf ihn stützen.
Da lesen wir denn mit Erstaunen die Anklage, dasz die Gölter
allein am Unglück der Griechen schuld sind, dasz Zeus Hellas an die
Meder verräth (107). Zwar hält der Dichter sie noch nicht für unver-
besserlich , er beschlieszl mit ihnen noch einmal wegen des Friedens
zu unterhandeln , aber sein Gesandter steigt auf einem übelriechenden
Mistkäfer zu dem Sitze der Himmlischen empor. Dort angelangt findet
C. Kock : die Vogel des Aristophahcs. 383
er als allein anwesenden Vertreter der Götter den Hermes, der sich in
jeder Hinsicht als ein vollständiger Lump zeigt und so die Verspottung
die er erleiden musz vollkommen verdient (362 und 425). !Nichl
glimpflicher verfährt der Dichter mit den andern Göttern. Er trägt
kein Bedenken ihnen wegen ihrer geringen Fürsorge für die Wolfahrt
Griechenlands alle Feste zu nehmen und dieselben dem Hermes anzu-
bieten (418) , wofern er zur Wiedererlangung des Friedens behilflich
sein will. Ist doch das Ideal der alten Götter so sehr im Gemüte des
Dichters verdunkelt, dasz er behauptet, einige von ihnen trieben Huren«
Wirtschaft (866) , dasz er den Mistkäfer wegen seiner schmutzigen
Nahrung sich vom Zeig »avatßatfjg (41) entstanden denkt und ihn
später in komischer Apotheose zum Blitzträger des Zeus macht (721)*
Diese und ähnliche Aeuszerungen im Frieden sind ohne den min*
desten Beisatz von Ironie. Die blosze Nebeneinanderstellung wird dar-
thun, dasz folgende Blasphemien, die sich in den Vögein finden, in
demselben directen Sinne zu nehmen sind. Sie sollen absichtlich in
derselben Reihenrolge aufgezählt werden , in der sie im Stucke selbst
vorkommen. Zunächst wird den Göttern verboten, auf ihren Pilger-
fahrten zu sterblichen Weibern in Zukunft iarvTiorsg durch die Luft zu
ziehn ; im Uebertretungsfalle soll ihnen das instrumentum maleficii ver*
siegelt werden (557 ff.). Sodann werden Zweifel erhoben, dasz Demeter
geneigt sein werde den Menschen in ihrer Noth Getraide zu geben,
ulla jt^og>aösig nagi^u (580), und in ähnlicher Weise wird die Arznei*
künde des ApoUon bezweifelt (585). Der Kampf der Gölter mit den
Titanen wird als ein Wettstreit in der Renommisterei behandelt, den
Göttern aber als den gröszeren Renommisten die Palme zuerkannt
(824). Die üblichen Gebelformeln werden parodiert, indem an die
Stelle der Götternamen die Namen einzelner Vögel gesetzt werden (865
— ^889) , und ebenso wird das Edict gegen den a&sog Diagoras pai o-
distisch verspottet (1070 ff.). Danach ist es kaum noch eine Steige*
rung der Frivolität zu nennen, wenn Iris von einem tQ£oQ%og festge-
nommen werden soll , wenn sie gefragt wird , ob ihr kein Vogelarehon
ein <sv(ißolov aufgedrückt habe, wenn sie selbst mit Todesstrafe be*
droht wird (1205. 1214. 1221). Als sie solchem Frevel gegenüber mit
dem Blitze des Zeus droht, wird sie gefragt, ob sie mit einem Lyder
oder Phryger zu sprechen glaube, der durch solche Prahlereien er-
sehree]Ll werden könne (1244) , und ihren Drohungen wird ein Paroli
geboten, indem Peisthetaeros sagt, Zeus Wohnungsollen feuertragende
Adler in Asche legen und 6000 noQtpvqtaveg sollen gegen ihn aufge*
boten werden, der sich einst kaum gegen den einen. Porphyrion hallen
konnte (1246). Selbst auf die Gefahr hin zu ermüden musz auch die
letzte Scene besprochen werden, in der die Götter selbst erscheinen,
um mit den Vögeln Frieden zu machen. Nachdem Prometheus sein
mögliches gethan hat um die Götter an die Vögel zu verralhen (1531 if.)
und ihnen alle Privilegien und Emolumente des Zeus , unter denen die
lo^do^a, das xgmßolov^ der xcoXa/^^i/g genannt wird, in die Hände
zu spielen, erscheinen die Gesandten der Götter, Poseidon, Herakles
j)84 C« Kock: die Vögel des Aristophancs.
ond ein Tnbatler, ein würdiges Collegiam. Der letzie, die Verkörpe"
rung des Siumpfsinnes und der Rohheit, darf nicht fehlen: denn wie
alles göttliche ins menschliche herabgezogen wird, so müssen auch,
wie über den Griechen die thrakischen Barbaren, über den Göttern die
Barbarengötter wohnen. Indes er schändet seine 'Mitgötter nicht, denn
diese sind auch nach Kräften bestrebt sich als die einfältigsten Thoren
und nichtsnutzigsten Lumpe zu zeigen. Die anfängliche Renommisterei
des Herakles bricht bald vor einer dampfenden Bratenschüssel zusam-
men, er ergibt sich in alles, wenn er nur seinen hungrigen Magen fül-
len kann. Auch Poseidon ist schwachköpfig genug , von dem ersten
Argument des Peisthetaeros berQckt zu werden (1614); die Abtretung
des Scepters scheint ihm billig, und auch die Uebertragung der ßaai-
X$la läszt er nach schwachen Widerstandsversuchen stillschweigend
beschlieszen. Bei solcher Entartung des göttlichen Wesens geschieht
den Göttern selbst nur recht , wenn von ihres Königs Zeus möglichem
Tode die Rede ist (1642), wenn auf sie die solonischen Gesetze ange«
wendet werden und die Hochzeit des Peisthetaeros mit der Basileia
durch eben das Lied gefeiert wird, das einst die Moeren am Braut-
lager des Zeus und der Hera gesungen haben. Solche Gottheiten sind
endlich auch der Herschafl über die Welt nicht mehr würdig, sie wer-
den mit Recht unter die Vormundschaft der Vögel gestellt.
Ich schliesze den überlangen Beweis und meine das eine festge-
stellt zu haben , dasz der religiöse Sinn des Ar. , der sich namentlich
in den Wolken in voller Energie zeigte, in den Vögeln gewaltig er-
sdiüttert isL Man mag viele der angeführten Aeuszerungen weniger
auf Rechnung des Dichters als der Komoedie sehreiben , deren Privi-
legium ic(pal^g ^tmCal xb %al %oqBv6ai (Frösche 387) als Deckmantel
über vieles geworfen wird : so bleibt es doch, immer bedeutsam , dasz
gerade in den beiden genannten Stücken eine so geringschätzige Mei-
nung von den Göttern zu Tage tritt. Was ich froher mit Bedenken
geäuszert habe , musz ich also jetzt mit Bestimmtheil wiederholen, dasz
die Gesinnung aus der die Vögel geschrieben sind sehr weit von dem
siltliehen Ernste absteht, der Ar. den Plan der Wolken eingab. Ist
diese Sinnesänderung auch nur auf der religiösen Seite nachgewiesen,
sie belhätigt sich auch auf andern Gebieten, wiewol mit gerinj^erer
Deutlichkeit. In den Vögeln aber zeigt sie sich auch in voller Klar-
heit in der Auffassung der Slaatsverhällnisse. Wie Ar. in den Jlittern
und Wolken die Götter verherlicht, die er im Frieden und in den Vögeln
bekriegt , so ist er in den Vögeln selbst von der Kriegslust entflammt,
die er in den Acharnern , dem Frieden und später in der Lyslstrate
zum Gegenstande zügellosen Spottes gemacht hat.
Eine Erklärung dieser Thatsache soll versucht werden , sei sie
auch eine blosze Hypothese. Es liegt in der Natur heftiger Charaktere
(und als ein sanftes Gemüt hat Ar, meines Wissens nach niemand aur
gesehn) ein lange verfolgtes , erfolgloses Streben mit Energie aufzu-
geben und den Unmut über die Erfolglosigkeit an der Sache selbst zu
rächen. Hatte Ar. lange die Götter inbrünstig verehrt und ihre hehren
G. Kock: die V%el des Arlstc^hanes. 389
CtfstaUen ge^n die Sophisten vertheidigt, muste er aber hintärhep
sehen dasz die Gottheit selbst ihre eigne und der Menschen Sache
aufgegeben zu haben schien, dasz die Irreligiosität ungestraft ihre
Triumphe feierte, so konnte er in seinem Slrdien, das ohnehin weniger
auf klar erkannten Principien als auf gemütlichen Motiven beruhte«
leicht irre gemacht werden und für einen Augenblick in das entgegen-
gesetzte Extrem umschlagen. Es war dann die Folge seines entschie-
denen Charakters, dasz er dieselbe Heftigkeit, mit der er früher die
Feinde des Volksglaubens verfolgte, jetzt gegen diesen selbst wandle.
Halte er fpmer früher die Kriegspartei verspottet, weil in dem Strudel
des Krieges das ganze Staatsgebäude aus den Fugen zu gehn drohte
(dieser Grund tritt namentlich in den Acharnern hervor), so konnte er,
der die Qroszthaten der Marathonkämpfer mit höchster Begeisterung
feierte, gleichwol einen Krieg billigen, der nicht direct ein Bruderkrieg
war und möglicherweise die Heldenthalen der Perserkriege zu er-
neuem versprach. Gerade die lebhafte Phantasie des Dichters konnte
die nüchterne Berechnung von Kraft «und Wirkung überspringen und
die Möglichkeit, die selbst besonnenen Köpfen eine Gewisheit schien,
mindestens für eine Wahrscheinlichkeit halten.
Ich bezeichne beide Ansichten nur als Vermutung, deren letzlere
allerdings dadurch einige Begründung erhält, dasz in keinem Slücke
untres Dichters , wenn man nicht die Vögel gewaltsam so deutet , ein
Spott auf die zweite, grosze sicilische Expedition zu finden ist , während
er doch die Urheber des peloponnesischen Krieges selbst mit Zuhilfe*-
nähme offenbarer Unwahrheiten verfolgt. In der Lysistrate, dem Stücke
das zunächst nach dem mislingen des Unternehmens aufgeführt ist,
läszt sich eine drückende Schwüle herausfOhlen. Es ist offenbar des
Dichters Streben , die Vergangenheit zu ignorieren und über die trost-
lose Wirklichkeit mit gewaltigem Sprunge hinwegzusetzen. Und doeh
bricht der verhaltene Schmerz fn einigen Andeutungen hervor. Es
ist gewis nicht Spott, sondern tiefe Wehmut, wenn Ar. in unwillkür-
licher Erinnerung an den Untergang der kriegstftehtigen Jugend sagt
(ö24): ovK IcxivavfiQ iv t^xeiga' ftcSc /l( ov 6ijt ilq> hsQog rig. Fast
klingt es wie Reue, wenn er durch den Mund des Chors erklärt: wir
wollen keinem Mitbürger etwas böses nachsagen , nein vielmehr alles
gute nachsagen undthun, denn hinlänglich ist das vorhandene Unglück
(1043).» Ebenso ist es nicht der Ton des hofmeisterns , sondern der
Klage, wenn er erwähnt dasz die Fahrt nach Sicilien unter ungünstigen
Vorbedeutungen unternommen sei (591 ffO- An einer andern Stelle
unterbricht er sich selbst, als er im Begriff ist von dem unglücklichen
Unternehmen zu reden: ötycc, fiii (ivti^txaxi^ayg (590).
Es scheinen also die Hindernisse beseitigt, weiche es bedenklich
machen könnten den Sinn der Vögel als positiv zu nehmen. Fassen
wir die bisherige Auseinandersetzung zusammen , so ergibt sich , dasz
die Vögel eine Beziehung auf den sicitischen Feldzug haben und dasz
dem Plane derselben keine Ironie zu Grunde liegt.
Aber sollten die Vögel sieh nur auf das eine bedeutsame Ereignis
S86 C. Kock: die Vög^el des Aristophakies.
des Jahres beziehn , das andere ganz ausiier Augen lassen ? Gewis
nicht. Denn so wahr es ist, was Drusen eingehend nachweist, dasz
sich in dem Stücke nur unerhebliche specielle Hindeutungen auf dea
Hermenfrevel nachweisen lassen, so unzweifelhaft ist es, dasz sich in
der Grundidee der K^moedie ein unendlich vergröszertes Spiegelbild
desselben darstdlt. Finden wir die sicilische Expedition mehr in der
äuszern Anlage wieder , so ist jener Frevel in die innerste Tendenz über-
gegangen. Wie jene Jünglingie im Uebermule des Weinrausches die
Hermenbilder verslümmellen und umstürzten , so schreitet Ar. im Un-
mute getäuschter Erwartung, in momentaner Verzweiflung an seinen
idealen mit daemonischer Kühnheit dazu, alle Götterbilder in den Staub
zu werfen. Und zwar thut er dies nicht in der Absicht, den Zorn des
Volkes gegen jene Frevler , die ohnehin angeklagt und meist verurlheilt
waren, zur hellen Flamme anzublasen und ihre Ruchlosigkeit durish
Ausmalung in vergröszertem Maszstabe anschaulich zu machen. Ar.
«teht vielmehr innerlich selbst auf Seite der Hermokopiden. Dies er^
gibt sich unzweifelhaft daraus , dasz sich in den Vögeln keine einzige
Stelle findet, welche die Urheber des Frevels verspottet, wol aber ihre
Gegner und Ankläger , wie Peisandros , einer der Inquisitoren (1556)9
Diopeithes, Lampon, entschiedene Anhänger des Volksglaubens, und
der Herold des Mysten Kleökritos verhöhnt werden (Droysen a. 0. IV S^
57). Mag es immerhin eine Tollkühnheit des Dichters scheinen, sich
dem allgemeinen Unwillen auszusetzen, indem er auf der Bühne einen
viel gröszeren Frevel wagt, als jener war der vielen andern den Tod
gebracht hatte: dies Wagnis ist nicht gröszer, als wenn er früher dem
allmächtigen Kleon Stirn gegen Stirn entgegentrat und ihn vor dem ver-
sammelten Volke in den Koth niederwarf. Ar. pflegte von dem Privi-
legium der Komoedie maszlosen Gebrauch zu machen, und wie ihn
seine Verwegenheit gegen Kleon in persönliche Gefahr brachte, so
mochte es die Zügellosigkeit seines Spottes gegen die Volksgötter be-
wirkt haben , dasz er mit einem sonst so groszartigen SlQcke wie die
Vögel nur den zweiten Preis davontrug.
Hiermit mag das Fundament bloszgelegt sein , auf dem der kunst-
reiche Bau der Komoedie ruht. Der Ausgangspunkt für die weitere
Deutung ist also , dasz die sicilische Expedition und der Hermenfrevei,
im Geiste des Dichters zu einem phantastischen Bilde zusammenge-
wachsen , die Idee des Stücks geschaffen habe. Doch in welchem Ver-
hältnis steht das Stück zur Wirklichkeit? Es ist keine allegorische
Copie derselben , die Zug um Zug eine reale Deutung zuläszt. Dies
ist der Punkt, der namentlich gegen Süvern geltend zu machen ist
Man kann dem Scharfsinn und der Energie dieses Gelehrten volle Ge-
rechtigkeit widerfahren lassen und zugebeo , dasz es ihm fast gelungen
ist das unmögliche wahrscheinlich zu machen. Bei ruhiger Erwägung
bleibt seine Deutung eine UnmöglichkeiL Das Resultat seiner Forschung
ist in der Kürze folgendes. Der Kernpunkt der Untersuchung ist. der Nach-
weis , da«z die Handlung der Vögel ein Abbild der sicilischen Expedi-
tion sei (S. 12 ff.)* Hieraus und aus andern Indicien ergibt sich die
C. Kock t die Vdgel des Artstopiianes. 387
Identität der Vögel mit den Athenern, der Götter mit den Spartanern
und deren Bundesgenossen , der Menschen mit den kleinern griechi-
schen Sla,aten (S. 6 u. 18). Die Betrachtung der Hauptpersonen des
StQcks fiüirt dann darauf, dasz in Peisthetaeros Alkibiades und Gorgias
verschmolzen seien (S. 24 ff. 28 ff), Euelpides Polos vorstelle (S.34 ff.),
Epops den Lamachos repraesenliere (S. 36). Von den auftretenden
einzelnen Göttern soll Herakles die Lakedaemonier und Dorier zu Lande,
Poseidon die seefahrenden Bundesgenossen der Spartaner, namentlich
die Korinther, der Triballer die Verbündeten im Norden Griechenlands
bedeuten (S. 90). Als Tendenz des ganzen Stuckes endlich wird auf-
gefunden, Ar. wolle darlhun dasz Alkibiades durch die sieilische
Expedition erst Sparta den Athenern unterwerfen, sich dann aber mit
Hilfe der Spartaner die Tyrannis in Athen verschaffen wolle (S. 77).
Dies die Deutung. Auf fesler Grundlage umfassender Gelehrsamkeit
mit Gonsequenz und Scharfsinn aufgebaut starrt sie uns entgegen wie
eine unerschütterliche Granilmauer. Fast scheint es eine Verwegen-«
heit, sie mit dem schwachen Rüstzeug das wir mitbringen anzugreifen,
Dasz zwischen dem Wesen der Vögel und dem Charakter der
Athener eine Aehnlichkeit besteht, ist nicht zu leugnen. Vielleicht
sind sich die Athener selbst dieser Aehnlichkeit bis zu einem gewissen
Grade bewust gewesen , wie aus den zahlreichen Vogehiamen hervor«
zugehn scheint , die sie sich im Scherz beilegten. Gewis hat Ar. bei
Schilderung des treibens der Vögel diese Aehnlichkeit zu Anspielungen
auf athenische Zustände benutzt. Aus dem allem folgt nicht, dasz der
Chor der Vögel die Athener vorstellen solle. Die Erledigung dieser
Frage hängt wesentlich davon ab, ob die Scene der Handlung in Athen
zu denken ist; denn ist dies nicht der Fall, so kann auf einem auswär-
tigen Schauplatz nicht das Volk Athens auftreten. Dies hat Süvern
sehr wol gefühlt und er erklärt daher (S. 21), dasz der Felsen, auf
dem Peisthetaeros und Euelpides zu Anfang des Stücks umherklettern,
die Pnyx sei. Bewiesen ist die Behauptung nicht : denn wenn JtitQc^
oder nhqai bisweilen wirklich die Pnyx bezeiotinet, so folgt nicht
dasz das Wort nicht auch blosz einen Felsen bedeute. Im vorliegen-
den Falle läszt sich der Gegenbeweis führen. Peisthetaeros und Euel*
pides haben mehr als tausend Stadien Weges zurückgelegt, ehe sie den
Ort erreicht haben, an dem wir sie zuerst erblicken (Vs. 6); sie sind
so weitin der Irre gegangen , dasz sie keine Hoffnung haben ihr Vater*
land wiederzufinden (Vs. 10) , sie müssen selbst weit über die Heimat
des Exekesüdes (in Thrakien) hinausgekommen sein (Vs. 11). Aus
dem auftreten des Epops (Tereus) ergibt sich, dasz sie wirklich in
Thrakien sind. Und trotzdem sind sie in Athen, sagt Süvern, denn
dies alles ist ironische Fiction. Tkij^i, q>tkri nQoeilril Gut, woraus er*
kannte dann der Zuschauer die Ironie? Denn in den Worten findet
sich nicht der mindeste Fingerzeig für solche Auffassung. Dann muste
ihn das Auge belehren , dasz diese Andeutungen nur Scherz und die
beiden Auswanderer am Ende ihrer Irrfahrt wieder auf der Pnyx seien«
Wie wird uns nun das Local beschrieben? Ein öder. Felsen» im Hinter*
S88 C. Koek: die V4^;el des Aristopluuie^.
gründe mH Wtld bekrinzt, fern von den Wohnungen der Mensehen,
ohne Weg und 8teg (Vs. 22). in einem solchen Local kann selbst bei.
cetUieher and riamlieher Trennung eben nur die verwegenste Gombi-
naliondie Pnyz vermuten, der Sinn des ortskundigen Atheners konnte
auf solchen Schlusz nicht verrallen. Zornal, wie wenig der Felsen
selbst der Pnyx ähnlich sah, zeigt sich darin dasz er nöthigen Falls
einen Kampfplatz muste abgeben können (Vs. 344 ffl). Die Handlung
beginnt also nicht auf der Pnyx, und eben so unstatthaft ist es, mit
den harmlosen Worten rl^j^; rig yhxwi ^A^^vaf liyayn (Vs. 301)
Athen selbst auf die Bfihne einzuschmuggeln. Der Dichter fallt hier
eines Scherzes wegen absichtlich aus der fingierten Situation, wie er
es liebt geeigneten Orts aus der poetischen Täuschung in die Wirk-
lichkeit Qbertutreten. In ähnlicher Weise läszt er im Frieden Trygaeos
bei seiner Himmelfahrt ängstlich den Maschinenmeister anrufen (174X
In den Fröschen die Mysten der Unterweit lebende Athener verspotten
(416 ff.) usw. Angenommen aber, man dürfte aus dem Umstände, dasz
In den Vögeln vielfach auf athenische Verhältnisse angespielt wird, den
Schlnszziehn, der Sehauplatz sei Athen, so dürlte es schwer sein in
allen Stücken des Ar. eine einzige Scene zu finden, die nicht in Athen
spielte. Bei Trygaeos erscheinen Im Himmel plötzlich Repraesentanten
vieler griechischen Völkerschaften , in den Fröschen werden in der
Unterwelt selbst die Athener angeredet (353 ff.), die Scene wäre also
hier und dort und flberall Athen. In Wahrheit versetzt uns die Hand-
lung der Vögel, wie der Dichter deutlich genug bezeichnet, in eine ab-
gelegene, menschenleere, felsige Gegend, die in Thrakien gelegen ist.
Die Bewohner derselben, die Vögel, können selbstverständlich nicht
Athener sein.
Aber wie Süvern in dem ganzen Stücke nur eine Uebersetzung
aus der Prosa der Wirklichkeit in die Poesie der Komoedie sieht, so
sind Ihm auch alle Träger der Handlung vermummte historische Perso-
nen. Peisthetaeros ist ihm Alkibiades und Gorgias. tav^ n^ dg ivii^
yivoix UV av^QciTtm Svo; Widerspricht es nicht einfach dem Gesetze
der Anschauung, aus den übereinstimmenden Zügen ^iner Maske zwei
historische Personen zu construieren ? Heiszt es nicht dem Publicum
mehr als Oedipus Scharfsinn zutrauen, wenn man ihm zumutet in einem
armen Greise den jugendlichen , schönen , verschwenderischen Alki-
biades zu finden? Kann der Dichter verlangen, dasz jemand den
Peisthetaeros, einen athenischen Voilbürger (Vs. 33), für den Gorgias
ansehe, der in demselben Stück als Barbar verspottet wird (1694)?
Unmöglich, wenn auch sonst alle Züge der verglichenen Personen
sich auf das genauste entsprächen, was nicht der Fall ist Auge und
Ohr der Zuschauers musten gegen dergleichen Zumutungen augenblick-
lich Protest erheben. Ebenso wenig konnte Ar. in dem Athener
Euelpides den Agrigentiner Polos, den Schuler des Gorgias, vorstellen
Wollen, zumal hier noch schwerer zu begreifen ist, in weldiem Ver- -
hältnis Polos zu dem Theile des Peisthetaeros stehn sollte, der den
Alkibiades vertritt. Fast scheint es überflüssig, mit ernsten Worten zu
G. Koek: die Vdg^el des Arislophanes« |3§&
leugnen, das2 unter der Maske des Wiedehopfs nicht die Person den
Lamachos zu suchen sei. Stützt sich doch diese Gombination auch nur
auf zwei sehr unerhebliche Aeuszerlichkeiten, das nvBffOQ^stv und die
tftXtHpüi. Wir widerstehen der Versuchung weitere Gründe gegen
die Deutung , die Süvern dem ganzen und einzelnen gibt, ins Feld zu
fuhren, und bescheiden uns auch viele historische Beziehungen, die
sonst von ihm nachgewiesen werden, als unzulässig darzulhun. Die
meisten jener kühnen Hypothesen fallen ^ sobald die Grundlagen auf
denen sie ruhen, die Identität der Vögel mit den Athenern usw., er-
schüttert sind. Nur noch ein Wort über die Gesamtauffassung dieses
Gelehrten sei gestattet.
Wir müssen ernstlich bestreiten , dasz man dem groszen Komoe-
diendichter gerecht werde, wenn man annimmt, er sei mit einer komi-
schen Travestie der Wirklichkeit, aus hundert und tausend allgemeinen
und besonderen Anspielungen zusammengesetzt, mit einem wahren
Raritätencabinet von Andeutungen und Hinweisungen vor das Publicum
getreten und habe ihm überlassen, alle jene tausend Rälhsel zu lösen,
alle jene eingcheimnisten Wunderlichkeiten zu enthüllen. In diesem
Falle hätte er vielleicht ein höchst merkwürdiges Kunststück zu Stande
gebracht, aber kein Kunstwerk geschaffen. Wir müssen anderseits
im Interesse des attischen Geschmacks dagegen Verwahrung einlegen,
dasz irgend ein Athener die Geduld gehabt, geschweige daran ein Ver-
gnügen gefunden habe, einen solchea Berg von Rälhseln Sandkorn für
Sandkorn aufzunehmen und in dem Läulerungsfeuer der Divination in
durchsichtiges Glas zu verwandeln.. Welcher %akfisyxifp€iXog hätte eine
solche Flut von Anspielungen ertragen, wenn ertragen, verslanden, wenn
verstanden, des Preises würdig gehalten ? £ine solche Annahme erniedrigt
die Dichtung zur Banau&ie , das Publicum zu neugierigen Kleinigkeits-
krämern. Der komische Dichter nimmt seine Stoffe aus der Wirklich?
keit, aber er durchwandelt nicht die Straszen, um diese und jene
Caricalur aufzunehmen und durch ihre Zusammensetzung ein buntes
MosaikbUd zu schaffen. Auf dem Fittig des Genius erhebt er sich
über den niedrigen Dunslkreis und baut ein Luftgebilde auf, das wie
eine Fata Morgana die allgemeinen Umrisse der Wirklichkeit wieder-
gibt, in seinem innersten Kern aber ein freies Geschöpf der Phantasie
ist* Er klebt nicht sklavisch am irdischen Stoffe, er vergeistigt ihn zu
komischer Idealität, und wenn er sich für einen Augenblick wirklich
zur Erde hinabzulassen scheint, so schwebt er schon im nächsten hoch
im ungetrübten Aether der Poesie. Namentlich nimmt Ar. in seinen
Komoedien einen so kühnen Flug, in seinen Gebilden weht ein so
wanner Alhem ursprünglichster Poesie, dasz sie, allein mit dem
Messer des Verstandes zerlegt, Leben und Wahrheit verlieren. So
unbedingt wir daher zugeben, dasz Süvern in Deutung der Vögel
das höchste geleistet hat, was Scharfsinn und Gelehrsamkeit er-
reichen kann., so unbedenklich behaupten wir, dasz unter seiner Be-
handlung der dichterische Genius erstirbt , die Komoedie ihre Idealität
verliert
990 C, Rock: die Vögel des Aristophanes.
/ Verwandelt sich also bei SOvern die komische Poesie in histo-
rische Prosa, so stempeln dagegen zwei andere Gelehrte (Wieck und
Rölscher) die Vögel zar Incamation abstraeter Allgemeinheiten. Es
ist schon bemerkt, dasz Wieck, wie in den sophokleischen Oedipustra-
goedlen die absolute Tragoedie, so in den Vögeln die Komoedie an
sich findet, in der das komische Heldenthum selbst zur Anschauung
komme. Er erreicht dies Resultat auf die natürlichste Weise, indem
er den Begriff der Komoedie aus den Vögeln selbst entnimiht, ihn dann
auf eben dies 8tQck anwendet und erkennt , dasz er auf dasselbe voll*
kommen passe. Auf dieser unerwiesenen Behauptung wird dann mit
Unerschrockenheit der kühne Bau abstraeter Speculation aufgeführt.
Der vorgebliche Zweck der Helden (Peisthetaeros und Euelpides) ist,
*um den drückenden Verhältnissen in Athen zu entgehen, den König
(sie) Epops aufzusuchen, um durch ihn die Aufnahme in das von
ihnen ersehnte Princip, das Vogellhum, zu bewirken' (S. 9). Leider
ist ihnen dieser Zweck nur untergeschoben, Ar. weisz nichts von einer
beabsichtigten Aufnahme in das Vogellhum. Die Auswanderer wollen
von Epops allein eine Stadt erfragen, in der es sich ruhig und bequem
lebe wie in einer iftav(fa^ und erst als sie die günstige Lage des Vo-
gelreichs sehen, geht dem P. der groszartige Gedanke auf, der im
Verlaufe des Stückes verwirklicht wird (Vs. 44. 120 ff.). Als der
ersehnte Wiedehopf vor den beiden Athenern erscheint, lachen sie
über sein wunderliches Costüm. In einer so abslracl principiellen
Komoedie, wie für Wieck die Vögel sind, musz hinter dieser harmlosen
Aeuszerlichkeit tiefer Sinn Hegen. *Scheu und Bewunderung sind
ebenso die natürlichen Gefühle, welche den Menschen bei dem An-
blick idealer Grösze übermannen , als das Streben nach verkehrtem
Ideale uns der Lächerlichkeit Preis gibt Diese Empfindungen nun
sind es, welche der Dichter solchem Ideale gegenüber zu erwecken
hat' (S. 10). Nicht genug also, dasz der Zuschauer ein Ideal dea
Vogelthums, das sich höchstens im Verlauf des Stücks ergeben könnte,
von vorn herein durch Hellseherei zum Verständnis des Anfangs von
Hause mitbringen musz : er darf nicht einmal über die r^iAo^/a, die
mangelhafte Befiederung und den Schnabel des in Menschengestalt
auftretenden Wiedehopfs lachen, ohne zur Busze dafür innerlich zur
trübsinnigsten Speculation gezwungen zu sein ! So schreitet der Er^
klärer immer weiter aus in das schrankenlose der AbstraclioB«
Und hinter ihm in wesenlosem Scheine
Liegt, was uns andre bändigt, das gemeine^
oder vielmehr das natürliche. Ich bekenne offen, dasz ich ihm in
seinem speculativen Sturmschrill nicht überall habe folgen können.
So habe ich es aller angewandten Bemühung unerachtet nicht völlig
verstanden, was es heiszt (S. 11) : *in der Nachtigall kommt gleichsam
die in ihr personificierle Komoedie selbst zur Sprache»' Ferner habe
ich nichts anderes als einen hohen Grad von Wundei^^ichkeit darin
sehen können, wenn die Art, wie die Nachtigall geküszl wird (Vs. 673),
folgende Erklärung findet: *sie (die Komoedie) verhell sich keines^
G. Kock: die Vöj^el des Aristophanes. S91
wegs ihr trauriges Schicksal, dasz sie von der Menge genossen wird^
ohne dieselbe wahrhaft bessern zu können , denn indem man, um mit
Hoffegut zu reden, das Ei aus der Hülse schälend ihr den Stachel
nimmt, genieszt man sie, ohne sich von ihr tiefer berühren zu lassen'
(S. 13). Auch musz ich es dahin gestellt sein lassen , ob für die Er-
klärung der Romoedie irgend etwas gewonnen wird , wenn es (S. 14)
heiszt *dasz der zweite Abschnitt des Stücks (der Theil von der
groszen PaYabase an) seinem Inhalte nach als das komische Object, im
Gegensatz zu dem komischen Subject (dem ersten Theile), und sei-
nem Wesen nach als das Unglück zu bezeichnen ist.' Es müste denn
hiemit die bescheidene Wahrheit gemeint sein, dasz, nachdem früher der
Plan des Petsthetaeros entwickelt ist, nunmehr die Ausführung desselben
beginnt« .- Dagegen müssen wir uns bestimmt gegen das Endresultat
erklären, auf das Wieck mit Hilfe dieser Hypothesen hinarbeitet, das
er aber freilich nirgends klar und zusammenhängend hinstellt "^X als
heabsichtige Ar. den Kampf des Plebejerlhums mit der Aristokratie
ironisch darzustellen und die Verkehrtheit des demokratischen Prin-
cipe gerade durch seinen Sieg offenbar zu machen« Die Ironie ist
nicht erwiesen» der Zweck wäre unzeitgemäsz gewesen, Beziehung
auf Aristokratie und Plebejerthum tritt im ganzen Stücke nirgends her-
vor, .der Darlegung des Peisthetaeros (Vs..462 ff«) ist sie ohne allen
Gtuxkd untergelegt
Eine gleich abstracte Auffassung des dem Stücke zu Grunde lie-
genden Gedankens^ wiewol mit Consequenz und Klarheit entwickelt,
finden wir bei Rötscher (Aristophanes und sein Zeitalter S. 378 ff.)-
Nachdem dieser Gelehrte dem shakespearesch^n Sommernachtstraum
cum Trotze den Grundsatz aufgestellt hat, Üasz man den Begriff des
Kunstwerks aufhebe, wenn man der Komoedie einen bestimmten und
concreten Inhalt abspreche , findet er n dem Vögelchor den Gedanken
der Unabhängigkeit vom Gesetze, der Wandelbarkeit der Einrichtungen
und Verordnungen, der Losgebundenheit von aller Sitte ausgedrückt
und in ihm eine Welt offenbart, in der alle sittlichen Bande gelöst sind.
Eine scheinbare Berechtigung zu solcher Annahme liegt darin, dasz
die Sittlichkeit der Vögel eine andere ist als die der Menschen, dasz
bei ihnen vieles für erlaubt gilt, was diesen das Gesetz verbietet. Aus
Verschiedenheit der Sitte auf Unsitttichkeit zu sehlieszen ist natürlich
ein Fehischlusz, und Ar. hat durch seine Darstellung zu demselben
keine Veranlassung gegeben. Allerdings lehnen sich die Vögel gegen
die Götter und somit gegen die bestehende sittliche Weltordnung auf,
aber, wolgemerkt, erst nachdem sie ein Mensch überredet, nachdem er
ihnen bewiesen hat dasz sie bei solcher Auflehnung in ihrem Rechte
seien. Freilich eröffnen die Vögel bei sich ein Asyl für die unzufrie-
denen der Erde, abtr sie verjagen sie mit Schlägen, sobald sie sich
*) Ich muss es jedem überlassen sich za übeneugen , ob es nur mir oicht
gelungen ist, in dem ganzen der Herleitung überhaupt einen strengen Zusam-
menhang zn finden. #
Jahrb. f. dasf. PhUol. Suppl. N. F. Bd. t. Hft. 4. 27
492 C. Koek: die Vögel 4es Arislophaiies.
mit 4er Sittlichkeit der VogeleCadt io Widerspruch zeigen. Die nv^
pHs mltc^ymv (Vs. 1854), selbst das Gesetz der Hihne (1360 ff.) be-
weisen, das! die Verhältnisse der Vogelstadt auf einer bestimmten,
wenn auch abweichenden SittliehkeH begründet sind, wenn nicht der
schlagendsle Beweis die Macht und die Thaten der Vögel wären: Ein
Volk, das ein so gewalliges Reich gründet und selbst die Götter unter*
wird, kann sich der Dichter unmöglich als Verkörperung der ab6<^tt«
ten UnsitlUchkeit denken. Nachdem in solcher Weise die' Bedeutung
des Vögelchors misverslanden ist, wird aus dieser heraus die Ironie
seines Wesens und somit des StQckes selbst nadigewiesen (8. 380) t
*aber dieser flOchÜge Vogelschwarm bildet den Chor, der seinem We«
sen nach der Gegensalz und Widersprach dieses unredlichen Leicht-
sinns ist und vlelmdir die sittliche Subelans darMlellt Die Vögel lei*
gen daher durch ihre Erscheinung als Chor sogleich stillschweigend
den Gegensatz ihres Symbols, oder sie vernichten in Ihrer Erscheinung
den Ernst ihfer Maske. Dies kann auch so aufgefaszt werden, dasz
dieser Vögelchor dem ansdiauenden die Ironie seines Symbols ist.*
Also soll das unwahre und nichtige der Maske YeTspottet werden. Die
unwahre und nichtige Seite im Vögelchor war eine irthdmUche An*
nähme. Die Behauptuuf^ dasz der Chor (der Komoedie) die sittliche
Substanz darstelle mag in ein System philosophiseher Aeölhetik sehr
wol passen, auf die alle Komoedie und namentlich die Dramen des Ar.
hat sie keine Anwendung. In den Achamern und Weq[»en vertritt
der Chor nach des Dichters Absicht entschieden die unsitlliche SuIk
stanz; dasz er in den Thesmophorlazosen und Eicklesiazusen nicht
mindestens eine Trübung Ton Unsiltlichkeil hat, wird sdiwer zu be-
weisen sein, und auch in den übrigen Komoedien mag Ar. in seinen
bunten Chormasken manches eher gesehen haben als die Yeriiörpe-
Tung der Sittlichkeit So gewis nun die Addition zweier negativen
Gröszen keine positive Summe gibt, bat Rötscher hiemit die Ironie nicht
nachgewiesen. Auch kann diese nicht auf dem RQcken des Peisthe^
taeros in das StQck hineingeschmuggelt werden. Er bekennt sich
nicht, wie Kölscher annimmt (S. 385), zu dem Princip der Vögel (der
UnsilUidikeit), erkennt aber spater an der Verwirklichung der reinen
Willkür durch das aultreten des Vatermörders usw. seine UnsitUich«
keit, um sich von seinem Leichtsinn zu bekehren (S. 384), sondern wie
er firüher nie auch nur mit einem Worte angedeutet hat, dasz er Syko-
phantie, Mishandlung der Ellern, Windbeutelei von Dichtem und Wahr-
sagern billige , so spricht er später ohne alle Inconsequenz geradezu
^eine Misbilligung davon aus. Es ist also von einem abstauten Prin^
oip des guten und bösen weder beim Chor noch bei Peisthetaeros die
Rede, und der Dichter hat in der Vogelrepnblik (^. 386) nicht die Ge»
genwart des athenischen Staates vorstellen wollen , *in welcher alles
objective und allgemeine von der Willkür und Einzelheit des Willens
und Meinens bereits verschlungen war.' Die sehr triviale W^^heit
ist die, dasz er bei Entwurf der Komoedie an philosophische Abslrac-
tionen überhaupt nicht gedacht hat.
C. Kock: did Vö^^l des Aristophabes. 309
So haben wHr uns denn erkühnt , der prosaisch-hisdorisehen Auf-
fassung des Stücks den Scheid^brief zu geben und selbst den Philo-
sophen ein i%ag Sava ßißtiXoi zuzurufen, tß ^v^a' Spbv 1fKav^^^ios Ifümn
^fßvtkv» Wo bleibt noch ein Atom von Gewürz^ um unserer Ansicht
nur den minderten Geschmack 7u verleihen? sEO'dscv ovp iv fw yivono
^Xtfi Mlg (Mvog; Wjr preisen uns glüc^klich» <lasz wir uns nicht zuerst
mit der naiver^ Behauptung herauswagen müssen., dasz der Dichter,
poelisth zu* verstehen sei. ImBewustsein eigner Unzulänglichkeit grei-
fen wir hocherfreut nach dem Schlepptau, das uns Droysens Hand zu-
wirft Kdntien wir doch auch das ganze unserer Ansicht nicht klarer
und beredter ausdrücken, als er es that (Rheine Mus. IV [18S6] S. 46) :
^e Vögel sind ein vollkommen phantastisches Spiel, in dem sich alles
wirkliehe und laclische durch eine in sich ganz verständige I^ogik zu
lauter Idealitat und Ueberspanntheit sublimiert, die doch wieder an al-
len merklioheQ Momenten der Gegenwart dicht dahinstreiflf^ (S. 54)
* Alles factische und persönliche, gleichsam aufgelöst zu einem allgC'-
meinen Eindruck, zu einer Stimmung, einem durchaus innerlichen, in
dem die Farben der Wirklichkeit zu einem Lichtton verschwimmen, das
ist der Stoff, aus dem diese Komoedie. geworden Ist, und darum ist sie
so vollkommen Poesie»'
Um den Charakter der Vögel ganz zu begreifen, wird man sich
ihre Entstehung aus den Zeitverhaltnissen und aus dem Gemüt des
Dichters lebhaft vergegenwärtigen müssen. Was die ersteren betrifft,
80 fallt, wie gesagt, das Stück mit dem Beginn der sicilischen Expedi-
tion und dem Hermokopidenprocess zusammen. Auf beide Ereignisse
bezieht sich der Dichter ohne polemische Absicht. Sodann ver rälh sich
in der Kornoedie ein so. hoher Grad phantastischer Erregtheit, ein so
hocbsprudelnder Uebermut, dasz es klar ist, vornehmlich diese KräAe
sind im Geiste des Dichters zur Hervorbringung des Drama thätig ge-
wesen. Die Groszar tigkeit des Kriegszuges hat ihn begeistert, sein
Uebermut ruft ihm zu: wolan, du kannst mehr als das; dein Hoplit
ist der unbeugsame Mut, der Stirn gegen Stirn mit Kleon gekämpft,
dein Peltast ist der unermüdliche Flankier, der Witz, deine. Batisten
und Katapulten sind das schwere Geschütz deiner gottseligen Grobheit«
Als Panzer und Schild. dient dif die Freiheit der Kornoedie, als Schiff
die Phantasie, Ganz Athen träumt von der schönen Flotte auf fernem
Meere.. Gut, bricht, seine geniale Ver wegenfaeit aus , ich thue mehr,
ich gehe in die Luft! Zudem wie soll des Dichters Begeisterung es
aushalten unter dem ewigen einerlei von Prooessen und Geldstrafen,
während die Atmosphaere selbst von den kühnsten Projecten schiyan-
ger ist? Ist es nicht lächerlich, dasz ein luftiger Jünglingsstreich so
das Mark der athenischen Bürgerschaft ai^rütteln und erschüttern kann ?
Wie kann diese traririge Spukgestalt vor der hellstrahlenden Sonne der
ruhmwürdigsten Begebenheit bestehn? Seid ihr sp thöricht,.so ruft er,
im Sonneasehein Gespenster zu suchen, wol, ich will euch zeigen dasz
ich euch verlachen darf. Haben jene Jünglinge einen harmlosen Gott
beleidigt, ich will vor euren Augen den Olymp selbst ^stürmen. Ich
27*
9M C. Kock: die V5^ei des Avistophanes.
will alle die treulosen 65tter von Ihren Thronen sUireen, und ihr sollt
es mir nicht wehren ; im Gegentheli, ihr sollt mir Beifall klatschen und
selbst den Preis zuerkennen. — Und damit geht er ans Werk. Er
blickt In die Luft. Die V0gell Willkommene Bundesgenossen! Ihr
braucht nur ein pau* Athener , die euren engen Verstand erleuchten
und befruchten, die eure unstaten Gedanken auf ein gemeinsames Ziel
hinleiten» die eurer Leichtgläubigkeit das herliche Project einimpfen.
Auf, Peisthetaeros und Euelpides, grOszt Schwager Wiedehopf und
Schwester Nachtigall! Meldet ihnen, ich erkläre kraft meines Amtes
als Komoediendichter die Gatter far abgesetzt und vogelfrei! Sie sollen
zugreifen und das herrenlose Gut, die Herschaft der Welt, in Besitz
nehmen« Und so ziehen denn Peisthetaeros und Euelpides aus der
Stadt, der sie nicht den Vorwurf machen kennen, sie sei nicht grosz und
herlich und gewähre nicht allen die gleiche Freiheit Processkosten und
Geldstrafen zu bezahlen« Zwar sind die Auswanderer nicht gleich in
die^Tiefe der dichterischen Absicht eingeweiht, sie tragen sie gewisser-
maszen in versiegelter Ordre mit sich, und erst als sie in das Vögel*
reich gelangt sind, springt die Hülle, und die Groszarligkeit ihrer Be-
stimmung wird ihnen selbst klar.
Peisthetaeros und Euelpides sind also der Faden, der die Wirk«
lichkeit mit dem Phantasiebilde verbindet. Sie sind zugleich selbst ein
Fingerzeig zur Deutung des ganzen. Wie sie Athen verlassen, aber in
gröster räumlicher Trennung als Athener denken und handeln, weil sie
eben ihre Natur nicht ausziehn können wie ein Kleid, so erhebt sich
auch der Dichter Ober alle Wirklichkeit, aber er trägt die lebendigen
Bilder der Gegenwart In sich, und was er auch denkt und dichtet,
nimmt eine dem wirklichen analoge Gestalt an. Oft streift er so nahe
an historischen Zuständen hin, dasz er eine reale Deutung selbst her«
auszufordem scheint. Doch diese direcle Beziehung auf die Wirklich^
keit beschränkt sich auf Einzelheiten, In der Hauptsache bleibt das
StQck eine freie Schöpfung der Phantasie« Doch wer ist nun Peisthe-
taeros und Euelpides? Nicht Alkrbiades, nicht Gorgias, nicht Polos.
Wenn P. durch die Kühnheit seiner Entwürfe, durch die Macht seiner
Ueberredungskunst bisweilen lebhaft an Alkibiades erinnert, so ge-
schieht es nur , weil Alkibiades diese echt attischen Eigenschaften in
besonders reichem Masze besasz. In Wahrheit sind beide nur Reprae-
sentanten des attischen Volkscharakters, der eine nach seiner mehr
activen, der andere nach seiner mehr passiven Seite. ^Dereine(Peisthe*
taeros) ist' wie Droysen sagt *ganz Kopf, ganz Umsicht^ ganz Pro-
ject, ganz Speculation (d. h. Im eweiten Theile des Stücks zugleich
ganz Thatkrafl, ganz Organisationstalent, ganz Routine); der an-
dere, Hans Hoffegut, ein rechter athenischer Particulier, immer
lustig und voll Spasz, nie überrascht, nie von groszer Courage,
ohne eignen Willen , stets räsonnierend, anstellig zu allem.' Peisthe*
taeros ist der Athener als Redner, Demagog, Anführer; Euelpides
das Urbild des xtpivaSog, die überredete und geleitete Volksmenge.
^Kann es da tehlea, dasz jnan zu beiden Figuren unter deii Athenern
C Kock: die V6^e\ des Aristephaneg. 395
Vorbilder, Aehnlichkeiten in Menge findet? Aber beide sind für spe-
cielle Personen za allgemein.'
Und welche Bedeutung hat der Chor ? Er ist nicht das Volk der
Athener, nicht die Verkörperung der absoluten Unsittlichkeit. Es ge-
hört fast der Mut lächerlich zu werden dazu, am so geistrdchen und
tiefen Auffassungen gegenüber für die reizlose Ansicht einzutreten, dasz
er nichts weiter ist als der Name sagt, das Volk' der Vögel in komisch-
phantastischer Erscheinung. Dasz der Dichter Vögel in menschlicher
Weise reden und handeln läszl, entspricht durchaus der Gewohnheit der
aristophanischen Komoedie« Dasz er ihnen attische Eigenschaften bei-
legt, kann nicht befremden, da er, ein Athener, für Athener dichtet«
Auch setzte das Verhältnis , in das der Chor zu Peisthetaeros treten
sollte, Verwandtschaft des innem Wesens voraus, die sich noch
steigern muste, seitdem er von den Ideen jenes erfQllt zum wil-
lenlosen Werkzeug desselben wurde. Zudem fanden sich ähnliche
Charakterzüge wie Flatterhaftigkeit, Leichtgläubigkeit, Geschwätzigkeit
ganz ungesuchL Gleichwol geht die Charakterisierung der Vögel über
diese allgemeine Aehnlichkeit nie hinaus, sie zwingt uns nirgends Iden-
tität anzunehmen. Es ist aber nicht Aristophanes Art seine Absichten
in allgemeinen Andeutungen auszusprechen. Man vergleiche mit dem
Chor der Vögel den der Wespen , der unter thierischen Attributen die
athenischen Richter darstellL Während das Costüm in beiden Fällen
analog zu denken ist, tritt bei gröster äuszerer Aehnlichkeit die gröste
Verschiedenheit der Rolle hervor. Dort kann von Anfang bis zu Ende
nie ein Zweifel aufkommen , dasz der Chor wirklich Athener darstellt
und die thierische Maske nur gewählt ist, um die charakteristische Be-
sonderheit der Rolle auch äuszerlich zur Erscheinung zu bringen. Er
tritt in Athen auf, er ist auf dem Wege zum Gericht , sein denken und
reden bezieht sich auf Processsachen. In den Vögeln dagegen ist der
Ort« die Rolle des Chors, die Handlung selbst ganz allgemein, ohne di-
recte Verknüpfung mit AÜien und dem athenischen Volke. Wie also
hinter der Maske der Wespen Athener reden und handeln, so erschei-
nen in dem Chor der Vögel wirkliche Vögel, an denen einzelne Eigen-
schaften, die sie mit den Athenern gemein haben, in besonders helles
Licht gesetzt sind.
Ebenso steckt in Epops und Philomela weder historischer noch
speculativer Kern. Wie jener nur der Wiedehopf ist, so diese nur die
Nachtigall, der die bescheidene Rolle zugewiesen ist, einmal in dem
Gebüsch hinter der Scene (209), später vor dem Publicum selbst wäh*
rend des Vortrages der parabatischen Anapaesten die Flöte zu blasen.
Da sie nun als Flötenspielerin auszer dem ^vy%oq die g>OQßiuc trägt,
so ist der Wunsch des Euelpides sie zu küssen freilich nur mit Hilfe
einer komischen Operation nöthig; er musz ihr Schnabel und Binde ab-
nehmen. In gleicher Weise darf man auch in Poseidon, Herakles und
dem Triballer nichts weiter als die Gesandten der entweihten, geschän-
deten, entgötterten Olympier suchen.
Doch nun endlich die Handlung des Stücks« Sollten über sie
800 C. K0di: dte Vögel des AHstoj^haLAes.
nieht midddsteds überraschende Enthulliingen mdglicli seilt? Schwer-
lich. Peisthetaeros und Euelpides, die beide lange genug gelebt haben
um des treibens in Athen fiberdrüssig zu seift, die nieht mehr senti-
mental genug sind, um sich aus bloszem Patriotismus deii Rest ihtes
Lebens zu plagen, verlassen Hals über Kopf (u{Mpolv tcodotv) ihre Hei-
mat, um eine Stadt aufzusuchen, in der es sich behaglich lebe wie in
einem Fiausrock (133). Sie selbst kennen eine solche nicht, wissen
aber dasz den Mangel an eigenem Verdienst (Konnexionen ersetzen, und
wenden sich an ihren Schwager Tereus. Krähe und Dohle müssen
ihnen den Weg zu ihm zeigen. Dieser fuhrt, nachdem er die Bürde
des Menschendaseins abgeworfen hat , in ehrenvoller Zurüdigezogen*
heit ein gemütliches Leben unter dem leichtbeschwingten Volk der Vd-
geL Er hat, veromtltch um den Kummer über seine fruhereahäu&iichen
Verhältnisse los zu werden, weite Land* und Seereisen gemacht (118),
ohne Zweifel wird er also das gelobte Land nachweisen können. Er
empfängt die Athener leutselig und bringt ihnen Orte in Vorschlag, die
seiner Ansicht nach ihren ausschweifenden Wünschen (129 — 134«
137 — 142) genügen sollen. Dies ist jedoch nicht der Fall, und da er
auf Euelpides Anfrage die glücklichen Verhällnisse . des Vogelreichs
schildert, so springt mit einem Schlage, wie Pallas, aus dem Haupte
des Peisthetaeros das siü)lin!iste Project hervor. Wozu weiter ziehn?
Das gesuchte ist gefunden ! Wenn nur die Vögel ihr unstätes Leben
aufgeben und sich in einer Stadt zusammenschaaren ^ so ist ein Eldo*
rado geschaffen, von dem aus die Menschen wie Heupferdchen zu be-
herschen, die GöUer durch melischen Hunger zu bezwingen sind. Eine
feste Luftstadt, in der Mitte zwischen Himmel und Erde gegründet, soll
den Olympiern alle Zufuhr an Opferdanqpf abschneiden und sie so zur
Capitulalion zwingen.
Wir halten hier einen Augenblick. Wie, sagt man, die Auswan*
derer suchen eine Stadt, die ihnen wie ein Schlafrock bequem ^tzt>
und stürzen sich jetzt blindlings in das abenteuerlichste, mühevollste
Unternehmen ? Kann ein Dichter sein Thema so verkehrt begründen T
Der Widerspruch ist da, es fragt sich ob er zu losen ist. Offenbar
erkannte Ar., dasz sich ein Phantomnicht unmittelbar auf den Grund-
lagen der Wirklichkeit erbauen läszt. Er muste die Zuschauer erst ans
dem klaren TagesUchte aihnähfieh in die Dämmerung der Phantasie
einführen, ehe er Vor ihren Augen sein Zauberbild entfalten durfte.
Ein Athener, der in Athen den Plan Cäszte durch eineJestung zwischen
Himmel und Erde die Weltherschafl zu erlangen, wäre geradezu ver^
rückt erschienen; erst nachdem das Vorhandensein eines phantasti-
schen Vogelreiehs ad ocülos demonstriert war, hatte ein solches Un-
ternehmea eine vernünftige Begründung gefunden. Man denke an die
Himmelfahrt des Trygaeoa* Dasz er erst auf einer Leiter in den Him-
mel klimmen will, ist o€enbare VerrücktheiL Erst nach Zuhilfenahme
des phantastischen Kav^agög wagt der Dichter ihn seine Luflreise
wirklich unternehmen zu lassen. Bleibt hiemit ein Theil des Wider«
Spruchs ungelöst, so erklärt sich dieser wie mancher viel gröszere,
C. Kodk: di^ Y5gel de^ Aästo^liaiies. Sfff
aus einer Nel^enalbsfchC des IKcbters. Er hatte es ohne Ziv^eifel mö^H
gemacht Peisthetaeros und Eüelptdps mit einem Vorwand aof die Reise
zu sishicken, der mit ihrer spätem Thätigkeit mehr in Einklang stand;
Er wählte den weniger harmonierenden , um das ruhe^^ and raätlose
treiben des Volks, namentlich die Prpcesssucht, die er' so- oft geiszefH^
beiläufig zu verspotten. *Doch imilier hurtig weiter gehts mit Luft- und
Geisterschrilten.' Nachdem die sublime Idee von dem schöpferischen
Gehirn des Pefethetaeros geboren ist, gilt es deren Verwirklichung, ein
selbst für einen Komoediendiditer schwieriges Werk. Zwar Epops
sckwörl das Vorhaben nach Kräften zu unterstützen, wenn es den Bei*
fall der anderen Vögel finde« Boch auf diesen scheint wenig Aussicht
zu sein. Kaum sind sie auf den Ruf des Epops zu einer Volksversamm*
lung erschienen, zuerst eine kleine Schaar Arirtokratenvögel, dann der
grosze Haufe des Volks, kautn haben sie die beiden Männer erbiickt«
so wetzeri sie im Argwohn es^ seien Vogelsteller Schnabel und Kralle,
steikn sich in Schlachtordnnng und stürmen zum Angrifil Vergebens
sucht sie Epops zu beruhigen, ihr Zorn steigert sich nur: da gelingt es
ihm (876) mit Hilfe einer paradoxen Sophistik (einer Paraphrase auf
das Sprüchwort: auch Feindes Mund frommt) sie in ihrem SturmsdiriU
aufzuhalten. Sie sind bereit zu hören und damit ist die Gefahr ftir
die Athener natürlich beseitigt. Peisthctaeros, den der Humor selbst iil
der Todesgefahr nicht Verlassen hat, begreift, sobald der Streit auf da«
Gebiet der Worte verlegt ist, dasz die Vögel alle Vortheile aus den
Händen gegeben haben, und er, der angegriffene, geht seinerseits ge-
trost Zum Angriff über. Nachdem er sich zum Ueberflusz gegen einen
Flankenangriff gesichert hat (440), wirft er den Feinden ohne einiei«
tendes Geplänkel die ganze Wucht setner schweren Bewaffnung ent-
gegen (4§5). Ihr seid einst Könige gewesen, so ruft er, älter als Kro-
nos und die Erde, und lebt jetzt in schimpfticher Erniedrigung. Habt
ihr vergessen, dasz die Haubenlerche ihren Vater, der starb ehe die
Erde i^ar, in ihrem Haupte begraben muste? (471) Wiszt ihr nicht,
dasz der Hahn vor allen persischen Königen herschte und deshalb noch
heute der persische Vogel heiszt? (481) Zwar er hat auch heute noch
einen Schatten seiner einstigen Würde bewahrt, denn noch heute ruft
sein Commandö alle Menschen zu ihrem Tagewerke. Ihr andern aber,
selbst der Weihe, der einst durch niederfallen verehrt wurde (499),
selbst der Kukkuk (504) , der über Phrygien und Aegypten herschte,
ja auch der Adler (ölO), der als Mitregent einst auf dem Scepter der
Könige sasz, seid gefallen und gesunken. Und doch kann selbst Zeus
sein Regiment nicht ohne den Adler führen (514), doch braucht Athene
die Eule, Apollon den Falken. Und da duldet ihr es , dasz man euch
mit Netzen, Schlingen, Ruthen Tängt, euch verkauft, bratet und mit Sauce
begieszt? Ein Beifallssturm bricht aus, Thränen der Rührung und der
Scham stehen in allen Vogelaugen, einmütig rufen sie: Peislhelaeros
König! König sei Peisthetaeros ! Dein sind wir mit Kind und Nest, nur
sage, wie können wir die verlorene Herschaft wiedergewinnen? (540)
Kleinigkeit, sagt Peislh. Vereinigt euch in einer Sladt, umgebt den
C. Koo|l: die \6f^\ des Aristophanes«
LuRkrek mit hoher Backsleioinaaer und dknn fordert von Zeus sofor*
tige Abdankiui§^. Weigert er sich, so solien ihm und seinen Mitgöttera
die erotischen VergnQgond^reisen nach der Erde gesegnet sein l Auch
bei den Menschen laszt euren Regierungsantritt proclamieren und be»-
fehlt ihnen, erst den Vögeln lu opfern und dann den Göttern ( — ö69).
Mit den Göttern mag es gehn; die Menschen, das macht die Vögel be^
denklich. ^Sie werden uns nimmermehr fiir Gölter halten !' Warum
nicht? Seid ihr nicht geflQgelt wie Hermes^ wie Nike, Eros, Iris, wie
der Donnerkeil des Zeus? Und bleil>en sie wirklich verstockt, so laszt
nur ein Regiment Sperlinge aufmarschieren, das ilmen die Saaten aus*
pickt, laszt nur eine Schwadron Raben anrQcken, die ihren Ochsen
und Schafen die Augen aushackt! Oder wollt ihr sie im guten gewin-
nen, so versprecht ihnen ilire Felder, Gärten und Weinpflanzungen von
Ungeziefer rein zuhalten, ihnen Bergwerke und vergrabene Schatze an-
zuzeigen , den Kaufleuten giackliche und gewinnbringende Fahrt vor>
her zu verkündigen, ihrem Leben vom Alter der Krähe dreihundert Jahre
zuzulegen. Zeigt ihnen, wie viel sie an Geld für Opfer und Tempel
ersparen können, wenn sie eure Gottheit an die Stelle der alten Götter
setzen. Euch genügt ein Baum als Tempel, eine Handvoll Walzen
oder Gerste als Opfer (•— Ö95). Die Ueberredungskunst des Atheners
hat gesiegt. Kein Zweifel mehr. Macht, Glück und Freude lacht dem
Volk der Vögel, also Hand ans Werk gelegt! Petslh. soll das Unter-
nehmen mit seiner Klugheit leiten , die Vögel sind seines Befehls ge-
wärtig. Vor allen Dingen aber musz er und sein Gefährte durch den Ge^
nusz einer Zauberwurzel l)efiedert werden. Dann werden beide von
Epops in dessen Zweigpalaste bewirtet, während der Chor mit der
IfachÜgaJi zurückbleibt und die Parabase eintritt ( — 675).
Die besprochene erste Hälfte der Komoedie ist es, in der die
Aehnlichkeit mit der Einleitung des sicilischen Feldzuges hervortritt.
In beiden Fällen einem phantastischen Unternehmen gegenüber erst
Mislrauen und Widerspruch von Seiten der besonnenen Ueberlegung,
in beiden Fällen Ueberwältlgung desselben durch Aufstachelung des
Ehrgeizes, der Ruhmsucht, der Leichtgläubigkeit, schlieszUch in beiden
Fällen ungemessene Begeisterung, Bereitwilligkeit zu jedem OpOsr,
jeder Anstrengung. Doch hält sich die Aehnlichkeit in dieser Allge-
meinheil, specielle Beziehung verralhen nur wenige Zuge des komi-
schen Projects, und auch bei diesen bleibt die Absicht zweifelhaft. Mit
Beendigung dieses Abschnittes hört die Aehnlichkeit auf. Und zwar
natürlich. Von dem Erfolg des Kriegszuges wüste Ar. bei Abfassung
des Stückes noch nichts, er war also gezwungen sein Unternehmen
selbständig zu Ende zu führen. Er konnte sich nicht mehr an die Ana-
logie der Wirklichkeit halten , sondern aus den aufgestellten Praemissen
allein denSchlusz ziehen. Dieser fällt entschieden positiv aus, denn
Leicht bei einander wohnen die Gedanken,
Doch hart im Räume stoszen sich die Sachen.
Die Parabase hält die angeregte Stimmung der allgemeinen Be-
geisterung und Siegesgewisheit fest, sie anticipiert zum Theil selbst
C. Kock : die Vögel des Aristophanes. SBO
die Folgen des unzweifelhaften gelinjg^ens. Gegen alle Gewohnheit wird
nichts polilisches, keine Angelegenheit des Dichters mit dem Pabltcum
besprochen; der Dichter ist von seiner Idee so erfdllt, dasz er Gegen^
wart and Wirklichkeit ganz auszer Augen setzt. Auch hierin Ue^ ein
Beweis mehr dafür, dasz die Vögel keine directe Einwirkung auf den
augenblicklichen Zustand Athens beabsichtigen, denn wie konnte sonst
Ar. gerade dön Theil der Komoedie nicht zu diesem Zwecke benutzen,
der recht eigentlich dazu eingeftlhrt war? Zunächst wird in den Ana-
paesten die alte Theogonte nmgestoszen und die Berechtigung der Vö-
gel auch mythologisch begründet. Im zweiten Theile der Anapaesten
und der übrigen Parabase sodann wird der Nutzen, den die Menschen
vom Regiment der Vögel haben werden, in ergötzlicher Ausführlich-
keit besprochen; Ganz nat&rlich knüpft sich hieran die Aufforderung;
die Zuschauer sollen sich unter die glückseligen Vögel aufnehmen las-
sen. Mit dem Fortgange der Handlung (801) erscheinen Peisthetaeroist
und Eueipides wieder, in Vögel verwandelt. Sie berathen über den
Namen der Vogelstadt. Wolkenkukkuksheim scheint ihnen* der vor-
züglichste. Eueipides wird dann zum Aufseher über den Mauerbau
gesetzt und erscheint seitdem nicht wieder auf der Bühne (847). Man
hat dies abtreten des Eueipides tiefsinnig zu erklären versucht und
auch hier das einfache übersehen. Die Rolle des Peisthetaeros setzte
von Anfang an einen Eueipides voraus, wie die Ueberredung einen zu
überredenden. Auch war schon des Dialoges wegen neben P. ein Be-
gleiter unentbehrlich. Seitdem aber die Ueberredungskunst ihr Werk
gethan hat und aus dem Redner P. ein thäüger, handelnder Charakter
geworden ist, hat Eueipides keine nothwendige Stelle mehr neben ihm.
Zudem hatte der gesamte Chor der Vögel in seinem blinden Glauben
an die Unfehlbarkeit des P. jetzt selbst die Rolle des Eueipides über-
nommen. Während der Parabase musz man sich die Gri^ndung der
Vogelstadt vollfOhrt denken. Um derselben die heilige Weihe zu ge-
ben, folgt nun in komischer Parodie auf die üblichen Gebetformeln die
feierliche Anrufung der neuen Vogelgottheften, die spaszhaflerweise
zugleich Mitbewohner und Schutzgötter der Stadt sind. Auch das
Gründungsopfer soll dargebracht werden, da (904) erscheinen in hasti-
gem Wettkampf allerlei Windbeutel und Taugenichtse von der Erde,
um in der jungen Stadt eine Heimat zu suchen. Der erste , ein kykli-
scher Dichter, kommt glimpflich davon ; er wird, offenbar aus Rücksicht
auf die Collegialität, mit Mantel und Rock beschenkt wieder heimge-
schickt Schlimmer ergeht es dem Wahrsager (958), dem Mathemati-
ker (993), dem Regierungscommissariu8( 1021) und dem Gesetzschreiber
(1035). Nach mancherlei Verhöhnung, die auf sie nicht den gewünsch-
Jen Eindruck macht, greift Peisthetaeros zu der ultima ratio , der Peit-
sche, und jagt sie mit Schlägen davon. Ohne nothwendigen Zusam-
menhang mit der Handlung selbst haben diese Scenen nur den Zweck,
diesen weitverbreiteten und von Ar. vielverspotteten achtbaren Mitglie-
dern der athenischen Bürgerschaft auch in diesem Stück im vorbei-
gehn des Dichters ergebenstes Compliment zu machen.
4M G« Koek: di« Vdgel des Aristophaaes«
Die zureite Parabase, welche jetzl euittiU (1058X um die Zeit aus-
zufiiUeQ, in welcher der Bau der Mauer vor skh geht, enthält neben
Lobpreisungen auf das giad^selige Vogeldasein em strenges- Ediet ge-
gen die Vogelhändler und die übliche Ermahnung an die Richter, dem
StQcke den Sieg zii verleihen» Kaum ist sie beendet, 90 stürzt in alhem-
loser Hast ein Bote herein, um die glückliche Vollendung des Mauer-
baus zu melden (1133). Der Bau selbst wird in der ergötzlichsten Weise
geschildert» Dem Glücksboten auf dem Fusze folgt ein anderer (1170);
er meldet Gefahr. *£in geflügelter Gott ist in die Stadt eingedrungen/
Allgemeine Aufregung, Bewaffnung, Kampfeslust. Da erscheint der
gefürchlete Gott, es ist Iris, die friedliche Götterbotin; sie soll von Zeus
den Menschen den Befehl bringen» schleunigst eine genügende Portion
Opferdampf hinanfzusendett, denn schon ist auf dem Olymp Hungers-
noth ausgebrochen. Es gilt gleich im ersten Falle der dünkelvolien
Anmaszung der Olympier die Berechtigung der Vogelg6tter entgegen*
zuhatten. Dies ist der Grund, weshalb Pelsthetaeros gegen die schüch-
terne Jungfrau mit allen Mitteln lasciven Spottes und brutaler Drohung
auftritt. Nicht genug, sagt er, dasz sie selbst, wenn sie auch unsterb-
lich sei, durch ihre Frechheit den Tod verdient habe; auch des
Zeus Burg solle gestürmt und eingeäschert werden. Will Iris nicht der
äuszersten Schmach ausgesetzt sein, so musz sie unverrichteter Sache
zurückfUehn (1262). So ist denn das erste S<;harmützel des groszen
Krieges für die Vögel siegreich gewesen; der Schreck der Iris wird
auf die anderen Götter seinen Eindruck nicht verfehlen. Da, ein grösze-
rer Erfolg, kommt der an die Menschen abgesandte Bote zurück (1271)
und meldet in emphatischer Rede den überraschenden Erfolg seiner
Sendung. Alle sterblichen sind begeistert von dem neuen Vogelthum,
im Staats- und PrivaUefoen , in der Poesie zeigen sich die gewaltigen
Wirkungen der Begei»lerung. Ganz Athea grast nach Vogelart auf
der grünen Aue — der Processe and Gesetze, die Bürger sehen in
sich und andern nur noch Vögel und nennen sich mit ihren Namen, in
der gesamten Poesie ein ewiger Flügelschlag. Alles schickt sich zur
Aoswanderung in die Vogelstadt an. Dies ist die Scene, in welcher
die Aehnlichkeit der Athener mit den Vögeln am meisten als eine dem
Dichter bewuste hervortritt. Was der letzle Bote gemeldet, kommt bald
zu sichtbarer Erscheinung. Die verschiedenen Kategorien der Aus^
Wanderer erscheinen In würdigen Rcpraesentanten. Zunächst tritt ein
braver Sohn auf (1337), den nichts mehr an den Gebräuchen der Vo-
gel entzückt hat, als dasz bei einigen von ihnen das Junge den Vater
ungestraft hacken und schlagen darf. Als er aber hört, dasz nach dem
corpus ittvis der Störche die Jungen, wenn sie üiXf;^e geworden sind^
ihren Vater ernähren müssen, wird er bestürzt und beschämt und läset
es sich gern gefallen, dasz er in einen Streithahn verwandelt von
Pelsthetaeros nach Thrakien geschickt wird, um dort im Kampfe mit
den Feinden seine jugendliche Hüze zu kühlen. ' Es folgt der Dithy-
rambendichter Kinesias (1372) : er w^ill aus der Wolkenstadt neue ne-
belschwebelnde Motive der Dichtung holen. Selbst Hohn und Schläge
C. Ko^k : di6 Y%el de'sT Arietoj^iafies. 40t
köhheaäeuieit poetischen.Dranf^ nicht h/ömmeni,^ in Nebelduft und Aeiher-»
gjot die Bichterbrust zu baden.' Ais dritter im Bunde erscheint der
Sykophant (1410).. Um sein vom Groszvater ei^rbtes Geschäft ih ver^
voilkommneler Weise 8U belreibert^ braucht er Flügel. Dann katon er
einen harmlosen fremden auf ferner Insöl schnell vorladen^* vor ihm 4n
Athen eintreffen, ihn contumadiereh lassen und während jener «nf der
Fahrt nach Athen begriffen ist, schon wieder auf der Insel sein und
sein Besitzthum einziehen.. Für solche SchuAe gibt es nur ^inen FMI'
gelschlag, mit der Peitsdie, und PeislhetaeEoa enthält ihm dieseii nicht
vor.
Schwerlich dQrfle jemandem die Admliefakeit entgebn, welche
der letzte Auftritt mit dem cfrschcinen und deir Behandlung des Wahr*
sagers, Gesetzhandlers usw. hat. Bei aller Aehnlichkeit ist er jedoch
keine Wiederholung. Die dort auftretenden Personen kommen auf die
erste* Kunde von der Gründung der Stadt herbei, sie wollen ^ön dieser
Nutzen Üehn, sie bieten ihre Dienste für die Einrichtung derselben an«
Hier dagegen erscheinen Fremdlinge, die sich in der Vogelstadt hie-
deriassen oder an der Yogelnatur Theil haben wollen. Gleich ist in
beiden Fällen nur die Nichtsnutzigkeit deir Ankömmlinge und ihre
schmähliche Abweisung. Wenn iäa Interesse einer ganz strengen An-»
läge des ganzen gegen die Wiederkehr so ähnlicher Situationen Be*
denken möglich sind, so mnsz man doch der edlen Absicht des Dich<
tei-s Rechnung tragen ^ der keine Gelegenheit versäumt, wo er die
Erbfeinde des athenischen Staates mit Erfolg angreifen kculn. Für die
Deutung des Stücks sind diese Scenen insofern- wichüg^, als sie klar
darthun dasZ von einer principieilen Unsitllichkeit im Charakter de«
Peisthetaeros oder der Vögel nicht die Rede sein kann«
Nachdem so alles vorbereitet ist, was die Alisführung des Planes
* erforderte, tritt unter den günstigsten Vorbedeutungen die Katastrophe
selbst ein. Prometheus, sonst Menschenfreund, jetzt Vogeifreund, tritt
unter einem Sonnenschirm auf (1494) , um. von Zeus nicht gesehn zu
werden, und verrälh dem Peisthetaeros, wie verzweifelt die Sachen
auf dem Olymp stehn. Sämtliche Götter halten unfreiwillige Fasten,
die Triballer-Gottheiten drohen den hungrigen Olympiern obenein mit
feindlichem Angriff, wofern diese nicht schleunigst die gesperrten Hau*
delsstraszen öffnen, auf denen sie ihren Proviant von der Erde beziehn.
Eine Gesandtschaft beider Götterclassen ist schon unterwegs, P. soll
sich auf keinen Vertrag einlassen, wofern ihm nicht das Scepter der
Welt und die Bastleia, die als Weib verkörpert* gedacht wird, abgetre-
ten werden. Mit völliger Zuversicht emt^fängt daher P. die Gesandten
selbst, Poseidon, Herakles und den stumpfsinnigen Triballer (1565).
Ihm hegt am Friedensschlusz nichts , bewahre l Während die Götter
hungern , bereitet er sich ja in aller Ruhe leckere Gerichte zu. Zwar
Herakles kommt mit dem festen Entsohlusz den Kerl zu erwürgen; doch
kaum zieht er mit seinen gierigen Nüstern den Bratenduft ein, so
schmilzt sein Zorn ^wie Butter an der Sonne'. Da P. gegen Abtretung
des Scepters Frieden und ein Frühstück in Aussicht stellt, scheint ihm
402 C. Kock: die V5e^el iti Aristophanes.
dies Opfer eine Kleinigkeit, er stiinmi fOx sofortiges FrQhst&ck« Poseidon
freilich besitzt mehr Enthaltsamkeit, aber sein Götterverstand unterliegt
bald der Ueberredungskunst des sehlauen Atheners, und Paragraph 1,
in Betreff des Scepters, wird von Herakles, dem Triballer und dann
atch von ihm angenommen« Der zweite Punkt, wegen Uebergabe der
Basileia, ist bedenklicher, er scheint die Friedensconferenz sprengen
tu wollen. Poseidon fordert seine Pässe, und von Herakles zurückge-
halten macht er auch diesen bedenklich. Natürlich, mit Abtretung der
Herschafl gibt ja Herakles sein eignes Erbe, das ihm nach Zehs Tode
zufallen musz, auf. In dieser Noth musz das solonische Gesetz helfen,
aus dem P. dem Herakles nachweist, dasz er als Bastard nicht erbbe-
rechtigt sei. Sogleich kehrt Herakles der Appetit wieder, er stimmt für
Uebergabe der Basileia, und da auch. das unverständliche Votum des
Triballers als Zustimmung gedeutet wird, ist Poseidon in der Minorität;
er enthält sich der Abstimmung. Herakles bleibt in der Vogelstadt, um
die Zurichtung des Hochzeitschmauses zu beaufsichtigen; Poseidon
und der Triballer führen P. nach dem Olymp, um sich Scepter und Ba*
sileia zu holen. Tm Triumphzuge unter zujauchzen der Vögel kehrt er
als allmächtiger Gebieter mit Donner und Blitz und allen Attributen der
höchsten Gewalt zurück und feiert seine Thronbesteigung und sein Bei-
lager mit Basileia.
So endet die phantastische Komoedie. Reine Dichtung ist es, was
wir vor uns haben, keine Philosophie, keine Geschichte, in seiner Ge-
samtheit selbst keine Polemik. Des ewigen Kampfes gegen Demagogen
und Staatseinrichtungen müde ruht der Dichter einmal im schwelgen-
den Genüsse seines eignen Genius. Heute will er nicht Mängel auf-
decken , nicht Thorheiten rügen , nicht Verbrechen geiszeln — thut er
es dennoch, so geschieht es, weil selbst im höchsten poetischen Rau-
sche seine praktische Energie nicht ganz in Schlummer sinkt — heute '
will er zeigen , dasz die Dichtung mehr vermag als die Wirklichkeit^
dasz der Dichter alles wagen, alles ausführen kann. Ist einmal ein
philosophischer terminus nicht zu entbehren, wol, er läszt sich auch
für die Vögel finden : das Stück bedeutet die absolute Souveränität des
Dichtergeistes. Doch ist dies eine Abstraction , die wir aus der Poesie
entnehmen, die aber von Ar. als solche nicht beabsichtigt ist. Das
Stück verhält sich zur Gegenwart wie der Traum zur Wirklichkeit.
Der Anstosz geht von der Gegenwart aus, das Gesetz der Folgerich-
tigkeit beherscht die Dichtung wie die Wirklichkeit. Der Inhalt selbst
ist rein phantastisch, and in dem Aether der Phantasie schwimmen
wirkliche Thatsachen in gelöstem , nicht in freiem Zustande. Bildend
eingewirkt haben auf die Entstehung des ganzen namentlich die zwei
Hauplbegebenheiten des Jahres, der Zug nach Sicilien und der Her-
menf)revel. Die Tendenz des Stückes enthält die Elemente des letzte-
ren in phantastischer Vergröszerung, die Anlage und erste Ausführung
des Planes entspricht dem ersteren.
Anclam. Carl Kock.
Zur Kritik
Plutarchs Tischgesprächen.
Von
Richard Franke.
406 R. Franke: zur Kritik von Plutarchs Tischg^esprächen.
aber erklärt sich die Corruptel der Stelle, wenn wir als plutarchische
Lesart annehmen : twv ovv lyyiaxu xijtfov 6 (ikv v% avtov %xL
Nachdem ovv tyyiota in Cvvfyyiatu verdorben war , schob man zur
Verbindung der beiden Sätze das unpassende yci(f und dies noch dazu
an falscher Steile ein.
In demselben Buch 4, 2 (p. 6S0 C) ist in den Worten o iihf ovv
Heginl^ , • jtQmtog fQr letzteres Wort offenbar jtqatov herzu-
stellen* Nicht als der erste pflegte er, so oft er zum Feldherrn gewählt
war, sich jene Worte zuzurufen, sondern es war dies das erste was
er that.
Das 6e Gespräch desselben Buchs handelt über Alezanders Un-
mäs^igkeit im trinken* Von Alexander kommt im 3n Cap« das Ge-
spräch auf Mithridaf es Trinkgelage, was zugleich Gelegenheit gibt über
dessen Beinamen Dionysos zu sprechen. Nach dieser Abschweifung
kehrt das Gespräch wieder zu dem ersten Hiema zurück mit den Wor-
ten ^.$24B): & twitovneQi xmv 9tolv moyewif ^v 6 XSyosy gerade als
ob jetzt zum erstenmal die Unterhaltung auf die Unmäszigkeit im trin-
ken komme. Es leuchtet ein daaz vor %sqI ein €tv^tg oder eki ähnliches
Wort ausgefallen sein musz. In demselben 3n Cap. p. 634 C ist vor
dem Worte ieixBqoi der Artikel ausgefallen. Die d&its^ sind eben
die zum a(ftaxov eingeladenen; ebenso gut wie gleich darauf folgt
ot xqIxoi 9tal xkaqftoi^ ist auch ot devxtgoi zu lesen. Auch II 1, 7 (p*
$S2 F) ist in den Worten %al xov ieiitv^ovx« %xL der Artikel ausge-
fallen. Denn dasz nicht der in den vorhergehenden Worten erwähnte
Lakoner das Subject auch zu diesen Worten ist, ist klar; eine neue
Person aber war mit aal o xov ieidvC^vta nxh einzuführen, wie rkh-
1 ig gleich darauf %al o Xtywv folgt.
Im 13n Gap. derselben quaestio werden die lückenhaften Worte
tl {fLOvotKfi (1* qw^tniii) 4 9K^ff xa ipiXoiSxoQyla (p. 634 F) besser durch
'Einschiebung von xinvet nach tii als durch Einschiebung von ixyov«
ergänzt. In dieser Fassung nemlich hat dieselben Worte als Worte
des Zenon der von Fähse (animadv. in Plut. opera p. 50) citierte Dioge-
nes Laertios VII p. 511.
ni 2, 1 (p. 648 B) sind die Worte nXiiv o xe fttrtog xvl. offenbar
Verderbt, es kommt im folgenden kein zweites dem x$ entsprechendes
^lied. Wie p. 667 F (uiltifxa xi von Xylander richtig in ^Xi4ti ys
verändert worden ist, so ist auch hier für xe herzustellen fe*
Ebd. aber p. 648 D ist eine gröszere Corruptel in dem plutarchi-
schen Text. In dem vorigen Gespräch war über die Sitte verhandelt
worden bei Tisch Blumenkränze aufzusetzen, undTryphon hatte da un-
ter anderem die Nützlichkeit der Epheukränze bei Trinkgelagen da-
durch zu erweisen gesucht, dasz er der kalten Natur des Epheu einen
niederschlagenden Einflusz auf die Hitze des Weins zuschrieb. Diese
Behauptung bekämpft jetzt Ammonios,^er den Epheu vielmehr als eins
der von Natur heiszesten Gewächse hinstellen möchte. Zum Beweis
dient ihm die Angabe des Theophrast, dasz, als Alexander griechische
Gewächse in Babylon anzupflanzen befohlen habe, in diesen heiszen
R. Franke : zur Kritik von Plularchs Tischgesprächen. 407
Gebenden trotz aller Mühe allein der Epheu nicht fortgekommen sei.
Offenbar sei der Grund der, dasz der Epheu, selbst heisz, die hei»2e
Gegend nicht halie vertragen können. Denn eine allzu grosze Häufung
von Wärme wie von Kälte sei verderblich , vielmehr strebe stets das
kalte na<?b einer Hinzumischuug von Wärme und umgekehrt das warme,
o^ev, fährt Plutarch fort, ot oi^Bivol xai Tcvwfjuxxcideig Kcil vupofuvoi
%inoi> ra daömdti Kai 7Ci6<Sot^g>cs täv 9>vrcalv, (icchata Tcevuag xal
6t(^ßllovs ing>iifOv<Siv, ävsv dhrovxmv . , tu öva^iya %ai ^x^«
KpvXhiQqoti fUTiifottjfti tov ^f^ftov nal ap&svsla avifcelloiiivav %al nQO-
isütavtog TO g>vr6v xrl/Was aviv 6i tommv hier sein soll, ist schwer
einzusehn. Nach dem ganzen Zusammenhang erwartet man vielmehr
ein iv di votg avxotg roicoig oder so etwas : kalte Gegenden erzeugen
daher vorzuglich heisze Pflanzen, während ebenda von Natur schon
kalte Pflanzen zu Grunde gehen , da ihnen so alle Wärme entzogen
wird. Die Worte avsv de tovr^v erklären sich daher wol kaum an-
ders als durch Annahme einer Lücke vor denselben, deren Inhalt etwa
folgender gewesen sein mag: totg 6h ^XQotg t6v (pvx^v ^Siffimv öh
xontov. So erst schlieszt sich avev 61 xovxiov (nemlich: ohne eine
warme Gegend) passend an.
In demselben Buch 8, 2 lesen wir die Worte (p. 656 D): inixQi
yaq li^oov ov TtQOSiaiv* ixetvot 6i xo (Svve^ccuaQxdvov ixovxeg ov reo
fiaXXov iXofifSxBXvy aXXa x^ [laXXoy laxvei,v iXiyxovxai. Zuerst von
letzteren Worten. Das Gespräch handelt von der Trunkenheit, warum
ganz trunkene Personen weniger auszer sich seien als halbtrunkcne.
Plutarch zieht zur Erklärung dieser Erscheinung den Zustand des Kör-
pers bei beiden hinzu. Bei halbtrunket^ sei die Besinnung allein
getrübt; der Körper, noch nicht vom Wein Qberwälligt, sei noch im
Stande dem Antrieb des Geistes zu gehorchen ; sei aber aueh er erst
ganz überwältigt, so könne er nun dem Antrieb der Seele nicht mehr
folgen. Es folgen die Wort^ inetvo^ %xL Jene, die halbtrunkenen,
also sollen durch jene Erscheinung nicht einen höheren Grad voo
Unvernunft, sondern blosz eine noch gröszere Kraft des Körpers zei-
gen« Aber was heiszt xo avv$^a(ia(fxavov Sx^vxegl Wie darin ^illi
corpus peccala animl adiuvans habentes' liegen soll , weisz ich nicht ;
ein solcher demonstrativer Gebrauch des x6 für xovxo (x6 (SmfMc) dürfte
kaum nachzuweisen sein* Vielmehr ist zu schreiben iiuivoi 6' avxo
(sc. xo (fmiiä) 6vveiicc(iaQxavov l^ovre^. Doch auch (lixQ^ yoiQ iQyiov
ov jtQOSusiv kann nicht richtig sein« ^Denn in diesem Zustand ist er
zu jeder Handlung unfähig' (Kaltwasser) können die Worte nicht be-
deuten, sie können blos heiszen /nam usque ad facta non progreditur',
denn bis zu thatsächlichen Aeuszerungen bringt er, der Körper, es
nicht mehr. So aber enthalten die Worte vielmehr ein neues Moment in
der Hypothese Plutarchs als eine Begründung der vorhergehenden
Worte, und es ist für yaQ zu lesen yovv: der Körper eines ganz trun-
kenen folgt der Seele nicht mehr, wenigstens (wenn er etwa auch
noch auf die Befehle der Seele achten sollte) bringt er es doch nich
mehr zu thalsächlichen Aeuszerungen.
Jahrb. f. class. Philol. Sappl. N. F. Bd. I Hft. 4. 28
406 R. Franke: zur Kritik von Plotarchs Tischgesprächen.
In dem folgenden Gespräch sind bis jeUl noch mehrere gramma-
tische Fehler m ^en Ausgaben stehen geblieben. Dasselbe handelt über
die Mischungsverhältnisse beim Weintrioken, Ober den bekannten Vers
jj niyrt nlmi^ ij xqC i| fii} xlcöaqn^ dessen VorschriA ein gewisser
Arislon scherzhaft mit der Lehre der Musiker vergleicht, wenn sie zwi-
schen Quinte, Octave und Quarte unterscheiden und letztere als den
öbelkUngendsten Accord hinstellen. Wie die Schwingungszahl der
Töne in der Quinte im Verhältnis von 2 : 3 steht , so enthält das Mi-
schungsverhältnis zu 6 Theilen 3 Theile Weins und 3 Theile Wassers ;
wie die Octave das Verhältnis 1 : 3 hat, so enthält das zweite Mi-
schungsverhältnis 1 Theil Weins und 2 Theile Wassers ; bei der Quarte
freilich passt das Verhältnis der Töne (3 : 4) nicht mehr zu dem Ver-
gleich, hier niusz also rein äuszerlich der Name des Accords (ij dta
teaaaffav Cviuptavlay herhallen, indem die letzte Mischung des Weins
zusammen 4 Theile (3 Wasser 1 Wein) enthält. Wir lesen hier p. 657
C xiöcaf^ 6* ilg tva xqimv v9axog hn%Bo\Uv(av und ebenso kurz dar-
auf ^ ffth' ivtlv n^ ipa. Es fragt sich, was für ein Substaiitlvum zu
tva zu ergänzen sei. Man könnte fiva^iyv ergänzen wollen, doch
braucht man nur die Worte ^ itivxs lävsiv ^r^/a^ fkii xiccaqa und
das p. 657 B siehende ^ di ivuv itqbg xgia iiovaixtoxaxrj zu verglei-
chen, um zu sehen dasz vielmehr hier wie dort fiiQog das zu suppiie-
rende Substantiv und üva in iv zu verändern ist. Dasselbe gilt dem-
nach auch von Wyllenbachs sonst wol richtiger Emendation der Worte
p. 657 C nQOöiuywiiivmv Sveiv: es ist dafiir zu lesen nQog f v fuyw-
liivmv dviiv.
Im folgenden 4n Bu^^l , 2 zu Ende glaubt Wyttenbach die da-
selbst angenommene Lü&e mit dem einzigen Worte rniäg ausfüllen zu
können. Die Worte sind folgende : at yag ixxQOTtal xccl fuxaßoXal x^g
itg vytUtv ev^itag inßiäiovct (1. i%ßißalov6i), von Wyttenbach über-
setzt: *ubi mutationes et diverticula de recta ad sanitatem via delru-
dunt'. Dasz wir mit einem so einfachen Supplement nicht auskommen,
wird eine nähere Betrachtung der Stelle zeigen. Das Gespräch behan-
delt die Frage, ob eine manigfallige und zusammengesetzte Speise oder
eine einfache leichler zu verdauen sei. Letzteres behauptet Philinos,
indem er die Manigfalligkeit der Speisen als in jeder Beziehung der
Gesundheil nachtheilig hinzusteilen sucht. Ueberall , bei den Genüssen
für das Auge, för das Ohr, für den Geruch sei das einfache das natur-
gemäsze, ein aus vielem gemischter Genusz aber zu verwerfen. Aber,
schlieszt er, eher glaube ich könnte man noch einem Musiker es hin-
gehen lassen uns solche Musik anzupreisen oder einem Salbmeister,
eine solche Salbe uns zu empfehlen, als einem Arzt, dasz er solche
Speisen anrathe : at yag ixTQonal %xi. Die Worte haben nur dann
einen Sinn , wenn man inxQonal und (lExaßoXal ganz speciell als Aus-
schweifungen in der Bereitung der Speisen im Gegensalz zu den Aus-
schweifungen dieser Art in anderen Genüssen fassen könnte. Dasz
das aber diese Worle so schlechthin nicht bedeuten können ist klar,
und wenn die lateinische Ueberselzung erklärt: *ubi mutationes* etc..
R. Franke: 2ur Kritik von Plutarchd Tischgesprächen, 409
so ist. dies *ubi' eben rein erschlichen» Vielmehr müssen wir woi zu
iitv(f<mixt und (Utaßolai noch den Genetiv t^g slg vyilav sv^slag be»
ziehen, in dem Sinn: die Abschweifungen von dem Weg der Gesund-
heit, wie sie ro nuvtodcaiov %al noixllov vr}g tQogj^g (]^. 661 F) mit
sich bringt. Dann fehlt aber nothwendig zu htßißi^oviSi noch eine nä-
here Bestimmung, etwa : Ixßißa^ovai [nokv (isl^ovog ^(läg aya^av r} ^
ti JtolvXOQ^ici xttl iiVQaXoupla wxl navca ra totavva]. .
Dasselbe Gespräch enlhält noch andere offenbar corrupte Stellen,
von denen ich noch zwei hier herausnehmen will. Zunächst können
die Worte, die wir im nächsten Gap. p. 663 A lesen: italxo diaiQatv t^v
xqofprpf unmöglich richtig sein. Markion übernimmt gegen Philinos die
Verlheidigung der angegriffenen Speisen. Hatte . sich dieser unter an-
derem auch auf die Diät der kranken, denen blosz eine einfache Speise
zuträglich sei, berufen, so entgegnet Markion nun, dasz doch auch Ar-
beit und herumtummeln in den Gymnasien gewis jeder als der Ver-
dauung zuträglich anerkenne, und doch sei beides für kranke ganz
unpassend. Neben novog und yviivdaia aber ist hier als drittes ange-
führt TO ötatgav. t^v r(fogyrjv. Dies kann nichts weiter sein als das
zertheilen der genossenen Speisen bei der Verdauung.. Dies passt aber
nicht recht hierher, wo von einzelnen im allgemeinen den Verdauungs-
process befördernden Mitteln, die aber doch dem kranken nicht zu-
träglich seien, die Rede ist. Dasz das Siaigetv t^ XQoqyfjfv^ worin ja
der ganze Verdauungsprocess besteht, der Verdauung zuträglich ist,
versteht sich von selbst, und ebenso wenig läszt sich sagen dasz dies
dem kranken nichts nütze. Vielmehr sind jene Mittel wegen der
durch sie erfolgenden Zertheilung der Speisen ewteittcc, ohne doch auch
zugleich dem kranken zuträglich zu sein; es* ist also zu lesen: dia ro
dtetiQSiv rrfv Tf o^^v.
Die zweite Stelle findet sich p. 663 F. Ich setze sie her, wie sie
lückenhaft in den Hss. überliefert ist : i%etvo di 7C(og viiag AiAi^c tovg
neQl SXaiucl nviiivovj oti ro iiiv ytoixllov itSviy xo dh i^diov
£vo *^: teQOv äv f^v vn;€^ *« «v ag>il'gg. Daraus hat man seit
Stephanus nach Amiotus und Turnebus gemacht: ort to filv Ttoixikov
i]6i6v iiSUy vo dh i^diov evoQ£xt6tS(^Vy Sv tnv vTtBfßol^ (richtiger
wol mit Turnebus nach den Spuren der Hss. xtiv wtsQßoXfiv xori Ttokv-
qmylav) iq>ilyg. Im ganzen ist diese Emendation vortrefflich, ganz
verfehlt aber ist das evo^exrore^v. Markion wiederholt hier noch ein-
mal seinen Hauptgrund gegen Philinos Argumente, den schon p. 663 D
ausgesprochenen, dasz zur Gesundheit nicht gehöre dasz man die Lust
fliehe, dasz im Gegentheil dem Körper viel zuträglicher sei, was er mit
Lust aufnehme , nur dürfe uns die Lust nicht zum Uebermasz im Ge-
nusz fortrelszen. Aber was sagt er nach der jetzigen Lesart? ^es ent-
geht euch, dasz die manigfache und zusammengesetzte Speise ange-
nehmer für den Körper ist , dasz das angenehmere aber auch mehr
Appetit erweckt', als ob Philinos daran gezweifelt und nicht viel-
mehr gerade deshalb und wegen des dadurch leicht herbeigeführten
Uebermaszes diese Art der Speisen verworfen habe. Ja es folgen die
28*
410 R. Franke: zur Kritik von Plotarchs Tischgesprächen. e
Worte Sp tfi¥ imifßölil¥ wpHjfg, die in dieser VerlMndang^ geradezu
shfinlos sind. Denn was hat mit dem durch eine Speise erweckten Ap-
petit das Uebermasz im Oenusz derselben zu thun? Dasz eine schon
im Uebermasz genossene ^eise keinen Appetit mehr erweckt, versteht /
sich doch von selbst. Offenbar ist für iifOQi%tove(fOv vielmehr «vise-
MTOVSQOV zu lesen; dasz das angenehmere, indem es der Körper
mit mehr Lust in sich aufglimmt, auch der Verdauung zuträgli-
cher ist, zuträglicher wenigstens, wenn man sich nur vor dem lieber- !
masz häte, das ist es was Markion sagen will. Auch Turnebus schon '
scheint dies gemerkt zu haben, wenn er liest cvo^xrors^v xal «9»-
TPforeffOVj worin wol ein iWKnToriffov stecken mag. Und will man
genau den Spuren der Hss. folgen, so iie^ze sich wol auch diese Les- '
arl verthoidigcn: es entgeht euch, wftrde dann Markien sagen, dasz :
das manigfaltige angenehmer, das angenehmere aber mehr Appetit er- '
weckend und folglich auch leichter zu verdauen ist als das unan- *i
genehme, wenn man nur vor Uebermaz sich hütet !
In demselben Buch stehen bei der Beschreibung des euboeischen .
Bades Aedepsos im In €ap. des 4n Gesprächs (p. €67 C) Tolgende
Worte: iiaXiOta il av^ito %»gtov anfiaiovvoQ laifog* noiXol yaf
iq>t%vovvrai t^v «S^urv «vro&i koI övwnfalag ftotovvtai TnL^ •
in der lat. Uebersetzung wiedergegeben durch *multi enim tunc eo
conveniunt*. Und doch sollte ich meinen, dasz weder der Accusativ <^|
Tifv ä^av noch das Adverbium aito^t so bei atpMvua^cti stehen
könnte, beides blosz erklärlich bei einem Verbum wie etwa iun^ßHv.
Es scheint hinter avro^i ein Participiam, etwa dior^ipows^, ausge-
fallen zu sein.
Mit mehr Sicherheit läszt sich der Anfang des 3n Cap. des ön
Gesprächs herstellen , wo wir p. 670 E in den Hss. lesen : ikli tov
filv kayü90v ^ * vai iw riiv nQog tov iiivov int airmv fAV ^ * &ga ^-
ifiov ifiL^SQi^atov. Es ist die Rede von der jüdischen Sitte kein
Sehweinefleisch zu essen; ob dies aas Verehrung des Thiers oder aus «
Abscheu und Ekel vor ihm geschehe. Kallistratos hat im vorigen Cap.
versucht die Sitte auf eine Verehrung des Schweins bei den Juden zu-
rückzuführen. Wie die Judeiv den Esel, schlosz er, der ihnen eine.
Quelle gezeigt hätte, verehrten (vgl. Tac. Bist. V 4), so möchten sie ^
wol auch das Schwein verehren als Lehrer des säens und pflügena,
nicht aus Ekel desselben sich enthalten , man müste denn behaupten
wollen, dasz sie auch des Hasen sich deshalb enthielten, weil er ihnen
als unreines Thier gelte. Ihm entgegnet jetzt Lamprias mit deii oben
angefahrten Worten« die seit Wyttenbach nach Scaligers Conjectur so
gelesen werden: aXXa rov (ihf Xaynov im^ovcui dicr Ti^y nqog xw *
ovev, in uitmv ^v^wi^hna fuiXiarcc ^güovy ifitpi^utv (rov ovov
hatte schon Stephanus angeblich *e veteribus codicibus' für tov (livov
geschrieben). Wie das zu den Worten des Kaliislralos kurz vorher : ]
xtfi 1009$ txH Xoyov^ mg tov ovov 6h ( I. öij) ivcup^vavxu TCtjfyi^v avtoS^ t
viavog ri(iciciv^ ovxag xal t^v vv aißed^cti passt, wie im Wider-
spruch damit hier auf einmal der Esel als ein von ihnen verabscheu-
R. Franke: zur Kriük von Plutarchs Tischgesprächen. 411
tes Thier bezeichnet werden kann — denn nichts weiter heiszl doch
ft,vtsa%^ivtf)c, ebenso wieReiskes iitdoviievov (idkKSta ^riqiov — , ist
inic unverständlich. Auch hier musz vielmehr nothwendig der Eset
als ein %iii(6(Uvov vn avx&v ^qIov bezeichnet sein und nach den
Spuren der Hss., deren Lesart rov ^Uv^w man nickt so ohne weiteres
liätle übersehen sollen, lese ich: itii xiffi/ n(fbg rov [ovovy Ti(Aii^vov
iic ofirmv iJtd[Xi]0ra ^ti^lmv, ifixpigBiav,
Ganz rälhselhaft sind in dem prooemiam des 5n Buchs die Worte
{p. 673 B)^i(S$ig ovofidxmv iv i^i^iKng vycoavfißoka. Es ist von
den geistigen Unterhaltungen die Rede, denen selbst ungebildete Leute
nach der Mahlzeit sich hinzugeben pflegten, indem sie sich eclvfyfutva
Kai yQtq)Ovg und jene ^iaug ovofAvtiav vorlegten. Man hat dieselben
erklärt durch die sog. Ia6^g>a : ein Wort wird gegeben und aufgege-
ben ein anderes zu finden , dessen Buchslaben ihrem Zahlwerlh nach
zusammengerechnet eine gleiche Summe geben wie die Buchstaben
des ersten Worts. Für xmo^viißoktc dann liest Reiske xal akka vtco-
iSviißoktt, Wyllenbach vermutet nal av(ißoka, Ersteres (wtoav(ißoka)
ist gar kein Wort, letzteres (öviißokä) hier doch bei der Aufzählung
einer Reihe ganz bestimmter Spiele ein viel zu allgemeines Wort:
Kennzeichen, Merkmale. Mit Sicherheit wird sich die Stelle wol kaum
herstellen lassen , doch vermute ich dasz zu lesen ist : &i<Seig ovofid^
xmv iv aQid'iiotg i^ V7tb av(iß6kov. Die ^i^eig ovofidnov ip cr^^-
fi4>tg wurden dann zu erklären sein nicht von der Auffindung eines
leoi^ff^ov zu einem bestimmten gegebenen Worte, sondern, was ja die
Worte ebenso gut bedeuten können, von dem geben eines Namens
durch Zahlen, d. h. blosz eine bestimmte Zahl wird aufgestellt und auf-
gegeben dazu einen Namen zu finden, dessen Buchstaben den Zahl-
werth der gegebenen Zahl haben. Daneben stände als zweite Art die-
ses Spiels dann das finden eines Namens durch irgend ein anderes
für denselben angegebenes Merkmal.
Mit völliger Sicherheit läszt sich der plutarchische Text an einer
anderen Stelle jetzt herstellen, die bisher wegen ungenügender Be-
kanntschaft mit der Ueberlieferung zu den manigfachslen Conjecturen
Veranlassung gegeben haU Ich meine die Worte zu Ende des 2n Cap.
des 3(1 Gesprächs dieses Buchs <p. 676 E). Man las hier nach der bis-
her bekannten handschriftlichen Ueberlieferung iq tcnkaj eljtsvj ovk
aviyvanf (die Hss. ivtyvwi) r^v ^xvvy ag ov% iiül^Tnov ovdh viov^
akka naxi^iov %al nakaiov 81 driinia tmv ^Id^fUaiv öafivuvihnBg, ixl-
vffiBv ouv viovg^ mg av nokviia^^g avtiQ fud nokvyqafAfuctog, Das
Gespräch handelt davon, weshalb man wol die Fichte als Siegeskranz
bei den Isthmien gewählt habe. Da die isthmischen Spiele von Posei-
don zu Ehren des dem Dionysos verwandten Melikerles eingesetzt
sein sollten, so sucht man alle möglichen Beziehungen der Fichte zu
Poseidon wie zu Dionysos nachzuweisen. Dagegen nun tritt Cap. 2
ein sehr gelehrter und belesener Rhetor auf und zeigt, wie gar nicht
die Fichte, sondern der Eppich ursprünglich den Siegeskranz bei die-
sen fielen hergegeben habe, wie die Fichte erst spät an die Stelle
412 R« Franke : zur Kritik von Pkilarchs Tischg^esprächen.
des Eppichs getreten sei, wie also alle jene nachgewiesenen Beziehun-
gen hier gar nicht in Betracht kommen könnten. Es folgen zum
Schlusz jene Worte, die so wie sie dastehen keinen Sinn geben.
Reiske conjicierte daher, indem er nach bIjuv den Namen eines neuen
Sprechers ausgefallen sein liesz: eltay ilntv^^^ ovx aviyvng rovg
Tip' nltwt — xal 'nalatO¥ CtifAfia xmv ^iS^filmv <S6(Avvvovtccg; itUvti-
0iv ovv toig viovg mg »rl. Der Artikel bei viovg ist allerdings nö-
thig, aber die Emendation der vorhergehenden Worte gibt nicht einmal
den hier passenden Sinn. Der ytoXvfAu^iig %al jtolvy^ifAiitt^
tog ivi^Qj der auf die Jugend zwar Eindruck macht, den Lukanios
jedoch (Cap. 3) mit all seiner Gelehrsamkeit nicht zu tauschen, ver-
mag, ist offenbar eben jener gelehrte und belesene Rhetor, nicht der
neue Sprecher, den Reiske einschiebt. Auf jenen Rhetor also müssen
nolhwendig auch die Worte sich beziehen, die dem iütvffliv unmittel-
bar vorangehen. Und insofern ist Wyttenbachs Emendation. nicht un-
passend, wenn er mit Weglassung des ij liest : tavxa ebcdv, ov% avu^
yvovg X9vg t^v nlxvv tag ovx ' — xal Ttalaiov 6h aximut zw ^lö&^Uav
CifAvvvavtug , ix/vi^as rov^ viovg %xL Doch dieselbe weicht zu sehr
von den Spuren der Hss. ab. Eine andere handschriftliche Lesart gibt
uns jetzt Dübner in seiner Ausgabe , bei dem die Stelle ganz corrupt
sich in folgender Weise findet: ^ xcma^ sIjccv^ ov» iviyvm %a-
xivfAal COi Xf^v nlxw — CBiivvvovxeg. Mit Veränderung eines ein-
zigen Buchstabens ist danach zu lesen: { ravra, slitiv^ ovx iveyvm-
xaxt ifUig ot xifv nlxvv mg — d2 axi(iiitx xäv la^fiimv atuvvvovxeg )
inlvrfiiv ovv xovg viovg xtI.
Im 5n Gespräch dieses Buchs Cap. 2 (p. 679 D) stehen die Worte :
btitfiditot ih x^ [ikv ^ysfiovi dsmvl^ovxi CvvdunvBlv oft' oQxovxsg^
luv iöi 9/iLo», nuA ot itffmxot xtjg noXstog. Das Gespräch bespricht
die Unsitte allzu viele zum Mahle einzuladen. Plutarchs Groszvater
Lamprias schlägt als Mittel gegen solche allzu zahlreich besuchte Sym-
posien vor, dasz man nicht, wie es wol geschehe, nur ganz selten
Symposien geben solle , wo man dann freilich niemand von dem gan-
zen Kreis der Bekannten ausschlieszen könne, sondern man solle recht
häufig einladen und dann jedesmal nur wenige. Offenbar will er also
nicht dasz der Gastgeber überhaupt in seinen Einladungen auf einen
Theil der Bekannten sich beschränken solle, sondern er soll alle ein-
laden, aber nur nach und nach, nicht alle auf einmal. Wenn er daher
weiter fortfährt: nom ii xiva xov nolXov xmv fplXtav nlrfiovg diax^«>
tfiv x«l xf^ alxlag 8tf(vs»f^ indoytafiog (p. 679 C), so kann sich
dies nur beziehen auf die Auswahl der Freunde für jedes einzelne
Symposion, wie man da bestimmen solle, wer heule einzuladen sei,
wer morgen, nicht überhaupt auf die Beschränkung auf eine bestimmte
Anzahl von Freunden bei allen Einladungen. Und nun kommt als Bei-
spiel : r^ iilv fiyeiiovi öemvl^ovxt xrl. Könnte man das übersetzen, wie
es Kaltwasser thut: *wer zum Beispiel einen Groszen tractiert, Ihul
am besten , wenn er die obrigkeitlichen Personen und andere angese-
hene Männer der Stadt , die seine Freunde sind y mit dazu nimml% so
. R. Franke: zur Kritik von Plutatchs Tischgesprächen. 413
-passten die Worte vollkommeii, aber iunvl^eiv mit dem Dativ im Sirni
. von ^jemanden bewirten' ist ungriechisch. Vielmehr heiszen die Worte
nichts als wie die lat. Uebersetzung sie wiedergibt: ^idoneos voce
.principi convivium praebenli eos', passend nenne ich für einen Gro-
szen, der ein Gastmahl gibt, die usw. Gleich das erste Beispiel ist aber
ein solches, was gar nicht in diesen Zusammenhang passt; denn es
sagt uns nicht etwa, wen ein Groszer bei dieser, wen bei jener Gele-
genheit einladen solle, sondern wer überhaupt — offenbar also bei
allen Symposien die er gibt — geeignet sei bei ihm zu speisen.\ Dazu
kommt die in dieser Verbindung geradezu lächerliche Vorschrift , die
die Worte iav £isi g>£koi enthalten. Der Rath brauchte doch einem
Groszen nicht erst gegeben zu werden, dasz er, wenn er einlade, die
einlade die ihm Heb wären. Beachten wir dies alles, .so erhellt dasz
* (ur fiysfAOVi herzustellen ist tiyefAOvay in dem Sinn wie Kaltwassers
. Uebersetzung ihn gibt. So passt das Beispiel in die Reihe der übrigen,
es gibt jetzt die Vorschrift für die Auswahl der Gäste bei einem durch
eine bestimmte Veranlassung — die Bewirtung eines Groszen —
^ hervorgerufenen Mahle ; so passt auch das iav (oai q>lloi^ eine für man-
' chen vielleicht, nicht so ganz unnöthige Mahnung darauf zu sehen,
ob die geladenen Gäste für den bewirteten Groszen auch personae
gratae seien.
In demselben Buch 7, 1 stehen p. 680 C die Worte: oktaq 6iy
elnevj o ^ritav iv inidxfji xo evlayov^ i% navroiv ivaiget ti &av(ita^
Ciov. Der Zusammenhang zeigt, dasz diese Worte so nicht richtig sein
' kennen. Ueber das sogenannte beschreien wird gesprochen. Die
meisten lachen darüber und erklären die Sache für einen Aberglauben ;
der Wirt Metrius Florus aber meint, dasz man doch bei der Menge
von eonslalierten Fällen dieser Art unrecht thue so schlechthin die
Sache abzuleugnen , zumal da ja bei unzähligen anderen Erscheinun-
gen der Grund derselben ebenso unbegreiflich sei und doch ihre Exis-
' tenz unzweifelhaft feststehe. Es folgen die oben angeführten Worte,
eine hier, wo es darauf ankommt zu zeigen, dasz man unrecht thue
jedes wunderbare und scheinbar unbegreifliche auch gleich abzuleug-
nen , ziemlich müszige Bemerkung. Denn das kann auch der Gegner
dem Florus immerhin zugeben, dasz man durch ein solches Verfahren
' alles wunderbare aus der NaUir geradezu entfernt; dadurch ist noch
nicht bewiesen, dasz ein so^hes Verfahren nun auch ein unberechtig-
tes sei. Es kommt hinzu der folgende mit yiq eingeleitete Satz, in dem
wir also eine Begründung der hier ausgesprochenen Worte erwarten
sollten. Er lautet oko* yuQ 6 t% ahlag iTtilslmi koyog, iiist&iv &Qxe^
vai tä aitOQBtv^ to^vian xo g>iXo<Soq)eiv. Was ist das aber für ein Ge-
dänkenzuj8amme«üang: *wer blosz glaubt, was er mit seinem Versland
fassen kann, h^^bt alle Wunder auf : denn wo die Erklärung einer Er-
scheinung i«is fehlt, da musz vielmehr das zweifeln d. i. das philo-
sophieren stnfangen, da musz man vielmehr, anstatt. die Sache schlecht-
hin abzi*««gnen, anfangen nach dem Grund derselben sich umzusehn' ?
Oifenwur erklären diese Worte nicht, weshalb einer so alles wunder*
414 R. Franke: zur Kritik von PluUrohs Tischgesprächen.
bare aus der Natnr entfernt, sondern weshalb man nicht berech-
tigt ist alles wunderbare zu bezweifeln, weshalb man unrecht thut
so zu handeln. Unrecht daran thut man eben deshalb, weil eine Sache
die unbegreiflich scheint deshalb noch nicht unbegreiflich zu sein
braucht, weil es vielmehr nun die Sache der Philosophie ist, den ver-
borgenen Grund derselben aufousuchen. Die Worte scheinen also so
wie sie ftberliefert sind nicht von Plularch herzurühren, und es darfle,
will man nicht ein gröszeres Verderbnis annehmen, wol das olag aus
aXoymg entstanden sein. Erst so wird alles klar : ^mitUnrecht'
sagt er jetzt ^entfernt der, der alles unbegreiflich scheinende bezweifelt,
das wunderbare aus der Natur: denn das scheinbar unbegreifliche der
Sache sollte ihn vieünehr zu näherer Untersuchung darüber veranlassen.
Ebd. Cap. 5 g. E. (p. 682 F) passen die Worte Tothro dh ylvB-
rsri fnälXov ano tmv n(fog vdaai¥ tj xusw alXotq ic6nt(fotg vfptCxu-
fUvwv fwfutT€9v nicht in den Zusammenhang. Plularch selbst hat als
seinen Beitrag zur Unterhaltung eine Erklärung der berübften Erschei-
nung gegeben, darin bestehend, dasz das beschreien durch gewisse
körperliche Ausflösse aus den Augen des beschreienden auf den dem
er schade erfolgen möge. Dagegen wandte im vorigen Cap. Sokiaros
ein, dasz man ja auch von Personen erzähle, die sich selbst beschrieen
hätten, wie ein gewisser in voller Jugendblüte stehender Eutelidas, in-
dem er sein eignes Bild im Spiegel eines Flusses betrachtet habe , der
^age nach augenblicklich von Krankheit ergriffen worden sei. Das
passe doch in keiner Welse zu jener Erklärung. Darüber läszt sich
nun hier Plularch vernehmen und zwar so dasz er zugibt, wie wol dies
favTov xataßacncilvHv auf einem bloszen Aberglauben beruhen möge.
Man sehe sich eben dann, meint er,, am liebsten, wenn man in der
frischesten BtAte der Jugend stehe, gerade diese höchste Blüte des Le-
bens aber sei nach Hippokrafes auch am leichtesten zu einem schnellen
Umschlag geneigt, weshalb es woi geschehen könne dasz bei einem
solchen Menschen in demselben Augenblick, wo er sich eben noch voll
Stolz im Spiegel beschaue , dieser Umschlag eintrete , den man dann
fälschlich mit diesem beschauen im Spiegel in einen Causalzusammen-
hang bringe. Das der Sinn der vorhergehenden Worte, es folgen die
oben angeführten : ^dies geschieht aber leichter, wenn die Ausflüsse der
Augen auf eine Wasserfläche, als we^n sie auf eine andere Art von
Spiegeln fallen' (Kaltwasser). Was in after Welt geschieht denn da
leichter? Dasz sie zu dem falschen Schlusi kommen, der schon vor
dem beschauen in ihrem Körper vorhanden giwesene Umschlag ihrer
Gesundheit sei durch das beschauen herbeigefuh^? Denn davon allein
ist doch vorher die Rede. Das gibt keinen Sinn , sondern die Worte
müssen sich auf eine zweite Ansicht Plutarchs übet die Erscheinung
des iannov %avaßa0KalvBiv beziehen, in welcher er au<a^ die Möglich-
keit eines wirUich vorhandenen Causalzusammenbangs zvi^chen dem
beschauen und dem darauf erfolgenden Umschlag der Gesundheit be-
hauptet halle, wie diese Ansicht die folgenden Worte genb^er aus-
sprechen : avuenvet yiiQ in avtovg tovg o((€9wag (sc. xa ix xoSv h^uk-
R. Franke : zur Kritik von Plutarchs Tischgesprächen. 415
fftfjov ^BV(A(na)j S^s olg kiqwg Ißkojtwv avxovg fucm^a^ai. Wir
mOssen also vor vovro de ylvetm eine LQcke annehmen, in der er
kurz schon diese zweite Ansicht angedeutet hatte , auf welche Andeu-
tung sich dann rovro i\ ylvevat bezieht, d. h. wir haben blosz, da auch
das vorhergehende kfyovtai in den Hss. fehlt und erst nach Vulcobius
Gonjeetur aufgenommen ist, anzuerkennen , dasz die in den Hss. vor-
handene Lücke eine gröszere ist als man geglaubt hat. Dies führt uns
zugleich auch auf eine richtigere Erklärung der berührten Worte ; das
^ derselben kann nicht ein auf fiaiULov bezügliches quam sein, wie es
auch die lat. Ueberselzung nimmt, sondern es musz durch ^oder* über-
setzt werden. Dies erhellt deuüich genug daraus , dasz der folgende
Satz (ivanvst ya^f «tI.), in dem wir eine Begründung dieser Worte
erwarten, auch nidht im geringsten etwas über einen Unterschied zwi-
schen dem beschauen in einem Spiegel und dem im Wasser enthält.
Beachten wir dies alles, so stellt sich der Sinn der ausgefallenen Worte
etwa folgendermaszen dar: ^vielleieht irre ich mich aber auch in die-
ser Erklärung und die Sache (Tovro d. i. %o lavrov fuxtccßaöTccUvuv)
erklärt sich vielmehr ganz natürlich durch die im Wasser oder in
anderen Spiegeln sich fangenden Ausflüsse aus den Augen des sich
selbst betrachtenden', woran sich dann das ivanvsi yccQ xtI. ganz un^-
gezwungen anschlieszU Die ausgefallenen griechischen Worte finden
zu wollen wäre natürlich ein ganz vergebliches Unternehmen, dem
Sinn nach aber dürfte ein t(Sag d' ovd' ovtfog l%£t nach Uyowai voll-
kommen genügen.
Im 6n Buc£t^ das le Gap, des 3n Gesprächs in äuszerst corrup-
ter Gestalt uns überliefert. Gleich den Anfang (p. 689 A) hat Wytten-
bach in folgender Weise herzustellen gesucht: xaxa (codd. xorl)
rcrvta, lg>ru (isxQltog kiyetS^ai kccI ycQog vrjv (fehlt in den Hss.) aklriv
inoqUiv tag tmv no^mv Tuvmösig nal avankvj^wfeig iv t^ »a^avT/xa,
Toig 6i d»^(otftv ivawlov Cv^ßaivuv^ olg (fehlt in den Hss.), iiiv
ilifpayans^Vy ircträvBiv (codd. htixtlvHv öviißalvsi) to d/ifn>$, eine
Emendation mit der kaum der Wortlaut und Sinn der plutarchischen
Steile richtig getroffen sein dürfte. Plularch halle im vorigen Gespräch
entschieden die Ansicht derer bekämpft, die Hunger und Durst auf
einen gewissen fUva6%fiiiavtä(Aog rcoV ^6(fmy zurückführen wollten,
anstatt dieselben nach der gewöhnlichen Ansicht als eine Ivöeia des
Körpers zu erklären; er hatte diese ganze Porentheorie dort verwor-
fen, um 80 mehr da ja diese Veränderung und Umformung der Poren
selbst zuletzt doch nur auf eine Vollheit oder Leerheil derselben hin-
auskommen könne , also mit der gewöhnlichen Annahme einer Ivd^ui
ganz zusammenfalle. Daran knüpft hier der Gastgeber des Mahles an,
den also Wyttenbach etwa folgendes sagen läszt: Plutarch habe mit
dieser Leerheit oder Anfüllung der Poren ganz das richtige getroffen,
soweit das bei einer so extemporierten Untersuchung möglich sei (iv
t^ naQavxlKaX habe das richtige getroffen sowol in dem was er selbst
schon angeführt (%ata ravta) als auch in Bezug auf die übrigen Er-
scheinungen, die man sonst noch etwa zu dieser Frage hinzuziehen
416 R. Franke : zur Kritik von Plutarchs Tischgesprächen.
könne. (^ aklri ano^); auch. diese also würden sich dadurch wol er-
klären lassen, nur ^ins widerspreche, die Erfahrung dasz, wenn dur-
stende essen , ihr Durst nur noch zunehme. Es ist hier nicht ganz
klar , inwiefern darin ein Widerspruch gegen Plutarchs Ansicht liege,
ein WiderspjTuch also dagegen dasz , wenn man überhaupt die Poren
hier ins Spiel kommen lassen wolle, die ganze. Veränderung in Bezug
auf sie doch blosz in einer Leere oder Vollheit derselben bestehen
könne. Allerdings geht der redende im folgenden über Plutarchs Mei-
nung hinaus , indem er einige seiner Poren, als enger und feiner (die
zur Aufnahme der iielränke bestimmten), andere als weiter und grö^
her annimmt (die für die Speisen), und überhaupt irrt er, wenn er die
Ansicht über eine nivanStg und ivoTtXi^^Cig t&v noQtav zur Erklärung
von Hudger und Durst (2, 2 z. E.) als die wahr« Ansicht Plutarchs
auffaszt. Denn dasz dieser vielmehr von der ganzen Porentheorie hier
nichts wissen will, zeigt deutlich das folgende Cap. dieses Gesprächs.
Wenn derselbe also doch vorher von einer Leere und Vollheit der Po-
ren sprach, so geschah das blosz hypothetisch: ^wenn man aber
durichaus die Poren hier herbeiziehen will (was man in Wahrheil kei-
neswegs darf), so kommt doch selbst hier diese Erscheinung nur auf
eine Leere oder Vollheit derselben hinaus'. Abgesehn aber von die-
sem Irthum des Sprechers findet er sich mit seiner Erklärung der
neuen in diesem Gespräch behandelten Frage vielmehr ganz im Ein-
klang mit Plularch. Der Hunger wird ihm durchs trinken gestillt, weil
die Getränke nicht nur in die feinern Poren, deren Leere den Durst
veranlaszt, sondern aiich in die grobem Poren einbringen werden, de-
ren Leerheit den Hunger bedingt; ein dürstender dagegen kann
essen so viel, er will, was er so in sich aufnimmt ist zu grob um in
die Poren des Durstes gelangen zu . können , stillt also blosz den Hun-
ger. Dazu kommt dasz nach Wyltenbachs Herstellung der Worte hier
blosz ein Theil der Erscheinung berührt sein würde, über die wir
gleich nachher den redenden sprechen hören. Nicht blosz darum ja
handelt es sich, weshalb dürstende, wenn sie essen, nur noch mehr
Durst empfinden; ein anderer Theil der Frage ist diic xl Teeivmwsg,
'iav TtlmOi^ navovtuL. Beachten wir dies alles, so sehen wir dasz mit
Veränderung einzelner Worte hier nichts getj^an ist, dasz wir viel-
mehr, wie so oft im Plularch, durch Annahme einer Lücke uns helfen
müssen. Es scheinen nemlich nach iv xa 7ta(favxUa eine Anzahl
Worte ausgefallen zu sein; dem Sinn würde etwa. folgende Einschie-
bung genügen: [xiiv m^avmxaxriv öoksiv avxa kvöiv 7taQi%$iv^ dtoxi
9cuvavx€g (livj oxav nUofSi^ naiovxai^ xoiq 8\ 8ii^>m<Stv xri. Die übri-
gen Worte könnten dann unverändert stehen bleiben in dem Sinn : er
sagte, so wol das vorige sei verständig von Plutarch gesagt, als auch
für eine neue Frage schienen ihm für den Augenblick die Anfüllungen
und Ausleerungen der Poren die ansprechendste Erklärung zu geben
für die Frage weshalb usw.
Im 2a Cap. desselben Gesprächs ist p. 689 D avt?} yiti^ ^ n^q
xo vyf^ov ivdfii^ts^ wie bis jetzt in den Ausgaben gelesen wird, un-
R. Franke: zur Kritik von Plularchs Tischgesprächen. 417
verständlich. Plotarch, der hier entge^^net, läszt die vorhin berührte
Erscheinung^ selbst gelten, nur jener Erklärung durch engere und wei-
tere Poren will er nicht zustimmen. ^Wenn auch jemand mit sol-
chen Poren das ganze Flefisoh durchlöcherte und es dadurch ganz
schlaff und schwammicht machte (sehr mit Unrecht schreibt hier
Hütten aus der einzigen baseler Ausg. noii^aei für noii^iScig; die Sätz^
60 als zwei selbständige Sätze gefaszt, könnte dann lyimöglich ro y s
(ifl xrl. folgen , es müste wenigstens to 6 h fAti heiszen) : das wurde
er doch nie erweisen, dasz nicht die nemlichen Körpertheile Trank wie
Speise aufnähmen, sondern beide wie durch ein ^eb gesondert einen
verschiedenen Aufenthalt im Körper sich suchten.' Es folgt avtri
yaq %xL Der Vermischung der festen Nahrung mit den zugleich ge-
nossenen Flüssigkeiten also wird hier die Kraft zugeschrieben, erstere
80 aufisulösen, dasz auch sie überall in den Körper, auch in dessen
feinste Poren eindringen können. Von dieser Vermischung aber wird
ganzvso gesprochen, als ob eben schon von ihr die Rede gewesen
wäre (ttVTi} ^ avcrful^ heiszt es), während doch die vorhergehenden
Worte auch nicht das geringste enthalten, worauf sich dies hinwei-
sende vvxfi beziehen könnte. Das ganze wird erst versländlich, wenn
wir für avvfi schreiben avriq: 'die Vermischung mit der Feuchtigkeit
selbst, an und für sich schon genügt die festen Theile der Nah-
rung aufzulösen'.
Im 8n Gespräch Cap. 1 (p. 694 A) lesen wir in den Ausgaben die
Worte: ro iihv oiv ßovki(iov iSoxei (liyav ij drifioaiov aitoarifialvBiv.
Die Hss. enthalten blosz Atjxov. Das ganze Gespräch handelt von dem
sog. ßövhfiog. Die eben angeführten Worte nun , so wie sie dastehen,
können nicht richtig sein. Abgesehn von dem Xi(i6vj was man nach
driiioiSiov erwartete und was auch Stephanus dort einschiebt, was man
aber vielleicht auch aus ßovXifiOv ergänzen könnte, ist der Acc. ßov-
Xifiov — denn o ßovhfiog heiszt es — grammalisch falsch. Richtig
hat dasReiske erkannt, der schreibt: to (ih ovv ßov hfiov idousi xrl.,
indem er ßov von dem Redenden als eine Partikel in dem Sinn von
*grosz, sehr' fassen läszt. Eine einfachere Emendation geben uns mit
Berücksichtigung der handschriftlichen Lesart Plutarchs eigene Worte
an die Hand, i^ritsho TT^corov, sagt er oben, vitig avxov rov ovo-
liaroQj und ovofia ist es was wir vielmehr statt des ßov nach ovv,
wonach es leicht ausfallen konnte, einschieben müssen: to fihv ovv
ovoiia JUnov idoHßi (liyav xrl.
Im In Gespräch des 7n Buchs ist ein Widerspruch zwischen zwei
Stellen des Plutarch den Herausgebern entgangen. Es handelt von der
Behauptung des Piaton , dasz das Getränk durch die Lunge gehe. Ein
Arzt Nikias hat diese Behauptung im In Gap« angegriffen. Einen
Grund dagegen (p. 698 B) nimmt er von dem bekannten griechischen
Mischtrank her: Snuta xov nJüviiovog IbIov xorl nvxvov nccvtd^
naöi ytyovoTog it&g xo 6vv TtVTUmvi mvo^Bvov aktpixov di^siai nal
ov% ivlöxsxM; Wenn man also, meint er, einen Durchgang des Ge-
tränks durch die Longe annähme, so sei es nicht zu erklären, wie
418 R. Franke; zur Kritik von Plttarchs Ttschgespräcken.
dureh diesen ganz und gar glatten und festen Körper der Misch*
trank z« B. durchgehen sollte, ohne dasz die festen Bestandtheile des*
selben y das SX^aav^ hängen blieben. Ist es hier an und Ukx sich
schon auffällig, die Lunge einen festen und glatten Körper genannt zu
hören, so wird dies noch viel aufßlliger, wenn gerade aus dieser
Glätte und Festigkeit derselben es hergeleitet wird, dasz feste durch
sie hindurchgehende Nahrung in ihr hangen bleiben soll. Dasz hier
eine Corruptel vorhanden sein musz, ist schon hieraus klar; zum
Ueberflttsz zeigt es auch noch die Art, wie Plutarch im 3n Cap. auf
diesen Einwand entgegnet. Er verlheidigt hier ganz entschieden die
Meinung des Piaton, die Canale der Lunge seien aus keinem andern
Grunde da als flvaut tw vyifdiv luA tcoit totg vygoig itVfAJtuifO"
ItC^aivivxfov* Mit ganz entschiedener Beziehung auf unsere Stelle
fährt er dann p. 699 B fort: %ai ovdhf ^ttov^ i (unuiQU, z^ vtleviiovi
nfO0^ti6v hxiv ^ t^ ötoi^axtf^j 9w$ndii6vtti ro aXg>irov %al ra
ic^/fAvov* ovih yitQ o avoiuixog i|f*iov Xttogy Sg xtvBg^ oid* olits^fi'
^og, iclla S%u t^xfitijTticgj tttg eltwg iöu tit k&na xal iu%^ ne^fi-
nhnovra ntd nQ06i4rxoiiiV€i dtag>^ei¥ riiv vuninoctv. Er sehreibt
also der Lunge dasselbe Recht zu wie dem Magen, sogar feste Nah-
rung durchlassen zu können, aus dem Grunde weil auch der Magen ja
nicht glatt und schlüpfrig sei, sondern Unebenheiten habe, an denen
ebenso gut kleine Theiie der festen Nahrung hängen bleiben müsten.
Der Gegner Nikias musz also offenbar oben als Einwand gegen diese
Function der Lunge sich nicht auf die wirklich nicht einmal vorhandene
Glätte der Lunge , sondern vielmehr umgekehrt auf ihre xi^%vtfig be-
rufen haben. Dasz demnach vor dem kitov xol %v%v^ der ersten
Stelle eine Negation ausgefallen sein musz, ist klar: ich lese ov IbIov
jmkI Jtvxviiv navtanaCi yeyovavog.
In demselben Buch 2, 3 z. A. (p. 701 A) lesen wir: ixsivmv d'
ov% av xiva zfjg ahlag tig iltpttav nqoic^m xipß irjxrfiiv (sc. ^ero).
Das Gespräch bespricht den Grund, weshalb beim säen auf die Hörner
von Ochsen fallende Körner hart und unerweichlich wurden. Plutarch
soll seine Meinung darüber abgeben, lehnt dies aber unter Berufung
auf eine Menge anderer gleich unerklärlicher Erscheinungen ab, und
ebenso meinen zwei andere Gäste Patrokles und Euthydemos , dasz es
vergeblich sein würde hier nach einer Erklärung zu suchen. Nur
Florus hält diese Ablehnung für unberechtigt und meint, Masz nicht
leicht jemand das forschen nach dem Grund jener Dinge als ein
vergebliches aufgeben würde': denn weiter kann doch ovk av
xiva nqolc^ai nichts bedeuten. Und doch haben eben erst Plutarch,
Euthydemos und Patrokles jedes forschen hier für vergeblich erklärt
und auch von Theophrast wurde im In Cap. dieselbe Ansicht ange-
führt. Wie also Florus nach alle dem noch eine solche Erwartung he-
gen kann, lieht man nicht ein. Eine Emendation der corrupten Stelle
ergibt sich leicht, wenn man für ovjc av xiva schreibt oi iiiv xivai
so erhalten wir den hier nothwendigen Sinn: er meinte, es dürfe
niemand jenes forschen aufgeben, der handle unrecht der das Ihue.
R. Franke : zur Kritik vdn Plutarchs Tischgesprächen. 419
Die unmittelbar hierauf folgenden Worte sind ganz unverständ-
lich und mit Sicherheit auch wol kaum zu emendieren. Klar wird die
Rede erst wieder von doxet öiq fto« ^ ^XQOtrig mi. an. Aber auch
hier ist noch ein leicht zu verbessernder Fehler stehen geblieben. Die
Worte heiszen: Soxst öiq f&o» ^ flfvxQovrig ro arigctiiov iuacoiHv xotg
te nvQotg nal rotg liÖQO'^i, mi^ovaa %al nriyvvavaa xriv t^iv a%Qi
CKkfiQOTfjftog* ^ de ^€Q(i6xfig svöiäXvvov %al iialanov. Die
Construction der letzten Worte kann keine andere sein als dasz wir
ein Sonst (lot ifiitoutv hinzuergänzen und evöucXircov und (laluKOv als
substantivierte Accusative des Neutrum wie vorher to atiQafiov fassen
müssen. Ist das richtig, so kann aber auch hier unmöglich der Artikel
fehlen und es ist zu lesen to svßuiXvrov xai (lakanov.
Das 6e Gespräch desselben Buchs wurde früher erst mit den
Worten to dh tcov i7tt%XrjfS(ov Sd-a^ %ri. (p. 707 A) begonnen, das vor-
hergehende Stück aber von tov Msvilaav an noch zur vorhergehen- ■
den Frage gezogen. Dasz es nicht dorthin gehört, sondern zu unserer
Frage, haben die Herausgeber richtig erkannt; auch kann wol darüber
kein Zweifel sein, ob wir mit Xylander und Kaltwasser es erst an das
Ende dieser Frage zu setzen haben, oder ob es, wie R,eiske und Wyt-
tenbach dies Ihun, als Anfang des Gesprächs zu betrachten sei. Offen-
bar nemlich haben wir uns hier an die Hss. zu hallen, die ihm die
letztere Stelle zutheilen. Etwas aber hat man hierbei noch übersehen,
dasz auf die Erzählung von dem ungeladen zum Mahle seines Bruders
kommenden Menelaos, sowie sie hier steht, unmöglich so ohne alle
Verbindung die obigen Worte folgen können, eine Bemerkung die sich
jedem beim aufmerksamen durchlesen der Worte aufdrängen wird.
Noch ist gar nichts davon gesagt, dasz über dies Thema bei einem
Symposion einmal gesprochen worden sei ; es steht blosz die nackte
Erzählung da dasz Homer uns von dem ungeladen zum Mahle kom-
menden Menelaos erzähle, und unmittelbar soll folgen : to dl rmv htt-
Tcliftciv S&og — i^rjftetTO ! Ich glaube , die Stelle wird erträglich erst,
wenn wir vor diesen Worten eine Lücke annehmen , zu deren Ausfül-
lung dem Sinn nach etwa folgendes vollkommen genügen würde : [negl
rovrav navh koyaw ysvofAivfov iv CvfiTCoalm avxo {isv xovxo Ttäg xtg
iTvgvei], xo de xxL Möglich dasz der Ausfall dieser Worte zugleich die
Veranlassung ward, dasz man das vorhergehende , dadurch von dem
Gespräch zu dem es gehörte losgerissene Stück falschlich zur vorigen
Frage mii hinzunahm.
Dresden. Richard Franke.
4
1
THE NEW YORK PUBLIC LIBRARY
fTEfßRßNCB DBPARTMENT
Tbl« boak I» uodcr no circumsitiiocei to b«
t«kca from tbc Building
1
"'
■
_» — , —
^^^^ 1